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Entscheidung Verg W 1/12


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg Vergabesenat Entscheidungsdatum 16.02.2012
Aktenzeichen Verg W 1/12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde vom 18. Januar 2012 bis zur Entscheidung über die Beschwerde zu verlängern, wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Antragstellerin auf Einsichtnahme in die Vergabeakten wird zurückgewiesen.

Der Antragstellerin wird aufgegeben, binnen zwei Wochen mitzuteilen, ob die sofortige Beschwerde aufrecht erhalten wird.

Gründe

I.

Die Auftraggeberin schrieb im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 12.01.2011 Abfalllogistik- und Entsorgungsdienstleistungen für den Flughafen … im Verhandlungsverfahren nach der SektVO europaweit aus. Korrekturen der Ausschreibung erfolgten mit Bekanntmachungen vom 04.02., 09.02., 12.02., 19.02 und 26.02.2011.

Nach der Auftragsbeschreibung sollte der Auftragnehmer die innerbetriebliche Logistik und die externe Entsorgung der am Flughafen … anfallenden und der Benutzungspflicht des geplanten Abfalllogistik- und Entsorgungssystems unterliegenden nicht gefährlichen und gefährlichen Abfälle übernehmen. Zum Leistungsumfang des Auftragnehmers sollten dabei sowohl das Management als auch die operativen Leistungen der Abfalllogistik auf dem Flughafengelände und die externe Entsorgung des Abfalls sowie die Planung und Umsetzung der notwendigen Investitionen in die technische Ausrüstung gehören.

Auf die Bewerbung der Antragstellerin forderte die Auftraggeberin die Antragstellerin mit Schreiben vom 10.06.2011 zur Abgabe eines Angebotes auf. Nach den Vergabeunterlagen sollte der Zuschlag demjenigen Bieter erteilt werden, der nach den Wertungskriterien das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hatte. Zuschlags-/Wertungskriterium sollte der günstigste Preis sein.

In dem Schreiben vom 10.06.2011 heißt es zum Ablauf des Verfahrens u.a.:

„...diejenigen Bieter, die wertbare Angebote abgegeben haben, [werden] zu voraussichtlich einem Verhandlungstermin eingeladen. Dieser Verhandlungstermin soll dem Bieter Gelegenheit geben, sein Unternehmen (...) und sein Angebot zu präsentieren und noch unklare Angebotsbestandteile aufzuklären. Er dient gleichzeitig der Verhandlung über den gesamten Leistungsinhalt einschließlich der Verhandlung über die Möglichkeit einer Optimierung der Preise für die ausgeschriebene Leistung.

Die Vergabestelle wird prüfen, ob sie Verhandlungsangebote der Bieter aufgreifen wird oder nicht. Ein Anspruch auf Annahme bestimmter Verhandlungsangebote besteht nicht. Die Vergabestelle beabsichtigt, keine weiteren Verhandlungsrunden durchzuführen. Vielmehr ist beabsichtigt, alle Bieter aufzufordern, unter Berücksichtigung der in der Verhandlung gestellten Fragen, abgegebenen Erklärungen, Vereinbarungen und sonstigen Festlegungen ein abschließendes Angebot nach Vorgaben der Vergabestelle einzureichen.“

Anlage A 7 der Verdingungsunterlagen enthält die von den Bietern auszufüllenden Preisblätter. In den „Hinweisen und Erläuterungen zum Ausfüllen der Preisblätter“ heißt es jeweils für die Preisblätter Entsorgung I (E I), Entsorgung II (E II) und Entsorgung IV (E IV):

„Basierend auf der Formel gemäß Pos. E I-2.5.2 [bzw. gleichlautend Pos. E II-3.2, E IV-2.3.2 und E IV-2.5.2] ist beispielhaft für den Monat vor der Angebotsabgabe die Verwertungskosten/Rückvergütung zu ermitteln und einzutragen. Eine Rückvergütung ist mit einem negativen Vorzeichen einzutragen!“

Die Antragstellerin reichte mit Datum vom 19.08.2011 ihr Angebot ein und wurde mit E-Mail vom 08.09.2011 zu einem Angebotsklärungsgespräch am 21.09.2011 eingeladen. Im Ergebnis dieses Gesprächs forderte die Auftraggeberin die Antragstellerin zur Abgabe eines optimierten Angebots bis zum 10.10.2011 unter Berücksichtigung der Fortschreibungen der Vergabeunterlagen auf. Gleichzeitig übersandte die Auftraggeberin u.a. die Fortschreibung der Anlage A 7 – Preisblätter in der für die Angebotsoptimierung zu verwendenden Version.

Mit Schreiben vom 05.10.2011 reichte die Antragstellerin die überarbeiteten Angebotsunterlagen ein.

Mit Schreiben vom 09.12.2011 teilte die Auftraggeberin im Rahmen der Vorabinformation gem. § 101a GWB der Antragstellerin mit, dass sie beabsichtige, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen, einer aus zwei Einzelunternehmen bestehenden Bietergemeinschaft, zu erteilen. Zur Begründung führte die Auftraggeberin aus:

Das Angebot der Antragstellerin sei nicht das wirtschaftlichste Angebot und weise zudem formale Mängel auf, die einer Wertbarkeit entgegenstünden. In dem optimierten Angebot würden bei den Verwertungskosten/Rückvergütungen für die Positionen Papier/Pappe (E I 2.5.3; E II 3.3; E IV 2.6.3) und Schrott (E IV 2.4.3) Vergütungen bzw. Preise angeboten, die nicht den Vorgaben der Vergabeunterlagen entsprächen. Es seien Indexwerte mit einem falschen Wert bzw. mit einem Wert für einen Zeitraum eingetragen, der nicht den Vorgaben der Vergabestelle gemäß den Festlegungen als Bestandteil der Anlage A 7 entsprächen. Inwiefern dieser Mangel einen Ausschluss der Antragstellerin nach sich ziehe, könne letztlich dahingestellt bleiben, da die Auftraggeberin das optimierte Angebot vorsorglich und hilfsweise weiter geprüft habe und das Angebot insgesamt nicht das wirtschaftlichste wäre und bei einer weiteren Wertung nur den zweiten Rang unter allen eingereichten Angeboten erreicht hätte.

Mit Rügeschreiben vom 13.12.2011 machte die Antragstellerin geltend, ihr Angebot dürfe nicht ausgeschlossen werden, weil es das wirtschaftlichste sei. Nach den Vergabeunterlagen habe der Bieter bereits mit Ablauf der Angebotsfrist ein verbindliches, vollständiges und zuschlagsfähiges Angebot vorzulegen. Ein derartiges Angebot habe sie abgegeben. Dieses Angebot sei bereits verbindlich gewesen und habe der Zuschlagsentscheidung zugrunde gelegt werden müssen. Die von der Auftraggeberin vorgenommene Wertung sei nicht willkürfrei erfolgt. Das von ihr durchgeführte Verhandlungsverfahren sei fehlerhaft gewählt, da die Auftraggeberin über die zu erbringenden Leistungen gar nicht habe verhandeln wollen. Die gesamte Vorgehensweise mit dem Erfordernis eines zweiten Angebots werde gerügt. Der Vermerk in dem Protokoll vom 21.09.2011, dass das Angebot optimiert werden solle, bedeute, dass bereits ein zuschlagsfähiges Angebot vorgelegen habe. Das Angebot der Beigeladenen sei wegen Unauskömmlichkeit und Unangemessenheit nach § 27 Abs. 2 SektVO von der Wertung auszuschließen. Es handele sich um ein rechtswidriges Unterpreisangebot mit Verdrängungsabsicht. Die Beigeladene habe eine marktbeherrschende Stellung insbesondere bei der Flughafenentsorgung und habe sich unter Verstoß gegen § 1 GWB an der Ausschreibung beteiligt. Zudem verstoße die Tätigkeit ihres Mitgliedes Re… GmbH in der Bietergemeinschaft gegen das Kommunalrecht in Brandenburg, da sie als Tochtergesellschaft der … Stadtreinigung in Brandenburg nicht ohne Erlaubnis wirtschaftlich tätig werden dürfe. Ferner hat die Antragstellerin gerügt, die Auftraggeberin habe in ihrem Informationsschreiben vom 09.12.2011 nicht die Anschrift der Beigeladenen und die Anteile und Aufgaben der jeweiligen Mitglieder mitgeteilt. Hilfsweise sei die Ausschreibung wegen Verfahrensverstößen aufzuheben. So seien die Bestimmungen des § 32 SektVO über die ordnungsgemäße Dokumentation nicht eingehalten worden.

