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Informationspflicht des Arbeitgebers über die Möglichkeit eines prämienbegünstigten Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis nach Maßgabe der VV-Prämie Berlin


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 25. Kammer Entscheidungsdatum 14.06.2012
Aktenzeichen 25 Sa 657/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 613a Abs 5 BGB, § 613a Abs 6 BGB, StPoolG BE

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin- 58 Ca 894/12 – abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 31.8.2014 hinaus fortbesteht.

II. Das beklagte Land hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses der Parteien nach einem Teilbetriebsübergang zum 1.09.2011, dem die Klägerin mit Schreiben 30.11.2011 widersprochen hat.

Die Klägerin war für das beklagte Land als Pflegehelferin in einer der Bezirksverwaltung des beklagten Landes zugeordneten Pflegeeinrichtung zu einem Bruttomonatseinkommen i. H. v. ca. 2.500,00 EUR im Monat tätig.

Zum 01.09.2011 übertrug das beklagte Land die Trägerschaft an den von ihm betriebenen Altenpflegeeinrichtungen auf die V. F. für Senioren GmbH und unterrichtete die Klägerin hierüber gemäß § 613a Abs. 5 BGB mit Schreiben vom 27. Juni 2011. Auf Seite 3 des Unterrichtungsschreibens heißt es u. a.:

„Widersprechen Sie dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses, kann dies zur Folge haben, dass Sie zum Zentralen Personalmanagement (Stellenpool) versetzt werden müssen, wenn freie Stellen Ihrer Fachrichtung bei uns nicht mehr zur Verfügung stehen. Weiterhin können betriebsbedingte Kündigungen unter Berücksichtigung der jeweiligen einzelvertraglichen Bedingungen nicht ausgeschlossen werden, da noch nicht absehbar ist, inwieweit sich andere Beschäftigungsmöglichkeiten im Land Berlin ergeben könnten.“

Für den weiteren lnhalt des Unterrichtungsschreibens wird auf Bl. 14 - 17 d. A. Bezug genommen.

Für den sog. Personalüberhang sieht das Stellenpoolgesetz des Landes Berlin (GVBl. Berlin 2003, 589) folgende Regelung vor:

„§ 1 Organisation, Zuständigkeit

(1) Das Zentrale Personalüberhangmanagement (Stellenpool) ist eine der Senatsverwaltung für Finanzen nachgeordnete Behörde. Ihr werden diejenigen Dienstkräfte unterstellt, deren Beschäftigung durch den Wegfall von Aufgaben oder die Verlagerung von Aufgaben auf andere Dienstkräfte in ihrer Dienstbehörde nicht mehr möglich ist. Das Zentrale Personalüberhangmanagement (Stellenpool) ist Dienstbehörde und Personalstelle für die Personalüberhangkräfte der Berliner Verwaltung (§ 2 des Allgemeinen Zuständigkeitsgesetzes).

(2) Dienstkräfte, die von den Dienstbehörden oder Personalstellen dem Personalüberhang zugeordnet worden sind, sind Personalüberhangkräfte. Das Zentrale Personalüberhangmanagement (Stellenpool)und die Dienstkräfte sind von der Zuordnung schriftlich zu unterrichten. Die Personalüberhangkräfte werden zum Zentralen Personalüberhangmanagement (Stellenpool) versetzt. Die Versetzung dient einem dienstlichen Bedürfnis.“

§ 2 Aufgabe

(1) Aufgabe der Behörde ist es, im gesamtstädtischen Interesse Berlins den Abbau des Personalüberhangs durch ein zentrales Personalüberhangmanagement zu fördern und die Personalüberhangkräfte entsprechend ihrem bisherigen statusrechtlichen Amt oder ihrer arbeitsvertraglichen Vereinbarung zu beschäftigen. Zur Erfüllung dieser Aufgabe obliegen der Behörde ausdrücklich

1. die Vermittlung der Personalüberhangkräfte auf freie Stellen,

2. die Maßnahmen zur Fortbildung und Umschulung,

3. die Organisation des zeitlich begrenzten Einsatzes von Personalüberhangkräften (Übergangseinsätze), soweit dies zur vorübergehenden Unterstützung bei der Aufgabenerfüllung der Behörden der Berliner Verwaltung (Einsatzbereich) erforderlich ist.

(2) Zur Erfüllung ihrer Aufgabe bedient sich die Behörde der dienstrechtlich zulässigen Handlungsformen.

(3) Die Dienststellen des Landes Berlin melden dem Zentralen Personalüberhangmanagement (Stellenpool) unverzüglich die dauerhaft oder befristet besetzbaren Stellen sowie die für Übergangseinsätze geeigneten Aufgabengebiete.“

Ergänzend existiert eine Verwaltungsvorschrift über Prämien zur Realisierung von Personalkosteneinsparungen (im Folgenden: VV- Prämie) vom 20.12.2010 (für den gesamten Inhalt der Verwaltungsvorschrift wird auf die Abl. Bl. 32- 34 d. A. Bezug genommen), in der es u. a. heißt:

„Präambel

§ 1 Voraussetzungen und Geltungsbereich der Regelung

(1) Die Regelung gilt ausschließlich für Dienstkräfte des Landes Berlin, die in einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis oder in einem Beamtenverhältnis auf Probe oder auf Lebenszeit stehen und gemäß § 1 Abs. 2 Stellenpoolgesetz (StPG) dem Personalüberhang zugeordnet und zum Zentralen Personalüberhangmanagement (Stellenpool) versetzt wurden.

