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Entscheidung 16 TaBV 2202/10


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 16. Kammer Entscheidungsdatum 15.02.2011
Aktenzeichen 16 TaBV 2202/10 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 99 BetrVG

Leitsatz

Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates zur Ersteingruppierung nach neuem ETV, wobei der ProzessTV die Zuordnung von Wagenmeistern zu einer bestimmten Vergütungsgruppe bereits vorsieht

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats - Bet. zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Potsdam vom 10. August 2010 - 3 BV 118/09 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten über die zutreffende Eingruppierung von als Wagenmeister beschäftigten Arbeitnehmern in ein neu eingeführtes tarifliches Vergütungsschema.

Die antragstellende Beteiligte zu 1) (im Folgenden: Arbeitgeberin) ist ein Unternehmen des DB Konzerns und beschäftigt als Arbeitgeberin in ihrem Unternehmen des öffentlichen Nahverkehrs über 2.000 Mitarbeiter. Beteiligter zu 2) ist der bei ihr gebildete Betriebsrat.

Unternehmensweit erfolgte eine Änderung der Entgeltstruktur. Zwischen dem Arbeitgeberverband der Mobilitäts- und Verkehrsdienstleister e. V. (AgvMoVe) einerseits und der Tarifgemeinschaft TransNet und GDBA wurden der Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer verschiedener Unternehmen des DB Konzerns vom 10. März 2005 in der Fassung des 58. Änderungstarifvertrages (im Folgenden: KonzernETV), der rückwirkend zum 1. März 2008 in Kraft trat, und der Tarifvertrag zur Gestaltung des neuen Tarifsystems vom 14. Juli 2008 in der Fassung des 58. Änderungstarifvertrages (im Folgenden: ProzessTV), der gleichfalls zum 1. März 2008 in Kraft trat, abgeschlossen. Der ProzessTV regelt die Einführung der neuen Entgeltstruktur.

Der KonzernTV enthält u.a. folgende Regelungen:

„§ 5 Grundsätze für die Eingruppierung

(1) Die Eingruppierung der Arbeitnehmer in eine Entgeltgruppe richtet sich nach der ausgeführten und nicht nur vorübergehend übertragenen Tätigkeit und nicht nach der Berufsbezeichnung. Die Funktionsgruppe sowie die Entgeltgruppe und deren Tätigkeitsmerkmale ergeben sich aus dem Entgeltgruppenverzeichnis 1 - Tätigkeiten - (Anlage 3 a bis e) und dem Entgeltgruppenverzeichnis 2 - Obersätze - (Anlage4). …

(2) …

(6)

a) Bei der Eingruppierung in eine der Entgeltgruppen nach den Anlagen 3a bis e und 4 bemisst sich das Monatstabellenentgelt nach den Tätigkeitsjahren in der jeweiligen Entgeltgruppe.

…“

Im ProzessTV ist u.a geregelt:

„Abschnitt II.
Einführung des neuen Entgeltsystems

§ 3 Grundsatz

(1) Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten im Zusammenhang mit der Einführung des neuen Entgeltsystems durch vorläufige Eingliederung in den noch fortgeltenden KonzernETV, AZTV-S, BeSiTV, KonzernZÜTV, MTV Azubi, UmsatzTV Fernverkehr und den durch den 57. ÄnderungsTV wieder in Kraft gesetzten Bestimmungen des ZTV.

(2) Das neue Entgeltsystem ist Teil des gesamten, am 29. November 20007 festgelegten neuen Tarifsystems. Um die auf den 1. März 2008 vorgezogene Inkraftsetzung zu ermöglichen, wird es in zwei Stufen eingeführt:

a) In Form des gleichzeitig abgeschlossenen 57. ÄnderungsTV werden die wesentlichen Bestimmungen des Entgeltsystems zunächst in den KonzernETV, ZTV … eingefügt. Dieser Vorgang wird ergänzt durch die Einführungs- und Überleitungsbestimmungen dieses Abschnitts.

b) In einem zweiten Schritt werden nach Abschluss der Verhandlungen über den BasisTV sowie die noch offenen Entgelt-, Zulagen- und Zeitfragen die gem. Buchst. a) in Kraft gesetzten Bestimmungen Teil der neu gestalteten Gesamtregelung. ……

§ 4 Erstmalige Einstufung/Individuelles Monatstabellenentgelt

(1) Abweichend von § 5 Abs. 6 Buchst. A KonzernETV gilt für Arbeitnehmer, die vom Geltungsbereich dieses ProzessTV erfasst sind, folgendes:

a) Für die erstmalige Einstufung innerhalb der Entgeltgruppen ……, 205 bis 213, …… nach dem Entgeltgruppenverzeichnis 1 oder …... gilt die individuelle Betriebszugehörigkeit am 1. März 2008 als Tätigkeitsjahre in der Entgeltgruppe. Dabei wird nur für diese erstmalige Einstufung die Betriebszugehörigkeit den Tätigkeitsjahren in der Entgeltgruppe gleichgestellt; die weitere Entwicklung in der Entgeltgruppe erfolgt ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Einstufung nach den maßgeblichen Tätigkeitsjahren.

Protokollnotiz:

Die Betriebszugehörigkeit beinhaltet auch die angerechneten Vorzeiten.

§ 5 Eingruppierung

(1) Die Eingruppierung erfolgt ausschließlich auf Basis des § 5 KonzernETV.

(2) Abweichend von Abs. 1 werden ausschließlich die Wagenmeister 1 und 2, die am 29. Februar 2008 in die Entgeltgruppe E 8 eingruppiert waren, am 1. März 2008 in die Entgeltgruppe 207 und die Wagenmeister1 und 2, die im Februar 2008 in die Entgeltgruppe E 9 eingruppiert waren, am 1. März 2008 in die Entgeltgruppe 206 der Funktionsgruppe 2 eingruppiert. Die Eingruppierung ist bis zu dem Zeitpunkt maßgeblich, an dem diesem Arbeitnehmer nicht nur vorübergehend eine andere Tätigkeit übertragen wird.

(3) Abweichend von Abs. 1 werden Arbeitnehmer, die am 29. Februar 2008 aufgrund einer betrieblichen Regelung auf Basis der Gesamtbetriebsvereinbarung „BahnhofServicePlus“ vom 22. Dezember 2004, abgeschlossen zwischen …. entsprechende Tätigkeiten ausgeübt haben, am 1. März 2008 in die Entgeltgruppe 508 der Funktionsgruppe 5 eingruppiert. …..

(4) Abweichend von Abs. 1 werden die am 29. Februar 2008 die Tätigkeit örtliche Aufsicht nicht nur vorübergehend übertragen war, am 1. März 2008 in die Entgeltgruppe 508 der Funktionsgruppe 5 eingruppiert. …..

Der Anhang II zur Anlage zum 57. ÄnderungsTV und die Anlage 3a zum KonzernETV enthält das Entgeltgruppenverzeichnis 1. Dort ist u.a. aufgeführt:

Funktionsgruppe (FGr) 1 (Anlagen- und Fahrzeuginstandhaltung)

Tätigkeitsgruppe Werke

……..

Entgeltgruppe 106

Gruppenführer 2 (kein Ü)

Qualifizierte gewerblich technische Tätigkeiten, verbunden mit der fachlichen Führung einer Gruppe von Mitarbeitern, die über die an einen Gruppenführer 1 zu stellenden Anforderungen hinausgehen.

