Gericht | OLG Brandenburg 5. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 29.08.2013 | |
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Aktenzeichen | 5 U 76/12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 25. Mai 2012 – Az. 1 O 283/11 – wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt von den Kosten des Berufungsverfahrens die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 1 bis 3.
Darüber hinaus findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils aufgrund dieses Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteils beizutreibenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 123.312,86 €
I.
Die Parteien streiten über einen Anspruch der Kläger auf Zahlung von Wertersatz an Stelle des erzielten Verkaufserlöses nach § 16 Abs. 1 InVorG. Die Beklagte war aufgrund eines ihr erteilten Investitionsvorrangbescheides Verfügungsberechtigte über das Grundstück …Straße 13 in P… und veräußerte dieses im Jahr 2001 für 640.000,00 DM. Ansprüche der Kläger nach dem VermG wurden durch mittlerweile rechtskräftigen Bescheid des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 20. Februar 2002 festgestellt; die Feststellung bezieht sich auf den streitgegenständlichen 3/12 Miteigentumsanteil der T… K…. Zuvor war am 25. Februar 2000 zugunsten der Rechtsvorgängerin der Beklagten ein mittlerweile rechtskräftiger Investitionsvorrangbescheid ergangen.
Die Kläger, die behaupten, sie hätten bereits seit dem 27. Oktober 2003 mit der Beklagten Verhandlungen über eine vergleichsweise Beilegung geführt, hatten diese mit Schreiben vom 21. Januar 2008 zur Zahlung von 123.312,86 € aufgefordert und erinnerten mit Schreiben vom 25. Februar 2008 nochmals hieran. Hierauf antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 10. März 2008, sie werde nach Rückkehr ihres Geschäftsführers aus dem Osterurlaub auf die Zahlungsaufforderung zurückkommen. Mit Schreiben vom 22. Dezember 2010 erinnerten die Kläger nochmals an die Zahlungsaufforderung.
Schließlich wurde am 28. Januar 2011 ein Mahnbescheid gegen die Beklagte erlassen.
Die Kläger sind der Ansicht, das von dem Streithelfer erstellte Verkehrswertgutachten, welches Grundlage der Veräußerung war, sei unzutreffend und gehe aus verschiedenen, im Einzelnen dargelegten Gründen, von einem zu niedrigen Verkehrswert aus.
Die Beklagte ist der Ansicht, der Anspruch der Kläger verjähre nach § 195 BGB, Verjährung sei damit am 31. Dezember 2005 eingetreten. Zu Aufnahme von Verhandlungen sei es zwischen den Parteien nicht gekommen, Hemmung trete nicht durch die bloße Anmeldung von Ansprüchen ein. Im Übrigen bestreitet die Beklagte einen höheren als den im Gutachten des Streithelfers ermittelten Verkehrswert.
Das Landgericht hat durch das angefochtene Grundurteil entschieden, dass die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt ist.
Der geltend gemachte Anspruch sei nicht verjährt. Die Ausschlussfrist des § 16 Abs. 1 S. 3 InVorG beginne nicht vor der Bestandskraft der Entscheidung über die Rückgabe und dem Tag des Zugangs einer schriftlichen, mit einem Hinweis auf die Ausschlussfrist verbundenen Aufforderung des Verfügungsberechtigten an den Berechtigten, den Anspruch geltend zu machen. Verjährung sei nicht eingetreten, denn dies setze voraus, dass die Ausschlussfrist wirksam in Gang gesetzt worden sei.