(2) Zwingende Voraussetzung ist, dass die Zahlung der Prämie wirtschaftlich ist.

Die für ein prämienbegünstigtes Ausscheiden im Einzelfall aufzuwendenden Mittel dürfen keinesfalls die bei einer Weiterbeschäftigung der Dienstkraft erwarteten Personalkosten überschreiten.

(3) Über Ausnahmen von den Vorgaben dieser Regelung im Einzelfall entscheidet die Senatsverwaltung für Finanzen.

(4) Ein Rechtsanspruch auf eine Prämie besteht nicht.

§ 3 Zuständigkeit und Verfahren

(1) Die Prüfung der Realisierbarkeit des prämienbegünstigten Ausscheidens obliegt dem zentralen Personalüberhangmanagement (Stellenpool) unter Beteiligung der Senatsverwaltung für Finanzen...“

Unter Ziffer 12.6 der Verwaltungsvorschriften zur Haushalts- und Wirtschaftsführung im Haushaltsjahr 2010 - Haushaltswirtsaftsrundschreiben 2010 (HWR 2010) - heißt es:

„Dienstkräfte, deren Aufgaben in einer veränderten organisatorischen oder rechtlichen Struktur, z.B. im Wege der Fremdvergabe, wahrgenommen werden sollen, dürfen nur mit meiner vorherigen Zustimmung (Referat II C) dem Personalüberhang zugeordnet werden. Damit soll vermieden werden, dass Dienstkräfte in das Zentrale Personalüberhangsmanagement versetzt werden, für die mittelfristig keine Verwendungsmöglichkeit besteht und parallel hierzu dem Land zusätzlich zu den Personalkosten Kosten für die Aufgabenwahrnehmung durch Dritte entstehen.“

Unter Bezugnahme auf das HWR 2010 machte die Senatsverwaltung für Finanzen mit Schreiben vom 16. September 2010 (Abl. Bl. 31 d. A.) eine Zustimmung zu einer Versetzung von Mitarbeitern zum Personalüberhang davon abhängig, dass der Bezirk sich bemüht habe, dass das Personal mit seinen Aufgaben zum neuen Träger wechsele, andernfalls versucht worden sei, die verbliebenen Mitarbeiter im eigenen Bezirk bzw. auch in anderen Bezirken unterzubringen. Erst nach erfolglosen Unterbringungsversuchen sei eine Versetzung zum zentralen Personalüberhangmanagement (ZeP) möglich, wobei der Bezirk bis zur Vermittlung der Beschäftigten durch das ZeP weiterhin für die Personalkosten einzustehen hatte.

Dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die V. F. für Senioren GmbH widersprachen 52 in der Pflegeeinrichtung Beschäftigte.

Die Klägerin widersprach dem Betriebsübergang zunächst nicht und nahm zum 01.09.2011 die Arbeit bei der Betriebserwerberin auf.

Die dem Betriebsübergang widersprechenden Beschäftigten ordnete die Bezirksverwaltung ihrem Personalüberhang zu, eine „Versetzung“ zum ZeP erfolgte jedoch nicht.

Mit Schreiben vom 04.10.2011 beantragte die Bezirksverwaltung die Zahlung von Abfindungen im Rahmen der prämienbegünstigten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Maßgabe der VV-Prämie. Mit Schreiben vom 20.10.2011 (Abl. Bl. 35 d. A.) unterrichtete die Finanzverwaltung die Bezirksverwaltung, dass einer Prämienzahlung über die Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 3 VV-Prämie an Personalüberhangkräfte zugestimmt werde.

In der Folgezeit kam es zwischen 15 Beschäftigten, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die V. F. für Senioren GmbH in Folge des Betriebsübergangs widersprochen hatten und dem beklagten Land zum Abschluss von Auflösungsverträgen und Zahlung von Abfindungen nach Maßgabe der VV-Prämie.

Mit Schreiben vom 30. November 2011 an das beklagte Land (Abl. Bl. 18 d. A.) widersprach die Klägerin dem Betriebsübergang mit der Begründung, dass sie im Unterrichtungsschreiben vom 27. Juni 2011 nicht über die einem Widerspruch folgende Versetzung zum Stellenpool mit der Möglichkeit einer Abfindungslösung informiert worden sei.

Mit Schreiben vom 28. Dezember 2011 (Bl. 19 d.A.) hat das beklagte Land der Klägerin mitgeteilt, dass sich die Unterrichtungspflicht mangels Rechtsanspruch nicht auf die mögliche Anwendung der VV- Prämie erstrecke, da diese keinen Rechtsanspruch auf Zahlung einer Prämien enthalte.

