Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 9. Kammer | Entscheidungsdatum | 19.07.2013 | |
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Aktenzeichen | 9 TaBV 749/13, 9 TaBV 1089/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 1 AÜG |
I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel – 3 BV 27/12 – vom 27.02.2013 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass festgestellt wird, dass die streitgegenständlichen vorläufigen Einstellungen offensichtlich aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich waren.
II. Auf die Anschlussbeschwerde des Beteiligten zu 2) wird festgestellt, dass dem Betriebsrat ein Zustimmungsverweigerungsrecht in den Fällen zusteht, in denen die Arbeitgeberin beabsichtigt, Leiharbeitnehmer auf Dauerarbeitsplätzen zu beschäftigen, ohne dass ein nur zeitlich begrenzter Arbeitsbedarf besteht.
III. Die Rechtsbeschwerde wird für die Beteiligte zu 1) zugelassen.
I.
Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur befristeten Einstellung von zuletzt noch 15 Leiharbeitnehmern und darüber, ob die vorläufige Durchführung der Einstellung dringend erforderlich war.
Die Antragstellerin und Beteiligte zu 1) (künftig: Arbeitgeberin) betreibt an drei verschiedenen Standorten im Land Brandenburg Fachkliniken für Psychiatrie und Neurologie. Der Beteiligte zu 2) ist der in der Klinik in Brandenburg an der Havel gewählte Betriebsrat.
Die Arbeitgeberin stellt seit geraumer Zeit nur noch Leiharbeitnehmer auf den nichtärztlichen Arbeitsplätzen ein. Dafür bedient sie sich der Leiharbeitnehmer, die ihr von den konzernangehörigen Gesellschaften P. GmbH (PAG) oder A. GmbH (Gfb med), die beide eine unbefristete Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis haben, zur Verfügung gestellt werden. Die vom Land Brandenburg im Oktober 2006 im Wege des Betriebsübergangs übernommene Stammbelegschaft erhält Vergütung nach BAT-O, MTArb-O oder TV-L nach dem Stand des Betriebsübergangs, während die Leiharbeitnehmer eine (immer noch niedrigere) Vergütung nach den Tarifverträgen der iGZ-DGB erhalten.
Im Jahr 2012 schrieb die Arbeitgeberin u.a. die streitgegenständlichen, jeweils befristet zu besetzenden nichtärztlichen Stellen intern aus, auf die sich jedoch niemand bewarb. Es handelte sich um Stellen eines medizinisch-technischen Radiologieassistenten, einer Diplom-Psychologin, einer Reinigungskraft, mehrerer Ergotherapeuten, einer Küchenhilfe, einer Arzthelferin, mehrerer Gesundheits- und Krankenpfleger, einer Diplom-Sozialarbeiterin und einer Chefarztsekretärin. Mit Schreiben aus Juni, Juli, August und September 2012 bat sie den Betriebsrat um Zustimmung zur befristeten Einstellung von 18 ausgewählten Leiharbeitnehmern für die Dauer von 12 bis 24 Monaten. Sie teilte dem Betriebsrat mit, dass die Besetzung der Stellen über die PAG erfolgen werde. In allen Fällen lehnte der Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung vor Ablauf der Widerspruchsfrist u.a. mit der Begründung ab, dass ein Verstoß gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) vorliege, weil die Arbeitgeberin mit der Maßnahme gegen das Verbot der Scheinleihe und der Dauerleihe verstoße. Kurz vor der jeweiligen Einstellung unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat in allen Fällen darüber, dass die Einstellung als vorläufige Maßnahme gemäß § 100 BetrVG durchgeführt werden solle, da die Besetzung der freien Stellen durch Leiharbeitnehmer zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebs dringend erforderlich sei. Der Betriebsrat bestritt in allen Fällen die dringende Erforderlichkeit dieser Maßnahme.
Mit den jeweils innerhalb von drei Tagen nach Bestreiten der dringenden Erforderlichkeit beim Arbeitsgericht eingegangenen Anträgen hat die Arbeitgeberin die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu den jeweiligen befristeten Einstellungen sowie jeweils die Feststellung begehrt, dass die vorläufige Einstellung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich gewesen sei. Die Anträge betreffend drei der Leiharbeitnehmer haben sich in der Zwischenzeit durch Nichtantritt der Arbeit oder vorzeitiges Ausscheiden erledigt.
