Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 12. Senat | Entscheidungsdatum | 08.11.2012 | |
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Aktenzeichen | OVG 12 B 26.11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 9 Abs 1 TEHG 2004, § 6 Abs 1 TEHG 2004, § 2 Abs 1 TEHG 2004, § 2 Abs 2 TEHG 2004, § 2 Abs 3 TEHG 2004, § 3 Abs 3 TEHG 2004, § 6 Abs 1 S 1 ZuG 2012 |
1. Die Bestimmung des Umfangs einer emissionshandelspflichtigen Anlage und damit auch der anlagenbezogenen Tätigkeit im Sinne des § 9 Abs. 1 TEHG 2004 richtet sich allein nach den Vorschriften des TEHG. Die einzelnen Zuteilungsvorschriften des ZuG 2012 enthalten lediglich eine nähere Ausgestaltung des dem Anlagenbetreiber nach § 9 Abs. 1 i.V.m. §§ 2, 3 Abs. 3 TEHG 2004 zustehenden Zuteilungsanspruchs.
2. Eine lediglich noch formell gültige immissionsschutzrechtliche Genehmigung, der keine emittierende Tätigkeit gegenübersteht, vermag jedenfalls dann keinen Anspruch auf Zuteilung von Berechtigungen nach § 9 Abs. 1 TEHG 2004 zu begründen, wenn der Betrieb eines wesentlichen Anlagenteils bereits vorBeginn der Zuteilungsperiode endgültig eingestellt worden ist und eine Wiederinbetriebnahme oder eine Ersetzung durch einen vergleichbaren Anlagenteil nicht beabsichtigt ist.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Klägerin begehrt die Zuteilung weiterer 338.438 Emissionsberechtigungen für die Handelsperiode 2008 bis 2012.
Die Klägerin betreibt in B... eine dem Emissionshandelsrecht unterliegende Anlage zur Herstellung von Papier. Zu der Anlage gehörten ursprünglich auch fünf Dampfkessel, die als Nebeneinrichtungen zusammen mit der Hauptanlage immissionsschutzrechtlich genehmigt worden waren. Die Kessel 1 bis 4 wurden zum 1. Januar 2005 aus der Anlage der Klägerin ausgegliedert und an die Stadtwerke B... veräußert. Sie werden seitdem von den Stadtwerken im Rahmen eines neu errichteten Gas- und Dampfkraftwerks betrieben, das auch den Bedarf an Dampf für die Papierproduktion der Klägerin abdeckt.
Der Kessel 5 verblieb bei der Klägerin und wurde ausweislich ihrer Angaben im Emissionsbericht für das Berichtsjahr 2005 mit Wirkung vom 31. Dezember 2004 „abgefahren“. Er diente bis zur endgültigen Stilllegung am 30. Juni 2005 als Reserve für eventuelle Betriebsausfälle des neu errichteten Kraftwerks der Stadtwerke. Zum vorgenannten Zeitpunkt wurde er ausweislich der Stilllegungsanzeige der Klägerin vom 31. Mai 2005 u.a. von der Brennstoffversorgung und dem Dampf-Rohrleitungsnetz der Papierfabrik getrennt.
Auf ihren Antrag vom 18. Oktober 2007 teilte die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) der Klägerin mit Bescheid vom 21. Februar 2008 für die Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 insgesamt 45.850 Emissionsberechtigungen zu. Dabei berücksichtigte sie entgegen der Angaben der Klägerin nicht die Emissionen, die in der maßgeblichen Basisperiode 2002 bis 2005 auf den Kessel 5 entfielen. Da der Kessel im Jahr 2005 endgültig stillgelegt worden sei, sei die Gesamtemissionsmenge der Anlage um die auf ihn entfallenden Emissionen zu bereinigen.
Der dagegen eingelegte Widerspruch hatte keinen Erfolg. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. März 2009 verwies die DEHSt ergänzend darauf, dass sich der Zuteilungsanspruch nur auf den zu Beginn der jeweiligen Zuteilungsperiode vorliegenden und genehmigten Anlagenumfang beziehe. Eine Zuteilung für Anlagenteile, die nicht mehr betrieben würden und kein Kohlendioxid mehr emittierten, komme daher nicht in Betracht. Im Übrigen sei die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Betrieb des Kessels 5 spätestens am 31. Dezember 2007 erloschen, so dass er auch genehmigungsrechtlich zu Beginn der laufenden Zuteilungsperiode nicht mehr existent gewesen sei.