Mit am 16.01.2012 beim Arbeitsgericht eingegangener Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 31.08.2011 hinaus fortbesteht.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass das beklagte Land im Unterrichtungsschreiben auf die Abfindungsmöglichkeit nach der W-Prämie habe hinweisen müssen. lm Fall des Widerspruchs seien die Pflegekräfte wegen fehlender Vermittelbarkeit zum ZeP zu versetzen gewesen. So sei das beklagte Land auch dann verfahren und habe nach den Vorschriften der VV-Prämie von der Abfindungsmöglichkeit in zahlreichen Fällen Gebrauch gemacht. Durch die unvollständige Unterrichtung sei die Widerspruchsfrist nicht in Gang gesetzt worden. Eine Verwirkung des Widerspruchsrechts sei nicht eingetreten.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 31.08.2011 hinaus aufgrund des Widerspruchs gegen den Betriebsübergang fortbesteht.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat vorgetragen, dass zum Zeitpunkt der Unterrichtung vom 27.06.2011 mit einem Widerspruch gegen den Betriebsübergang im nennenswerten Umfang nicht zu rechnen gewesen sei. Eine Versetzung der dem Betriebsübergang eventuell widersprechenden Arbeitnehmer in den Stellenpool sei nicht erwogen worden, weil diese aufgrund der Vorschriften der Finanzverwaltung im Haushaltswirtschaftsrundschreiben 2010 nicht wirtschaftlich gewesen wäre. Nach § 1 Abs.1 VV- Prämie sei die Versetzung in den Stellenpool jedoch Voraussetzung für die Möglichkeit einer Abfindungszahlung. Selbst im Falle einer Versetzung zum ZeP wäre eine Prämienzahlung nicht in Betracht gekommen, weil der Bezirk diese mangels zur Verfügung stehender Mittel nicht habe finanzieren können. Die Finanzierungsmöglichkeit für die Abfindungen nach der VV- Prämie habe sich erst nach dem Betriebsübergang aufgrund der mit dem Betriebsübergang verbundenen Einnahmen aus Grundstücksverkäufen ergeben. Deshalb habe sich die Unterrichtung über den Betriebsübergang auch nicht hierauf erstrecken müssen. Im Übrigen habe eine Informationspflicht über die Möglichkeit eines prämienbegünstigten Ausscheidens schon deshalb nicht bestanden, weil die VV- Prämie keinen Anspruch auf eine Abfindung vorsehe.

Das Arbeitsgericht hat durch Alleinentscheidung des Vorsitzenden auf Antrag der Parteien gem. § 55 Abs.3 ArbGG am 27.02.2012 die Klage abgewiesen.

Es hat ausgeführt, die Klage sei unbegründet, da das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum beklagten Land im Zeitpunkt des Betriebsübergangs am 01.09.2011 auf die Betriebserwerberin übergegangen und der mit Schreiben der Klägerin vom 30.11.2011 erklärte Widerspruch verspätet sei. Das beklagte Land habe mit dem Unterrichtungsschreiben vom 27.06.2011, das den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB entsprochen habe, die einmonatige Widerspruchsfrist in Gang gesetzt. Es habe zum Zeitpunkt der Unterrichtung am 27.06.2012 keine Kenntnis davon gehabt, dass dem Betriebsübergang widersprechenden Beschäftigten der Pflegeeinrichtung ggf. ein prämienbegünstigtes Ausscheiden angeboten werden könne.

Dass auf die dem Betriebsübergang widersprechenden Arbeitnehmer die VV- Prämie Anwendung finden könne, sei im Zeitpunkt des Betriebsübergangs nicht erkennbar gewesen. Die VV – Prämie sei nur auf Arbeitnehmer anwendbar, die dem Personalüberhang zugeordnet und zum Stellenpool versetzt werden. Aufgrund der Vorgaben der Finanzverwaltung des Landes Berlin sei die Versetzung widersprechender Arbeitnehmer zum Stellenpool für die Bezirksverwaltung jedoch nicht wirtschaftlich erschienen, deshalb im Zeitpunkt der Abfassung des Unterrichtungsschreibens nicht beabsichtigt gewesen und habe tatsächlich auch nicht stattgefunden. Aus Sicht der für die Klägerin zuständigen Bezirksverwaltung habe damit festgestanden, dass im Fall des Widerspruchs die VV-Prämie jedenfalls nicht direkt zur Anwendung komme. Auf die Möglichkeit des prämienbegünstigten Ausscheidens, worauf auch unter dem Geltungsbereich der VV- Prämie kein Rechtsanspruch bestehe, sei deshalb im Unterrichtungsschreiben nicht hinzuweisen gewesen.

Auch der nachfolgende Geschehensablauf bestätige, dass zum Zeitpunkt der Unterrichtung vom 27.06.2011 noch völlig offen gewesen sei, ob dem Betriebsübergang widersprechenden Beschäftigten Aufhebungsverträge mit Prämienzahlungen angeboten werden können. Erst mit Schreiben vom 20.10.2011 habe die Finanzverwaltung des beklagten Landes die Bezirksverwaltung darüber unterrichtet, dass gemäß der Ausnahmeregelung in § 1 Abs.3 VV- Prämie Prämienzahlungen an Personalüberhangkräfte der übertragenen Pflegeeinrichtung zugestimmt werde. Eine Unterrichtungspflicht des beklagten Landes über mögliche Prämienzahlungen nach der VV- Prämie folge auch nicht aus § 613 a Abs. 5 Nr. 4 BGB. Seien im Zeitpunkt der Unterrichtung mögliche Prämienzahlungen an die dem Betriebsübergang widersprechenden Arbeitnehmer nicht einmal konkret geplant gewesen, fehle es an der Erforderlichkeit einer Unterrichtung hierüber.

Gegen das der Klägerin am 16.03.2012 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Berlin hat diese mit am 05.04.2012 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

Zur Begründung wiederholt und vertieft sie im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag unter Auseinandersetzung mit den Argumenten des Arbeitsgerichts. Bei dem beklagten Land habe keine Möglichkeit einer entsprechenden Beschäftigung im Pflegebereich für die Klägerin bestanden, so dass eine Zuordnung zum Personalüberhang zwingend habe erfolgen müssen.

