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(Aufhebungsvertrag - Schriftform - Treuwidrigkeit)


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 10. Kammer Entscheidungsdatum 30.04.2010
Aktenzeichen 10 Sa 2642/09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 623 BGB, § 242 BGB

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. November 2009 - 54 Ca 11833/09 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

III. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 17.007,75 EUR festgesetzt.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage der Beendigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses, ein Zwischenzeugnis sowie die Weiterbeschäftigung der Klägerin in Berlin.

Die Klägerin ist 40 Jahre alt (... 1969) und war bei der Beklagten als Teamassistentin mit einer monatlichen Bruttovergütung von zuletzt 3.779,50 EUR beschäftigt.

Infolge eines im Sommer 2008 zwischen der Beklagten und dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat geschlossenen Interessenausgleichs und Sozialplans sollte der Arbeitsplatz der Klägerin entfallen. Im September 2008 legte die Beklagte der Klägerin zwei Entwürfe eines Auflösungsvertrages einmal mit einer Abfindungszahlung bei einem Ausscheiden zum 30. September 2009 und einmal mit einem Übertritt in eine Transfergesellschaft (beE) zum 1. November 2008. Nachdem die Klägerin beide Angebote nicht annahm, unterbreitete die Beklagte ihr ein weiteres Angebot mit Übertritt in eine Transfergesellschaft zum 1. Januar 2009 bei einer Abfindungszahlung von 40.462,00 EUR (Bl. 96-103 d.A.). Dieses nahm die Klägerin ebenfalls nicht an.

Seit September 2008 bewarb die Klägerin sich auf Stellen in der Jobbörse der Beklagten. Ob das auf Drängen der Beklagten oder aus eigenem Antrieb der Klägerin erfolgte, ist streitig. Dabei nahm die Klägerin jedenfalls auch Verhandlungen mit der Fa. B. I. GmbH, einem Gemeinschaftsunternehmen, an dem auch die Beklagte beteiligt ist, auf. Am 25. November 2008 unterzeichnete die Klägerin einen von der Fa. B. bereits unter dem 11. November 2008 unterzeichneten Arbeitsvertrag mit der B. (Bl. 7-8 d. A.), der eine Anrechnung der Betriebszugehörigkeit bei der Beklagten nicht enthält. Der Einsatzort der Klägerin war danach im I. Quartal 2009 Berlin und ab dem 1. April 2009 Meckenheim bei Bonn. Nach unbestrittener Erklärung der Beklagten in der Berufungsverhandlung wurde die vorhergehende Dienstzeit der Klägerin bei der Beklagten doch anerkannt.

Vor Vertragsschluss teilte die Klägerin der Beklagten mit E-Mail vom 6. November 2008 (Bl. 59 d.A.) unter dem Betreff „Meine Umsetzung“ mit:

„…

ich beziehe mich auf die von Ihnen mit Schreiben vom 03. November vorgeschlagene Vereinbarung wegen meiner Freistellung. Sie gewähren mir darin eine Freistellung jedoch nur befristet bis zum 21.11.2008, die mit meinem Urlaubsanspruch und Gleitzeitguthaben verrechnet werden soll.

In meinem Schreiben vom 31.10.2008 … bat ich jedoch u. a. um bezahlte Freistellung bis zum 31.12.2008, da dies wegen meines Studiums eine der Grundvoraussetzungen für meinen Übertritt zur B. …darstellt.

Bezüglich der, ebenfalls noch offenen Punkte hinsichtlich der Übernahme meiner Miet- und Umzugskosten, bitte ich Sie, eine positive Entscheidung zu treffen. … Da es sich hier zum einen um keine interne Versetzung handelt, und zum anderen der Anlass für mein Ausscheiden und damit die Ursache meiner zusätzlichen wirtschaftlichen Nachteile durch die von Ihnen umgesetzte … Maßnahmen entstehen, bitte ich Sie, die daraus resultierenden Kosten zu übernehmen. …

Hinweisen möchte ich Sie nochmals darauf, dass es sich hierbei um so wichtige Dinge handelt, dass ich es von Ihrer Kostenübernahme abhängig machen muss, ob ich B. überhaupt eine Zusage geben kann. …“.