Mit ihrer dagegen erhobenen Klage hat die Klägerin die Verpflichtung der Beklagten zur Zuteilung weiterer 338.438 Emissionsberechtigungen gemäß § 9 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes (TEHG) i.V.m. § 6 des Zuteilungsgesetzes 2012 (ZuG 2012) begehrt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, dass die historischen Emissionen des als Teil der Anlage immissionsschutzrechtlich genehmigten Kessels 5 zu Unrecht nicht berücksichtigt worden seien. Die von der Beklagten vertretene Auffassung, für die Zuteilung sei auf die genehmigte Anlagenkonfiguration zu Beginn der Zuteilungsperiode abzustellen, beruhe auf einem unzutreffenden Verständnis des § 9 TEHG und widerspreche der Konzeption des Zuteilungsgesetzes 2012. Der Anspruch auf Zuteilung von Berechtigungen nach § 9 Abs. 1 TEHG beziehe sich allein auf eine emissionshandelspflichtige Tätigkeit, nicht aber auf eine Anlage oder bestimmte Anlagenteile. Der Anlagenumfang spiele erst im Zusammenhang mit der Berechnung der Höhe des Zuteilungsanspruchs nach dem Zuteilungsgesetz 2012 eine Rolle. Soweit für die Bestimmung des Umfangs einer Anlage gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 TEHG die immissionsschutzrechtliche Genehmigung maßgeblich sei, sei danach auch für die Berechnung der nach § 6 Abs. 1 ZuG 2012 zuzuteilenden Berechtigungen von der Anlage in ihrer historischen, während der Basisperiode genehmigten Gestalt auszugehen. Dafür spreche sowohl der Wortlaut des § 6 Abs. 1 ZuG 2012, der eine Zuteilung nach Maßgabe der tatsächlich von der Anlage in der Basisperiode emittierten Menge an Treibhausgasen vorsehe, als auch die Gesetzessystematik. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei der streitige Kessel im Übrigen auch zu Beginn der laufenden Zuteilungsperiode noch Teil der immissionsschutzrechtlich genehmigten Anlage gewesen. Denn in Folge der Betriebseinstellung zum 30. Juni 2005 sei die Betriebsgenehmigung für den Kessel frühestens am 1. Juli 2008 erloschen.
Mit Urteil vom 10. Februar 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte bei der Berechnung der Anzahl der zuzuteilenden Berechtigungen zu Recht die auf den Kessel 5 in der Basisperiode entfallenden Emissionen nicht in Ansatz gebracht habe. Zwar erstrecke sich der Zuteilungsanspruch aus § 9 TEHG grundsätzlich auch auf Nebenanlagen, die - wie vorliegend - immissionsschutzrechtlich als Nebeneinrichtung der Hauptanlage genehmigt worden seien. Die Genehmigung für den Betrieb des streitigen Kessels sei nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 des Bundes-Immissionsschutz-gesetzes (BImSchG) jedoch bereits mit Ablauf des 31. Dezember 2007 und damit bereits vor Beginn der laufenden Zuteilungsperiode erloschen, da der Kessel zu diesem Zeitpunkt mehr als drei Jahre nicht mehr betrieben worden sei. Die stillschweigende Änderung der bisherigen regelmäßigen Betriebsweise des Kessels in eine reine Reserveanlage, die der zuständigen Immissionsschutzbehörde nicht angezeigt worden sei, könne den Beginn der Frist des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG nicht hinausschieben. Damit unterliege der früher als Nebeneinrichtung betriebene Kessel nicht mehr dem Anwendungsbereich des Gesetzes und könne einen Zuteilungsanspruch aus § 9 Abs. 1 TEHG i.V.m. § 6 Abs. 1 ZuG 2012 nicht begründen.