Die Arbeitgeberin hat im Wesentlichen die Auffassung vertreten, sie habe seit der Novellierung des AÜG ein unbeschränktes Entscheidungsrecht, Daueraufgaben an Werks- oder Dienstvertragsunternehmer zu vergeben oder auch mit Leiharbeitnehmern durchzuführen, jedenfalls wenn diese nur befristet („vorübergehend“) entliehen würden. Die Formulierung in § 1 Abs. 1 AÜG n.F. solle nur der Klarstellung dienen, dass das deutsche Modell der Arbeitnehmerüberlassung der EU-Zeitarbeitsrichtlinie entspreche, weshalb es auch keine Höchstgrenzen hinsichtlich der Verleihdauer mehr gebe. Die vorläufige Einstellung der Leiharbeitnehmer sei zur Aufrechterhaltung des Krankenhausbetriebs dringend erforderlich gewesen.
Der Betriebsrat hat im Wesentlichen die Auffassung vertreten, es handele sich bei den zustimmungspflichtigen Maßnahmen schon nicht um Arbeitnehmerüberlassungen, sondern um „Scheinleihen“, und eine Einstellung auf Dauerarbeitsplätzen sei auch nicht vorübergehend iSv § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG.
Mit Beschluss vom 27.02.2013 hat das Arbeitsgericht, soweit es das Verfahren nicht wegen Erledigung eingestellt hat, die Anträge zurückgewiesen und dies – kurz zusammengefasst – damit begründet, dass die beabsichtigten Einstellungen gegen das Verbot der Dauerleihe in § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG in der ab 01.12.2011 geltenden Fassung verstießen und die vorläufigen Einstellungen offensichtlich aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich waren. Die Auslegung der jetzt geltenden Fassung des § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG im Lichte des Unionsrechts ergebe, dass eine Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher nicht vorübergehend erfolge, wenn dadurch ausschließlich ein Dauerbeschäftigungsbedarf abgedeckt werde und diese Art der Personaldeckung allein zum Zwecke der Personalkostenreduzierung erfolge. Es handele sich bei der genannten Vorschrift auch um eine Verbotsnorm iSd. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, da der Gesetzeszweck nur durch das Unterbleiben der nicht vorübergehenden Einstellung erreicht werden könne. Die vorläufigen Einstellungen seien wegen der Möglichkeit, die Leiharbeitnehmer als eigene Mitarbeiter – ggf. auch befristet – einzustellen, nicht offensichtlich dringend erforderlich. Auch geringere Personalkosten könnten die Dringlichkeit nicht bedingen.
Gegen den ihr am 22.03.2013 zugestellten Beschluss richtet sich die am 19.04.2013 eingegangene und mit einem am 14.05.2013 eingegangenen Schriftsatz begründete Beschwerde der Arbeitgeberin.