Mit Schreiben vom 21. November 2008 (Bl. 60-61 d. A.), das die Klägerin am 25. November 2008 unter dem Zusatz „Einverstanden:“ gegenzeichnete, teilte ihr die Beklagte u.a. mit:

Aufgrund Ihres Arbeitsvertragsangebotes der Firma B. … in M. kommt das in Punkt 3.1. der Vereinbarung genannte … Rundschreiben … bei Vertragsabschluss mit der Firma B. zu Anwendung.

Des Weiteren stellen wir Sie in Anlehnung an Ihr Arbeitsvertragsangebot mit der Firma B. und der sich aus der Annahme des Arbeitsvertrages ergebenen Schwierigkeiten bei der Weiterführung Ihres Diplomstudienganges unter Fortzahlung der Bezüge bis 31. Dezember 2008 widerruflich von der Arbeit frei.

Voraussetzung für die Freistellung ist die schriftliche Annahme des Arbeitsvertragsangebotes der Firma B.. Die Freistellung beginnt einen Tag nach Unterzeichnung des Arbeitsvertragsangebotes. …

Noch vorhandenes Gleitzeitguthaben und Urlaubsanspruch wird auf die Freistellung angerechnet.

Firmenausweis, sämtliche Ihnen übergebene Unterlagen, Arbeitsmittel und sonstige überlassene Gegenstände sind bis spätestens 22. Dezember 2008 von Ihnen zurückzugeben.

Während der Freistellung bleibt das Wettbewerbsverbot bestehen. …“.

Mit Schreiben vom 26. November 2008 (Bl. 20-21 d.A.) teilte die Beklagte der Klägerin unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 21. November 2008 mit, dass der Interessenausgleich und Sozialplan auf ein Rundschreiben aus dem Jahre 1998 verweise und die Klägerin nach einem Rundschreiben aufgrund des mit der B. geschlossenen Arbeitsverhältnisses für die Zeit vom 1. April 2009 bis 30. September 2010 zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile Ausgleichszahlungen wie u. a. Trennungsgeld, Verpflegungspauschale und Kostenerstattungen für Unterkunft und Heimfahrten leiste.

Am 1. Dezember 2008 unterzeichneten der zum Abschluss von Aufhebungsverträgen berechtigt Mitarbeiter der Beklagten Dr. P. A. sowie ein Mitarbeiter der Beklagten die zweite Seite einer „Vereinbarung zur Aufwandsentschädigung bei Versetzung-Inland“ (Bl. 62-63 d.A.). Die Kopfzeile war unterschrieben mit dem Zusatz: „(Sonderfall: Neu-/Wiedereinstellung)“. In dem danach vorgedruckten Text „auf Basis des CP-Rundschreibens … wird nachstehende Versetzung vereinbart“ wurde handschriftlich hinzugefügt „Übertritt zur B. I. GmbH, M.“. Auf den Seiten 3 und 4 dieser Vereinbarung (Bl. 180-181 d.A.) unterzeichnete die Klägerin diese. Während der Unterschrift auf Seite 3 kein besonderer Erklärungsinhalt auf dieser Seite zu entnehmen war, bestätigte die Klägerin mit ihrer Unterschrift auf Seite 4, dass sie neben der Unterkunft am jeweiligen Einsatzort auch eine Wohnung/Unterkunft am Heimatort besitze, bewohne und dazu die Kosten trage.

Mit E-Mail vom 16. Dezember 2008 (Bl.65 d.A.) bat die Klägerin die Beklagte „wie… besprochen“ „um den Übertritt“ zur B., mit E-Mail vom nächsten Tag (Bl.66 d.A.) erklärte sie ihr gegenüber, dass sie zum 1. Januar 2009 zur B. übertreten werde.

In einer E-Mail vom 25. Februar 2009 (Bl. 9 d. A.), in der die Beklagte der Klägerin Art und Höhe der möglichen Ausgleichzahlungen für eine Unterkunft in M. erläuterte, wies die Beklagte die Klägerin u. a. darauf hin:

„…

Ich möchte Sie noch einmal darauf aufmerksam machen, dass sie Ihr Beschäftigungsverhältnis bei uns offiziell kündigen müssen.

