Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 11. Senat | Entscheidungsdatum | 27.05.2014 | |
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Aktenzeichen | OVG 11 S 32.14 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 48 Abs 3 AufenthG, § 49 Abs 2 AufenthG, § 84 Abs 2 AufenthG, § 12 VwVG, § 14 VwVG, § 80 Abs 5 VwGO, § 146 Abs 4 VwGO |
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 1. April 2014 wird geändert. Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage VG 10 K 55.14 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 15. Januar 2014 anzuordnen, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt der Antragsteller.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für beide Rechtszüge auf 2.500 EUR festgesetzt.
Die rechtzeitig erhobene und begründete Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 1. April 2014, mit dem die aufschiebende Wirkung der Klage VG 10 K 55.14 gegen die Festsetzung unmittelbaren Zwangs im Bescheid des Antragsgegners vom 15. Januar 2014 angeordnet wurde, hat auf der Grundlage des nach § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO maßgeblichen Beschwerdevorbringens Erfolg und führt zur Zurückweisung des Antrags des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes.
Zu Recht beanstandet der Antragsgegner die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Voraussetzungen der Zwangsmittelfestsetzung deshalb nicht vorlägen, weil der Antragsteller der im Bescheid vom 19. September 2013 erfolgten Anordnung des persönlichen Erscheinens in seiner Heimatvertretung durch die Vorsprache am 8. Oktober 2013 im Generalkonsulat der türkischen Republik nachgekommen sei und der Festsetzungsbescheid vom 15. Januar 2014 der Durchsetzung der im Bescheid vom 19. September 2013 weiterhin getroffenen Anordnungen (Abgabe der geforderten Erklärungen zur Beschaffung von Heimreisedokumenten und Vornahme der dafür erforderlichen Handlungen) „ausdrücklich nicht“ gedient habe. Woraus das Verwaltungsgericht die letztgenannte Annahme ableitet, macht es schon nicht deutlich. Diese ist bei sachgerechter Auslegung des Inhalts des Bescheids vom 15. Januar 2014 auch verfehlt.
Dass der Zwangsmittelfestsetzungsbescheid den Inhalt der Anordnungen im Bescheid vom 19. September 2013 nicht vollständig zitiert, sondern nur von der Anordnung des dortigen persönlichen Erscheinens „zur Klärung Ihrer Identität und Beantragung eines Rückreisedokuments“ spricht, lässt den Schluss auf eine nur der Durchsetzung der bloßen Vorsprache im türkischen Generalkonsulat dienende Zwangsmittelfestsetzung schon deshalb nicht zu, weil der Zweck des persönlichen Erscheinens mit Klärung seiner Identität und Beantragung eines Rückreisedokuments deutlich umschrieben ist und im Bescheid vom 15. Januar 2014 sodann ausgeführt wird, zwar habe der Antragsteller am 8. Oktober 2013 im Konsulat vorgesprochen, jedoch das im Bescheid - ergänze: vom 19. September 2013 - geforderte Identitätsgespräch nicht geführt. Zutreffend verweist der Antragsgegner mit seiner Beschwerde zudem aber auch darauf, dass hierin nicht etwa separierbare Einzelpflichten benannt werden, sondern ein durch §§ 82 Abs. 4, 48 Abs. 3 und 49 Abs. 2 AufenthG vorgegebenes Pflichtenbündel zur Erlangung von Rückreisedokumenten für einen ausreisepflichtigen Ausländers. Hierbei sind die Abgabe der geforderten Erklärungen und die Vornahme der verlangten Handlungen des Antragstellers im türkischen Generalkonsulat grundsätzlich erforderlich.
Unter Zugrundelegung dieses (gebotenen) Verständnisses sind auch die Ausführungen im dritten Absatz des Bescheids vom 15. Januar 2014 zutreffend, wenn es dort im Zusammenhang mit der Festsetzung des Zwangsmittels des unmittelbaren Zwangs zur sofortigen Vorführung im türkischen Generalkonsulat heißt, der Antragsteller sei „dieser Anordnung“ nicht freiwillig nachgekommen und dort bis zum heutigen Tage nicht erschienen. Im Übrigen nimmt die Formulierung „dieser Anordnung“ auf die im Absatz zuvor erwähnte Androhung der zwangsweisen Durchsetzung der im Einzelnen umschriebenen Mitwirkungspflichten des Antragstellers im Bescheid vom 19. September 2013 und auf die entsprechenden Ausführungen hierzu im ersten Absatz des Bescheids Bezug.
Die Festsetzung des Zwangsmittels der Vorführung des Antragstellers im türkischen Generalkonsulat kann auch nicht mit der Begründung erfolgreich in Frage gestellt werden, der unmittelbare Zwang sei in Bezug auf die Abgabe der geforderten Erklärungen zur Beschaffung von Heimreisedokumenten und Vornahme der dafür erforderlichen Handlungen „kein taugliches Zwangsmittel“. Dass der Antragsteller seine diesbezüglichen Mitwirkungspflichten auch im Rahmen der zwangsweisen Vorführung noch verweigern kann, stellt die grundsätzliche Eignung einer Vorführung zur Förderung des Ziels der Beschaffung von Heimreisedokumenten nämlich gleichwohl nicht in Frage. Denn im Rahmen der Vorführung ist eine Klärung seiner Identität erreichbar und damit eine notwendige Voraussetzung für die in einem solchen Fall von der zuständigen Ausländerbehörde zu beantragende Ausstellung eines Rückreisedokuments erfüllt (vgl. die als Anlage zum Beschwerdeschriftsatz des Antragsgegners vorgelegte Verbalnote der Botschaft der Republik Türkei vom 2. Februar 2001 über die erforderliche Vorsprache im jeweils zuständigen Generalkonsulat zwecks Feststellung der Personalien).
Hierauf hat der Antragsgegner auch im Bescheid vom 19. September (dort S. 3 zweiter Absatz) bereits hingewiesen.
Auch ansonsten bestehen keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Zwangsmittelfestsetzung im Bescheid vom 15. Januar 2014. Dass eine Zwangsgeldfestsetzung anstelle der verfügten polizeilichen Vorführung vorliegend nicht in Betracht kommt, hat der Antragsgegner bereits im Rahmen der bestandskräftig gewordenen Zwangsmittelandrohung dargelegt und im angegriffenen Bescheid nur wiederholt. Hieran bestehen vor dem Hintergrund der langjährigen Missachtung der Ausreisepflicht durch den Antragsteller und seiner auf Verhinderung ihrer Durchsetzung gerichteten Bestrebungen auch in der Sache keine Zweifel.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 und 63 Abs. 3 Satz 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).