Gericht | VG Frankfurt (Oder) 3. Kammer | Entscheidungsdatum | 23.12.2011 | |
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Aktenzeichen | 3 K 538/07 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 142 Abs 4 S 1 BauGB, § 154 BauGB, § 17 BauNVO, § 2 Abs 1 KAG BB, § 8 Abs 2 S 2 KAG BB, § 8 Abs 6 KAG BB |
Der Bescheid des Oberbürgermeisters der Stadt xxx vom 3. April 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2007 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Bescheides, mit dem der Kläger zu Beiträgen für den Ausbau der xxx Straße in xxx herangezogen worden ist.
Die xxx Straße beginnt am xxx, verläuft auf einer Länge von 770 m in Nord-Südrichtung und endet am xxx.
Die Straße wies vor Beginn ihres Ausbaus außer einer Fahrbahndecke auch Gehwege, Straßenbeleuchtung und Straßenentwässerung auf. Sie liegt im Geltungsbereich der Satzung über die Festlegung des Gebietes xxx Straße/xxxstraße als Sanierungsgebiet vom 23. Mai 1991. § 2 der Satzung bestimmt, dass die Sanierungsmaßnahme im vereinfachten Verfahren nach § 142 Abs. 4 des Baugesetzbuches (BauGB) durchgeführt wird.
Ausweislich einer Begründung für die Notwendigkeit der Baumaßnahmen durch das seinerzeit tätige Ingenieurbüro war das Straßenprofil in der xxx Straße durch beidseitig parkende Fahrzeuge außer im Bereich eines Fußgängerüberweges vor einer Schule so weit eingeengt, dass das Überqueren der Straße gefährlich war. Unter einer ca. 2-4 cm dicken Bitumenverschleißschicht befinde sich Natursteinpflaster. Der Straßenaufbau sei durch verschiedene Einbauten (Fernheizung, Gasleitung etc.) zerstört worden; die Bitumenverschleißschicht sei durch die Belastungen des Verkehrs sowie Witterungseinflüsse stark abgeplatzt.
In der Zeit von Juli 1997 bis Juni 1998 wurde die xxx Straße ausgebaut. Die Abnahme erfolgte am 10. Juni 1998. Die Gesamtkosten für die durchgeführten Baumaßnahmen an der Fahrbahn, den Gehwegen, der Straßenentwässerung, den Parkstreifen und der Beleuchtung beliefen sich auf insgesamt 2.360.626,39 DM, wovon der Beklagte von vornherein einen Betrag in Höhe von 278.018,39 DM als nicht beitragsfähig ansah, weil diese Kosten durch Belange des Denkmalschutzes veranlasst seien.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks xxx Straße xx mit der katastermäßigen Bezeichnung Flur xx, Flurstück xx und einer Größe von insgesamt 4404 m². Mit Bescheid vom 3. April 2000 zog ihn der Beklagte zu einem Straßenbaubeitrag in Höhe von 25.343,44 DM für das ihm gehörende Grundstück heran. Hiergegen legte der Kläger am 19. April 2000 Widerspruch ein, über den der Beklagte erst im Verlauf einer im Jahr 2002 anhängig gemachten Untätigkeitsklage (7 K 1934/02), und zwar mit Bescheid vom 10. April 2007 entschied und dabei den Straßenbaubeitrag abschließend auf 9.108,35 € festsetzte. Dieses Verfahren wurde getrennt, so dass Gegenstand des daraus hervorgegangenen, vorliegenden Verfahrens (7) 3 K 538/07 der Bescheid vom 3. April 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2007 ist.
Der Kläger macht geltend:
Der angegriffenen Beitragserhebung stehe gemäß § 154 Abs. 1 Satz 2 BauGB schon der Umstand entgegen, dass sich das klägerische Grundstück im förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet befinde.