Sollten wir von Ihnen weiterhin keine Kündigung erhalten, können wir leider aus Compliance Gründen die Erstattungsleistungen nicht gewähren, da die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind.

Deshalb bitte ich Sie nochmals dringend mir bis spätestens 04.03.09 Ihre Kündigung zukommen zu lassen damit wir Ihr Beschäftigungsverhältnis offiziell beenden können …“.

Mit weiterem Schreiben vom 10. März 2009 (Bl. 11 d.A.), dem ein Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages (Bl. 75-77 d.A.) beilag, in welchem die mit Schreiben vom 26. November 2008 zugesicherten Leistungen unberührt blieben, bat die Beklagte bis spätestens 20. März 2009 um Unterzeichnung und Rücksendung des Aufhebungsvertrages und kündigte an, dass sie sich ansonsten gezwungen sehe, das Beschäftigungsverhältnis außerordentlich/fristlos zu kündigen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 23. März 2009 (Bl. 12-13 d.A.) lehnte die Klägerin die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab, woraufhin die Beklagte mit Schreiben vom 9. April 2009 (Bl. 14-15 d.A.) die Auffassung vertrat, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Übertritt zur B. beendet worden sei. Ferner heißt es darin:

Wenn … (die Klägerin) … entgegen den vorangegangenen Absprachen und Prämissen nicht bereit ist, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden, werden wir das Arbeitsverhältnis kündigen. …“.

Mit weiterem Schreiben vom 22. Mai 2009 (Bl. 16-18 d.A.) lehnte die Beklagte eine freiwillige Beschäftigung der Klägerin in Berlin ab und bot ihr erneut einen Aufhebungsvertrag mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2008 gegen Zahlung einer Abfindung ab, worin sie erneut die Auffassung vertrat, dass bereits ein verbindlicher Vertrag über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorliege. Die Klägerin lehnte dies ab.

Die Klägerin meinte, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien mangels Beendigungserklärung oder -vereinbarung nicht beendet sei.

Demgemäß hatte die Klägerin, soweit für die Berufung relevant, beantragt

1. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ein sich auf Führung und Leistung erstreckendes Zwischenzeugnis für die Dauer ihrer bisherigen Beschäftigung bei der Beklagten vom 1. September 1997 bis 31. Dezember 2008 zu erteilen;

2. festzustellen, dass die Klägerin mit der Beklagten weiterhin in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis nach Maßgabe des Arbeitsvertrages vom 26.08.1997 steht;

3. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin nach Maßgabe des Arbeitsvertrages vom 26.08.1997 in Berlin als Team-Assistentin Vollzeit mit einem monatlichen Bruttoeinkommen in Höhe von derzeit 3.779,50 EUR zu beschäftigen.

Die Beklagte hatte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meinte, dass die Klägerin sich treuwidrig verhalte, auch wenn die Schriftform für eine Aufhebungsvereinbarung, wenn man sie nicht in der Vereinbarung vom 1. Dezember 2008 sehe, wohl nicht eingehalten sei. Sämtliche Korrespondenz der Parteien sei auf ein Ausscheiden der Klägerin bei der Beklagten gerichtet gewesen. Die Beklagte hält die Berufung der Klägerin auf den Formmangel für rechtsmissbräuchlich.

Von der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 108-114 d. A.) abgesehen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Teilurteil vom 17. November 2009 stattgegeben und festgestellt, dass zwischen den Parteien ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis bestehe, dass eine Weiterbeschäftigungspflicht durch die Beklagte beinhalte.

