Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 60. Fachsenat für Personalvertretungssachen | Entscheidungsdatum | 13.06.2013 | |
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Aktenzeichen | OVG 60 PV 15.12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 626 Abs 2 BGB, § 79 Abs 2 S 3 PersVG BE, § 79 Abs 2 S 4 PersVG BE, § 87 Nr 8 PersVG BE |
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 7. August 2012 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
I.
Der Antragsteller wandte sich ursprünglich gegen den Abbruch des Mitbestimmungsverfahrens betreffend die außerordentliche Kündigung der in der Dienststelle beschäftigten Arbeitnehmer E... und H....
Anlass für die in Rede stehenden Verdachtskündigungen war ein folgenschwerer Auffahrunfall von zwei Arbeitszügen bei Gleisbauarbeiten am Streckennetz der Berliner U-Bahn am 7. April 2012. Die beiden betroffenen Arbeitnehmer waren als Zugführer bzw. -fahrer des auffahrenden Zuges eingesetzt. Bei dem Unfall wurde ein anderer Mitarbeiter verletzt und es entstand ein geschätzter Sachschaden von 500.000 €. Die beiden Arbeitnehmer verweigerten den vorgeschriebenen Alkoholtest und entfernten sich vom Unfallort. Daraufhin wurde gegen sie ein Ermittlungsverfahren u.a. wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort und gefährlichen Eingriffs in den Bahnbetrieb eingeleitet.
Die Dienststelle schrieb beide Beschäftigte unter dem 10. April 2012 an und gab ihnen Gelegenheit, sich bis 18. April 2012 zu dem Verdacht zu äußern, dass der Zugverband von ihnen in unangemessener Geschwindigkeit geführt worden sei. Nach weiteren Ermittlungen erhielten die Betroffenen durch ergänzendes Schreiben vom 13. April 2012 Gelegenheit, sich innerhalb der Frist auch zu dem Verdacht zu äußern, sie hätten zum Zeitpunkt des Unfalls unter Einfluss von Alkohol gestanden. Am letzten Tag der Frist gingen ihre schriftlichen Äußerungen auf der Dienststelle ein.
Mit Schreiben vom 25. April 2012, beim Antragsteller eingegangen am 26. April 2012, legte der Beteiligte unter Beifügung zahlreicher Anlagen die nach Auswertung der Stellungnahmen am Vortag beschlossenen außerordentlichen Kündigungen der genannten Arbeitnehmer wegen des Verdachts einer Straftat zur Zustimmung vor. Es bestehe bei beiden der dringende Verdacht der grob fahrlässigen Beteiligung an der Herbeiführung eines folgenschweren Unfalls unter Alkoholeinfluss.
Der Antragsteller verweigerte unter dem 3. Mai 2012 seine Zustimmung zu den beabsichtigten Kündigungen. Zur Begründung hat er wörtlich ausgeführt: „Das Betriebsvorkommnis hat bereits am 07.04.2012 stattgefunden. Das BGB § 626 sagt dazu Folgendes aus: (folgt der Wortlaut des Gesetzestextes unter Hervorhebung der in Abs. 2 dieser Vorschrift enthaltenen ersten beiden Sätze). … Somit ist die vorgeschriebene Frist zur fristlosen Kündigung wegen des Verdachtes des Vorliegens eines wichtigen Grundes verstrichen.“
Mit Schreiben vom selben Tage teilte der Beteiligte dem Antragsteller mit, dass er die Zustimmungsverweigerung als unbeachtlich ansehe und die Kündigungen nach Ablauf der einwöchigen Äußerungsfrist gemäß § 79 Abs. 2 PersVG Berlin aussprechen werde. Die Bezugnahme auf den Wortlaut von § 626 BGB mit der bloßen Behauptung einer Fristversäumung stelle keine wirksame Ablehnungsbegründung dar, zumal der Kündigungsgrund an sich nicht in Frage gestellt worden sei. Im Übrigen treffe die Behauptung, dass die Fristen nach § 626 BGB nicht eingehalten worden seien, nicht zu.
