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Zollbeamter, versuchte räuberische Erpressung; Erpresserbrief; Erstellen am Dienstcomputer; Rücktritt vom Versuch; vollendete Dienstpflichtverletzung; außerdienstliche Pflichtverletzung; innerdienstliche Pflichtverletzung; Vortäuschen einer Straftat; Dienstvergehen; Entfernung; Vertrauens- und Ansehensverlust


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg Disziplinarsenat Entscheidungsdatum 28.05.2019
Aktenzeichen OVG 82 D 1.18 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2019:0528.OVG82D1.18.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 13 BDG, § 255 StGB, § 61 BDG, § 77 Abs 1 BDG, § 24 StGB, § 145d StGB, § 249 StGB, § 253 StGB

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 20. November 2017 verkündete Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam geändert. Der Beklagte wird aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin erstrebt mit ihrer Berufung die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis an Stelle der von der Disziplinarkammer ausgesprochenen Zurückstufung in das Amt eines Zollhauptsekretärs der Besoldungsgruppe A 8.

Der 1... geborene Beklagte war nach Abschluss der polytechnischen Oberschule 1...u.a. als Lagerist und Vulkaniseur erwerbstätig und wurde nach erfolgreicher Beendigung des Vorbereitungsdienstes für den mittleren Dienst in der Bundesfinanzverwaltung mit Wirkung vom 1. November 1...zum Zollassistenten zur Anstellung unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe und mit Wirkung vom 1. November 1...zum Zollsekretär unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit ernannt. Es folgten Beförderungen zum Zollobersekretär im Jahr 1..., zum Zollhauptsekretär der Besoldungsgruppe A 8 im Jahr 2...sowie zum Zollbetriebsinspektor der Besoldungsgruppe A 9 im November 2....

Der Beklagte war bis November 2012 im Geschäftsbereich des Hauptzollamtes eingesetzt (u.a. Grenzaufsicht, Zollhundelehrwart). Zuletzt war er dort als Leiter der Funksprechzentrale im Schichtdienst tätig.

Der Beklagte ist zum Beurteilungsstichtag 1. Juli 2008 mit der Gesamtnote „entspricht den Anforderungen“, zum 1. Juli 2010 mit „den Anforderungen entsprechend“ (6 Punkte) sowie zum 1. Juni 2013 ebenfalls mit einer Gesamtnote von 6 Punkten beurteilt worden.

Der Beklagte ist disziplinarrechtlich vorbelastet. Nachdem im August 2...ein Disziplinarverfahren wegen eines Verstoßes gegen die Wahrheitspflicht und die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 2 BDG eingestellt worden war, wurde gegen den Beklagten mit Disziplinarverfügung vom 26. Januar 2...eine Geldbuße in Höhe von 250,00 Euro verhängt, weil er die Überzahlung einer Wechselschichtzulage sowie den Auszug seines Stiefkindes aus seinem Haushalt über einen langen Zeitraum hinweg nicht bzw. mit fast zweijähriger Verspätung angezeigt hatte.

Der Beklagte ist seit 2...geschieden, hat zwei erwachsene Kinder aus der geschiedenen Ehe sowie eine 2...geborene Tochter aus einer weiteren Beziehung.

Der Beklagte war im Juni und Juli 2011 im Schichtdienst als Leiter der F...beim H...tätig. Dort verfasste er am 3. Juli 2011 während seines Dienstes in der Frühschicht an seinem nicht unmittelbar einsehbaren Dienstcomputer einen Brief ohne Angabe des Absenders an die Apothekerin R..., Inhaberin von zwei Apotheken in, mit dem er die Zahlung von 300.000 Euro forderte und als Gegenleistung in Aussicht stellte, dass er der Apothekerin, ihrer Familie sowie den Angestellten der Apothekerin und deren Familien nichts antun werde (zu den Einzelheiten vgl. Ermittlungsakte 255 Js 18661/11, Bl. 9). Der Beklagte nutzte Papier und Drucker der Dienststelle, um den Brief – in Abwesenheit einer ebenfalls in der Frühschicht eingesetzten Kollegin – auszudrucken. Dann legte er den Brief in einen für den Dienstgebrauch bestimmten Briefumschlag und warf ihn nach Beendigung seiner Schicht in einen Briefkasten der Deutschen Post an der Hauptpost in F...ein, nachdem er eine zuvor an einem Automaten gekaufte Briefmarke mit Mineralwasser befeuchtet und aufgeklebt hatte. Den Brief hatte der Beklagte seinen Angaben zufolge mit Latexhandschuhen bzw. den Briefumschlag beim Einwurf mit einem Zellstofftaschentuch berührt.

Am 4. Juli 2011 reiste der Beklagte dienstlich nach F..., wo er bis zum 7. Juli 2011 an einem Lehrgang teilnahm. Von dort aus schrieb er am 6. Juli 2011 gegen 13.30 Uhr eine E-Mail an seinen früheren Vorgesetzten, den Leiter des, dass er wegen eines schwerwiegenden Problems mit ihm sprechen müsse, wobei er darum bitte, mit niemandem über seine Anfrage zu reden. Außerdem sandte er nach kurzer Zeit eine SMS hinterher, Herr solle seine dienstlichen E-Mails anschauen. Am Abend des 6. Juli 2011, noch vor seiner Rückkehr, hinterließ der Beklagte gegen 21.00 Uhr über seinen privaten Laptop auf der Serviceseite der von der Apothekerin betriebenen Apotheke folgende Nachricht: „Vergessen sie (sic!) den dummen Brief“. Diese Nachricht nahm der Ehemann der Apothekerin erst am Morgen des 8. Juli 2011 zur Kenntnis und teilte den Inhalt sofort der Polizei mit.

Am Tag zuvor, am 7. Juli 2011, hatte die Apothekerin den anonymen Brief des Beklagten geöffnet und sich in einer Polizeidienststelle in F...unter Vorlage des Briefs gemeldet. Die Polizei nahm umfangreiche Ermittlungen wegen Erpressung zum Nachteil der Frau auf, indem sie u.a. eine linguistische und eine kriminaltechnische Untersuchung des Briefes durchführte, eine Telefonüberwachung in die Wege leitete und den Ehemann der Apothekerin sowie zehn Angestellte der beiden Apotheken und eine ehemalige Mitarbeiterin, der wegen einer Unregelmäßigkeit bei der Abrechnung gekündigt worden war, als Zeugen vernahm. Zu den Mitarbeiterinnen der Apotheke gehörte auch die geschiedene Ehefrau des Beklagten. Die Apothekerin hatte dem Beklagten und seiner früheren Ehefrau zwei Mitarbeiterdarlehen gewährt, wovon der Beklagte das zweite Darlehen - den späteren Angaben der Apothekerin zufolge 55.000 Euro mit einer Laufzeit von 25 Jahren - in monatlichen Raten von 390,60 Euro tilgte.

Am 8. Juli 2011 wurde der Beklagte von 14.51 Uhr bis 22.25 Uhr durch Beamte der Kriminalpolizei als Zeuge vernommen, weil er – nach einem Gespräch mit Herrn – auch der Polizei angezeigt hatte, am 28. Juni 2011 nach der Nachtschicht gegen 6.15 Uhr an einer Tankstelle in S... von zwei polnischen Männern angesprochen worden zu sein, die ihm 1000 Euro für jeden Lastkraftwagen angeboten hätten, den er unkontrolliert passieren lasse. Die Männer hätten Details aus seinem Privatleben gewusst und ihn aufgefordert, am 8. Juli 2011 gegen 15.00 Uhr wieder an der Tankstelle zu erscheinen. Er solle sich genau überlegen, ob er das Angebot ablehne, wer wisse, was sonst passiere. Ferner gab der Beklagte für beide Personen eine dezidierte Personenbeschreibung ab und teilte mit, es habe sich um einen dunkelblauen V...mit dem Kennzeichen gehandelt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das polizeiliche Vernehmungsprotokoll vom 8. Juli 2011 (Ermittlungsakte 255 Js 18661/11, Bl. 74 ff.) Bezug genommen.