Die Arbeitgeberin wiederholt und vertieft ihre bereits erstinstanzlich vorgetragenen Argumente, wonach weder § 1 Abs. 1 AÜG noch die EU-Leiharbeitsrichtlinie ein Verbot der dauerhaften Arbeitnehmerüberlassung enthielten, weil im AÜG lediglich unverbindlich typologisch beschrieben werde, dass Arbeitnehmerüberlassung vorübergehend stattfinde und auch die Richtlinie kein Verbot des Dauerverleihs enthalte. Seit der Novellierung des AÜG habe sie ein unbeschränktes Entscheidungsrecht, Daueraufgaben auch mit Leiharbeitnehmern durchzuführen. Selbst die unbefristete Einstellung von Leiharbeitnehmern sei nach Aufnahme des Wortes „vorübergehend“ in die Neufassung des Gesetzes noch möglich, so dass erst recht die vorliegenden befristeten Einstellungen hätten vorgenommen werden können. Diese Auffassung werde gestützt durch die Entstehungsgeschichte der Neuregelung. Im Übrigen sei es dem Betriebsrat verwehrt, mit allgemeinen sozial- oder arbeitsmarktpolitischen Argumenten, wegen einer Aufspaltung der Belegschaft oder wegen der Schaffung oder des Abbaus von Arbeitsplätzen dem Einsatz von Zeitpersonal zu widersprechen. Jedenfalls sei § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG keine Verbotsnorm in dem Sinne, dass die Einstellung eines Leiharbeitnehmers als solche untersagt werden könne, wenn sie nicht nur vorübergehend sei. Dem stehe auch die EU-Richtlinie nicht entgegen. Denn dieser sei weder ein Verbot der dauerhaften Arbeitnehmerüberlassung zu entnehmen noch enthalte sie Einschränkungen hinsichtlich der Dauer der Überlassung. Erst recht könne nicht auf die Wertungen des TzBfG hinsichtlich der Beschränkung eines Einsatzes zurückgegriffen werden. Im Übrigen sei nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die zeitliche Einsatzlimitierung von Leiharbeitnehmern nicht arbeitsplatz- sondern arbeitnehmerbezogen, und bei der Berechnung der Betriebsgröße würden bei dem „in der Regel“ vorhandenen Personalbedarf auch Leiharbeitnehmern berücksichtigt. Außerdem sei unklar, was unter einem Dauerarbeitsplatz zu verstehen sei; die Arbeitgeberin unterscheide je nach Auslastung und Kostenstruktur stets neu über den Stellenbedarf.
Das Arbeitsgericht habe auch zu Unrecht die Dringlichkeit der vorläufigen Einstellungen verkannt. Die Vorschrift verlange eine offensichtliche Verkennung der sachlich-betrieblichen Notwendigkeit seitens des Arbeitgebers, die schon deshalb nicht vorliege, weil dieser nicht in seiner unternehmerischen Freiheit eingeschränkt werden könne. Zudem komme es auf ein etwaiges Fehlverhalten des Arbeitgebers nicht an.
Die Arbeitgeberin beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel vom 27.02.2013, Aktenzeichen 3 BV 27/12, teilweise abzuändern und
1a) die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur befristeten Einstellung des Leiharbeitnehmers F. J. für die Zeit vom 01.10.2012 bis 30.09.2014 zu ersetzen;
1b) festzustellen, dass die vorläufige Einstellung vom 01.10.2012 des Leiharbeitnehmers F. J. aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war;
2a) die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmerin K. E. Z. für die Zeit vom 01.08.2012 bis 31.01.2014 zu ersetzen;
2b) festzustellen, dass die vorläufige Einstellung vom 01.08.2012 der Leiharbeitnehmerin K. E. Z. aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war;
3a) die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmerin L. H. für die Zeit vom 01.08.2012 bis 30.07.2013 zu ersetzen;
3b) festzustellen, dass die vorläufige Einstellung vom 01.08.2012 der Leiharbeitnehmerin L. H. aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war;
4a) die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmerin B. M. für die Zeit vom 01.08.2012 bis 31.07.2013 zu ersetzen;
4b) festzustellen, dass die vorläufige Einstellung vom 01.08.2012 der Leiharbeitnehmerin B. M. aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war;
5a) die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmerin A. P. für die Zeit vom 01.08.2012 bis 31.07.2013 zu ersetzen;
5b) festzustellen, dass die vorläufige Einstellung vom 01.08.2012 der Leiharbeitnehmerin A. P. aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war;
6a) die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmerin P. L. für die Zeit vom 01.08.2012 bis 31.01.2014 zu ersetzen;
6b) festzustellen, dass die vorläufige Einstellung vom 01.08.2012 der Leiharbeitnehmerin P. L. sachlichen Gründen dringend erforderlich war;
