Gericht | OLG Brandenburg 5. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 24.11.2011 | |
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Aktenzeichen | 5 U 54/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 9. Juli 2010 – Az. 11 O 435/09 – wird hinsichtlich des Hauptantrages zurückgewiesen. In Bezug auf den Hilfsantrag wird die Berufung als unzulässig verworfen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die beklagte Stadt nicht Eigentümerin des im Grundbuch von F… Blatt 15196 verzeichneten Grundstücks H… 33/34, Flurstück 96 der Flur 26, ist. Bis zum Jahr 1953 war Frau C… P… als Grundstückseigentümerin im Grundbuch eingetragen. Aufgrund Beschlusses des Staatlichen Notariats F… vom 12. April 1956 – Az. VI 23/54 – ist im Jahr 1956 Volkseigentum eingetragen worden. Rechtsträger war zuletzt der VEB W…. Nach dessen Umwandlung gemäß § 11 Abs. 1 TreuhG am 23. Juni 1990 in die Gemeinschuldnerin ist diese am 21. Januar 1991 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen worden. Nachdem das Amtsgericht Frankfurt (Oder) den Beschluss des Staatlichen Notariates vom 12. April 1956 mit Beschluss vom 8. September 2000 (Az. 6 VI 19/92) aufgehoben und der Erbin der voreingetragenen Eigentümerin, Frau C… L…, am 25. September 2000 einen Erbschein erteilt hatte, ist letztere am 3. November 2003 eingetragen worden. Aufgrund Auflassung vom 4. Juni 2004 an die Gemeinschuldnerin ist diese am 14. April 2005 als Grundstückseigentümerin in das Grundbuch eingetragen worden. Die Parteien streiten über die Frage, ob die beklagte Stadt gleichwohl gemäß Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB Eigentum an dem in Rede stehenden Grundstück erlangt hat.
In erster Instanz hat der Kläger beantragt,
festzustellen, dass die Beklagte nicht Eigentümerin des Grundstücks Flurstück 96, Flur 26, Liegenschaft H… 33/34, eingetragen im Grundbuch von F... Blatt 15196 ist,
hilfsweise festzustellen, dass ihr kein Grundbuchberichtigungsanspruch gegenüber ihm bezüglich des Grundstücks Flurstück 96, Flur 26, Liegenschaft H… 33/34, eingetragen im Grundbuch von F… Blatt 15196, zusteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen des Sachverhaltes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Zu ergänzen ist, dass, nachdem der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin der Zuordnung des Grundstücks unter dem 3. Februar 1995 zugestimmt hatte, am 16. November 1998 ein (erster) entsprechender Zuordnungsbescheid erging. Dieser Bescheid wurde jedoch nicht im Grundbuch vollzogen, da zwischenzeitlich das Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin eröffnet worden war und der Verwalter einer Zuordnung des Grundstücks an die Beklagte nicht zustimmte. Der Zuordnungsbescheid vom 16. November 1998 wurde deshalb mit Bescheid vom 17. August 2001 wieder aufgehoben.
Der Kläger hat am 20. November 2003 eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az. 11 O 505/03, gegen Frau C… L… erwirkt, aufgrund derer am 8. Dezember 2003 ein Verfügungsverbot zum Nachteil der Gemeinschuldnerin sowie ein Widerspruch zugunsten der Gemeinschuldnerin gemäß § 899 BGB gegen die Eigentumsumschreibung auf Frau L… im Grundbuch eingetragen worden ist. Am 5. August 2010 ist auf Ersuchen des BARoV vom 2. Juni 2010 zugunsten der Beklagten gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 VZOG gegen die auf die Gemeinschuldnerin erfolgte Umschreibung des Eigentums ein Widerspruch im Grundbuch eingetragen worden.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe gemäß Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB außerhalb des Grundbuchs wirksam Eigentum an dem Grundstück erlangt. Der Hilfsantrag sei unzulässig, da eine negative Feststellungsklage nicht auf die Klärung der Anspruchsberechtigung gerichtet sein könne. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er im Wesentlichen geltend macht, der Erwerb nach § 237 § 2 Abs. 2 EGBGB trete nicht allein infolge Zeitablaufs ein, es sei vielmehr zusätzlich ein Rechtsscheinstatbestand erforderlich. In der Zeit vom 3. Oktober 1990 bis zum 30. September 1998 müsse entweder durchgängig Volkseigentum oder jedenfalls Eigentum des späteren Zuordnungsberechtigten eingetragen gewesen sein, hieran fehle es unstreitig.
