Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Familienversicherung - Ausschluss - Arbeitseinkommen - Einkommenssteuerbescheid

Familienversicherung - Ausschluss - Arbeitseinkommen - Einkommenssteuerbescheid


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 1. Senat Entscheidungsdatum 31.01.2014
Aktenzeichen L 1 KR 156/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 10 Abs 3 SGB 5, § 25 Abs 3 SGB 6, § 16 SGB 4

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 13. März 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Beendigung der Familienversicherung.

Die Klägerin ist bei den Beklagten versichert und Mutter der Beigeladenen zu 1) und 2), die 1993 bzw. 1996 geboren wurden. Ihr Ehemann, der Vater der Beigeladenen zu 1) und 2), ist als selbständiger Steuerberater tätig und nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert.

In einem von den Beklagten übersandten Fragebogen zur Familienversicherung gab die Klägerin am 10. Dezember 2010 an, dass die Beigeladenen zu 1) und 2) voraussichtlich weiter bis 2011 bzw. 2013 die Schule besuchen würden. Sie legte einen gemeinsam für sie und ihren Ehemann erstellten Bescheid über Einkommenssteuer für das Jahr 2008 vom 9. Juni 2010 vor. Daraufhin hörten die Beklagten die Klägerin mit Schreiben vom 2. Februar 2011 zur beabsichtigten Beendigung der Familienversicherung der Beigeladenen an. Mit dem im Einkommenssteuerbescheid 2008 ausgewiesenen Gesamteinkommen des Ehemannes von 53.062,- € (gegenüber 13.799,- € für die Klägerin) würden die Einkommensgrenzen der Familienversicherung überschritten. Trotz des Hinweises des Ehemannes, dass sein Einkommen nur wegen Auflösung eines Sonderpostens so hoch ausgefallen sei und in Zukunft wieder geringer sein werde, beendeten die Beklagten durch Bescheide vom 23. Februar 2011 und 17. März 2011 die Familienversicherung der Beigeladenen zum 30. Juni 2010.

Der erhobene Widerspruch wurde von den Beklagten durch Widerspruchsbescheid vom 28. April 2011 zurückgewiesen. Kinder seien nicht familienversichert, wenn der mit ihnen verwandte Ehegatte oder Lebenspartner des Mitglieds nicht Mitglied einer Krankenkasse ist und sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt und regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds ist. Nach dem Steuerbescheid für 2008 habe der Ehemann der Klägerin Einnahmen in Höhe von 53.062,- €, was für das Jahr 2010 die jeweilige Beitragsbemessungsgrenze von 48.600,- € bzw. 49.950,- € übersteige. Danach sei der Bescheid vom 23. Februar 2011 rechtmäßig.