Auch sei die der Abgabenerhebung zu Grunde gelegte Satzung nichtig. Das gelte insbesondere für den dort vorgesehenen Verteilungsmaßstab. Weder sei es zulässig, den von der Geschosszahl abhängigen Anstieg des Vervielfältigungsfaktors im Beitragsmaßstab degressiv auszugestalten noch ihn bei 7 Geschossen zu kappen. Außerdem sei der für baulich nicht nutzbare Grundstücke vorgesehene Faktor von 0,05 überhöht und dürfe höchstens 0,03 betragen. Die Satzung verstoße ferner gegen den Vertrauensschutzgrundsatz. In der Straßenbaubeitragssatzung des Jahres 1992 und der dazu ergangenen ersten Änderungssatzung seien für die Anlieger wesentlich günstigere Anteile festgelegt worden. Zudem sei der in der Satzung festgelegte Beitragssatz nicht zutreffend kalkuliert worden. So seien bei der Aufwandsverteilung die Grenzen des Abrechnungsgebiets falsch gezogen worden. Arbeiten an den Grünflächen seien schon an der Einmündung der xxx Straße in den xxx ausgeführt worden. Deshalb habe auch das xxx als bevorteilt behandelt werden müssen. Ferner sei eine Vielzahl von Grundstücken nicht mit der zutreffenden Größe in die Aufwandsverteilung eingegangen. Schließlich seien - ebenfalls mit Auswirkungen auf das Zahlenwerk der Aufwandsverteilung - gegen die Richtigkeit einer Anzahl von Einzelrechnungen Bedenken zu erheben. Hinsichtlich der genauen Bezeichnung der Grundstücke und der Einzelheiten der vorgebrachten Beanstandungen wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 24. August 2011 und 28. November 2011 Bezug genommen.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Erhebung von Straßenbaubeiträgen lägen teilweise ebenfalls nicht vor. So erkläre die einschlägige Straßenbaubeitragssatzung lediglich die Erneuerung und Verbesserung sowie hinsichtlich der Parkstreifen die Erweiterung der Anlage zu beitragsfähigen Maßnahmen, nicht aber ihre Herstellung. Die Fahrbahn, auf die Letzteres zutreffe, sei mithin nicht beitragsfähig. Er, der Kläger, habe keine Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage; sein Grundstück werde nicht über die ausgebaute Anlage, sondern über den xxx erschlossen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 3. April 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2007 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verteidigt die angegriffenen Bescheide. Insbesondere seien die tatbestandlichen Voraussetzungen der Beitragserhebung gegeben. Die xxx Straße sei erneuerungsbedürftig gewesen, weil die letzte grundlegende Erneuerung der Straße in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts durchgeführt und die Beleuchtungsanlage seit 1966 nicht mehr erneuert worden sei. Dass das klägerische Grundstück durch die ausgebaute Anlage erschlossen werde, ergebe sich schon aus den vorliegenden Lageplänen. Die Aufwandsverteilung sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Die insgesamt angefallenen Kosten seien um die denkmalpflegerischen Mehrkosten gemindert und bei der im Rahmen der Flächenermittlung vorzunehmenden Abgrenzung zwischen baulich nutzbaren und nicht nutzbaren Flächen sei die Stellungnahme des Bauamtes berücksichtigt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie die eingereichte Bauakte Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung waren.
A. Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Bescheid des Beklagten über die Festsetzung eines Straßenbaubeitrages für den Ausbau der xxx Straße in xxx vom 3. April 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2007 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger deshalb in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).
I. Entgegen der Auffassung des Klägers steht der Rechtmäßigkeit der Beitragsfestsetzung nicht von vornherein § 154 des Baugesetzbuches (BauGB) entgegen. Danach sind in Fällen, in denen in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet Erschließungsanlagen hergestellt, erweitert oder verbessert werden, Vorschriften über die Erhebung von Beiträgen für diese Maßnahmen auf Grundstücke im Sanierungsgebiet nicht anzuwenden.