Facharbeiter 4 (kein Ü)

Qualifizierte gewerblich technische Tätigkeiten, verbunden mit

- Erteilung von Freigaben zum Einsatz von Fahrzeugen oder Komponenten zum Betrieb in Routinefällen

oder

- Entscheidung in schwierigen Instandhaltungsfällen.

……..

Funktionsgruppe (FGr) 2 (Zugbildung / -bereitstellung, Verkehrliche Aufgaben SGV)

I. Tätigkeitsgruppe Wagenmeister

……

Entgeltgruppe 206

Wagenmeister 3 (kein Ü)

- Durchführung von Qualtitätsprüfungen im Wagenuntersuchungsdienst gemäß besonderen Prüfplänen und/oder

- Prüfung von Gefahrgutsendungen nach GGVSE bzw. RID

Entgeltgruppe 207

Zugtechniker (kein Ü)

- Selbständige Behebung von Schäden während der Zugfahrt und/oder

- Erfassung und Meldung von Schäden während der Zugfahrt, Abfrage der Prozesswerte an Triebzügen.

Wagenmeister 2 (kein Ü)

- Beratung von Kunden in der betriebssicheren Verladeweise und/oder

- Beratung und Unterweisung von Arbeitnehmern am Arbeitsplatz und/oder

- Sonderuntersuchungen.

Entgeltgruppe 208

Wagenmeister 1 (kein Ü)

- Regeluntersuchung von Wagen und Zügen sowie deren technische Ausstattung auf betriebssicheren und verkehrstauglichen Zustand.

Die Mitarbeiter A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, X, Y, Z und A1 werden als Wagenmeister beschäftigt und waren bis zum 28. Februar 2008 in der Entgeltgruppe E 8 des KonzernETV a.F. eingruppiert.

Der gem. § 9 ProzessTV angerufene Eingruppierungsausschuss tagte am 26. März 2009, die Abstimmung ergab ein Patt.

Die Arbeitgeberin ersuchte mit Schreiben vom 17. Juni 2009, welches der Betriebsrat am 18. Juni 2009 erhielt, dem Betriebsrat um Zustimmung zur Eingruppierung der Wagenmeister in die Entgeltgruppe 207 des KonzernETV. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 17. Juni 2009 nebst Anlage (Bl. 7 f. d. A.) Bezug genommen. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung zur Eingruppierung der Wagenmeister mit gleich lautendem Schreiben vom 24. Juni 2009, welche die Arbeitgeberin am 25. Juni 2009 erhielt. Der Betriebsrat führte in dem Schreiben vom 24. Juni 2009 den Mitarbeiter A betreffend u. a. aus:

Der Betriebsrat verweigert vorsorglich und fristgemäß auf der Grundlage des § 99 (2) Nr. 1 und 4 BetrVG seine Zustimmung zur beabsichtigten rückwirkenden Eingruppierung der Tätigkeit des Herrn A als Wagenmeister in die Entgeltgruppe 207 KonzernETV.

Seine Zustimmungsverweigerung begründet der Betriebsrat u.a. wie folgt:

Eine ordnungsgemäße Behandlung der einzelnen Anträge durch den Betriebsrat setzt gem. § 99 (1) BetrVG eine umfassende und vollständige Unterrichtung über alle Umstände der jeweiligen personellen Maßnahme voraus. Die Antragstellung für den Kollegen A lässt völlig offen, in welche Stufe der beantragten Entgeltgruppe 207 gemäß KonzernETV er eingruppiert werden soll. Damit ist entsprechend der geltenden Rechtsprechung der Antrag nicht wirksam im Sinne des § 99 (1) BetrVG eingereicht und die Frist von 7 Tagen zur Äußerung des Betriebsrates beginnt erst nach vollständiger Einreichung aller für die personelle Maßnahme maßgeblichen Informationen zu laufen.

Vorsorglich möchten wir unabhängig von der nicht wirksam erfolgten Antragstellung darauf hinweisen, dass die beabsichtigte Eingruppierung des Kollegen A in der neuen Entgeltstruktur zum 1. März 2008 in die Entgeltgruppe 207 KonzernETV nach Überzeugung des Betriebsrates nicht der Anforderung an die Tätigkeit des Kollegen als Wagenmeister gerecht wird.

Eine Eingruppierung des Kollegen in die Entgeltgruppe 207, unabhängig von der unbekannten Stufe innerhalb der Entgeltgruppe, stellt eine Benachteiligung des Kollegen dar, ohne dass dieses aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers gerechtfertigt ist.

Wegen des vollständigen Inhaltes des Schreibens des Betriebsrates wird auf die Ablichtung Bl. 9 ff. d. A. Bezug genommen.

Mit beim Arbeitsgericht Potsdam am 14. September 2009 eingegangener Antragschrift begehrt die Arbeitgeberin die Ersetzung der verweigerten Zustimmung durch das Arbeitsgericht.

Die Arbeitgeberin teilte mit an den Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates gerichteten anwaltlichem Schreiben vom 28. Januar 2010 mit, dass sämtliche „in diesem Verfahren im Streit stehenden Wagenmeister in die Entgeltgruppe 207 des KonzernETV eingruppiert und der Stufe 6 zugeordnet sind“. Wegen des vollständigen Inhaltes des Schreibens wird auf die Ablichtung Bl. 90 d. A. Bezug genommen. Der Betriebsrat nahm mit anwaltlichem Schreiben vom 2. Februar 2010 dazu Stellung.

Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, dass die Eingruppierung der sämtlich als Wagemeister gemäß Anlage 3 b zum KonzernTV tätigen 27 Arbeitnehmer wegen der in § 5 Abs. 2 ProzessTV für diese Arbeitnehmergruppe angeordneten Überleitung von vormals Entgeltgruppe E 8 in die nunmehrige Entgeltgruppe 207 zutreffend und nicht zu beanstanden sei. Die Mitteilung der Stufenordnung sei entbehrlich gewesen, da daraus keine rechtlichen Folgen abzuleiten seien. Die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrates sei unbeachtlich und die begehrte Zustimmung gelte als ersetzt. Darüber hinaus handele es sich bei den Mitarbeitern, für deren Eingruppierung die Zustimmung benötigt werde, um „Wagenmeister 1“, die laufende Prüfungen der Fahrzeuge außerhalb der Werkstätten während des Betriebseinsatzes - in der Regel als Sicht- und Hörprüfungen - durchführen, nicht jedoch zur Instandhaltung gesperrte Wagen wieder freigeben.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die verweigerte Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung der Wagemeister A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, X, Y, Z und A1 in die Entgeltgruppe 207 des KonzernETV ab dem 01.03.2008 zu ersetzen.

Der Betriebsrat hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG habe aufgrund unvollständiger Unterrichtung nicht zu laufen begonnen. Die konkrete Stufenzuordnung des Mitarbeiters hätte ihm mitgeteilt werden müssen. § 5 Abs. 2 ProzessTV verstoße gegen § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, da die Tarifvertragsregelung sowohl § 5 KonzernETV widerspreche als auch die konkreten und mit denen qualifizierter Handwerker vergleichbaren Tätigkeiten der Wagenmeister bei einer nach § 5 Abs. 1 ProzessTV vorgenommenen Zuordnung zu den dort genannten Entgeltgruppen nicht hinreichend erfasst würden. Die Regelung des § 5 Abs. 2 ProzessTV verstoße wegen der Anknüpfung an die bis zum 28. Februar 2008 maßgebliche Eingruppierung gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, da Wagenmeister unterschiedlich eingruppiert und vergütet würden. Da qualifizierte Handwerker, mit denen die Wagenmeister vergleichbar seien, in die der Entgeltgruppe 207 entsprechende höhere Entgeltgruppe 106 eingruppiert würden, habe er die Zustimmungsverweigerung zudem auf § 99 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG gestützt.