7a) die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmerin M. T. für die Zeit vom 01.09.2012 bis 31.08.2013 zu ersetzen;
7b) festzustellen, dass die vorläufige Einstellung vom 01.09.2012 der Leiharbeitnehmerin M. T. aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war;
8a) die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmerin K. K. für die Zeit vom 01.09.2012 bis 31.08.2013 zu ersetzen;
8b) festzustellen, dass die vorläufige Einstellung vom 01.10.2012 der Leiharbeitnehmerin K. K. aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war;
9a) die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmerin H. D. für die Zeit vom 01.09.2012 bis 31.08.2013 zu ersetzen;
9b) festzustellen, dass die vorläufige Einstellung vom 01.09.2012 der Leiharbeitnehmerin H. D. aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war;
10a) die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmerin A. K. für die Zeit vom 01.10.2012 bis 30.09.2013 zu ersetzen;
10b) festzustellen, dass die vorläufige Einstellung vom 01.10.2012 der Leiharbeitnehmerin A. K. aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war;
11a) die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmerin K. F. für die Zeit vom 01.10.2012 bis 30.09.2013 zu ersetzen;
11b) festzustellen, dass die vorläufige Einstellung vom 01.10.2012 der Leiharbeitnehmerin K. F. aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war;
12a) die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmerin K. V. für die Zeit vom 01.10.2012 bis 30.09.2013 zu ersetzen;
12b) festzustellen, dass die vorläufige Einstellung vom 01.10.2012 der Leiharbeitnehmerin K. V. aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war;
13a) die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmerin S. F. für die Zeit vom 01.10.2012 bis 30.09.2014 zu ersetzen;
13b) festzustellen, dass die vorläufige Einstellung vom 01.10.2012 der Leiharbeitnehmerin S. F. aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war;
14a) die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur befristeten Einstellung des Leiharbeitnehmers S. W. für die Zeit vom 01.10.2012 bis 30.09.2013 zu ersetzen;
14b) festzustellen, dass die vorläufige Einstellung vom 01.10.2012 des Leiharbeitnehmers S. W. aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war;
15a) die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmerin S. P. für die Zeit vom 01.10.2012 bis 30.09.2013 zu ersetzen;
15b) festzustellen, dass die vorläufige Einstellung vom 01.10.2012 des Leiharbeitnehmerin S. P. aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war;
Der Betriebsrat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen,
sowie im Wege der Anschlussbeschwerde,
festzustellen, dass dem Betriebsrat ein Zustimmungsverweigerungsrecht in den Fällen zusteht, in denen die Arbeitgeberin beabsichtigt, Leiharbeitnehmer auf Dauerarbeitsplätzen zu beschäftigen, ohne dass ein nur zeitlich begrenzter Arbeitsbedarf besteht.
Die Arbeitgeberin beantragt,
die Anschlussbeschwerde zurückzuweisen.
Der Betriebsrat verteidigt den angefochtenen Beschluss zunächst hinsichtlich der Feststellung, dass § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG in seiner europarechtskonformen Auslegung eine Verbotsnorm sei, um die dauerhafte Schlechterstellung von Leiharbeitnehmern und die Substitution der Stammbelegschaft zu verhindern. Sodann vertritt er die Auffassung, dass die Arbeitgeberin zu den Gründen der vereinbarten Fristen hätte näher vortragen müssen, auch wenn in der Norm keine festen Höchstüberlassungsfristen enthalten seien. Hinsichtlich der Dringlichkeit der vorläufigen Einstellungen hält er die erstinstanzliche Entscheidung ebenfalls für zutreffend und vertieft dessen Argumentation mit weiteren rechtlichen Gesichtspunkten.
II.
Die gemäß §§ 8 Abs. 4, 87 Abs. 1 ArbGG an sich statthafte sowie form- und fristgerecht im Sinne der §§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 Satz 2, 89 Abs. 1 und 2 ArbGG eingelegte und begründete Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Zustimmung des Betriebsrats nicht zu ersetzen war, weil dieser die Zustimmung zu den Einstellungen der Leiharbeitnehmerinnen zu Recht verweigert hat. Auch war die vorläufige Einstellung der in den Anträgen bezeichneten Personen nicht offensichtlich dringend erforderlich, was allerdings nicht nur durch Abweisung der Anträge, sondern positiv festzustellen war. Die Anschlussbeschwerde des Betriebsrats ist begründet.
1.
