Gericht | OLG Brandenburg 5. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 21.02.2013 | |
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Aktenzeichen | 5 U 187/08 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
I.
Auf die Berufungen der Parteien wird das am 29. August 2008 verkündete Urteil des Landgerichts Neuruppin teilweise abgeändert und unter Zurückweisung der weitergehenden Berufungen insgesamt wie folgt neu gefasst:
1.
Auf dem Grundstück des Klägers (Flurstück 90 der Flur 6 der Gemarkung B…, Grundbuch von B… Blatt 52) mit den aus dem diesem Urteil beigehefteten Lageplan des Sachverständigen P… ersichtlichen Grenzpunkten A-B-C-D-E-F-G-H-I-J-A lastet ein Notweg mit den Grenzpunkten A-B-C-F-G-H-I-J-A und einer Fläche von 166 m².
2.
Die Beklagte wird verurteilt, das auf dem Grundstück des Klägers (oben 1.) mit einer Länge von rund 2,86 m stehende Tor, also bis auf eine Länge von rund 18 cm und den östlichen Zaunpfeiler, zu entfernen.
3.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 960,00 € zu zahlen.
4.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger im Innenverhältnis von der Verkehrssicherungspflicht für den Notweg (oben 1.) freizustellen.
5.
Der Beklagten wird verboten, Fahrzeuge auf dem Notweg (oben 1.) abzustellen.
6.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug werden gegeneinander aufgehoben, die Kosten des Rechtsstreits im zweiten Rechtszug tragen der Kläger zu 6/10 und die Beklagte zu 4/10.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV.
Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf bis 17.000,00 € festgesetzt.
I.
Die Parteien waren Grundstücksnachbarn. Sie streiten um die Inanspruchnahme eines Notwegerechts und dessen Entgeltung.
Die Beklagte ist Alleinerbin der zwischen dem 19. und 20. Januar 2010 verstorbenen B… E… (Erbschein des Amtsgerichts Oranienburg vom 19. Juni 2010 – 51 VI 171/10). Die Erblasserin kaufte mit notariellem Vertrag vom 16. Juni 1994 das in B…, …, gelegene, im Grundbuch des Amtsgerichts Oranienburg von B… Blatt 104 (jetzt: Blatt 1245) verzeichnete, mit einem kleinen Haus bebaute, 1764 m² große Grundstück, Flur 6, Flurstück 88. Im letzten Absatz des Kaufvertrages heißt es:
„Erwerber ist bekannt, dass die Zuwegung zu dem gekauften Grundstück über das Flurstück 90 zurzeit rechtlich nicht ausreichend gesichert ist. Erwerber trägt das Risiko der Zuwegung, nachdem deswegen der ursprünglich vereinbarte Kaufpreis um 10.000 gemindert wurde.“
Die Beklagte veräußerte das Grundstück im Juni 2011 an die Eheleute S…, die seit dem 22. November 2011 als dessen Eigentümer eingetragen sind.
Als Eigentümer des nach den Bestandsangaben 310 m² großen Nachbarflurstücks 90 der Flur 6 ist der Kläger im Grundbuch von B… Blatt 52 eingetragen. Er hatte es von den Voreigentümern W… mit Vertrag vom 15. Juli 1988 erworben, die das Grundstück ihrerseits mit Kaufvertrag vom 12. November 1980 von dem Maurer O… C… erworben hatten, der es wiederum 1939 von der Gemeinde B… gekauft hatte.
Die Grundstücke der Parteien und das Flurstück 89, das das Flurstück 88 von der … trennt, bildeten zunächst, bis zum Jahr 1870 ein einheitliches Grundstück, das im Eigentum des Büdners Ha… stand. Dieser verkaufte dem Arbeiter C… mit Vertrag vom 5. März 1870 von seiner im Hypothekenbuch von B… Band I Blatt 72 verzeichneten Büdnerstelle, und zwar von dem beim Hause belegenen Garten und der Wiese, eine Parzelle von 126 Quadratruten (1 preuß. Quadratrute = 14.184578 m²), also 1787.2568 m², sowie den von dieser Parzelle nach der …straße führenden Weg. Die verkaufte Parzelle (214/33) wurde mit Ausnahme der Wegfläche von dem Stammgrundstück abgeschrieben und in das Grundbuch von B… Blatt 107 (alt) bzw. 104 (neu), nunmehr Blatt 1245 übertragen und der Bauer C… als Eigentümer eingetragen. Wie in einer Grenzverhandlung am 17. Dezember 1936 festgestellt wurde, war der Weg nicht dem C… Flurstück 214/33 (nunmehr Flurstück 88) zugeschrieben worden, sondern Bestandteil der Backofenparzelle 32. Für diese 310 m² große Parzelle 32 war am 2. November 1876 ein selbständiges Grundbuch (Blatt 52) angelegt worden.
Nach Erwerb des Grundstücks errichtete die Erblasserin mit Gestattung des Klägers auf dem von ihr erworbenen Grundstück ein Wohnhaus. Am 3. Dezember 1995 erteilte der Kläger der Beklagten die Genehmigung zur Leitungsführung für Abwasser, Erdgasversorgung und Stadtwasser über sein Grundstück, welches eine Länge von 48 m, ab Tor … habe und die Zufahrt zum Grundstück … darstelle. Die Beklagte nutzte zunächst den so vom Kläger beschriebenen direkten Zuweg von der … zu ihrem Grundstück. Dieser Weg beginnt an der südlichen Seite der … und führt an der westlichen Grenze des Flurstücks 89 der Flur 6 entlang direkt zum Grundstück der Klägerin. In der Folgezeit kam es zu unterschiedlichen Auffassungen zwischen den Parteien über die weitere Nutzung des Weges sowie zu den Eigentumsverhältnissen an diesem Weg. Im Jahr 1997 errichtete die Beklagte auf dem Weg in Höhe der nach Westen hin gedachten Verlängerung der Grenze zwischen den Flurstücken 89 und 88 ein Tor auf dem Flurstück 90 und verlegte auf der dahinter liegenden Fläche parallel zum Flurstück 88 Pflastersteine. Mit Anwaltschreiben vom 3. Februar 2004 verlangte der Kläger von der Beklagten u. a. die Entfernung des Tores und der Pflasterung und forderte diese auf, die Verkehrssicherungspflicht für den Notweg zu übernehmen und es zu unterlassen, auf der Zuwegung Fahrzeuge abzustellen. Im August 2007 brachte die Beklagte auf dem Weg zu ihrem Grundstück in der Fahrspur Grobkies auf.