Die lnformation des beklagten Landes im Schreiben vom 27.6.2011 sei bereits deswegen unzutreffend, weil dort mitgeteilt werde, dass lediglich die „Möglichkeit" einer Versetzung in den Stellenpool bestehe, wenn keine freie Beschäftigungsmöglichkeit in der Fachrichtung der Klägerin mehr bestehe. Das Aufzeigen der Versetzung in den Stellenpool als bloße Möglichkeit sei aber unzutreffend. Das beklagte Land sei nach § 1 Abs. 2 Stellenpoolgesetz verpflichtet, Dienstkräfte, die dem Personalüberhang zugeordnet werden, in den Stellenpool zu versetzen. Die Vorschrift binde das beklagte Land dahingehend, dass dem Personalüberhang zugeordnete Beschäftigte zwingend in den Stellenpool zu versetzen seien.

Vor diesem Hintergrund sei die Klägerin darüber zu informieren gewesen, dass das beklagte Land im Fall eines Fehlens einer Beschäftigungsmöglichkeit verpflichtet ist, die Klägerin in den Stellenpool zu versetzen. Es habe sie auch darüber informieren müssen, dass der Stellenpool die Aufgabe habe, weitere entsprechende Beschäftigungsmöglichkeiten im Land Berlin zu finden und, falls eine solche Suche ergebnislos bleibe, auch ein prämienbegünstigtes Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis in Betracht komme, auf das allerdings kein Rechtsanspruch bestehe.

Dass kein Rechtsanspruch nach Maßgabe der VV – Prämie bestehe, sei für die Informationspflicht ohne Bedeutung. Das beklagte Land habe bereits über die Möglichkeit einer solchen Prämienzahlung im Rahmen der nach § 613 a Abs. 5 Nr. 4 BGB vorgesehenen Unterrichtung informieren müssen, da es sich hierbei um wirtschaftliche und soziale Sekundärfolgen des Betriebsübergangs handele.

Der Einwand des beklagten Landes, zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs sei keine Kenntnis von einer möglichen Prämienzahlung vorhanden gewesen, sei unbeachtlich, da jedenfalls die Möglichkeit einer Prämienzahlung nach Maßgabe der VV- Prämie bestanden habe.

Tatsächlich habe die Klägerin den Widerspruch zunächst nur deswegen nicht eingelegt, weil sie entsprechend des lnformationsschreibens davon ausgegangen sei, dass sie auch mit einer betriebsbedingten Kündigung zu rechnen habe. Dadurch, dass nur auf die abstrakte Möglichkeit einer betriebsbedingten Kündigung hingewiesen und gleichzeitig nicht die Aufgaben und Möglichkeiten des Stellenpools dargestellt worden seien, sei die Klägerin in verzerrter Weise über die Folgen eines Widerspruchs informiert worden. Hätte sie gewusst, dass sie in den Stellenpool zu versetzen gewesene wäre und ihr dort entweder eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit im Land Berlin vermittelt worden wäre oder die Möglichkeit eines prämienbegünstigten Ausscheidens bestanden hätte, hätte sie dem Betriebsübergang früher widersprochen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 27.2.2012 - 58 Ca 894112 - festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 31.8.2011 hinaus (aufgrund des Widerspruchs der Klägerin gegen den Betriebsübergang) fortbesteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das beklagte Land verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts unter Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens.

Die Auffassung der Klägerin, § 1 Abs. 2 Stellenpoolgesetz beinhalte eine rechtliche Verpflichtung, Personalüberhangkräfte zum zentralen Personalüberhangmanagement zu versetzen, sei unzutreffend. Die Vorschrift eröffne der Verwaltung lediglich die Möglichkeit der Versetzung. Deshalb sei die Unterrichtung des beklagten Landes in diesem Punkt nicht zu beanstanden, da es in dem Unterrichtungsschreiben vom 27.06.2011 heiße, im Falle eines Widerspruchs gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses könne dies zur Folge haben, dass eine Versetzung in den Stellenpool erforderlich sei. Diese lnformation sei rechtlich ebenso zutreffend wie die über die Möglichkeit einer etwaigen betriebsbedingten Kündigung. Dass sich die Situation nachträglich anders darstellt habe, führe nicht dazu, dass die Unterrichtung nachträglich unvollständig oder gar unzutreffend geworden sei.

Schließlich sei ganz maßgeblich zu berücksichtigen, dass die Klägerin zu keiner Zeit einen Anspruch auf ein prämienbegünstigtes Ausscheiden auch im Falle des Widerspruchs gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses gehabt hätte. Es handele sich um eine Kann- Regelung. Eine Unterrichtungspflicht hierüber habe nicht bestanden, eine Vergleichbarkeit zu Sozialplanansprüchen entsprechend der Rechtsprechung des BAG sei nicht gegeben.

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach Maßgabe der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. mit § 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist auch statthaft im Sinne des § 64 Abs. 1, 2 ArbGG.

Der von der Klägerin gestellte Feststellungsantrag ist nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Das in jeder Lage des Verfahrens als Sachurteilsvoraussetzung zu prüfende besondere Feststellungsinteresse (vgl. BAG 5. Juni 2003 - 6 AZR 277/02 - AP ZPO 1977 § 256 Nr. 81 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 2) liegt insoweit vor, als der Antrag auf die Feststellung des Bestehens des Arbeitsverhältnisses zu dem beklagten Land gerichtet ist. Hierbei handelt es sich um ein Rechtsverhältnis im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO, an dessen alsbaldiger Feststellung die Klägerin ein rechtliches Interesse hat, da das beklagte Land den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses in Abrede stellt.