Dagegen richtet sich die am 1. Juni 2011 bei dem Sozialgericht Potsdam eingegangene Klage, mit der geltend gemacht worden ist, dass der Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2009 vom 22. Juli 2011 wieder unter den Grenzwerten liege. Es bestehe keine Veranlassung, für das Jahr 2010 das Einkommen aus 2008 statt das aus 2009 zugrunde zu legen. In dem für 2008 festgestellten Einkommen seien auch rein buchungstechnische Erträge aus der Auflösung von Sonderposten mit Rücklagenanteil enthalten, die für den Lebensunterhalt nicht zur Verfügung gestanden hätten.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 13. März 2012 abgewiesen. Zur Begründung hat es auf die (seiner Ansicht nach) zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen. Ergänzend hat es ausgeführt, dass die Beklagte mit Recht das in dem Steuerbescheid für das Jahr 2008 ausgewiesene Einkommen zugrunde gelegt habe. Der Klägerin sei bekannt gewesen, dass der Bestand der Familienversicherung für ihre Kinder von den Einkommensverhältnissen des Vaters abhänge. Den am 9. Juni 2010 erstellten Steuerbescheid habe sie der Beklagten erst am 19. Januar 2011 vorgelegt. Mit der Erteilung des Steuerbescheides habe das Einkommen des Ehemannes festgestanden. Nach der Rechtsprechung sei bei der freiwilligen Versicherung von Selbständigen immer der jeweils aktuelle Einkommenssteuer- bzw. Gewinnfeststellungsbescheid vorzulegen. Nach dem Bundessozialgericht – BSG – sei es rechtmäßig, die Einkommenssituation rückwirkend bzw. vorausschauend zu betrachten, die sich im Lauf der Jahre auch wieder anpasse. Da die Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze im Jahr 2008 erst im Jahre 2010 festgestellt worden sei, dürften die Voraussetzungen der Familienversicherung ab dem Zugang des Steuerbescheides geprüft werden. Unerheblich sei, ob das für das Jahr 2008 festgestellte Einkommen nur wegen buchungstechnischer Vorgänge so hoch ausgefallen sei. Als Einkommen zu berücksichtigen sei die Summe der Einkünfte im Sinne des Einkommenssteuerrechts. Diese ergäben sich aus dem Steuerbescheid für das Jahr 2008. Für eine abweichende Berechnung des Einkommens gebe es keine Veranlassung.

Gegen das ihr am 5. April 2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 2. Mai 2012 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung der Klägerin. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass sich die Beklagte zwar nach Vorlage des Steuerbescheides für das Jahr 2009 vom 22. Juli 2011 mittlerweile wieder bereit erklärt habe, die Familienversicherung der Beigeladenen ab dem 23. Juli 2011 fortzuführen. Der Bestand der Familienversicherung dürfe aber nicht von der Bearbeitungsdauer des Finanzamtes abhängen. Die Steuererklärung für 2009 sei bereits längere Zeit vor dem 31. Dezember 2010 dort eingereicht worden. Zu Unrecht lehne die Beklagte die Berücksichtigung eines später erstellten Steuerbescheides für das zutreffende Veranlagungsjahr ab. Das Einkommen für 2008 sei durch einmalige Besonderheiten wie dem buchungstechnischen Ertrag aus der Auflösung eines Sonderpostens mit Rücklagenanteil überhöht gewesen. Die Klägerin hat von ihrem Ehemann erstellte Gewinnermittlungen für die Jahre 2008, 2009, 2010 und 2011 sowie Steuerbescheide auch für die Jahre 2007, 2009 und 2010 vorgelegt. Das für die Jahre 2008 und 2010 ausgewiesene Einkommen entspreche nicht dem verfügbaren Einkommen, weil in diesen Jahren eine in den Jahren vorher einkommensmindernd angerechnete Investitionsrücklage aufgelöst werden musste, da es zu den geplanten Investitionen nicht gekommen sei. Auch für das Jahr 2011 müsse zusätzlich ein Betrag aus der Auflösung eines Investitionsabzugsbetrags in Höhe von 50.000,- € berücksichtigt werden, der eigentlich im Jahr 2008 als Gewinn zu berücksichtigen gewesen sei. Ein Bescheid über das Bestehen einer Familienversicherung sei nicht erteilt worden. Die BKK dürfe nicht ohne weitere Prüfung das Einkommen eines beliebigen Jahres berücksichtigen. Richtigerweise müsse der Steuerbescheid für das letzte Jahr (vor dem zu überprüfenden Zeitraum) zugrunde gelegt werden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 13. März 2012 und die Bescheide der Beklagten vom 23. Februar 2011 und 17. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2011 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf das angefochtene Urteil des Sozialgerichts. Bei der Prüfung der Familienversicherung sei auf die jeweiligen Einkommenssteuerbescheide abzustellen. Unerheblich sei, wie sich das entsprechende Gesamteinkommen zusammen setze, es komme allein auf die Überschreitung der Grenze an. Liege ein entgegenstehender Verwaltungsakt nicht vor, dürfe die Krankenkasse auch rückwirkend feststellen, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt keine Familienversicherung mehr vorgelegen habe (Hinweis auf BSG, Urt. v. 7. Dezember 2000 – B 10 KR 3/99 R).