Am 8. Juli 2011 befragten Polizeibeamte ab 21.15 Uhr die Lebensgefährtin des Beklagten in ihrer Wohnung als Zeugin. Der am 8. Juli 2011 vorläufig festgenommene Beklagte wurde in der Nacht zum 9. Juli 2011 nunmehr als Beschuldigter vernommen, weil er infolge seiner Zeugenvernehmung verdächtigt wurde, eine Erpressung zum Nachteil der Apothekerin begangen zu haben. Er gab u.a. an, die polnischen Männer hätten einen Betrag von 300.000 Euro für einen „Freikauf“ genannt. Er habe dem einen der Täter gesagt, dass er der Forderung nicht nachkomme und auch nicht die Möglichkeit habe. Daraufhin sei ihm eine Überlegungsfrist bis zum 8. Juli 2011, 15 Uhr eingeräumt worden. Zu Beginn des Gespräches habe der Täter ihn noch mit „Sie“ angesprochen, und als er dann die 300.000 Euro erwähnt habe, habe er den Beklagten geduzt. Ferner räumte der Beklagte ein, den Brief an die von ihm für vermögend gehaltene Apothekerin geschickt zu haben, um sich mit dem geforderten Geldbetrag freizukaufen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das polizeiliche Vernehmungsprotokoll (Ermittlungsakte 255 Js 18661/11, Bl. 106 ff.) Bezug genommen. Im Anschluss an die Beschuldigtenvernehmung verfasste der Beklagte einen Brief an die Apothekerin, um sich zu entschuldigen.

Das gegen den Beklagten geführte Ermittlungsverfahren wegen versuchter räuberischer Erpressung wurde mit Verfügung vom 13. September 2011 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, weil der Beklagte strafbefreiend von dem Erpressungsversuch zurückgetreten sei.

Bei einer weiteren Vernehmung des Beklagten durch die Staatsanwaltschaft F...am 16. Januar 2012, anlässlich derer er des Vortäuschens einer Straftat nach § 145d StGB beschuldigt wurde, weil das von ihm angegebene Fahrzeug zu der behaupteten Tatzeit nicht an dem behaupteten Tatort habe ausfindig gemacht werden können, gab der Beklagte an, dass ihm die Täter nicht an der Tankstelle in S., sondern zu Hause in N. aufgelauert hätten. Er habe diese Sache bei der Zollfahndung nicht offengelegt, weil er seine Frau nicht noch mehr in Angst habe versetzen wollen. Er habe befürchtet, dass die Täter, wenn er sie wirklich voll hätte auffliegen lassen, sich gerächt hätten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Vernehmungsprotokoll vom 16. Januar 2012 (Strafakte 255 Js 22278/11, Bl. 63 ff.) Bezug genommen.

Mit Strafbefehl vom 22. Juni 2012 – Cs 255 Js 22278/11 - setzte das Amtsgericht F...gegen den Beklagten wegen Vortäuschung einer Straftat nach § 145d Abs. 1 StGB eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 100 Euro fest, weil er am 8. Juli 2011 bei der Polizei bewusst wahrheitswidrig angezeigt habe, am 28. Juni 2011 in S...Opfer einer Straftat geworden zu sein, obwohl sich in Wahrheit dieser Sachverhalt nicht ereignet habe, jedenfalls nicht an einer Tankstelle in S., allenfalls am Wohnsitz des Beklagten.

Mit Schreiben vom 4. September 2012 teilte der Beklagte der zur Vollstreckung der Geldstrafe berufenen Staatsanwaltschaft mit, dass er die geforderten 3063,00 Euro nicht begleichen könne. Er bitte daher um Stundung des Betrages. Der beigefügten Aufzeichnung über seine finanziellen Verhältnisse standen monatlichen Einnahmen in Höhe von 3397,00 Euro monatliche Ausgaben in Höhe von 3331,42 Euro (ohne Kosten für Lebensmittel usw.) gegenüber. Da die Staatsanwaltschaft von einer Zahlungsunfähigkeit des Beklagten ausging, bot sie ihm an, eine Ersatzfreiheitsstrafe durch gemeinnützige Arbeit abzuwenden. Dies geschah im Zeitraum von Dezember 2012 bis Januar 2013.

Am 17. Februar 2014 wurde der Beklagte durch Mitarbeiter des Zollfahndungsamtes wegen des Verdachts der zu seinem Nachteil begangenen versuchten Erpressung als Zeuge vernommen. Auf das Vernehmungsprotokoll wird Bezug genommen (Ermittlungsakte der Klägerin im Disziplinarverfahren, Bl. 211 ff.). Das insoweit gegen Unbekannt eingeleitete Ermittlungsverfahren - 255 UJs 12092/–1 – wurde mit Verfügung vom 10. März 2014 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

Mit der im Oktober 2014 erhobenen Disziplinarklage hat die Klägerin die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis begehrt. Als Dienstpflichtverletzungen hat sie dem Beklagten die zum Nachteil der Apothekerin begangene Erpressungshandlung sowie das Vortäuschen einer Straftat zur Last gelegt.

Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten mit am 20. November 2017 verkündetem Urteil in das Amt eines Zollhauptsekretärs der Besoldungsgruppe A 8 zurückgestuft. Hierbei ging es von einer schwer wiegenden innerdienstlichen Dienstpflichtverletzung aus, weil der Beklagte eine versuchte Erpressung zum Nachteil der Apothekerin begangen habe. Diese Tat sei nur im Hinblick auf § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB straffrei geblieben, was sich auf die vollendete Dienstpflichtverletzung nicht auswirke. Demgegenüber habe die Disziplinarkammer nicht die erforderliche Überzeugung gewinnen können, dass der Beklagte die zu seinem Nachteil behauptete Erpressung durch polnische Männer insgesamt erfunden habe. Die isolierte Täuschung über den Tatort sei nicht Gegenstand der Disziplinarklage.

Eine volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung des § 253 StGB gebildeten Orientierungsrahmens, der bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis reiche, komme unter den gegebenen Umständen nicht in Betracht. Das schwere Dienstvergehen sei hier nach der Motivlage in einem milderen Licht zu bewerten, weil der Beklagte aktiv von der weiteren Verwirklichung Abstand genommen und er sich zudem wegen der zu seinem eigenen Nachteil begangenen versuchten Erpressung durch polnische Täter veranlasst gesehen habe, sich mittels eines eigenen Erpressungsversuchs freizukaufen. Dies sei zwar nicht zu billigen, aus der Sicht des Beklagten jedoch nachvollziehbar und mildere den Unrechtsgehalt des Versuchs gleichfalls ab. Ferner komme dem Beklagten zugute, dass er noch am frühen Morgen des 9. Juli 2011 nach seiner Vernehmung einen Entschuldigungsbrief an die Apothekerin als Zeichen tätiger Reue geschrieben habe. Die danach anzusetzende verwirkte Maßnahme einer Rückstufung um mehrere Stufen führe im Hinblick auf die lange Verfahrensdauer zur Begrenzung der Rückstufung auf nur eine Stufe, nämlich zur Versetzung in das Amt eines Zollhauptsekretärs der Besoldungsgruppe A 8.

Mit hiergegen gerichteten Berufung, deren Begründung am 1. Juni 2018 einging, macht die Klägerin im Wesentlichen folgendes geltend: Der Beklagte habe zwei innerdienstliche Pflichtverletzungen begangen, eine versuchte Erpressung und das Vortäuschen einer Straftat. Im Hinblick auf die Strafandrohung, den materiellen Schaden und die Folgen der versuchten Erpressung (betroffene Familie, Angestellte der Apotheke, Verdächtigungen unbescholtener Bürger) sowie die Folgen für den dienstlichen Bereich wiege das Dienstvergehen sehr schwer und gebiete den Ausspruch der Höchstmaßnahme. Als Beleg für die Persönlichkeit des Beamten schildert die Beklagte in ihrer Berufungsschrift dessen Verhaltensweisen und weitere Unregelmäßigkeiten. Die lange Verfahrensdauer könne der Klägerin nicht angelastet werden. Zwar gehe die Klägerin davon aus, dass in Bezug auf den Straftatbestand des Vortäuschens einer Straftat das gesamte Geschehen erfunden sei. Falls sich die unzutreffenden Angaben allein auf den Tatort bezögen, solle auch dies bei der Bemessung berücksichtigt werden.