II.

Die Berufung ist begründet, so dass das arbeitsgerichtliche Urteil abzuändern und nach dem Klageantrag zu entscheiden war.

Zwischen den Parteien hat über den 31. August 2012 hinaus ein Arbeitsverhältnis bestanden, weil das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht mit Wirkung zum 1. September 2011 im Wege des Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 1 S. 1 BGB auf die V. F. für Senioren GmbH übergegangen ist. Mit dem Informationsschreiben vom 27. Juni 2011 hat das beklagte Land die Klägerin im Rahmen des § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB nicht so informiert, dass sie sich über die wirtschaftlichen Folgen des Übergangs ein Bild machen konnte. Damit hatte sie durch die Unterrichtung keine ausreichende Wissensgrundlage (vgl. BT-Drucks. 14/7760 S. 19) für die Ausübung oder Nichtausübung ihres Widerspruchsrechts erhalten. Die fehlerhafte Information des beklagten Landes vermochte deshalb die einmonatige Widerspruchsfrist nach § 613a Abs. 6 BGB nicht in Gang zu setzen (BAG 23.07.2009 - 8 AZR 538/08 - NZA 2010, 89; 13.07.2006 - 8 AZR 305/05 - NZA 2006, 1268). Der Widerspruch der Klägerin gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die V. F. für Senioren GmbH am 30.11.2011 ist daher nicht verspätet und hat zur Folge, dass das Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land fortbesteht, da dieser auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurückwirkt. (BAG 23.07.2009 - 8 AZR 538/08 - NZA 2010, 89; 13.07.2006 - 8 AZR 305/05 - NZA 2006, 1268).

Der Widerspruch ist auch weder verwirkt noch rechtsmissbräuchlich.

1.

Geht der Betrieb, in dem der Arbeitnehmer beschäftigt ist, i. S. d. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf einen neuen Inhaber über, kann der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB innerhalb eines Monats nach der Unterrichtung über den Übergang widersprechen, mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis zum Betriebsveräußerer fortbesteht.

Die einmonatige Widerspruchsfrist nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB wird durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB in Lauf gesetzt (st. Rspr., vgl. BAG 10.11.2011 - 8 AZR 417/10 - NZA 2012, 584; BAG 20.05.2010 - AP Nr. 22 zu § 613a BGB Widerspruch; 22.01.2009 - 8 AZR 808/07 - AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 4 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 105).

Dies folgt aus dem Wortlaut des § 613a Abs. 6 BGB, wonach der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach § 613a Abs. Absatz 5 widersprechen kann. Damit setzt § 613a Abs. 6 S. 1 BGB eine den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB entsprechende Unterrichtung voraus. Im Übrigen ergibt sich dies auch zwingend aus Sinn und Zweck der in § 613a Abs. 5 BGB geregelten Unterrichtungspflicht. Danach haben Veräußerer und/oder Erwerber den Arbeitnehmer so zu informieren, dass dieser sich über die Person des Übernehmers und über die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände ein Bild machen kann. Nach § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB ist insbesondere auch über die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer zu unterrichten (BAG a. a. O.). Eine Kausalität zwischen der fehlerhaften Information und dem nicht ausgeübten Widerspruchsrecht ist, auch im Fall der nachträglichen Ausübung des Widerspruchsrechts, nicht erforderlich (BAG 22.01.2009 - 8 AZR 808/07 -NZA 2009, 547)

Der Arbeitnehmer soll durch die Unterrichtung eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerspruchsrechts erhalten (vgl. BT-Drucks. 14/7760 S. 19). Dem Arbeitnehmer soll auch die Möglichkeit eröffnet werden, sich weitergehend zu erkundigen und gegebenenfalls beraten zu lassen und dann auf dieser Grundlage über einen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu entscheiden (BAG 10.11.2011 - 8 AZR 430/10 NZA 2012, 584; 31.01. 2008 - 8 AZR 1116/06 – m. w. N., AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 85). Nach § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB ist insbesondere auch über die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer zu unterrichten. Ausgehend vom Sinn und Zweck der Unterrichtungspflicht, nämlich dem Arbeitnehmer eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung des Widerspruchsrechts zu verschaffen, kann unter bestimmten Umständen eine Unterrichtungspflicht auch über mittelbare wirtschaftliche und soziale Folgen (Sekundärfolgen) bestehen (BAG 13.07.2006 - 8 AZR 303/05 - NZA 2006, 1273). Dabei handelt es sich um Sachverhalte, die sich nicht als rechtliche Folge unmittelbar den Bestimmungen von § 613a Abs. 1 bis Abs. 4 BGB entnehmen lassen, die aber als wirtschaftliche Folgen i. S. d. § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB im Rahmen der Unterrichtungspflicht zu den nach § 613a BGB mitzuteilenden Umständen gehören (BAG 10.11.2011 - 8 AZR 424/10 - NZA 2012, 584). Das BAG (BAG 13.07.2006 - 8 AZR 303/05 - a.a.O.) sieht als solche Sekundärfolgen z. B. Sozialplanansprüche an, die dem Arbeitnehmer bei Ausübung des Widerspruchsrechts zustehen können. Eine Unterrichtungspflicht hat es in dem zitierten Fall allerdings deswegen nicht angenommen, weil zum Zeitpunkt der Mitteilung ein Sozialplan noch nicht vereinbart war. Soweit ein Stadium konkreter Planung erreicht sei, sei der Arbeitgeber aber nach § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB verpflichtet, auch die in Aussicht genommenen Maßnahmen mitzuteilen (vgl. BAG 13. Juli 2006 - 8 AZR 303/05 –a. a. O.).