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die den Vorgang betreffende Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts ist zutreffend. Die Bescheide der Beklagten vom 23. Februar 2011 und 17. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2011 sind nicht rechtswidrig und verletzen die Klägerin und die Beigeladenen nicht in ihren Rechten.

Rechtsgrundlage für die Beendigung der Familienversicherung sind § 10 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – SGB V- und § 25 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Elftes Buch – SGB XI -. Nach diesen Vorschriften sind Kinder nicht versichert, wenn der mit den Kindern verwandte Ehegatte oder Lebenspartner des Mitglieds nicht Mitglied einer Krankenkasse bzw. in der privaten Pflegeversicherung pflichtversichert ist und sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt und regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds ist. Der Ehegatte der Klägerin ist Vater der Beigeladenen und privat versichert, damit nicht Mitglied einer Krankenkasse im Sinne des SGB V. Sein Gesamteinkommen hat auch mit Wirkung vom 1. Juli 2010 an regelmäßig im Monat ein Zwölftel der Jahresarbeitsentgeltgrenze überstiegen.

Der Begriff des Gesamteinkommens ergibt sich aus § 16 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – SGB IV -, er umfasst die Summe der Einkünfte im Sinne des Einkommenssteuerrechts, insbesondere das Arbeitsentgelt und das Arbeitseinkommen. Mit Recht hat die Beklagte für die Bestimmung des von dem Ehegatten der Klägerin ab dem 1. Juli 2010 erzielten Arbeitseinkommens auf den beiden Eheleuten gemeinsam erteilten Steuerbescheid für das Jahr 2008 abgestellt. Gegenstand eines Einkommenssteuerbescheides ist die Festlegung der Höhe der in dem Veranlagungszeitraum erzielten Einkünfte. Schon aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität ist es geboten, dass die Krankenkassen für die Bestimmung der Einkünfte keine eigenen Ermittlungen anstellen, zu denen sie zudem regelmäßig nicht in der Lage sind dürften, sondern auf die von der Finanzverwaltung erteilten Steuerbescheide zurückgreifen. Dementsprechend hat auch die höchstrichterliche Rechtsprechung stets gebilligt, dass Tatbestandsvoraussetzungen von sozialrechtlichen Normen, die auf Einkünfte im Sinne des Einkommenssteuerrechts abstellen, unter Rückgriff auf den Inhalt der von der Finanzverwaltung erlassenen Steuerbescheide festgestellt worden sind (BSG, Urt. v. 25. August 2004 – B 12 KR 36/03 R – juris Rn 17; Urt. v. 6. November 2008 – B 1 KR 28/07 R - juris Rn 15; Urt. v. 2. September 2009 – B 12 KR 21/08 R – juris Rn 15).

