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Wiederherstellungsanordnung; Austausch v. Holzkastenfenster gegen Isolierglasfenster; äußeres Erscheinungsbild; erhebliche Beeinträchtigung; Fenster als Zeugniswert; Grundsatz der Materialgerechtigkeit; Schutzkategorie; künstlerischer Bedeutung; Vorbelastung; Verhältnismäßigkeitsgrundsatz; Kosten der Wiederherstellung; Gleichbehandlungsgebot; Denkmalbereichssatzung; sachlicher Geltungsbereich (Schutzumfang) Zulassungsantrag; ernstliche Richtigkeitszweifel; Beweiswürdigung; Darlegungsanforderungen


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat Entscheidungsdatum 17.10.2014
Aktenzeichen OVG 2 N 114.12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 124a Abs 4 S 4 VwGO, DSchG BB

Tenor

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das ihnen am 8. Oktober 2012 und dem Beklagten am 4. Oktober 2012 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens tragen die Kläger.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 30.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die Zulassung der Berufung kommt nicht wegen der allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) in Betracht. Die Kläger zeigen keine gewichtigen Gesichtspunkte auf, die für den Erfolg einer Berufung sprechen. Die von ihnen genannten Gründe, die hier allein zu prüfen sind, rechtfertigen nicht den Schluss, die denkmalrechtliche Wiederherstellungsverfügung vom 27. Februar 2004, mit der der Beklagte den Rückbau der im Juli 2001 erneuerten acht Fenster der Straßenfassade und des Fensters im Giebel des Hauses auf dem Grundstück G... 9 angeordnet hat, sei rechtswidrig und daher aufzuheben gewesen.

Ohne Erfolg machen die Kläger geltend, das streitgegenständliche Grundstück liege nicht in einem denkmalgeschützten Bereich, weil ihr Anwesen zwar im örtlichen Geltungsbereich der Satzung für den Denkmalbereich Paulinenhofsiedlung in Frankfurt (Oder) vom 26. August 2004 liege, jedoch nicht in den in § 2 der Satzung festgelegten sachlichen Geltungsbereich falle. Danach ist u.a. das äußere Erscheinungsbild der Siedlung mit den baulichen Anlagen geschützt (§ 2 Nr. 1 der Satzung), wobei das Erscheinungsbild der Siedlung, der Straßenräume und der Gebäude u.a. durch die planmäßig zwischen 1922 und 1924 durch den Architekten Martin Kießling errichtete, historische Bebauung in ihren verschiedenen Formentypen (Material, Geschosszahl, Verteilung und Anzahl der Fenster- und Türöffnungen sowie Farbigkeit des Putzes) geprägt wird (§ 2 Nr. 3 a) der Satzung). Entgegen der Ansicht der Kläger kommt es nicht darauf an, dass es sich vorliegend nicht um ein originales Kießling-Haus handelt, weil die Häuserzeilen G... 9 -13 nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts von 1925 -1928 durch das damalige Heeresbauamt errichtet worden sind. Bereits aus dem Wortlaut des § 2 Nr. 1 und Nr. 3 a) der Satzung geht hervor, dass nicht ausschließlich die zwischen 1922 und 1924 durch den genannten Architekten errichteten Gebäude denkmalrechtlich erfasst werden sollten, sondern die gesamte Siedlung, deren Erscheinungsbild von den in dem genannten Zeitraum errichteten Gebäuden geprägt wird. Entsprechend ist ausweislich des örtlichen Geltungsbereichs Gegenstand der Satzung auch die sich an den Paulinenhof anschließende und diesen Bereich vervollständigende straßenbegleitende Bebauung, d.h. auch die später errichteten Häuser, deren Anordnung und Gestaltung Elemente und Formen des Paulinenhofs übernimmt. Letzteres ergibt sich aus dem Umstand, dass der Architekt Martin Kießling - wie das Verwaltungsgericht feststellt - in die Bauausführung einbezogen war. Dem können die Kläger nicht mit Erfolg unter Berufung auf den Schriftverkehr zwischen dem Stadtbaurat Dr. Ing. A... und dem Architekten entgegenhalten, die Planung stamme nicht von dem Architekten Kießling und dieser sei mit ihr auch nicht einverstanden gewesen. Ausweislich der vom Beklagten erstinstanzlich eingereichten Beiakte zum Verwaltungsvorgang trifft es zwar zu, dass der Architekt in seiner schriftlichen Stellungnahme Bedenken gegen den Stil des Entwurfs äußerte, die Stadtverwaltung in Reaktion hierauf den Bauherrn jedoch veranlasste, die Anordnung der Gebäude und ihre Gestaltung zu verändern und Grundzüge der Gestaltung des Paulinenhofs zu übernehmen. Aus Hinweisen bzw. Vermerken auf den ursprünglichen Unterlagen/Plänen geht hervor, dass sie so nicht ausgeführt wurden. Im Hinblick hierauf rechtfertigt die - wenn auch verkürzte - Darstellung in dem angefochtenen Urteil, der Architekt sei in die Bauausführung einbezogen worden, nicht die Annahme ernstlicher Richtigkeitszweifel.