Unabhängig davon stehe der Klägerin selbst dann kein Anspruch auf Mehrzuteilung zu, wenn die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den endgültig stillgelegten Kessel noch nicht mit Ablauf des 31. Dezember 2007 erloschen sei. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei zwar grundsätzlich für die Bestimmung des Umfangs einer Anlage maßgeblich. Die Zuteilung von Berechtigungen nach § 9 Abs. 1 TEHG erfolge jedoch nicht bereits für das Innehaben einer solchen Genehmigung, sondern für den mit der Abgabepflicht aus § 6 Abs. 1 TEHG einhergehenden Betrieb einer emittierenden Anlage. Soweit - wie im Falle der Klägerin - bereits zum Zeitpunkt der Zuteilungsentscheidung feststehe, dass ein an sich gesondert emissionshandelspflichtiger Anlagenteil während der gesamten Zuteilungsperiode nicht mehr betrieben und auch nicht durch einen anderen Anlagenteil ersetzt werde, seien daher die von diesem Anlagenteil in der Basisperiode verursachten Emissionen bei der Berechnung des Zuteilungsanspruchs aus § 6 Abs. 1 ZuG 2012 außer Acht zu lassen. Dies gelte auch dann, wenn die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für diesen Anlagenteil noch nicht erloschen sei. Würde man demgegenüber allein auf den tatsächlichen und genehmigungsrechtlichen Umfang der Anlage in der Basisperiode abstellen, hätte dies eine Überausstattung mit Emissionsberechtigungen zur Folge, die weder mit dem Klimaschutzanliegen des Emissionshandelsrechts noch der Absicht des Gesetzgebers vereinbar sei, eine Zuteilung von Berechtigungen auszuschließen, die sich als Stilllegungsprämie auswirkten. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber außerhalb des Anwendungsbereichs der Regelung des § 10 ZuG 2012 derartige Stilllegungsprämien hätte gewähren wollen, seien nicht ersichtlich.
Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Klägerin, mit der sie ihren Mehrzuteilungsanspruch weiterverfolgt.
Unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens macht sie geltend, dass die Frage, ob der streitige Kessel zu Beginn der laufenden Zuteilungsperiode noch über eine Betriebsgenehmigung verfügt habe, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts für den Zuteilungsanspruch aus § 9 Abs. 1 TEHG ohne Bedeutung sei. Dass ihr dem Grunde nach ein Zuteilungsanspruch zustehe, ergebe sich bereits aus dem Betrieb der emissionshandelspflichtigen Papieranlage, für die ein Zuteilungsantrag gestellt worden sei. Für den Umfang dieses Zuteilungsanspruchs komme es dagegen nicht auf die Regelungen des Treibhausgas-Emissions-handelsgesetzes an, vielmehr bestimme sich dieser allein nach Maßgabe des Zuteilungsgesetzes 2012. Die hier einschlägige Zuteilungsvorschrift des § 6 Abs. 1 ZuG 2012 stelle insoweit schon vom Wortlaut her eindeutig auf die durchschnittlichen jährlichen Kohlendioxidemissionen der „Anlage in der Basisperiode“ ab und beziehe sich damit ersichtlich auf den historischen, in der Basisperiode vorliegenden Anlagenumfang. Für etwaige Veränderungen des Anlagenumfangs im Wege von Kapazitätsänderungen habe der Gesetzgeber im Zuteilungsgesetz 2012 ausdrücklich Sonderregelungen vorgesehen. Auch aus systematischen Gründen könne daher eine Veränderung des Anlagenumfangs nicht in die „Grundregel“ des § 6 Abs. 1 ZuG 2012 hinein interpretiert werden. Eine Reduzierung des Zuteilungsanspruchs wegen der Einstellung des Betriebs des Kessels Mitte des Jahres 2005 sehe das Gesetz nicht vor. Die Regelung in § 10 Abs. 1 und 5 ZuG 2012 beziehe sich allein auf die Einstellung des Betriebs einer Gesamtanlage, nicht aber auf die Stilllegung von Teilanlagen. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts widerspreche der geltend gemachte Mehrzuteilungsanspruch auch nicht Sinn und Zweck des Emissionshandels. Vielmehr sei eine Zuteilung unter Berücksichtigung der Emissionen des streitigen Kessels schon mit Blick auf ihre wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit geboten gewesen, da sie jederzeit von der beabsichtigten Stilllegung des Kessels hätte Abstand nehmen können mit der Folge, dass für dessen Weiterbetreib auch eine Pflicht zur Abgabe von Emissionsberechtigungen bestanden hätte.