Die Klägerin beantragt,

das am 20. November 2017 verkündete Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam zu ändern und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er wendet ein, dass die Berufungsschrift vom Vizepräsidenten der G...unterzeichnet worden sei, ohne dass man erkennen könne, in wessen Vertretung der Vizepräsident unterzeichnet habe. Eine entsprechende Vollmacht sei nicht vorgelegt worden. Hinsichtlich der Berufungsbegründung sei nicht ausreichend erkennbar, ob sich deren Unterzeichner die Begründung der als Bearbeiterin genannten Frau S...zu Eigen gemacht habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte einschließlich des Sitzungsprotokolls und die von der Klägerin vorgelegten Verwaltungsvorgänge sowie die Ermittlungsakten zu den Verfahren 274 UJs 11214/11, 255 Js 22278/11, 255 UJs 12092/11 und 255 Js 1866/11 Bezug genommen. Diese Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin ist begründet. Der Beklagte hat ein Dienstvergehen begangen, das nicht nur seine Zurückstufung durch Versetzung in das Amt eines Zollhauptsekretärs der Besoldungsgruppe A 8, sondern seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gebietet.

In formaler Hinsicht ist weder die Einlegung der Berufung noch die Berufungsbegründung zu beanstanden. Die Berufung ist durch den Vizepräsidenten der in seiner Eigenschaft als Vertreter des Präsidenten eingelegt worden. Dies ergibt sich aus dem der Unterschrift vorangehenden Zusatz „In Vertretung“. Der Präsident der ist nach § 1 Nr. 1, § 3 der Anordnung zur Durchführung des Bundesdisziplinargesetzes im nachgeordneten Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen vom 9. März 2016 (BGBl I S: 493) – wie der zuvor zuständige Präsident der Bundesfinanzdirektion Mitte - zur Erhebung der Disziplinarklage und damit auch zur Einlegung der Berufung befugt. Dass die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung im Briefkopf Frau S. als (Sach-)Bearbeiterin angegeben hat, ist unschädlich. Es kommt allein darauf, ob sich der im Sinne von § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO postulationsfähige Beschäftigte einer Behörde den schriftsätzlichen Vortrag durch seine Unterschrift zu Eigen macht. Daran bestehen hier keine Zweifel.

Der Senat hat eigenständige tatsächliche Feststellungen zu dem von dem Beklagten begangenen Dienstvergehen getroffen. Dies gilt auch in Bezug auf die gemäß § 23 Abs. 2 BDG nicht bindenden tatsächlichen Feststellungen in dem Strafbefehl des Amtsgerichts F...vom 22. Juni 2012, der lediglich davon ausgeht, dass der Beklagte jedenfalls vorgetäuscht habe, in S. erpresst worden zu sein. Danach legt der Senat seiner Entscheidung neben den bereits im Tatbestand des Urteils angeführten Umständen folgenden Sachverhalt zugrunde:

Der Beklagte hat nicht nur – wie er anlässlich seiner Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft F...am 16. Januar 2012 eingeräumt hat – falsche Angaben zum Ort einer zu seinem Nachteil begangenen versuchten Straftat gemacht, indem er angegeben hat, er sei am 28. Juni 2011 gegen 6.15 Uhr morgens nach Beendigung der Nachtschicht an einer Tankstelle in S...von zwei polnischen Männern in einem dunkelblauen V...mit dem Kennzeichen aufgefordert worden, Fahrzeuge gegen Zahlung eines Geldbetrages von 1000,00 Euro unkontrolliert passieren zu lassen. Der Senat ist vielmehr davon überzeugt, dass die von dem Beklagten zuletzt geschilderte Version, drei polnische Männer hätten ihm in dem bereits zuvor beschriebenen Fahrzeug vor seinem Hausgrundstück in N...aufgelauert, nachdem er seine Tochter am 28. Juni 2011 in den Kindergarten gebracht habe, insgesamt nicht der Wahrheit entspricht und die behauptete Straftat nicht stattgefunden hat.

Gegen die Glaubwürdigkeit des Beklagten und die Glaubhaftigkeit seines den Vorfall vom 28. Juni 2011 betreffenden Vorbringens spricht zunächst, dass der Tatort S..., den er bei den Vernehmungen am 8. Juli und am 9. Juli 2011 genannt hat, frei erfunden war. Der Beklagte hat dies erst am 16. Januar 2012 – rund ein halbes Jahr später – eingeräumt, nachdem die Ermittler seine unwahren Angaben in Bezug auf den Tatort S. aufgedeckt hatten. Seine Einlassung, er habe den tatsächlichen Tatort - sein Wohnhaus in N. - nicht genannt, um seine Lebensgefährtin nicht zu beunruhigen und seine Familie zu schützen, ist nicht überzeugend. Sie erweist sich als vorgeschobene Schutzbehauptung, die dazu dienen sollte, die von dem Beklagten zum Nachteil der Apothekerin begangene Tat in einem günstigeren Licht erscheinen zu lassen.

Zwar mag die Einlassung des Beklagten gegenüber den Ermittlungsbeamten der Kriminalpolizei am 8. Juli 2011, er habe seiner Lebensgefährtin von dem Vorfall nichts berichtet, um sie nicht zu beunruhigen, für sich genommen einleuchten. Dies wird jedoch bereits dadurch relativiert, dass er später auf erneute Nachfrage angab, er sei noch nicht dazu gekommen, mit seiner Lebensgefährtin zu sprechen. Hinzu kommt, dass die von der Lebensgefährtin im Rahmen ihrer zeugenschaftlichen Vernehmung am 25. April 2013 insoweit behauptete Furcht nicht nachvollzogen werden kann und vorgeschoben erscheint, weil ihre Aussage, man sei nach dem Vorfall am 28. Juni 2011 nicht mehr nach Polen gereist, nicht der Wahrheit entspricht. So hat sie erst auf Vorhalt, dass dies nicht zutreffe, eingeräumt, sie sei lediglich ein weiteres Mal mit dem Beklagten zusammen in Polen gewesen, um etwas zu rauchen zu kaufen, von anderen Fahrten des Beklagten nach Polen habe sie keine Kenntnis. Auch der Beklagte hat sich offensichtlich nicht durchgreifend – wie während der Vernehmung am 8. Juli 2011 behauptet - um sein eigenes Wohl und das Wohl seiner Familie gesorgt, denn er hat 2014 angegeben, eigenständig Ermittlungen durchgeführt zu haben und in diesem Zusammenhang „oft“ nach S...gefahren zu sein, „um vielleicht diese Täter nochmal zu sehen“. Dies geschah bereits am 22. Juli 2011 beim Grenzübertritt nach Polen, d.h. keine vier Wochen nach dem vorgeblichen Erpressungsversuch. Dass der Kläger die vermeintlichen Täter in S...gesucht haben will, erscheint im Übrigen auch deshalb wenig nachvollziehbar, weil er den Tätern dort seinen eigenen - korrigierten - Angaben zufolge überhaupt nicht begegnet war, und diese nur für das zweite Treffen am 8. Juli 2011 um 15.00 Uhr die Tankstelle in S...vorgeschlagen haben sollen. Wenn der Beklagte wirklich daran interessiert gewesen wäre, die vermeintlichen Täter dingfest zu machen, hätte er durch rechtzeitigere Angaben gegenüber seinem Dienstvorgesetzten oder der Polizei dafür sorgen können, dass Ermittler am 8. Juli um 15.00 Uhr zu dem angegebenen Treffpunkt an der Tankstelle in S. erschienen. Dies ist jedoch nicht geschehen; die zeugenschaftliche Vernehmung des Beklagten begann erst wenige Minuten vor der angegebenen Zeit.