Die Zustimmung des Betriebsrats war nicht zu ersetzen. Der Betriebsrat hat die Zustimmung zu den Einstellungen der Leiharbeitnehmerinnen gemäß §§ 14 Abs. 3 S. 1 AÜG, 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG iVm. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG zu Recht verweigert, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat.
a) Der Einsatz von Leiharbeitnehmern im Entleiherbetrieb ist eine mitbestimmungspflichtige Einstellung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BetrVG, wie sich unmittelbar aus § 14 Abs. 3 Satz 1 AÜG ergibt. Die Übernahme eines Leiharbeitnehmers bedarf daher der Zustimmung des Betriebsrats des Entleiherbetriebes.
b) Die erforderliche Zustimmung des Betriebsrats liegt nicht vor.
Der Betriebsrat hat der beabsichtigten Einstellung der Leiharbeitnehmer form- und fristgerecht iSv. § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG widersprochen.
c) Der vom Betriebsrat geltend gemachte – und damit im Zustimmungsersetzungsverfahren allein zu berücksichtigende – Zustimmungsverweigerungsgrund eines Gesetzesverstoßes iSd. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG liegt vor. Die Einstellung der Leiharbeitnehmerinnen verstößt gegen § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG in der ab dem 01.12.2011 geltenden Fassung.
aa) Der Betriebsrat kann seine Zustimmung zu einer personellen Maßnahme nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG nur dann verweigern, wenn die Maßnahme selbst gegen ein Gesetz, einen Tarifvertrag oder eine sonstige Norm verstößt. Geht es um die Übernahme eines Leiharbeitnehmers in den Betrieb des Entleihers und damit um eine Einstellung iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, muss diese allerdings als solche untersagt sein. Dazu bedarf es zwar keiner Verbotsnorm im technischen Sinne, die unmittelbar die Unwirksamkeit der Maßnahme herbeiführt. Der Zweck der betreffenden Norm, die Einstellung selbst zu verhindern, muss aber hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen. Bei Einstellungen ist der Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG lediglich dann gegeben, wenn der Zweck der Verbotsnorm nur dadurch erreicht werden kann, dass die Einstellung insgesamt unterbleibt (BAG v. 01.06.2011 – 7 ABR 117/09 – Rn. 42, AP Nr. 64 zu § 99 BetrVG Einstellung; v. 23.06.2010 – 7 ABR 3/09 – AP Nr. 17 zu § 81 SGB IX, Rn. 23; v. 21.07.2009 – 1 ABR 35/08 – Rn. 21 mwN, AP Nr. 4 zu § 3 AÜG).
bb) Die befristete Einstellung der Leiharbeitnehmerinnen verstößt gegen das in § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG geregelte Verbot der Dauerleihe und berechtigt den Betriebsrat zur Verweigerung seiner Zustimmung.
(1) § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG, wonach die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher „vorübergehend“ erfolgt, enthält entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin nicht lediglich einen unverbindlichen Programmsatz, sondern untersagt die nicht nur vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung. Sie dient zum einen dem Schutz der Leiharbeitnehmer und zum anderen soll sie die dauerhafte Aufspaltung der Belegschaft des Entleiherbetriebs in eine Stammbelegschaft und eine entliehene Belegschaft verhindern. Der Betriebsrat des Entleiherbetriebs kann daher seine Zustimmung zur Einstellung von Leiharbeitnehmern verweigern, wenn diese im Entleiherbetrieb nicht nur vorübergehend beschäftigt werden sollen (BAG, Presseerklärung zum Beschluss vom 10.07.29013 – 7 ABR 91/11 – juris). Es handelt sich somit bei § 1 Abs. 1 S. 2 um eine Verbotsnorm im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG.
(2) Nicht nur vorübergehend iSd. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG ist eine Beschäftigung, wenn durch die Arbeitnehmerüberlassung ausschließlich einen Dauerbeschäftigungsbedarf im Entleiherbetrieb abgedeckt wird. Das ergibt die Auslegung dieser Vorschrift im Lichte der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit (EU-Leiharbeitsrichtlinie).