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 10. Februar 2011 zu ändern und die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Umweltbundesamtes, Deutsche Emissionshandelsstelle, vom 21. Februar 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2009 zu verpflichten, ihr für den Betrieb der Anlage in B... weitere 338.438 Emissionsberechtigungen für die Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 zuzuteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält an den angefochtenen Bescheiden fest und verteidigt im Wesentlichen das erstinstanzliche Urteil. Die Argumentation der Klägerin könne schon deshalb nicht überzeugen, weil sie irrtümlich die Bestimmung des zuteilungsrechtlich relevanten Umfangs einer Anlage mit der Höhe der zu ermittelnden Zuteilungsmenge gleichsetze. Die Frage, ob und für welche Anlage ein Anspruch auf Zuteilung von Emissionsberechtigungen bestehe, richte sich allein nach § 9 Abs. 1 TEHG. Soweit die Zuteilung für jede in einer Zuteilungsperiode ausgeübte und Treibhausgase emittierende „Tätigkeit“ erfolge, könne sich der Zuteilungsanspruch nur auf die zu Beginn der jeweiligen Zuteilungsperiode vorhandene Anlage in der Gestalt beziehen, in der sie tatsächlich betrieben werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (2 Hefter) verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angegriffenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten; ein Anspruch auf Zuteilung weiterer Berechtigungen steht ihr nicht zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1. Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Mehrzuteilungsanspruch ist § 9 Abs. 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes vom 8. Juli 2004 (BGBl. I S. 1578), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. August 2010 (BGBl. I S. 1163), der gemäß der Übergangsregelung in § 34 Abs. 1 Satz 1 Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz vom 21. Juli 2011 (BGBl. I S. 1475) für die Handelsperiode 2008 bis 2012 weiterhin anwendbar ist (im Folgenden: TEHG 2004). Nach § 9 Abs. 1 TEHG 2004 haben Verantwortliche für jede Tätigkeit im Sinne des Gesetzes einen Anspruch auf Zuteilung von Berechtigungen nach Maßgabe des Gesetzes über den nationalen Zuteilungsplan (hier: Zuteilungsgesetz 2012 - ZuG 2012); die Zuteilung erfolgt jeweils bezogen auf eine Tätigkeit für eine Zuteilungsperiode (§ 9 Abs. 2 Satz 1 TEHG 2004).
a) Nach der Konzeption des Gesetzes wird der Begriff der „Tätigkeit“ anlagenbezogen verstanden (vgl. Theuer, in: Frenz, Emissionshandelsrecht, 2. Aufl. 2008, § 2 TEHG Rn. 8; Körner/Vierhaus, TEHG, 2005, § 2 Rn. 2). Sowohl § 2 Abs. 1 Satz 1 als auch § 3 Abs. 3 Satz 1 TEHG 2004 verweisen für die in den Emissionshandel einbezogenen Tätigkeiten ausdrücklich auf den Anlagenkatalog in Anhang 1 des Gesetzes. Vom sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes erfasst ist damit, soweit von einer „Tätigkeit“ die Rede ist, die Freisetzung von Kohlendioxid durch das Betreiben einer der in Anhang 1 genannten Anlagen. Diesem anlagenbezogenen Begriffsverständnis folgend enthalten § 2 Abs. 2 und Abs. 3 TEHG 2004 weitergehende Regelungen zur Bestimmung des emissionshandelsrechtlich relevanten Anlagenumfangs. Dabei sind gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 TEHG 2004 bei genehmigungsbedürftigen Anlagen im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 3 BImSchG die Festlegungen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung auch für die Bestimmung maßgeblich, in welchem Umfang eine Anlage dem Emissionshandel unterliegt (vgl. BT-Drs. 16/5240, S. 31).
Für die Annahme, der Anspruch auf Zuteilung von Berechtigungen nach § 9 Abs. 1 TEHG 2004 beziehe sich allein auf eine emissionshandelspflichtige Tätigkeit, nicht aber auf eine Anlage oder bestimmte Anlagenteile, ist danach entgegen der Auffassung der Klägerin kein Raum. Insbesondere trifft es nicht zu, dass die Feststellung des Umfangs einer Anlage für den Zuteilungsanspruch aus § 9 Abs. 1 TEHG 2004 ohne Bedeutung sei und erst im Zusammenhang mit der Berechnung der zuzuteilenden Berechtigungen nach den Vorschriften des Zuteilungsgesetzes 2012 eine Rolle spiele. Der insoweit von der Klägerin vertretene Ansatz, der im Rahmen des § 9 Abs. 1 TEHG 2004 allein auf die Emissionshandelspflicht der von ihr betriebenen Anlage zur Herstellung von Papier nach Ziffer XV des Anhangs 1 des Gesetzes abstellt und hinsichtlich der Höhe des damit dem Grunde nach bestehenden Zuteilungsanspruchs ausschließlich mit einer Auslegung der hier einschlägigen Zuteilungsvorschrift des § 6 Abs. 1 Satz 1 ZuG 2012 argumentiert, vermag schon dogmatisch nicht zu überzeugen. Er verkennt, dass die Zuteilung von Berechtigungen „nach Maßgabe“ des jeweiligen Zuteilungsgesetzes angesichts des dargelegten anlagenbezogenen Begriffsverständnisses des TEHG zunächst eine Feststellung des maßgeblichen Anlagenumfangs und der maßgeblichen Anlagenkategorie voraussetzt. Die Frage, ob und in welchem Umfang eine Anlage emissionshandelspflichtig ist und damit auch ein Anspruch auf Zuteilung von Berechtigungen nach § 9 Abs. 1 TEHG 2004 besteht, ist für die jeweilige Zuteilungsperiode allein anhand der vorstehend angeführten Vorschriften des TEHG zu beantworten. Die einzelnen Zuteilungsvorschriften des Zuteilungsgesetzes 2012 enthalten insoweit lediglich eine nähere Ausgestaltung des dem Anlagenbetreiber nach § 9 Abs. 1 i.V.m. §§ 2, 3 Abs. 3 TEHG 2004 zustehenden Zuteilungsanspruchs; sie enthalten dagegen keine eigenständigen Regelungen zur Bestimmung des zuteilungsrechtlich relevanten Umfangs einer Anlage.