In Rechtsprechung und Schrifttum sei anerkannt, dass der gesetzliche Eigentumserwerb nach § 237 § 2 Abs. 2 EGBGB an sich die Eintragung von Volkseigentum am 2. Oktober 1990 und am 30. September 1998 voraussetzt, es aber ausreicht, wenn im zweiten Zeitpunkt bereits der Abwicklungsberechtigte bzw. eine von diesem ausgegliederte Gesellschaft im Grundbuch eingetragen ist. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift könne nicht zweifelhaft sein, dass es für den Erwerbstatbestand nicht ausreicht, wenn - wie hier - am 30. September 1998 weder Eigentum des Volkes noch der Zuordnungsberechtigte eingetragen gewesen sei. Es handele sich bei § 237 § 2 Abs. 2 EGBGB um einen besonderen Ersitzungstatbestand für ehemaliges DDR-Vermögen, weil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die allgemeinen Ersitzungsvorschriften zugunsten von Volkseigentum jedenfalls für den Zeitraum der Fortgeltung des BGB in der DDR nicht in Betracht gekommen seien. Die Vorschrift sei bewusst § 900 BGB nachempfunden und knüpfe als Rechtsscheintatbestand an die Innehabung einer kontinuierlichen Buchposition über einen Zeitraum von ca. 7 Jahren an. Da die Beklagte zu keinem Zeitpunkt eine Buchposition innegehabt habe, die einen Anknüpfungspunkt für den Erwerb hätte bilden können, habe sie nach § 237 § 2 Abs. 2 EGBGB kein Eigentum erwerben können.
Der Kläger beantragt,
in Abänderung des angefochtenen Urteils nach den erstinstanzlichen Anträgen des Klägers zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und macht geltend, die Gemeinschuldnerin habe schon im Hinblick auf die von ihr selbst erwirkte Grundbuchlage von Frau L… nicht gutgläubig Grundstückseigentum erwerben können. Weder die Gemeinschuldnerin habe Grundstückseigentum erlangt (aufgrund Umwandlungserklärung vom 23. Juni 1990 oder eines sog. share deals vom 7. August 1992), noch die Erbin der vormaligen Grundstückseigentümerin. Die Beklagte als Zuordnungsberechtigte sei vom Eigentumserwerb nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB nicht wegen fehlender Grundbucheintragung am 30. September 1998 ausgeschlossen. Das folge aus der Tatsache, dass eine Eintragung der Beklagten bereits im Jahr 1998 ausschließlich an der Weigerung des Klägers gescheitert sei, am Vollzug des (1.) Zuordnungsbescheides vom 16. November 1998 mitzuwirken. Erst danach seien weitere Erwerbstatbestände geschaffen worden, die die Zuordnung vereiteln sollten.
II.
A)
Die Berufung ist in Bezug auf den Hauptantrag zulässig. Hinsichtlich des Hilfsantrags, gerichtet auf die Feststellung, dass der beklagten Stadt gegen den Kläger kein Grundbuchberichtigungsanspruch betreffend das streitgegenständliche Grundstück zusteht, fehlt es an einer Berufungsbegründung i.S.v. § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO. Insoweit ist die Berufung bereits unzulässig.
B)
In der Sache bleibt die Berufung des Klägers, mit der er den erstinstanzlichen Hauptantrag weiterverfolgt, ohne Erfolg, denn die Beklagte ist Eigentümerin des im Grundbuch von F…, Blatt 15196 verzeichneten Flurstücks 96 der Flur 26.
Der bestandskräftige Zuordnungsbescheid des BARoV vom 25. April 2005, demzufolge die Beklagte am 3. Oktober 1990 Grundstückseigentümerin geworden ist, ist zwar vorbehaltlich privater Rechte Dritter ergangen und schloss einen entsprechenden anderweitigen privatrechtlichen Rechtserwerb damit nicht aus. Ein derartiger Rechtserwerb hat jedoch nicht stattgefunden.