(a) Nachdem durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl. I S. 4607) erstmalig die zeitliche Überlassungsbegrenzung im AÜG aufgehoben worden war, war es nach deutschem Recht zulässig, einen Leiharbeitnehmer zeitlich unbegrenzt und damit auch auf einem Dauerarbeitsplatz einzusetzen. Dem ist durch das Erste Gesetz zur Änderung des AÜG – Verhinderung von Missbrauch – vom 28.04.2011 (BGBl. I S. 642), das am 01.12.2011 in Kraft trat, ein Riegel vorgeschoben worden, indem dort der Satz „Die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolgt vorübergehend“ eingefügt wurde. Damit hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass er an der dauerhaften Entleihung nicht mehr festhalten will. In der Gesetzesbegründung hat er die Arbeitnehmerüberlassung als „flexibles Instrument zur Deckung des Arbeitskräftebedarfs der Unternehmen“ und „des Personaleinsatzes“ bezeichnet, was dafür spricht, dass ein Dauereinsatz von Leiharbeitnehmern verhindert werden und die Arbeitnehmerüberlassung künftig nur noch dem Zweck dienen soll, flexibel auf Markt-, Auftrags- oder Kundenschwankungen zu reagieren. Sieht man diese Vorgaben im Zusammenhang mit dem Gesetzesziel, Missbrauch zu verhindern, arbeitslosen Männern und Frauen eine Chance auf eine sozial abgesicherte Beschäftigung bieten zu können und die Aufspaltung der Belegschaft in eine Stammbelegschaft und eine entliehene Belegschaft zu verhindern, hat der Gesetzgeber mit der Neufassung des Gesetzes ein Instrument geschaffen, den zuvor möglichen Einsatz von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen zu verhindern.
(b) Diese Auslegung lässt sich auch der EU-Leiharbeitsrichtlinie entnehmen. Ausweislich der Gesetzesbegründung zur Einfügung des Satzes 2 in § 1 Abs. 1 AÜG wollte der Gesetzgeber damit klarstellen, dass das deutsche Modell der Arbeitnehmerüberlassung den europarechtlichen Vorgaben und somit der EU-Leiharbeitsrichtlinie entspricht. Dort ist in Art. 1 geregelt, dass Arbeitnehmer den entleihenden Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, um „vorübergehend“ unter deren Aufsicht und Leitung zu arbeiten. Eine Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolgt aber nicht vorübergehend, wenn dadurch ausschließlich ein Dauerbeschäftigungsbedarf abgedeckt wird und diese Art der Personalbedarfsdeckung allein zum Zwecke der Personalkostenreduzierung erfolgt.
(c) Die erkennende Kammer folgt damit der inzwischen wohl überwiegenden Meinung in der Literatur und obergerichtlichen Rechtsprechung, die bereits in den Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg (vom 19.12.2012 – 4 TaB 1163/12, vom 09.01.2013 – 24 TaBV 1869/12, vom 01.03.2013 – 9 TaBV 2112/12 und 2113/12, vom 10.04.2013 – 4 TaBV 2094/12, vom 16.04.2013 – 3 TaBV 983/12 u. 3 TaBV 1987/12) zutreffend vertreten und vom Arbeitsgericht unter den Gliederungspunkten I.1. bis 2.a) in Teilen zitiert wurde (S. 7 bis 9 der Entscheidungsgründe). Von einer Wiederholung wird insoweit unter Bezugnahme auf die genannten Ausführungen abgesehen.
(3) Da zwischen den Beteiligten unstreitig ist, dass die von in diesem Rechtsstreit betroffenen Leiharbeitnehmer jeweils auf Dauerarbeitsplätzen eingesetzt wurden, der Betriebsrat jedenfalls nicht anders informiert wurde, liegt ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG vor. Dabei kann hier offen bleiben, wie der Begriff „vorübergehend" in zeitlicher Hinsicht zu verstehen ist (vgl. zum Meinungsstand LAG Düsseldorf v. 02.10.2012 – 17 TaBV 38/12 – Rn. 45 ff, juris –; ArbG Offenbach v. 01.08.2012 – 10 BV 1/12 – Rn. 44 ff, juris –; Teusch/Verstege, aaO. S. 1327 ff.). Die Kammer vertritt dazu die Auffassung, dass jedenfalls in dem Fall, in dem ein Dauerarbeitsplatz mit Leiharbeitnehmern besetzt wird, nicht maßgeblich ist, für welchen Zeitraum der jeweilige Leiharbeitnehmer eingesetzt wird. Das Merkmal „vorübergehend“ ist nach Auffassung der erkennenden Kammer insoweit arbeitsplatz- und nicht personenbezogen. Eine vorübergehende Überlassung wird auch nicht mehr dadurch erreicht, dass die Person des Leiharbeitnehmers wechselt, soweit der Arbeitgeber den Arbeitskräftebedarf auf einem Dauerarbeitsplatz ausschließlich mit Leiharbeitnehmern deckt.