Mit rechtskräftigem Urteil vom 23. Mai 2002 (2 O 663/98) hat das Landgericht Neuruppin den Kläger verurteilt, die Nutzung des von der Katasterparzelle 88 nach der …straße in B… führenden Weges, beschrieben als Weg von 3,51 m Breite mit einer Länge von ca. 38,75 gemäß einer in der Anlage zum Urteil befindlichen Zeichnung, als Geh- und Fahrweg sowie zum Zwecke der Leitungsführung zu dulden.
Der Kläger hat im ersten Rechtszug die Ansicht vertreten, dass er trotz der Feststellungen in dem Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 23. Mai 2002 ein Interesse daran habe, dass das konkrete Ausmaß des Notwegerechts der Beklagten, welches in dem vorangegangenen Verfahren nicht ermittelt worden und welches demnach auch nicht Gegenstand der Rechtskraft des Urteils sei, festgestellt werde. Zudem hat er die Beseitigung des Tores, der Pflasterung und des Grobkieses, Freistellung von seiner Verkehrsicherungspflicht für die Zuwegung und Unterlassung des Abstellens von Fahrzeugen auf dem Notweg verlangt. Darüber hinaus hat er die Beklagte auf eine jährlich zu zahlende Notwegrente in Anspruch genommen, und zwar für die Zeit von 1997 bis 2006 in Höhe von jährlich 326,00 € und seit dem Jahr 2007 in Höhe von jährlich 392,00 €. Die Beklagte hat im ersten Rechtszug bestritten, dass der Kläger Eigentümer des Flurstücks 90 sei. Dies sei auch nicht in dem vorgenannten Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 23. Mai 2002 rechtskräftig festgestellt worden. Jedenfalls sei der Kläger nicht Alleineigentümer des Grundstücks. Die Beklagte hat ferner behauptet, dass der Kläger das von ihr errichtete Tor genehmigt habe. Schließlich hat sich die Beklagte unter Einrede der Verjährung gegen Durchsetzbarkeit und Höhe der beanspruchten Notwegerente gewandt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Sachverständigengutachten zur Höhe der Notwegrente sowie über Länge und Breite des Notweges. Es hat der Klage sodann teilweise stattgegeben, indem es unter Abweisung der Klage im Übrigen
1. festgestellt hat, dass die Zuwegung zum Grundstück der Beklagten zum Flurstück 90 gehöre und damit im Eigentum des Klägers stehe, wobei die Zuwegung 1,28 m vor dem Wohnhaus Nr. 9 a der Beklagten ende, eine Länge von 49,8 m bis 50,82 m und eine Breite von 3,02 bis 3,52 m habe, wobei die Grenze der Zuwegung sich aus den Punkten 1-2-5-6-7-8-9-1 der Zeichnungs-Nr. 200510202 des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. G… T… vom 16. September 2005 ergebe und eine Fläche von 161 m² habe,
2. die Beklagte verurteilt hat, das auf dem Notweg in einem Abstand zur … von 41,30 m errichtete, ca. 3,20 m breite Tor mit Stützpfeilern zu entfernen,
3. die Beklagte verurteilt hat, an den Kläger 516,00 € zu zahlen,
4. die Beklagte verurteilt hat, zum 31. Januar eines jeden Jahres einen Betrag in Höhe von 104,00 € an den Kläger zu zahlen, beginnend mit dem 31. Januar 2009
5. die Beklagte verurteilt hat, den Kläger im Innenverhältnis von der Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich des von ihr benutzten Notweges freizustellen und
6. das Abstellen von Fahrzeugen auf dem Notweg zu unterlassen.
Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Gegen das ihnen am 3. und 4. September 2008 zugestellte Urteil wenden sich die Parteien mit ihren am 2. und 6. Oktober 2008, einem Montag, eingelegten und nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 3. und 4. Dezember 2008 innerhalb dieser Frist begründeten Berufungen, nämlich der Kläger, soweit die Klage abgewiesen, und die Beklagte, soweit ihr stattgegeben wurde.
Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte müsse auch das Pflaster und den Grobkies auf seinem Weg beseitigen. Sowohl die mit einer Bodenversiegelung verbundene Pflasterung als auch Aufbringen von Grobkies als auch die Versiegelung sei mit einer Verschlechterung der Bodenqualität verbunden. Die Verfestigung der Fahrspur sei nicht etwa wegen der von der Beklagten zu übernehmenden Verkehrssicherungspflicht gerechtfertigt. Denn die Verfestigung der Fahrspur führe nur vorübergehend zu einer Verbesserung der Verkehrssicherheit, da der Kies eingefahren werde und sich dann neue Schlaglöcher bilden würden. Aus den genannten Gründen könne er auch verlangen, dass der Beklagten untersagt werde, zukünftig Grobkies auf dem Fahrweg aufzubringen. Weiter rügt der Kläger, dass das Landgericht ihm nur eine Notwegrente von 104,00 € jährlich zugebilligt habe. Denn es sei eine erhebliche Wertsteigerung des Grundstücks eingetreten, die eine Anpassung der Notwegrente gebiete. Der Sachverständige habe für das Jahr 1997 einen Grundstückswert von 19.700,00 € ohne Notwegrecht angesetzt. Den Grundstückswert mit Notwegrecht beziffere er auf 11.500,00 €, woraus sich eine Wertdifferenz von 8.200,00 € ergebe. Bei dieser Wertdifferenz von 8.200,00 € ergebe sich eine 4 %ige Abzinsung in Höhe von 328,00 € für die Jahre 1997 bis zum 30. Juni 2006. Dies mache eine Wertsteigerung von gerundet einem Drittel aus, die ihm, dem Kläger, zuzusprechen sei. Für die Wertbemessuung sei auch nicht auf das Jahr 1936, sondern auf das Jahr 1997 abzustellen, da die Beklagte seither das Flurstück nutze. Schließlich gehe das Landgericht fehl in der Annahme, dass die Notwegrente noch zu halbieren sei. Tatsächlich verhalte es sich so, dass der Notweg komplett durch die Beklagte vereinnahmt werde und ausschließlich durch diese genutzt werde. Ihm, dem Kläger, werde die Nutzung verwehrt. Die Ansprüche auf Zahlung der Notwegrente für den Zeitraum von 1997 bis 1999 seien schließlich nicht verjährt. Denn erst mit Rechtskraft der Entscheidung des Landgerichts Neuruppin vom 23. Mai 2002 habe festgestanden, dass überhaupt ein Notwegrecht bestehe. Bis dahin sei die Verjährungsfrist für Ansprüche auf Zahlung der Notwegrente gehemmt gewesen. Mit dem Zahlungsantrag zu 4. sei ausweislich der Klageschrift vom 10. Mai 2004 die Notwegrente beginnend ab dem Jahr 2005 geltend gemacht worden. Mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2007 sei der Klageantrag zu 4. umgestellt worden a) auf einen Zahlungsantrag und b) auf einen entsprechenden Feststellungsantrag. Der Zahlungsantrag sei auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen erläutert worden, wonach die Differenz 9.800,00 € betrage und die 4 %ige Abzinsung 392,00 €. Für 2006 seien unterschiedliche Werte anzusetzen, nämlich für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Januar 2006 anteilig 164,00 und für die Zeit ab 1. Juli bis 31. Dezember 2006 392,00 €. Der ursprüngliche Klageantrag zu 4. a setze sich mithin aus der Notwegrente für 2005 mit 328,00 €, der Notwegrente bis 30.6.2006 mit 164,00 €, der Notwegrente bis 31.12.2006 mit 196,00 €, der Notwegrente für 2007 mit 392,00 €, insgesamt 1.080,00 €, zusammen. Damit sei der Klageantrag entgegen der Annahme des Landgerichts hinreichend bestimmt gewesen. Jedenfalls hätte das Landgericht unbeschadet der dahingehenden Rüge der Beklagten auf die Unzulässigkeit des Antrags hinweisen müssen. Zumindest aber hätte es ausgehend von der Notwegrente in Höhe von 104,00 € die Notwegrente für die Jahre 2005 bis 2007 zusprechen müssen. Für die Zeit ab 2008 stehe dem Kläger ein Zahlungsanspruch in Höhe von 392,00 € jährlich zu. Auch insoweit habe eine Anpassung aufgrund der Steigerung der Wertdifferenz im Zeitraum 1997 bis 2006 zu erfolgen. Weiterhin hätte das Landgericht die auf Feststellung der Notwegrente für das Jahr 2008 gerichtete Klage nicht als unzulässig abweisen dürfen, da der Feststellungsantrag bereits vor Fälligkeit der Notwegrente für 2008 rechtshängig geworden sei.
Der Kläger beantragt,
in teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils insgesamt wie folgt zu erkennen:
1. festzustellen, dass die Zuwegung zum Grundstück der Beklagten zum Flurstück 90 gehöre und damit im Eigentum des Klägers stehe, wobei die Zuwegung 1,28 m vor dem Wohnhaus Nr. 9 a der Beklagten endet, eine Länge von 49,8 m bis 50,82 m und eine Breite von 3,02 bis 3,52 m habe, wobei die Grenzen der Zuwegung sich aus den Punkten 1-2-5-6-7-9-1 der Zeichnungs-Nr. 200510202 des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. G… S… vom 16. September 2005 ergebe und eine Fläche von 161 m² habe,
2. die Beklagte zu verurteilen, das auf dem Notweg in einem Abstand zur … von ca. 41,30 m errichtete ca. 3,20 breite Tor mit Stützpfeilern, die Pflasterung beginnend bei einem Abstand zur … von 41,30 m, endend bei einem Abstand von ca. 50,30 m und einer durchschnittlichen Breite von ca. 3,25 zu entfernen,
3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.624,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24. April 2004 (Rechtshängigkeit) zu zahlen,
4. die Beklagte zu verurteilen,
a) an ihn 1.080,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in Höhe von 1.080,00 € seit dem 17. Oktober 2007 sowie einen weiteren Betrag in Höhe von 392,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Berufungsbegründung zu zahlen,
b) zum 31. Januar eines jeden Jahres einen Betrag in Höhe von 392,00 € an ihn zu zahlen, beginnend mit dem 31. Januar 2010,
5. Die Beklagte zu verurteilen, ihn im Innenverhältnis von der Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich des von ihr benutzten Notwegerechts und Notweges freizustellen,
6. die Beklagte zu verurteilen, das Abstellen von Fahrzeugen auf dem Notweg zu unterlassen,
7. die Beklagte zu verurteilen, den von ihr auf dem Grundstück … (vormals Nr. 8), Flurstück 90, Flur 6, Grundbuch von B… Blatt 52 aufgebrachten Grobkies zu entfernen,
8. es der Beklagten zu untersagen, auf dem vorgenannten Grundstück Grobkies auszubringen,
9. für den Fall der Zuwiderhandlung gegen das in Ziffer 8. ausgesprochene Verbot ein Ordnungsgeld von bis zu 52.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten anzudrohen.
Mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2009 hat der Kläger den Klageantrag zu 4 a) dahingehend erweitert, dass er beantragt,
4. die Beklagte zu verurteilen,
a) an ihn 1.864,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 1.080,00 € seit dem 17. Oktober 2007, aus einem weiteren Betrag in Höhe von 392,00 € seit Zustellung der Berufungsbegründung und aus einem weiteren Betrag in Höhe von 392,00 € seit Zustellung dieses Schriftsatzes zu zahlen.
Mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2012 hat der Kläger den Klageantrag zu 4 a) und b) dahingehend erweitert und geändert, dass er beantragt,
4. die Beklagte zu verurteilen,
a) an ihn 3.040,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 1.080,00 € seit dem 17. Oktober 2007, aus einen weiteren Betrag in Höhe von 392,00 € seit Zustellung der Berufungsbegründung und aus einem weiteren Betrag in Höhe von 392,00 € seit Zustellung des Schriftsatzes vom 29. Dezember 2009 und aus einem weiteren Betrag in Höhe von 1.176,00 € seit Zustellung dieses Schriftsatzes zu zahlen,
b) zum 31. Januar eines jeden Jahres einen Betrag in Höhe von 392,00 € an ihn zu zahlen, beginnend mit dem 31. Januar 2013.
Die Beklagte beantragt,
die Klage in Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen und die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass über das Ausmaß des Notwegs bereits in dem vorangegangenen Verfahren durch Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 23. Mai 2002 rechtskräftig entschieden worden sei. Eine nachträgliche Präzisierung oder Einschränkung des Notwegerechtes komme vor diesem Hintergrund nicht in Betracht. Das Landgericht irre auch hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse. Das hierzu eingeholte Gutachten S… sei missverständlich und unklar. Entweder gehöre der Weg seit 1870 zum Flurstück 90 oder nicht. Das Gutachten rekurriere zudem auf Grenzsteine, die bei einer Vermessung des Flurstücks 89 gesetzt worden seien, während der Weg und das Flurstück 90 bis heute unvermessen sei. Die Tiefe des Flurstücks 89 habe keinerlei Aussagewert für die Länge des Weges. Grenzsteine, die hierüber Auskunft geben könnten, seien nicht vorhanden. Zudem ignoriere das Gutachten, dass die Flurstücke 88 und 91, wie im Feldbuch angegeben, das der Sachverständige seinem Ausgangsgutachten beigefügt habe, auf gleicher Höhe lägen. Für die Behauptung, der Weg erstrecke sich noch 9 m in das heutige Flurstück 88 hinein, gebe es keinerlei Anhaltspunkte in dem Feldbuch. Der Kläger sei niemals Eigentümer des Weges geworden. Der Weg sei fälschlich auf dem Grundbuchblatt gebucht, das den Kläger als Eigentümer ausweise. Der Weg stehe als Zubehör des Preußischen Rechts im Eigentum des jeweiligen Eigentümers des Flurstücks 88. Eine Zuschreibung sei unterblieben. Damit sei aber der Weg als Akzessorium oder Zubehör dieses Flurstücks nicht verloren gegangen, was durch die bis vor kurzem bestehende belastende Eintragung des Flurstücks 88 mit einem Wegerecht bewiesen werde. Der Kaufvertrag aus dem Jahr 1870 nehme Bezug auf einen Weg, sei also Gegenstand eines Übertragungsaktes nach Preußischem Recht. Das heutige Flurstück 90 sei aus der vormaligen Parzelle 32 fortgeschrieben. Ursprünglicher Eigentümer des Grundstücks sei ein Herr B… gewesen, der die Fläche später an A… O… veräußert habe, der es wiederum an den Kaufmann T… Sc… veräußert habe. Von diesem sei die Fläche an die Gemeinde B… gelangt. Das Grundstück sei zunächst ausweislich des Grundbuchs Artikel Nr. 52 mit 12 Quadratruthen beschrieben worden. Später sei dieser Eintrag handschriftlich durch die Angabe 310 m² ersetzt werden. Diese Änderung könne nicht zu einer Rechtsveränderung geführt haben. Der Maurer O… C… habe am 11. März 1954 die vor dem Grundstück …straße 8 liegende Parzelle Flur 6 Flurstück 32 zur Größe von 310 m², beschrieben als Maske zwischen dem Grundstücken … 4 und der …, erworben. Das Grundstück habe antragsgemäß auf das bereits für die … 8 (das Grundstück der Beklagten) bestehende Grundbuch umgeschrieben werden sollen. Statt auf Blatt 104 sei das Grundstück im Jahr 1959 auf O… C… auf Blatt 52 umgeschrieben worden. Die Eheleute W… hätten das Flurstück 90 allerdings nicht von dem O… C… erworben. Der Kläger verkehre seit Jahren mit R… C… und kenne die genauen Zusammenhänge. Auch Herr W… habe den Kläger darauf hingewiesen, dass er nicht wisse, was das Wegegrundstück auf dem Grundbuchblatt M…straße zu suchen habe. Der Weg sei niemals an den Kläger aufgelassen worden. Der Sachverständige gehe ohne Nachweis davon aus, dass das Flurstück 90 seit 1870 die Zuwegung umfasse. Keinesfalls stehe dem Kläger Alleineigentum zu, denn das Eigentum an dem Weg müsse sukzessive seit 1870 hergeleitet und beschrieben werden. Sei das Eigentum an dem Weg ursprünglich als Kondominium begründet worden, könne es nicht später im Wege der Veränderung von Flurkarten inhaltlich geändert worden sein. Eine fälschliche Zubuchung ändere hieran ebenso wenig wie ein möglicher gutgläubiger Erwerb. Denn ein gutgläubiger Erwerber könne ein Recht nur mit dem Inhalt erwerbe, den es habe. Da das Landgericht in den Urteilsgründen offen gelassen habe, ob der Kläger Alleineigentümer sei, hätte es im Tenor zudem nicht aussprechen dürfen, dass der Kläger Eigentümer der Zuwegung sei. Das Urteil gehe damit über die rechtlichen Feststellungen hinaus. Das Tor sei im Frühjahr 1997 errichtet worden. Dies sei seinerzeit mit dem Kläger erörtert worden, der hierzu seine Zustimmung gegeben habe, weil er sich durch den Hund der Erblasserin belästigt gefühlt