Im Übrigen hat der Beklagte anlässlich seiner Vernehmung durch das Zollfahndungsamt am 17. Februar 2014 die frühere Version, er habe durch die unzutreffende Tatortangabe seine Familie schützen wollen, weiterhin relativiert. So erklärte er auf Nachfrage, er wisse nicht, warum er nicht die volle Wahrheit gesagt habe, und führte lediglich ergänzend aus, er sei eben in einer Ausnahmesituation gewesen und seine Lebensgefährtin habe von dem Ganzen nichts gewusst: Also habe sie auch nicht unbedingt davon erfahren sollen, dass alles „bei uns vor der Tür stattfand“. Auch die weitere Einlassung des Beklagten, das erste Treffen sei für ihn nicht so maßgebend gewesen wie das zweite, das ja in Polen an der Tankstelle habe stattfinden sollen, ist angesichts des von dem Beklagten ursprünglich behaupteten Bedrohungspotentials, das von den unmittelbar vor dem Wohnhaus wartenden Tätern ausging, nicht nachvollziehbar.

Dass der Beklagte sein unzutreffendes Vorbringen nicht allein auf eine falsche Ortsangabe beschränkt hat, sondern die Begegnung mit den vermeintlichen polnischen Tätern insgesamt nicht glaubhaft ist, ergibt sich ferner aus zahlreichen weiteren Indizien, die sich zu einem gegen den Beklagten sprechenden Gesamtbild zusammenfügen:

Es erscheint mehr als fernliegend, dass es das von dem Beklagten detailliert beschriebene Fahrzeug tatsächlich gibt, weil es sich um eine aufwendig hergestellte „Doublette“ handeln müsste, die im Grenzbereich agierende polnische Täter auf der Grundlage eines - mit Ausnahme einer Farbvariante – bereits existierenden Fahrzeugs einschließlich amtlicher Kennzeichen angefertigt haben, um damit Straftaten zu begehen. Gegen die Existenz des von dem Beklagten beschriebenen Fahrzeugs spricht ferner, dass der Beklagte die polnische Zulassungsplakette - hiermit kannte er sich als Zollbeamter aus und wusste, dass dies ein Hinweis auf gefälschte deutsche Kennzeichen sein kann - nicht schon bei seiner ersten zeugenschaftlichen Vernehmung im Juli 2011, sondern erst am 16. Januar 2012 erwähnt hat, obwohl er bereits im Juli 2011 detaillierte Angaben zu der Begegnung und zu dem Fahrzeug gemacht hatte und er zudem schon damals von einem gefälschten Kennzeichen ausging. So hat er während der ersten Vernehmung thematisiert, warum ein polnischer Bürger mit einem deutschen Kennzeichen herumfahre und angegeben, er habe später eine Abfrage gemacht und nicht erwartet, dass die Daten zu dem Fahrzeug passten, ohne dies jedoch näher zu begründen. Hier hätte es sich geradezu aufgedrängt, bereits in der ersten Vernehmung auf die polnische Zulassungsplakette hinzuweisen, um damit die These, dass es sich um ein gefälschtes Kennzeichen handeln müsse, zu untermauern. Durch die Angabe dieses Details hätte der Beklagte auch nicht preisgegeben, dass er die Ortsangabe S...erfunden hatte.

Schließlich passt in das Bild einer insgesamt erfundenen Geschichte, dass der Beklagte nicht von Beginn an, sondern erst bei der späteren Korrektur des vermeintlichen Tatortes ohne nachvollziehbaren Grund einen dritten Täter angegeben hat, der im Auto vor dem Grundstück in N. gewartet habe. Bei seiner ersten Vernehmung am 8. Juli 2011 hatte der Beklagte hingegen ausführlich nur zwei Täter beschrieben, deren „Anführer“ auf den Beifahrersitz gestiegen sei. Auch bei der Beschuldigtenvernehmung am 9. Juli 2011 blieb er dabei, dass es sich um zwei Täter gehandelt habe. Erst am 16. Januar 2012 erklärte er, eine dritte Person, die im Auto sitzen geblieben sei, sei der Fahrer gewesen. Dies stellt sich als nicht nachvollziehbare Steigerung des früheren Vorbringens dar, durch die offensichtlich das Ausmaß der Bedrohung verstärkt werden sollte. Es ist kein anderer plausibler Grund ersichtlich, warum der Beklagte – wenn sich seine Angaben tatsächlich nur auf einen unzutreffenden Tatort beschränkt hätten (N...statt S... ) – anlässlich der ersten beiden Vernehmungen den dritten Täter nicht genannt, sondern hiervon erst ein halbes Jahr später berichtet hat.

In das Bild verfahrensangepasster Steigerungen fügt sich ferner der Umstand ein, dass der Beklagte die ihm angeblich angebotene Freikaufmöglichkeit am 8. Juli 2011 zunächst nicht erwähnt, dann aber am Ende der Vernehmung doch darauf eingegangen ist und behauptet hat, es sei über keine Summe gesprochen worden. Erst am Folgetag, am 9. Juli 2011, hat er insoweit einen Betrag von 300.000 Euro genannt, nachdem der eigene Erpressungsversuch zum Nachteil der Apothekerin offen gelegt war. Dass der Beklagte durch dieses Vorgehen seine zunächst noch unbekannte eigene Täterschaft verdecken wollte, erscheint schon deshalb nicht plausibel, weil er wenigstens die angebotene Freikaufmöglichkeit als solche sofort hätte erwähnen können. Hinzu kommt, dass der Beklagte auch in diesem Zusammenhang auf eine nicht glaubhafte und seine Glaubwürdigkeit in Frage stellende Schutzbehauptung zurückgegriffen hat, indem er während seiner Vernehmung durch das Zollfahndungsamt am 17. Februar 2014 angab, er habe die Summe von Anfang an genannt, der Kriminalbeamte habe das offensichtlich nicht aufgeschrieben. Dies ist schon deshalb in keiner Weise nachvollziehbar, weil das Protokoll vom 8. Juli 2011 bei versehentlicher Nicht-Aufnahme des Betrages nicht folgende Aussage des Beklagten enthalten hätte: „Diese Person, die das Gespräch führte, sagte zu mir: ‚Du kannst dich auch freikaufen, aber so viel Geld hast du sowieso nicht‘. Eine konkrete Summe wurde durch ihn nicht genannt.“

Schließlich variieren auch die Angaben zur Dauer der Begegnung mit den vermeintlichen Tätern. Nach der ersten Einlassung des Beklagten soll es sich um einen äußerst kurzen Zeitraum von nur 30 Sekunden gehandelt haben, dann wurde die Zeit auf „1 Minute“ korrigiert, und schließlich gab der Beklagte am 16. Januar 2012 an, das Treffen (vor seinem Wohnhaus) habe 4-5 Minuten – also sehr deutlich länger - gedauert. Zwar ist diese Abweichung nicht gravierend, aber immerhin doch so erheblich, dass dies ebenfalls als – wenn auch weniger gewichtiges - Indiz für insgesamt unzutreffende Angaben zu werten ist. Hinzu kommt, dass der Beklagte anlässlich seiner Vernehmung am 8. Juli 2011 behauptet hat, er habe seinen Vorgesetzten P. schon am 4. Juli 2011 kontaktiert. Auch dies trifft nicht zu, denn die Kontaktaufnahme per Mail erfolgte erst am frühen Nachmittag des 6. Juli 2011.

