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Wasseranschlussbeitrag


Metadaten

Gericht VG Cottbus 6. Kammer Entscheidungsdatum 26.11.2014
Aktenzeichen VG 6 L 316/14 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 8 KAG BB, § 80 Abs 7 VwGO

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 2.483,70 Euro festgesetzt

Gründe

Der Antrag auf Abänderung des im Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ergangenen Beschlusses vom 21. Dezember 2011 - 6 L 258/11 - gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO ist bereits unzulässig.

Nach der zitierten Vorschrift des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO kann jeder Beteiligte die Änderung oder Aufhebung des gerichtlichen Beschlusses wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Eine Veränderung der Umstände bzw. das neue Vorliegen von solchen Umständen in diesem Sinne kann in nachträglich eingetretenen tatsächlichen Verhältnissen, die den angefochtenen Verwaltungsakt oder die Interessenabwägung beeinflussen können, ebenso wie in nachträglich erst zur Verfügung stehenden Beweismitteln oder in einer Änderung der Rechtslage, sei es der Gesetzeslage, sei es geänderter höchstrichterlicher Rechtsprechung, liegen.Aus den neu vorgetragenen bzw. veränderten Umständen muss sich zumindest die Möglichkeit einer Abänderung der späteren Entscheidung ergeben, anderenfalls ist der Antrag schon unzulässig (vgl. VG Gera, Beschluss vom 20. Juli 1998 – 5 E 1043/98. GE -, zit. nach juris; VG München, Beschluss vom 28. Januar 2008 – M 2 S7 07.3903 -, zit. nach juris; Kopp/Schenke, VwGO Komm., 19. Aufl. 2013, § 80 Rn. 196 m.w.N.). Letzteres ist hier der Fall.

Der Antragsteller beruft sich vorliegend nicht auf geänderte oder ohne Verschulden nicht geltend gemachte Umstände, sondern auf einen Sachverhalt, der im vorangegangenen Verfahren bereits vorlag und hätte geltend gemacht werden können. Für die von ihm begehrte neue Sachentscheidung des Gerichts stützt der Antragsteller sich maßgeblich auf das Schreiben der D-GmbH, Regionalbereich Ost, Netzadministration vom 22. Juli 2011 bzw. auf das Schreiben der D-Services-Immobilien GmbH, Niederlassung B., Liegenschaftsmagement vom 23. November 2011 der Antragsgegnerin vom 20. Juli 1998. Diese Schreiben lagen dem Antragsteller nach seinem eigenen Vorbringen bereits vor der gerichtlichen Entscheidung im Verfahren 6 L 258/11 vor. Der Antragsteller wäre daher bei gewissenhafter Prüfung der Angelegenheit in der Lage gewesen, die Umstände betreffend der Bebaubarkeit der veranlagten Flurstücke bereits im Rahmen des ursprünglichen Antrags nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO geltend zu machen. Hieran ändert der Umstand nichts, dass der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung vom 12. Oktober 2011 im Verfahren 6 L 258/11 auf die – später auch vom Verwaltungsgericht in dem zitierten Beschluss angenommene – Unzulässigkeit des Antrages hingewiesen hatte. Dies enthob den Antragsteller nicht davon, alle seinerzeit für sein Begehren relevanten Umstände vorzutragen und etwaige Unterlagen vorzulegen, zumal er sich nicht darauf verlassen konnte, dass das Verwaltungsgericht die Auffassung des Antragstellers teilen oder – wie tatsächlich geschehen – den Antrag nicht auch als unbegründet zurückweisen würde.

Der Antrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO ist darüber hinaus unbegründet. Die Gründe, auf die der Antragsteller sein Änderungs- bzw. Aufhebungsbegehren stützt, waren der Sache nach bereits Gegenstand des Beschlusses nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO vom 21. Dezember 2011. Die vom Antragsteller vorgelegten, o.g. Schreiben ändern daran nichts und rechtfertigen insbesondere keine abweichende Beurteilung. Das Gericht sieht jedoch auch unter Berücksichtigung des nunmehrigen Sachvortrags und der hierzu vorgelegten Unterlagen keine Veranlassung für eine neue Gewichtung der Interessen der Beteiligten, die es gebieten würde, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin anzuordnen. Es bestehen weiterhin keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Beitragsbescheids.