habe. Das Landgericht hätte den zu dieser Behauptung benannten Zeugen M… E… hören müssen. Stattdessen habe es die Anforderungen an die Darlegungslast völlig überspannt. Der Sachverständige irre auch hinsichtlich der tatsächlichen Annahmen in Bezug auf das Tor. Tatsächlich befinde sich ein Pfosten dieses Tors jenseits der Grenze. Tor und Pflasterung stellten schließlich einen Überbau dar. Dieser Überbau sei genehmigt. Der Kläger sei folglich nicht berechtigt, den Abriss zu verlangen, auch wenn er Alleineigentümer des Wegs sei. Er habe ihn vielmehr nach § 912 Abs. 1 BGB zu dulden. Die ausgeurteilte Notwegrente stehe dem Kläger nicht zu. Der Kläger selbst habe den Weg nie in beachtlicher Weise genutzt und es handele sich auch nur um eine Fläche, die ausschließlich als Zuwegung genutzt worden sei. Der Kläger habe keinerlei individuelle Vermögensnachteile durch die Nutzung des Weges erlitten. Die wertmäßigen Betrachtungen des Gerichts und des Sachverständigen beruhten auf unzulässigen Vermutungen. Der Weg sei niemals Bauland und könne auch nicht als solcher bebaut werden. Schließlich komme es entgegen der Ansicht des Sachverständigen auch nicht auf die Restnutzungsdauer des Hauses an. Zumal der Sachverständige keinesfalls plausibel dargelegt habe, warum er bei seiner Wertermittlung davon ausgegangen sei, dass das Anwesen auf dem Flurstück 88 der Beklagten eine Restnutzungsdauer habe, ohne dazu konkrete Feststellungen zu treffen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Senat hat den Rechtsstreit nach Versterben der Erblasserin auf Antrag der Beklagten mit Beschluss vom 3. Juni 2010 ausgesetzt. Nach seiner Wiederaufnahme durch die Beklagte mit Schriftsatz vom 19. Juli 2010 hat es gemäß Beschluss vom 18. Februar 2010 Beweis erhoben durch Einholung schriftlicher Gutachten der Sachverständigen P… und M…. Auf die Gutachten vom 8. Juli 2011 und 14. Mai 2012 wird Bezug genommen. Das Gutachten M… hat sich der Senat zudem mündlich erläutern lassen (Sitzungsprotokoll vom 31. Januar 2013).
II.
Die Berufungen, deren Zulässigkeit keinen Bedenken unterliegt, haben teilweise Erfolg. Die Klage ist nur im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
1. Klageantrag zu 1/Urteilsausspruch Landgericht 1. Abs.: Eigentumsfeststellung
a) Die Klage ist mit dem gestellten Antrag zulässig.
Der Kläger ist mit Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 23. Mai 2002 rechtskräftig verurteilt worden, die Nutzung des von der Parzelle 88 nach der …straße führenden Weges, beschrieben als Weg von 3,51 m Breite und ca. 38,75 m Länge gem. anliegender Zeichnung, als Geh- und Fahrweg sowie zum Zwecke der Leitungsführung zu dulden. Er verlangt nunmehr mit der Klage unter anderem die Zahlung einer Notwegrente und die Beseitigung eines Tores, welches die Beklagte nach seiner Behauptung auf dem Flurstück 90 und damit auf seinem Grundstück errichtet habe. Für beide Anträge ist die Fläche des von der Beklagten in Anspruch genommenen Notweges sowie die Grenzen des Flurstücks 90 zum Grundstück der Klägerin hin ausschlaggebend. Der Klageantrag zu 1 ist damit jedenfalls als Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO zulässig.
Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass im Tenor des Urteils vom 23. Mai 2002 Längen- und Breitenangaben des Weges enthalten sind. Dies beinhaltet keine rechtskräftige Entscheidung über die Maße der Zuwegung, sondern lediglich eine Wegbeschreibung. Wie sich aus den überzeugenden und letztlich unstreitigen Feststellungen des Sachverständigen P… ergibt, würde der im Urteil mit einer Länge von knapp 39 m ausgewiesene Weg andernfalls knapp 9 m vor dem Grundstück der Beklagten enden, nämlich in Höhe der gedachten Verlängerung der nördlichen Grundstücksgrenze des Grundstücks der Beklagten. Dass der Weg die gedachte Verlängerung der nördlichen Grundstücksgrenze des Flurstücks 88 überschreitet, ergibt sich auch aus der dem Urteil beigefügten Skizze. Zudem bezeichnet die Urteilsformel den Weg als von der Katasterparzelle 88 nach der …straße führend.
b) Die Klage ist begründet.
Dabei hat der Senat den Notweg im Interesse größtmöglicher Genauigkeit, ohne dass damit eine inhaltliche Änderung verbunden ist, im Urteilsausspruch unter Bezugnahme auf den Lageplan 1 zum Gutachten P… (= Anlage 6 zum Gutachten M…) bestimmt. Die Grenzen des Grundstücks des Klägers und des darauf lastenden Notwegs einschließlich dessen Fläche ergeben sich aus den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen P…, gegen die die Parteien nichts erinnert haben; danach sind die Flurstücksgrenzen, teilweise unter Wiederherstellung von einigen Grenzabschnitten, als eindeutig einzustufen.
Soweit die Beklagte geltend macht, dass sie Eigentümerin des Notwegs und damit teilweise des Flurstücks 90 sei, kann sie mit dieser Einwendung nicht gehört werden. Denn mit Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 23. Mai 2002 ist die Klage der Erblasserin auf Feststellung ihres (Mit-) Eigentums rechtskräftig abgewiesen worden. An die Rechtskraftwirkung dieser Entscheidung ist die Beklagte gebunden.