Gegen das ihr am 1. August 2012 zugestellte Grundurteil hat die Beklagte mit am 23. August 2012 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese, nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 1. November 2012 mit am 30. Oktober 2012 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Beklagte ist der Ansicht, die Ansprüche nach § 16 Abs. 1 InVorG seien insgesamt zivilrechtlicher Natur und unterlägen als solche den Vorschriften des BGB über die Verjährung. Das Bestehen einer gesetzlichen Ausschlussfrist schließe die Anwendung der Verjährungsvorschriften des BGB nicht aus. Dementsprechend seien auch das Kammergericht und das Brandenburgische Oberlandesgericht in einer Entscheidung des 4. Zivilsenats von der Anwendbarkeit der Verjährungsvorschriften auf den Anspruch aus § 16 Abs. 1 InVorG ausgegangen. Sie macht weiter mit Schriftsatz vom 5. August 2013 geltend, bei dem Anspruch auf Erlösauskehr handele es sich nicht um einen dinglichen Ersatzanspruch, sondern um einen schuldrechtlichen Anspruch auf das Surrogat im Sinne von § 285 BGB. Ansprüche nach § 285 BGB unterlägen der Regelverjährung nach § 195 BGB.
Die Beklagte und deren Streithelfer beantragen,
unter Abänderung des Grundurteils des Landgerichts Potsdam vom 25. Mai 2012 – Az. 1 O 283/11 – die Klage abzuweisen.
Die Kläger zu 1 bis 3 beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung. Sie sind der Ansicht, dass die §§ 194 ff. BGB auf den Anspruch aus § 16 Abs. 1 InVorG nicht anwendbar seien. So sei im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung die vorgeschlagene Einführung eines § 194 Abs. 3 BGB, wonach die Vorschriften dieses Abschnittes auch für die Verjährung von Ansprüchen gleich aus welchem Rechtsgrund, die nicht in diesem Gesetz geregelt sind, gelten sollen, später nicht umgesetzt worden. Eine entsprechende Anwendung der §§ 194 ff. BGB auf den Verkehrswertanspruch nach § 16 Abs. 1 S. 3 InVorG sei ausgeschlossen. Der Gesetzgeber habe vielmehr im Jahr 2003 bewusst eine Ausschlussfrist in das Gesetz eingefügt, weil, so die Begründung zur gleichlautenden Regelung in § 6 Abs. 6a S. 4 VermG, das Verlangen bisher zeitlich unbefristet habe gestellt werden können. Vor Einführung der Ausschlussfrist habe die Regelverjährung nicht eintreten können. Eine analoge Anwendung der Verjährungsvorschriften komme nicht in Betracht. Zwar sei der 4. Senat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (Urt. v. 5. Oktober 2011 – 4 U 85/09) insoweit anderer Auffassung, belege seine Ansicht, auf die es im Streitfall nicht entscheidend angekommen sei, aber nicht. Auch das Kammergericht habe in seinem Beschluss vom 6. März 2008 (22 W 8/08) die Anwendung der Verjährungsvorschriften ungeprüft vorausgesetzt.
Die engen Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 S. 3 InVorG könnten zudem dazu führen, dass der Anspruch verjährt sei, bevor die Ausschlussfrist zu laufen begonnen habe. Sollte aber der Anspruch nach § 16 Abs. 1 S. 3 InVorG der Verjährung unterliegen, wäre §196 BGB einschlägig, der Anspruch mithin nicht verjährt.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 517, 519, 520 ZPO) hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass der Anspruch der Kläger dem Grunde nach besteht. Das Grundurteil ist deswegen zu Recht ergangen, weil auf den geltend gemachten Anspruch die Verjährungsvorschrift des § 196 BGB Anwendung findet und innerhalb der Frist von 10 Jahren die Verjährung durch Zustellung des Mahnbescheides am 7. Februar 2011 gehemmt wurde.
1.
Die Auffassung der Klägerin, neben der in § 16 Abs. 1 S. 3 InVorG geregelten Ausschlussfrist kämen die allgemeinen verjährungsrechtlichen Regelungen in den §§ 194 ff. BGB nicht zur Anwendung, trifft jedoch nicht zu.
a) Allgemein gilt, dass sich Ausschlussfristen von der Verjährung insbesondere durch ihre Wirkungsweise unterscheiden. Während die Verjährung nur ein – vom Schuldner geltend zu machendes – Leistungsverweigerungsrecht begründet, lässt der Ablauf der Ausschlussfrist das betroffene Recht überhaupt untergehen (RGZ 48, 157, 163; 128, 47). Bei Ausschlussfristen stehen Rechtssicherheit und Rechtsklarheit im Vordergrund, bei der Verjährung dagegen der Schuldnerschutz (Münchener Kommentar/Grothe, 6. Aufl. 2012, vor § 194 Rdnr. 10; Peters/Jacoby, in: Staudinger, 2009, Vorbemerkungen zu §§ 194-225, Rdnr. 14).
Ausschlussfristen kommen gegenüber Rechten aller Art in Betracht, auch Ansprüche können ohne weiteres einer solchen Frist unterliegen (z. B. § 864 Abs. 1 BGB, § 13 ProdHaftG). Wo Ansprüche Ausschlussfristen unterworfen sind, hindert dies die zusätzliche Anwendung der Verjährungsvorschriften grundsätzlich nicht (Peters/Jacoby, a. a. O., Rdnr. 15). So enthält etwa das ProdHaftG neben der in seinem § 13 normierten Ausschlussfrist in seinem § 12 auch eine ausdrückliche Verjährungsvorschrift, die inhaltlich den §§ 195, 199 Abs. 1 BGB entspricht.
b) Von dieser grundsätzlichen Anwendbarkeit von Verjährungsvorschriften auf Ausschlussfristen ist auch im konkreten Fall des § 16 Abs. 1 S. 3 InVorG auszugehen.
aa) Die Kläger halten einer solchen Anwendung zunächst entgegen, dass die Regelungen der §§ 194 ff. BGB nur auf Ansprüche nach dem BGB unmittelbar Anwendung finden und es im Hinblick auf die vom Gesetzgeber im Jahr 2003 aufgenommene Ausschlussfrist für eine analoge Anwendung bereits an einer Regelungslücke fehle.
bb) Nach dem Wortlaut des § 194 Abs. 1 BGB unterliegt allgemein das Recht von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen, der Verjährung. Grundlage des Anspruchs kann ein Rechtsverhältnis des Schuldrechts, Sachenrechts, Familienrechts oder Erbrechts sein (Palandt/Ellenberger, 72. Aufl. 2013, § 194 BGB Rdnr. 1). Rechtsverhältnisse des Schuldrechts sind aber nicht nur solche des BGB, sondern auch in Sondergesetzen geregelte Rechtsverhältnisse (Palandt/Grüneberg, a. a. O., Einl vor § 241 BGB Rdnr. 1). Das Schuldverhältnis ist eine Sonderverbindung zwischen mindestens zwei Personen, kraft deren die eine, der Gläubiger, von der anderen, dem Schuldner eine Leistung zu fordern berechtigt ist. Es entsteht durch Vertrag, einseitiges Rechtsgeschäft oder Gesetz (Palandt/ Grüneberg, a. a. O., Rdnr. 3).
Danach handelt es sich bei dem Rechtsverhältnis zwischen den Klägern als Gläubigern und der Beklagten als Schuldnerin um ein auf § 3 VermG zurückgehendes gesetzliches Schuldverhältnis zwischen dem Berechtigten und dem Verfügungsberechtigten, kraft dessen der Berechtigte vom Verfügungsberechtigten, der wirksam über einen Vermögensgegenstand des Berechtigten rechtsgeschäftlich verfügt hat, entweder den erzielten Erlös oder den Verkehrswert des Vermögensgegenstandes verlangen kann.
Da dieses gesetzliche Schuldverhältnis zivilrechtlicher Natur ist, weil es nicht einem Über- Unterordnungsverhältnis entspringt (und deshalb insoweit nach § 23 InVorG der Rechtsweg zu den Zivilgerichten eröffnet ist), sind die §§ 194 ff. BGB ohne weiteres anwendbar.
Daran ändert der von den Klägern angeführte Umstand, dass im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung ein vorgesehener § 194 Abs. 3, wonach die Vorschriften dieses Abschnitts, vorbehaltlich einer ausdrücklichen anderweitigen Regelung, auch für die Verjährung von Ansprüchen gelten soll, die nicht in diesem Gesetz geregelt sind, nichts.
Dass die Verjährungsvorschriften auf alle zivilrechtlichen Ansprüche anwendbar sind, ergab sich nach dem oben Gesagten bereits zuvor aus dem Gesetz, bedurfte also keiner ausdrücklichen Regelung. Andererseits wären vom Wortlaut des Entwurfs auch öffentlich-rechtliche Ansprüche erfasst, für die aber nicht ohne weiteres die zivilrechtlichen Regelungen gelten.
Allein aus dem Umstand, dass der Entwurf eines § 194 Abs. 3 BGB nicht Gesetz geworden ist, kann daher nicht gefolgert werden, dass die §§ 194 ff. BGB auf Ansprüche beschränkt sind, die sich unmittelbar aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch selbst ergeben.
cc) Die Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung zur Neufassung des § 16 Abs. 1 InVorG nimmt Bezug auf die Begründung zu § 6 Abs. 6a S. 4 VermG, der für den Fall des Unternehmensverkaufs einen parallel gelagerten Sachverhalt regelt (BT-Drucks. 234/03 vom 11. April 2003, S. 14 f. vgl. auch BGH MDR 2013, 965). Dort heißt es, dass das Verlangen auf Zahlung des Verkehrswertes bislang zeitlich unbefristet habe geltend gemacht werden können.
Aus dieser Begründung i. V. m der Einfügung der Ausschlussfrist kann indes nicht gefolgert werden, der Anspruch auf Zahlung des Verkehrswertes unterliege nicht der Verjährung. Diese Argumentation der Kläger setzt eine Ungenauigkeit des Gesetzgebers bei der Gesetzesbegründung voraus. Da nämlich die Verjährung lediglich zu einem vom Schuldner geltend zu machenden Leistungsverweigerungsrecht führt, wird hierdurch die Geltendmachung des Anspruches nicht ausgeschlossen. Auch ein verjährter Anspruch kann unbefristet geltend gemacht werden, seine Durchsetzung hängt allein davon ab, ob sich der Schuldner auf das ihm zustehende Leistungsverweigerungsrecht beruft. Der Ablauf der Ausschlussfrist führt hingegen dazu, dass das Recht untergeht und nicht mehr geltend gemacht werden kann; der Ablauf der Ausschlussfrist ist im Prozess von Amts wegen zu beachten.
dd) Das weitere Argument, die strenge Ausschlussfrist würde regelmäßig durch die Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch überholt und würde damit ihrem Sinn und Zweck entzogen, vermag ebenfalls nicht zu überzeugen.
Das Argument kann allenfalls auf die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren (§§ 195, 199 BGB) im Ansatz zutreffen, übersieht aber auch hier, dass für den Beginn der Verjährung auch die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 BGB gegeben sein müssen. Für die zehnjährige Verjährungsfrist des § 196 BGB lässt sich erst recht nicht feststellen, dass Verjährung regelmäßig eintritt, bevor die Ausschlussfrist endet. Die Argumentation übersieht zudem insgesamt, dass – allein bezogen auf den Anspruch auf Erstattung des höheren Verkehrswertes – der Schuldner es in der Hand hat, wann die Ausschlussfrist zu laufen beginnt und er insoweit Rechtssicherheit erlangt.
2.
Die Anwendung der allgemeinen Verjährungsvorschriften vermag der Berufung indes nicht zum Erfolg verhelfen, weil der geltend gemachte Anspruch nach § 16 Abs. 1 S. 3 InVorG in der Frist des § 196 BGB verjährt und diese Frist, die frühestens durch den Erlass des Bescheides des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 20. Februar 2002 in Gang gesetzt wurde, weder bei der Zustellung des Mahnbescheides am 7. Februar 2011 noch bei Zustellung der Klageschrift am 9. September 2011 abgelaufen war.
a) Nach § 196 BGB verjähren u. a. Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie die Ansprüche auf die Gegenleistung in 10 Jahren.
Gegenleistung im Sinne des § 196 BGB ist zunächst die vertraglich vorgesehene Gegenleistung, die für die Änderung des Rechts an dem betreffenden Grundstück gewährt wird (Münchener Kommentar/Grothe, a. a. O., § 196 BGB Rdnr. 7). Der Anspruch auf die Gegenleistung kann sich aber auch aus dem Gesetz ergeben, z. B. im Falle des Rücktritts von einem Grundstückskaufvertrag (Peters/Jacoby, a. a. O., § 196 BGB Rdnr. 11). Zu den gesetzlichen Ansprüchen zählen auch solche auf Herausgabe aus ungerechtfertigter Bereicherung. Bei einem Schenkungsrückforderungsanspruch, mit dem die Herausgabe eines Grundstücks gefordert wird, gilt § 196 BGB auch dann, wenn dieser in Form eines Teilwertersatzanspruches geltend gemacht wird, weil die Höhe des Rückforderungsanspruches hinter dem Grundstückswert zurückbleibt (BGH MDR 2010, 913 f.). Der Bundesgerichtshof stellt in diesem Zusammenhang insbesondere auch darauf ab, dass die den Schuldnerschutz bezweckenden Verjährungsvorschriften, die diesen insbesondere vor Beweisnöten bewahren sollen, die mit einem zu langen Abstand zum Entstehen des Anspruchsgrundes eintreten können, im Rechtsverkehr mit Immobiliarrechten von geringerem Gewicht sind. Dem Interesse an Rechtsfrieden stehe mit größerem Gewicht hier das Interesse an einem der materiellen Rechtslage entsprechenden Ergebnis gegenüber, weil Grundstücksgeschäfte im Allgemeinen auf sorgfältigerer Planung beruhen und in der Regel Vermögenswerte von größerem Umfang betreffen.
b) Der Anspruch aus § 16 Abs. 1 S. 3 InVorG hat seinen Ausgangspunkt in § 3 Abs. 3 VermG. In dem privatrechtlichen Verhältnis zwischen Berechtigtem und Verfügungsberechtigtem hat der Verfügungsberechtigte grundsätzlich den Abschluss dinglicher Rechtsgeschäfte zu unterlassen. Soweit er ausnahmsweise nach den Regelungen des Investitionsvorranggesetzes – hier auf der Grundlage des Investitionsvorrangbescheides vom 25. Februar 2000 – gegenüber dem Berechtigten zu einer solchen Verfügung an einen Dritten befugt ist und ihm deswegen die Rückübertragung des Vermögenswertes nicht möglich ist, kann der Berechtigte von dem Verfügungsberechtigten den aus dem Veräußerungsgeschäft zu beanspruchenden Vermögenswert, also das Surrogat im Sinne von § 285 BGB verlangen. Bei diesem Anspruch handelt es sich um den Anspruch auf die Gegenleistung aus dem Veräußerungsgeschäft, der im Falle der Veräußerung eines Grundstückes dann der Verjährungsvorschrift des § 196 BGB unterfällt. Der Anspruch des Berechtigten gegen den Verfügungsberechtigten kann zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nicht anders behandelt werden, als der Anspruch des Verfügungsberechtigten gegen den Dritten auf die Gegenleistung.
Nichts anderes gilt, wenn man – vergleichbar mit dem Fall des an die Stelle der Herausgabe des geschenkten Grundstückes tretenden Wertersatzanspruches – annimmt, es handele sich hierbei um einen Anspruch auf Wertersatz für das Grundstück, dessen Herausgabe dem Verfügungsberechtigten unmöglich ist. Sachliche Gründe, einen solchen Anspruch anders zu behandeln, als einen Wertersatzanspruch bei Unmöglichkeit der Herausgabe des geschenkten Grundstücks sind nicht ersichtlich.