Die Auftraggeberin wies die Rügen mit Schreiben vom 15.12.2011 zurück.

Mit Schriftsatz vom 16.12.2011, per Fax eingegangen am gleichen Tage, hat die Antragstellerin einen Antrag auf Nachprüfung bei der Vergabekammer mit dem Ziel gestellt, der Auftraggeberin zu untersagen, den Auftrag „Abfalllogistik- und Entsorgungsdienstleistungen für den Flughafen …, Sektorenbekanntmachung Nr. 2011/S 7-010520“ an die Beigeladene zu vergeben. Sie hat ihre Auffassung vertieft, dass sie bereits mit dem ersten Angebot ein ordnungsgemäßes Angebot vorgelegt habe, auf das ohne weiteres der Zuschlag erfolgen könne. Der Hinweis auf die Überarbeitung des Angebots in ihrem Schreiben vom 05.10.2011 zeige unmissverständlich auf, dass an dem ersten Angebot habe festgehalten werden sollen. Auch in der E-Mail der Auftraggeberin vom 26.09.2011 werde darauf verwiesen, dass „alle anderen, Ihnen bereits vorliegende Unterlagen unverändert ihre Gültigkeit behalte sollten“. Die E-Mail vom 26.09.2011 habe daher nicht das erste Angebot ersetzt. Im Übrigen hat die Antragstellerin ihre Ausführungen zu dem nach ihrer Ansicht zwingenden Ausschluss des Angebots der Beigeladenen wiederholt und vertieft.

Die Auftraggeberin hat gemeint, die Antragstellerin sei mit ihren gegen Ablauf und Inhalt des Verhandlungsverfahrens gerichteten Vorwürfen gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB präkludiert. Auch der pauschale Vorwurf bezüglich der Verfahrensdokumentation sei bereits als unzulässig anzusehen. Im Übrigen sei der Nachprüfungsantrag unbegründet. Im Verhandlungsverfahren erfolge die Zuschlagserteilung in der Regel erst, nachdem der Auftraggeber mit den Verfahrensteilnehmern über die Auftragsbedingungen verhandelt habe. Dabei stehe es dem Auftraggeber frei, ob er von den Bewerbern gleich zu Beginn des Verhandlungsverfahrens ein Angebot fordere und dieses zum Gegenstand von Verhandlungen mache. Die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots vom 10.06.2011 habe detaillierte und eindeutige Regelungen zum Ablauf des Verfahrens getroffen. Daraus gehe eindeutig hervor, dass das erste verbindliche Angebot nur als Verhandlungsgrundlage vorgesehen sei und die Zuschlagsentscheidung auf der Basis der abschließenden Angebote im Anschluss an die durchgeführten Verhandlungen erfolgen solle. Soweit die Antragstellerin der Auffassung sei, der Zuschlag müsse auf ihr erstes Angebot erteilt werden, sei bereits fraglich, ob dieses Angebot im Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung noch wirksam gewesen sei. Jedenfalls habe es ersichtlich nicht den mit den überarbeiteten Vergabeunterlagen zum Ausdruck gekommenen Anforderungen entsprochen. Das abschließende Angebot sei zu Recht von der Wertung ausgeschlossen worden, da es abweichend von der Vorgabe in den Vergabeunterlagen Berechnungsformeln für die Rückvergütung mit dem unzutreffenden Stand Juli 2011 aufgewiesen habe. Das für den Zuschlag vorgesehene Angebot der Beigeladenen sei weder im Hinblick auf die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit noch aufgrund eines ungewöhnlich niedrigen Preisangebots auszuschließen.

Die Vergabekammer hat mit Beschluss vom 11.01.2012, der Antragstellerin per Fax zugegangen am gleichen Tage, den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Vergabekammer ausgeführt:

Der Nachprüfungsantrag sei, soweit er zulässig sei, offensichtlich unbegründet. Soweit sich die Antragstellerin auf die Verletzung ihrer Rechte aus § 101a GWB berufe, fehle ihr die Antragsbefugnis. Die Rüge des Fehlens einer ordnungsgemäßen Dokumentation gemäß § 32 SektVO genüge nicht den an eine ordnungsgemäße Rüge zu stellenden Anforderungen. Anknüpfungstatsachen oder Indizien, die einen hinreichenden Verdacht auf eine nicht ordnungsgemäße Dokumentation begründen, habe die Antragstellerin nicht vorgetragen, sondern lediglich das Vorhandensein einer ordnungsgemäßen Dokumentation pauschal angezweifelt. Ob die gegen den Verlauf des Verhandlungsverfahrens vorgebrachten Beanstandungen rechtzeitig erfolgt seien, könne dahinstehen, denn der Nachprüfungsantrag sei jedenfalls offensichtlich unbegründet. Das unstreitig fehlerhafte Angebot der Antragstellerin sei aus dem Vergabeverfahren gemäß § 97 Abs. 2 GWB auszuschließen gewesen, da es den von der Auftraggeberin festgelegten Voraussetzungen nicht entsprochen habe. Die Bieter hätten nach den Vergabeunterlagen davon ausgehen müssen, dass mit der Abgabe abschließender Angebote die Bindungswirkung ihres ersten Angebots entfallen werde. Die Aufforderung zur Abgabe eines abschließenden Angebots („last and final offer“) gelte nach § 150 Abs. 2 BGB als Ablehnung des Erstangebots mit der Folge, dass dieses nach § 146 BGB erlösche. Ein Rückgriff auf das Erstangebot sei daher nicht mehr möglich. Das optimierte Angebot der Antragstellerin habe unstreitig nicht den in den Preisblättern für die Positionen Papier/Pappe und Schrott zu ermittelnden und einzutragenden Verwertungskosten auf der Grundlage der Berechnungsformel Rückvergütung für den Monat vor der Angebotsabgabe – also für September 2011 – entsprochen. Sei das Angebot der Antragstellerin von der Wertung auszuschließen, könne der weitere Fortgang des Vergabeverfahrens weder ihre Interessen berühren, noch könne die Antragstellerin dadurch in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt sein, so dass über die weiteren Beanstandungen der Antragstellerin nicht zu entscheiden sei. Etwas anderes gelte nur dann, wenn nicht nur das Angebot des Antragstellers, sondern sämtliche anderen Angebote wegen mindestens gleichartiger Mängel auszuschließen seien. Dies werde durch die Antragstellerin nicht einmal behauptet.

Gegen den Beschluss der Vergabekammer hat die Antragstellerin mit per Telefax am 18.01.2012 eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, die aufschiebende Wirkung der Beschwerde bis zur Entscheidung über die Beschwerde zu verlängern.