b) Unter Berücksichtigung der vorstehend dargelegten Gesetzessystematik begegnet die den angefochtenen Bescheiden zu Grunde liegende Auffassung der Beklagten, bei der Berechnung der der Klägerin nach § 9 Abs. 1 TEHG 2004 i.V.m. § 6 Abs. 1 ZuG 2012 zuzuteilenden Berechtigungen seien die Emissionen des streitigen Kessels 5 in der Basisperiode nicht zu berücksichtigen, keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob der Kessel zu Beginn der laufenden Zuteilungsperiode noch über eine Betriebsgenehmigung verfügte oder die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Betrieb des Kessels - wie vom Verwaltungsgericht angenommen - bereits mit Ablauf des 31. Dezember 2007 erloschen ist. Ebenso wenig muss den Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zur Einbeziehung des streitigen Kessels in die den Stadtwerken erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Neuerrichtung eines Kraftwerks weiter nachgegangen werden. Denn auch unabhängig von einer etwaigen unklaren Genehmigungslage und der Frage, ob die erstinstanzlich angenommenen Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG vorliegend erfüllt sind, steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf Mehrzuteilung von Berechtigungen nicht zu.
Zwar verweist § 3 Abs. 3 Satz 2 TEHG 2004 für die Bestimmung des Umfangs einer emissionshandelspflichtigen Anlage und damit auch der anlagenbezogenen Tätigkeit im Sinne des § 9 Abs. 1 TEHG 2004 grundsätzlich auf die Festlegungen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Nach den zutreffenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts erfolgt die Zuteilung von Berechtigungen jedoch nicht schon für das Innehaben einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, sondern für den Betrieb einer emittierenden Anlage (§§ 2 Abs. 1 bis 3, 3 Abs. 1 und 3 TEHG 2004). Nach dem System des Emissionshandelsrechts korrespondiert der Zuteilungsanspruch aus § 9 Abs. 1 TEHG 2004 mit der in § 6 Abs. 1 TEHG 2004 normierten Abgabepflicht der Anlagenbetreiber. Durch die Zuteilung und Ausgabe von Berechtigungen (§ 6 Abs. 2 TEHG 2004) wird der Anlagenbetreiber in die Lage versetzt, seiner Pflicht zur Abgabe von Berechtigungen im Umfang der durch seine Tätigkeit tatsächlich verursachten Emissionen nachzukommen. Der Anspruch auf Zuteilung von Berechtigungen, die auch in der aktuellen Handelsperiode grundsätzlich kostenlos ausgegeben werden (§ 16 ZuG 2012), stellt insoweit einen Ausgleich für die mit dem Emissionshandelssystem verbundenen Belastungen, insbesondere die Beschränkungen der Eigentumsgarantie und der Berufsfreiheit der Anlagenbetreiber, dar (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 2009 - 1 BvR 3151/07 - juris Rn. 73).