Die Beklagten haben auch mit Recht für die Beurteilung der Einkünfte des Jahres 2010 auf den Steuerbescheid für das Jahr 2008 Bezug genommen und nicht auf den Erlass der Steuerbescheide für die Jahre 2009 oder 2010 gewartet, die bei Erlass der streitgegenständlichen Bescheide noch nicht vorlagen. Die streitgegenständlichen von der Beklagten erlassenen Bescheide sind auch nicht dadurch rechtswidrig geworden, dass die Steuerbescheide für die Jahre 2009 und 2010 mittlerweile vorliegen. Gegen eine Verpflichtung zur Heranziehung gerade des Steuerbescheides über den Veranlagungszeitraum, welcher mit dem Zeitraum übereinstimmt, für den der Fortbestand einer Familienversicherung überprüft wird, spricht nämlich bereits, dass eine steuerliche Veranlagung nur im Nachhinein, also für abgelaufene Zeiträume erfolgt. Es kommen hinzu die dem Steuerpflichtigen eingeräumten Antragsfristen und die Bearbeitungsdauer der Finanzverwaltung. Feststellungen über das Einkommen trifft die Finanzverwaltung nur im Nachhinein. Entscheidungen über das Fortbestehen einer Versicherung sind aber grundsätzlich vorausschauend für die Zukunft und nicht rückwirkend für einen bereits vergangenen Zeitraum zu treffen (BSG, Urt. v. 7. Dezember 2000 – B 10 KR 3/99 R – juris Rn 29/30). In diesem Zusammenhang kann ein für einen abgelaufenen Veranlagungszeitraum erstellter Steuerbescheid zwar nicht als Beleg für die aktuellen Verhältnisse, immerhin aber als Grundlage für eine zukunftsgerichtete Prognose dienen. Damit erhalten die Krankenkassen eine tragfähige Grundlage für die von Ihnen anzustellenden Berechnungen. Die Versicherten werden durch die entstehenden Ungenauigkeiten nicht übermäßig belastet, weil die Abweichungen zwischen den Prognosen und der tatsächlichen Entwicklung sich jedenfalls auf lange Sicht ausgleichen: Die Klägerin übersieht, dass sie durch die zeitversetzte Berücksichtigung der Einkommensentwicklung ihres Ehemannes nicht nur belastet, sondern auch entlastet wird. Wenn ein hohes Einkommen ihres Ehemannes aus dem Jahre 2008 für die Prüfung der Familienversicherung erst im Jahre 2010 herangezogen wird, bleibt die Familienversicherung im Jahre 2008 erhalten, obwohl eigentlich die Voraussetzungen wegen Überschreitung der Einkommensgrenze zu dieser Zeit nicht vorlagen. Kehrseite ist indessen, dass dann im Jahre 2010 von einer Überschreitung der Einkommensgrenzen ohne Rücksicht auf die tatsächliche Höhe des Einkommens ausgegangen wird. Die Richtigkeit einer Prognoseentscheidung begründet sich aber aus den zum Zeitpunkt der Prognose vorhandenen Entscheidungsgrundlagen, nicht auf möglicherweise unvorhersehbare spätere Entwicklungen. Entsprechend sind Steuerbescheide nicht nach ihrem jeweiligen Veranlagungszeitraum, sondern jeweils ab dem Zeitpunkt ihres Erlasses für die Zukunft zu berücksichtigen, bis ein neuerer Steuerbescheid vorliegt (vgl. dazu BSG, Urt. v. 6. November 2008 – B 1 KR 28/07 R - juris Rn 16-18 [betr. die Berechnung von Krankengeld]; Urt. v. 2. September 2009 – B 12 KR 21/08 R – juris Rn 16 [betr. die Berechnung von Beiträgen für Selbständige]).

Bei Orientierung an diesen Grundsätzen kann den Beklagten kein rechtswidriges Handeln vorgeworfen werden. Sie haben den Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2008 ab dem Beginn des auf seinen Erlass folgenden Monats als Grundlage für die über das Einkommen des Vaters der Beigeladenen anzustellenden Prognose genommen. Nach Vorlage des Steuerbescheides für das Jahr 2009 vom 22. Juli 2011 haben die Beklagten ihre Prognose korrigiert und die Fortsetzung der Familienversicherung ab dem 23. Juli 2011 angeboten. Für eine rückwirkende Korrektur bestand kein Anlass. Der Umstand, dass die Beklagte mit ihren streitgegenständlichen Bescheiden die Familienversicherung rückwirkend ab dem 1. Juli 2010 beendet hat, steht dazu nicht im Widerspruch. Soweit materiell-rechtlich die Voraussetzungen für eine Familienversicherung nicht mehr bestehen, ist eine Krankenkasse nicht gehindert, dies auch rückwirkend auszusprechen, soweit sie nicht durch einen anders lautenden Verwaltungsakt schon gebunden ist (BSG, Urt. v. 7. Dezember 2000 – B 10 KR 3/99 R – juris Rn 33; BSG, Urt. v. 25. August 2004 – B 12 KR 36/03 R – juris Rn 25). Letzteres ist hier nicht der Fall. Die Klägerin hat ausdrücklich angegeben, vor den streitgegenständlichen Schreiben keinen Bescheid über das Bestehen oder das Nichtbestehen einer Familienversicherung erhalten zu haben. Andere Vertrauensschutzerwägungen stehen nicht entgegen. Die Beklagte hat nicht über eine Rückforderung von bereits erbrachten Leistungen entschieden und den Beigeladenen überdies die Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung ab dem (vorläufigen) Ende der Familienversicherung angeboten.