Am 13. Juni 2012 hat der Antragsteller das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet und vorgetragen: Die Zustimmungsverweigerung sei gemessen an den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Maßstäben nicht unbeachtlich. Eine Unbeachtlichkeit folgte noch nicht aus einer falschen Rechtsansicht. Abgesehen davon sei es hier durchaus möglich, dass die Frist des § 626 Abs. 2 BGB abgelaufen gewesen sei, weil der Personalrat zu spät beteiligt worden sei. Wenn dem Beteiligten spätestens am 18. April 2012 alle für seinen Kündigungsentschluss notwendigen Sachverhaltsinformationen vorlagen, sei die Zweiwochenfrist bei Beschlussfassung des Antragstellers am 3. Mai 2012 bereits abgelaufen gewesen. Insbesondere lege der Beteiligte nicht dar, was zwischen dem 18. und 25. April 2012 geschehen sei. Der Antragsteller sei berechtigt gewesen, die Zustimmungsverweigerung auf den Fristablauf zu stützen. Der auf die konkreten Maßnahmen bezogene Feststellungsantrag sei auch nach dem zwischenzeitlichen Ausspruch der Kündigungen weiter zulässig. Komme das Gericht nämlich zu dem Ergebnis, dass die Zustimmungsverweigerung beachtlich sei, seien die Kündigungen unwirksam.
Der Antragsteller hat beantragt
festzustellen, dass der Beteiligte durch den Abbruch des Mitbestimmungsverfahrens betreffend die durch Beteiligungsvorlage vom 25. April 2012 vorgelegten außerordentlichen Kündigungen gegenüber den Beschäftigten E... und H... das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers verletzt hat.
Der Beteiligte hat zur Begründung seines Zurückweisungsantrags erwidert: Der Antrag sei schon mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, weil die Kündigungen ausgesprochen und damit vollzogen worden seien. Eine vorherige Ausübung des Mitbestimmungsrechts sei daher nicht mehr möglich. Der Antrag sei aber auch unbegründet. Der Antragsteller habe sich in seiner Begründung neben der Wiederholung des Gesetzestextes lediglich mit einem Satz darauf berufen, dass die vorgeschriebene Frist verstrichen sei. Die darin zum Ausdruck kommende Rechtsansicht, dass bereits mit dem Betriebsvorkommnis die Zweiwochenfrist zu laufen beginne, sei offensichtlich unzutreffend. Der Antragsteller vernachlässige, dass es sich um eine Verdachtskündigung handele, vor welcher zunächst die erforderliche Anhörung abzuwarten sei, die hier erst am 18. April 2012 abgeschlossen gewesen sei. Danach sei die Stellungnahme ausgewertet und der Beteiligungsvorgang am 25. April 2012 eingeleitet worden. Zu diesem Zeitpunkt sei die Zweiwochenfrist noch nicht abgelaufen gewesen. Die Unbeachtlichkeit der Zustimmungsverweigerung ergebe sich hier daraus, dass der angegebene Zustimmungsverweigerungsgrund rechtsmissbräuchlich sei. Der Antragsteller habe sich von vornherein besserer Erkenntnis verschlossen. Nachdem die Zustimmungsverweigerung am 3. Mai 2012 erklärt worden sei, sei die Kündigung zügig am darauffolgenden Tag ausgesprochen worden.