Das Arbeitsgericht Potsdam hat mit Beschluss vom 10. August 2010 die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung der Wagenmeister in die Entgeltgruppe 207 des KonzernETV ab dem 1. März 2008 ersetzt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Der Betriebsrat habe vorliegend die Zustimmung weder nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG noch nach § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG verweigern können. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates erstrecke sich nicht nur auf die beabsichtigte Zuordnung zu der einzelnen Entgeltgruppe, sondern auch auf die dazugehörige Stufe. Die korrekte Stufenzuordnung der Arbeitnehmer innerhalb der Entgeltgruppe sei Teil eines einheitlichen Eingruppierungsverfahrens. Die in Bezug auf die Stufenzuordnung zunächst unvollständige Unterrichtung des Betriebsrates sei durch die Arbeitgeberin im Verlaufe des Verfahrens mit Schriftsatz vom 28. Januar 2010, welchen der Betriebsratsvorsitzende auch erhalten habe, nachgeholt worden. Eine weitere Stellungnahme des Betriebsrates innerhalb der mit Zugang dieses Schreibens beginnenden Frist sei nicht erfolgt, so dass über die vorzeitig erklärte Zustimmungsverweigerung zu entscheiden sei. Die Zustimmung gelte nicht als erteilt, da die vom Betriebsrat angeführten Gründe es für möglich erscheinen lassen, dass sowohl ein Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG als auch nach § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG vorliege. Der Betriebsrat habe die Zustimmung nicht gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigern können. Die Regelung in § 5 Abs. 2 ProzessTV verstoße nicht gegen die Bestimmung des § 5 Abs. 1 KonzernETV. Die Auslegung des § 5 Abs. 1 ProzessTV ergebe keinen die Nichtigkeit der Vorschrift begründenden Widerspruch zu § 5 Abs. 1 KonzernETV. § 5 Abs. 1 ProzessTV bestimme zunächst nur, dass sich die Eingruppierung „ausschließlich“ nach § 5 KonzernETV richte. Die dort genannte Regel sei ein Grundsatz. Die in § 5 Abs. 2 ProzessTV erkennbar als pauschale Überführung aus der bisherigen in die neue Entgeltgruppe vorgesehene Eingruppierung der Wagenmeister sei als Ausnahmeregelung von den Tarifvertragsparteien gewollt und auch ausgestaltet worden. Nicht nur § 5 Abs. 2 ProzessTV, sondern auch andere Bestimmungen des ProzessTV enthielten Sonderregelungen, beispielsweise § 4 Abs. 1 ProzessTV bzgl. der Stufenzuordnung. Die Regelung in § 5 Abs. 2 ProzessTV diene der Vereinfachung der Ersteingruppierung, eine solche Regelung sei zulässig und vom Gestaltungsspielraum der Tarifparteien gedeckt. Bei der pauschalen Überführung der Wagenmeister 1 und 2 in die Entgeltgruppen 207 und 206 in Abhängigkeit von ihrer bisherigen Eingruppierung gehe es um eine vorläufige und ausschließlich dem Zweck der Einführung des neuen Entgeltsystems dienende Tarifregelung, die die so „Überführten“ nicht außerhalb des grundsätzlich geltenden und durch den ProzessTV nur ergänzten KonzernETV stelle. Auf das Verhältnis von § 5 Abs. 2 ProzessTV zu § 5 KonzernETV sei als Kollisionsregel der Spezialitätsgrundsatz anzuwenden, nach dem von identischen Tarifparteien geschaffene speziellere Regelungen allgemeinen Regelungen vorgehen. Die Bestimmung in § 5 Abs. 2 ProzessTV verstoße nicht gegen den Allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die vom Betriebsrat im Verfahren erfolgte Ergänzung, dass qualifizierte Handwerker mit Wagenmeistern vergleichbar seien und deshalb die Zuordnung der Wagenmeister eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung darstelle, habe als Rechtsauffassung nachgeschoben werden können. Die Tarifparteien hätten den ihnen zustehenden Regelungsspielraum nicht überschritten. Die Tarifparteien hätten eine der Einführung des Tarifsystems dienende vereinfachende Pauschalüberführung der Wagenmeister 1 und 2 vereinbart, die die Relation der bisherigen Vergütungsniveaus beibehalte und eine Abänderung in der Zukunft von der nicht nur vorübergehend übertragenen Tätigkeit und ihrer tariflichen Bewertung abhängig mache. Der Betriebsrat habe sich nicht auf eine gleichheitswidrige Eingruppierung der Wagenmeister bis zum 29. Februar 2008 berufen. Für die vom Betriebsrat gerügte Vergleichbarkeit so genannter qualifizierter Handwerker mit den Wagenmeistern gelte, dass auch hier den Tarifparteien hinsichtlich der zu bewertenden Tätigkeiten der unterschiedlichen Arbeitnehmergruppen ein Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum zustehe, der bereits in der Zuordnung der Wagenmeister zur so genanten Funktionsgruppe 2 (Zugbildung/-bereitstellung, verkehrliche Aufgaben SGV) und der der Handwerker zur Funktionsgruppe 1 (Anlagen- und Fahrzeuginstandhaltung) zum Ausdruck komme. Nach den von der Arbeitgeberin vorgetragenen unterschiedlichen Kompetenzen von Wagenmeistern einerseits und qualifizierten Handwerkern andererseits sei nicht von einer vergleichbaren Tätigkeit auszugehen. Der Betriebsrat habe die Zustimmung nicht nach § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG verweigern können, da in der beabsichtigten Eingruppierung kein Nachteil im Sinne dieser Norm liege. Das Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrates nach § 99 BetrVG beziehe sich auf die zutreffende Eingruppierung in eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung. Es gehe um die konkrete Anwendung der maßgeblichen Vergütungsordnung, deren Anwendung nicht zur Disposition stehe. Insofern könne die Anwendung der Vergütungsordnung, also Einreihung einer Tätigkeit in das Vergütungssystem und damit Stellung innerhalb eines kollektiven Entgeltsystems, kein Nachteil im Sinne des § 99 Abs. 2 Ziff. 4 BetrVG sein. Der Einwand des Betriebsrates, seine Unterrichtung sei mangels Mitteilung der konkreten Tätigkeiten der Wagenmeister unvollständig, sei unbeachtlich. Die erstmalige entsprechende Rüge des Betriebsrates vom 9. Juli 2010 beziehe sich auf tatsächliche Umstände und nicht auf seine Zustimmungsverweigerungsschreiben vom 24. Juni 2009. Auch habe er dies nicht innerhalb der Wochenfrist nach Erhalt des arbeitgeberseitigen Schreibens vom 28. Juni 2010 geltend gemacht. Die Rüge sei daher nicht innerhalb der Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG erfolgt. Die Kenntnis des Betriebsrates von der Tätigkeit lasse sich vielmehr dem Schreiben des Betriebsrates vom 24. Juni 2009 entnehmen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