Zur Begründung macht sie geltend, die Vergabekammer habe mehrere entscheidungserhebliche Aspekte verkannt. Entgegen der Auffassung der Vergabekammer habe sie unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in dessen Entscheidung vom 26.09.2006 (X ZB 14/06) dargelegt, dass und warum die Ausschreibung insgesamt aufzuheben sei. Sie sei in ihren Rechten auch dann verletzt, wenn ein eindeutig fehlerhaftes Verfahren nicht aufgehoben und sie daher um ihre Chance gebracht werde, in einem neuen Verfahren erneut zu bieten. Unter Verstoß gegen diese habe die Vergabekammer ihre Entscheidung, dass ihr Angebot auszuschließen sei, trotz des Fehlens von Ausschlusstatbeständen in § 26 SektVO aus den allgemeinen vergaberechtlichen Grundsätzen abgeleitet und sich mit ihren Argumenten und der Literatur nicht auseinandergesetzt. Entgegen der Auffassung der Vergabekammer habe sie (die Antragstellerin) tatsächlich die geforderten Preise angegeben. Soweit ihr bei der Berechnung der Verwertungskosten/Rückvergütung ein Fehler unterlaufen sein sollte, sei dies rechtlich unbeachtlich. Es sei lediglich darum gegangen, ein Rechenbeispiel zu geben, das auch in ihrem Angebot richtig, nur mit dem falschen Monat durchgeführt worden sei. Ein Ausschluss sei in den Vergabebedingungen jedoch nur für den Fall festgelegt worden, dass ein Bieter von der Struktur und den Vorgaben des Preisblattes abweiche, nicht aber bei der Beispielsrechnung. Das von der Auftraggeberin durchgeführte Verfahren sei wettbewerbswidrig und intransparent. So seien alle Bewerber zur Abgabe eines verbindlichen Angebots aufgefordert worden, das aber nur als Verhandlungsgrundlage vorgesehen gewesen sei. Darin liege ein offensichtlicher Widerspruch. Im Übrigen könne der Auffassung der Vergabekammer schon deshalb nicht gefolgt werden, weil die Bieter lediglich die Möglichkeit zur Angebotsoptimierung gehabt hätten, dazu aber nicht verpflichtet gewesen seien. Eine Ablehnung der Ursprungsangebote könne darin nicht gesehen werden. Die Vergabekammer habe es versäumt, den Sachverhalt gem. § 110 Abs. 1 Satz 1 GWB aufzuklären.

Darüber hinaus wiederholt und vertieft die Antragstellerin ihre Ausführungen zum Ausschluss des Angebots der Beigeladenen.

Die Auftraggeberin und die Beigeladene treten den Ausführungen der Antragstellerin entgegen.

Die Auftraggeberin ist der Auffassung, die Antragstellerin sei mit ihrer Rüge eines intransparenten Verfahrensablaufes präkludiert. Im Übrigen sei der Nachprüfungsantrag unbegründet. Die Auftraggeberin habe ihre Anforderungen an die zu erbringenden Leistungen im Anschluss an die durchgeführten Verhandlungsgespräche in Teilen abgeändert oder weiter konkretisiert. Sie sei daher nicht verpflichtet, das ursprüngliche Angebot der Antragstellerin, das von ihrem geänderten Anforderungsprofil abweiche, zur Wertung zuzulassen. Das optimierte Angebot der Antragstellerin sei zwingend von der Wertung auszuschließen, da es von den von der Auftraggeberin unmissverständlich aufgestellten Anforderungen abweiche. Die Beteiligung der Beigeladenen am Vergabeverfahren sei zulässig. Sie habe nachvollziehbar dargelegt, dass und aus welchen Gründen ihre einzelnen Mitglieder nicht in der Lage gewesen wären, sich als Einzelunternehmen mit Aussicht auf Erfolg am Vergabeverfahren zu beteiligen. Die Auftraggeberin sei nicht befugt, diese nachvollziehbar dargelegten Gründe durch eine eigene unternehmerische Bewertung zu ersetzen. Auch ein kommunalwirtschaftsrechtliches Betätigungsverbot der Re… GmbH liege nicht vor. Es gebe nach dem derzeitigen Kenntnisstand der Auftraggeberin keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladene ihr Angebot mit der zielgerichteten Absicht abgegeben habe, einzelne Mitbewerber wie die Antragstellerin vom Markt zu verdrängen, oder sie durch die günstigen Preise in derartige wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten könne, dass sie die zu vergebenden Leistungen nicht mehr vertragsgerecht ausführen könne.

Der Senat hat mit Beschluss vom 31.01.2012 die Beiladung angeordnet und die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin einstweilen bis zum 17.02.2012 verlängert.

Die Beigeladene hat mit Schriftsatz vom 08.02.2012 zu der sofortigen Beschwerde Stellung genommen. Sie verteidigt mit näheren Ausführungen den Beschluss der Vergabekammer und ist ebenfalls der Ansicht, das Angebot der Antragstellerin sei wegen der Abweichung von den eindeutigen Vorgaben der Auftraggeberin zwingend auszuschließen. Sie trägt vor, in dem relevanten Markt der Entsorgung von Abfällen zur Verwertung sei keines ihrer Mitglieder marktführend. Bei der Entsorgung des Flughafens … handele es sich um die Entsorgung einer gewerblichen Anfallstelle zur Verwertung, die einer gesetzlichen Überlassungspflicht gem. §§ 13, 15 KrW/AbfG nicht unterläge. Entsprechend der Leitentscheidung des Bundeskartellamts zur Marktabgrenzung bei der Entsorgung gewerblicher Anfallstellen betrage der gemeinsame Marktanteil der Mitglieder der Beigeladenen unter Berücksichtigung einer kleinstmöglichen räumlichen Marktabgrenzung von einem Radius von 50 km um die zu entsorgende Abfallstelle 7,2%.

II.

Der Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB war zurückzuweisen, da die sofortige Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat.

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß §§ 116, 117 GWB eingelegt und begründet worden.

2. In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet. Zu Recht hat die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zum Teil als unzulässig und im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen. Die Entscheidung der Auftraggeberin, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen, verletzt die Antragstellerin nicht in ihrem Recht auf Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren (§ 97 Abs. 7 GWB).

a) Der Nachprüfungsantrag ist bereits unzulässig, soweit die Antragstellerin die fehlende Mitteilung der Anschrift der Beigeladenen und der Anteile und Aufgaben ihrer einzelnen Mitglieder in dem Informationsschreiben der Auftraggeberin gem. § 101 a Abs. 1 GWB vom 09.12.2011, eine Verletzung der Dokumentationspflichten nach § 32 Abs. 1 SektVO sowie eine Intransparenz des Verfahrens geltend macht.

aa) Gemäß § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB hat der Antragsteller darzulegen, dass ihm durch die behauptete Verletzung von Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Es ist jedoch nicht ersichtlich, inwieweit der Antragstellerin durch die nach ihrer Ansicht unvollständige Mitteilung seitens der Auftraggeberin ein Schaden entstanden sein soll oder ein Schaden droht. Sinn und Zweck der Informationspflicht ist es, einem unterlegenen Bieter die Prüfung zu ermöglichen, die Frage der Gültigkeit der Zuschlagsentscheidung rechtzeitig überprüfen zu lassen. Die Informationspflicht des Auftraggebers dient daher primär dazu, die Bieter durch einen Vertragsschluss nicht vor vollendete Tatsachen zu stellen und sie so der Möglichkeit zu berauben, die Zuschlagsentscheidung des Auftraggebers durch die Einleitung eines Verfahrens vor der Vergabekammer überprüfen zu lassen (vgl. BGH, Urteil v. 22.02.2005 - KZR 36/03, VergabeR 2005, 339). Aus dieser Zielsetzung folgt, dass einem Bieter, der in einem noch nicht durch Zuschlagserteilung abgeschlossenen Vergabeverfahren ein Nachprüfungsverfahren einleitet, ein schutzwürdiges Interesse im Hinblick auf die Einhaltung der Vorschrift des § 101 a GWB nicht mehr zukommt. Die rechtlich schutzwürdigen Interessen des Bieters sind bereits dadurch gewahrt, dass ein Nachprüfungsantrag vor Zuschlagserteilung an den öffentlichen Auftraggeber zugestellt wurde (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 03.08.2011 - VII-Verg 6/11).