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es eine wirksame Aufhebungsvereinbarung nicht gebe. Während die Vereinbarung vom 1. Dezember 2008 keine Willenserklärung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses beinhalte, sei auch nicht ersichtlich, dass die für die Arbeitgeberin zeichnende Person zum Abschluss von Aufhebungsverträgen befugt sei. Auch die „begleitende“ Korrespondenz lasse mit den dabei verwendeten Begrifflichkeiten keinen Rückschluss auf eine Aufhebungsvereinbarung am 1. Dezember 2008 zu. Die Berufung der Klägerin auf die fehlende Schriftform sei auch nicht treuwidrig. Voraussetzung für eine Treuwidrigkeit sei, dass einerseits, dass der Gegner auf das formwidrige Rechtsgeschäft vertraut habe und andererseits das Ergebnis nicht nur hart, sondern schlechthin untragbar sei. Hier habe aber die Beklagte schon nicht auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin vertraut, wie die zahlreichen Versuche, die Klägerin auch im Jahre 2009 noch zu einer Beendigung zu bewegen, zeige. Auch ein untragbares Ergebnis für die Beklagte liege nicht vor. Die Beklagte habe keine wesentlichen wirtschaftlichen Dispositionen dargelegt und die Klägerin habe bereits drei Monate nach Beginn der neuen Tätigkeit ihre Weiterbeschäftigung bei der Beklagten reklamiert. Der Beschäftigungsanspruch der Klägerin folge aus § 611 BGB, der Zwischenzeugnisanspruch aus § 242 BGB wegen des Tätigkeitswechsels. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils (Bl. 115-120 d. A.) verwiesen.

Gegen dieses den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 2. Dezember 2009 zugestellte Teilurteil haben diese am 3. Dezember 2009 Berufung eingelegt und diese am 2. Februar 2010 begründet.

Die Beklagte führt aus, dass die Vereinbarung vom 1. Dezember 2008 als Aufhebungsvereinbarung auszulegen sei. Sie sei auf Seiten der Beklagten von Herrn Dr. P. A. unterzeichnet, der zum Abschluss von Aufhebungsverträgen berechtigt sei. Inhaltlich ergebe sich insbesondere aus dem Begriff „Übertritt“, dass das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten beendet werden sollte. Dass die Klägerin Mitte Dezember 2008 noch um den Übertritt gebeten habe, sei unbeachtlich, da die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits am 1. Dezember 2008 erfolgt sei. Aber letztlich habe sie mit der Erklärung des Übertritts am 17. Dezember 2008 auch die Beendigung bestätigt. Das Verhalten der Beklagten im Jahre 2009 stehe dem auch nicht unbedingt entgegen, wie die 6. Kammer des LAG Berlin-Brandenburg. in einem Urteil vom 2. Oktober 2009 (& Sa 1215/09 und 6 Sa 1536/09) entschieden habe. Auch die begleitende Korrespondenz sei für die Auslegung der Erklärung heranzuziehen. Die Vereinbarungen über Freistellung, Aufwandsentschädigung usw. seien typische Regelungen im Zusammenhang mit der Beendigung von Arbeitsverhältnissen. Das sei auch bei der Anwendung der Unklarheitenregeln des BGB zu berücksichtigen. Der Vertrag vom 1. Dezember 2008 sei weder überraschend noch intransparent.

Wenn man dem nicht folge, verstoße das Verhalten der Klägerin aber in jedem Fall gegen Treu und Glauben. Nachdem die Klägerin ihre Tätigkeit für die Beklagte beendet habe, habe die Beklagte darauf vertraut, dass das Arbeitsverhältnis beendet sei. Das Drängen auf eine zweifelsfreie Aufhebungsvereinbarung könne der Beklagten nicht zum Nachteil gereichen. Sie habe nur ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin ausschließen wollen. Die Klägerin habe Leistungen bei Ausscheiden für sich reklamiert. Auf untragbare Ergebnisse müsse es nicht ankommen.

Da das Arbeitsverhältnis beendet sei, könne die Klägerin kein Zwischenzeugnis beanspruchen.

Dem Weiterbeschäftigungsbegehren sei in jedem Fall der Erfolg zu versagen, da die Klägerin nach ihrer eigenen Auffassung zur B. versetzt worden sei und deshalb ihr Arbeitsverhältnis bei der Beklagten ruhe. Ihre Beschäftigungspflicht bestehe gegenüber der B.. Ein Widerrufsrecht gebe es hierzu gesetzlich nicht.