Entgegen der erstinstanzlichen Auffassung sind die finanziellen Verhältnisse des Beklagten auch nicht so günstig gewesen, dass er kein Motiv für eine versuchte Erpressung der Apothekerin K. gehabt hätte und diese nur durch den ihm selbst gegenüber angeblich begangenen Erpressungsversuch zu erklären wäre. So konnte er seinen damaligen Angaben zufolge die mit dem Strafbefehl wegen Vortäuschung einer Straftat verhängte Geldstrafe von 3063,00 Euro nicht bezahlen und gab im September 2012 – bei Einnahmen von 3397,00 Euro (u.a. Besoldung von 2517,44 Euro – netto – und Mieteinnahmen von 770,00 Euro) - an, feste Ausgaben in Höhe von 3.331,42 Euro zu haben (u.a. einen Autokredit von 454,79 Euro sowie Bank- und Hauskredite von rund 1.400 Euro und Versicherungsprämien in Höhe von 570,29 Euro). Da die Staatsanwaltschaft von Zahlungsunfähigkeit ausging, hat der Beklagte die Geldstrafe schließlich durch 180 Stunden gemeinnütziger Arbeit abgeleistet. Im Disziplinarverfahren nannte der Beklagte noch eine Restschuldhöhe von 133.800 Euro, was zwar objektiv nicht übermäßig viel, aber angesichts der von ihm selbst angegebenen Einkommensverhältnisse auch nicht geringfügig war. Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angegeben hat, seine Immobilien seien schuldenfrei, kommt es hier auf den aktuellen Zeitpunkt nicht an, sondern auf den Tatzeitraum. Hinzu kommt, dass der Beklagte später einer Nebentätigkeit nachgegangen ist.

Als weiteres – wenn auch nur nachrangiges und nicht tragendes – Element spricht gegen die Version des Beklagten schließlich der Vermerk der Staatsanwaltschaft F...zum wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen wegen des Verdachts der Erpressung zum Nachteil des Beklagten gegen Unbekannt vom 27. Juni 2013. Danach hat auch eine Einbeziehung des Zollfahndungsdienstes keine Ansätze oder Erkenntnisse ergeben, die auf einen Anwerbungsversuch in der Art schließen ließen, wie sie der Beklagte dargestellt hatte. Der von dem Beklagten geschilderte Modus Operandi zu seiner Anwerbung wurde vielmehr als unüblich bewertet. Laut Zollfahndungsamt erfolgt die Anbahnung über den subtilen Aufbau von Abhängigkeiten, die in der Regel mit Leistungen der Täter zugunsten des Beamten beginnen würden. Eine Gewaltandrohung und der Einsatz nötigender Elemente impliziere hingegen ein hohes Risiko für die Täter, dass sich der Geschädigte unverzüglich seiner Dienststelle offenbare. Hierzu passt, dass die Ermittlungen wegen des Tatbestands der Erpressung gegen Unbekannt ohne Erfolg geblieben sind. Auch der Beklagte hat anlässlich seiner Vernehmung am 17. Februar 2014 bestätigt, dass keine weitere Kontaktaufnahme durch die unbekannten Täter erfolgt sei. Dafür, dass es sich bei den Hintermännern der vermeintlichen Täter – wie der Beklagte gleichsam „ins Blaue hinein“ mutmaßte – um Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter der Zollverwaltung handeln könnte, die nach Bekanntwerden der Angelegenheit diese auf sich beruhen ließen, fehlt jeglicher Anhaltspunkt. Vor diesem Hintergrund erscheint es fernliegend, dass die vermeintlichen polnischen Täter den Dienstplan des Beklagten vom 8. Juli 2011 kannten und deshalb ein Treffen in S. um 15.00 Uhr – nach Dienstschluss - vereinbarten. Dass Ermittlungen gegen Unbekannt eingeleitet worden waren, die Zollfahndung mithin den zum Nachteil des Beklagten behaupteten Erpressungsversuch zunächst ernst nahm, spricht für sich genommen noch nicht für die Glaubhaftigkeit der von dem Beklagten behaupteten Version.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts lässt sich auch nicht aus der detailreichen Beschreibung durch den Beklagten auf dessen Glaubwürdigkeit und die Glaubhaftigkeit seines Vorbringens schließen. Der Beklagte hat das von ihm behauptete Geschehen nämlich auch insoweit detailreich und mit viel Phantasie als Zeuge beschrieben, als es unstreitig von ihm erfunden war. So hat er das erste Treffen in S., das nicht stattgefunden hat, u.a. wie folgt geschildert: „Mit diesem Pkw befanden sie sich an der Tankstelle vor der Tanksäule Nr. 1, auf der dort befindlichen Haltefläche. Sie verließen den Tankstellenbereich und fuhren in Richtung Markt oder Autobahn“ … „Die Tankstelle habe ich befahren und habe meinen Pkw M... V...,s..., … an der Parkfläche zwischen der Waschanlage und dem Eingang der Tankstelle abgestellt. Dann bin ich zum Automaten gegangen und habe Wechselgeld geholt, da ich das Tanken immer in Zloty bezahle.“ Ferner hat der Beklagte anlässlich seiner polizeilichen Vernehmung als Zeuge angegeben, der V...sei in Fahrtrichtung Autobahn geparkt gewesen und es hätten sich drei oder vier Fahrzeuge im Tankstellenbereich befunden. Vor diesem Hintergrund lässt sich die ausführliche Täterbeschreibung ebenso wenig wie der von dem Verwaltungsgericht angeführte Wechsel vom „Sie“ zum „Du“ als Beleg dafür heranziehen, dass die Begegnung nicht erfunden sein könne.

Die Gesamtwürdigung der dargestellten Umstände lässt nach alledem nur den Schluss zu, dass der von dem Beklagten zu seinem Nachteil behauptete Erpressungsversuch insgesamt erfunden war, um dadurch den von ihm begangenen Erpressungsversuch zum Nachteil der Apothekerin in ein günstigeres Licht zu rücken.

Durch die gegenüber den Beamten der Kriminalpolizei am 8. und 9. Juli 2011 sowie durch die gegenüber der Staatsanwaltschaft am 16. Januar 2012 gemachten unzutreffenden Angaben, ihm sei am 28. Juni 2011 von zwei bzw. drei polnisch sprechenden Tätern in S. bzw. in N. eine Summe von jeweils 1000 Euro für jeden nicht kontrollierten LKW angeboten bzw. er sei – falls er dem nicht folge oder sich nicht freikaufe - bedroht worden, hat der Beklagte wider besseres Wissen eine rechtswidrige Tat im Sinne von § 145d Abs. 1 Nr. 1 StGB, nämlich jedenfalls eine versuchte Erpressung gemäß § 253 StGB vorgetäuscht – ob außerdem eine versuchte Bestechung gemäß § 334 StGB, kann offen bleiben.

Hierdurch hat er sich strafbar gemacht und zugleich eine innerdienstliche Pflichtverletzung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 BBG) begangen, weil die Straftat in einem funktionalen Zusammenhang mit seiner Dienstausübung stand. Der Beklagte war von der behaupteten versuchten Erpressung bzw. der Bestechung in seiner dienstlichen Eigenschaft als Zollbeamter betroffen, sodass sich sein Verhalten bei der gebotenen materiellen Betrachtung als innerdienstlich darstellt (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 28. August 2018 – 2 B 5/18 – juris Rn. 21; vgl. auch Urteil vom 25. August 2009 – 1 D 1/08 – juris Rn. 54). Hinzu kommt, dass der Beklagte hiervon auch seinem (früheren) Vorgesetzten berichtet hat, was zur Ergreifung verschiedener dienstlicher Maßnahmen führte und sich somit unmittelbar auf den Dienstbetrieb auswirkte. Die Pflichtverletzung besteht in einem Verstoß gegen die allgemeine Wohlverhaltenspflicht innerhalb des Dienstes, wonach Beamtinnen und Beamte der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden müssen, die ihr Beruf erfordert (§ 61 Abs. 1 Satz 3 BBG).

Ferner hat der Beklagte seine außerdienstlichen Pflichten verletzt (§ 77 Abs. 1 Satz 2, § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG), indem er am 3. Juli 2011 durch Aufgabe des an die Apothekerin gerichteten Briefes eine versuchte räuberische Erpressung im Sinne von § 255 Abs. 1, § 22 StGB begangen hat, von der er allerdings nach § 24 Abs. 1 StGB strafbefreiend mit der Folge zurückgetreten ist, dass die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt hat.