Der Inhalt der Unterrichtung richtet sich grundsätzlich nach dem Kenntnisstand des Veräußerers und des Erwerbers zum Zeitpunkt der Unterrichtung (BAG 23.07.2009 - 8 AZR 538/08 -, NZA 2010, 89; vom 20.03.2008 - 8 AZR 1016/06 - NZA 2008, 1354). Ist der Unterrichtungsanspruch ausgehend vom dem tatsächlich vorhandenen Kenntnisstand des Veräußerers bzw. Erwerbers anlässlich des konkreten Betriebsübergangs nach § 362 Abs. 1 BGB erfüllt, besteht kein Anspruch auf ergänzende Unterrichtung. Ein Anspruch auf ergänzende Aufklärung aus § 613a Abs. 5 BGB über neu eingetretene Umstände kann sich allenfalls dann ergeben, wenn es sich nicht mehr um denselben Betriebsübergang handelt, beispielsweise weil der Betrieb auf einen anderen Erwerber übergeht (BAG 13.07.2006 - 8 AZR 303/05 – a.a.O.).

2.

In Anwendung dieser Grundsätze ist der mit Schreiben vom 30. November 2011 eingegangene Widerspruch der Klägerin nicht verspätet, weil das beklagte Land die Klägerin mit Schreiben vom 27. Juni 2011 nicht ordnungsgemäß unterrichtet und die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht in Gang gesetzt hatte.

2.1.

Die Unterrichtung ist unvollständig, weil in dem Unterrichtungsschreiben vom 27. Juni 2011 nicht auf die Möglichkeit der Anwendung der VV- Prämie hingewiesen wurde. Bei der VV- Prämie und der sich hieraus ergebenden Möglichkeit eines prämienbegünstigten Ausscheidens von Mitarbeitern handelt es sich um eine mittelbare wirtschaftliche Folge (Sekundärfolge) des Betriebsübergangs, die von der Unterrichtungspflicht nach § 613a Abs. 5 BGB umfasst wird (BAG 13.07.2006 - 8 AZR 303/05 - NZA 2006, 1273).

Die VV- Prämie regelt unter den Voraussetzungen, dass unbefristet Beschäftigte des Landes, die das 40. Lebensjahr vollendet und das 64. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und gem. § 1 Abs. 2 Stellenpoolgesetz dem Personalüberhang zugeordnet und zum zentralen Personalüberhangmanagement (Stellenpool) versetzt wurden, auf deren schriftliche Antragstellung (§ 3 Abs. 2 VV – Prämie) ein Angebot auf Ausscheiden gegen Zahlung einer Abfindung unterbreitet werden kann.

Obwohl ein Rechtsanspruch auf ein Ausscheiden nicht besteht (§ 1 Abs. 4 VV- Prämie), war als mögliche, an den Widerspruch der Klägerin gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses geknüpfte Folge ein Zahlungsanspruch – nach Abschluss eines entsprechenden Auflösungsvertrages (§ 3 Abs. 4 VV- Prämie) bereits im Zeitpunkt der Unterrichtung über den Betriebsübergang nicht auszuschließen.

Die Anwendung der VV- Prämie war nicht deshalb ausgeschlossen, weil das beklagte Land eine Versetzung der dem Betriebsübergang eventuell widersprechenden Arbeitnehmer zum ZeP zum Zeitpunkt der Unterrichtung nicht in Betracht zog, so dass es davon ausgehen konnte, dass die nach § 1 Abs. 1 VV - Prämie erforderliche Voraussetzung für die Zahlbarmachung einer Abfindung nicht eintreten werde. Dies ergibt sich aus den Regelungen des Stellenpoolgesetzes sowie dem Umstand, dass der Klägerin in dem Unterrichtungsschreiben vom 27. Juni 2011 mitgeteilt wurde, dass der Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses zur Folge haben kann, dass sie zum zentralen Personalmanagement (Stellenpool) versetzt werden müsse, wenn freie Stellen ihrer Fachrichtung bei dem Land nicht mehr zur Verfügung stehen. Bei der in § 1 Abs. 1, 2 Stellenpoolgesetz enthaltenen Regelung, nach der Dienstkräfte, deren Beschäftigung durch den Wegfall von Aufgaben oder die Verlagerung von Aufgaben auf andere Dienstkräfte in ihrer Dienstbehörde nicht mehr möglich ist, dem Personalüberhang zuzuordnen und zum zentralen Personalüberhangmanagement (Stellenpool) zu versetzen sind, handelt es sich nicht um eine Kann – oder Sollbestimmung, sondern um eine zwingende Regelung. Eine Bestimmung, die es der Finanzverwaltung erlaubt, hiervon für die Zuordnung zum Überhang abweichende Verwaltungsvorschriften zu erlassen, enthält das Stellenpoolgesetz nicht. Dementsprechend bestand weder für die Finanzverwaltung noch die Bezirksverwaltung die Möglichkeit, nach Maßgabe des Haushaltwirtschaftsrundschreibens 2010 bzw. des Schreibens der Senatsverwaltung für Finanzen vom 16.09.2010 eine Zuordnung zum Personalüberhang entgegen der gesetzlichen Regelung zu verhindern.