Liegt ein Grundstück – wie hier - vollständig im unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 Baugesetzbuch (BauGB), so ist es grundsätzlich mit seiner gesamten Fläche, also auch hinsichtlich der nicht bebauten oder sogar einer Bebauung entzogenen Grundstücksteile beitragspflichtig, da unter der Anwendung des wirtschaftlichen Grundstücksbegriffs regelmäßig die gesamte Grundstücksfläche Baulandqualität hat und auch mit ihren ggf. nicht überbaubaren bzw. überbauten Flächenteilen nach Maßgabe des in der Satzung festgelegten Verteilungsmaßstabes in die Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes einzubeziehen, mithin das gesamte Grundstück durch den Anschluss bzw. die Anschlussmöglichkeit bevorteilt ist (vgl. OVG Berlin- Brandenburg, Beschluss vom 19. Dezember 2006 – 9 S 58/06 -, S. 3 des E.A.; Beschluss vom 1. August 2005 – 9 S 2.05 -, S. 9 ff. des E.A.; OVG Brandenburg, Beschluss vom 12. Dezember 2002 – 2 B 133/02 -, S. 11 des E.A.; OVG Nordrhein- Westfalen, Urteil vom 25. September 2001 – 15 A 3850/99 -, KStZ 2002, 190).

Es mag dahinstehen, ob diese Rechtsprechung auch dann Platz greift, wenn – wie hier der Antragsteller vorträgt – das gesamte Grundstück oder dessen Großteil einer Bebaubarkeit entzogen ist und ob sich aus den vom Antragsteller vorgelegten Schreiben allein überhaupt die vollständige oder zumindest ganz überwiegende Unbebaubarkeit der veranlagten Flurstücke ergibt, obgleich sich die diesbezügliche Bauanfrage des Antragstellers nach seinem eigenen Vorbringen nur auf eine unsubstantiierte Voranfrage für ein Mehrfamilienhaus bezog. Hiergegen spricht, dass ausweislich der vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen das in Rede stehende Erdkabel ausschließlich im vorderen, zur G. Straße hin gelegenen Grundstücksbereich verläuft, so dass nicht nachvollziehbar ist, warum das gesamte Grundstück oder zumindest sein ganz überwiegender Teil einer Bebauung entzogen sein sollte. Jedenfalls ergibt sich weder aus diesen Schreiben noch hat der Antragsteller vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, dass die Flurstücke auch einer gewerblichen bzw. einer der baulichen bzw. gewerblichen Nutzung vergleichbaren Nutzung – ohne Bebauung entzogen wären. Für die von § 8 Abs. 2 Satz 2 KAG vorausgesetzten wirtschaftlichen Vorteile kommen jedoch – neben der baulichen - auch eine gewerbliche bzw. eine der baulichen bzw. gewerblichen Nutzung bzw. Nutzbarkeit gleichkommende Nutzung oder Nutzbarkeit in Betracht (vgl. Grünewald in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, § 8 Rn. 532 ff., 538 f. m.w.N.). Ob eine solche bereits realisiert oder beabsichtigt ist, ist unerheblich. Denn bei innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegenden Grundstücken bezieht sich – wie gesagt - der durch die Anschlussmöglichkeit vermittelte, in der Steigerung des Gebrauchswertes des erschlossenen Grundstücks liegende wirtschaftliche Vorteil auf das gesamte Grundstück. Für das Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg ist dabei vom sogenannten grundstücksbezogenen Vorteilsbegriff auszugehen. Maßgeblich ist auf die wirtschaftlichen Auswirkungen des durch die Erschließung vermittelten Vorteils im Sinne einer Steigerung des Gebrauchswerts des Grundstücks abzustellen. Dieser besteht zum einen darin, dass das Grundstück über den bloßen Besitz und die Veräußerungsmöglichkeit hinaus in einer bestimmten Weise mit einer gewissen Renditeerwartung wirtschaftlich genutzt werden kann (vgl. OVG Berlin- Brandenburg, Urteil vom 6. September 2006 – 9 B 24.05 -, MittStGBBbg 2006, 347, 348; OVG Brandenburg, Urteil