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Entscheidung 48 M 5726/12


Metadaten

Gericht AG Potsdam Entscheidungsdatum 28.03.2013
Aktenzeichen 48 M 5726/12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Erinnerung der Gläubigerin vom 19.12.2012 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Erinnerungsverfahrens werden der Gläubigerin auferlegt.

Gründe

I.

Die Gläubigerin wendet sich mit der Erinnerung gegen die Ablehnung ihres Vollstreckungsauftrages vom 24.09.2012 durch den zuständigen Gerichtsvollzieher. Dieser hat die beantragte Pfändungsmaßnahme mit Schreiben vom 03.12.2012 mit der Begründung abgelehnt, die von der Gläubigerin vorgelegte Ausfertigung des Forderungsbescheides vom 04.09.2012 stelle keinen zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titel dar. Die Gläubigerin hingegen vertritt die Auffassung, bei der vorgelegten Ausfertigung handele es sich um die Wiedergabe des Forderungsbescheides (Verwaltungsaktes) vom 04.09.2012, mit dem die Höhe der Forderung zu diesem Zeitpunkt festgestellt und entstandene Säumniszuschläge tituliert worden seien. Zwar sei vorab ein Bescheid über die Beitragsberechnung und die Festlegung der Fälligkeitszeitpunkte ergangen; dieser Bescheid erhalte jedoch zum Teil mehrere Fälligkeiten sowie ggf. auch bereits titulierte Forderungen „aus früheren Fälligkeiten“. Außerdem sei aus dem Beitragsfestsetzungsbescheid vermutlich eine Vollstreckung der Säumniszuschläge nicht möglich.

II.

Die gemäß § 766 ZPO statthafte Erinnerung der Gläubigerin ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Gerichtsvollzieher hat die Durchführung des Vollstreckungsauftrages zu Recht abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 4 Satz 1 SGB X kann eine Behörde die Vollstreckung ihrer Beitragsforderungen in entsprechender Anwendung der Vorschriften der Zivilprozessordnung vornehmen. Macht sie von dieser Möglichkeit Gebrauch, so gelten für die Durchführung der Zwangsvollstreckung die §§ 704 ff ZPO. Voraussetzung der Zwangsvollstreckung ist somit das Vorliegen eines Titels, also eines Verwaltungsakts bzw. Leistungsbescheides, deren vollstreckbare Ausfertigung (§ 724 ZPO analog) mit einer Vollstreckungsklausel nach 725 ZPO versehen sein muss. Bei der Ausfertigung muss es sich um eine richtig wiedergegebene Abschrift der Urschrift handeln, die dazu bestimmt ist, die Urschrift im Rechtsverkehr zu vertreten. Eine abgekürzte oder auszugsweise Wiedergabe des Leistungsbescheides genügt mithin nicht. Des Weiteren ist erforderlich, dass die auf der Ausfertigung des Leistungsbescheides vermerkte Vollstreckungsklausel von dem zuständigen Bediensteten unterschrieben worden ist (BGH, MDR 2008, 712 f.).

Vorliegend ist zwar die von der Gläubigerin vorgelegte Ausfertigung des „Forderungs-bescheides“ gesiegelt und mit einer Unterschrift versehen. Es handelt sich bei dieser Ausfertigung jedoch erkennbar nicht um eine richtige und vollständige Wiedergabe der Urschrift des Leistungsbescheides. Da die Beitragspflicht durch Verwaltungsakt festzusetzen ist, müssen sich nämlich aus dem Leistungsbescheid neben der Bezeichnung des Gläubigers und des Schuldners sowie des Datums des Erlasses des Bescheides jedenfalls die Beitragsberechnung sowie die gesetzlichen Grundlagen für die Beitragsbemessung ergeben (LG Aachen, DGVZ 1984, 173; LG Kassel, DGVZ 1984,175); andernfalls ist der Verwaltungsakt mangels hinreichender Bestimmtheit als Vollstreckungstitel ungeeignet.

An den erforderlichen Angaben fehlt es jedoch in dem „Bescheid“ vom 04.09.2012. Denn es ist weder ersichtlich, auf welchen Zeitraum (Jahr oder Monat) sich die Beitragsforderung bezieht und wie sie berechnet wurde noch auf welcher gesetzlichen Grundlage sie beruht; nicht einmal die Art des erhobenen Beitrages ist erkennbar. Die Gläubigerin trägt zudem selbst mit der Erinnerung vor, es sei vorab ein Bescheid über die Beitragsberechnung (Beitragsfestsetzungsbescheid) und die Festlegung der Zeitpunkte der Fälligkeiten ergangen. Aus diesem Grunde handelt es sich bei der hier vorgelegten Ausfertigung des „Forderungsbescheides“ gerade nicht um die erforderliche richtige Wiedergabe der Urschrift des Beitragsfestsetzungsbescheides, sondern lediglich um eine in die Form eines Bescheides gekleidete Rückstandsaufstellung der zum 15.08.2012 fälligen „Beiträge“ sowie der „bis zum 16.08.2012 zu zahlenden Säumniszuschläge“. Dies wird auch durch den Vortrag der Gläubigerin bestätigt, mit dem Verwaltungsakt vom 04.09.2012 sei die Höhe der Forderung zu diesem Zeitpunkt „festgestellt“ worden. Ein „Feststellungstitel“ scheidet jedoch als Grundlage der Zwangsvollstreckung aus.

Der zuständige Gerichtsvollzieher ist mithin zur Durchführung der Zwangsvollstreckung nicht verpflichtet, solange ihm eine vollstreckbare Ausfertigung des Beitragsfestsetzungsbescheides nicht vorliegt. Der Einwand der Gläubigerin, dieser Bescheid enthalte „zum Teil mehrere Fälligkeiten sowie ggf. auch bereits titulierte Forderungen aus früheren Fälligkeiten“, steht der Eignung dieses Bescheides als Vollstreckungstitel nicht entgegen. Der zuständige Gerichtsvollzieher hat die Gläubigerin hierzu bereits mit Schreiben vom 03.12.2012 zutreffend darauf hingewiesen, dass insoweit die Möglichkeit der Beschränkung des Vollstreckungsauftrages bzw. der Erteilung einer Teilausfertigung des Beitragsfestsetzungsbescheides in Höhe des zu vollstreckenden Beitrages bestehe; dem ist nichts hinzuzufügen.

Soweit schließlich die Gläubigerin die Auffassung vertritt, der Leistungsbescheid vom 04.09.2012 enthalte die Titulierung von Säumniszuschlägen, ist der Bescheid auch insoweit als Vollstreckungstitel nicht geeignet. Denn auch hinsichtlich der Säumniszuschläge ist mangels hinreichender Bestimmtheit der Hauptforderung nicht erkennbar, auf welchen Beitrag für welchen Zeitraum sie sich beziehen. Vorsorglich weist das Gericht darauf hin, dass gegen eine Beitreibung von Säumniszuschlägen aus dem Beitragsfestsetzungsbescheid (bzw. dessen vollstreckbarer Ausfertigung) dann keine rechtlichen Bedenken bestehen, wenn die Grundlagen der Berechnung der Säumniszuschläge dem Beitragsfestsetzungsbescheid selbst zu entnehmen sind, sodass der Gerichtsvollzieher die Höhe der Säumniszuschläge selbständig berechnen bzw. prüfen kann (vgl. LG Aurich, RPfleger 1988, 198 f.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.