Ebenso wenig verfängt der Einwand, die ursprünglich vorhandenen Kastenfenster gehörten nicht zum geschützten Bestand des Denkmalbereichs, weil nach § 2 Nr. 3 a) der Satzung lediglich die Verteilung und Anzahl der Fenster und Türöffnungen das Erscheinungsbild präge. Insoweit setzen sich die Kläger nicht in der gebotenen Weise mit der Begründung des angefochtenen Urteils auseinander. Das Verwaltungsgericht hat unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Senats ausgeführt, Fenster gehörten zum wesentlichen Bestand der geschützten Häuser und trügen wesentlich zu ihrem Zeugniswert bei. Ersatzfenster müssten daher im Material aber insbesondere in ihrer Gestaltung ihren Vorgängern folgen, um möglichst viel von der historischen Aussage zu überliefern und eine gute Einfügung in die Gesamtheit eines historischen Gebäudes zu erreichen (UA S. 15). Dazu verhält sich die Zulassungsbegründung nicht. Gerade den Fenstern kommt eine besondere Bedeutung für den Denkmalcharakter eines Baudenkmals zu, weil sie das „Gesicht“ eines Hauses maßgeblich prägen (vgl. Urteil des Senats vom 21. Februar 2008 - OVG 2 B 12.06 -, juris Rn. 26 m.w.N.). Unabhängig hiervon ist das Material in § 2 Nr. 3 a) der Satzung ausdrücklich als prägendes Element genannt und aus § 3 der Satzung geht hervor, dass die Siedlung in ihrer Gesamtheit u.a. wegen ihrer großen künstlerischen Bedeutung unter Schutz gestellt worden ist. Im Rahmen dieser denkmalrechtlichen Schutzkategorie kommt dem Material jedoch eine ausschlaggebende Bedeutung für den Denkmalwert zu, zumal zur Zeit der Unterschutzstellung nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts bauzeitliche - das Erscheinungsbild des Baudenkmals prägende - Holzkastenfenster noch vorhanden waren (vgl. Urteil des Senats vom 21. Februar 2008 - OVG 2 B 12.06 -, a.a.O. Rn. 32, 33). In Fällen wie hier ist in der Regel davon auszugehen, dass der Einbau von Kunststofffenstern zu einer mehr als nur geringfügigen Beeinträchtigung des Denkmals führt (vgl. Urteil des Senats vom 21. Februar 2008, a.a.O., Rn. 35).

Soweit die Kläger sich weiter gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts wenden, die neu eingebauten Fenster wichen optisch und konstruktiv von den vorherigen so erheblich ab, dass dies ohne weiteres in der Ansicht erkennbar sei, wodurch das überlieferte Erscheinungsbild und der Gesamteindruck erheblich beeinträchtigt würden, genügt ihr Vorbringen gleichfalls nicht den Darlegungsanforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Die Kläger setzen sich nicht hinreichend substantiiert mit der ausführlichen Beschreibung des Ergebnisses der in Augenscheinnahme der Fenster durch das Verwaltungsgericht und der detaillierten Begründung für die erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungbildes des Denkmals (UA S. 15 unten, 16 oben) auseinander. Die schlichte Behauptung des Gegenteils reicht hierfür ebenso wenig aus wie die - wenig plausible - Rüge der fehlenden Nachvollziehbarkeit. Soweit eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts gerügt wird, liegt der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur vor, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der festgestellten Tatsachen rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht (st. Rspr. des Senats). Dass die Beweiswürdigung in diesem Sinne fehlerhaft wäre, legen die Kläger nicht dar.