Grundlage der Festsetzung eines Sanierungsgebiets ist eine Sanierungssatzung gemäß § 142 BauGB. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift kann die Gemeinde ein Gebiet, in dem eine städtebauliche Sanierungsmaßnahme durchgeführt werden soll, durch Beschluss förmlich als Sanierungsgebiet festlegen (förmlich festgelegtes Sanierungsgebiet). Das bedeutet, dass der Eigentümer eines dort belegenen Grundstücks zur Finanzierung der Sanierung einen Ausgleichsbetrag in Geld zu entrichten hat, was nach der bereits zitierten Vorschrift des § 154 Abs. 1 Satz 3 BauGB dann aber die Erhebung von Straßenbaubeiträgen ausschließt. Die Gemeinde hat jedoch auch die Möglichkeit gemäß § 142 Abs. 4 Satz 1 BauGB, in der Sanierungssatzung die Anwendung der Vorschriften des Dritten Abschnitts des Baugesetzbuches auszuschließen, wenn sie für die Durchführung der Sanierung nicht erforderlich ist und die Durchführung hierdurch voraussichtlich nicht erschwert wird (vereinfachtes Sanierungsverfahren). Der dritte Abschnitt aus dem zweiten Kapitel, erster Teil des Baugesetzbuches mit der Überschrift "besondere sanierungsrechtliche Vorschriften" umfasst die §§ 152 - 156 a BauGB, also auch § 154 BauGB. Die Stadt xxx hat von der damit geschaffenen Möglichkeit Gebrauch gemacht und in § 2 der Sanierungssatzung bestimmt, dass die Sanierungsmaßnahme im vereinfachten Verfahren nach § 142 Abs. 4 BauGB durchgeführt wird, damit also die Anwendung u.a. von § 154 BauGB ausgeschlossen.
II. Die Gebührenerhebung beruht aber nicht auf einer wirksamen Rechtsgrundlage.
Nach der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg (KAG) bedarf es für die Erhebung von Abgaben einer ortsrechtlichen Rechtsgrundlage in der Form einer Satzung. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG muss eine kommunale Abgabensatzung den Kreis der Abgabeschuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab und den Satz der Abgabe sowie den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit angeben.
Diesen Anforderungen genügt die vom Beklagten der Beitragsfestsetzung zu Grunde gelegte, als Rechtsgrundlage allein in Betracht kommende Einzelsatzung der Stadt xxx über die Erhebung von Beiträgen für die straßenbauliche Maßnahme (1997/1998) Erweiterung, Erneuerung und Verbesserung der xxx Straße vom 30. März 2006 (im Folgenden: Einzelsatzung 2006) nicht, denn der Kläger beanstandet mit Recht, dass sie keine wirksame Bestimmung des Beitragsmaßstabes enthält.
1. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage, der darüber entscheidet, in welcher Fassung die genannten Rechtsvorschriften anzuwenden sind, ergibt sich aus dem materiellen Recht (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. etwa Urteil vom 13. Dezember 2007 – 4 C 9/07 -, http://www.bverwg.de, RdNr. 9). Nach der in Brandenburg maßgebenden Rechtslage erfordert das, das die satzungsrechtlichen Voraussetzungen für die Erhebung eines Straßenbaubeitrages im Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht vorliegen oder - gegebenenfalls durch rückwirkende Inkraftsetzung - hergestellt werden müssen (Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg, Urteil vom 23. November 2004 - 2 A 269/04 -, Juris Rn. 57; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. November 2010 - OVG 9 N 121.08 -, zitiert nach http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de Rn. 7).