Die Beklagte beantragt,

das Teilurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. November 2009 - 54 Ca 11833/09 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin erwidert, dass die Beklagte ihren Willen, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin im Dezember 2008 zu beenden, nicht in die Tat umgesetzt habe. Der Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages beende nicht automatisch ein vorhergehendes anderes Arbeitsverhältnis. Mit der Unterschrift unter die Vereinbarung vom 1. Dezember 2008 habe sie ihr Einverständnis mit der Spesenregelung erklärt. Sie habe auch bereits vor der Beklagten unterzeichnet. Ein von beiden Parteien unterzeichnetes Exemplar sei ihr zu keinem Zeitpunkt zugegangen. Der Korrespondenz im Frühjahr 2009 könne entnommen werden, dass in jedem Fall noch eine förmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe erfolgen sollen.

Die Klägerin verhalte sich auch nicht treuwidrig. Sie ziehe keine Vorteile aus einem nichtigen Vertrag. Dass die Hoffnungen der Beklagten auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin sich nicht realisiert hätten, könne der Klägerin nicht zur Last gelegt werden.

Die Klägerin habe auch einen Beschäftigungsanspruch. Mit Erhebung der Klage habe sie das Ruhen ihres Arbeitsvertrages widerrufen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsbegründung der Beklagten vom 2. Februar 2010 und den Schriftsatz vom 21. April 2010 sowie auf die Berufungsbeantwortung der Klägerin vom 4. März 2010 sowie das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. Der der Beklagten zur Berufungsverhandlung noch nicht vorliegende Schriftsatz der Klägerin vom 26. April 2010 blieb bei der Entscheidungsfindung unberücksichtigt.

Entscheidungsgründe

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht im Sinne der §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 Zivilprozessordnung (ZPO) eingelegt und begründet worden.

II.

In der Sache ist jedoch keine andere Beurteilung als in erster Instanz gerechtfertigt. Die Berufung ist unbegründet und daher zurückzuweisen.

Sowohl im Ergebnis wie auch zu weiten Teilen in der Begründung hat das Arbeitsgericht zu Recht der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht schließt sich den Ausführungen des Arbeitsgerichts in dem angefochtenen Teilurteil an und sieht von einer Wiederholung ab (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Die Angriffe der Berufung sind nicht geeignet, die Rechtslage anders zu beurteilen und geben - auch aufgrund ergänzenden Vortrags in der Berufungsinstanz - nur Anlass zu folgenden Anmerkungen:

1.

Auch mit den ergänzen und die Unterschrift der Klägerin beinhaltenden Seiten 3 und 4 der „Vereinbarung zur Aufwandsentschädigung bei Versetzung - Inland“ kann der dort enthaltenen Unterschrift der Klägerin kein dahingehender Erklärungswille entnommen werden, das bisherige Arbeitsverhältnis zu beenden.

Der Vertrag ist die zwei- oder mehrseitige Regelung eines Rechtsverhältnisses, die von den Vertragsparteien einverständlich getroffen wird. Die Vertragsvereinbarung setzt inhaltlich korrespondierende, auf dieselben Rechtsfolgen gerichtete Willenserklärungen, nämlich einen Antrag und diesbezügliche Annahme voraus (vgl. § 151 S. 1 BGB). Maßgeblich für einen Vertrag ist eine von den Vertragsparteien getragene Einigung über die vertragswesentlichen Bestandteile. Die vertragswesentlichen Bestandteile bestehen in der Regel mindestens aus den Vertragsparteien und dem Vertragsgegenstand. Sie müssen hinreichend bestimmt oder bestimmbar sein. Wesentlicher Inhalt des Aufhebungsvertrages ist die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten zukünftigen Termin.