Die von der Antragstellerin gerügte fehlende Information über die Anschrift der Beigeladenen und die Anteile und Aufgaben der Mitglieder im Innenverhältnis hat die Antragstellerin weder daran gehindert, rechtzeitig einen Antrag auf Nachprüfung bei der Vergabekammer zu stellen, noch ist auf sonstige Weise ersichtlich, weshalb dadurch der Antragstellerin ein Schaden droht. Im Übrigen ist die Mitteilung der Anschrift oder der weiteren von der Antragstellerin verlangten Angaben gesetzlich nicht vorgesehen.

bb) Hinsichtlich der von der Antragstellerin erhobenen Rüge der Verletzung der Dokumentationspflicht ist der Nachprüfungsantrag ebenfalls unzulässig. Einer Rüge muss eine konkrete vergaberechtliche Beanstandung zu entnehmen sein. Deshalb sind Rügen unzulässig, die nur pauschal die Fehlerhaftigkeit des Vergabeverfahrens angreifen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.04.2003 – Verg 66/02, zitiert nach juris). Ebenso wenig ausreichend ist, wenn der Antragsteller nur die abstrakte Möglichkeit einer Rechtsverletzung in den Raum stellt (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 10.08.2000 – I Verg 2/00, zitiert nach juris). Um zu vermeiden, dass Rügen ohne Substanz auf bloßen Verdacht „ins Blaue hinein“ mit dem Ziel, Einsicht in die Akten zu erlangen, erhoben werden, muss der Antragsteller zumindest tatsächliche Anknüpfungstatsachen oder Indizien vortragen, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergaberechtsverstoß begründen. Ein Mindestmaß an Substantiierung ist einzuhalten; reine Vermutungen zu eventuellen Vergabeverstößen reichen nicht aus (vgl. OLG München, Beschluss vom 07.08.2007 – Verg 8/07, zitiert nach juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 09.07.2010 – 11 Verg 5/10, zitiert nach juris). Diesen Anforderungen genügt die von der Antragstellerin in ihrem Nachprüfungsantrag erhobene Rüge einer fehlenden ordnungsgemäßen Dokumentation nicht. Die Antragstellerin hat lediglich pauschal angezweifelt, ob eine ordnungsgemäße Dokumentation des gesamten Verfahrens stattgefunden hat, ohne hierfür konkrete Anhaltspunkte zu benennen. Dies reicht auch unter Berücksichtigung der nur geringen Anforderungen an die Substantiierung nicht aus.

Unabhängig davon ist die Rüge jedenfalls unbegründet, da der Senat nach Vorlage der gesamten Vergabeakten durch die Auftraggeberin keine Verstöße gegen die Dokumentationspflicht hat feststellen können.

cc) Soweit die Antragstellerin mit dem Nachprüfungsantrag und der sofortigen Beschwerde das Verfahren insgesamt unter Hinweis auf vermeintliche Widersprüche und Unklarheiten in den Vergabeunterlagen als intransparent rügt, ist die Rüge unzulässig, da sie nicht rechtzeitig bis spätestens zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe am 08.08.2011 erhoben worden ist. Die Regelungen des § 107 Abs. 3 Nr. 2 und 3 GWB sind im Verhandlungsverfahren entsprechend anwendbar. Die nunmehr gerügten Verfahrensfehler waren für die Antragstellerin, sofern sie tatsächlich vorlagen, bis zur Abgabe ihres ursprünglichen Angebotes ohne weiteres erkennbar. Die Antragstellerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, sie verfüge über keine eigene Rechtsabteilung und über keinen speziell mit Vergaberecht vertrauten Mitarbeiter. Abgesehen davon, dass die Antragstellerin senatsbekannt sich an einer Vielzahl von Vergabeverfahren beteiligt (sie selbst spricht von ca. 119 Zuschlagsmitteilungen im Jahre 2007) und damit bereits über eine nicht unerhebliche Erfahrung bei der Prüfung von Vergabeunterlagen verfügt, handelt es sich bei den gerügten Verfahrensverstößen nicht um Fehler, zu deren Erkennbarkeit es einer eingehenden fundierten juristischen Prüfung bedurft hätte.

b) Im Übrigen ist der Nachprüfungsantrag zulässig.

aa) Das Nachprüfungsverfahren nach §§ 102 ff. GWB ist eröffnet. Die Auftraggeberin ist ein auf dem Gebiet des Verkehrs tätiger öffentlicher Auftraggeber i.S. des § 98 Nr. 4 GWB, der einen öffentlichen Auftrag i.S. des § 99 Abs. 1 GWB vergeben will. Das Auftragsvolumen liegt über dem in § 100 Abs. 1 i.V. mit §§ 127 GWB, 1 Abs. 2 SektVO, Art. 16 der Richtlinie 2004/17/EG festgelegten Schwellenwert.

bb) Die Antragstellerin ist gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt. Sie hat durch ihre Teilnahme an dem Vergabeverfahren und die Abgabe eines Angebotes ihr Interesse an dem Auftrag bekundet und macht geltend, durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt zu sein. Hierfür reicht die schlüssige Behauptung, dass und welche vergaberechtlichen Vorschriften im Verlaufe des Vergabeverfahrens missachtet worden sein sollen (vgl. BGH, Beschluss vom 26.09.2006 – X ZB 14/06, BGHZ 169, 131ff., zitiert nach juris Rn. 20). Hier macht die Antragstellerin geltend, ihr Angebot sei zu Unrecht ausgeschlossen worden; zudem sei das Angebot der Beigeladenen, das nach der Wertung der Auftraggeberin den Zuschlag erhalten soll, zwingend auszuschließen, so dass ohne die Rechtsverletzung ihr der Zuschlag hätte erteilt werden müssen.

Die Antragsbefugnis der Antragstellerin ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Auftraggeberin das Angebot der Antragstellerin vorsorglich in der Wertung belassen hat und das Angebot bei der Wertung nur den zweiten Rang hinter dem Angebot der Beigeladenen erreicht hätte, so dass die Antragstellerin ohnehin keine Chancen auf den Zuschlag gehabt hätte. Für die nach § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB erforderliche Darlegung, dass der Antragstellerin durch die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften ein Schaden droht, reicht es aus, wenn die Antragstellerin vorträgt, dass sie im Fall eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens bessere Chancen auf den Zuschlag haben könnte, was auch dann der Fall sein kann, wenn als einzige vergaberechtskonforme Maßnahme die Aufhebung des eingeleiteten Vergabeverfahrens in Betracht kommt, weil kein Bieter ein ordnungsgemäßes Angebot abgegeben hat, und für die Antragstellerin die Chance besteht, sich an einer erneuten Ausschreibung im Rahmen eines vergaberechtskonformen Verfahrens zu beteiligen (vgl. BGH a.a.O., juris Rn. 30 f.). So liegt der Fall hier: Die Antragstellerin macht geltend, dass das Angebot der Beigeladenen zwingend hätte ausgeschlossen werden müssen, so dass selbst für den Fall, dass ihr Angebot nicht ordnungsgemäß wäre, das Vergabeverfahren hätte aufgehoben und bei fortbestehendem Beschaffungsbedarf der Auftraggeberin neu ausgeschrieben werden müssen. Dem steht nicht entgegen, dass neben der Antragstellerin und der Beigeladenen noch zwei weitere Bieter Angebote abgegeben haben, die bei der Wertung durch die Auftraggeberin nur einen Rang nach dem Angebot der Antragstellerin erreicht hätten. Im Rahmen der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages ist es ausreichend, wenn die Antragstellerin geltend macht, dass nur zwei Bieter Angebote abgegeben haben und bei Beachtung der Bestimmungen das Vergabeverfahren auch nicht mit der Auftragsvergabe an den anderen Bieter abgeschlossen werden darf, weil dessen Angebot ebenfalls von der Wertung ausgeschlossen werden muss.