Wenn das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 12.11.2002 (1 ABR 1/02 – AP Nr. 41 zu § 99 BetrVG 1972) noch die Ansicht vertreten hat, dass eine Überschreitung der damals geltenden Höchstüberlassungsdauer von Arbeitnehmern durch den nahtlosen Einsatz mehrerer Leiharbeitnehmer auf demselben (Dauer-)Arbeitsplatz nicht untersagt war, war das dem Sinn und Zweck der damaligen gesetzlichen Regelung geschuldet. Die Neufassung des Gesetzes in der vorstehenden Auslegung lässt diese Ansicht nicht mehr zu.
Aus diesem Grund kann es auch kein unbeschränktes Entscheidungsrecht des Arbeitgebers mehr geben, Daueraufgaben mit Leiharbeitnehmern durchzuführen (so aber Thüsing, AÜG, 3. Aufl., § 14 Rz. 168 unter Hinweis auf Landesarbeitsgericht Niedersachsen vom 28.02.2006, 13 TaBV 56/05; LAG Düsseldorf vom 30.10.2008 – 15 TaBV 114/08 – LAGE § 14 AÜG Nr. 4).
2.
Die vorläufige Einstellung der in den Anträgen bezeichneten Personen war nicht offensichtlich dringend erforderlich. Dies war gem. § 100 Abs. 3 S. 1 BetrVG gesondert festzustellen.
a) Wie das Arbeitsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, erfordert das Merkmal „dringend erforderlich“ eine Auseinandersetzung mit der Erforderlichkeit der Stellenbesetzung im betrieblichen Ablauf, während das Merkmal „offensichtlich“ auf eine grobe Verkennung der Gegebenheiten abstellt. Die Dringlichkeit muss auf nicht vorhersehbaren Umständen beruhen (Düwell-Kreuder, § 100 BetrVG, Rn. 2; Fitting, § 100 BetrVG Rn. 4; DKK-Kittner/Bachner § 100 BetrVG Rn. 2ff; a.A. Richardi-Thüsing, § 100 BetrVG Rn. 7; GK-Kraft, § 100 BetrVG Rn. 11; GL-Löwisch, § 100 BetrVG Rn. 5a; HSWGNR-Schlochauer, § 100 BetrVG Rn. 8; Matthes, MünchArbR, 2. Aufl., § 352 Rn. 124;.). Jedenfalls aber darf sich der Arbeitgeber nicht missbräuchlich selbst bewusst in Zugzwang setzen, um nach § 100 handeln zu können (LAG Hamm v. 06.10. 2006 – 10 TaBV 23/06 – juris). Und auch der alleinige Umstand, dass im Betrieb Arbeitnehmer fehlen, stellt noch keinen sachlichen Grund iSd. Vorschrift dar, weil dies bei geplanten Einstellungen die Regel ist.
In den vorliegenden Fällen mag es, wie die Arbeitgeberin es ausdrückt, „zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebs“ der kurzfristigen „Zuführung von entsprechendem Personal“ bedurft haben, aber es wäre der Arbeitgeberin auch ohne weiteres möglich gewesen, die selbst ausgewählten Leiharbeitnehmer als eigene Mitarbeiter – gegebenenfalls auch befristet – einzustellen (vgl. LAG Berlin-Brandenburg v. 09.1.2013 – 24 TaBV 1869/12; v. 19.12.2012 – 4 TaBV 1163/12; LAG Niedersachsen v. 19.09.2012 – 17 TaBV 124/11 – juris, Rn. 41). Die Vakanz der Stellen wie auch die Stellungnahme des Betriebsrats waren für die Arbeitgeberin vorhersehbar gewesen, ebenso wie das Risiko, dass die Stellenbesetzung als rechtswidrig eingestuft werden könnte. Damit lag auch die „Offensichtlichkeit“ der fehlenden Dringlichkeit vor.