Mit Beschluss vom 7. August 2012 hat das Verwaltungsgericht Berlin den Antrag zurückgewiesen. In den Gründen heißt es: Der Antrag sei jedenfalls in der Sache unbegründet. Die Zustimmungsverweigerung sei missbräuchlich und daher unbeachtlich, weil der Antragsteller sich mit der Begründung wider besseres Wissen über eine klare Rechtslage hinweggesetzt habe. Auch wenn die Personalvertretung sich gegenüber einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung grundsätzlich, ggf. auch ausschließlich, auf Bedenken gegen die Beachtung der gesetzlichen Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB berufen könne, entbehre der hier diesbezüglich erhobene Einwand des Antragstellers jedes einzelfallbezogenen Anknüpfungspunktes. Der Benennung einzelfallbezogener Anhaltspunkte hätte es aber zumindest ansatzweise bedurft. Denn nach den beim Antragsteller als bekannt vorauszusetzenden Grundsätzen über die Anwendung dieser Vorschrift auf Fälle von Verdachtskündigungen beginne die Kündigungserklärungsfrist nicht mit dem anlassgebenden Ereignis, sondern erst nach Anhörung des Betroffenen zu laufen. Angesichts der übersandten Unterlagen sei sich der Antragsteller bewusst gewesen, dass die in Rede stehende Ausschlussfrist hier frühestens mit dem Eingang der eingeräumten Stellungnahmen der betroffenen Mitarbeiter zu laufen begonnen habe. Zumindest habe ihm klar sein müssen, dass unter diesen Umständen die Behauptung einer Fristversäumnis ohne Bezug zu den konkreten Fällen vom Beteiligten nicht als ernsthafter Versuch einer inhaltlichen Auseinandersetzung aufgefasst werden würde. Das Fehlen jeder Substanz für die aufgestellte, auch für den Antragsteller erkennbar offensichtlich im Widerspruch zur einhelligen Auffassung zur Anwendung des § 626 Abs. 2 BGB auf Verdachtskündigungen stehenden Rechtsbehauptung lasse sich aus Sicht der Fachkammer nur so erklären, dass der Antragsteller selbst erkannt habe, dass seine These offensichtlich völlig unhaltbar sei und dass er daher den Versuch einer ohnehin aussichtslosen halbwegs schlüssigen Begründung unterlassen habe. Sei mithin davon auszugehen, dass der Antragsteller bewusst eine völlig haltlose rechtliche Begründung gegeben habe, so könne seine Zustimmungsverweigerung nur als missbräuchlich gewertet werden. Auf die erstmals im Beschlussverfahren unternommenen Versuche des Antragstellers, die Vertretbarkeit der in der Zustimmungsverweigerung vom 3. Mai 2012 enthaltenen These zu § 626 Abs. 2 BGB darzulegen, komme es nicht an, weil für die Frage der Beachtlichkeit der Zustimmungsverweigerung allein auf deren fristgemäß eingegangene schriftliche Begründung abzustellen sei.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, zu deren Begründung er vorträgt: Wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Erledigung der beiden Kündigungsschutzverfahren am 16. bzw. 21. August 2012 mit einer im Vergleichswege gewährten Auslauffrist bis zum 31. Dezember 2012 sei der Antrag auf eine abstrakte Feststellung umzustellen. An der Entscheidung bestehe weiterhin ein Interesse, weil der Beteiligte und die Fachkammer davon ausgingen, der Antragsteller habe rechtsmissbräuchlich gehandelt. Es sei zu erwarten, dass sich der Antragsteller auch in künftigen Fällen einer außerordentlichen Kündigung auf einen aus seiner Sicht eingetretenen Fristablauf berufen werde. Die Fachkammer habe den Maßstab für eine unbeachtliche Zustimmungsverweigerung verkannt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts reiche es aus, wenn sich der Zustimmungsverweigerungsgrund einem Mitbestimmungstatbestand zuordnen lasse. Das sei hier der Fall, weil sich eine Versäumung der Ausschlussfrist von § 626 Abs. 2 BGB auf die Rechtmäßigkeit der nach § 87 Nr. 8 PersVG Berlin mitbestimmungspflichtigen Kündigung auswirken würde. Eine Schlüssigkeitsprüfung sei dem Dienststellenleiter hingegen verwehrt. Im Übrigen liege eine Fristversäumnis auch nicht etwa ferne. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts müsse der Kündigungsberechtigte aus seiner Sicht notwendige Sachverhaltsermittlungen mit der gebotenen Eile vornehmen, in der Regel innerhalb einer Woche. Verletze er diese Obliegenheit, beginne die Frist mit dem jeweiligen Vorkommnis. Es komme hinzu, dass die Zwei-Wochenfrist nach § 626 Abs. 2 BGB, selbst wenn man als Fristbeginn den Eingang der Einlassung der Beschäftigten beim Kündigungsberechtigten am 18. April 2012 annehmen wollte, am 2. Mai 2012 abgelaufen sei. Da jedoch die Stellungnahmefrist des Personalrats ihrerseits erst am 4. Mai 2012 abgelaufen sei, habe der Kündigungsberechtigte die Kündigungsfrist nicht mehr einhalten können. Somit sei die Einwendung des Antragstellers