Gegen diesen dem Betriebsrat am 17. September 2010 zugestellten Beschluss richtet sich seine Beschwerde, die er mit einem beim Landesarbeitsgericht am 14. Oktober 2010 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und mit einem beim Landesarbeitsgericht am 16. November 2010 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Der Betriebsrat und Beschwerdeführer ist der Ansicht, die Frist des § 99 Abs. 3 BetrVG sei mangels ordnungsgemäßer Unterrichtung noch nicht abgelaufen. Die Stellenbeschreibungen der Wagenmeister seien für seine Überprüfung erforderlich gewesen, da nicht nur die Zuordnung der Wagenmeister in die Gruppen 1 bis 3, sondern auch die Überprüfung der Eingruppierung in die Entgeltgruppe 206 oder Entgeltgruppe 208 in Betracht gekommen sei. Der Auslegung des § 5 ProzessTV durch das Arbeitsgericht sei nicht zu folgen. Der Wortlaut der Regelung in § 5 Abs. 1 ProzessTV sei eindeutig und bedürfe keiner Auslegung. Von diesem in § 5 KonzernETV normierten Grundsatz könne es keine Ausnahmen geben, wenn § 5 Abs. 1 ProzessTV ausgehend von seinem Wortlaut bewertet werden. Wenn trotz des Wortlauts „ausschließlich“ Ausnahmen zugelassen werden sollten, hätten dies die Tarifparteien in der Norm zum Ausdruck bringen müssen. § 5 Abs. 2 ProzessTV sei seinem Wortlaut nach ein abschließend formuliertes System, so dass allein diese Norm auszulegen sei. Dessen Sinn und Zweck werde aber in keiner Weise deutlich, da die Tarifvertragsparteien es nicht einmal für erforderlich gehalten hätten, zu begründen, weshalb ausgerechnet die Wagenmeister 1 und 2 pauschal eingruppiert werden sollen. Gegen das Argument eines zeitlich begrenzten Anwendungsbereichs des § 5 Abs. 2 ProzessTV spreche, dass die angeblich zeitliche Begrenzung zu einem Dauerzustand werde, sollte es nicht zu einer anderweitigen Beschäftigung kommen. Die Wahrscheinlichkeit einer Dauerregelung sei groß. Die pauschale Überführung sei rechtlich nicht haltbar, da sie jegliche Beurteilung der konkreten Tätigkeiten vermissen lasse. Es fehle an einer Begründung für die Ausnahmeregelung. Eine Begründung sei jedoch erforderlich gewesen, da es erstmals zu einer Differenzierung zwischen Wagenmeistern 1, 2 und 3 komme, wobei die Wagenmeister 3 nicht pauschal übergeleitet worden seien. Hinsichtlich der Eingruppierung der Wagenmeister seien die Eingruppierungsausschüsse zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen, die Wagenmeister würden bundesweit die gleichen Tätigkeiten ausführen. Die kontrovers geführte Diskussion werde auch durch das tarifpolitische Rundschreiben 22/08 vom 22. Juli 2008 belegt. Des Weiteren wiederholt und vertieft der Betriebsrat sein erstinstanzliches Vorbringen.

Der Betriebsrat und Beschwerdeführer beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Potsdam vom 10. August 2010 zum Az. 3 BV 118/09 abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin verteidigt im Wesentlichen die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Der Betriebsrat kenne die von den Wagenmeistern ausgeführten Tätigkeiten. Zwei Mitglieder u. a. der Betriebsratsvorsitzende seien Mitglieder des Eingruppierungsausschusses, in welchem am 26. März 2009 unter ausführlicher Erörterung auch der Tätigkeiten der Wagenmeister verhandelt worden sei. Durch die Verwendung des Wortes „ausschließlich“ in § 5 Abs. 1 ProzessTV werde die Anwendung der nachfolgenden Absätze des § 5 ProzessTV nicht ausgeschlossen. Ausschließlich bedeute „allein, ungeteilt, uneingeschränkt, nur“. Aus dem Wortlaut der Bestimmung in § 5 Abs. 1 ProzessTV sei erkennbar, dass die Tarifparteien mit § 5 Abs. 1 ProzessTV lediglich bekräftigten wollten, dass die Eingruppierung nach den Grundsätzen des § 5 KonzernETV vorzunehmen sei. Dies ergebe sich aus der Verwendung der Formulierung „auf der Basis“ und damit der Inbezugnahme des gesamten § 5 KonzernETV. Die § 5 Abs. 1 ProzessTV nachfolgenden Regelungen belegten, dass die Tarifparteien Ausnahmen von dem in § 5 Abs. 1 ProzessTV enthaltenen Grundsatz zulassen wollten. Einer weitergehenden Erläuterung seitens der Tarifparteien habe es nicht bedurft. § 5 Abs. 1 ProzessTV sei kein System der Eingruppierung, sondern Teil eines Ganzen, zu dem neben den Eingruppierungsbestimmungen des KonzernETV die Einführungsbestimmungen des ProzessTV gehörten. Einer Begründung der pauschalen Überführung der Wagenmeister habe es nicht bedurft, da die Tarifparteien im Rahmen der Tarifautonomie über die Befugnis verfügten, für ihre Mitglieder die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu regeln und ihnen bei der Normsetzung ein weiter Regelungsspielraum und in Bezug auf sachliche Gegebenheiten und betroffene Interessen eine Einschätzungsprärogative zustehe. Im „alten“ Entgeltgruppenverzeichnis des KonzernETV (a.F.) habe es keine Regelbeispiele gegeben. Die Eingruppierung sei anhand von allgemeinen Oberbegriffen in 11 Entgeltgruppen und 3 AT-Gruppen, die das gesamte Tätigkeitsspektrum des Konzerns erfassten, erfolgt. Im „neuen“ System seien die Tätigkeiten praxis- und anforderungsgerecht unterschiedlichen Funktionsgruppen und dort Entgeltgruppen zugeordnet, die den Tätigkeitsbereichen entsprechen würden. Die in Funktionsgruppen zusammengefassten Tätigkeiten hätten mit den Tätigkeiten einer anderen Funktionsgruppe nichts zu tun. Damit könne nunmehr genauer aufgrund tätigkeitsspezifischer Merkmale eingruppiert werden. Dies habe zur Folge, dass durch die Eingruppierung und damit auch durch die Bezahlung unterschiedlichen Tätigkeiten besser Rechnung getragen werden könne. Auch im alten Tarifsystem habe die Tätigkeit von Wagenmeistern und damit die Eingruppierung in Entgeltgruppe 8 oder Entgeltgruppe 9 unterschiedlich sein können. Die heute dem Wagenmeister 3 zugeordnete Tätigkeit habe es auch früher gegeben, allerdings nicht in ihrem Bereich, sondern ausschließlich im Schienengüterverkehr und Gütertransport. Hätte die Arbeitgeberin die Eingruppierung der hier in Rede stehenden Wagenmeistern nach § 5 Abs. 1 KonzernETV vornehmen müssen, wären alle in Rede stehenden Wagenmeister in die Entgeltgruppe 208 der Funktionsgruppe 2 einzugruppieren gewesen, da sie nur die dort genannten Tätigkeiten ausführen würden. Dem Wagenmeister beim Nahverkehr, Fernverkehr und Güterverkehr würden unterschiedliche Tätigkeiten obliegen, selbst in einem Unternehmen würden sich die Tätigkeiten je nach Anforderung und Bedarf unterscheiden. Qualitätsprüfungen im Wagenuntersuchungsdienst gemäß besonderer Prüfpläne, ein Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe 206, seien in dem gesonderten Prüfkatalog in der Richtlinie 936 erfasst, die ausschließlich im Schienengüterverkehr und Gütertransport gelte. Wagenmeister im Reisezugverkehr würden im Betrieb befindliche Reisezüge und Wagen nach Sicht und Klang auf betriebssicheren- und verkehrstauglichen Zustand prüfen, diese Prüfung erfolge nach der Richtlinie 983.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Schriftsatz des Betriebsrates vom 17. November 2010 (Bl. 234 ff. d. A.) sowie auf den Schriftsatz der Arbeitgeberin vom 25. Januar 2011 (Bl. 266 ff. d. A.) Bezug genommen.