Soweit diese satzungsrechtlichen Bestimmungen ihrerseits zur (inzidenten) Überprüfung stehen, bedeutet das in Fällen, in denen die Satzung mit Rückwirkung in Kraft gesetzt worden ist, dass sie nicht an den gesetzlichen Regelungen zum Zeitpunkt des Erlasses zu messen sind, sondern an den gesetzlichen Regelungen, die in dem Zeitpunkt gegolten haben, auf den die Satzung rückwirkend einwirkt (Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg, Urteil vom 22. November 2004, a. a. O. Rn. 67)
2. Keine Bedenken bestehen entgegen der Auffassung des Klägers im Hinblick auf die in § 8 der Einzelsatzung 2006 vorgesehene Anordnung einer Rückwirkung auf den 1. Januar 1997. Grundsätzlich gilt, dass Abgabengesetze bzw. -satzungen, die in schon abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreifen, nur insoweit zulässig sind, als der Vertrauensschutz ausnahmsweise keinen Vorrang beansprucht (BVerwG, Urteil vom 26. Februar 2003 - 9 CN 2.02 -, Juris Rdnr. 11 ff.). Das kann insbesondere der Fall sein, wenn eine Gemeinde lediglich fehlerhaftes oder möglicherweise fehlerhaftes Satzungsrecht rückwirkend durch eine fehlerfreie Abgabensatzung ersetzt, weil dann schon mit dem ersten - gescheiterten - Regelungsversuch die Gemeinde ihren Willen zur Abgabenerhebung unmissverständlich dokumentiert hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Juli 2008 - 9 B 44.07 -, http://www.bverwg.de Rn. 8; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Juni 2009 - OVG 9 S 32.08, OVG 9 S 35.08 -, http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de Rn. 8; Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg, Beschluss vom 24. Januar 2003 - 2 A 516/02.Z -, Seite 4 des Umdrucks m.w.N.). Aus der Befugnis einer Gemeinde zum rückwirkenden Satzungserlass folgt indessen nicht die Ermächtigung, in diesem Zusammenhang zugleich eine Abgabe mit Rückwirkung völlig neu einzuführen (BVerwG, Urteil vom 26. Februar 2003, a. a. O. Rdnr. 13) oder existierende Abgabentatbestände so abzuändern, dass für bestimmte Sachverhalte die Abgabenpflicht erstmals entsteht (vgl. hierzu Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg, Beschluss vom 24. Januar 2003, a.a.O.). Das war hier aber auch nicht der Fall. Mit der im vorliegenden Verfahren fraglichen Einzelsatzung wollte die vom Beklagten vertretene Stadt soweit ersichtlich einer sich aus der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg ergebenden Nichtigkeit der allgemeinen Straßenbaubeitragssatzung der Stadt abhelfen (vgl. auch das Urteil der 7. Kammer des erkennenden Gerichts vom 5. Dezember 2002 - 7 K 899/99 -), hat dabei aber keineswegs Abgabentatbestände neu eingeführt oder Bestimmungen mit vergleichbarer Wirkung getroffen.
3. Soweit der Kläger meint, der in der Straßenbaubeitragssatzung vorgesehene Vervielfältigungsfaktor von 0,05 sei für baulich nicht nutzbare Flächen nicht vorteilsgerecht, sondern dürfe allenfalls 0,03 betragen, ergibt sich aus der von ihm zur Begründung angeführten Entscheidung des Verwaltungsgerichts Potsdam (Urteil vom 1. November 2002 - 12 K 2747/99 -) gerade nicht, dass der betreffende Faktor niemals höher als auf den genannten Wert von 0,03 festgelegt werden dürfte; das insoweit bestehende weite Ermessen des Satzungsgebers (vgl. hierzu Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. August 2007 - OVG 9 S 19.07 -) wird mit der Festlegung dieses Vervielfältigungsfaktors nach Auffassung des Gerichts jedenfalls im vorliegenden Verfahren nicht überschritten.
4. Offen kann im Ergebnis bleiben, ob die vom Kläger beanstandete degressive Staffelung der Nutzungsfaktoren bei bebaubaren Grundstücken in § 4 Abs. 4 Einzelsatzung 2006 mit höherrangigem Recht vereinbar ist (offen gelassen auch in: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. Februar 2008 - OVG 9 S 26.07 -, http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de Rn. 8 m.w.N. zum Streitstand).