Die von den Beklagten vorgenommene Bezugnahme auf den für das Jahr 2008 erstellten Steuerbescheid ist auch nicht deswegen zu korrigieren, weil sich die Höhe der dort für den Ehemann der Klägerin festgestellten Einkünfte erst unter Berücksichtigung der Auflösung von Rückstellungen nach § 7g EStG ergeben hat. Zwar ist in der Rechtsprechung des BSG anerkannt, dass unter bestimmten Voraussetzungen die in einem Steuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte aus sozialrechtlichen Erwägungen heraus teilweise bei der Prüfung des § 10 Abs. 3 SGB V außer Ansatz zu lassen sind (BSG v. 29. Juli 2003 – B 12 KR 16/02 R – betr. Familienzuschläge). Die Auflösung einer Ansparabschreibung nach § 7g EStG gehört aber nicht zu diesen Fällen. Ihre Funktion ist es, die Bildung von Investitionsrücklagen zu fördern, sie beinhaltet ein Absehen von der Besteuerung erzielter Gewinne, setzt allerdings voraus, dass die Investition spätestens zwei Jahre nach der Rücklagenbildung erfolgt. Die Auflösung der Rücklage führt dazu, dass die Mittel ihrer bisherigen Zweckbestimmung entzogen werden und wieder als (allgemeines) Einkommen zur Verfügung stehen (BSG v. 6. November 2008 – B 1 KR 28/07 R - juris Rn 25). Soweit die Klägerin geltend macht, es handele sich nur um buchungstechnische Vorgänge, die Mittel hätten tatsächlich im Jahre 2008 nicht zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung gestanden, will sie offenbar geltend machen, dass die Mittel schon in den Vorjahren für investitionsfremde Zwecke verbraucht worden seien. Das begründet keine Schutzwürdigkeit, weil damit den Zwecken des § 7g EStG zuwider gehandelt wurde. Im Übrigen spricht der Grundsatz der Verwaltungspraktikabilität dafür, möglichst von unterschiedlichen Einkunftsbegriffen im Steuer- und Sozialrecht abzusehen (BSG v. 6. November 2008 – B 1 KR 28/07 R - juris Rn 25). Solche zwingenden Gründe sind hier nicht ersichtlich, § 7g EStG widerspricht keinen sozialrechtlich relevanten Zielvorstellungen.

Die Beklagte ist demnach mit Recht ab dem 1. Juli 2010 von einem Einkommen des Ehemannes der Klägerin in Höhe von 53.062,- € ausgegangen, das oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze für das Jahr 2010 von 48.600,-€ und der für das Jahr 2011 von 49.950,- € lag. Die Einkünfte des Ehemannes waren auch höher als die der Klägerin, die ausweislich des Steuerbescheides für das Jahr 2008 bei 13.799,- € lagen.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, da bislang keine Rechtsprechung des BSG zu der Frage vorliegt, ob zur Überprüfung des Einkommens im Rahmen der Familienversicherung auf den jeweils vorliegenden aktuellsten Steuerbescheid der vergangenen Jahre zurückgegriffen werden darf.