1.a) Die Beklagte stützt ihre behauptete Eigentümerstellung auf Art. 237 § 2 EGBGB. Diese Vorschrift soll die oft zweifelhafte, weil materiellrechtlich nicht mit dem Grundbuch übereinstimmende Eigentumslage an Grundstücken im Beitrittsgebiet klären. Zur Klärung der Rechtslage ordnet die Vorschrift in den Fällen fehlender materieller Berechtigung einen gesetzlichen Eigentumserwerb an. Der Vorschrift liegt die Vorstellung zugrunde, dass jedem, der sich auf einen Mangel berufen kann, die zeitlich begrenzte letzte Möglichkeit eingeräumt wird, diesen Mangel geltend zu machen; danach soll im Interesse des Rechtsfriedens eine Berufung auf den Mangel nicht mehr möglich sein (Schmidt-Räntsch, Investitionsvorrang und Eigentumsrecht nach dem WoModSiG, VIZ 1997, 449, 453; MüKo-Busche, BGB, 4. Aufl., Art. 237 § 2 EGBGB Rn 1; Senat, Urteil v. 24.09.2009, Az. 5 U 143/08 = ZOV 2010, 21). Ohne diese zeitliche Beschränkung könnten inhaltlich falsche Eintragungen - vorbehaltlich einer Buchersitzung - unbefristet nach § 894 BGB angegriffen werden.
Während Art. 237 § 2 Abs. 1 EGBGB jede unrichtige Eigentumseintragung erfasst, enthält Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB für Volkseigentum eine eigenständige Sonderregelung, die Besonderheiten bei eingetragenem Volkseigentum Rechnung tragen soll. Gemäß Art. 233 § 2 Abs. 1 EGBGB besteht seit dem 3. Oktober 1990 kein Volkseigentum mehr, es ist vielmehr auf diejenigen juristischen Personen übergegangen, denen das frühere Volkseigentum nach den Zuordnungsvorschriften des Einigungsvertrages und späterer Gesetze zugefallen ist. Die Regelung in Abs. 2 ist vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29. März 1996 (BGHZ 132, 245) eingefügt worden, derzufolge der Zuordnungsberechtigte bei zu Unrecht eingetragenem Volkseigentum jedenfalls nicht vor dem 31. Dezember 2005 Eigentum i.S.v. § 903 BGB durch Ersitzung erlangen kann (vgl. BT-Drucks. 13/7275 S. 34).
b) Im vorliegenden Fall war unstreitig am 3. Oktober 1990 Volkseigentum eingetragen, ohne dass Volkseigentum wirksam entstanden war. Mangels wirksamer Erbausschlagung für C… L… als Erbeserbin der C… P… war jene materiellrechtlich Berechtigte. Aufgrund der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Februar 2010 (BVerwG 3 B 86.09) steht auch fest, dass die Beklagte - entsprechend dem Bescheid des BARoV vom 25. April 2005 - Zuordnungsberechtigte i.S.v. § 237 § 2 Abs. 2 EGBGB ist.Deren mit bestandskräftigem Vermögenszuordnungsbescheid festgestelltem Eigentumserwerb mit Wirkung zum 3. Oktober 1990 stehen wirksamer privatrechtlicher Verfügungen nicht entgegen.
2. Gemäß Art. 237 § 2 Abs. 2 S. 3 i.V.m. Abs. 1 S. 2 EGBGB bleiben von dem gesetzlich angeordneten Eigentumserwerb zwischenzeitliche Verfügungen über das Grundstück unberührt. Zwischenzeitliche Verfügungen des eingetragenen Abwicklungsberechtigten bzw. des Verfügungsbefugten i.S.v. § 8 VZOG hindern demnach wie in den Fällen des § 2 Abs. 1 den gesetzlichen Eigentumserwerb (MüKo-Busche, a.a.O., Art. 237 § 2 Rn 14). Voraussetzung ist die dingliche Wirksamkeit der Verfügung durch Erwerb eines Dritten; der Verfügungstatbestand muss vor dem 1. Oktober 1998 erfüllt sein.
Die Eintragung der Gemeinschuldnerin im Grundbuch infolge der Umwandlung des VEB W… im Jahr 1991 begründete keinen Zwischenerwerb in diesem Sinne. Es fehlt insoweit bereits an einer Verfügung über das Grundstück, da der zuvor in Rechtsträgerschaft befindliche Grund und Boden im Fall der Umwandlung nach § 11 Abs. 2 S. 2 TreuhG kraft Gesetzes in das Eigentum der Kapitalgesellschaft übergeht.
Auch für einen gutgläubigen Erwerb der Gemeinschuldnerin vor dem 1. Oktober 1998 ist kein Raum. Der durch § 892 BGB geschützte Rechtserwerb muss durch Rechtsgeschäft erfolgen; ein Erwerb durch Hoheitsakt, insbesondere kraft Gesetzes, wird dagegen nicht von § 892 BGB erfasst wird. Nach allgemeiner Meinung ist weitere Voraussetzung, dass es sich um ein Verkehrsgeschäft handelt. Die Durchbrechung der Anknüpfung an die materielle Rechtslage wird nur als gerechtfertigt angesehen, wenn an dem zur Rechtsänderung führenden Rechtsgeschäft auf der Erwerberseite mindestens eine Person beteiligt ist, die nicht auch auf der Veräußererseite beteiligt ist. Diese Voraussetzungen erfüllt die Umwandlung nach § 11 TreuhG nicht.
Die Veräußerung der zuvor von der Treuhandanstalt allein gehaltenen Geschäftsanteile an der Alleingesellschafterin der Gemeinschuldnerin im Jahr 1992 stellt ebenfalls keine „Verfügung über das Grundstück“ i.S.v. Art. 237 § 2 Abs. 1 EGBGB dar.
3. Die Gemeinschuldnerin hat das Grundstückseigentum auch nicht aufgrund des Grundstückskaufvertrages mit Frau L… im Jahr 2004 erworben.
a) Frau L… konnte über das Grundstückseigentum im Jahr 2004 nicht als Berechtigte verfügen.
aa) Ob dies bereits aus dem rechtskräftigen Anerkenntnisurteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 18. November 2003 folgt, demzufolge Frau L… keine Grundbuchberichtigungsansprüche nach § 894 BGB bezüglich des in Rede stehenden Grundstücks zustehen, kann dahinstehen. Nach § 322 Abs. 1 ZPO erwächst in Rechtskraft grundsätzlich nur der vom Gericht aus dem vorgetragenen Sachverhalt gezogene Schluss auf das Bestehen oder Nichtbestehen der beanspruchten Rechtsfolge, nicht aber die Feststellung der zugrunde liegenden präjudiziellen Rechtsverhältnisse oder sonstigen Vorfragen. Ob ein Urteil über den Grundbuchberichtigungsanspruch rechtskräftig auch über das Bestehen oder Nichtbestehen des geltend gemachten dinglichen Rechts entscheidet, ist deshalb zweifelhaft (vgl. BGH NJW-RR 2008, 1397; NJW-RR 2002, 516 m.w.N. zum Streitstand).
bb) Jedenfalls hatte Frau L… das vormals bestehende – und vom Zuordnungsbescheid nicht berührte – Eigentum bereits mit Ablauf des 30. September 1998 verloren.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass Frau L… bis zum Stichtag keine den Erwerb hindernde Handlung im Sinne des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB vorgenommen hat. Fraglich ist damit allein, ob das vormals bestehende Eigentum der Frau L… über den 30. September 1998 hinaus fortbestand, weil am zweiten Stichtag weder Volkseigentum noch die wahre Zuordnungsberechtigte im Grundbuch eingetragen war. Nach dem Wortlaut des Art. 237 § 2 Abs. 2 S. 1 EGBGB erwirbt die nach den Vorschriften über die Abwicklung des Volkseigentums berechtigte juristische Person des öffentlichen oder des Privatrechts das Eigentum, wenn die Eintragung „Eigentum des Volkes“ vor dem 3. Oktober 1990 erfolgt ist und sie bis zum Ablauf des 30. September 1998 nicht durch eine rechtshängige Klage des wirklichen Eigentümers oder gleichgestellte Maßnahmen angegriffen worden ist. Die Vorschrift enthält einen Eigentumserwerbstatbestand zugunsten der Personen, denen bei der Abwicklung von Volkseigentum das Eigentum zuzuordnen wäre. Sie sollen es auch dann erwerben, wenn vor dem 3. Oktober 1990 Volkseigentum zu Unrecht eingetragen worden war, der wahre Eigentümer seine Rechte aber bis zum 30. September 1998 nicht geltend gemacht hat (BGH VIZ 2003, 344 ff.). Die Eintragung des - „richtigen“ - Zuordnungsberechtigten ist nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung nicht erforderlich.
Es entspricht zudem allgemeiner Ansicht, dass Art. 237 § 2 EGBGB nicht nur in Fällen eingreift, in denen das Grundbuch vom 2. Oktober 1990 bis zum Fristablauf unverändert geblieben ist. Die Formulierung der Vorschrift legt bereits nahe, dass ein unveränderter Grundbuchbestand keine Voraussetzung für den Rechtserwerb nach Fristablauf ist; dies folgt insbesondere aus der Regelung, wonach Zwischenverfügungen unberührt bleiben, sowie dem Umstand, dass der Rechtserwerb bei Bewilligung der Grundbuchumschreibung durch den eingetragenen Eigentümer unterbleibt (vgl. Schmidt, Gohrke, Art. 237 § 2 EGBGB – Eine echte Ausschlussfrist? VIZ 2000, 698 f).
Der Bundesgerichtshof hat dementsprechend bereits mehrfach entscheiden, dass Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB auch dann heranzuziehen ist, wenn am 30. September 1998 nicht mehr Volkseigentum eingetragen war, sondern der Abwicklungsberechtigte selbst bzw. eine Gesellschaft, die dessen Funktion übernommen hat, da hierdurch lediglich die Zuordnung verlautbart worden ist, die der Abwicklung des Volkseigentums entspricht und die der Gesetzgeber legalisieren wollte (BGH ZOV 2003, 171; MDR 2003, 2003, 1172; ZOV 2004, 17; so auch OLG Dresden, ZOV 2000, 245; KG, ZOV 2006, 274). Der Eigentumserwerb des Zuordnungsberechtigten findet demnach unabhängig davon statt, ob dieser im Zeitpunkt des Erwerbs selbst im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist, etwa aufgrund eines Zuordnungsbescheides, oder ob dort noch Eigentum des Volkes eingetragen ist (MüKo-Busche, aaO, Rn 11, 14; Staudinger-Rauscher, BGB, Stand 2003, Art. 237 § 2 EGBGB Rn 31; Palandt-Bassenge, Archiv Teil II, Art. 237 § 2 EGBGB Rn 3).
Den vorgenannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs lässt sich nicht entnehmen, dass die Eintragung anderer (juristischer) Personen zum 2. Stichtag, die selbst weder zuordnungsberechtigt sind noch durch Zwischenerwerb wirksam Eigentum erlangt haben, dem Eigentumserwerb des Zuordnungsberechtigten entgegenstehen würde. Für diese Annahme besteht für den vorliegenden Fall aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung auch keine Veranlassung. Nach Auffassung des Senats ist der - hier gegebene - Fall, dass am 30. September 1998 zunächst der „falsche“ Zuordnungsberechtigt eingetragen war, für den Eigentumserwerb des wahren Berechtigten unschädlich. Mit der Eintragung der Gemeinschuldnerin ist zwar nicht diejenige Zuordnung verlautbart worden, die der Abwicklung des Volkseigentums entsprach. Die hierin zum Ausdruck kommende vorläufig fehlerhafte Zuordnung des Volkseigentums rechtfertigt indessen keine andere Behandlung als derjenigen Fälle, in denen am 30. September 1998 bereits der Abwicklungsberechtigte selbst als Eigentümer eingetragen war. Auch dies ist letztlich eine Konstellation, in der die Eigentumslage an Grundstücken materiellrechtlich nicht mit dem Grundbuch übereinstimmt und durch die Vorschrift des Art. 237 § 2 EGBGB endgültig geklärt werden soll.
Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB schützt den aus der Abwicklung des Volkseigentums Berechtigten, wenn vor dem 3. Oktober 1990 zu Unrecht Eigentum des Volkes eingetragen wurde und der wahre Berechtigte bis zum Ablauf der Ausschlussfrist nicht in der im einzelnen geregelten Weise tätig geworden ist (BGH ZOV 2003, 171). Die Nennung des 30. September 1998 ist demnach im Wesentlichen als Frist für das Ergreifen der genannten Maßnahmen von Bedeutung; verstreicht sie ungenutzt, entsteht – vorbehaltlich eines hier nicht festzustellenden Zwischenerwerbs – Eigentum des Zuordnungsberechtigten.
Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB knüpfe als Rechtsscheintatbestand an die Innehabung einer kontinuierlichen Buchposition an, trifft dies nicht zu, da bei zu Unrecht eingetragenem Volkseigentum regelmäßig nicht der Bucheigentümer Eigentum erwirbt; der Grundstückserwerb vollzieht sich vielmehr grundsätzlich zu Gunsten einer nicht aus dem Grundbuch ersichtlichen juristischen Person. Es kommt deshalb nicht darauf an, dass die Beklagte zu keinem Zeitpunkt eine Buchposition innegehabt hat.
In dinglicher Hinsicht steht damit fest, dass Frau L… nach ungehemmtem Fristablauf nicht mehr Herausgabe des Grundstücks und Grundbuchberichtigung verlangen konnte. Im Juni 2004 war sie nicht mehr Eigentümerin des Grundstücks und das Grundbuch insoweit unrichtig.
b) Auch ein gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten gemäß § 892 BGB zugunsten der Gemeinschuldnerin kommt insoweit nicht in Betracht. Zum einen erscheint es bereits zweifelhaft, ob die Auflassung vom 4. Juni 2004 als Verkehrsgeschäft angesehen werden kann, da sie – soweit ersichtlich – unentgeltlich erfolgte und offenkundig vordergründig der - aus Sicht des Klägers - Berichtigung des Grundbuchs dienen soll. Zudem war der an die Eintragung der Frau L… anknüpfende öffentliche Glaube durch den auf Veranlassung der Gemeinschuldnerin eingetragenen Widerspruch gemäß § 899 Abs. 1 BGB erschüttert. Die fehlende materielle Berechtigung der Frau L… war der Gemeinschuldnerin zudem aufgrund des Anerkenntnisurteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 18. November 2003 bekannt.
Da ein wirksamer privatrechtlicher Erwerb demnach nicht festgestellt werden kann, bleibt es beim Eigentumserwerb der Beklagten.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709, S. 2 ZPO.
5. Gründe, die eine Zulassung der Revision rechtfertigen könnten (§ 543 Abs. 2 ZPO), liegen nicht vor. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
Eine Sache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfragen aufwirft, die sich über den Einzelfall hinaus in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen können und deshalb für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind, oder wenn andere (tatsächliche oder wirtschaftliche) Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interessen in besonderem Maße berühren.
Im Streitfall fehlt es an einer grundsätzlichen Bedeutung der Sache im Hinblick auf die Frage, ob der Erwerbstatbestand des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB nicht eingreift, wenn am 30. September 1998 der falsche Zuordnungsberechtigte als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Bei auslaufendem Recht setzt dieser Zulassungsgrund voraus, dass gleichwohl Klärungsbedarf fortbesteht (BGH, Beschluss v. 10. Februar 2011, Az. IX ZR 45/08; Beschluss v. 7. Mai 2009, Az. IX ZR 151/07). Entsprechendes gilt in Bezug auf das Übergangsrecht nach Art. 237 EGBGB. Derartiger Klärungsbedarf ist weder ersichtlich noch wird er vom Kläger dargelegt; dem für Grundstückssachen zuständigen Senat sind vergleichbare Fälle nicht bekannt geworden. Da der Senat nicht von obergerichtlicher oder höchstrichterlicher Rechtsprechung abweicht, ist die Revisionszulassung auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung veranlasst.