Eine räuberische Erpressung gemäß § 255 StGB setzt voraus, dass die Erpressung im Sinne von § 253 Abs. 1 StGB durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen ist. Gegenwärtigkeit ist zu bejahen, wenn die vorbehaltlos in Aussicht gestellte Schädigung an Leib oder Leben bei ungestörter Weiterentwicklung der Dinge als sicher oder höchst wahrscheinlich zu erwarten ist, falls nicht alsbald Abwehrmaßnahmen ergriffen werden. Erforderlich ist insoweit nicht, dass das schädigende Ereignis mit Sicherheit unmittelbar bevorsteht, sondern es genügt eine Gefahr, die als „Dauergefahr“ über einen längeren Zeitraum in dem Sinne gegenwärtig ist, dass sie jederzeit – zu einem ungewissen Zeitpunkt, alsbald oder auch später - in einen Schaden umschlagen kann. Dabei erfordert es der wirksame Schutz von Erpressungsopfern, den Begriff de Gegenwärtigkeit angedrohter Gefahren nicht zu eng zu verstehen (vgl. nur BGH, Urteil vom 9. Oktober 2014 – 4 StR 208/14 - NStZ 2015, 36 f.). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Der Beklagte hat in seinem Erpresserschreiben die Apothekerin aufgefordert, 300.000 Euro zu zahlen und als Gegenleistung in Aussicht gestellt, dass die Verfasser des Schreibens („Wir“) Frau, ihrer Familie, ihren Angestellten und deren Familien nichts antun. Dies ließ sich für Frau – auch im Zusammenhang mit dem folgenden Text – nur so verstehen, dass die Verfasser des Briefes den darin genannten Personen zumindest einen Schaden für deren Leib in Aussicht stellten, falls Frau der Zahlungsforderung nicht nachkommen würde („Sie haben die Möglichkeit unsere Forderung zu erfüllen und damit Schaden von sich und ihren Angestellten abzuwenden, oder zur Polizei zu gehen und damit das Risiko einzugehen, dass wir uns dann mit Nachdruck Gehör verschaffen. […] Die Polizei kann sie und alle ihre Angestellten nicht dauerhaft schützen und uns habhaft werden schon gar nicht.“). Die Gegenwärtigkeit der Gefahr wurde ferner dadurch untermauert, dass die Verfasser des Briefes behaupteten, sie hätten Frau lange beobachtet und würden bei einer Änderung im Tagesablauf den Kontakt abbrechen, woraufhin Frau die Konsequenzen zu tragen habe. Auch das weitere Vorgehen und erste Details zu den Übergabemodalitäten wurden beschrieben.

Die versuchte räuberische Erpressung stellt jedoch entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine innerdienstliche, sondern eine außerdienstliche Pflichtverletzung im Sinne von § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG dar. Zwar hat der Beklagte den Brief an die Apothekerin während seines Dienstes am 3. Juli 2011 an seinem Dienstcomputer geschrieben, dort ausgedruckt und in einen von seinem Dienstherrn nur für dienstliche Angelegenheiten zur Verfügung gestellten Briefumschlag eingelegt. Dies reicht hier jedoch für die Annahme einer innerdienstlichen Pflichtverletzung nicht aus.

Die Frage, wann ein pflichtwidriges Verhalten als innerdienstlich oder als außerdienstlich anzusehen ist, richtet sich regelmäßig nicht allein nach der formalen Dienstbezogenheit, d. h. nach der engen räumlichen oder zeitlichen Beziehung zum Dienst. Vielmehr ist der Abgrenzung in erster Linie eine materielle Betrachtungsweise zugrunde zu legen und zu prüfen, wie weit sich das Fehlverhalten auf den Amtsbereich des Beamten ausgewirkt hat (materielle Dienstbezogenheit). Hierbei können formale Gesichtspunkte als Indizien herangezogen werden. Für innerdienstliches Verhalten spricht ein funktionaler Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem von dem Beamten bekleideten Amt. Stellt sich das Verhalten des Beamten bei der gebotenen materiellen Betrachtung als das einer Privatperson dar, ist es als ein außerdienstliches, sonst als innerdienstliches zu würdigen (BVerwG, Beschluss vom 28. August 2018 – 2 B 5/18 – juris Rn. 21; vgl. auch Urteil vom 25. August 2009 – 1 D 1/08 – juris Rn. 54).

Gemessen daran ist die versuchte räuberische Erpressung dem außerdienstlichen Verhalten des Beklagten zuzuordnen. Zwar hat er den Erpresserbrief während der Dienstzeit verfasst, ausgedruckt und in einen Briefumschlag eingelegt und hierbei die ihm für dienstliche Zwecke zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel genutzt. Allein der formale – zeitliche und räumliche - Zusammenhang mit seiner dienstlichen Tätigkeit reicht hier aber nicht aus, denn bei der gebotenen materiellen Betrachtung hat der Beklagte als Privatperson gehandelt. Das – zeitlich begrenzte und einmalige - Abfassen und Ausdrucken des Briefes mit einem Textverarbeitungsprogramm stellt eine bloße Vorbereitungshandlung dar, die das Versuchsstadium im Sinne von § 22 StGB noch nicht erreicht und der daher nicht der Charakter einer während des Dienstes begangenen Straftat zukommt. Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob eine im Dienst begangene Straftat stets innerdienstlich ist (so z.B. das dienstliche Sich-Verschaffen und Speichern kinderpornographischer Dateien durch einen Universitätsprofessor, vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 8. Februar 2012 – 19 LD 10/09 – juris Rn. 24).

Dass in der privaten Nutzung des Dienst-PC und des Dienst-Druckers zugleich eine Verletzung der innerdienstlichen Pflicht zu uneigennützigem Verhalten nach § 61 Abs. 1 Satz 2 BBG liegt, führt hier noch nicht dazu, dass der später begangenen versuchten räuberischen Erpressung durch Absendung des Briefes außerhalb des Dienstgebäudes ebenfalls der Charakter einer innerdienstlichen Pflichtverletzung zukommt. Das unmittelbare Ansetzen zur Verwirklichung des Tatbestands im Sinne von § 22 StGB lag erst in der Absendung des Briefes durch den Beklagten am Hauptpostamt, denn erst die Absendung sollte nach dem Tatplan in ungestörtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung einmünden (vgl. dazu BGH, Urteil vom 31. Oktober 2018 – 2 StR 281/18 – juris Rn. 24). Demgegenüber beschränkten sich die zum Teil im Dienst vorgenommenen Vorbereitungshandlungen auf das von weiteren Kollegen nicht wahrgenommene Abfassen und Ausdrucken des Briefes sowie das Einlegen in einen Briefumschlag, durch die das Versuchsstadium noch nicht erreicht war. Dies geschah erst dadurch, dass der Beklagte – nach der Vornahme weiterer Vorbereitungshandlungen außerhalb des Dienstes durch Kauf und Aufkleben einer Briefmarke –den Brief in den Briefkasten der Deutschen Post eingeworfen hat.

Insofern ist der vorliegende Fall nicht mit dem Sachverhalt vergleichbar, über den das OVG Lüneburg mit Urteil vom 28. August 2012 (– 19 LD 2/10 – juris) entschieden und bei einer von einem Justizvollzugsbeamten während des Dienstes in der JVA angebahnten Anstiftung zum Mord ein innerdienstliches Vergehen angenommen hat. Hier hat der Beklagte das Erpresserschreiben unbemerkt während der Dienstzeit formuliert, und dieses Verhalten war noch nicht strafbar. Es ist zudem auch sonst für niemanden erkennbar gewesen, dass der Beklagte den Brief während seines Dienstes erstellt hatte.