Davon, dass die Zuordnung zum Personalüberhang und die Versetzung zum ZeP nicht ausgeschlossen war, ist auch das beklagte Land ausgegangen, das der Klägerin in dem Unterrichtungsschreiben vom 27. Juni 2011 mitgeteilt hat, dass der Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses zur Folge haben kann, dass sie zum zentralen Personalmanagement (Stellenpool) versetzt werden müsse, wenn freie Stellen ihrer Fachrichtung bei dem Land nicht mehr zur Verfügung stehen. Hätte das beklagte Land eine Versetzung zum zentralen Personalüberhangmanagement (Stellenpool) von vornherein dauerhaft ausgeschlossen, dann wäre die Unterrichtung der Klägerin, sie müsse mit einer derartigen Versetzung rechnen, fehlerhaft, weil der Hinweis auf die Versetzungsmöglichkeit in den Stellenpool unzutreffend wäre.

Der Unterrichtungsverpflichtung des beklagten Landes steht nicht entgegen, dass ein Rechtsanspruch der Klägerin auf ein prämienbegünstigtes Ausscheiden nach der VV - Prämie nicht besteht. Zur Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung des Widerspruchsrechts gehört auch die Kenntnis von Leistungen, auf die zwar ein Rechtsanspruch nicht besteht, zu denen der Arbeitgeber sich aber aus wirtschaftlich - fiskalischen Gründen nach einem von ihm aufgestellten Regelwerk – nach den dort genannten Voraussetzungen - freiwillig bereit erklärt hat. Dem Arbeitnehmer wird hierdurch auch die Möglichkeit eröffnet, sich weitergehend nach den Aussichten einer derartigen Leistungsgewährung zu erkundigen und gegebenenfalls beraten zu lassen und dann auf dieser Grundlage über einen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu entscheiden. Darauf, ob das beklagte Land im Zeitpunkt der Unterrichtung für dem Betriebsübergang widersprechende Arbeitnehmer Zahlungen nach der VV- Prämie plante oder nicht, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Entscheidend für das Entstehen der Unterrichtungspflicht war nicht die Planung von Abfindungszahlungen an eventuell dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprechende ausscheidenswillige Arbeitnehmer im konkreten Fall, sondern die bereits existierende Regelung der VV Prämie sowie der Umstand, dass jedenfalls ein Anspruch des danach eine Abfindungszahlung beantragenden Arbeitnehmers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung besteht.

Im Zeitpunkt der Unterrichtung hatte das beklagte Land das vom BAG (BAG 13.07.2006 - 8 AZR 303/05 - NZA 2006, 1273) für das Bestehen einer Unterrichtungspflicht vorausgesetzte Stadium konkreter Planung der möglichen Abfindungszahlungen bereits erreicht und war durch den Erlass der VV - Prämie bereits in die Ausführung eingetreten, da die VV - Prämie am 01.01.2011 in Kraft getreten und die Möglichkeit für Abfindungszahlungen im Zeitpunkt der Unterrichtung bereits realisiert war. Der Entschluss, unter bestimmten, auch durch wirtschaftliche Gesichtspunkte bestimmte Voraussetzungen nach der VV – Prämie an im Überhang beschäftigte Arbeitnehmer Abfindungen bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zu zahlen, war damit im Zeitpunkt des Unterrichtungsschreibens hinreichend verfestigt, um eine entsprechende Unterrichtungspflicht auszulösen. Dass ein prämienbegünstigtes Ausscheiden nach der VV - Prämie im Zeitpunkt der Unterrichtung auch nicht fern lag, wird auch durch den weiteren Geschehensablauf belegt, da mit allen dem Betriebsübergang widersprechenden Mitarbeitern, die bei dem beklagten Land verblieben sind und dies beantragten, Auflösungsverträge, verbunden mit Prämienzahlungen nach der VV - Prämie, vereinbart wurden.

2.2.

Ob die Unterrichtung auch deswegen nicht ordnungsgemäß war, weil das beklagte Land die Klägerin auf die abstrakte Möglichkeit einer betriebsbedingten Kündigung hingewiesen und gleichzeitig nicht die Aufgaben und Möglichkeiten des Stellenpools dargestellt hat, so dass die Klägerin – wie diese gemeint hat - in verzerrter Weise über die Folgen eines Widerspruchs informiert wurde, kann deswegen dahinstehen.

Zwar spricht einiges dafür, dass im Ergebnis während der Geltung des Stellenpoolgesetzes die Möglichkeit betriebsbedingter Kündigungen eingeschränkt oder gar - zumindest faktisch - ausgeschlossen werden soll und das beklagte Land angesichts der bei ihm geltenden Besonderheiten in dem Mitteilungsschreiben die Konsequenzen eine Widerspruchs konkreter hätte darstellen müssen. So hat der seinerzeit federführende Finanzsenator vor dem Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung erklärt, der Stellenpool nehme von ihren Aufgaben freigestellte Mitarbeiter auf, die in einem Unternehmen betriebsbedingt gekündigt würden und die in der Verwaltung keinen Arbeitsplatz mehr hätten (Sitzung am 6. November 2003, Wortprotokoll Recht 15/29, S. 13 f. zitiert nach OVG Berlin-Brandenburg - OVG 4 B 63.09 – juris Rn 15). Ob angesichts der bei dem beklagten Land bestehenden konkreten Regelungen und Weisungslagen – evtl. vor dem Hintergrund eines entgegenstehenden politischen Willens – betriebsbedingte Kündigungen damit überhaupt in Betracht gekommen wären, ist jedenfalls unklar. Die Klägerin hat dies mit der Behauptung bestritten, dass derartige Kündigungen durch das Land in der Vergangenheit bisher - über Jahre - nicht ausgesprochen worden seien und vorgetragen, dies werde auch dadurch belegt, dass keine betriebsbedingten Kündigungen gegenüber den dem Betriebsübergang widersprechenden Arbeitnehmern, für die keine Unterbringungsmöglichkeiten bei dem beklagten Land vorhanden waren, erfolgt seien. Demgegenüber haben die Vertreter des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung erklärt, lediglich wegen der mit möglichen Kündigungsschutzverfahren verbundenen Risiken und des Aufwands habe man von betriebsbedingten Kündigungen abgesehen.