nicht nur nicht offensichtlich falsch, sondern offensichtlich zutreffend und die Rechtsauffassung der Fachkammer falsch. Bei der Formulierung der Zustimmungsverweigerung dürften angesichts der Tatsache, dass es sich bei den Mitgliedern des Antragstellers um juristische Laien handele, keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Im Hinblick auf den im Zustimmungsantrag dargestellten zeitlichen Ablauf sei es insbesondere nicht notwendig gewesen, im Einzelnen darzulegen, wann aus Sicht des Antragstellers die Kündigungsfrist in Gang gesetzt bzw. abgelaufen sei. An einen Zustimmungsverweigerungskatalog sei der Antragsteller ohnehin nicht gebunden. Anhaltspunkte dafür, dass er bei der internen Willensbildung eine andere Erkenntnis gehabt hätte und dann subjektiv wider besseres Wissen und zum Schein eine andere Rechtsposition vertreten habe, seien von der Fachkammer nicht angeführt worden. Solche existierten auch nicht. Die Vermutungen der Fachkammer seien bloße Unterstellungen und gingen ins Blaue.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 7. August 2012 zu ändern und festzustellen, dass der Beteiligte das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers verletzt, wenn er die Verweigerung der Zustimmung zu einer außerordentlichen Verdachtskündigung als unbeachtlich ansieht, die - wie im Anlassfall der Beschäftigten E... und H... - unter Bezugnahme auf den Wortlaut von § 626 Abs. 2 BGB und das Datum des die Kündigung auslösenden Ereignisses mit dem Ablauf der Zwei-Wochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB begründet ist.
Der Beteiligte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und meint, nach der vergleichsweisen Auflösung der Arbeitsverhältnisse zum 31. Dezember 2012 fehle es erst recht am Feststellungsinteresse. Der Antrag formuliere auch keine abstrakte Rechtsfrage, die mit Geltung für künftige Fälle beantwortet werden könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten einschließlich Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat seinen Antrag zu Recht zurückgewiesen.
Der Feststellungsantrag ist nach dem Ende der Beschäftigungsverhältnisse der betroffenen Mitarbeiter unzulässig. Zwar kann der Personalrat nach Erledigung eines konkreten Mitbestimmungsfalls von einem konkreten zu einem abstrakten Feststellungsantrag übergehen. Hierfür bedarf es allerdings gemäß § 256 Abs. 1 ZPO eines Feststellungsinteresses, das sich hier nur aus einer Wiederholungsgefahr speisen könnte.
Es ist aber weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in Zukunft in der Dienststelle Fälle auftreten werden, in denen sich die hier formulierte Frage in vergleichbarer Weise stellen könnte. Es mag zutreffen, dass es wegen der „gefahrengeneigten Tätigkeit“ der Beschäftigten in der Dienststelle auch künftig außerordentliche Verdachtskündigungen geben wird. Der Antragsteller vermochte jedoch außer dem Fall der Beschäftigten E... und H... keinen einzigen Fall einer solchen Kündigung aus der Vergangenheit zu benennen, in dem der Beteiligte die Zustimmungsverweigerung als unbeachtlich angesehen hätte, die allein unter Bezugnahme auf den Wortlaut von § 626 Abs. 2 BGB und das Datum des die Kündigung auslösenden Ereignisses mit dem Ablauf der Zwei-Wochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB begründet worden wäre. Ebenso wenig vermochte der Antragsteller überzeugend darzutun, dass er künftig seine Zustimmung zu außerordentlichen Verdachtskündigungen mit derselben Begründung wie im vorliegenden Fall verweigern und dass der Beteiligte die so begründete Zustimmungsverweigerung stets als unbeachtlich ansehen werde. Der Hinweis des Antragstellers, dies sei nicht der erste Fall, in dem der Beteiligte die Zustimmungsverweigerung als unbeachtlich angesehen habe, genügt für die Annahme eines Feststellungsinteresses für die hier zur Entscheidung gestellte, spezielle Frage nicht.
Auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. November 1994 - BVerwG 6 P 11.93 - (juris) kann sich der Antragsteller für seine Gegenposition nicht berufen. Dort ging es um die Rechtsfrage, ob eine nur auf Bedenken gegen die Eignungsbeurteilung der Einstellungsbehörde gestützte Zustimmungsverweigerung unbeachtlich sei. Nach der Feststellung des Oberverwaltungsgerichts im vorhergehenden Beschluss war der Antrag konkret genug, um künftige Streitigkeiten bei Kündigungen wegen mangelnder Eignung zu vermeiden. Diese Feststellung setzt unausgesprochen die Annahme voraus, dass es solche künftigen Streitigkeiten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit geben werde. Gerade diese Vorhersage aber lässt sich hier aus den genannten Gründen nicht treffen.