Nach alledem fehlt es an einer (materiellen) Einbindung des Verhaltens in die dienstliche Tätigkeit des Beklagten als Zollbeamter. Dass der Beklagte, wie das Verwaltungsgericht meint, sein Amt zur Vorbereitung einer Erpressung ausgenutzt habe, mithin sein pflichtwidriges Verhalten kausal und logisch in die mit dem Amt verbundenen Tätigkeiten eingebunden gewesen sei, trifft bei materieller Betrachtung nicht zu. Ein „Ausnutzen“ des Amtes besteht nicht. Die Nutzung der dienstlichen Einrichtung stellte insoweit für den Beklagten – wie die spätere Nutzung des privaten Laptops zeigt – keine wesentliche Erleichterung oder gar eine erforderliche Voraussetzung für die versuchte räuberische Erpressung dar.

Durch sein außerdienstliches Verhalten hat der Beklagte gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (allgemeine Wohlverhaltenspflicht) nach § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG verstoßen. Dieses Verhalten ist disziplinarwürdig.

Der Annahme einer außerdienstlichen Pflichtverletzung steht grundsätzlich nicht entgegen, dass der Beklagte nach § 24 StGB strafbefreiend von der versuchten räuberischen Erpressung zurückgetreten und das Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist. Der Grundsatz, wonach es auch in diesen Fällen bei der materiell-rechtlichen Qualifikation des Fehlverhaltens als Pflichtverletzung bzw. Dienstvergehen bleibt, gilt nicht nur bei innerdienstlichem, sondern auch bei außerdienstlichem Fehlverhalten. Insoweit ist allein entscheidend, dass eine Dienstpflichtverletzung vorliegt. Disziplinarrechtlich stellt bereits der Versuch einer Straftat ein vollendetes Dienstvergehen dar, das durch einen freiwilligen Rücktritt nicht mehr rückwirkend beseitigt werden kann. Das Disziplinarrecht unterscheidet im Gegensatz zum Strafrecht insoweit nicht zwischen Versuch und Vollendung der Tat. Die Verletzung einer dem Beamten obliegenden Dienstpflicht stellt sich begrifflich immer nur als vollendete Pflichtverletzung dar, und zwar auch dann, wenn eine strafrechtliche Sanktion nicht verhängt werden kann (so zu Recht OVG Münster, Urteil vom 7. Dezember 2016 – 3d A 2529/12.O – juris Rn. 63 f.; OVG Lüneburg, Urteil vom 28. August 2012 – 19 LD 2/10 – juris Rn. 49 ff.). Im Disziplinarrecht ist für die Frage nach dem Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung grundsätzlich das Handlungsunrecht entscheidend (OVG Münster, Urteil vom 7. Dezember 2016 – 3d A 2529/12.O – juris Rn. 63; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 1993 – 1 D 32/92 – juris Rn. 31).

Ebenso wenig kann sich der Beklagte auf das bei einem Freispruch gemäß § 14 Abs. 2 BDG geltende Disziplinarmaßnahmeverbot berufen. Abgesehen davon, dass der strafbefreiende Rücktritt vom Versuch nicht unter einen Freispruch subsumiert werden kann, ist diese Vorschrift auf persönliche Strafaufhebungsgründe nicht anwendbar (so zu Recht OVG Münster, Urteil vom 7. Dezember 2016 – 3d A 2529/12.O – juris Rn. 65 f.; Urban/Wittkowski, BDG, 2. Aufl., § 14 Rn. 25).

Das außerdienstliche Verhalten des Beklagten stellt eine Dienstpflichtverletzung dar, weil es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für das Amt des Beklagten oder das Ansehen des öffentlichen Dienstes bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Ob und in welchem Umfang durch das außerdienstliche Verhalten eines Beamten das für sein Amt erforderliche Vertrauen beeinträchtigt wird, hängt in maßgeblicher Weise von der Art und Intensität der jeweiligen Verfehlung ab (BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Februar 2003 – 2 BvR 1413/01 - juris Rn. 30; BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 – 2 C 9/14 – juris Rn. 15; Beschluss vom 8. März 2018 – 2 B 48/17 – juris Rn. 12). Bezugspunkt ist hierfür das dem Beamten verliehene Amt im statusrechtlichen und nicht das Amt im konkret-funktionellen Sinne (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 – 2 C 9/14 – juris Rn. 16 ff.). Allerdings kann sich aus dem sachlichen Bezug des Dienstvergehens zum konkreten Aufgabenbereich eine Indizwirkung ergeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 – 2 C 9/14 – juris Rn. 20).

Gemessen daran bestehen hier an der Disziplinarwürdigkeit des außerdienstlichen Fehlverhaltens keine Zweifel. Das berufserforderliche Vertrauen in einen Zollbeamten des mittleren Dienstes im höchsten Beförderungsamt wird in besonderem Maße beeinträchtigt, wenn dieser Zollbeamte eine versuchte räuberische Erpressung nach § 255 StGB und damit ein Vermögensdelikt als Vorsatzstraftat begeht, das nach §§ 255, 249 Abs. 1 StGB mit einer Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr (bis zu 15 Jahren, § 38 Abs. 2 StGB), in minder schweren Fällen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren (§§ 255, 249 Abs. 2 StGB) sanktioniert ist. Der mittelbare Amtsbezug ergibt sich – ähnlich wie bei Polizeibeamten - daraus, dass ein uniformierter und Dienstwaffe tragender Zollbeamter, der wie der Beklagte als Beamter des mittleren Dienstes im Grenzgebiet eingesetzt ist, auch dazu beitragen soll, dass Straftaten im Bereich des Zoll- und Steuerstrafrechts, die auch den Vermögensdelikten zuzuordnen sind, verhindert oder aufgedeckt werden.

Bei Abwägung aller be- und entlastenden Umstände kommt hier nicht mehr die von Verwaltungsgericht erkannte Zurückstufung (Versetzung in das Amt der Besoldungsgruppe A 8), sondern nur eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach § 10 BDG in Betracht.

Nach § 13 Abs. 1 BDG ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2013 – 1 D 1.12 – Rn. 39 f.). Bei mehreren Dienstpflichtverletzungen bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme wegen des Prinzips der Einheit des Dienstvergehens nach der schwersten Verfehlung. Dies gilt auch beim Zusammentreffen von außerdienstlichen und innerdienstlichen Pflichtverletzungen, wobei der innerdienstlichen Pflichtverletzung nicht von vornherein ein Vorrang zukommt (vergleiche Urban/Wittkowski, BDG, Kommentar, 2. Aufl. § 2 Rn. 15). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be– und entlastenden Umstände des Einzelfalles in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, Beschluss vom 4. April 2019 – 2 B 32/18 – juris Rn. 15; Urteil vom 20. Oktober 2005 – 2 C 12.04 – juris Rn. 26). Soweit außerdienstliches Verhalten disziplinarrechtlich zu ahnden ist, muss der außerdienstliche Charakter auch bei der Maßnahmebemessung Berücksichtigung finden. Jedenfalls statusberührende Disziplinarmaßnahmen kommen deshalb nur bei schwerwiegenden Verfehlungen in Betracht (BVerwG, Beschluss vom 4. April 2019 – 2 B 32.18 - juris Rn. 14; BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 39).

Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektiver Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens. Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht. Aus § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums zu gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 – 2 C 83.08 – juris).

Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 2 Satz 1 BDG). Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden.

Gemessen daran ist hier von der außerdienstlichen Pflichtverletzung – einer versuchten räuberischen Erpressung nach § 255 StGB - auszugehen, weil sie trotz ihres außerdienstlichen Charakters besonders schwer wiegt. Handelt es sich um eine Straftat, so muss das Ausmaß des hervorgerufenen Vertrauensschadens im konkreten Einzelfall bestimmt werden. Hierzu kann auf den Strafrahmen zurückgegriffen werden, weil der Gesetzgeber mit der Strafandrohung seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht hat. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Mit der Anknüpfung an die im Tatzeitpunkt geltende Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen (BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 – 2 C 5.10 – juris Rn. 22; Urteil vom 19. August 2010 – 2 C 13.10 – juris Rn. 25; Urteil vom 18. Juni 2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 31).