cc) Die Antragstellerin hat die geltend gemachten Vergabeverstöße, dass ihr Angebot wegen formeller Mängel nicht in die Wertung genommen wurde und das Angebot der Beigeladenen in der Wertung belassen wurde, auch rechtzeitig i.S. des § 107 Abs. 3 Nr. 1 GWB mit Rügeschreiben vom 13.12.2011 gegenüber der Auftraggeberin gerügt. Dafür, dass die Antragstellerin bereits zu einem früheren Zeitpunkt als dem Zugang des Informationsschreibens vom 09.12.2011 Kenntnis von den gerügten Vergabeverstößen, insbesondere der Beteiligung der Beigeladenen am Vergabeverfahren, hatte, bestehen nach dem Akteninhalt keine Anhaltspunkte.

c) Der Nachprüfungsantrag ist, soweit er zulässig ist, unbegründet. Die von der Antragstellerin gerügten Verfahrensverstöße liegen nicht vor. Die Entscheidung der Auftraggeberin, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen, ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Ob die Auftraggeberin das optimierte Angebot der Antragstellerin zu Recht aus der Wertung genommen hat, bedarf letztlich keiner abschließenden Entscheidung.

(1) Zutreffend hat die Auftraggeberin das optimierte Angebot der Antragstellerin vom 05.10.2011 und nicht das ursprüngliche Angebot vom 19.08.2011 zugrunde gelegt. Das ursprüngliche Angebot der Antragstellerin ist erloschen (§ 146 BGB), nachdem in dem Angebotsklärungsgespräch vom 21.09.2011 über das Angebot verhandelt wurde und die Auftraggeberin im Ergebnis dieses Gesprächs der Antragstellerin die Möglichkeit eingeräumt hat, ihr Angebot bis zum 10.10.2011 zu optimieren. Dies erfolgte vor dem Hintergrund, dass die Vergabeunterlagen von der Auftraggeberin im Hinblick auf eine Erweiterung der Leistungsbeschreibung durch Einbeziehung der Frachthalle mit einem zusätzlichen Containerstellplatz und der Einbeziehung des Bereiches „Auswärtiges Amt“ fortgeschrieben wurden. Von der ihr eingeräumten Möglichkeit hat die Antragstellerin durch die Abgabe ihres optimierten Angebotes vom 05.10.2011 Gebrauch gemacht und damit zugleich konkludent das vorangegangene Angebot aufgehoben, so dass ein Rückgriff auf das ursprüngliche Angebot nicht mehr möglich ist. Im Rahmen eines vergaberechtlichen Verhandlungsverfahrens gibt es immer nur ein einziges Angebot eines Bieters, das im Laufe des Verfahrens modifiziert und aktualisiert oder ausdrücklich unverändert aufrecht erhalten bleibt. Mit der Abgabe eines modifizierten Angebotes bringt der Bieter dem Erklärungsempfänger gegenüber zum Ausdruck, dass er das ursprüngliche Angebot nur in der modifizierten aktuellsten Fassung gegen sich gelten lassen möchte (vgl. VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.08.2009 – 1 VK 30/09, zitiert nach juris Rn. 82 ff.). So liegt der Fall auch hier, denn die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 05.10.2011 ausdrücklich zu erkennen gegeben, dass „die von uns überarbeiteten Angebotsunterlagen“ Berücksichtigung finden sollten, das Angebot also nur in der überarbeiteten Fassung Gültigkeit haben sollte. Damit bleibt jedoch für einen Rückgriff auf das ursprüngliche Angebot kein Raum. Zudem soll die Möglichkeit der Optimierung der Angebote zugleich dazu dienen, die Vergleichbarkeit der Angebote im Vergabeverfahren sicherzustellen (vgl. Senatsbeschluss vom 19.01.2009 – Verg W 2/09).

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin stehen die Ausführungen in dem Aufforderungsschreiben vom 10.06.2011 zum Ablauf des Verhandlungsverfahrens damit nicht in Widerspruch. Soweit es dort heißt, die Bieter hätten bereits mit dem Ablauf der (ersten) Angebotsfrist ein verbindliches, vollständiges und zuschlagsfähiges Angebot vorzulegen, schließt dies nicht aus, dass das erste Angebot zur Grundlage von weiteren Verhandlungen im Laufe des Verfahrens gemacht werden kann, denn „verbindlich“ ist in diesem Sinne erkennbar nur dahingehend gemeint, dass sich der Bieter an sein Angebot gem. § 145 BGB bis zum Ende der Bindefrist gebunden hält, so dass ihm der Zuschlag bereits auf sein erstes Angebot erteilt werden kann, aber nicht muss. Im Übrigen ist der weitere Verlauf des Verhandlungsverfahrens in dem Aufforderungsschreiben eindeutig klargestellt. Insbesondere wird der Bieter bereits vorab darauf hingewiesen, dass über das Angebot in einem Verhandlungstermin verhandelt werden wird und dabei auch die Möglichkeit zur Abgabe eines optimierten Angebotes besteht. Ferner wird darauf hingewiesen, dass im Anschluss an den durchgeführten Verhandlungstermin beabsichtigt ist, die Bieter aufzufordern, ein abschließendes Angebot nach den Vorgaben der Vergabestelle einzureichen. Die Antragstellerin konnte somit den Vergabeunterlagen bereits vor der Abgabe des ersten Angebots entnehmen, dass über das von ihr eingereichte Angebot verhandelt werden und nach Durchführung der Verhandlung ggf. ein abgeändertes abschließendes Angebot als „last and final offer“ eingereicht werden sollte.

Soweit die Antragstellerin rügt, nach dem Protokoll zum Angebotsklärungsgespräch vom 21.09.2011 sei lediglich die Möglichkeit zur Abgabe eines optimierten Angebots vorgesehen gewesen, die Bieter seien dazu aber nicht verpflichtet gewesen, folgt daraus nichts anderes. Die Auftraggeberin hatte eine verbindliche Frist zur Optimierung der Angebote gesetzt. Wenn die Antragstellerin keine Optimierung hätte vornehmen wollen, hätte sie zumindest innerhalb der Frist erklären müssen, dass ihr ursprüngliches Angebot unverändert Geltung behalten sollte (vgl. VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.08.2009 a.a.O.). Die Antragstellerin hat jedoch durch die Bezugnahme auf das überarbeitete Angebot in dem Schreiben vom 05.10.2011 zum Ausdruck gebracht, dass sie an dem ursprünglichen Angebot nicht festhalten, sondern sich mit dem überarbeiteten Angebot an der Ausschreibung beteiligen wollte.

(2) Ob die Abweichung bei der Ermittlung der Verwertungskosten/Rückvergütung für die Positionen Papier/Pappe und Schrott von den Vorgaben der Ausschreibungsunterlagen, indem fälschlicherweise ein Indexwert aus dem Monat Juli 2011 für die Berechnung der Verwertungskosten/Rückvergütung verwendet wurde, den Ausschluss des optimierten Angebots der Antragstellerin rechtfertigt, erscheint fraglich.