B.

I. Die nach § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte Beschwerde des Betriebsrates ist zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG).

II. Die Beschwerde des Betriebsrates hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung der namentlich benannten Wagenmeister in die Entgeltgruppe 207 des KonzernETV ab 1. März 2008 ersetzt.

1. Der auf Antrag der Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung der im Antrag benannten Arbeitnehmer gerichtete Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig.

Insbesondere besteht das hierfür erforderliche Rechtschutzbedürfnis. Die Arbeitgeberin beschäftigt ca. 2.000 Arbeitnehmer und damit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer. Daher bedarf es bei einer Eingruppierung, zu der auch die durch die Änderung des bisherigen Vergütungsschemas veranlasste bisherige Einreihung bei unveränderter Tätigkeit der Arbeitnehmer zählt, gem. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrates. Weil der Betriebsrat den Eingruppierungen der Wagenmeister nach dem neuen KonzernETV seine Zustimmung verweigert hat, kann die Arbeitgeberin diese gerichtlich ersetzen lassen.

2. Der Antrag der Arbeitgeberin ist auch begründet.

2.1. Der Betriebsrat hat den beabsichtigten Eingruppierungen form- und fristgerecht widersprochen.

aa. Nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gilt die Zustimmung des Betriebsrats zu personellen Einzelmaßnahmen als erteilt, wenn der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung der Zustimmung nicht frist- und formgerecht mitteilt. Voraussetzung für den Eintritt dieser gesetzlichen Fiktion, wie auch für eine gerichtliche Zustimmungsersetzung nach § 99 Abs. 4 BetrVG, ist eine ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats durch den Arbeitgeber. Nur diese setzt die Frist für die Zustimmungsverweigerung in Lauf (vgl. BAG, Beschluss vom 5. Mai 2010 - 7 ABR 70/08 - zitiert nach juris, dort Rz. 23 ff; BAG, Beschluss vom 10. März 2009 - 1 ABR 93/07 - zitiert nach juris). Dazu hat der Arbeitgeber den Betriebsrat gem. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG über die beabsichtigte personelle Einzelmaßnahme unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen ausreichend zu unterrichten (vgl. BAG, Beschluss vom 28. Juni 2008 - 1 ABR 26/04 - zitiert nach juris, dort Rz. 21). Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat so unterrichten, dass dieser aufgrund der mitgeteilten Tatsachen in die Lage versetzt wird zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegt (BAG, Beschluss vom 14. Dezember 2004 - 1 ABR 55/03 -). In den Fällen der Ein- und Umgruppierung besteht das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 und 2 BetrVG in einem Recht auf Mitbeurteilung der Rechtslage im Sinne einer Richtigkeitskontrolle (vgl. BAG, Beschluss vom 27. Juni 2007 - 1 ABR 36/99 - zitiert nach juris, dort Rz. 49). Die Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG soll dazu beitragen, dass dabei möglichst zutreffende Ergebnisse erzielt werden (vgl. BAG, Beschluss vom 21. März 1995 - 1 ABR 46/94 -). Bei Umgruppierungen gehört daher zu einer vollständigen Unterrichtung im Sinne von § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG die Angabe der bisherigen und der vorgesehenen Vergütungsgruppe sowie die Erläuterung der Gründe, weshalb der Arbeitnehmer anders als bisher einzureihen ist. Grundsätzlich hat der Arbeitgeber auch über alle ihm bekannten Umstände zu informieren, welche die Wirksamkeit der Vergütungsordnung betreffen. Ein Grund für die Zustimmungsverweigerung zu einer Ein- und Umgruppierung kann nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG dann gegeben sein, wenn der Arbeitgeber die Ein- und Umgruppierung in einen nicht zur Anwendung kommenden Tarifvertrag vornehmen will (vgl. BAG, Beschluss vom 22. März 2005 - 1 ABR 64/03 -). Die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG wird grundsätzlich auch dann nicht in Lauf gesetzt, wenn es der Betriebsrat unterlässt, den Arbeitgeber auf die offenkundige Unvollständigkeit der Unterrichtung hinzuweisen (BAG, Beschluss vom 14. Dezember 2004 - 1 ABR 55/03 -). Durfte der Arbeitgeber hingegen davon ausgehen, den Betriebsrat vollständig unterrichtet zu haben, kann es Sache des Betriebsrats sein, innerhalb der Frist um Vervollständigung der erteilten Auskünfte zu bitten (BAG, Beschluss vom 14. Dezember 2004 – 1 ABR 55/03 -).

bb. Bei Anwendung dieser Grundsätze wurde die Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG zwar nicht am 18. Juni 2009 mit Eingang des Schreibens der Arbeitgeberin vom 17. Juni 2009 beim Betriebsrat in Gang gesetzt, da die Arbeitgeberin den Betriebsrat nicht über die Stufenzuordnung der einzelnen Arbeitnehmer informiert hat. Wie das Arbeitsgericht Potsdam im angefochtenen Beschluss zu Recht ausgeführt hat, gehörte zu der notwendigen Information auch die Mitteilung der Stufenzuordnung.

(a) Der Betriebsrat hat zu Recht beanstandet, er sei für die von ihm vorzunehmende Mitbeurteilung mangels Mitteilung der Stufenzuordnung noch nicht hinreichend informiert.

(aa) Das Mitbestimmungsverfahren nach § 99 BetrVG ist ein einheitliches Verfahren, das die Eingruppierung in allen ihren Teilen umfasst. Auch wenn die Eingruppierungsentscheidung mehrere Fragestellungen beinhaltet, kann der Arbeitgeber das Mitbestimmungsverfahren nicht auf Teile beschränken. Eine „richtige“ Eingruppierung, zu der die Zustimmung nach § 99 BetrVG einzuholen ist, liegt nur dann vor, wenn alle Teilfragen zutreffend beurteilt worden sind (BAG, Beschluss vom 27. Juni 2000 - 1 ABR 36/99 - zitiert nach juris, dort Rz. 37). Vorliegend wird die konkrete monatliche Vergütung der Mitarbeiter durch die Zuordnung zu einer bestimmten Stufe bestimmt. Diese ist wiederum abhängig von den jeweiligen Tätigkeitsjahren in der entsprechenden Entgeltgruppe. Sowohl die grundsätzliche Regelung in § 5 Abs. 6 KonzernETV als auch die Regelung in § 4 ProzessTV zur erstmaligen Einstufung der Mitarbeiter und dem individuellen Monatstabellenentgelt bestimmen, dass sich das individuelle Monatstabellenentgelt nach den Tätigkeitsjahren in der jeweiligen Entgeltgruppe und bei der Ersteingruppierung die Tätigkeitsjahre in der Entgeltgruppe einmalig und nur für die Ersteingruppierung der individuellen Betriebszugehörigkeit entsprechen. Damit muss die „richtige“ und im vorliegenden Verfahren maßgebliche Ersteingruppierung sowohl die Zuordnung zu einer Entgeltgruppe als auch die zu einer konkreten Stufe in Abhängigkeit von der individuellen Betriebszugehörigkeit des jeweiligen Arbeitnehmers umfassen. Das Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrates gem. § 99 Abs. 1 BetrVG hat sich demnach auf diese beiden Teile der von der Arbeitgeberin vorzunehmenden Rechtsanwendung zu erstrecken. Ob die nach der Protokollnotiz zu § 4 ProzessTV individuell zu berücksichtigende Betriebszugehörigkeit unter Anrechnung von Vorzeiten als Voraussetzung für die das monatliche Entgelt konkretisierende Stufenzuordnung zutreffend ermittelt worden ist, gehört zu der dem Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrates unterliegenden Rechtsanwendung.