5. Nichtig ist die Straßenbaubeitragssatzung jedenfalls unter den Umständen des vorliegenden Falles deshalb, weil der in § 4 Abs. 4 Einzelsatzung 2006 vorgesehene Beitragsmaßstab den gesetzlichen Anforderungen des § 8 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 6 KAG nicht genügt. Nach der zitierten Satzungsbestimmung wird zur Berücksichtigung des Maßes der Nutzbarkeit eines beitragspflichtigen Grundstücks die nach einer anderen Satzungsvorschrift ermittelte Grundfläche mit dem Faktor 1,0 vervielfacht bei einer Bebaubarkeit mit einem Vollgeschoss und mit 1,3 bei einer Bebaubarkeit mit zwei Vollgeschossen. Bei einer Bebaubarkeit mit drei, vier oder fünf Vollgeschossen steigt der Faktor um jeweils 0,2 auf 1,5 bzw. 1,7 bzw. 1,9. Ist das Grundstück mit sechs Vollgeschossen bebaubar, beträgt der Faktor 2,0 und bei einer Bebaubarkeit mit sieben oder mehr Vollgeschossen beträgt er 2,1.
Nach § 8 Abs. 2 Satz 2, Abs. 6 KAG sind die Beiträge nach den den Grundstückseigentümern durch die Inanspruchnahme der Anlage gebotenen wirtschaftlichen Vorteilen zu bemessen. Der wirtschaftliche Vorteil für die Grundstückseigentümer liegt nach der für das Land Brandenburg maßgebenden obergerichtlichen Rechtsprechung nicht in den mit der voraussichtlichen Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung oder Anlage verbundenen Vorteilen, sondern in der durch die Ausbaumaßnahme bedingten Erhöhung des Gebrauchswertes des betroffenen Grundstücks, wobei aber dem durch die jeweiligen Grundstücke ausgelösten Ziel- und Quellverkehr die Qualität eines Vorteilsindikators zukommt (Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. September 2006 - OVG 9 B 24.05 -; Beschluss vom 22. August 2007 - OVG 9 S 19.07).
Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Satzungsgeber bei der Ausgestaltung des Verteilungsmaßstabes ein weites gestalterisches Ermessen hat (vgl. hierzu Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. September 2006 - OVG 9 B 24.05), wird die Einzelsatzung 2006 den dargestellten Anforderungen unter den den vorliegenden Sachverhalt prägenden Umständen nicht gerecht. Dieser ist durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass das Abrechnungsgebiet, welches nach der Beitragsübersicht des Beklagten insgesamt lediglich 84 Abrechnungseinheiten umfasst, bis auf ganz wenige Ausnahmen keine ein- bzw. zweigeschossig bebaubaren Grundstücke enthält, die Grundstücke vielmehr nahezu ausschließlich 3-, 4-, 5- oder 6-geschossig bebaubar sind. Das von der Satzung erfasste Gebiet ist mithin durch eine Bebaubarkeit geprägt, die sich ganz überwiegend im oberen Bereich dessen bewegt, was nach der einschlägigen Satzungsbestimmung mit der dort enthaltenen Anknüpfung an das Maß der baulichen Ausnutzbarkeit als maßstabsbildend angesehen wird. Hinzu kommt, dass die insoweit betroffenen Grundstücke nicht selten eine sehr erhebliche Fläche haben. Im Falle des Klägers beträgt diese 4404 m², die der Beklagte abrechnungstechnisch in zwei wirtschaftliche Grundstücke unterschiedlicher baulicher Nutzbarkeit bzw. Nichtnutzbarkeit mit 1704 bzw. 2700 m² geteilt hat. Dem steht im Abrechnungsgebiet auf einem - lediglich 1431 m² großen - Grundstück ein 16-stöckiges Hochhaus gegenüber, das unter Zugrundelegung der in der Satzung enthaltenen Maßstabsregelung lediglich mit einem Faktor von 2,1 berücksichtigt worden ist und damit als nur unwesentlich stärker bevorteilt behandelt wird als eine Vielzahl vorhandener fünfstöckiger oder