Dagegen beinhaltet der Zuspruch eines Notwegerechts in dem besagten Urteil nicht zugleich die Feststellung des Eigentums des Klägers an der Katasterparzelle 90. Ein Notwegerecht verpflichtet zwar den Eigentümer zur Duldung (§ 917 BGB). Nach § 322 Abs. 1 ZPO erwächst in Rechtskraft jedoch grundsätzlich nur der von dem Gericht aus dem vorgetragenen Sachverhalt gezogene Schluss auf das Bestehen oder Nichtbestehen der beanspruchten Rechtsfolge, nicht aber die Feststellung der zugrundeliegenden präjudiziellen Rechtsverhältnisse oder sonstigen Vorfragen. So wird bei einer auf § 985 BGB gestützten Klage auf Herausgabe des Besitzes nicht mit Rechtskraft über das Eigentum entschieden. Auch bei einer Entscheidung über die Verpflichtung zur Duldung des Notwegs nach § 917 BGB ist das Eigentum an dem Nachbargrundstück nur Begründungselement dieses Anspruchs. Denn es geht nur um die Vorfrage, ob der in Anspruch genommene Eigentümer des belasteten Grundstücks ist.
Das (Allein-) Eigentum des Klägers an dem Flurstück 90 ergibt sich vorliegend daraus, dass er als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen ist. Für ihn streitet die Vermutung des § 891 BGB, die die Beklagte nicht durch Beweis des Gegenteils widerlegt hat. Zwar ist in dem am 5. März 1870 geschlossenen Kaufvertrag Bezug auf den Weg genommen worden, so dass er Gegenstand des Übertragungsaktes gewesen sein mag, wofür auch sprechen mag, dass zugunsten des Besitzers des Backhausgrundstücks seit dem 6. Februar 1854 auf dem heute als Flurstück 88 der Flur 6 bezeichneten Grundstück eine Wegegerechtigkeit lastete, die erst am 1. August 1994 als gegenstandslos gelöscht wurde. Nach dem Jahr 1870 ist das Flurstück 88 jedoch mehrfach aufgelassen und umgeschrieben worden. Zudem existiert das Flurstück 90 in den heutigen Grenzen ebenfalls seit langem. Es war bereits als selbständiges Grundstück im Grundbuch von B… Blatt 66 als Büdnergrundstück mit einer Größe von 310 m² geführt. Da die Wegparzelle nicht im Grundbuch von B… Blatt 104 gebucht war, vielmehr seit 1876, jedenfalls aber seit 1936 im Grundbuch von B… (nunmehr) Blatt 52 eingetragen ist, hat der Beklagte mit Kaufvertrag vom 15. Juli 1988 gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 GDO-DDR vom 6. November 1975 (GBl. I S. 697) und Eintragung zumindest gutgläubig Eigentum an dem Grundstück einschließlich der Zuwegung erworben. Anders wäre es nur, wenn der Weg noch in einem weiteren Grundbuch, womit nur ein nach Art. 186 EGBGB gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 GBO geführtes Grundbuchblatt gemeint ist, gebucht wäre. Das behauptet die Beklagte aber nicht, sondern nur, dass der Weg als Zubehör preußischen Rechts im Eigentum des jeweiligen Eigentümers des Flurstücks 88 stehe. Diese Eigenschaft würde aber einen gutgläubigen Erwerb nicht ausschließen. Zudem kann ein Grundstück nicht Zubehör sein, da Zubehör nach § 97 BGB nur bewegliche Sachen sind, nicht aber Grundstücke. Da das Grundstück seit August 1876 im Grundbuch von B… Blatt 52 eingetragen war, ist es auch ausgeschlossen, dass die Zuwegung als Weg zum Backofen Gemeingut oder Kondominium geblieben ist. An dem gutgläubigen Erwerb ändert es auch nichts, dass auf der Liegenschaftskarte bei O… C… vermerkt ist „müsste auch R… C… sein“. Dieser Vermerk stellt keinen einen gutgläubigen Erweb ausschließenden Widerspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 GDO-DDR dar. Zudem hat der Kläger nicht von einem C… sondern von den Eheleuten W… das Grundstück erworben. Herr W… mag den Kläger darauf hingewiesen haben, dass er nicht wisse, was das Wegegrundstück auf dem Grundbuchblatt M…straße zu suchen habe. Dies gibt jedoch nichts dafür her, dass der Kläger positive Kenntnis von einer etwaigen Unrichtigkeit des Grundbuchs gehabt hätte. Grobe Fahrlässigkeit, ja selbst erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Grundbuchs stehen einer Kenntnis nicht gleich.
2. Klageantrag zu 2/ Urteilsausspruch Landgericht 2. Abs.: Entfernung von Tor und Pflasterung
Die Klage ist begründet, soweit das von der Erblasserin errichtete Tor nach den überzeugenden, letztlich unstreitigen Feststellungen des Sachverständigen P… auf dem Grundstück des Klägers steht, also bis auf eine Länge von ca. 18 cm mit dem östlichen Torpfosten. Gegenüber dem Beseitigungsanspruch des Klägers (§ 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) kann sich die Beklagte nicht auf eine Duldungspflicht berufen (§ 1004 Abs. 2 BGB). Das Tor steht mitten auf dem Weg des „Hammergrundstücks“ des Klägers und hindert ihn nicht nur daran, den von der Wegfläche erfassten Grundstücksteil zu nutzen, sondern schneidet ihn letztlich auch von seinem nicht mit dem Notwegerecht belasteten Restgrundstück mit einer Fläche von 119 m² ab (dem „Hammerkopf“). Soweit die Beklagte behauptet, der Kläger habe die Errichtung des Tores 1997, also zu Zeiten, als die Parteien noch auskömmlich nebeneinander lebten, erlaubt, so handelte es sich allenfalls um eine gefälligkeitsähnliche Gestattung, an die der Kläger jedenfalls rund 16 Jahre nach Torbau nicht mehr gebunden ist (arg. ex § 604 Abs. 3 BGB; vgl. BGH, Grundeigentum 2007, 1481, juris Rdnr. 9). Entgegen der Auffassung der Beklagten stellt das Tor auch keinen Überbau nach § 912 Abs. 1 BGB dar. Ein solcher setzt voraus, dass „bei der Errichtung eines Gebäudes“ über die Grenze gebaut worden ist. Ein Gebäude ist ein Bauwerk, das durch räumliche Umfriedung gegen äußere Einflüsse Schutz gewährt und den Eintritt von Menschen gestattet.