(bb) Die Rüge der fehlenden Information über die Stufenzuordnung erfolgte innerhalb der Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG.

(cc) Die Arbeitgeberin hat die Information im Verlaufe des Beschlussverfahrens vervollständigt, denn sie hat mit anwaltlichem Schreiben vom 28. Januar 2010 den Betriebsrat über die Stufenzuordnung der Arbeitnehmer, deren Eingruppierung verfahrensgegenständlich ist, informiert.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Beschuss vom 5. Mai 2010 - 1 ABR 70/08 - zitiert anch juris, dort Rz. 34, m.w.N.), der sich die Kammer anschließt, kann der Arbeitgeber in Fällen, in denen der Betriebsrat auf eine unvollständige Unterrichtung hin seine Zustimmung verweigert hat, auch noch im Zustimmungsersetzungsverfahren die fehlenden Informationen nachholen. Mit der Nachholung der Unterrichtung und Vervollständigung der Informationen wird nunmehr die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 12 BetrVG in Lauf gesetzt (vgl. BAG, Beschluss vom 10. August 1993 - 1 ABR 22/93 - zitiert nach juris). Allerdings muss für den Betriebsrat insbesondere bei einer Vervollständigung der Informationen während des Zustimmungsersetzungsverfahrens erkennbar sein, dass der Arbeitgeber diese jedenfalls auch zur Ergänzung seiner etwa noch nicht vollständig erfüllten Unterrichtungsverpflichtung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG vornimmt. Erforderlich - aber auch ausreichend - ist, dass der Arbeitgeber gegenüber dem Betriebsrat deutlich macht, mit der nachgereichten oder zusätzlichen Information seiner Verpflichtung zur vollständigen Unterrichtung des Betriebsrats genügen zu wollen, und diese Verpflichtung nunmehr als erfüllt ansieht. Dies muss nicht ausdrücklich geschehen, sondern kann sich auch aus den Umständen der Informationsnachreichung ergeben. Einer Wiederholung des bereits an den Betriebsrat gerichteten Zustimmungsersuchens bedarf es ebenso wenig wie eines ausdrücklichen Hinweises darauf, dass nunmehr die Zustimmungsverweigerungsfrist für den Betriebsrat erneut zu laufen beginnt (vgl. BAG, Beschuss vom 5. Mai 2010 - 1 ABR 70/08 - zitiert nach juris, dort Rz. 34).

Diesen von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen genügt die im Verlaufe des Verfahrens erfolgte Vervollständigung der Information des Betriebsrates.

Die Arbeitgeberin hat mit anwaltlichem Schreiben vom 28. Januar 2010 die Zuordnung der Arbeitnehmer, deren Eingruppierung verfahrensgegenständlich ist, zur Stufe 6 mitgeteilt. Im Betreff des anwaltlichen Schreibens wird neben dem Aktenzeichen auch der Verfahrensgegenstand bezeichnet. Damit war für den Adressaten ersichtlich, dass eine weitere Information im vorliegenden Zustimmungsersetzungsverfahren erfolgen sollte. Ein Hinweis darauf, dass die Information auf die Rüge des Betriebsrates nachgeholt werde, ist ebenso wenig nach der oben genannten Rechtsprechung erforderlich wie die erneute Aufforderung zur Zustimmung. Indem die Arbeitgeberin in dem Schreiben darauf hinweist, dass sie bereit sei, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht den Betriebsrat über die Stufenzuordnung der Wagenmeister zu informieren, gibt sie ausreichend deutlich zu erkennen, dass sie mit dieser Information nunmehr ihre Informationspflicht als erfüllt ansieht.

(b) Die Arbeitgeberin ist ihrer Verpflichtung zur vollständigen Information des Betriebsrates auch in Bezug auf die Tätigkeiten der Wagenmeister, deren Eingruppierung hier im Streit steht, nachgekommen.

(aa) Zu den erforderlichen Informationen gehört bei dem Ersuchen zur Zustimmung zur Ein- oder Umgruppierung auch die Tätigkeit des betreffenden Arbeitnehmers.

(bb) Vorliegend durfte die Arbeitgeberin davon ausgehen, ihrer Pflicht zur Unterrichtung des Betriebsrates nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zumindest in Bezug auf die Mitteilung der Tätigkeit der betreffenden Arbeitnehmer vollständig erfüllt zu haben.

Die Tätigkeit der Wagenmeister vor dem 1. März 2008 - zu diesem Termin begehrt die Arbeitgeberin die Zustimmung zur Eingruppierung - ist die gleiche wie nach dem 1. März 2008. Eine Änderung der Tätigkeiten in tatsächlicher Hinsicht ist – unstreitig – nicht erfolgt.

Die Arbeitgeberin durfte auch von einer entsprechenden Kenntnis des Betriebsrates ausgehen. Der Betriebsrat war durch zwei Mitglieder im Eingruppierungsausschuss vertreten, in dem die Eingruppierung der Wagenmeister verhandelt wurde.

(cc) Die Tätigkeiten der Wagenmeister waren dem Betriebsrat auch bekannt. Dies hat der Betriebsratsvorsitzende im Anhörungstermin auch grundsätzlich nicht in Abrede gestellt. Auch dem Schreiben des Betriebsrates vom 24. Juni 2009 ist zu entnehmen, dass ihm die Tätigkeiten der Wagenmeister im Einzelnen bekannt sind, da er sich ausführlich mit deren Tätigkeit und mit der Frage der Gleichwertigkeit der Tätigkeiten der Wagenmeister und der der qualifizierten Handwerker äußert. Im Rahmen des Verfahrens nach § 99 Abs. 1 BetrVG ist die Übergabe einer Tätigkeits- oder Stellenbeschreibung nicht notwendiger Bestandteil der Information des Betriebsrates. Bei fehlender Kenntnis insbesondere bei Einstellungen von Arbeitnehmern oder Eingruppierungen auf neu eingerichteten Arbeitsplätzen wird eine solche in der Regel erforderlich sein. Verfügt der Betriebsrat jedoch bereits über die erforderliche Kenntnis, bedarf es keiner weitergehenden insbesondere keiner schriftlichen Informationen mehr.

(dd) Konnte die Arbeitgeberin davon ausgehen, ihrerseits den Betriebsrat vollständig unterrichtet zu haben, hätte der Betriebsrat innerhalb der Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG um Vervollständigung der Unterlagen und Informationen bitten müssen.