Einen solchen Erklärungswert hat die Vereinbarung vom 1. Dezember 2008 nicht. Der Erklärungswert dieser Unterschriften beschränkt sich nach Ansicht der Kammer auf die Bestätigung der Richtigkeit der für die Auszahlung der Aufwandsentschädigung maßgeblichen Daten und die Zustimmung zur Bezugsdauer vom 1. April 2009 bis 30. September 2009 und die maximale Dauer der Erstattung von Pensionskosten sowie der Vereinbarung hinsichtlich der Wahl des Verkehrsmittels für die Familienheimfahrten. Auch wenn auf Seite 1 dieser Vereinbarung das Wort Übertritt einmal unterstrichen und einmal mit dem Zusatz „zu B. I. GmbH, M.“ hinzugefügt worden ist, führt dieses zu keinem anderen Ergebnis. Dass die Parteien mit dieser offensichtlich im Zusammenhang mit der von der Beklagten zu zahlenden Aufwandsentschädigung zusätzlich eine Erklärung über das Ende des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2008 vereinbaren wollten, ist der Vereinbarung nicht zu entnehmen. Sowohl die Überschrift wie auch der wesentliche Inhalt dieser Vereinbarung ist allein auf die Aufwandsentschädigung gerichtet.

2.

Auch mit der E-Mail der Klägerin vom 17. Dezember 2008 hat die Klägerin nicht einen Aufhebungsvertrag vom 1. Dezember 2008 bestätigt. Dabei kommt es zwar nicht darauf an, wie die Klägerin diese E-Mail verstanden hat und einen entsprechenden Erklärungswillen hatte. Ein Verpflichtungswille des Erklärenden ist für den Eintritt der Wirkung einer Willenserklärung oder eines bestimmten Verhaltens im Rechtsverkehr nämlich nicht ausschlaggebend. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Empfänger der E-Mail aus einem bestimmten Erklärungsverhalten auf einen Bindungswillen schließen durfte. Entscheidend ist daher, wie der Empfänger das Verhalten nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände verstehen durfte (BAG, Urteil vom 16. März 2000 - 2 AZR 196/99).

Die Klägerin hat aber in dieser E-Mail nur mitgeteilt, dass sie zum 1. Januar 2009 zur B. I. GmbH übertrete und sie darum bitte, am kommenden Freitag mit ihr die Übergabe durchzusprechen. Dabei ging es der Klägerin ersichtlich nicht um die Mitteilung der Auflösung des bisherigen Arbeitsverhältnisses, sondern um die Übergabe des bisherigen Aufgabengebietes an den bisherigen Arbeitgeber. Dieses ist aber sowohl bei Beendigung wie auch beim Ruhen eines Arbeitsverhältnisses möglich und vielfach erforderlich. Nur in diesem Sinne konnte die Beklagte den Inhalt dieser E-Mail nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände auch verstehen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht nach der von der Beklagten zitierten Rechtsprechung der 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg. Denn dort wurde eine Erklärung der dortigen Klägerin als Eigenkündigung ausgelegt. Der Streit ging darum, ob das von der Klägerin mit „Kündigung“ überschriebene Schreiben als Kündigung oder nur als Ankündigung einer Kündigung zu verstehen gewesen war. Da es damit nach Ansicht der dortigen Kammer bereits eine Kündigungserklärung gab, kam es auf den von der dortigen Beklagten im Nachhinein dennoch übersandten Entwurf einer Aufhebungsvereinbarung nicht mehr an. Entscheidend ist auch hier nicht, dass die beklagte sich im Nachhinein bemüht hat, einen Aufhebungsvertrag mit der Klägerin zu vereinbaren, sondern, dass es keinen nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände zu verstehenden Beendigungswillen der Klägerin gab.

3.

Die Kammer hat erwogen, ob im Rahmen einer teleologischen Reduktion auf das Schriftformerfordernis für die Aufhebungsvereinbarung verzichtet werden kann.

Die Inkorporation des Schriftformzwangs für Kündigung, Auflösungsvertrag sowie Befristung in das BGB bewirkt seither, über die in der Gesetzesbegründung genannten Zwecke (Verfahrensbeschleunigung und Rechtssicherheit) hinaus, dass bei der Auslegung der Norm auch die sonstigen Zwecke gesetzlicher Formvorschriften nach dem BGB zu berücksichtigen sind. Danach verfolgen diese Zwecke drei verschiedene Funktionen, die alternativ oder in beliebigen Kombinationen Geltung beanspruchen können. Und zwar geht es um die Warnfunktion, die Klarstellungsfunktion sowie um die Beweisfunktion.