vom 7. Dezember 2004 – 2 A 168/02 -, Seite 17 f. des E.A.), zum anderen darin, dass dem Grundstück mit dem Anschluss an die leitungsgebundene öffentliche Einrichtung bzw. mit der Möglichkeit desselben eine langfristige und umweltgerechte Ver- bzw. – hier - Entsorgungssicherheit in einem öffentlichen Solidarsystem geboten wird; auch diese Gebrauchsvorteile bewirken eine Verbesserung der Erschließungssituation und steigern durch die bessere Nutzbarkeit den Gebrauchswert (so zutreffend Möller in: Driehaus, a.a.O., § 8 Rn. 1849; Grünewald in: Driehaus, a.a.O., Kommentar, § 8 Rn. 534 ff.). Für den Vorteil eines im unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 BauGB belegenen Grundstücks kommt es dabei allein auf die – im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht – zulässige bzw. in absehbarer Zeit bestehende Bebaubarkeit bzw. gewerbliche oder vergleichbare Nutzbarkeit an, nicht hingegen darauf, ob und inwieweit diese Bebaubarkeit oder gewerbliche bzw. sonstige vergleichbare Nutzbarkeit bereits verwirklicht ist oder künftig überhaupt (in – bei wirtschaftlicher Betrachtung - sinnvoller Weise) verwirklicht werden soll. Auch ein – wie hier – unbebautes Stück Bauland ist – im Falle seiner Bebaubarkeit bzw. gewerblichen bzw. sonstigen vergleichbaren Nutzbarkeit - zu veranlagen. Ob die veranlagten Flächen gegenwärtig genutzt werden und auch zukünftig – mangels Rentierlichkeit einer Bebauung bzw. Nutzung der genannten Art – eine Bebauung bzw. Nutzung beabsichtigt oder wirtschaftlich sinnvoll ist, ist daher ohne Relevanz. Entscheidend ist einzig die entsprechende Nutzungsmöglichkeit (vgl. OVG Berlin- Brandenburg, Beschluss vom 21. Dezember 2006 – 9 S 70.06 -, Seite 5 des E.A.; Beschluss vom 29. Dezember 2006 – 9 S 53.06 -, Seite 5 des E.A.; Beschluss vom 19. Dezember 2006, a.a.O.; Beschluss vom 15. Dezember 2006 – 9 S 50.06 -, Seite 7 f. des E.A.; OVG Brandenburg, Urt. vom 8. Juni 2000 – 2 D 29/98. NE-LKV 2001, 132; Urt. v. 23. März 2000 – 2 A 226/98 – Seite 26 ff. d. E.A.; VG Münster, Beschluss vom 8. Oktober 2008 – 3 L 298/08 -, zit. nach juris; VG Kassel, Urteil vom 16. November 1981 – II E 298/79 – HGZ 1985, 251, 252 f.).

Die fehlende Zulässigkeit und Begründetheit des Antrags nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO lässt die Befugnis des Gerichts unberührt, von Amts wegen seine im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO getroffene Entscheidung abzuändern bzw. aufzuheben (§ 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO). Insoweit enthält der förmliche Antrag des Antragstellers zugleich, d.h. hilfsweise, eine dementsprechende Anregung. Das Gericht sieht jedoch auch unter Berücksichtigung des nunmehrigen Sachvortrags und der hierzu vorgelegten Unterlagen keine Veranlassung für eine neue Gewichtung der Interessen der Beteiligten, die es gebieten würde, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin anzuordnen. Es bestehen weiterhin keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Beitragsbescheids. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen zur Unbegründetheit des Antrages Bezug genommen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG), wobei die Antragstellerin so zu behandeln ist, als wenn sie in einem Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO (erstmalig) die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs erstreiten wollte (vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26. März 1999 – 1 O 867/99, zit. nach juris). Insoweit kann auf die Begründung der Streitwertentscheidung im Beschluss vom 21. Dezember 2011 Bezug genommen werden.