sechsgeschossiger Gebäude, bei denen ein Faktor von 1,9 bzw. 2,0 angesetzt worden ist. Im Ergebnis führt das beispielsweise dazu, dass der Beitrag von 29.026,35 €, der auf das etwa doppelt so große (3907 m²), sogar nur dreistöckig bebaubare Grundstück Flur 46, Flurstück 4 entfällt, sich auf etwa den doppelten Betrag beläuft, wie er auf das Hochhaus-Grundstück mit 14.883,90 € bei einer Größe von 1431 m² entfällt, obwohl auf der Hand liegt, dass gerade das Letztere ein Vielfaches des Ziel- bzw. Quellverkehrs auslösen dürfte. Eine solche Gestaltung des Beitragsmaßstabes ist jedenfalls in einer Einzelsatzung mit der gesetzlich geforderten Beitragsbemessung nach dem wirtschaftlichen Vorteil nicht zu vereinbaren. Sie kann jedenfalls nicht, schon gar nicht ohne nähere, hier fehlende Begründung mit einer zulässigen Pauschalierung gerechtfertigt werden. Handelt es sich nämlich um eine Einzelsatzung, so sind dem Satzungsgeber die im Abrechnungsgebiet maßgebenden Verhältnisse von vornherein bekannt. Auch kann eine derartige Bestimmung des Beitragsmaßstabes nicht mit der Überlegung begründet werden, die bauplanungsrechtlichen Vorschriften des Baugesetzbuches in Verbindung mit der Baunutzungsverordnung (BauNVO) sorgten ihrerseits dafür, dass selbst bei einer Kappung des Vervielfältigungsfaktors bei einer bestimmten Geschosszahl der Zusammenhang mit einem (weiteren) Anwachsen des wirtschaftlichen Vorteils einer Ausbaumaßnahme nicht aufgegeben werde (vgl. auch Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl. 2007, § 18 Rn. 70). Grundsätzlich orientiert sich das aus einem Bebauungsplan oder der Baunutzungsverordnung ergebende zulässige Maß der baulichen Nutzbarkeit zwar an der Geschoßflächenzahl und stellt damit sicher, dass Eigentümer von Häusern, deren Geschosszahl oberhalb der in der Straßenbaubeitragssatzung normierten Kappungsgrenze liegt, über die zwingend proportional wachsende Grundstücksfläche auch in steigendem Maße an den Kosten des Straßenbaus beteiligt werden. Das gilt aber gerade für das beim Erlass der im vorliegenden Verfahren maßgebenden Straßenbaubeitragssatzung vom Satzungsgeber betrachtete Abrechnungsgebiet nicht. Denn die - mangels näherer Angaben des Beklagten anhand des Kartenmaterials nur näherungsweise zu ermittelnde - Geschoßflächenzahl des Grundstücks, auf dem sich das 16stöckige Hochhaus befindet, dürfte bei Außenmaßen von etwa 22 * 18 m ca. 4,42 betragen (22 m * 18 m * 16 / 1431 m²) und überschreitet damit die etwa für reine oder allgemeine Wohngebiete (1,2) und selbst besondere Wohngebiete (1,6) maßgebenden Geschoßflächenzahlen gemäß § 17 Abs. 1 BauNVO um ein Mehrfaches und wäre deshalb nach den heutigen Maßstäben so wohl nicht genehmigungsfähig. Dem ist auch der Beklagte nicht mit beachtlichen Argumenten entgegengetreten.
Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob die Festlegung eines Beitragsmaßstabes in der geschehenen Weise in einer allgemeinen Straßenbaubeitragssatzung erfolgen dürfte (verneinend wohl: VG Potsdam, Urteil vom 16. November 2007 - 12 K 1876/04 -, zitiert nach Becker/Benedens/Deppe/Düwel/Kluge/Liedtke/Schmidt, Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg, Loseblattsammlung, Stand 2011, § 8 Rn. 301; ebenso OVG Bautzen, Urteil vom 22. August 2001 - 5 B 323/00 -, Leitsatz in juris; krit. Dietzel/Kallerhoff, das Straßenbaubeitragsrecht nach § 8 des Kommunalabgabengesetzes NRW, 7. Aufl. 2010 Rn. 453; Driehaus, a.a.O., § 18 Rn. 71 jeweils mit weiteren Nachweisen).