Der Anspruch nach § 16 Abs. 1 S. 3 InVorG geht zwar über den Anspruch auf Auskehr des erzielten Erlöses hinaus, er ist aber als Wertersatzanspruch, der im Verhältnis des Berechtigten zum Verfügungsberechtigten sicherstellen soll, dass dem Berechtigten zumindest dasjenige erhalten bleibt, was nach den Regelungen des VermG grundsätzlich an ihn zurück zu gewähren wäre, eine bloße Modifikation des Anspruches auf Auskehr des Erlöses bzw. des Wertersatzanspruches, der verjährungsrechtlich nicht anders behandelt werden kann, als der Anspruch auf den Erlös.
c) An diesem Ergebnis vermögen die Ausführungen der Beklagten in dem Schriftsatz vom 5. August 2013 nichts zu ändern.
Der Umstand, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Anspruch nicht um einen „dinglichen Ersatzanspruch“ handelt, steht der Anwendbarkeit des § 196 BGB in keiner Weise entgegen. Weder ein Anspruch auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück noch ein Anspruch auf die Gegenleistung, für den jeweils § 196 BGB eine zehnjährige Verjährungsfrist normiert, ist dinglicher Natur.
Es trifft auch nicht zu, dass der Anspruch aus § 285 BGB grundsätzlich der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB unterfällt. Der Anspruch nach § 281 BGB a. F. bzw. § 285 BGB n. F. verjährt vielmehr grundsätzlich in der gleichen Frist wie der vertragliche Erfüllungsanspruch. Er beruht nämlich auf dem ursprünglichen Schuldverhältnis und bildet nur einen Ersatzwert für das ursprünglich Erlangte; die Verjährung beginnt mit dem Entstehen des Ersatzanspruches (BGH NJW-RR 1988, 902, 904). Dies bedeutet für die Rechtslage nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in seiner bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung, dass der Anspruch aus § 281 BGB a. F. auf Herausgabe des Erlöses aus einem Grundstücksverkauf ebenso wie der ursprüngliche Anspruch auf Übereignung des Grundstücks der dreißigjährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB a. F. unterfällt (BGH MDR 2005, 382 ff.). Für Ansprüche nach dem VermG hat der Bundesgerichtshof weiter entschieden, dass dann, wenn es um den Ersatz für eine unmöglich gewordene Leistung nach dem VermG geht, die Verjährung des Anspruches nach § 281 BGB a. F. mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes beginnt, aber nicht vor dem Entstehen des Anspruches (BGH MDR 2005, 391; ZIP 2004, 2345).
Daraus folgt für die geltende Rechtslage, dass ein Anspruch auf das Surrogat aus einem Grundstücksverkauf in der Frist verjährt, in der der ursprüngliche Anspruch auf Übereignung des Grundstücks verjährt, also in der Frist des § 196 BGB.
Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass Voraussetzung für den Anspruch der Kläger auf Auskehr des Wertersatzes ist, dass der ursprüngliche gesetzliche vermögensrechtliche Anspruch auf (Rück-) Übereignung kraft Hoheitsaktes rechtzeitig innerhalb der vom VermG normierten Frist angemeldet worden ist. Dieser gesetzliche Anspruch unterfiel von da an keiner Verjährungsfrist. Für den an seine Stelle tretenden Anspruch auf Auskehr des Erlöses oder auf Zahlung des Wertersatzes kann danach allenfalls die zehnjährige Frist des § 196 BGB gelten. Nur so werden im Übrigen Wertungswidersprüche vermieden, die bei Zugrundelegung der Auffassung der Beklagten dadurch entstehen könnten, dass der Anspruch des Berechtigten auf Auskehr des Veräußerungserlöses in einer anderen Frist verjährt, als der Anspruch des Verfügungsberechtigten gegen den Dritten auf Zahlung des Kaufpreises.
3.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor. Zwar ist bislang nicht höchstrichterlich entschieden, ob und in welcher Frist ein Wertersatzanspruch des Berechtigten nach § 16 Abs. 1 InVorG verjährt, dies rechtfertigt jedoch nicht die Zulassung der Revision, weil die Frage auslaufendes Recht betrifft und nicht ersichtlich ist, dass sie in einer relevanten Anzahl von Fällen Bedeutung erlangt hat oder noch erlangen wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.