Da es nicht mehr entscheidungserheblich hierauf angekommen ist, ist die Kammer diesen Fragen nicht mehr nachgegangen.

3.

Das Widerspruchsrecht der Klägerin ist nicht verwirkt, weil diese zunächst dem Betriebsübergang nicht widersprochen, die Arbeit bei der Betriebserwerberin ab dem 01.09.2011 aufgenommen und erst mit Schreiben vom 30.11.2011 den Widerspruch gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses erklärt hat.

Das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB kann verwirken (BAG 22.06.2011 - 8 AZR 752/09 - DB 2011, 2385; 12.11.2009 - 8 AZR 751/07 - AP Nr. 12 zu § 613a BGB Widerspruch). Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckt haben, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment).

Die Frist für das für die Verwirkung maßgebliche Zeitmoment beginnt nicht erst ab einem bestimmten Zeitpunkt zu laufen, insbesondere nicht erst mit der umfassenden Unterrichtung oder Kenntnis des Arbeitnehmers über den Betriebsübergang und dessen Folgen. Bei dem Zeitmoment handelt es sich nicht um eine gesetzliche, gerichtliche oder vertraglich vorgegebene Frist, für welche bestimmte Anfangs- und Endzeitpunkte gelten, wie sie in den §§ 186 ff. BGB geregelt sind. Vielmehr hat bei der Prüfung, ob ein Recht verwirkt ist, immer eine Gesamtbetrachtung stattzufinden, bei welcher das Zeit- und das Umstandsmoment zu berücksichtigen und in Relation zu setzen sind (BAG 27.11.2008 - 8 AZR 174/07 - BAGE 128, 328). Nach der Rechtsprechung des BAG kann je nach den Umständen des Einzelfalles zur Erfüllung des Zeitmoments ein Zeitraum von neun Monaten (BAG 24.02. 2011 - 8 AZR 699/09 -AP Nr. 398 zu § 613a BGB), von über einem Jahr (BAG 27.11.2008 - 8 AZR 174/07 – NZA 2009, 552 ; 15.02.2007 - 8 AZR 431/06 - BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320) oder ein Zeitraum von mehr als zwei Jahren (BAG 9.12.2010 - 8 AZR 614/08 - AP Nr. 394 zu § 613a BGB) genügen.

Das Umstandsmoment ist erfüllt, wenn der Arbeitgeber davon ausgehen durfte, der Widerspruch werde nicht mehr ausgeübt. Dies ist dann der Fall, wenn er aufgrund des Verhaltens des Arbeitnehmers annehmen durfte, dieser habe den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber und diesen damit als seinen neuen Arbeitgeber akzeptiert (BAG 27.11.2008 - 8 AZR 188/07 - NZA 2009, 752). Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Betriebserwerber disponiert hat (vgl. BAG 27.11.2008 - 8 AZR 174/07 - AP BGB § 613a Nr. 363 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 106; 20. März 2008 - 8 AZR 1016/06 - NZA 2008, 1354).

Allein der Umstand, dass der Arbeitnehmer (zunächst) widerspruchslos beim Betriebserwerber weiterarbeitet und von diesem die Arbeitsvergütung entgegennimmt, stellt ebenso wenig eine Disposition über den Bestand des Arbeitsverhältnisses dar (BAG 27.11.2008 - 8 AZR 225/07 -; 24.07.2008 - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347) wie Vereinbarungen mit dem Betriebserwerber, durch welche einzelne Arbeitsbedingungen, z. B. Art und Umfang der zu erbringenden Arbeitsleistung, Höhe der Arbeitsvergütung, geändert werden.

Gemessen an diesen Grundsätzen komm eine Verwirkung des Widerspruchsrechts der Klägerin nicht in Betracht, da sowohl das hierfür erforderliche Zeit – als auch das Umstandsmoment nicht gegeben sind. Der verstrichene Fünf – Monats – Zeitraum seit erfolgter Unterrichtung bzw. der Drei – Monats – Zeitraum, der in Wechselwirkung (BAG 24.02.2011 – a. a. O.) zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen ist, reicht nicht aus, das Vertrauen des beklagten Landes in die Nichtausübung des Widerspruchsrechts durch die Klägerin zu rechtfertigen. Für das ebenfalls erforderliche Umstandsmoment sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 525, 91 Abs. 1 ZPO. Als unterlegene Partei hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV.

Die Revision war nach § 72 Abs. 2 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage, wie weitreichend die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers bei mittelbaren wirtschaftlichen und sozialen Folgen eines Widerspruchs gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses ist, zuzulassen