Auf das zugrunde liegende Vergabeverfahren finden die Vorschriften der Sektorenverordnung Anwendung, da es sich um die Vergabe eines öffentlichen Auftrages in Zusammenhang mit Tätigkeiten auf dem Gebiet des Verkehrs handelt (§ 1 Abs. 1 SektVO). § 26 SektVO sieht den Ausschluss eines Angebots wegen fehlender oder unvollständiger Angaben oder Abweichungen von den Vergabeunterlagen nicht ausdrücklich vor, sondern bestimmt nur, dass die Angebote vor Zuschlagserteilung zu prüfen und zu werten sind. Dem Sektorenauftraggeber steht somit grundsätzlich ein größerer Beurteilungsspielraum zu. Es ist jedoch anerkannt, dass die allgemeinen vergaberechtlichen Grundsätze des § 97 GWB, insbesondere das Transparenz- und das Gleichbehandlungsgebot, auch in Vergabeverfahren nach der SektVO entsprechend gelten (vgl. OLG München VergabeR 2010, 238, 242). Fehlende, unvollständige oder unzutreffende Preisangaben müssen daher zwingend zu einem Ausschluss des Angebots aus der Wertung führen.

Im vorliegenden Fall hat die Auftraggeberin in den Hinweisen und Erläuterungen zum Ausfüllen der Preisblätter, die als Anlage A 7 den Ausschreibungsunterlagen beilagen, vorgegeben, dass durch den Bieter beim Ausfüllen der jeweiligen Preisblätter Entsorgung I (E I), Entsorgung II (E II) und Entsorgung IV (E IV) bei der Position E I 2.5.2, E II 3.2, E IV 2.3.2 und E IV 2.5.2. die Berechnungsformel zur Ermittlung der Verwertungskosten/Rückvergütung in Abhängigkeit von der Marktpreissituation für Altpapier anhand der jeweiligen Preisspiegel im EUWID-Index bzw. für Eisen- und Mischschrott darzustellen und basierend auf dieser Formel beispielhaft für den Monat vor der Angebotsabgabe die Verwertungskosten/Rückvergütung zu ermitteln und einzutragen ist. Auf Seite 6 ihres Aufforderungsschreibens vom 10.06.2011 hat die Antragsgegnerin ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Abweichung von der Struktur und den Vorgaben des Preisblattes zum sofortigen Ausschluss aus dem Verfahren führen könne. Das optimierte Angebot der Antragstellerin wies bei den vorbezeichneten Positionen die Verwertungskosten/Rückvergütung auf der Basis der Indexwerte für den Monat Juli 2011 statt für den Monat September 2011, den Monat vor der Abgabe des optimierten Angebotes der Antragstellerin, aus.

Es kann dahinstehen, ob diese Abweichung bereits zwingend zum Ausschluss führt oder ob in Anlehnung an § 19 Abs. 2 Satz 2 EG VOL/A wegen der fehlenden wertungsrechtlichen und wettbewerblichen Relevanz ein Ausschluss als unverhältnismäßig erschiene. Die Beigeladene hat in ihrem Angebot die Verwertungskosten/Rückvergütung auf der Basis des zutreffenden Indexwertes für den Monat September 2011 ermittelt. Selbst wenn man die fehlerhaften Preisangaben in den Preisblättern der Antragstellerin ergänzt, indem man auf die von der Beigeladenen eingesetzten Verwertungskosten/Rückvergütung zurückgreift (vgl. Kulartz/Marx/ Portz/Prieß, VOL/A, 2. Aufl. 2011, § 19 VOL-A/EG Rn 109), lässt sich nicht feststellen, dass der Fehler der Antragstellerin Auswirkungen auf die Wertungsreihenfolge zu Ungunsten der Antragstellerin gehabt hat. Legt man bei den betroffenen Positionen Position E I 2.5.2, E II 3.2 und E IV 2.5.2.den angegebenen Marktpreis von 90,00 €/t gemäß dem oberen EUWID-Index der Sorte Kaufhausaltpapier (1.04) mit Stand vom 26.09.2011 zugrunde und wendet man darauf die von der Antragstellerin angegebene Berechnungsformel an, liegt die Höhe der sich danach errechnenden Rückvergütung im Angebot der Antragstellerin bei Papier/Pappe noch über den im Angebot der Beigeladenen vorgesehenen Werten. Ebenso ergibt sich bei der Position E IV 2.4.2. (Schrott) unter Zugrundelegung des Marktpreises laut Index September von 320,00 €/t ein höherer Wert als bei dem Angebot der Beigeladenen. Das gleiche gilt, wenn man die von der Beigeladenen angegebenen Werte bei Papier/Pappe und bei Schrott auch bei der Antragstellerin ansetzt. Das Angebot der Antragstellerin kann danach unter keinen Umständen preislich günstiger ausfallen als das Angebot der Beigeladenen, vielmehr ergibt sich bei dieser Berechnung ein noch höherer Angebotspreis, da die Rückvergütung entsprechend niedriger anzusetzen ist. Die Antragstellerin hat somit auch unter Berücksichtigung der korrekten Indexwerte nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben.

bb) Das Angebot der Beigeladenen ist nicht vom Vergabeverfahren auszuschließen.

(1) Die Teilnahme der Beigeladenen als Bietergemeinschaft ist nicht zu beanstanden. § 22 SektVO sieht die Abgabe von Angeboten durch Bietergemeinschaften ausdrücklich vor. Die Bildung einer Bietergemeinschaft ist nur ausnahmsweise unzulässig, wenn sie eine wettbewerbsbeschränkende Abrede i.S. von § 1 GWB darstellt. Dies setzt voraus, dass die Vereinbarung verschiedener Unternehmen, sich als Bietergemeinschaft an einer Ausschreibung zu beteiligen, geeignet ist, die Marktverhältnisse durch Beschränkung des Wettbewerbs spürbar zu beeinflussen (vgl. BGH, Urteil vom 13.12.1983 – KRB 3/83, WuW/E BGH 2050). Entscheidend ist dabei nicht, ob die beteiligten Unternehmen objektiv wirtschaftlich in der Lage wären, den Auftrag auch allein durchzuführen. Maßgeblich ist vielmehr, ob ein Unternehmer bereit ist, sich allein um die Auftragsvergabe zu bewerben oder ob dem wirtschaftlich zweckmäßige und kaufmännisch vernünftige Gründe entgegenstehen. Erweist sich die unternehmerische Entscheidung gegen die Alleinbewerbung nachvollziehbar, ist von der Zulässigkeit der Bietergemeinschaft auszugehen. Der Ausschluss eines Angebots auf Rüge eines konkurrierenden Bieters setzt einen gesicherten Nachweis für eine wettbewerbsbeschränkende Abrede voraus (vgl. OLG Frankfurt, NZBau 2004, 60; OLG Naumburg, Urteil vom 02.07.2009 – 1 U 5/09, zitiert nach juris). Die Bildung einer Bietergemeinschaft ist vor diesem Hintergrund nur dann wettbewerbswidrig, wenn der Entschluss zur Mitgliedschaft für auch nur eines der beteiligten Unternehmen keine im Rahmen zweckmäßigen und kaufmännisch vernünftigen Handelns liegende Entscheidung ist (vgl. OLG Koblenz VergabeR 2005, 527, zitiert nach juris Rn. 23). In subjektiver Hinsicht ist daher ausreichend, dass die Zusammenarbeit eine im Rahmen wirtschaftlich zweckmäßigen und kaufmännisch vernünftigen Handelns liegende Unternehmensentscheidung darstellt, wobei die Einschätzung der beteiligten Unternehmen im Nachprüfungsverfahren lediglich auf Vertretbarkeit zu kontrollieren ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2011 – VII-Verg 35/11, zitiert nach juris Rn. 23; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.11.2011 – VII-Verg 92/11).