Dagegen hat der Kläger keinen Anspruch auf Beseitigung der auf dem Notweg ausgebrachten Pflasterung. Die Herstellung wie auch die Unterhaltung des Notwegs in dem für die Bewirtschaftung des berechtigten Grundstücks erforderlichen Umfang obliegt dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks (BGH, NJW-RR 2009, 515, juris Rdnr. 25). Die alleinige Unterhaltungspflicht der Beklagten macht der Kläger mit seinem Klageantrag zu 5 geltend. Dann muss es dem Nutzungsberechtigten aber auch gestattet sein, die Herstellung des Weges so, wie er es für richtig hält, vorzunehmen, solange er dadurch die berechtigten Interessen des Eigentümers des dienenden Grundstücks nicht wesentlich beeinträchtigt. Im Hinblick darauf, dass der Beklagten nach Beendigung der Notlage die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands obliegt, kann sich der Kläger nicht darauf berufen, dass die Pflasterung sein Grundstück dauerhaft beeinträchtige. Eine andere Beurteilung wäre nur veranlasst, wenn die Pflasterung auch den nicht mit dem Notweg belasteten Grundstücksteil beeinträchtigen würde, was weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist.
3. Notwegerente
Der Kläger kann von der Beklagten rückständige Notwegerente in Höhe von insgesamt 960,00 € beanspruchen.
a) Klageantrag zu 3/Urteilsausspruch Landgericht 3. Abs.: für die Jahre 1997 bis 2004
Gemäß § 917 Abs. 2 Satz 1 BGB ist der Kläger für die Duldung des Notwegs durch eine Geldrente zu entschädigen, die jährlich im Voraus zu entrichten ist (§ 917 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 913 Abs. 2 BGB). Für die Höhe der Rente ist auf die tatsächlichen Verhältnisse im Entstehungszeitpunkt des Notwegerechts und damit des Rentenrechts abzustellen (§ 917 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 912 Abs. 2 Satz 2 BGB; BGHZ 113, 32, juris Rdnr. 14; Palandt/Bassenge, BGB, 72. Aufl. 2013, § 917 Rdnr. 15; Staudinger/H. Roth, BGB, Neubearbeitung 2009, § 917 Rdnr. 52). Dies ist vorliegend, da das Duldungsverlangen Voraussetzung für das Entstehen des Notwegerechts ist (statt vieler Palandt/Bassenge, a. a. O., § 917 Rdnr. 7, 12 mwNachw.), das Jahr 1997. Bei der Bemessung der Notwegrente kommt es nicht auf den Vorteil oder Nutzen an, den der Berechtigte aus dem Notweg zieht, sondern auf den Umfang der dem verpflichteten Eigentümer durch die Duldungspflicht entstehenden Beeinträchtigung (BGH a. a. O., juris Rdnr. 11). Maßgebend ist die Minderung des Verkehrswertes, die das gesamte Grundstück durch den Notweg erfährt. Dabei sind die besonderen Umstände des Einzelfalles und die individuellen Vermögensnachteile des Duldungspflichtigen im Zeitpunkt der Entstehung des Notwegerechts mit zu berücksichtigen. Von Bedeutung können insbesondere Größe, Lage, Zuschnitt des Grundstücks und der in Anspruch genommenen Teilfläche, aber auch bestehende Notwegrechte anderer Nachbarn sowie Art und Intensität der Nutzung durch den Notwegberechtigten als ein die Wertminderung beeinflussender Faktor sein (BGH a. a. O., juris Rdnr. 14).
In Anwendung dieser Grundsätze schätzt der Senat die Notwegerente auf Grundlage des Gutachtens M… auf 80,00 € jährlich. Der Sachverständige hat zunächst, wie von den Parteien auch nicht angegriffen wird, eine Verkehrswertminderung des Grundstücks durch die Duldung des Notweges bejaht. Diese Einschätzung ist angesichts der quantitativ und qualitativ weit überwiegenden Erschließungsfunktion für das Wohngrundstück der Beklagten plausibel. Daran ändert nichts, dass auch der Kläger die Zuwegung im Wesentlichen nur als solche nutzen kann. Die Intensivierung der Wegenutzung bedeutet nämlich ohne Frage eine Schmälerung des Gesamtgrundstücks namentlich durch Immissionen auf das dem Kläger verbleibende Gartenland („Hammerkopf“). Die Ermittlung des unbelasteten Bodenwerts und des nutzungstypischen Liegenschaftszinses (Nr. 4.2 WertR 2006) durch den Sachverständigen begegnet keinen Bedenken. Die Parteien haben gegen sie auch keine Einwände erhoben. Da die Zuwegung das Wohngrundstück der Beklagten erschließt, muss ihr mit 80 % die ganz überwiegende Nutzung zugerechnet werden. Der Senat folgt dem Sachverständigen darin, dass der Erschließung des dem Kläger verbleibenden „Hammerkopfes“ mit nicht mehr als 119 m² allenfalls 20 % der Nutzung zugerechnet werden können.
Der Rentenanspruch ist für die Jahre 2000 bis 2004 auch durchsetzbar, insbesondere nicht verjährt. Insoweit ist den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts nichts hinzuzufügen. Mit gleichfalls rechtsfehlerfreien Erwägungen hat das Landgericht die Verjährung der Rentenansprüche des Klägers für die Jahre 1997 bis 1999 angenommen. Die Verjährung begann gemäß § 198 BGB mit der Entstehung des Rentenanspruchs, also mit der Inanspruchnahme des Notwegs. Das Urteil des Landgerichts vom 23. Mai 2002 hatte auf die Entstehung des Anspruchs keinen Einfluss und führte insbesondere nicht zu einer Hemmung der Verjährung gemäß §§ 202, 203 BGB a. F. i. V. m. Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB oder §§ 203 ff. BGB n. F. i. V. m. Art. 229 § 6 Abs. 1, 2 EGBGB.