Allein der Umstand, dass sich die der Klägerin zuletzt mit Bescheid des Staatlichen Umweltamtes B... vom 29. März 2001 erteilte immissionsschutzrechtliche (Änderungs-)Genehmigung ursprünglich auch auf den Betrieb des als Nebeneinrichtung zusammen mit der Hauptanlage genehmigten Kessels 5 erstreckte, vermag danach einen Zuteilungsanspruch in dem von der Klägerin geltend gemachten Umfang nicht zu begründen. Eine bloße Anknüpfung an die formelle immissionsschutzrechtliche Genehmigungslage würde im Falle einer endgültigen Betriebseinstellung eines an sich gesondert genehmigungsbedürftigen, aber gemeinsam mit der Hauptanlage genehmigten Anlagenteils der dargelegten Bedeutung des Zuteilungsanspruchs aus § 9 Abs. 1 TEHG 2004 ersichtlich nicht gerecht. Sie würde im Gegenteil zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Privilegierung von Anlagenbetreibern führen, die wegen der Einstellung des Betriebs eines Anlagenteils nur noch hinsichtlich der Hauptanlage der Abgabepflicht nach § 6 Abs. 1 TEHG 2004 unterliegen, gleichwohl aber für die gesamte Anlage - einschließlich des stillgelegten Anlagenteils - Emissionsberechtigungen in einem Umfang erhielten, dem tatsächlich keine emittierende Tätigkeit gegenübersteht.
Dass eine derartige Privilegierung vom Gesetz nicht beabsichtigt ist, ergibt sich bereits aus der für die Bestimmung des Anlagenumfangs maßgeblichen Regelung in § 2 Abs. 2 TEHG 2004. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 TEHG 2004 werden Nebeneinrichtungen, die dem Betrieb der emissionshandelspflichtigen Haupttätigkeit dienen, nur dann vom Anwendungsbereich des Gesetzes erfasst, wenn sie für das Entstehen von Kohlendioxidemissionen von Bedeutung sein können. Für die Frage, ob und inwieweit auch Nebeneinrichtungen zu dem für die Emissionshandelspflicht und den Zuteilungsanspruch relevanten Anlagenumfang gehören, hat der Gesetzgeber damit ausdrücklich an eine tatsächliche Verursachung klimaschädlicher Emissionen angeknüpft. Danach spricht alles dafür, dass für die Bestimmung des zuteilungsrechtlich relevanten Umfangs einer Anlage jedenfalls in einer Fallgestaltung wie vorliegend, in der bereits zu Beginn der Zuteilungsperiode feststeht, dass der Betrieb eines wesentlichen, an sich gesondert genehmigungsbedürftigen Anlagenteils endgültig eingestellt worden ist und eine Wiederinbetriebnahme oder eine Ersetzung durch einen vergleichbaren Anlagenteil nicht beabsichtigt ist, auf den aktuell betriebenen Anlagenumfang abzustellen ist. Liegen die vorgenannten Voraussetzungen vor, kann auch eine lediglich noch formell gültige Betriebsgenehmigung, von der faktisch kein Gebrauch mehr gemacht wird, einen Anspruch auf Zuteilung von Berechtigungen nach § 9 Abs. 1 TEHG 2004 nicht rechtfertigen. Daran ändert auch der Hinweis der Klägerin auf ihre wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit nichts. Dass sie nach der Anzeige der endgültigen Stilllegung des Kessels zum 30. Juni 2005 und der tatsächlichen Trennung von den Versorgungseinrichtungen und dem Rohrnetz der Papierfabrik noch zu irgendeinem Zeitpunkt eine Wiederinbetriebnahme beabsichtigt hätte, ist weder dargetan noch ersichtlich.
2. Die Anwendung der Zuteilungsvorschrift des § 6 Abs. 1 Satz 1 ZuG 2012, aus der die Klägerin ihren Mehrzuteilungsanspruch herleitet, wirft nach alledem keine weiteren Probleme auf. Da sich der Zuteilungsanspruch der Klägerin aus § 9 Abs. 1 TEHG 2004 nur auf den zu Beginn der Zuteilungsperiode tatsächlich vorhandenen Anlagenumfang erstreckt, kommt es für die Berechnung der Anzahl der zuzuteilenden Berechtigungen auch allein auf die historischen Emissionen dieser Anlage in der Basisperiode an. Für eine von der Klägerin reklamierte abweichende Auslegung des Begriffs der „Anlage“ im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 ZuG 2012 ist aus den vorstehend dargelegten Gründen kein Raum. Die Höhe der von der Beklagten ohne Berücksichtigung des Kessels 5 errechneten Zuteilungsmenge ist von der Klägerin weder erstinstanzlich noch im Berufungsverfahren angegriffen worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.