Ausgehend von diesen Grundsätzen lässt sich nicht feststellen, dass die unternehmerische Entscheidung der Mitglieder der Beigeladenen, für die Teilnahme am Vergabeverfahren eine Bietergemeinschaft einzugehen, wettbewerbsrechtlich unzulässig wäre. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass durch die Bildung der Beigeladenen die Marktverhältnisse spürbar beeinflusst worden sind. Das Erfordernis der Spürbarkeit setzt Außenwirkungen voraus, die in einer fühlbaren, praktisch ins Gewicht fallenden Weise zu einer Veränderung der Marktverhältnisse führen können (vgl. OLG Frankfurt a.a.O. S. 62). Dabei ist für die Beurteilung von Bietergemeinschaften unter dem Gesichtspunkt der Spürbarkeit wesentlich auch auf die Zahl der insgesamt abgegebenen Angebote abzustellen (vgl. OLG Frankfurt a.a.O.). Hier haben sich auf die Ausschreibung einschließlich der Beigeladenen insgesamt acht Unternehmen beworben, von denen vier Bieter zur Abgabe eines Angebots aufgefordert worden sind. Auch handelt es sich bei der Beigeladenen um die einzige Bietergemeinschaft, die sich am Wettbewerb beteiligt hat. Von einer spürbaren Auswirkung der Bildung der Beigeladenen dahingehend, dass die Mitglieder der Beigeladenen den gesamten relevanten Markt für die Abfalllogistik- und Entsorgungsdienstleistungen an Flughäfen abdecken (vgl. KG VergabeR 2010, 501), kann daher nicht ausgegangen werden. Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass die zu vergebenden Leistungen nur für eine begrenzte Dauer von 62 Monaten ausgeschrieben worden sind, so dass die Zuschlagserteilung nicht dazu führt, dass die Leistungen dem weiteren Wettbewerb auf Dauer entzogen werden, sondern es nach einer gewissen Zeit zu einer Neuausschreibung kommt, an der sich die erfolglosen Bieter erneut beteiligen können.

Nachdem die Antragstellerin die Unzulässigkeit der Bildung der Bietergemeinschaft in ihrem Rügeschreiben geltend gemacht hat, hat die Beigeladene auf Aufforderung der Auftraggeberin wirtschaftlich vernünftige Gründe für die Bildung der Bietergemeinschaft nachvollziehbar dargelegt. Mit ihrem Schreiben vom 24.01.2012, im Beschwerdeverfahren von der Auftraggeberin als Anlage AG 3 vorgelegt, hat sie die für die Bildung der Bietergemeinschaft ausschlaggebenden Erwägungen erläutert. Danach wäre zumindest die Re… GmbH nicht in der Lage gewesen, sich allein mit Aussicht auf die Erteilung des Zuschlags an dem Wettbewerb zu beteiligen, weil sie nicht über die notwendige Logistik und die operativen Voraussetzungen für die Erfassung, Lagerung, Sortierung, Transport und Entsorgung von gefährlichen und biogenen Abfällen, Speiseresten und Altfetten, verbotener Flüssigkeiten und Gegenstände, Schrott, Elektronikschrott, Sperrmüll, Baumischabfällen sowie Datenschutzabfällen verfügt. Sie wäre zudem aus tariflichen Gründen zu einem eigenständigen wettbewerblichen Angebot nicht in der Lage gewesen, weil sich die Personalkosten um ca. 15% erhöht hätten. Darüber hinaus habe die Re… GmbH nicht über die notwendige Erfahrung und das Personal für den Umgang mit der für die elektronische abfallrechtliche Begleitung aller Dienstleistungen für gefährliche Abfälle eingesetzten Software verfügt. Der Beteiligung der R… GmbH & Co. KG als Einzelbieterin habe entgegengestanden, dass das Unternehmen in Bezug auf die Erfassung der Abfälle über Papierkörbe sowie Grünschnitt nicht über das erforderliche Know-how sowie über die notwendigen Fahrzeuge verfügt habe. Die Anschaffung entsprechender Fahrzeuge sei im Hinblick auf die Vertragslaufzeit von 62 Monaten nicht wirtschaftlich gewesen. Im Bestand der Re… GmbH sei hingegen die entsprechende Technik vorhanden gewesen. Aus Sicht der R… GmbH & Co. KG sei die Eingehung einer Bietergemeinschaft mit der Re… GmbH auch deshalb wirtschaftlich sinnvoll gewesen, weil die Re… GmbH über spezielle und für den Leistungsgegenstand besonders wichtige Erfahrungen mit verursachergerechten Erfassungs- und Abrechnungssystemen bei Großkunden inklusive der softwaremäßigen Einbindung verfüge. Diese Ausführungen, die ohnehin im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens nur eingeschränkt überprüfbar sind, lassen die Bildung einer Bietergemeinschaft jedenfalls nicht von vornherein als unvertretbar erscheinen und sind somit kartell- oder vergaberechtlich weder objektiv noch subjektiv zu beanstanden.

Soweit die Antragstellerin demgegenüber anführt, die fehlende Sammellogistik und die notwendigen Entsorgungsanlagen wären auch durch die Einschaltung von entsprechend erfahrenen Subunternehmen zu kompensieren, setzt sie ihre eigene Beurteilung an die Stelle der wirtschaftlichen Erwägungen der Beigeladenen, worauf es jedoch gerade nicht ankommt. Das gleiche gilt für die Einschätzung, beide Mitglieder der Beigeladenen könnten auf die Leistungsfähigkeit und Erfahrungen ihrer jeweiligen Muttergesellschaften zurückgreifen und hätten sich deshalb auch als Einzelunternehmen an der Ausschreibung beteiligen können. Auch die Ausführungen der Antragstellerin zur Marktführerschaft der R… GmbH & Co. KG sind eher allgemein gehalten und vermögen den Nachweis einer wettbewerbsbeschränkenden Abrede nicht zu führen. Der Umstand, dass die R… GmbH & Co. KG nach dem von der Beigeladenen bestrittenen Vortrag der Antragstellerin die Abfallentsorgung auf den Flughäfen F… und M… betreibt, die Zahl der beschäftigten Mitarbeiter oder der Jahresumsatz sagen letztlich wenig über die konkrete Leistungsfähigkeit des Bieters in Bezug auf die mit der Ausschreibung geforderten Anforderungen aus. Die Größe der in der Bietergemeinschaft zusammengeschlossenen Unternehmen ist daher für die Frage der vergaberechtlichen Zulässigkeit der Bietergemeinschaft nicht von Bedeutung. Darauf, ob die Mitglieder der Beigeladenen auch einzeln in der Lage gewesen wären, sich an der Ausschreibung mit Chancen auf die Erteilung des Zuschlags zu beteiligen, kommt es nach der Rechtsprechung nicht an. Selbst wenn die von der Beigeladenen vorgetragenen Gründe für die Bildung der Bietergemeinschaft nicht in allen Punkten einer objektiven Nachprüfung standhalten würden, wären weitere Ermittlungen – etwa durch Einholung entsprechender betriebswirtschaftlicher Gutachten – weder im Rahmen eines in angemessener Zeit zügig abzuschließenden Vergabeverfahrens, noch mit den in einem Nachprüfungsverfahren zur Verfügung stehenden Mitteln praktisch durchführbar oder sonst veranlasst (vgl. OLG Frankfurt a.a.O.).

(2) Das Angebot der Beigeladenen ist auch nicht gem. § 27 Abs. 2 SektVO auszuschließen, weil es im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrig ist.