Auf die hiernach zuzuerkennende Rente von 400,00 € sind weder Verzugs- noch Prozesszinsen zu zahlen. Gemäß § 917 Abs. 2 Satz 2 BGB finden auf die Notwegrente die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz. 2 und der §§ 913, 914, 916 BGB entsprechende Anwendung. Nach § 914 Abs. 3, § 1107 BGB wiederum finden die für Zinsen einer Hypothekenforderung geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung, damit auch das Zinseszinsverbot des § 289 Satz 1 BGB, das nach § 291 Satz 2 BGB auch für die Prozesszinsen gilt.
b) Klageantrag zu 4 a): für die Jahre 2005 bis 2012
Darüber hinaus hat der Kläger einen Rentenanspruch in nämlicher Höhe für die Jahre 2005 bis 2011 (insgesamt 560,00 €).
Dabei kann auf sich beruhen, ob der Kläger den Rentenanspruch für die Jahre ab 2005 im ersten Rechtszug in einer den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechenden Form geltend gemacht hat. Denn etwaige Bestimmtheitsmängel hat der Kläger jedenfalls im zweiten Rechtszug beseitigt. Soweit darin eine Klageänderung im zweiten Rechtszug liegt, ist diese gemäß § 533 ZPO zulässig, weil sie sachdienlich ist und auf Tatsachen gestützt wird, die der Entscheidung über die Berufung ohnehin zugrunde zu legen sind.
Die Veräußerung des notleidenden Grundstücks durch die Beklagte mit Wirkung zum 22. November 2011 steht ihrer Verurteilung lediglich für das Jahr 2012 entgegen, da anspruchsverpflichtet der jeweilige Eigentümer des notleidenden Grundstücks ist, also die Beklagte für die jährlich im Voraus zu entrichtende Rente bis einschließlich 2011 passiv legitimiert ist.
Im Streitfall kann auf sich beruhen, ob die Veräußerung gemäß § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO – sofern nicht eine Übernahme nach § 266 ZPO erfolgt, was hier nicht geschehen ist – auf den Prozess keinen Einfluss hat. Diese Frage hängt davon ab, ob die Rentenverpflichtung, weil sie den Eigentümer des notleidenden Grundstücks als solchen trifft, zu der streitbefangenen Sache i. S. d. 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO gehört (offen gelassen von BGH WM 1976, 1061, juris Rdnr. 21). Denn § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO setzt – wie sich aus § 265 Abs. 1 ZPO ergibt – weiter voraus, dass die Veräußerung nach Rechtshängigkeit erfolgt ist. Daran fehlt es für den Rentenanspruch des Jahres 2012, da dieser erst mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2012 anhängig gemacht worden ist. Der Rechtshängigkeit eines fälligen Zahlungsanspruchs kann die eines künftigen Zahlungsanspruchs nicht gleichgesetzt werden (hier: nach § 258 ZPO mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2009), da der veräußernde Eigentümer andernfalls der materiellen Rechtslage zuwider auf unbestimmte Zeit haftete und folglich zu einer Abänderungsklage gezwungen wäre, was dem mit § 265 ZPO verfolgten Zweck der Prozessökonomie erkennbar zuwiderliefe.
c) Klageantrag zu 4 b): für die Jahre ab 2013
Für die Jahre ab 2013 ist die Beklagte nach dem Vorgesagten (oben b) nicht mehr anspruchsverpflichtet.
4. Klageantrag zu 5/Urteilsausspruch Landgericht 5. Abs.: Verkehrssicherungspflicht
Die Klage ist begründet. Den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts hat der Senat nichts hinzuzufügen.
5. Klageantrag zu 6/Urteilsauspruch Landgericht 6. Abs.: Unterlassen des Abstellens von Fahrzeugen
Die Klage ist begründet. Den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts ist lediglich hinzuzufügen, dass die Erblasserin die zu unterlassende Eigentumsbeeinträchtigung in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juli 2006 zugestanden hat.
6. Klageanträge zu 7 bis 9: Entfernung des Grobkieses und Untersagung des Ausbringens von Grobkies
Die Klage ist unbegründet. Die Ausführungen zum Klageantrag zu 2 betreffend die Pflasterung tragen die Klageabweisung auch insoweit.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen für ihre Zulassung nicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Rechtssache hat insbesondere nicht die ihr vom Kläger zugedachte grundsätzliche Bedeutung. Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage ist in § 917 Abs. 2 Satz 2 BGB i. V. m. § 912 Abs. 2 Satz 2 BGB eindeutig geregelt. Im Einklang mit der gesetzlichen Regelung ist sie durch den Bundesgerichtshof im Jahre 1990 entschieden worden (BGHZ 113, 32, juris Rdnr. 14). Der von dem Kläger zitierte Autor (MünchKommBGB/Säcker, 5. Aufl. 2009, § 917 Rdnr. 39) hält die Regelung – im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – mit den Wertungen der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie für vereinbar. Der von Säcker beschriebene Sonderfall, in dem diesem aufgrund der „verfassungsrechtliche(n) Dimension der Problematik“ eine Anpassung der Rente „unumgänglich“ erscheint, liegt nicht vor. Er kann innerhalb der subjektiven Grenzen der Rechtskraft auch nicht mehr eintreten, da die Beklagte nach Verlust des Eigentums an dem herrschenden Grundstück nicht mehr anspruchsverpflichtet ist.
Die Festsetzung des Gebührenstreitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 48 Abs. 1 Satz 1, §§ 3, 9 ZPO.
Der Gegenstandswert für die Klageanträge zu 1 bis 3, 5 bis 9 entspricht dem des ersten Rechtszuges. Der Gegenstandwert für den Klageantrag zu 4 beläuft sich auf (3.040,00 + 1.372,00 =) 4.412,00 €.