Fehl geht weiter der Hinweis der Kläger, die nachträglich gebauten Häuser G... 9 -10 wiesen andere Fensterformen auf als die von Martin Kießling errichteten Häuser und könnten so nicht mit den ursprünglich in der Siedlung vorhandenen anderen Fenstern verglichen werden. Denn Gegenstand der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen vergleichenden Betrachtung sind die im Gebäude der Kläger ursprünglich unstreitig vorhandenen Kastenfenster (UA S. 15). Auch der Einwand, das Erscheinungsbild der Siedlung zum jetzigen Zeitpunkt sei, wie allein das Torbogenensemble Albert-Fellert-Straße/Hermann-Bojan-Straße zeige, bereits durch den Einbau verschiedenster Fenstertypen und verschiedenster Materialien geprägt, verfängt nicht. Eine solche Betrachtungsweise wird insbesondere der bei einem Denkmalbereich gebotenen Gesamtbeurteilung nicht gerecht. Selbst wenn in einer Mehrheit von baulichen Anlagen bestimmte Bauteile ihrer historischen Bedeutung stark entkleidet sein sollten, sind sie dennoch dem Ensemble nicht entzogen, denn hier geht es um die Wahrung eines Gesamteindrucks, der nicht in Ausschnitte zerlegt und nur auf die Wirkung einer äußeren Veränderung auf das betroffene Gebäude beschränkt werden kann (vgl. Beschluss des Senats vom 22. August 2006 - OVG 2 N 193/05 -, m.w.N.; s.a. Bayer. VGH, Beschluss vom 23. Oktober 2012 - 1 ZB 10.2062 -, juris Rn. 14). Soweit die Kläger darüber hinaus rügen, auch zahlreiche Häuser der Paulinenhofsiedlung wiesen isolierverglaste Fenster auf, bei denen es sich nicht um Kastenfenster handele, legen sie bereits nicht dar, wann der Einbau erfolgt ist und inwieweit dafür Genehmigungen erteilt worden sind.

Ernstliche Richtigkeitszweifel legen die Kläger schließlich nicht in einer dem Darlegungsgebot (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) genügenden Weise dar, soweit sie geltend machen, die Wiederherstellungsanordnung sei unverhältnismäßig. So kommt der Kostenbelastung für die Wiederherstellung in der Regel keine ausschlaggebende Bedeutung zu, da sich mit ihrer Anordnung das normale wirtschaftliche Risiko einer baulichen Anlage realisiere, die den denkmalrechtlichen Vorschriften nicht entspricht. Außergewöhnlich hohe Kosten sind zudem - unabhängig davon, ob diese überhaupt geeignet wären, ausnahmsweise von einer Wiederherstellungsanordnung abzusehen - nicht substantiiert vorgetragen. Ebenso berufen sich die Kläger ohne Erfolg auf den Gleichbehandlungsgrundsatz. Mit dem Einwand, in der gesamten Siedlung seien unterschiedlichste Fenstereinbauten vorhanden, so dass der Charakter und das Gesamterscheinungsbild der Siedlung durch die von ihnen eingebauten Fenster nicht gestört werde und es unzulässig sei, den von ihnen vorgenommenen Austausch der Fenster nicht zu dulden, können sie nicht gehört werden. Der Beklagte hat in der Antragserwiderung vom 28. Februar 2013 im Einzelnen zu den von den Klägern in ihrer Aufstellung (Anl. BK 6) angeführten Gebäuden Stellung genommen, ohne dass sich daraus ein Verstoß gegen Art. 3 GG ergeben würde. Weiter hat er ausgeführt, aus welchen Gründen der Fall der Händelstraße 16 - 22 nicht mit dem vorliegenden vergleichbar ist. Dem sind die Kläger nicht entgegengetreten.

Welche Schlüsse die Kläger schließlich aus der von ihnen aufgeworfenen Frage, aus welchen Gründen ihr Haus - anders als die Häuser Georg-Friedrich-Händelstraße 22a, 32, 14,15 und 15a - nicht aus der Satzung herausgenommen worden sei, für die Richtigkeit der von ihnen angegriffenen erstinstanzlichen Entscheidung ziehen, ist der Zulassungsbegründung nicht zu entnehmen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).