Daraus folgt, dass für die disziplinarrechtliche Ahndung der räuberischen Erpressung nach § 255 StGB grundsätzlich auf einen Orientierungsrahmen bis zur Entfernung abzustellen ist (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 32; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2015 – 2 C 50.13 – juris Rn. 16), weil der Strafrahmen von einem Jahr bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe beträgt (§§ 255, 249, 38 StGB) und die Pflichtverletzung zudem einen hinreichenden Bezug zum Statusamt des Beklagten aufweist, der – einem Polizeibeamten vergleichbar – als Uniform- und Dienstwaffenträger auch mit der Bekämpfung von Vermögensdelikten betraut ist. Der Orientierungsrahmen reicht in diesen Fällen schon bei Straftaten, für die eine Strafandrohung von Freiheitsstrafen bis zu 2 Jahren gilt, bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 – 2 C 5.10 - juris Rn. 24; Beschluss vom 25. Mai 2012 – 2 B 133.11 – juris Rn. 9 ff.; Beschluss vom 23. Januar 2014 – 2 B 52.13 – juris Rn. 8; Urteil vom 18. Juni 2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 33).

Die Ausschöpfung dieses in maßgeblicher Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens kommt nur in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehaltes des von dem Beamten konkret begangenen Dienstvergehens entspricht (BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 – 2 C 16.10 – juris Rn. 24; Urteil vom 18. Juni 2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 36). Delikte, die – wie Vermögensdelikte - angesichts ihrer möglichen Variationsbreite der Vorgabe einer Regeldisziplinarmaßnahme nicht zugänglich sind, bedürfen einer sorgsamen Würdigung der Einzelfallumstände. Ein wie auch immer gearteter Schematismus verbietet sich hier in besonderer Weise.

Soweit das Bundesverwaltungsgericht zur Bestimmung der Schwere des im Einzelfall begangenen Dienstvergehens bei einer außerdienstlich begangenen Straftat auf einer zweiten Stufe indiziell auf die von den Strafgerichten ausgesprochene Sanktion zurückgreift (BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 37; Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 25.14 - juris Rn. 38; Urteil vom 10. Dezember 2015 – 2 C 50.13 – juris Rn. 18) und bei einer strafrechtlichen Verurteilung zu einer Geldstrafe oder einer Einstellung des Strafverfahrens für den Ausspruch einer Status berührenden Disziplinarmaßnahme einer besonderen Begründung der Disziplinargerichte zur Schwere der Verfehlung verlangt (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 38; Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 C 25.14 - juris Rn. 39 f.), ist dies hier wegen des strafbefreienden Rücktritts vom Versuch nicht unmittelbar anwendbar. Der dieser Rechtsprechung zugrunde liegende Gedanke ist jedoch bei der Bemessung ebenso zu berücksichtigen wie der außerdienstliche Charakter der Pflichtverletzung und deren Gewicht (zu einem vergleichbaren Fall eines Rücktritts von einer außerdienstlichen Straftat OVG Münster, Urteil vom 7. Dezember 2016 – 3d A 2529/12.0 – juris Rn. 76 ff.).

Für den Beklagten spricht danach, dass er freiwillig von der versuchten räuberischen Erpressung zurückgetreten ist und die außerdienstliche Pflichtverletzung hierdurch an Gewicht verloren hat. Ferner hat er – wenn auch erst nach der Aufdeckung der Tat – zumindest der geschädigten Apothekerin einen entschuldigenden Brief geschrieben und damit zum Ausdruck gebracht, dass er das Fehlverhalten bereut, auch wenn dadurch kein anerkannter Milderungsgrund verwirklicht wird. Nicht zu seinen Gunsten lässt sich hier hingegen die behauptete eigene Erpressung anführen, weil diese zur Überzeugung des Senats – wie ausgeführt – nicht stattgefunden hat. Weitere der „üblichen“ Milderungsgründe, zu denen sich das Verwaltungsgericht bereits verhalten hat, sind nicht ersichtlich. Insbesondere bestand – trotz der vorhandenen nicht unerheblichen Schulden – keine existenzbedrohende wirtschaftliche Notlage. Ebenso wenig lag eine psychische Ausnahmesituation vor. Dies gilt umso mehr, als die versuchte Erpressung zum Nachteil des Beklagten nicht zutrifft.

Auf der anderen Seite sind die gegen den Beklagten sprechenden Umstände von so erheblichem Gewicht, dass sie auch bei Berücksichtigung der für ihn sprechenden Umstände bei einer Gesamtschau den endgültigen Vertrauensverlust und die danach allein gerechtfertigte Entfernung nicht aufwiegen können. Die versuchte räuberische Erpressung zum Nachteil der Apothekerin betrifft eine hohe Geldsumme und die in Aussicht gestellte nachdrückliche Bedrohung im Fall einer Nichtzahlung (Sie haben die Möglichkeit unsere Forderung zu erfüllen und damit Schaden von sich und Ihren Angestellten abzuwenden oder zur Polizei zu gehen und damit das Risiko einzugehen, dass wir uns dann mit Nachdruck Gehör verschaffen. … Die Polizei kann Sie und alle Ihre Angestellten nicht dauerhaft schützen und unserer habhaft werden schon gar nicht. … Sollten Sie unsere Forderung erfüllen, werden Sie nie wieder etwas von uns hören, im anderen Fall werden Sie nicht mehr ruhig schlafen können.) richtet sich gegen einen großen Personenkreis, nämlich die Apothekerin, ihre Familie, die Angestellten der zwei Apotheken sowie deren Familien. Die Apothekerin und ihr Ehemann haben den Erpresserbrief zu Recht ernstgenommen, haben die Polizei und die ebenfalls betroffenen Angestellten informiert. Die sofort in Gang gesetzten polizeilichen Ermittlungen waren umfangreich; es wurden u.a. innerhalb kürzester Zeit zahlreiche Zeugen vernommen und Telefonüberwachungen angeordnet. Hinzu kommt, dass eine ehemalige Mitarbeiterin der Apotheke in das besondere Visier der Ermittlungen geriet, weil sie wegen einer Abrechnungsmanipulation entlassen worden war. Neben ihrer Vernehmung wurde ihr PC in ihrer Wohnung - auf freiwilliger Basis - eingesehen.

Der Beklagte, der als erfahrener uniformierter und Waffen tragender Zollbeamter des mittleren Dienstes zur Bekämpfung von Steuer- und Zollstraftaten eingesetzt war, hat durch das planvolle Vorgehen und das Ausmaß der Bedrohung eine hohe kriminelle Energie gezeigt und den Tatbestand eines schwer wiegenden Vermögendelikts erfüllt. Angesichts dessen kann insoweit für ihn nichts anderes gelten als für einen Polizeibeamten, der außerdienstlich eine schwer wiegende Straftat begeht. Schließlich kommt erschwerend hinzu, dass der Beklagte infolge der versuchten räuberischen Erpressung eine erhebliche innerdienstliche Pflichtverletzung durch Vortäuschung einer Straftat nach § 145d Abs. 1 Nr. 1 StGB begangen hat, mit deren Hilfe die versuchte Erpressung in einem anderen Licht erscheinen sollte. Insoweit sind auch die Vorgesetzten und weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Dienststelle des Beklagten involviert worden, und es wurden – neben den strafrechtlichen Ermittlungen – auch verschiedene dienstliche Maßnahmen ergriffen. Damit hat das Verhalten des Beklagten - auch ohne Berücksichtigung der disziplinarischen Vorbelastung - zu einem endgültigen Vertrauensverlust geführt, der nur eine Entfernung rechtfertigt. Auf eine überlange Verfahrensdauer kommt es danach nicht mehr an (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Oktober 2018 – 2 B 30/18 – juris Rn. 8 f.).

Anlass, die gesetzliche Laufzeit des Unterhaltsbeitrages (§ 10 Abs. 3 Satz 1 BDG) abzuändern, besteht nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 77 Abs. 1 BDG, § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 3 BDG in Verbindung mit § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO und § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 69 BDG in Verbindung mit § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.