III. Auch bedarf danach keiner abschließenden Entscheidung, dass die vom Kläger im Übrigen gegen die Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides vorgebrachten Bedenken wohl nicht durchgegriffen hätten, soweit diese Beurteilung ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen möglich ist.
So dürfte die vom Beklagten abgerechnete straßenbauliche Maßnahme gemessen an der insoweit einschlägigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 31.08.2007 - 9 N 148.05 -, http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de Rn. 7 f.) mit einer Verbesserung der Gesamt-Anlage schon deshalb verbunden gewesen sein, weil durch die Anlegung bisher nicht vorhandener Parkstreifen die technische Konzeption der Straße in ihrer funktionalen Aufteilung vorteilhaft geändert worden ist. Auch bestehen in Ansehung des durchgeführten Bauprogramms keine Bedenken, dass die Teilanlagen der Straße verbessert bzw. erneuert worden sind.
Schließlich dürfte auch die vom Beklagten vertretene Auffassung, dass der Kläger hinsichtlich der ausgebauten Anlage eine Inanspruchnahmemöglichkeit hat, die ihm einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft, obwohl sein Grundstück nicht unmittelbar an die xxx Straße grenzt, nicht zu beanstanden sein. Die Inanspruchnahmemöglichkeit (vgl. allgemein hierzu Urteil der Kammer vom 20. Mai 2011 - VG 3 K 1083/07 -, http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de, Rn. 19 ff.) ist in seinem Fall nach den unwidersprochenen Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung wohl in dinglicher Form gesichert. Keine Bedenken bestehen daher auch gegen die mit der Tatbestandsverwirklichung verbundene Entstehung der sachlichen und persönlichen Beitragspflicht.
Dass der in der Satzung vorgesehene Beitragssatz - abgesehen von jenen Gründen, die in dem am selben Tage verhandelten Verfahren 3 K 789/07 zu einer Teilaufhebung des Bescheides geführt haben - fehlerhaft kalkuliert war, weil die insoweit berücksichtigte Gesamtfläche des Abrechnungsgebiets unzutreffend bestimmt worden war, lässt sich ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen nicht abschließend beurteilen. Entgegen der Auffassung des Klägers bezieht die abgerechnete Anlage ausweislich der Bauplanung den xxx nicht ein und dürfte deshalb auch nicht die Beteiligung des xxx an der Aufwandsverteilung erfordern. Soweit er beanstandet, dass die Flächenaufteilung, die der Beklagte hinsichtlich einzelner Grundstücke im Abrechnungsgebiet zwischen baulich nutzbaren und nicht nutzbaren Grundstücksteilen vorgenommen hat, fehlerhaft war, verkennt er - möglicherweise aber auch der Beklagte -, dass im Innenbereich (§ 34 BauGB) auch bauplanungsrechtlich nicht überbaubare Flächen regelmäßig an der durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung vermittelten Vorteilslage teilnehmen und deshalb genauso wie die überbaubaren Flächen in die Beitragsveranlagung einzubeziehen sind (vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 26. September 2002 - 2 D 9/02.NE -, S. 8 ff., juris). Ob der Beklagte das beachtet hat oder eine Abweichung von diesem Grundsatz in Betracht kam, muss hier wegen andernfalls erforderlicher weiterer Ermittlungen nicht entschieden werden, zumal es sich im Ergebnis stark zulasten des Klägers auswirken würde.
B. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 154 Abs. 1, 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung. Gründe, die Berufung zuzulassen (§ 124 VwGO) liegen nicht vor.
Beschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 9.108,35 € festgesetzt.
Gründe:
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes.