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Entscheidung 4 U 89/10


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 4. Zivilsenat Entscheidungsdatum 31.08.2011
Aktenzeichen 4 U 89/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 14. Mai 2010 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 31.500,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. Februar 2009 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die künftigen Schäden zu erstatten, die ihm mittelbar oder unmittelbar aus der am 2. September 2003 gezeichneten Beteiligung an der F… GmbH & Co.KG im Nennwert von 30.000,00 € entstehen.

3. Die Verurteilung gemäß Ziffern 1. und 2. erfolgt Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots des Klägers auf Übertragung der von ihm am 2. September 2003 gezeichneten Beteiligung an der F… GmbH & Co.KG im Nennwert von 30.000,00 € sowie Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung an die Beklagte.

4. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Übertragung der vom Kläger am 2. September 2003 gezeichneten Beteiligung an der F… GmbH & Co.KG im Nennwert von 30.000,00 € in Verzug befindet.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz haben der Kläger 16 % und die Beklagte 84 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils gegnerische Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Der Kläger, ein Arzt und seit 1993 Kunde der beklagten Bank, bei der er ein Giro-, ein Sparkonto und ein Depot unterhielt, nimmt diese im Wege des Schadensersatzes auf Rückabwicklung einer Beteiligung an der F… GmbH & Co.KG, Feststellung der Verpflichtung zur Freistellung von daraus resultierenden steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen und entgangenen Gewinn in Anspruch. Er begehrt zudem die Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagten hinsichtlich der Übertragung der Beteiligung.

Der Kläger beteiligte sich als Gesellschafter über die Treuhandkommanditistin M… GmbH mit Zeichnungsschein vom 2. September 2003 (Bl. 27 d.A., Anlage K 1) in Höhe von 30.000,00 € zuzüglich 5 % Agio an der F… GmbH & Co.KG (im Folgenden: Fondsgesellschaft oder V…). Gegenstand des im Verkaufsprospekt, den Kurzprospekten bzw. Flyern der Beklagten als „Garantiefonds“ beworbenen Fonds, zu dem die Beklagte am 9. Oktober 2002 ein Steuergutachten der P… GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (Anlage CB 30, Bl. 1289 ff. d.A.) und am 12. November 2002 ein Prospektgutachten der E… AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (Anlage CB 31, Bl. 1315 ff. d.A.) eingeholt hatte, war die Finanzierung von Filmproduktionen und deren Vermarktung.

Vorgestellt und erläutert wurde die Geldanlage durch die dem Kläger langjährig bekannte Mitarbeiterin der Beklagten, G… B…, wobei Einzelheiten des Gesprächs streitig sind, insbesondere ob dabei der Verkaufsprospekt (Bl. 37 ff. d.A., K 3) vorlag und dem Kläger überreicht wurde.

In dem Verkaufsprospekt heißt es auf Seite 40 (Bl. 56R d.A.) unter „Mittelverwendung“ zu Punkt 0.2: "Eigenkapitalvermittlung 8,9 %". Auf derselben Seite wird dieser Punkt wie folgt erläutert:

"Der Vertrag über die Eigenkapitalbeschaffung wurde mit der V… Beratung für Banken AG abgeschlossen. Die Vergütung in Höhe von 8,9% des Beteiligungskapitals beinhaltet eine gegebenenfalls anfallende Umsatzsteuer. Zuzüglich zu dieser Vergütung erhält die V… Beratung für Banken AG das Agio. …"

Auf derselben Seite wird das Agio wie folgt erläutert: "Ein Agio in Höhe von 5 % auf die Zeichnungssumme (Kommanditkapital) wird innerhalb einer Woche nach Zugang der Annahme der Beitrittserklärung zur Zahlung fällig. Es dient der Eigenkapitalvermittlerin, der V… Beratung für Banken AG, zur zusätzlichen Abdeckung von Vertriebsaufwendungen."

Auf Seite 69 (Bl. 71 d.A.) heißt es zu dem "Eigenkapitalvermittlungsvertrag" zwischen der V… Beratung für Banken AG und der Fondsgesellschaft unter anderem:

"Die V… AG hat das Recht, ihre Rechte und Pflichten aus dieser Vertriebsvereinbarung auf Dritte zu übertragen, …“.

Die V… Beratung für Banken AG leitete aus den vereinnahmten Provisionen 8,25 % an die Beklagte weiter, ohne dass dies dem Kläger offengelegt wurde.

Die Beteiligung entwickelte sich wirtschaftlich nicht wie erwartet, Ausschüttungen wurden nicht vorgenommen. Nach dem Ergebnis des gegen die – zwischenzeitlich rechtskräftig zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilten – Initiatoren des V… eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wurden die für die Filmproduktion vorgesehenen Mittel zudem abweichend vom Inhalt des Emissionsprospekts zu etwa 80 % zweckfremd investiert. Das Finanzamt … entzog dem Fonds daher die vorläufige steuerliche Anerkennung der Verluste und hob den insoweit ergangenen Grundlagenbescheid auf.

Der Kläger warf der Beklagten u.a. vor, ihn im Rahmen des als Beratungsvertrag zu qualifizierenden Vertragsverhältnisses falsch beraten und über wesentliche Umstände, namentlich die Innenprovision, nicht aufgeklärt zu haben. Wahrheitswidrig seien zudem die Anlage und die Steuervorteile als sicher dargestellt worden. Die Beraterin B… habe versichert, dass es sich um eine absolut sichere Anlage handle, weil die D… Bank für die Rückzahlung des Anlagebetrages bürge; weder die Hintergründe der angeblichen Bankgarantie, noch der Unterschied zwischen einer Bankgarantie und einer Schuldübernahme seien erläutert worden. Den Verkaufsprospekt, der ohnehin in vielfacher Hinsicht fehlerhaft sei – hinsichtlich der Einzelheiten des klägerischen Vorbringens wird auf dessen Schriftsatz vom 30. März 2009 (Bl. 484 ff. d.A.) Bezug genommen –, habe er vor Zeichnung der Anlage nicht erhalten.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er könne nach alledem Erstattung des Erwerbspreises Zug-um-Zug gegen Übertragung der Geschäftsanteile verlangen. Seine Mitwirkung sei auf das ihm Mögliche beschränkt, so dass wegen der Zustimmungsbedürftigkeit der Übertragung der Gesellschaftsanteile und des Eintritts in den Darlehensvertrag der Zug-um-Zug-Vorbehalt gegen das Angebot auf Übertragung genüge. Steuervorteile seien nicht in Abzug zu bringen, denn es sei absehbar, dass es nicht nur zu Steuerrückforderungen kommen, die Anleger vielmehr weitere steuerliche Schäden, z.B. in Form von Säumniszuschlägen, erleiden werden. Als entgangenen Gewinn mache er Zinsen in Höhe von 4 % geltend, denn er hätte die Gelder ansonsten festverzinslich angelegt und bei einer Fondslaufzeit bis 2011 mindestens eine Rendite in dieser Höhe erzielen können.

Die Beklagte hat gegen ihre Inanspruchnahme im Wesentlichen eingewandt, dem Kläger sei die Kapitalanlage umfassend und wahrheitsgemäß anhand des ihm auch überreichten Verkaufsprospekts erläutert worden. Die Schuldübernahme der D… Bank sei zutreffend als Zahlung der schuldübernehmenden Bank an die Fonds-KG in Höhe von 100 % des Kommanditkapitals dargestellt und keinesfalls als Garantie bezeichnet worden. Aussagen zu einem maximalen Verlustrisiko seien nicht getroffen worden. Durch ihre Mitarbeiterin sei darauf hingewiesen worden, dass die steuerlichen Anerkennungsvoraussetzungen nur aufgrund der damaligen Rechtslage gegeben seien. Im Übrigen ergäben sich die notwendigen Hinweise zu den Risiken der Beteiligung aus dem Emissionsprospekt, daher falle dem Kläger jedenfalls ein erhebliches Mitverschulden zur Last.

Über die Innenprovision, die marktüblich sei, habe sie ohnehin nicht aufklären müssen, wenn – wie hier – die prospektierten Angaben richtig seien und die Grenze von 15 % nicht überschritten worden sei. Die "KickBack"-Entscheidung des Bundesgerichthofs vom 19. Dezember 2006 sei mit dem Urteil vom 25. September 2007 überholt, die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20. Januar 2009 sei wegen des anders gelagerten Sachverhaltes nicht einschlägig. Jedenfalls fehle es insoweit am Verschulden, denn die Beklagte habe sich in einem unvermeidbaren Rechtsirrtum befunden. Eine Rückwirkung der neuen, in den Jahren 2006 bzw. 2009 begründeten Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs stelle einen verfassungswidrigen Eingriff in die gemäß Art. 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG geschützten Grundrechte dar.

Die Beklagte habe die ihr als bloßer Anlagevermittlerin obliegende Plausibilitätsprüfung vorgenommen und das geschäftliche Konzept für tragfähig erachtet. Von der prospektwidrigen Verwendung der Anlegergelder habe sie keine Kenntnis gehabt.

Es fehle zudem an der haftungsbegründenden Kausalität; die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens greife vorliegend nicht, denn der Anleger habe bei Mitteilung der an die Beklagte fließenden Innenprovisionen mehrere Handlungsmöglichkeiten gehabt. Jedenfalls sei eine etwaige Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens aufgrund des vom Kläger im Vermögensanlage-Bogen vom 4. März 2005 erklärten Einverständnisses mit Provisionen widerlegt. Dem Kläger sei kein Schaden in geltend gemachter Höhe entstanden, denn er habe, was bei der Anlageentscheidung im Vordergrund gestanden habe, steuerliche Verlustzuweisungen erhalten, die seine Einkommensschuld gemindert hätten.

Der beantragte Zug-um-Zug-Vorbehalt sei unbestimmt und unzureichend, der Kläger müsse die Übertragung der Beteiligung anbieten. Auch der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzuges sei daher mangels ordnungsgemäßen Angebotes auf Übertragung der Beteiligung unbegründet, insoweit werde ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht. Der Vortrag des Klägers zum entgangenen Gewinn sei unsubstantiiert und werde bestritten.

Hilfsweise rechne sie gegen den Zahlungsanspruch mit einem Anspruch auf Schadensersatz auf, der ihr zustünde, wenn der Kläger wahrheitswidrig auf dem Zeichnungsschein den Empfang des Emissionsprospekts bestätigt hätte. Die Empfangsbestätigung solle sicherstellen, dass die Beklagte nur dann Zeichnungsscheine weiterleite, wenn dem Anleger spätestens mit Zeichnung der Prospekt ausgehändigt werde.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

Das Landgericht hat nach durchgeführter Beweisaufnahme die Klage vollumfänglich abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte hafte weder unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss noch wegen einer Pflichtverletzung als Anlageberater oder -vermittler. Zwischen dem Kläger und der Beklagten sei ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen, denn die Beklagte sei von sich aus wegen der Beteiligung an den Kläger herangetreten und habe diesen – wie sie selbst vortrage – über die wirtschaftlichen Zusammenhänge in Kenntnis gesetzt. Eine Verletzung der ihr als Anlageberaterin obliegenden Aufklärungspflicht liege nicht vor. Konkrete Bedenken an der steuerlichen Konzeption des Fonds seien bei der gebotenen Plausibilitätsprüfung aus ex ante-Sicht nicht veranlasst gewesen. Vielmehr habe das Finanzamt die Verluste anerkannt, selbst die Steuerfahndung habe keinen Grund gesehen, an dem Fondskonzept grundsätzlich zu zweifeln. Zwar werde der Fonds auf dem Titelblatt des Prospekts als Garantiefonds bezeichnet, diese Bezeichnung habe indes erkennbar einen schlagwortartigen Charakter. An mehreren Stellen des Prospekts werde die beabsichtigte Absicherung der Schlusszahlung der Lizenznehmer durch die befreiende Schuldübernahme der D… Bank im Einzelnen und nachvollziehbar dargestellt; auch darauf, dass im Extremfall ein Totalverlust des eingesetzten Kapitals eintreten könne, werde hingewiesen. Für eine Kenntnis der Beklagten von der tatsächlichen Abwicklung und der dadurch bedingten steuerlichen Problematik des Fonds ergebe sich aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen nichts.

Die sog. Kick-Back-Rechtsprechung des BGH sei nicht ohne weiteres auf Innenprovisionen auszudehnen. Hier sei die branchenübliche Innenprovision im Prospekt ausgewiesen, für diese gelte die Kick-Back-Rechtsprechung nicht.

Auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme liege ein Beratungsverschulden nicht vor. Der Kläger selbst habe sich kaum an Details erinnern können, aber stets versichert, im "blinden Vertrauen auf Frau B…" unterschrieben und den Prospekt erst später erhalten zu haben. Dass der Kläger als Arzt 30.000,00 € einfach so "im blinden Vertrauen" investiere, sei schon wenig glaubhaft; dem stünden aber auch die glaubhaften Angaben der Zeugin B… entgegen. Danach habe der Langprospekt bei dem Beratungsgespräch, das sie ohne diesen nicht habe durchführen können, vorgelegen. Zudem spreche die unterzeichnete Bestätigung im Zeichnungsschein dafür, dass der Kläger den Prospekt erhalten habe.

Gegen dieses, ihm am 21. Mai 2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 21. Juni 2010 eingelegte und innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 20. August 2010 begründete Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Klagebegehren weiter verfolgt.

Bereits nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei von einem Beratungsfehler auszugehen, denn die Zeugin B… habe bestätigt, die Anlage unter Verweis auf die – tatsächlich nicht bestehende – Garantie der D… Bank als sicher dargestellt zu haben. Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht zudem einem Schadensersatzanspruch wegen Nichtaufklärung über die von der Beklagten vereinnahmten Innenprovisionen, bei denen es sich um Rückvergütungen im Sinne der Rechtsprechung des BGH handele, verneint. Im Übrigen hält er unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages und Auswertung höchstrichterlicher und obergerichtlicher Entscheidungen daran fest, dass die Beklagte diverse Aufklärungs- und Beratungspflichten verletzt habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 14. Mai 2010 abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 31.500,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4 % seit dem 2. September 2003 bis zur Rechtshängigkeit und ab Rechtshängigkeit Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der vom Kläger am 2. September 2003 gezeichneten Beteiligung an der F… GmbH & Co.KG im Nennwert von 30.000,00 € resultieren,

3. die Verurteilung der Anträge zu 1-2 erfolge Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots des Klägers auf Übertragung der vom Kläger am 2. September 2003 gezeichneten Beteiligung an der F… GmbH & Co.KG im Nennwert von 30.000,00 € sowie Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung an die Beklagte,

hilfsweise,

die Verurteilung der Anträge zu 1-2 erfolge Zug um Zug gegen Übertragung der vom Kläger am 2. September 2003 gezeichneten Beteiligung an der F… GmbH & Co.KG im Nennwert von 30.000,00 € an die Beklagte,

4. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Übertragung der vom Kläger am 2. September 2003 gezeichneten Beteiligung an der F… GmbH & Co.KG im Nennwert von 30.000,00 € in Verzug befindet.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

Sie verteidigt mit näheren Ausführungen unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags und Auswertung jüngst ergangener Entscheidungen des BGH die angefochtene Entscheidung. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, die – ihrer Ansicht nach ohnehin rechtsfehlerhafte – Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20. Januar 2009 sei nicht einschlägig. Eine Aufklärungspflicht bestünde nur, wenn Teile von Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren an die beratende Bank zurückfließen und das besondere Provisionsinteresse des Beraters an dem Vertrieb der Kapitalanlage für den Anleger nicht erkennbar sei. Davon dass sie – die Beklagte – „Teile des Agios“ erhalten habe, könne angesichts der Zahlungsflüsse nicht ausgegangen werden. Hier sei das Eigeninteresse der beratenden Bank offenkundig gewesen. Für den Vertrieb von Eigenprodukten habe der XI. Zivilsenat des BGH in seinem Urteil vom 22. März 2011 – XI ZR 33/10 – einen offenkundigen Interessenkonflikt bejaht; entsprechendes müsse erst recht für den Vertrieb von Fremdprodukten gelten. Auch nach dem Hinweisbeschluss des BGH vom 9. März 2011 sei eine Zahlung von Provision aus ausgewiesenen Eigenkapitalkosten als nicht aufklärungsbedürftige Innenprovision anzusehen; jedenfalls habe der BGH eindeutig neue, für sie – die Beklagte – nicht vorhersehbare Maßstäbe angesetzt, weshalb es am Verschulden fehle. Selbst wenn eine Pflicht zur Aufklärung über die Provisionen bestanden hätte, wäre ein etwaiger Schadensersatzanspruch begrenzt auf den Differenzschaden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Sie hat auch in Sache überwiegend Erfolg. Das Landgericht hat zu Unrecht einen Anspruch des Klägers auf Schadensersatz gemäß §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F. wegen Verletzung einer Beratungspflicht im Hinblick auf die Beteiligung des Klägers an der F… GmbH & Co. KG verneint. Das angefochtene Urteil hat lediglich insoweit Bestand, als das Landgericht einen entgangenen Gewinn in Höhe einer jährlichen Rendite von 4 % aberkannt hat; soweit der Kläger mit seinem Freistellungsbegehren nicht durchdringen konnte, war – als „Minus“ im Freistellungsantrag mitenthalten – aber auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden zu erkennen.

A.

Das Landgericht hat zu Unrecht einen Anspruch des Klägers auf Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F. wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht im Hinblick auf die Rückvergütungen verneint.

1.

Zwischen dem Kläger und der Beklagten ist nach den gemäß § 529 ZPO bindenden Feststellungen des Landgerichts ein Anlageberatungsvertrag (im Sinne des sog. Bond-Urteils des BGH vom 6. Juli 1993 – XI ZR 12/93) geschlossen worden.

Ein Beratungsvertrag kommt stillschweigend durch die Aufnahme eines Beratungsgesprächs zustande, und zwar unabhängig davon, von wem die Initiative ausgegangen ist. Vorliegend ist unstreitig mindestens ein Beratungsgespräch zwischen der Kundenberaterin der Beklagten, G… B…, und dem Kläger geführt worden. Ihre erstinstanzlich vertretene Auffassung, dass es sich gleichwohl nur um eine Anlagevermittlung gehandelt habe, hat die Beklagte im Berufungsrechtszug zu Recht nicht mehr aufgegriffen.

2.

Ihre Pflichten aus diesem Anlageberatungsvertrag hat die beklagte Bank dadurch verletzt, dass ihre Mitarbeiterin G… B…, deren Verhalten sie sich nach § 278 BGB zurechnen lassen muss, den Kläger unstreitig nicht darüber aufgeklärt hat, dass sie für die Vermittlung der Beteiligungen von der Fondsgesellschaft eine Rückvergütung in Höhe von 8,25 % des Anlagebetrages erhält.

a) Die Bank hat einen Anleger im Rahmen eines Beratungsgesprächs über Rückvergütungen, sog. KickBacks, ungefragt und grundsätzlich unabhängig von deren Höhe zu informieren (so BGH, Beschluss vom 20. Januar 2009 – XI ZR 510/07 –, zuletzt Beschluss vom 19. Juli 2011 – XI ZR 191/10 –).

aa) Ausgangspunkt für diese Rechtsprechung ist das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19. Dezember 2000 – XI ZR 349/99 – über die Pflicht der Bank, den Kunden darüber zu informieren, dass sie mit dem Vermögensverwalter eines Kunden eine Vereinbarung über seine Beteiligung an ihren Provisionen und Depotgebühren getroffen und damit einen Anreiz für den Verwalter geschaffen hat, sein Handeln nicht – wie geboten – ausschließlich am Kundeninteresse, sondern an möglichst hohen Rückvergütungen zu orientieren. Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof zu Recht auf anlageberatende Kreditinstitute übertragen (Urteil vom 19. Dezember 2006 – XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226, 234 –). Wenn eine Bank einen Kunden ohne Zwischenschaltung eines Vermögensverwalters berät, Anlageempfehlungen abgibt und dabei an den empfohlenen Fonds durch Rückvergütungen verdient, sind die Kundeninteressen durch die von der Bank erhaltenen Rückvergütungen gefährdet. Es besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten. Das bewusste Verschweigen von umsatzabhängigen Rückvergütungen, die ähnlich wie Schmiergeld hinter dem Rücken des Anlegers fließen, ist nicht redlich und ehrlich.

Die Aufklärung über die Rückvergütung ist mithin notwendig, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank (vgl. § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) offen zu legen. Erst durch die Aufklärung wird der Kunde in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen (vgl. Assmann/Schneider/Koller, WpHG 4. Aufl. § 31 Rdnr. 74; a.A. Schwark, Kapitalmarktrechts-Kommentar 3. Aufl. § 31 WpHG Rdnr. 27) und zu beurteilen, ob die Bank ihm einen bestimmten Titel nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst daran verdient.

Eine Pflicht der Bank zur Information über Rückvergütungen besteht auch nicht nur bei Wertpapiergeschäften, sondern auch dann, wenn sie – wie hier – eine Beteiligung an einem Medienfonds empfiehlt. Bei der Verpflichtung zur Offenlegung von Rückvergütungen geht es – anders als die Beklagte meint – nicht um die Übertragbarkeit der Regelungen des WpHG auf geschlossene Fonds, sondern vielmehr um die Frage, ob eine Gefährdungssituation für die Interessen des Anlegers geschaffen wird. Es macht auch keinen Unterschied, ob der Berater einen Aktien- oder einen Medienfonds vertreibt; der maßgebliche Interessenkonflikt ist in allen Fällen gleich. Die Ausführungen des Bundesgerichtshofs in seinem Beschluss vom 20. Januar 2009 (– XI ZR 510/07 – Rdnr. 12) zur Begründung des Bestehens einer Informationspflicht sind nicht auf einen Einzelfall beschränkt, sondern allgemein gefasst. Der Bundesgerichtshof hat dementsprechend auch unmissverständlich klargestellt, dass in § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F. lediglich der auch zivilrechtlich anerkannte Grundsatz der Vermeidung von vertragswidrigen Interessenkonflikten aufsichtsrechtlich für den Bereich des Wertpapierhandels normiert worden ist.

bb) Der Verpflichtung zur Aufklärung über Rückvergütungen lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass der Anleger, der die Bank selbst nicht entlohnt, davon ausgehen müsse, dass diese als am Wirtschaftsleben teilnehmendes Institut für ihre Dienstleistung von Dritter Seite ein Entgelt erhält. Lässt sich ein Anleger durch einen freien, nicht bankmäßig gebundenen Anlageberater über ein Kapitalanlage, insbesondere Fonds, beraten und zahlt selbst keine Provision für die Anlageberatung, so liegt es auf der Hand, dass der Anlageberater von der kapitalsuchenden Anlagegesellschaft Vertriebsprovisionen erhält, die jedenfalls wirtschaftlich betrachtet dem vom Kunden an die Anlagegesellschaft gezahlten Betrag entnommen werden. Da der freie Anlageberater mit der Beratung selbst sein Geld verdienen muss, kann auch nicht angenommen werden, er würde diese Leistungen insgesamt kostenlos erbringen. Dem hat der Bundesgerichtshof dadurch Rechnung getragen, dass er eine Anwendbarkeit seiner sog. Kick Back-Rechtsprechung auf freie Anlageberater verneint hat (BGH, Urteil vom 15. April 2010 – III ZR 196/09 – Rdnr. 11 ff.; bestätigt mit Urteil vom 16. Dezember 2010 – III ZR 127/10 –).

Das vertragliche Verhältnis zwischen einem Kunden und seiner Bank weicht jedoch – wie der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seinen Urteilen vom 15. April 2010 (– III ZR 196/09 – Rdnr. 13) und vom 3. März 2011 (– III ZR 170/10 –) überzeugend und im Einklang mit dem XI. Zivilsenat (Beschlüsse vom 19. Juli 2011 und vom 9. März 2011 – XI ZR 191/10 –) ausführt – in entscheidenden Punkten von dem zwischen einem Kunden und dem freien, nicht bankgebundenen Anlageberater ab; für einen „erst recht-Schluss“, wie ihn die Beklagte ziehen will, fehlt deshalb die tatsächliche Grundlage. Das Vertragsverhältnis zwischen dem Kunden und seiner Bank ist üblicherweise – wie auch hier – auf Dauer gegründet. Die Vertragsbeziehung des Kunden zu seiner Bank ist darüber hinaus regelmäßig davon geprägt, dass die Bank für die jeweiligen banktypischen Dienstleistungen vom Kunden Entgelte oder Provisionen erhält, etwa Depotgebühren, Kontoführungsgebühren sowie An- und Verkaufsprovision für den Erwerb oder die Veräußerung von Wertpapieren. Die Anlageberatung als solche kann sich insbesondere für den langjährigen (Hausbank-)Kunden als Serviceleistung bei bestehender Geschäftsbeziehung oder als eben kostenloses Werbeangebot für Neukunden darstellen. Anders als etwa der Anlagevermittler tritt die Bank gegenüber ihrem Kunden als unabhängiger Finanzoptimierer auf. Der von seiner Bank bezüglich einer Geldanlage beratene Kunde muss deshalb nicht damit rechnen, dass die Bank bei der Anlageberatung eigene Interessen verfolgt, weil sie zum Beispiel ein umsatzabhängiges eigenes Provisionsinteresse gegenüber dem jeweiligen Fondsanbieter hat. Dementsprechend ist es dem Bankkunden nicht ohne weiteres erkennbar, aufgrund welcher Interessenlage die konkrete Anlageberatung erfolgt und ob sie ausschließlich von seinen Interessen als Anleger bestimmt wird, wenn die Bank verdeckte Rückvergütungen erhält.

cc) Die Beklagte vermag auch aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25. September 2007 – XI ZR 320/06 –), nichts für sie Günstiges herzuleiten. Der XI. Zivilsenat hat in dieser Entscheidung ausgeführt, dass der Anlageberater der beklagten Bank seiner Pflicht zur Aufklärung über Innenprovisionen von über 15 % hinreichend nachgekommen ist, weil er rechtzeitig vor Abgabe der Beitrittserklärungen einen Emissionsprospekt, welcher die Kosten der Eigenkapitalbeschaffung in Höhe von 16,55 % bzw. 18,80 % auswies, übergeben hat. Veranlassung, zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen im Rahmen eines Beratungsvertrages Stellung zu nehmen, hatte der Bundesgerichtshof nicht, denn das Berufungsgericht hatte keine Feststellungen zu verdeckten Rückvergütungen an den Berater getroffen.

b) Solchermaßen aufklärungspflichtige Rückvergütungen (= Kick Backs) liegen nach der Definition des Bundesgerichtshofs nur vor, wenn Teile der Ausgabeaufschläge oder den Verwaltungsgebühren, die der Anleger über die Bank an die Fondsgesellschaft zu zahlen hat, hinter seinem Rücken an die beratende Bank umsatzabhängig zurückfließen, so dass diese ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse hat, gerade diese Beteiligung zu empfehlen (vgl. BGH, Urteil vom 15. April 2010 – III ZR 196/09 –; vgl. zu der Abgrenzung Rückvergütung/Innenprovision auch Nobbe, Anmerkung zu OLG Dresden, Urteil vom 24. Juli 2009, WuB I G 1. – 5.10 = Anlage CB 22, Bl. 622 ff. d.A.). Der Senat hat in seinem – ebenfalls den V… betreffenden – Urteil vom 9. März 2011 (4 U 95/10) seine Zweifel an der Tragfähigkeit einer Differenzierung zwischen dem Kunden verheimlichten Vertriebsprovisionen, die sich aus Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren speisen, und solchen, die aus dem Nominalkapital finanziert werden, geäußert. Nunmehr hat der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 9. März 2011 – XI ZR 191/10, Rdnr. 25 – klargestellt (und diese Auffassung in seinem Beschluss vom 19. Juli 2011 bekräftigt), dass die als Quelle der Rückvergütungen genannten „Ausgabeaufschläge und Verwaltungsvergütungen“ nur beispielhaft gemeint seien und aufklärungspflichtige Rückvergütungen stets vorliegen, wenn Provisionen, die im Gegensatz von Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, so dass bei dem Anleger zwar keine falsche Vorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen könne, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart werde, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolge, so dass der Anleger das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen könne (Beschluss vom 9. März 2011 – XI ZR 191/10 – Rdnr. 25 ).

Damit sind zwar nicht sämtliche Bedenken des Senats ausgeräumt. Diese sind indes hier nicht entscheidungserheblich, weil auch nach dem Ansatz des Bundesgerichtshofs im vorliegenden Fall über die erwarteten Provisionen i.H.v. 8,25 % aufzuklären war, weil diese nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus den ausgewiesenen Provisionen gezahlt wurden. Nach dem eigenen Sachvortrag der Beklagten ist zudem davon auszugehen, dass ihr das Agio in voller Höhe und eine weitere Vergütung von 3,25 % zugeflossen ist. Die Beklagte verweist nämlich in ihrem Schriftsatz vom 7. September 2009 (S. 18, Bl. 790 d.A.) ausdrücklich auf die Verhandelbarkeit der Höhe des vom Anleger zu zahlenden Agios, was zu einer Reduzierung ihrer Provision führe; sie habe in einer „Vielzahl von Fällen, in denen Anleger Anstoß an dem 5 %igen Agio genommen haben, mit dem Anleger verhandelt und sodann dem Anleger aus ihrer eigenen Vertriebsprovision nachträglich Erstattungszahlungen geleistet“. Dieser Sachvortrag ist aber nur verständlich, wenn die beklagte Bank nach der mit der Fondsgesellschaft getroffenen Abrede „das Agio“ und eine weitere Vertriebsprovision von 3,25 % erhalten sollte.

c) Die hiernach bestehende Pflicht der beklagten Bank, über die an sie zurückfließenden Provisionen von 8,25 % aufzuklären, ist im Hinblick auf den Kläger verletzt worden.

aa) Der Kläger wurde in dem/den Beratungsgesprächen unstreitig überhaupt nicht über die an die Beklagte zu zahlenden umsatzabhängigen Vertriebsprovisionen informiert.

Die Beklagte hat entgegen der Auffassung des Landgerichts den Kläger nicht hinreichend durch Übergabe des als Anlage K 3 (Bl. 37-87 d.A.) eingereichten Verkaufsprospekts über die an sie fließenden Rückvergütungen aufgeklärt.

Grundsätzlich kann der Anlageberater seiner Aufklärungspflicht durch die Übergabe von Prospektmaterial nachkommen, sofern der Prospekt nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln und er dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann.

(1) Der vorliegende Prospekt zum V…, aus dem sich Vertriebskosten in einer Größenordnung von insgesamt 13,9 % ergeben (hier Seite 69, Bl. 71 d.A.), genügt schon in inhaltlicher Hinsicht den vorstehenden Anforderungen nicht – dies hat der Senat bereits mehrfach und umfassend, zuletzt in seinen Urteilen vom 9. März 2011 – 4 U 95/10 – und vom 28. Juli 2010 – 4 U 1/10 –, ausgeführt. Damit fehlt aber gleichzeitig auch dem hilfsweise von der Beklagten zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruch wegen wahrheitswidrig bestätigtem Empfang des Verkaufsprospekts bereits die sachliche Grundlage.

Zwar ist der Beklagten dahin beizupflichten, dass auf S. 68/69 des Emissionsprospektes (Bl. 70R/71 d.A.) im Prospekt hier – anders als in dem der BGH-Entscheidung vom 20. Januar 2009 (XI ZR 510/07) zugrundeliegenden Sachverhalt – die Möglichkeit der Vertriebsgesellschaft offen gelegt ist, auch Dritte als Vertriebspartner im Rahmen der Vermittlung und Einwerbung des Eigenkapitals einzusetzen, was den Abfluss eines Teils der in die Fondsgesellschaft fließenden Verwaltungskosten an diese Vertriebspartner nahe legt. Gleichwohl hat die Beklagte ihre Aufklärungspflicht verletzt, da aus der Beschreibung im Prospekt nicht deutlich wird, ob und in welchem Umfang die Beklagte selbst durch Rückvergütungen an den dort ausgewiesenen Provisionen mitverdient. Aus den maßgeblichen Formulierungen lässt sich für den Kunden weder ohne weiteres erkennen, dass die ihn betreuende und beratende Bank damit zu dem Kreis der Vertriebspartner der Fondsgesellschaft zählt, und deshalb an den Verwaltungskosten partizipiert, noch in welchem Umfang dies geschieht; insbesondere die Kenntnis der Höhe der Vergütung, die an die beratende Bank zurückfließt, ist aber ausschlaggebend für die Einschätzung des Eigeninteresses des Anlageberaters. Angesichts des Umstandes, dass Banken vielfältige Anlageprodukte anbieten, ohne in den Vertrieb eingebunden zu sein, es sich hier zudem um die Hausbank des Klägers handelte, musste dieser auch in Ansehung der Tatsache, dass er im Zusammenhang mit der Zeichnung der Anlage nur mit der Beklagten in Kontakt kam und andere (Unter-)Vertriebsunternehmen nicht auftraten, nicht davon ausgehen, dass die Beklagte mit einer Provision von 8,25 % an den Vertriebskosten beteiligt werde.

(2) Die Beklagte kann sich zur Erfüllung ihrer Pflicht zur Aufklärung über die Rückvergütung aber auch deshalb nicht auf den Emissionsprospekt zum V… stützen, weil nicht dargetan ist, dass dieser den Klägern so rechtzeitig vor Vertragsschluss – Zeichnung der Beteiligungen am 3. September 2003 – übergeben wurde, dass eine umfassende Lektüre des insgesamt etwa 100 Seiten starken Verkaufsprospekts möglich gewesen wäre. Die Empfangsbestätigung des Klägers datiert ebenfalls auf den 3. September 2003. Soweit die Beklagte – ohne Nennung eines Zeitpunktes der Prospektübergabe – in ihrem Schriftsatz vom 8. Juni 2009 (S. 14, Bl. 624 d.A.) behauptet, die Prospektübergabe sei „rechtzeitig (...) vor Zeichnung“ erfolgt, handelt es sich nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine dem – ohnehin nicht angebotenen – Beweis nicht zugängliche rechtliche Bewertung. Im übrigen konnte sich die Zeugin B… bei ihrer Vernehmung am 29. März 2010 vor dem Landgericht nicht daran erinnern, ob der Kläger den „Langprospekt“ bei dem Beratungsgespräch „mitgenommen“ hat, später habe er jedenfalls um Aushändigung des Prospekts gebeten.

bb) Eine Pflichtverletzung scheitert auch nicht daran, dass der Kläger nicht aufklärungsbedürftig war.

Im Hinblick auf die konkrete Größenordnung der Rückvergütung lässt sich die Aufklärungsbedürftigkeit des Klägers, der unstreitig keine Kenntnis davon hatte, dass insgesamt 8,25 % an die Beklagte rückvergütet wurden, nicht verneinen. Ohne umfassende Kenntnis der insgesamt umsatzabhängigen Verdienste der Beklagten an der empfohlenen Anlage konnte dieser das Interesse der Beklagten an dem empfohlenen Erwerb der Fondsbeteiligung und die damit verbundene Gefährdung seiner - des Klägers - Interessen nicht richtig einschätzen.

Dem lässt sich nicht – wie die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 26. Juli 2011 meint – die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 3. März 2011 – III ZR 170/10 – entgegenhalten. Der dort vom Bundesgerichtshof entschiedene Fall weicht insofern in einem entscheidenden Punkt vom vorliegenden Sachverhalt ab, als es hier um Aufklärungspflichten des bankgebundenen Anlageberaters geht und nicht um diejenigen eines freien Anlageberaters, der, wie oben ausgeführt, gegenüber seinem Kunden regelmäßig nicht verpflichtet ist, ungefragt über eine von ihm bei der empfohlenen Anlage erwartete Provision aufzuklären.

cc) Schließlich ist für das Bestehen einer Aufklärungspflicht der beratenden Bank in Bezug auf an sie zurückfließende Provisionen nicht von Bedeutung, ob dem Anleger das Recht zusteht, die empfohlene Anlage widerrufen zu können.

4.

Die Verletzung der Aufklärungspflicht über die an die Beklagte zurückfließende Vertriebsprovision war auch schuldhaft.

Das Verschulden der Beklagten wird gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet. Die aufklärungspflichtige beklagte Bank muss, wenn sie sich entlasten will, darlegen und beweisen, dass sie kein Verschulden trifft (zuletzt: BGH, Beschluss vom 17. September 2009 – XI ZR 264/08 –).

Die Beklagte kann den Entlastungsnachweis nicht führen.

a) Insbesondere kann sie sich nicht auf einen Rechtsirrtum berufen – der Senat sieht seine Rechtsprechung (zuletzt Urteil vom 9. März 2011 – 4 U 95/10 – in dem jüngst ergangenen Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 19 Juli 2011 – XI ZR 191/10 – erneut bestätigt –, da sie bereits für eine fahrlässige Aufklärungspflichtverletzung haftet und bei Fahrlässigkeit das Verschulden nur dann entfällt, wenn der Rechtsirrtum unvermeidbar war (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2009 a.a.O.).

Ein unvermeidbarer Rechtsirrtum würde zunächst voraussetzen, dass der Schuldner die Rechtslage gründlich geprüft, erforderlichen Rechtsrat eingeholt und die einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig beachtet hat. Entschuldigt wäre er nur dann, wenn er bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte. Der Vortrag der insofern darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten vermag einen solchen unvermeidbaren Rechtsirrtum nicht zu belegen.

Zwar lagen im Zeitpunkt des Beratungsgesprächs im Juli/August bzw. September 2003 die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226 ff.) und vom 20. Januar 2009 (XI ZR 510/07, WM 2009, 405 f.) noch nicht vor. Der für Banksachen zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte aber bereits in den Jahren 1989 und 1990 in zwei Entscheidungen (Urteile vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051 und vom 6. Februar 1990 - XI ZR 184/88, WM 1990, 462, 464) bei vermittelten Warentermingeschäften heimliche Kick-back-Vereinbarungen zwischen Anlagenvermittler und Broker missbilligt, den Vermittler zur Herausgabe der Rückvergütungen nach §§ 675, 667 BGB für verpflichtet gehalten und dem Berufungsgericht aufgegeben, Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB zu prüfen. In derLiteratur sind diese Entscheidungen zu Recht dahin verstanden worden, dass die Verheimlichung der Rückvergütung nicht nur in Bezug auf die bloße Herausgabepflicht eine Täuschung des Kunden darstellt, sondern auch deswegen, weil die Rückvergütungen die Tätigkeit des Vermittlers zuungunsten des Anlegers beeinflussen (vgl. Nassall, WuB IV A § 826 BGB 8.89 unter 3.; Wach, EWiR 1989, 765, 766). Aufgrund dessen war für eine Bank bereits ab diesem Zeitpunkt erkennbar, dass auch im Verhältnis zu ihren Kunden bei der - allein an deren Interesse auszurichtenden – Beratung über eine Kapitalanlage eine Aufklärungspflicht über solche Umstände besteht, die das Beratungsziel in Frage stellen und die Kundeninteressen gefährden (so jetzt ausdrücklich BGH, Beschluss vom 29. Juni 2010 – XI ZR 308/09 –). Diese Aufklärungspflicht wurde auch weitgehend in der Literatur angenommen (vgl. BGH a.a.O. Rdnr. 6 mit umfangreichen Nachweisen).

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, die sich in Widerspruch zu den vorstehend dargestellten Grundsätzen stellten, sind nicht ersichtlich, so dass die Beklagte bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt damit rechnen musste, dass eine generelle Aufklärungspflicht über Rückvergütungen bestand. Ihr Rechtsirrtum war damit nicht entschuldbar (BGH a.a.O. Rdnr. 10).

b) Fehlendes Verschulden kann die Beklagte auch nicht aus der in Amtshaftungssachen entwickelten Kollegialgerichtsrichtlinie herleiten, nach der ein Verschulden des Beamten in der Regel zu verneinen ist, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat. Während der hoheitlich handelnde Beamte die Dienstpflicht hat, die in Frage stehenden gesetzlichen Bestimmungen, auch wenn sie ihm unklar erscheinen oder sich eine Anwendungspraxis noch nicht herausgebildet hat, auf den ihm vorliegenden Fall anzuwenden, geht es hier um eine unternehmerische Betätigung der Beklagten, für die sie selbst Verantwortung zu übernehmen hat (BGH, Beschlüsse vom 19. Februar 2009 – III ZR 154/08 und III ZR 168/08 – ).

c) Die Haftung der Beklagten ist auch nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil die Annahme einer Pflicht zur Information über Rückvergütungen gegen die Grundrechte der Bank aus Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 oder Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstößt.

Weder das Urteil des Bundesgerichthofs vom 12. Februar 2004 – III ZR 359/02 – noch eine Entscheidung des erkennenden Senats, mit der eine Haftung der Beklagten wegen Verletzung von Informationspflichten bei Anlageberatungsvertrag bejaht würde, tangieren den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG.

Die zivilrechtlichen Folgen der Schlechterfüllung von Verträgen treten unabhängig davon ein, ob die Haftungsvoraussetzungen bei Ausübung des Berufs erfüllt werden oder nicht. Weder die zugrunde liegenden Normen des Zivilrechts noch ihre Anwendung in den Gerichtsverfahren betreffen berufsspezifische Sanktionen. Die Verpflichtung zum Schadensersatz kann allenfalls mittelbar Auswirkungen auf die Ausübung der beruflichen Tätigkeit haben, indem sie die Erwartung sorgfältiger Vertragserfüllung unter Einhaltung des beruflichen Standards nachdrücklich unterstreicht und sich auch auf den Umfang der gebotenen Haftpflichtversicherung auswirkt. Vertrags- und Deliktsrecht gehören jedoch nicht zu den Normen, die nur in Randbereichen auch nicht berufsmäßig Handelnde betreffen und daher in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung des Berufs stehen; sie haben objektiv keine berufsregelnde Tendenz (vgl. BVerfG Beschluss vom 22. April 2009 – 1 BvR 386/09 Rdnr. 15). Selbst wenn die Rechtsprechung, wonach dem Berater eine Offenbarung von Interessenkonflikten auferlegt wird, einen Eingriff in dessen Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 GG darstellte, wäre dieser Eingriff jedenfalls aufgrund eines Gesetzes gerechtfertigt. Diese Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn sich die Einschränkung – wie vorliegend – aus der Auslegung von Gesetzen ergibt, solange die Rechtsprechung nicht anstelle des Gesetzgebers Recht setzend tätig wird.

Auch der Schutzbereich der verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Eigentums in Art. 14 Abs. 1 GG wird durch die Auferlegung von Geldleistungspflichten grundsätzlich nicht berührt (st. Rspr. des BVerfG, siehe nur Beschluss vom 12. November 1997 – 1 BvR 479/92, 1 BvR 307/94, Rdnr. 61). Die Verurteilung zur Zahlung eines Geldbetrages aus Vertragsverletzung ist kein Eingriff in ein (etwaiges) Recht am eingerichteten Gewerbebetrieb, so dass offenbleiben kann, ob sich der Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG darauf erstreckt.

Die Annahme eines Verschuldens der anlageberatenden Bank führt auch nicht zu einer rückwirkenden Anwendung einer neuen Rechtsprechung, die unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes angreifbar sein könnte, da eine rückwirkende Rechtsprechungsänderung nicht vorliegt (so ausdrücklich BGH, Beschluss vom 29. Juni 2010 – XI ZR 308/09 –).

Ein Verstoß gegen das Verfahrensgrundrecht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ist schließlich ebenfalls nicht ersichtlich. Die Beklagte stützt die gegenteilige Ansicht darauf, dass sie meint, der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hätte vor seiner Entscheidung vom 20. Januar 2009 einen Beschluss des Großen Senats in Zivilsachen des Bundesgerichtshofs erwirken müssen. Dass jedoch der „Kickback“-Rechtsprechung eine andere Motivation zu Grunde liegt als den Gründen, die den III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs dazu bewogen haben, (bei Immobilienfonds) eine Verpflichtung zur Offenbarung von 15 % übersteigenden Innenprovisionen anzunehmen, ist bereits oben aufgezeigt worden. Es bestand mithin kein Anlass, den Großen Senat anzurufen.

5.

Dem Kläger ist auch ein kausal auf die pflichtwidrig unterbliebe Aufklärung über die Vertriebsprovision zurückzuführender Schaden entstanden.

a) Im Fall einer fehlerhaften Anlageberatung stellt sich bereits der Erwerb der Kapitalanlage aufgrund einer fehlerhaften Information als für den späteren Schaden ursächlich dar; schon der ohne die erforderliche Aufklärung gefasste Anlageentschluss ist von den Mängeln der fehlerhaften Aufklärung beeinflusst (so BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 – XI ZR 586/07 – Rdnr. 22; Senatsurteil vom 28. Juli 2010 – 4 U 1/10). Hier ist ein Vermögensschaden des Klägers zudem deshalb zu bejahen, weil der Grundlagenbescheid, mit dem das Finanzamt … die steuerliche Anerkennung der Verluste der Fondsgesellschaft vorläufig anerkannt hatte, aufgehoben worden ist. Das finanzgerichtliche Verfahren, das – wie dem Senat auch aus den anderen Verfahren betreffend den V… bekannt ist – die Fondsgesellschaft angestrengt hat, ist noch nicht abgeschlossen; die danach weiterhin drohende Gefahr einer Aberkennung der Steuervorteile genügt zur Begründung eines Vermögensschadens.

b) Zugunsten des Klägers greift die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens ein. Die Kausalitätsvermutung gilt grundsätzlich für alle Aufklärungsfehler eines Anlageberaters, also auch für die fehlende Aufklärung über Rückvergütungen (BGH, zuletzt Beschluss vom 9. März 2011 – XI ZR 191/10 – und Urteil vom 12. Mai 2009 – XI ZR 586/07 – Rdnr. 22 unter Verweis auf Ellenberger in Ellenberger/Schäfer/Clouth/Lang, Praktiker-Handbuch Wertpapier- und Derivategeschäft Rdnr. 863). Die gegenteilige Auffassung der Beklagten wird nicht durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22. April 2010 – III ZR 318/08 – gestützt. Diese Entscheidung verneint die Frage, ob die Kausalitätsvermutung Anwendung findet, wenn Vertriebskosten, deren Gesamthöhe sich aus dem Prospekt ergibt, nicht auch hinsichtlich der Aufteilung auf die Vertriebsbeteiligten offengelegt sind, weil die Verteilung der Vertriebskosten die Rentabilität der Anlage nicht tangiert. Darum geht es hier indes nicht. Der Hintergrund der Pflicht zur Offenbarung von verdeckten (Rück)Vergütungen ist nicht die Rentabilität der Anlage, sondern der Interessenkonflikt der Bank. Sie sichert das Recht des Anlegers, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in ein bestimmtes Projekt investieren will oder nicht (BGH, Urteil vom 15. Juli 2010 – III ZR 321/08 – Rdnr. 21 m.w.N.).

Ob der vorliegende Ansatz zu einer echten Beweislastumkehr zu Lasten der wegen Aufklärungspflichtverletzung in Anspruch genommenen Beklagten führt oder sich in der Möglichkeit einer erleichterten Beweisführung auf der Grundlage der tatsächlichen Vermutung erschöpft, bedarf keiner Entscheidung. Entscheidend ist jedenfalls im vorliegenden Fall, dass es grundsätzlich Sache des Aufklärungspflichtverletzers sein muss, die durch die Lebenserfahrung begründete (tatsächliche) Vermutung, dass der Anlageinteressent bei richtiger Aufklärung von der Zeichnung der Anlage abgesehen hätte, durch konkreten Vortrag zu entkräften. Daran fehlt es.

Der tatsächlichen Vermutung zugunsten des Klägers dafür, dass er die Anlage nicht gezeichnet hätte, ist in Fällen unterlassener Aufklärung über (Rück)Vergütungen wie dem vorliegenden nicht mit Blick auf mehrere Handlungsalternativen des Anlegers in Gestalt des Erwerbs anderer steuersparender Kapitalanlagen, des Erwerbs sichererer, aber renditearmer Kapitalanlagen oder der Nachverhandlung des Agios gleichwertig neben der Möglichkeit, trotz der Rückvergütung zur Erlangung der begehrten Steuervorteile die Fondsbeteiligung zu erwerben, ihre Grundlage entzogen. Die Information über die Rückvergütungen ist für den Anleger nämlich von Bedeutung, um überhaupt beurteilen zu können, ob die Bank bei der Empfehlung einer bestimmten Anlage, hier des V…, ihre eigenen finanziellen Interessen in den Vordergrund stellt. Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass ein Anleger eine Anlageempfehlung der Bank – insbesondere wenn es sich, wie hier, um seine Hausbank handelt – stärker hinterfragt, sofern er weiß, dass die Anlageempfehlung auf dem eigenen Provisionsinteresse der beratenden Bank beruht; jedenfalls wird er dies stärker tun, als der Anleger, der hierüber nicht aufgeklärt wird und der daher darauf vertrauen darf, dass sich die Bank in erster Linie an seinem persönlichen Interesse orientiert (Senatsurteile vom 9. März 2011 – 4 U 95/10 – und vom 28. Juli 2010 – 4 U 1/10 –; auch OLG Frankfurt, Urteil vom 30. Juni 2010 – 19 U 2/10 – Rdnr. 48). Wenn der Anleger aber die Anlageempfehlung stärker hinterfragt, wird er typischerweise der Anlageempfehlung der Bank wegen des bestehenden Interessenkonflikts nicht folgen.

Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens vermag die Beklagte nicht zu widerlegen. Hierzu hätte es der konkreten Darlegung bedurft, dass eine gehörige Aufklärung des Klägers über die Rückvergütung bei diesem einen Entscheidungskonflikt ausgelöst hätte, weil es vernünftigerweise nicht nur eine, sondern mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens gegeben hat. Konkrete und einer Beweisaufnahme zugängliche Tatsachen, die einen Schluss darauf zulassen würden, dass der Kläger genau in der hier streitgegenständlichen Situation bei ordnungsgemäßer Aufklärung die Anlage gezeichnet hätte, bringt die Beklagte indes nicht vor.

Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens wird entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht dadurch erschüttert, dass der Kläger am 4. März 2005 in einem Vermögensanlage-Bogen eine Einverständniserklärung des Inhalts unterzeichnet hat, dass der beklagten Bank „im Zusammenhang mit der Abwicklung von Wertpapiergeschäften Geldzahlungen oder geldwerte Vorteile (...) durch Dritte gewährt werden“ können. Soweit die Beklagte daraus den Schluss zieht, eine Vertriebsprovision in der hier maßgeblichen Höhe sei für den Kläger nicht beteiligungsrelevant gewesen, überzeugt dies nicht. Einen Erfahrungssatz dergestalt, dass sich ein Anleger zu dem Empfang von Innenprovisionen durch die Hausbank stets und in jedem Fall gleich positioniert, gibt es nicht. Zudem lassen sich Rückschlüsse aus einer formularmäßigen, drucktechnisch nicht hervorgehobenen und zudem ausdrücklich auf Wertpapiergeschäfte bezogenen Einverständniserklärung auf eine eineinhalb Jahre zuvor erfolgte Entscheidung zur Beteiligung an einem Medienfonds ohnehin nicht treffen.

6.

Ein Mitverschulden im Sinne von § 254 BGB ist dem Kläger nicht anzulasten, auch nicht im Hinblick darauf, dass er den Emissionsprospekt – wie die Beklagte vorträgt – nicht mit der gebotenen Sorgfalt durchgelesen hätte.

Zwar kann die Ersatzpflicht des Schädigers beschränkt sein, wenn der Geschädigte die Sorgfalt außer Acht lässt, die nach Lage der Sache erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, so dass der Anleger grundsätzlich gehalten ist, den Prospekt vor Zeichnung der Anlage ordentlich zu lesen (so schon BGH, Urteil vom 31. März 1992 – XI ZR 70/91). Im vorliegenden Fall ist für den auf eine unzureichende Lektüre des überreichten Prospekts gestützten Mitverschuldensvorwurf schon deshalb kein Raum, weil sich dem Prospekt – wie oben ausgeführt – nicht entnehmen ließ, dass und in welcher Höhe gerade die Beklagte an den dort ausgewiesenen Provisionen partizipieren würde. Wird, wie im vorliegenden Fall nach dem Sachvorbringen beider Parteien – wenn auch mit abweichender Wiedergabe des Gesprächsinhalts –, im Rahmen eines umfassenden Beratungsgesprächs eine Anlageempfehlung ausgesprochen, ist der Anleger ohnehin nicht gehalten, den ihm überreichten Anlageprospekt auf Widersprüche zu dem Beratungsgespräch hin zu überprüfen. Ein hierauf gestütztes Mitverschulden des Anlegers liefe letztlich darauf hinaus, diesem anzulasten, er habe den ihm gemachten Angaben sowie Anlageempfehlungen nicht vertrauen dürfen; dies widerspräche aber dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), der in § 254 BGB eine besondere Ausprägung erfahren hat.

Aus demselben Grund trifft den Kläger auch im Hinblick darauf, dass er innerhalb der Zweiwochenfrist ihren Beitritt zur Fondsgesellschaft nicht widerrufen hat, kein Mitverschulden bei der Schadensentstehung.

B.

Der geschädigte Anleger ist gemäß § 249 Abs. 1 BGB im Wege der Naturalrestitution so zu stellen, wie er ohne den Erwerb gestanden hätte, weil er diesen bei ordnungsgemäßer Beratung nicht getätigt hätte.

1.

Dem Kläger ist danach das negative Interesse zu ersetzen, weshalb er zunächst seine Einlage von 30.000,00 € zuzüglich Agio i.H.v. 1.500,00 € (Klage- und Berufungsantrag Ziffer 1.) zurückerstattet verlangen kann.

a) Entgegen der Auffassung der Beklagten scheidet die Rückabwicklung der Fondsbeteiligung nicht unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der verletzten Norm aus (so schon Senatsurteil vom 9. März 2011 – 4 U 95/10 –). Die Ersatzpflicht der beratenden Bank, die über Rückvergütungen aufzuklären pflichtwidrig unterlassen hat, ist nicht begrenzt auf den Differenzschaden. Die insoweit von der Beklagten für ihre Rechtsauffassung herangezogene höchstrichterliche Rechtsprechung zu einer Aufklärungspflichtverletzung über die Folgen eines Mietpoolbeitritts bei einem Immobilienfonds (BGH, Urteile vom 3. Juni 2008 – XI ZR 131/07 – und 20. März 2007 – XI ZR 414/04) lässt sich auf pflichtwidrig unterlassene Aufklärung über Rückvergütungen nicht übertragen. Die Aufklärungspflicht über die allgemeinen Nachteile einer Mietpoolbeteiligung soll nur vor diesen, nicht aber vor speziellen Risiken des gesamten Objekts/Anlagegeschäfts schützen, ihre Verletzung begründet deshalb nur einen Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten/Mindereinnahmen, die sich durch die Mietpoolbeteiligung gegenüber einer eigenständigen Verwaltung ergeben haben. Die Verpflichtung zur Aufklärung über Rückvergütungen, die die beratende Bank von der Fondsgesellschaft erhält, hat indes ihren Grund darin, dass der Anleger in die Lage versetzt werden muss, selbst richtig einzuschätzen, ob die Anlageempfehlung der Bank nach den Kriterien der anlage- und anlegergerechten Beratung im Kundeninteresse erfolgt oder ihm eine bestimmte Anlage nur deshalb empfohlen wird, weil die Bank daran durch möglichst hohe Rückvergütungen selbst verdient. Geschützt wird das Recht des Anlegers, in eigener Entscheidung und Abwägung darüber zu befinden, ob er überhaupt in die empfohlene Anlage investieren will oder nicht.

b) Die Beteiligung an dem Medienfonds ist im Rahmen der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen. Der Kläger hat dies beachtet, indem er die Ansprüche auf Zahlung des zum Erwerb der Beteiligung eingesetzten Betrages nur Zug um Zug gegen Abgabe des Angebots zur Übertragung der Kommanditbeteiligungen und – hilfsweise – gegen deren Übertragung geltend gemacht hat.

Besteht die Anlage – wie hier – in der Vertragsposition des Klägers als Treugeber, genügt es, wenn er als Zug um Zug zu gewährende Leistung die Abtretung sämtlicher Rechte aus dem Treuhandverhältnis anbietet (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 2009 – II ZR 15/08; Senatsurteile vom 21. April 2010 – 4 U 84/09 –, 16. Juni 2010 – 4 U 154/09 –, 28. Juli 2010 – 4 U 1/10 – und vom 9. März 2011 – 4 U 95/10 –):

Die Verpflichtung des Anlegers, der wegen Pflichtverletzung des Beratungsvertrages Anspruch auf Erstattung der für den Erwerb der Anlage gemachten Aufwendungen hat, zur Rückgabe der Anlage gründet auf dem dem allgemeinen Schadensersatzrecht innewohnenden Prinzip der Vorteilsausgleichung. Es soll ein gerechter Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden. Der Geschädigte darf nicht besser gestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde; das wäre ein unbilliges Ergebnis. Andererseits sind nicht alle durch das Schadensereignis bedingten Vorteile auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen, sondern nur solche, deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt, d.h. dem Geschädigten zumutbar ist und den Schädiger nicht unangemessen entlastet.

Diesen Grundsätzen wird hier hinreichend dadurch Rechnung getragen, dass der geschädigte Anleger alles ihm Mögliche und Zumutbare getan hat, um sich des erlangten Vorteils – Erwerb der treuhänderisch gehaltenen Beteiligung an der Fondsgesellschaft – zu entäußern. Es wäre unbillig und mit dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), auf dem der Rechtsgedanke der Vorteilsausgleichung letztlich beruht (vgl. BGH, Urteil vom 17. Mai 1984 – VII ZR 169/82 –), nicht zu vereinbaren, dem geschädigten Anleger das Risiko aufzuerlegen, dass der Übertragung der durch fehlerhafte Anlageberatung erworbenen Beteiligung auf die beklagte Bank Hindernisse entgegenstehen, die er nicht zu vertreten hat und nicht beeinflussen kann. Etwaige gesellschaftsrechtliche Schwierigkeiten bei der Übertragung der Beteiligung des Klägers auf die Beklagte fallen in den Risikobereich der schadensersatzpflichtigen Beklagten und nicht des geschädigten Klägers (vgl. BGH, Beschluss vom 28. November 2007 – III ZR 214/06 –). Entsprechendes gilt auch für Schwierigkeiten bei der Übertragung des Treuhandverhältnisses.

c) Eine Anrechnung der im Zusammenhang mit der Anlage erlangten Steuervorteile des Klägers scheidet vorliegend aus.

Ob eine spätere Minderung oder Beseitigung des eingetretenen Vermögensschadens den Schadensersatzanspruch beeinflusst, ist nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung zu beurteilen. Danach sind Wegfall oder Minderung des Schadens nur insoweit zu berücksichtigen, als sie in einem adäquat-ursächlichen Zusammenhang zu dem schädigenden Ereignis stehen. Außerdem muss die Anrechnung dem Zweck des Schadensersatzes entsprechen und darf weder den Geschädigten unzumutbar belasten noch den Schädiger unbillig entlasten. Zu solchen auf den Schadensersatzanspruch eines Geschädigten anzurechnenden Vorteilen gehören grundsätzlich auch Steuern, die der Geschädigte infolge der Schädigung erspart hat.

Bei der Betrachtung möglicher Steuervorteile, die zu den auf den Schadensersatzanspruch eines Geschädigten anzurechnenden Vorteilen gehören, muss berücksichtigt werden, ob dem Geschädigten aus der Zuerkennung des Schadensersatzanspruchs und dessen Gestaltung steuerliche Nachteile erwachsen, sei es durch eine Nachforderung des Finanzamts, sei es durch eine Besteuerung der Schadensersatzleistung oder der Zug um Zug gegen die Schadensersatzleistung vorgesehenen Übertragung der Kapitalanlage, etwa nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG oder § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (vgl. nur BGH, Urteil vom 15. Juli 2010 – III ZR 336/08 – Rdnr. 36). Es kommt hinzu, dass eine exakte Errechnung von Steuervorteilen unter Gegenüberstellung der tatsächlichen mit einer hypothetischen Vermögenslage angesichts der vielfältigen Besonderheiten und Möglichkeiten der konkreten Besteuerung und ihrer unterschiedlichen Entwicklung in verschiedenen Besteuerungszeiträumen häufig einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erforderte. Die höchstrichterliche Rechtsprechung, der auch der Senat folgt, billigt dem Geschädigten daher insoweit Erleichterungen zu und hält eine nähere Berechnung von Steuervorteilen unter Gegenüberstellung der tatsächlichen mit einer hypothetischen Vermögenslage nur dann für erforderlich, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Geschädigte außergewöhnliche Steuervorteile erzielt hat. Dabei führen, wie der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 15. Juli 2010 – III ZR 336/08 – ausführt, nur solche außergewöhnlichen Steuervorteile zu einer Anrechnung, die nach Berücksichtigung der Steuerbarkeit der Ersatzleistung (oder anderweitiger Steuernachteile) dem Geschädigten verbleiben, so dass es unbillig wäre, ihm diese zu belassen.

Hierfür ist von der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nichts dargetan. Insbesondere führte nicht einmal eine etwaige die Absenkung des Spitzensteuersatzes bei der Einkommenssteuer, für die hier ohnehin keine Anhaltspunkte bestehen, für sich genommen dazu, dass die mit der Anlage verbundenen Steuervorteile – erheblich – höher sind als der durch die Besteuerung der Ersatzleistung entstehende Steuernachteil (BGH, Urteil vom 31. Mai 2010 – II ZR 30/09 – Rdnr. 29).

2.

Dem Kläger stehen gemäß den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB auch Prozesszinsen in der geltend gemachten Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 5. Februar 2009 zu.

Die Verpflichtung zur Zahlung von Verzugs- und Prozesszinsen setzt zunächst Fälligkeit und Durchsetzbarkeit der Hauptforderung voraus. Beide Voraussetzungen liegen trotz des Zug-um-Zug-Vorbehalts vor. Grundlage des hier in Rede stehenden Zug-um-Zug-Vorbehaltes ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht die Ausübung eines der Beklagten zustehenden Zurückbehaltungsrechts im Sinne des § 320 BGB, sondern das dem allgemeinen Schadensersatzrecht innewohnende Prinzip der Vorteilsausgleichung, welches bewirkt, dass die Schadensersatzpflicht der Beklagten nur gegen Herausgabe derjenigen Vorteile erfüllt zu werden braucht, die mit dem schädigenden Ereignis in adäquatem Zusammenhang stehen. Der Schadensersatzanspruch ist von vornherein nur mit der Einschränkung begründet, dass gleichzeitig die Vorteile herausgegeben werden. Dazu bedarf es weder eines besonderen Antrags noch einer Einrede des Schuldners – hier der Beklagten.

Dieser Besonderheit des Schadensersatzanspruchs hat der Kläger mit seinem Klageantrag Ziffer 3 Rechnung getragen. Zwar beinhaltete der Zug-um-Zug-Vorbehalt nach seinem Wortlaut in der Klageschrift lediglich die „Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung (...)“. Die Beklagte musste, insbesondere vor dem Hintergrund der im gesamten Bundesgebiet von Anlegern gegen sie angestrengten Zivilrechtsstreitigkeiten stets mit dem Ziel der vollständigen Rückabwicklung der Fondsbeteiligung – allein beim erkennenden Senat waren neben dem vorliegenden insgesamt sieben Verfahren gegen die Beklagte betreffend den V… 3 und V… 4 anhängig (4 U 95/10, 4 U 64/10, 4 U 25/10, 4 U 1/10, 4 U 154/09, 4 U 152/09, 4 U 84/09) –, den Zug-um-Zug-Vorbehalt in der Klageschrift indes dahin verstehen, dass der Kläger von der erworbenen Kapitalanlage nichts behalten, sondern sämtliche Rechte hieran und hieraus, einschließlich derjenigen aus dem Treuhand- und Gesellschaftsvertrag, auf die Beklagte übertragen wollte.

Mit diesem eingeschränkten Inhalt ist die Schadensersatzforderung des Klägers spätestens durch die Klageerhebung fällig geworden. Es gibt keine Rechtfertigung dafür, die Beklagte, die der Klage mit sachlichen Einwendungen zu Anspruchsgrund und -höhe, nicht aber mit einem Zurückbehaltungsrecht entgegengetreten ist, von der Pflicht zur Zahlung von Prozesszinsen zu befreien. Es sind auch keine sachlichen Gründe dafür erkennbar, den Klägern, die mit dem Angebot des Vorteilsausgleichs das ihrerseits Erforderliche getan haben, die Nutzungsvorteile des ihnen rechtmäßig zustehenden Schadensersatzbetrages in Form der Prozesszinsen vorzuenthalten (BGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 – III ZR 323/03 –).

3.

Der Kläger kann auch die Feststellung verlangen, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug befindet.

Die Beklagte ist jedenfalls dadurch in Verzug geraten, dass sie die mit der Klageschrift vom 23. Dezember 2008 angebotene Übertragung der gezeichneten Beteiligung und Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung nicht angenommen hat. Wie der Senat bereits in seinen, zu demselben Medienfonds und unter Beteiligung der hiesigen Beklagten ergangenen, Urteilen vom 21. April 2010 – 4 U 84/09 –, 16. Juni 2010 – 4 U 154/09 –, 28. Juli 2010 – 4 U 1/10 – und 9. März 2011 – 4 U 95/10 – ausgeführt hat, bedurfte es entgegen der Auffassung der Beklagten zur Begründung des Annahmeverzuges weder der Zustimmung des Komplementärs, noch der Vertragsübernahme des Treuhandvertrages (ebenso OLG Karlsruhe, Urteil vom 7. Mai 2010 – 17 U 88/09 –; OLG Hamm, Urteil vom 3. März 2010 – 31 U 106/08 – Rdnr. 92).

4.

Der Kläger kann zwar nicht verlangen festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der gezeichneten Beteiligung resultieren (Klage- und Berufungsantrag Ziffer 2.).

Die Belastung mit einer Verbindlichkeit kann zwar auch ein nach § 249 BGB zu ersetzender Schaden sein. Dies setzt aber das Bestehen einer nach Grund und Höhe bestimmten oder wenigstens bestimmbaren Forderung voraus. Daran fehlt es hier, denn der Kläger will – im Rahmen eines Feststellungsbegehrens – von „allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen“ befreit werden. Für dieses Begehren ist die Klage auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden der richtige Weg (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2006 – I ZR 257/03 – ).

In dem Feststellungsantrag, gerichtet auf Freistellung, ist – darauf hat der Senat in seiner Erörterung am 10. August 2011 hingewiesen – das Begehren auf Feststellung der Einstandspflicht für künftige Schäden, die dem Kläger aus der gezeichneten Beteiligung an dem V… 3 entstehen, als „Minus“ enthalten; es stellt keine Klageänderung dar (vgl. § 264 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Das Feststellungsbegehren ist zulässig, insbesondere besteht das erforderliche Feststellungsinteresse. Dieses liegt bereits dann vor, wenn künftige Schadensfolgen, sei es auch nur entfernt, möglich, ihre Art, ihr Umfang und ihr Eintritt indes noch ungewiss sind. Solche künftigen Schadensfolgen sind hier nicht nur möglich, sondern – und damit ist das Feststellungsbegehren auch begründet – wahrscheinlich. Vor dem Hintergrund, dass das Finanzamt … dem Fonds die steuerlichen Anerkennung entzog, das finanzgerichtliche Verfahren andauert, sind künftige steuerliche Schäden – wie etwa die Neufestsetzung der Einkommensteuer ohne die Verluste aus der Beteiligung und die Verzinsung von Steuernachforderungen nach § 233 a AO – (auch) beim Kläger zu erwarten.

5.

Wie der Senat ebenfalls im Termin vom 10. August 2011 ausgeführt hat, kann der Kläger von der Beklagten nicht, wie beantragt, Zahlung von 4 % Zinsen auf den Einlagebetrag zuzüglich Agio für den Zeitraum ab Zeichnung der Anlage bis zur Rechtshängigkeit der Klage als entgangenen Gewinn gemäß den §§ 249, 252 BGB verlangen.

Zwar ist nach der Lebenserfahrung grundsätzlich davon auszugehen, dass Eigenkapital in der hier vorliegenden Größenordnung von 31.500,00 € nicht ungenutzt verwahrt, sondern anderweitig angelegt worden wäre (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 1973 – III ZR 161/71 – und vom 2. Dezember 1991 – II ZR 141/90 –). Es lässt sich indes aufgrund des Vortrags des Klägers nicht feststellen, dass er sein verfügbares Kapital, „sicher“ und „festverzinslich“ angelegt und hieraus eine Rendite von 4 % p.a. erzielt hätte, wenn er nicht in die streitgegenständliche Beteiligung investiert hätte. Wie der Kläger den Betrag angelegt hätte, ist letztlich offen.

So war dem Kläger nach seinem schriftsätzlichen Vortrag auch daran gelegen, Steuervorteile zu erzielen, denn danach hat er die Beteiligung im Vertrauen darauf gezeichnet, dass „für ihn kein Risiko bezüglich des eingesetzten Kapitals“ bestünde und „da dieser steuerlich absetzbar war“ (Klageschrift S. 5, Bl. 18 d.A.). Auch aus seinen Angaben bei der Anhörung vor dem Landgericht lässt sich nicht darauf schließen, der Kläger habe ausschließlich oder in erster Linie eine sichere Anlage haben wollen; vielmehr war er offenbar auch daran interessiert, Steuern sparen zu können („Hierbei, so sagte sie, hätte ich den Vorteil, dass ich Steuern sparen könne. Dabei würde es sich um eine sichere Anlage handeln“).

Bei dieser Sachlage kann nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass sich der Kläger alternativ für eine festverzinsliche Anlage entschieden hätte, der jegliche steuerlichen Abzugsmöglichkeiten fehlen. Vielmehr liegt es nahe, dass er ein anderes steueroptimiertes Anlagemodell gezeichnet hätte. Dieses Marktsegment ist jedoch typischerweise auch mit Verlustrisiken verbunden, so dass keine ausreichende Grundlage für eine Schadensschätzung (§ 287 ZPO) besteht.

C.

Ob darüber hinaus eine Haftung der Beklagten bereits auf Grundlage der landgerichtlichen Beweisaufnahme auch darauf gestützt werden könnte, dass die Beratung nicht anlagegerecht erfolgt ist, weil die Beteiligung an dem V… wahrheitswidrig als sicher dargestellt und der Kläger nicht darüber aufgeklärt wurde, dass es sich bei der „Garantie“ um eine bloße Schuldübernahme zugunsten der Fondsgesellschaft gehandelt hat, oder ob es hierzu – wegen abweichender Würdigung der Zeugenaussage – einer erneuten Vernehmung der Zeugin durch den Senat bedurft hätte, kann letztlich offen bleiben.

1.

Der Senat sieht allerdings das entsprechende Vorbringen des Klägers in der protokollierten Aussage der vom Landgericht vernommenen und für glaubhaft erachteten Zeugin B… für bestätigt. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung des Landgerichts am 29. März 2010 (Bl. 1143 f. d.A.) hat die Zeugin die Beteiligung an dem V… in dem Beratungsgespräch u.a. – neben den mit einer Beteiligung verbundenen steuerlichen Vorteilen – mit der "Kapitalgarantie" und der Sicherheit beworben ("Dass der Kläger gezeichnet hat, liegt daran, dass (…) es eine Kapitalgarantie gab." "Ich habe das Ganze dem Kläger als relativ sicher dargestellt. Hinsichtlich der Kapitalgarantie habe ich dem Kläger gesagt, dass diesbezüglich eine Bürgschaft vorlag". "Für mich war die ganze Sache sicher, so dass ich dem Kläger dies auch so empfohlen habe".). Die Beklagte kann dem nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass ihre Beraterin nach deren Aussage auch auf das Totalverlustrisiko hingewiesen habe. Nach ihren Bekundungen vor dem Landgericht hat die Zeugin B… zwar "mit dem Kläger auch über das Totalverlustrisiko gesprochen", sie hat ihm aber erklärt, "dass dies unwahrscheinlich ist, weil eine Garantie vorlag". Vor diesem Hintergrund, insbesondere der Wortwahl, kann kein Zweifel daran bestehen, dass aufgrund dieser Äußerungen der Beraterin beim Kläger der Eindruck erweckt wurde, die empfohlene Beteiligung sei sicher.

Bedenken im Hinblick auf die Glaubhaftigkeit dieser Bekundungen der Zeugin sind nicht ersichtlich und werden von der Beklagten auch nicht aufgezeigt. Vielmehr spricht für eine solche Darstellung der vermeintlichen Sicherheit der Beteiligung am V… durch die Beraterin, dass in den vom Kläger eingereichten internen Schreiben bzw. Emails der Beklagten (Anlagen CoBa 1, 2, 4, 5), der offenbar für die Anwerbung von Anlegern vorgesehenen Kurzübersicht (Anlage CoBa 6) und dem Flyer der Beklagten zum V… (Anlage CoBa 6a), deren Inhalt die Beklagte nicht in Abrede stellt, stets als Besonderheit des V… die durch die D… Bank AG garantierte „100 %ige Kapitalrückzahlung“ herausgehoben wird. Des weiteren ist darin von „100 % Kapitalschutz“ bzw. davon die Rede, dass das "Investment (...) in Höhe der Nominaleinlage (ohne Agio) zum Laufzeitende abgesichert“ sei. Ob die genannten Unterlagen im Vorfeld des Beratungsgesprächs oder bei der Beratung des Klägers Verwendung fanden, ist dabei nicht von entscheidender Bedeutung. Entscheidend ist vielmehr, dass diese Unterlagen es durchaus plausibel erscheinen lassen, dass die Kundenberaterin B… dem Kläger die vermeintliche Sicherheit der Beteiligung an dem V… in vergleichbarerer Weise fehlerhaft dargestellt hat.

2.

Die Darstellung der Beteiligung an dem V… gegenüber dem Anleger als "sicher" und die Bezeichnung der Schuldübernahme durch die D… Bank als "Kapitalgarantie" stellte eine fehlerhafte und unzureichende Aufklärung des Klägers über die Risiken der empfohlenen Anlage dar.

Das Wort "Garantie" erweckt den Eindruck, dass ein bestimmtes Ereignis sicher eintreten wird. Es ist die stärkste Zusicherung, die man abgeben kann und vermittelt dem Anleger, dass kein Verlust seines eingezahlten Kapitals zu erwarten ist. Tatsächlich wird das gerade nicht garantiert. Nach dem Anlageprospekt war die Schuldübernahme der D… Bank AG nämlich nicht als eine Garantie dahin zu verstehen, dass die Anleger in jedem Fall ihre Einlage zurückerhalten; vielmehr wurde durch die Schuldübernahme nur das Kommanditkapital insgesamt gesichert, mit dem jedoch vor Auszahlung an die Gesellschafter etwaige Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu decken waren, so dass bei dem Bestand entsprechend hoher Verbindlichkeiten nicht auszuschließen war, dass auch ein Totalverlust der Einlage der Kommanditisten eintreten konnte. Die Darstellung, es bestünde eine "Kapitalgarantie" ist daher objektiv unrichtig und geeignet, bei den Anlegern falsche Vorstellungen hervorzurufen.

Zumindest wäre eine Verharmlosung des Risikos, auch betreffend desjenigen des Totalverlustes des Kapitals, festzustellen.

3.

Hinsichtlich der Kausalität der Pflichtverletzung für den Schaden, des Mitverschuldens und des Anspruchsumfangs ergäben sich keine Besonderheiten zu den obigen Ausführungen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Der Streitwert wird für die erste Instanz gemäß § 63 Abs. 3 GKG neu und für das Berufungsverfahren gemäß den §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG auf 38.800,00 € festgesetzt (Zahlungsantrag Ziffer 1: 31.500,00 € + 6.300,00 € entgangener Gewinn, Freistellungsantrag Ziffer 2: geschätzt 1.000,00 €; Antrag auf Feststellung des Annahmeverzuges: nicht streitwerterhöhend).