Gerade aufgrund der über die in der Gesetzesbegründung genannten Zwecke hinaus bestehenden Zwecke ist nach Ansicht der Kammer eine teleologische Reduktion ausgeschlossen. Dass die Tätigkeit für ein anderes Unternehmen, jedenfalls bei einer - bisherigen - Tätigkeit für ein Unternehmen wie die Beklagte mit ihrem Konzernverbund sowohl im Rahmen des Ruhens wie auch im Rahmen der Beendigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses erfolgen kann, liegt auf der Hand. Dass insoweit unterschiedliche Vorstellungen der Parteien geherrscht haben können, ergibt sich aus diesem Rechtsstreit. In der gesamten Vorkorrespondenz der Parteien vor Beginn der Tätigkeit der Klägerin für die B. wurde nie eine Beendigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses angesprochen, sondern es wurde immer nur der „Übertritt“ erwähnt. Gerade in einem solchen Fall besitzt der schriftliche Aufhebungsvertrag mit einer eindeutigen Willensrichtung auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Warnfunktion - hier der Klägerin - sich zu überlegen, ob sie unter diesen Bedingungen das neue Arbeitsverhältnis auch begründet. Auch die Klarstellungsfunktion würde mit einer solchen Vereinbarung gewährleistet.

4.

Die Berufung auf den Mangel der gesetzlichen Schriftform eines Aufhebungsvertrages kann zwar ausnahmsweise gegen Treu und Glauben verstoßen. Grundsätzlich ist die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Form jedoch zu beachten. Wenn die Formvorschriften des bürgerlichen Rechts nicht ausgehöhlt werden sollen, kann ein Formmangel nur ausnahmsweise nach § 242 BGB als unbeachtlich angesehen werden (BAG, Urteil vom 16. September 2004 - 2 AZR 659/03).

Selbst wenn die Beklagte davon ausgegangen sein sollte, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem 31.12.2008 zu Ende gehen werde, ist aus dem Verhalten und den Erklärungen der Klägerin nicht abzuleiten, dass sie dieses ebenso gesehen hat. Die Klägerin zu keinem Zeitpunkt einen entsprechenden eindeutigen Eindruck erweckt. Vielmehr können sämtliche Erklärungen der Klägerin ebenso dahin ausgelegt werden, dass es sich nur um eine Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses unter Beibehaltung des Vertragsverhältnisses handeln sollte. Unter anderem derartige Unklarheiten sollen durch das Schriftformgebot klargestellt werden. Dass die Klägerin willentlich in irgendeiner Form einen Irrtum der Beklagten dazu erregt oder unterhalten hat, konnte die Kammer nicht feststellen. Deshalb kann ein treuwidriges Verhalten der Klägerin hier nicht angenommen werden.

III.

Auch im Übrigen hat die Berufung keinen Erfolg.

1.

Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung. Selbst wenn es nach dem Willen der Parteien um eine unbefristete Beschäftigung der Klägerin bei der B. ging, ist es ihr unbenommen, das ruhende Arbeitsverhältnis mit der Beklagten wieder aufzunehmen. Verbotsnormen dazu sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Dass das Verlangen der Klägerin zur Unzeit erfolgt wäre, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Und selbst wenn es keine Tätigkeit für Team-Assistentinnen mehr geben sollte, ist der Tenor so gefasst, dass die Beklagte weiter das volle Direktionsrecht entsprechend dem zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag besitzt.

2.

Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf das Zwischenzeugnis. Ein hinreichender Anlass ist der Übertritt der Klägerin zur B.. Auch wenn es insoweit keine gesonderten Angriffe in der Berufung gab, ist doch von einem Annex zum grundsätzlichen Streit der Parteien über den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses anzunehmen.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs.6 ArbGG in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte hat als unterlegene Partei die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren war gegenüber der ersten Instanz unverändert.

Die Revision war gemäß § 72 Abs.2 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem Schriftformgebot des § 623 BGB bei Aufhebungsverträgen zuzulassen.