Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 12. Senat | Entscheidungsdatum | 07.07.2011 | |
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Aktenzeichen | OVG 12 N 36.09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 13 EBKrG, § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 2 VwGO |
Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 15. Januar 2009 wird abgelehnt.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt die Beklagte.
Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 58 003,79 EUR festgesetzt.
Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Die von der Beklagten angeführten Zulassungsgründe ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegen nicht vor.
1. Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO dient in erster Linie der Gewährleistung materieller Einzelfallgerechtigkeit. Ernstliche Zweifel im Sinne der Regelung liegen vor, wenn neben den für die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung der Tatsachenfragen bewirken, wenn also ein Erfolg des Rechtsmittels, dessen Eröffnung angestrebt wird, mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg (vgl. z.B. BVerwG, DVBl. 2004, 838). Diese Voraussetzungen sind nach dem Zulassungsvorbringen der Beklagten nicht erfüllt.
Der Erfolg der Klägerin im erstinstanzlichen Klageverfahren beruht auf der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Interpretation und Anwendung der zwischen den Beteiligten geschlossenen Eisenbahnkreuzungsvereinbarung. Diese regelt in ihrem § 8 Abs. 9 für erforderlich werdende Leitungsverlegungen Folgendes:
„Für die Durchführung und Kostentragung bei Änderungen von Leitungen (Kabel, Ver- und Entsorgungsanlagen) gelten die bestehenden Verträge.
Von den Kosten für die Leitungsanpassungsarbeiten werden nur die Anteile der Kostenmasse angelastet, die ein Beteiligter als Baulastträger eines der beteiligten Verkehrswege zu tragen hat. Nicht zur Kostenmasse zählen die aufgrund bestehender Rechtsverhältnisse von Dritten (z.B. Konzessionsverträge) zu übernehmenden Kosten. Diese sind erforderlichenfalls von dem jeweiligen Vertragspartner bis zur Durchsetzung seiner Ansprüche vorzufinanzieren.“
Diese Regelung verfolgt erkennbar den Zweck, die Kostenmasse möglichst gering zu halten und nicht mit Kosten zu belasten, die aufgrund bestehender Rechtsverhältnisse zwischen einem Beteiligten der Kreuzungsvereinbarung und einem Dritten wirtschaftlich am Ende von dem Dritten zu tragen sind. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung in der vorgenannten Bestimmung die vertragliche Grundlage für den von der Klägerin erhobenen Zahlungsanspruch gesehen.
Bei den Kosten in Höhe von 58 003,79 EUR handelt es sich - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - um Kosten, die aufgrund der zwischen der Beklagten und der Stadtwerke Ludwigsfelde GmbH geschlossenen Konzessionsverträge von einem Dritten, nämlich der Stadtwerke GmbH, zu tragen sind. Soweit dem die rechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichts zugrunde liegt, die Kosten seien im Sinne der im angefochtenen Urteil wiedergegebenen Formulierung der Konzessionsverträge von der Beklagten veranlasst worden, ist diese Einschätzung nicht zu beanstanden. Zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass in Beachtung des Grundgedankens des Kreuzungsrechtsverhältnisses als eines Verhältnisses zur Bewältigung einer gemeinsamen Aufgabe § 13 EKrG nur dahin interpretiert werden kann, dass alle Beteiligten des Kreuzungsrechtsverhältnisses Veranlasser sind. Darauf ist bei der Interpretation der von der Beklagten geschlossenen Konzessionsverträge abzustellen. Folglich hat die Stadtwerke GmbH als Dritte bei zunächst wirtschaftlicher Betrachtungsweise die von der Klägerin geltend gemachten Kosten zu tragen.
Das angefochtene Urteil begegnet auch darüber hinaus keinen Richtigkeitszweifeln. Zu Recht stellt das Verwaltungsgericht darauf ab, die Klägerin könne aus dem § 8 Abs. 9 der Eisenbahnkreuzungsvereinbarung einen vertraglichen Zahlungsanspruch herleiten. Dies wäre von vornherein unzweifelhaft, wenn nicht die Klägerin die Stadtwerke GmbH, also den Dritten der am Ende - wie festgestellt - den streitigen Kostenbetrag zu tragen hat, zusätzlich mit der Ausführung der Leitungsverlegearbeiten im Rahmen eines Werkvertrages beauftragt und nach Ausführung der Arbeiten bezahlt hätte. Allein durch diese „zufällige“ Identität zwischen kostentragungspflichtigem Dritten und Werkunternehmer als Ausführungsorgan der Baumaßnahme ist die hier vom Verwaltungsgericht rechtlich bewertete Situation zustande gekommen. Bei der Interpretation des § 8 Abs. 9 der Eisenbahnkreuzungsvereinbarung kann jedoch die Beklagte von dieser Situation nicht profitieren. Die Klägerin hat den streitigen Kostenbetrag an die Stadtwerke GmbH allein deshalb entrichtet, weil sie dazu auf der Grundlage des von ihr geschlossenen Werkvertrages verpflichtet war. Hingegen ist die Zahlung nicht erfolgt im Hinblick darauf, dass die Stadtwerke GmbH aus der Sicht der Klägerin im Sinne der von der Beklagten mit der GmbH geschlossenen Konzessionsverträge Dritte sein könnte. Dies muss dazu führen, dass die rechtliche Situation in Interpretation des § 8 Abs. 9 der Kreuzungsvereinbarung so angesehen werden muss, dass die endgültige wirtschaftliche Abwicklung der Kostentragung zwischen den Kreuzungsbeteiligten - in diesem Fall der Beklagten - und der aus Konzessionsverträgen verpflichteten Stadtwerke GmbH fiktiv noch nicht erfolgt ist. Nur dies wird dem erkennbaren Zweck gerecht, der mit der Vereinbarung in § 8 Abs. 9 der Kreuzungsvereinbarung offenbar angestrebt wird. Dann aber ist der Weg zur Begründung eines vertraglichen Vorfinanzierungsanspruchs unmittelbar eröffnet.
2. Auch unter dem Gesichtspunkt besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache kann die Berufung nicht zugelassen werden. Der maßgeblich zu bewertende Sachverhalt ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Rechtliche Probleme ergeben sich allein aus der Interpretation der Konzessionsverträge, die die Beklagte mit der Stadtwerke GmbH geschlossen hat, und der Interpretation der zugrunde liegenden Eisenbahnkreuzungsvereinbarung. In Anlehnung an die Maßstäbe des Eisenbahnkreuzungsrechts erscheint die hier vertretene Auslegung der Konzessionsverträge eindeutig. Soweit die Anwendung des § 8 Abs. 9 wegen des dort geregelten Vorfinanzierungsanspruchs auf Schwierigkeiten stoßen könnte, weil es auf den ersten Blick gesehen wirtschaftlich nicht mehr um eine Vorfinanzierung geht, erweist der zweite Blick, dass dieser Eindruck nur durch die zuvor dargestellte Identität zwischen kostenpflichtigem Dritten und Werkunternehmer zustande kommt, die allerdings bei sinnvoller Anwendung der mit der Kreuzungsvereinbarung verfolgten Zwecke gewissermaßen hinweggedacht werden muss. Auch insoweit ergeben sich deshalb keine besonderen Schwierigkeiten, die die Durchführung eines Berufungsverfahrens erforderlich machen würde.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).