Die Frist wird nur dann nicht in Lauf gesetzt, wenn der Betriebsrat es unterlassen hat, den Arbeitgeber auf offensichtliche Unvollständigkeiten hinzuweisen. Dies gilt auch dann, wenn der Betriebsrat zu Zustimmungsersuchen in der Sache Stellung nimmt und seine Zustimmung mit Bezug auf Gründe nach § 99 Abs. 2 BetrVG verweigert (vgl. BAG, Beschluss vom 14. Dezember 2004 - 1 ABR 55/03 - zitiert nach juris, dort Rz. 47). Hat der Arbeitgeber die erforderlichen Angaben gemacht, kann für den Betriebsrat ersichtlich sein, dass der Arbeitgeber der Pflicht nach § 99 Abs. 1 BetrVG nachkommen wollte und die Unterrichtung subjektiv als ausreichend und ordnungsgemäß angesehen hat. Nur dann fordert es das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit, dass der Betriebsrat den Arbeitgeber innerhalb der Wochenfrist mitteilt, dass er für eine abschließende Stellungnahme weitere Informationen benötigt (BAG, Beschluss vom 14f. Dezember 2004 - 1 ABR 55/03 - zitiert nach juris, dort Rz. 47).

Vorliegend waren jedoch die Informationen der Arbeitgeberin nicht offensichtlich unvollständig. Der Betriebsrat hätte innerhalb der Wochenfrist, beginnend am 18. Juni 2009, jedoch spätestens ab Erhalt des Schreibens der Arbeitgeberin vom 28. Januar 2010, auf die seiner Ansicht nach fehlenden Informationen bzgl. der Tätigkeiten der Wagenmeister hinweisen müssen. Der Betriebsrat hat jedoch erstmals im Schriftsatz vom 9. Juli 2010 die fehlende Vorlage von Stellenbeschreibungen der betroffenen Arbeitnehmer gerügt. Soweit der Betriebsrat in seinen Zustimmungsverweigerungsschreiben eine unvollständige Information gerügt hat, betraf dies nicht die Tätigkeit der Wagenmeister, sondern die fehlende Information über die Stufenzuordnung.

(c) Die Zustimmungsverweigerung ist form- und fristgerecht erfolgt.

Der Betriebsrat hat bereits vor Beginn der Frist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG die Zustimmung verweigert und somit die Frist gewahrt.

Die Zustimmungsverweigerung erfolgte auch formgerecht. Der Betriebsrat hat sie hinreichend begründet. Er hat die Zustimmungsverweigerung u. a. darauf gestützt, dass die Eingruppierung in die Entgeltgruppe 207 des KonzernETV der Anforderung an die Tätigkeit der Arbeitnehmer, deren Eingruppierung im Streit steht, nicht gerecht wird. Ferner hat er geltend gemacht, dass abweichend von § 5 Abs. 2 ProzessTV eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 206 in Betracht kommt unter Hinweis auf die Eingruppierung der qualifizierten Handwerker in die Entgeltgruppe 106, welche der Entgeltgruppe 206 entspricht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitgerichts liegt eine formgerechte Zustimmungsverweigerung vor, wenn die Zustimmungsverweigerung es als möglich erscheinen lässt, dass einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG abschließend genannten Gründe geltend gemacht wird (vgl. BAG, Beschluss vom 27. Juni 2000 - 1 ABR 36/99 - zitiert nach juris, dort Rz. 46).

Die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrates lässt es für möglich erscheinen, dass der Zustimmungsverweigerungsgrund Nr. 1 - Verstoß gegen ein Gesetz oder eine Bestimmung eines Tarifvertrages - als auch der nach Nr. 4 - Benachteiligung der betroffenen Arbeitnehmer ohne rechtfertigende Gründe - vorliegt.

2.2. Die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung der Wagenmeister war zu ersetzen. Es lag weder ein Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG noch nach § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG vor.

Eine Eingruppierung stellt keine Rechtsgestaltung dar, sondern einen gedanklichen Vorgang. Sie ist ein Akt der Rechtsanwendung und die Kundgabe des hierbei gefundenen Ergebnisses, dass nämlich die vom Arbeitnehmer zu verrichtenden Tätigkeiten den Tätigkeitsmerkmalen einer bestimmten Vergütungsgruppe entsprechen und daher der Arbeitnehmer in diese Gruppe einzuordnen ist. An diesem Akt der Rechtsanwendung ist der Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 BetrVG zu beteiligen. Bei seinem Mitbestimmungsrecht handelt es sich um ein Mitbeurteilungsrecht im Sinne einer Richtigkeitskontrolle (st. Rechtsprechung des BAG, vgl. Beschluss vom 27. Juni 2000 1 ABR 26/99 zitiert nach juris, dort Rz. 49 m.w.N.).

a. Die Eingruppierung der Wagenmeister verstößt nicht gegen § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG.

Die Zustimmung zur Umgruppierung kann nach § 99 Abs.2 Nr. 1 BetrVG verweigert werden, wenn die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde.

Die Eingruppierung nach einer unwirksamen Vergütungsordnung stellt einen Gesetzesverstoß im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG dar (vgl. BAG, Beschluss vom 27. Juni 2000 - 1 ABR 36/99 - zitiert nach juris, dort Rz. 50).

Die Regelung in § 5 Abs. 2 ProzessTV ist nicht unwirksam. Sie verstößt insbesondere nicht gegen höherrangiges Recht.

aa. Die Regelung in § 5 ProzessTV bedarf zunächst der Auslegung.

(a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Urteil vom 22. April 2010 - 6 AZR 962/08 - zitiert nach juris, dort Rz. 17; Urteil vom 19. September 2007 - 4 AZR 670/06 - zitiert nach juris, dort Rz. 30) folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. BAG, a.a.O.).

(b) Der Wortlaut der Regelung in § 5 ProzessTV ist nicht eindeutig. So sieht § 5 Abs. 1 ProzessTV vor, dass die Eingruppierung ausschließlich auf der Basis des § 5 KonzernTV erfolgt. Die Regelung ist für sich betrachtet, worauf der Betriebsrat zu Recht hinweist, eindeutig und bedarf für sich genommen keiner Auslegung. Danach verweist § 5 Abs. 1 ProzessTV auf die Eingruppierungsregelung des KonzernETV. Ausnahmen von den dort geregelten Grundsätzen werden dort nicht vorgesehen. Durch die weiteren Regelungen in § 5 ProzessTV, die Ausnahmen von dem in § 5 Abs. 1 ProzessTV enthaltenen Grundsatz statuieren, verliert die Regelung in § 5 Abs. 1 ProzessTV ihre Eindeutigkeit. § 5 Abs. 1 ProzessTV kann nicht für sich betrachtet werden, sondern ist im Kontext der weiteren Absätze zu sehen. In den weiteren Absätzen des § 5 ProzessTV sind Ausnahmen von den Eingruppierungsgrundsätzen des § 5 KonzernETV vorgesehen.