b) Gem. § 100 Abs. 3 S. 1 BetrVG war positiv festzustellen, dass die vorläufigen Einstellungen der Leiharbeitnehmerinnen offensichtlich aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich waren. Dies war erforderlich, um die Rechtsfolge der Beendigung der Maßnahme zwei Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung zweifelsfrei auszulösen. Die bloße Abweisung des Feststellungsantrages des Arbeitgebers steht einer solchen ausdrücklichen Feststellung des Gerichts nicht gleich (DKK-Kittner/Bachner, § 100 BetrVG Rn. 33 mwN.).
3.
Die Anschlussbeschwerde des Betriebsrats ist zulässig und begründet.
a) Die Anschlussbeschwerde ist zulässig. Die Vorschriften über die Einlegung und Begründung der Anschlussberufung sind auch im Beschlussverfahren anwendbar. Die Fristen des § 524 ZPO sind eingehalten.
b) Die Anschlussbeschwerde ist auch begründet.
bb) Der Antrag des Betriebsrats ist zulässig.
(1) Er ist insbesondere hinreichend bestimmt iSd. entsprechend anwendbaren § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Wenngleich der Begriff „Dauerarbeitsplatz“ zu Abgrenzungsschwierigkeiten führen kann, lassen es die die streitgegenständlichen Vorgänge im Betrieb doch zu, den Begriff hinreichend zu definieren. Die Arbeitgeberin hat in erster Instanz selbst vielfach den Begriff der Dauerarbeitsplätze verwendet, ohne Zweifel an dessen Bedeutung zu äußern. Es besteht auch kein Zweifel, dass die Arbeitgeberin die nichtärztlichen Arbeitsplätze in der Klinik inzwischen überwiegend mit Leiharbeitnehmern besetzt hat, ohne die eine gesundheitliche Betreuung der Patienten nicht möglich wäre. Dabei handelt sich ersichtlich um Arbeitsplätze, die einen ständig vorhandenen, nicht schwankenden Dauerbeschäftigungsbedarf abdecken.
Auch die Einschränkung des Antrags „ohne dass ein nur zeitlich begrenzter Arbeitsbedarf besteht“ ist hinreichend bestimmt. Gemeint sind damit offensichtlich Fälle, in denen ein Dauerarbeitsplatz vorübergehend unbesetzt ist und durch eine Fachkraft besetzt werden muss oder Arbeitsplätze, die einen vorübergehenden Mehrbedarf abdecken.
(2) Der Betriebsrat hat an der begehrten Feststellung auch ein rechtliches Interesse iSd. im Beschlussverfahren entsprechend anwendbaren § 256 Abs. 1 ZPO. Das Recht des Betriebsrats, die Zustimmung zu einer personellen Einzelmaßnahme unter bestimmten Voraussetzungen zu verweigern, ist als „Rechtsverhältnis" iSv. § 256 Abs. 1 ZPO zu erachten. An der Feststellung dieses Rechts hat der Betriebsrat ein rechtliches Interesse. Denn wie sich auch exemplarisch an diesem Streitfall zeigt, erledigen sich bei personellen Einzelmaßnahmen vorübergehender Art Anträge nach § 99 Abs. 4 BetrVG häufig durch Zeitablauf. Die Arbeitgeberin stellt auch weiterhin Leiharbeitnehmer auf Dauerarbeitsplätzen ein. Daher ist ein derartiger Feststellungsantrag ein prozesswirtschaftlich sinnvoller Weg zur Klärung der betriebsverfassungsrechtlichen Streitfrage zwischen den Betriebspartnern.
cc) Der Antrag ist aus den zu 1. dargelegten Gründen auch begründet.
III.
Die Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf §§ 92 Abs. 2 S. 1, 72 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ArbGG.