Von einem ungewöhnlich niedrigen Preis ist auszugehen, wenn der angebotene Gesamtpreis derart eklatant von dem an sich angemessenen Preis abweicht, dass eine genauere Überprüfung nicht im Einzelnen erforderlich ist und die Unangemessenheit sofort ins Auge fällt (vgl. OLG Jena, VergabeR 2009, 809, zitiert nach juris Rn. 35 m.w.N.; Weyand, ibr-online-Kommentar Vergaberecht, Stand 23.12.2011, § 16 VOB/A Rn. 619). Es kann dahinstehen, ob bei dem Angebot der Beigeladenen eine derartige Abweichung vorgelegen hat. Ein etwaiger Verstoß gegen die Verpflichtung zur Überprüfung nach § 27 Abs. 1 SektVO vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Die Vorschrift des § 27 SektVO und die damit korrespondierenden Regelungen in der VOB/A bzw. VOL/A dienen in erster Linie dazu, den Auftraggeber davor zu schützen, bei Zuschlagserteilung auf ein Unterkostenangebot Gefahr zu laufen, dass der Auftragnehmer in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät und den Auftrag nicht oder nicht ordnungsgemäß zu Ende führen kann. Ein anderer Bieter kann sich nach inzwischen ganz überwiegender Auffassung in der vergaberechtlichen Rechtsprechung, die der Senat teilt, demnach auf eine bieterschützende Wirkung nur berufen, wenn das Niedrigpreisangebot in der zielgerichteten Absicht der Marktverdrängung abgegeben oder zumindest die Gefahr begründet wird, dass bestimmte Wettbewerber vom Markt ganz (und nicht nur von einer einzelnen Auftragsvergabe) verdrängt werden, oder der Auftragnehmer durch die niedrige Preisgestaltung in so erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät, dass er den Auftrag nicht vertragsgerecht zu Ende bringen kann (vgl. OLG Jena a.a.O, juris Rn. 28; OLG Düsseldorf a.a.O., juris Rn. 4; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.09.2008 – VII-Verg 50/08, zitiert nach juris Rn. 33; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 22.07.2011 – 15 Verg 8/11, zitiert nach juris Rn. 25; OLG Koblenz, Beschluss vom 15.10.2009 – 1 Verg 9/09, VergabeR 2010, 696, zitiert nach juris Rn. 20; OLG Naumburg, Beschluss vom 02.04.2009 – 1 Verg 10/08; Dicks a..a.O. Rn. 229). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Dafür, dass das Angebot der Beigeladenen in der Absicht der Marktverdrängung abgeben wurde, liegen ebenso wenig konkrete Anhaltspunkte vor wie dafür, dass die Antragstellerin, bei der es sich um ein international tätiges Unternehmen handelt, bei der Zuschlagserteilung auf das Angebot der Beigeladenen ganz von dem sachlich und räumlich relevanten Markt verdrängt würde. Dass die Beigeladene zur vertragsgerechten Durchführung der ausgeschriebenen Leistungen über die gesamte Laufzeit des Vertrages nicht in der Lage wäre, behauptet die Antragstellerin selbst nicht und ist auch sonst nicht ersichtlich.

Im Übrigen hat die Auftraggeberin die Möglichkeit, dass die Beigeladene aufgrund der knappen Kostenkalkulation in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten könnte, bei der Prüfung berücksichtigt und mit nachvollziehbaren Erwägungen verneint. Die dahingehende Ermessensentscheidung ist im Nachprüfungsverfahren nur eingeschränkt überprüfbar; Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Der Auftraggeber ist grundsätzlich nicht daran gehindert, einem niedrigen, nicht kostendeckenden Angebot den Zuschlag zu erteilen, denn es ist nicht seine Sache dafür zu sorgen, dass der Auftragnehmer auskömmliche, das heißt in jeder Hinsicht kostendeckende Aufträge erhält.

(3) Das Angebot der Beigeladenen ist schließlich auch nicht wegen eines bestehenden kommunalrechtlichen Marktzutrittsverbots für die Re… GmbH auszuschließen.

Nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf liegt eine gegen das Vergaberecht verstoßende Wettbewerbsverfälschung und –verzerrung vor, wenn ein Unternehmen der öffentlichen Hand kraft eines gesetzlichen Verbots eine für den Wettbewerb relevante Tätigkeit auf einem bestimmten Markt gar nicht aufnehmen darf, dies aber dennoch unternimmt und darin durch den öffentlichen Auftraggeber durch die Auftragsvergabe unterstützt wird (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.08.2008, VII-Verg 42/07; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2011, VII-Verg 35/11). Ob dieser Rechtsprechung zu folgen ist, braucht nicht entschieden zu werden. Eine vergleichbare Konstellation liegt hier jedenfalls nicht vor, da es ein dem § 107 GO NRW entsprechendes gesetzliches Verbot der Re… GmbH, außerhalb der Landesgrenzen tätig zu werden, nicht gibt. Der hier allein einschlägige § 3 Abs. 6 Nr. 2 i.V. mit Nr. 4 BerlBG sieht die Tätigkeit von Tochterunternehmen der … Stadtreinigung (…) auch außerhalb von Berlin im Rahmen ihrer allgemeinen Aufgabenstellung vor. Die allgemeine Aufgabenstellung ist nach § 3 Abs. 3 Nr. 1 BerlBG (u.a.) die Abfallentsorgung für das Land Berlin. Der von der Antragstellerin geforderte Bezug der Tätigkeit außerhalb Berlins zur eigentlichen Tätigkeit innerhalb Berlins ist ebenfalls ohne weiteres gegeben, indem die Re… GmbH die Abfallentsorgung des von dem Land Berlin mit betriebenen Flughafens mit übernimmt. Die von der Antragstellerin angeführten Vorschriften der §§ 91 ff. BbgKommVerf sind nicht anwendbar, da diese nur für die öffentliche Hand im Land Brandenburg gelten.

III.

Der Antrag der Antragstellerin auf Einsicht in die Vergabeakten der Auftraggeberin war zurückzuweisen.

Bei der Bestimmung des Umfangs des Akteneinsichtsrechts im Beschwerdeverfahren ist das Geheimhaltungsinteresse der konkurrierenden Bieter gegenüber dem Rechtsschutzinteresse des um Akteneinsicht nachsuchenden Beteiligten unter Berücksichtigung des Gebots der Transparenz des Vergabeverfahrens und des Grundrechts der Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG) abzuwägen. Diese Abwägung führt dazu, dass Akteneinsicht in dem Umfang gewährt wird, in dem sie zur Durchsetzung der subjektiven Rechte der Beteiligten - beschränkt auf den Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens - erforderlich ist (st. Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschluss v. 16.10.2006, Verg W 5/06; Beschluss vom 10.11.2011 – Verg W 13/11). Das Akteneinsichtsrecht (§ 111 i.V.m. § 120 Abs. 2 GWB) besteht mithin lediglich bezüglich entscheidungsrelevanter Aktenbestandteile.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände bedarf die Antragstellerin der Einsichtnahme in die Vergabeakten nicht. Die von ihr vorgebrachten Rügen hinsichtlich des Vergabeverfahrens und des Ausschlusses ihres Angebots betreffen den Inhalt der Ausschreibung und der Verdingungsunterlagen, die der Antragstellerin bekannt sind. Die Rügen hinsichtlich der Zulassung des Angebots der Beigeladenen sind ebenfalls nicht geeignet, die Erforderlichkeit einer Akteneinsicht zu begründen, da sich die Frage der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit der Beigeladenen nicht aus den Vergabeakten beantworten lässt. Soweit davon Kalkulationsgrundlagen der Beigeladenen betroffen sind, besteht ein Anspruch auf Akteneinsicht ohnehin nicht.

IV.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Sie ergeht zusammen mit der Hauptsacheentscheidung.