Der Aufbau der Regelungen in § 5 ProzessTV spricht dafür, dass in § 5 Abs. 1 ProzessTV der Grundsatz geregelt ist und die weiteren Absätze die Ausnahmen von diesem Grundsatz enthalten. So werden die Absätze 2, 4 und 5 jeweils eingeleitet mit „abweichend von Absatz 1“. Die Systematik der Regelung in § 5 ProzessTV spricht dafür, dass § 5 Abs. 1 ProzessTV als Grundsatz zu verstehen ist, der Ausnahmen zulässt, auch wenn die Tarifparteien statt „grundsätzlich“ das Wort „ausschließlich“ verwandt haben. Der Wortlaut und der Aufbau der weiteren Absätze sprich jedoch für das Verständnis, dass Absatz 1 Ausnahmen zulässt und zwar die in den folgenden Absätzen der Norm geregelten. Im Übrigen wird auf die zutreffende und ausführliche Begründung des Arbeitsgerichts Bezug genommen und von einer lediglich wiederholenden Darstellung abgesehen (§ 91 Abs. 2 i. V. m. § 69 Abs. 2 ArbGG).

bb. Die Regelung in § 5 Abs. 2 ProzessTV verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 GG.

Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden (vgl. BAG, Urteil vom 23. September 2010 - 6 AZR 180/09 - zitiert nach juris, dort Rz. 12). Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte jedoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 GG verletzen. Dabei kommt den Tarifvertragsparteien als selbständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser reicht, hängt von den im Einzelfall vorliegenden Differenzierungsmerkmalen ab, wobei den Tarifvertragsparteien in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen eine Einschätzungsprärogative zusteht (BAG, a. a. O.).

Verfassungsrechtlich relevant ist nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem bzw. die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem. Dabei ist es grundsätzlich dem Normgeber überlassen, die Merkmale zu bestimmen, nach denen Sachverhalte als hinreichend gleich anzusehen sind, um sie gleich zu regeln (vgl. BAG, Urteil vom 23. September 2010 - 6 AZR 180/09 - zitiert nach juris, dort Rz. 14).

Der Betriebsrat kann sich im vorliegenden Verfahren auf einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz berufen, da er bereits im Zustimmungsverweigerungsschreiben die ungleiche Bewertung im Tarifvertrag von seiner Ansicht nach vergleichbaren Tätigkeiten gerügt hat. Die im Verfahren erfolgte Ergänzung bzgl. der Ungleichbehandlung der Wagenmeister 1 und 2 einerseits und der Wagenmeister 3 andererseits konnte als Rechtsauffassung in Abgrenzung zum tatsächlichen Vorbringen nachgeschoben und zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden.

Die Tarifparteien haben den ihnen zustehende Regelungsspielraum nicht überschritten.

Dies gilt zunächst für die unterschiedliche Bewertung der Tätigkeit von qualifizierten Handwerkern einerseits und Wagenmeistern 1 und 2 andererseits. Die Tarifparteien haben die Arbeitnehmergruppe der qualifizierten Handwerker der Funktionsgruppe 1 (Anlagen- und Fahrzeuginstandhaltung) und die der Wagenmeister der Funktionsgruppe 2 (Zugbildung/-bereitstellung; verkehrliche Aufgaben GV) zugeordnet. Für die Tätigkeitsgruppe der Wagenmeister sind in den Entgeltgruppen 206 bis 208 Tätigkeitsmerkmale vorgesehen. Danach ist ein Tätigkeitsmerkmal für Wagenmeister 2 die Durchführung von Sonderuntersuchungen und für Wagenmeister 1 die Regeluntersuchung von Wagen und Zügen sowie deren technische Ausstattung auf betriebssicheren und verkehrstauglichen Zustand. Kennzeichnend für die qualifizierten Handwerker, die in dem Entgeltgruppenverzeichnis der Funktionsgruppe 1 und dort der Tätigkeitsgruppe Werk zugeordnet sind und als Facharbeiter 4 bezeichnet werden, ist die Erteilung von Freigaben zum Einsatz von Fahrzeugen oder Komponenten zum Betrieb in Routinefällen oder die Entscheidung in schwierigen Instandsetzungsfällen. Die Entgeltgruppen 206 bis 208 enthalten keine entsprechenden Tätigkeitsmerkmale. Eine Überschreitung des den Tarifparteien eingeräumten Beurteilungs- und Regelungsspielraums ist nicht feststellbar. Die Tarifparteien haben in dem Entgeltgruppenverzeichnis differenziert danach, in welchen Bereichen und innerhalb der Bereiche in welchen Funktionen die Mitarbeiter tätig sind. Den unterschiedlichen Anforderungen der jeweiligen Tätigkeiten soll damit Rechnung getragen werden.

Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz liegt auch nicht deshalb vor, weil Wagenmeister 3 nicht pauschal wie Wagenmeister 1 und 2 in Entgeltgruppen überführt werden. Das Berufungsgericht schließt sich der ausführlichen Begründung des Arbeitsgerichts an und sieht von einer bloßen wiederholenden Darstellung gem. § 91 Abs. 2 i. V. m. § 69 Abs. 2 ArbGG ab.

cc. Die Regelung in § 5 Abs. 2 ProzessTV verstößt nicht gegen § 5 KonzernETV.

Unter der Überschrift „Grundsätze für die Eingruppierung“ ist in § 5 Abs. 1 KonzernETV geregelt, dass sich die Eingruppierung der Arbeitnehmer in eine Entgeltgruppe nach der ausgeführten und nicht nur vorübergehend übertragenen Tätigkeit und nicht nach der Berufsbezeichnung richtet. § 5 Abs. 1 ProzessTV bestimmt, dass die Eingruppierung ausschließlich auf Basis des § 5 KonzernETV erfolgt. § 5 Abs. 2 ProzessTV sieht vor, dass abweichend von Absatz 1 „ausschließlich die Wagenmeister 1 und 2, die am 29. Februar 2008 in die Entgeltgruppe E 8 eingruppiert waren, am 1. März 2008 in die Entgeltgruppe 207 und nicht Wagenmeister 1 und 2, die im Februar 2008 in die Entgeltgruppe E 9 eingruppiert waren, am 1. März 2008 in die Entgeltgruppe 206 der Funktionsgruppe 2 eingruppiert werden“.

§ 5 Abs. 2 ProzessTV enthält eine Ausnahme von dem in § 5 KonzernETV enthaltenen Eingruppierungsgrundsatz. Diese Ausnahme ist zulässig. Die Tarifparteien können im Rahmen ihrer Tarifautonomie die Grundsätze der Eingruppierung regeln. Insoweit haben sie auch die Kompetenz, abweichend von den sonst geltenden – tariflichen – Grundsätzen für die Ersteingruppierung besondere Regelungen zu treffen. Im Übrigen wird auf die zutreffende und ausführliche Begründung des Arbeitsgerichts Bezug genommen und von einer lediglich wiederholenden Darstellung abgesehen (§ 91 Abs. 2 i. V. m. § 69 Abs. 2 ArbGG).

b. Ein Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG lag nicht vor.

Danach kann der Betriebsrat die Zustimmung verweigern, wenn der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist.

Das Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrates nach § 99 BetrVG bezieht sich auf die zutreffende Eingruppierung in eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung. Es geht um die konkrete Anwendung der maßgeblichen Vergütungsordnung, deren Anwendung nicht zur Disposition steht. Insofern kann die Anwendung der Vergütungsordnung, also die Einreihung einer Tätigkeit in das Vergütungssystem und damit die Stellung innerhalb eines kollektiven Entgeltsystems, kein Nachteil im Sinne von § 99 Abs. 2 Ziff. 4 BetrVG sein.

3. Die Entscheidung ergeht gerichts- und auslagenfrei.

4. Die Rechtsbeschwerde war gem. §§ 92, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.