Die Sachentscheidung der Fachkammer ist aber auch bei Unterstellung eines Feststellungsinteresses zutreffend. Der Antrag ist unbegründet. Der Beteiligte darf eine nach § 87 Nr. 8 PersVG Berlin mitbestimmungsbedürftige außerordentliche Verdachtskündigung als vom Antragsteller gebilligt ansehen, wenn dieser die Zustimmungsverweigerung begründet wie im anlassgebenden Fall der Beschäftigten E... und H....
Gemäß § 79 Abs. 2 Satz 3 und 4 PersVG Berlin gilt die Zustimmung des Personalrats zu einer vom Dienststellenleiter beabsichtigten außerordentlichen Kündigung als erteilt, wenn er nicht innerhalb einer Woche seit Zugang des Antrags des Dienststellenleiters die Zustimmung schriftlich verweigert. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. z.B. Beschluss vom 17. August 1998 - BVerwG 6 PB 4.98 -, juris Rn. 5 m.w.N.) ist dabei zu unterscheiden zwischen einer Zustimmungsverweigerung, die keine Begründung enthält, und einer solchen, die unbeachtlich ist, weil sie entweder (objektiv) das Vorliegen eines gesetzlichen Zustimmungsverweigerungsgrundes als nicht möglich erscheinen lässt oder aber aus sonstigen (subjektiven) Gründen rechtsmissbräuchlich ist, etwa weil sich der Personalrat von vornherein besserer Erkenntnis verschließt oder aber seinen Standpunkt nur zum Schein einnimmt. Das Vorbringen des Personalrats muss es aus der Sicht eines sachkundigen Dritten zumindest als möglich erscheinen lassen, dass einer der gesetzlich geregelten Verweigerungsgründe gegeben ist. Die Darlegung einer Rechtsauffassung oder der Vortrag von Tatsachen seitens des Personalrats kann dann, wenn sich daraus ersichtlich, d.h. von vornherein und eindeutig, keiner der gesetzlichen Verweigerungsgründe ergeben kann, deren Vorliegen also nach keiner vertretbaren Betrachtungsweise als möglich erscheint, nicht anders behandelt werden als das Fehlen einer Begründung.
Zwar kennt das Berliner Personalvertretungsgesetz keinen Katalog gesetzlich festgelegter Verweigerungsgründe. Gleichwohl hat das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung auf die Berliner Rechtslage dergestalt ausgedehnt, dass eine Verweigerung der Zustimmung zu einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme auch ohne gesetzliche Festlegung der dafür zugelassenen Gründe unbeachtlich ist, wenn die von der Personalvertretung angegebenen Gründe offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung liegen; dem Personalrat ist es nicht gestattet, von einer Mitbestimmungsbefugnis zwar in der vorgeschriebenen Form, aber ohne inhaltlichen Bezug zu einem gesetzlichen Mitbestimmungstatbestand Gebrauch zu machen. An einem derartigen Bezug fehlt es, wenn die vom Personalrat angeführten Gründe sich dem gesetzlichen Mitbestimmungstatbestand nicht mehr zuordnen lassen. Ist eine Zuordnung offensichtlich nicht möglich, so lässt das erkennen, dass die Personalvertretung keine Regelung auf der Grundlage eines Mitbestimmungsrechts anstrebt, sondern die Zustimmung ohne einen vom Gesetz gebilligten Grund verweigert. Ein solches Verhalten wird durch das Recht nicht geschützt. Eine derart unbeachtliche Zustimmungsverweigerung kann insbesondere nicht die Verpflichtung der Dienststelle begründen, das Einigungsverfahren einzuleiten. Vielmehr gilt die beabsichtigte Maßnahme nach Ablauf der gesetzlichen Äußerungsfrist als gebilligt (vgl. Beschluss vom 30. November 1994 - BVerwG 6 P 11.93 -, juris Rn. 14; allgemein Beschluss vom 16. Juni 2000 - BVerwG 6 P 6.99 - juris Rn. 25). Dem folgt der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. Beschluss vom 25. August 2011 - OVG 60 PV 3.11 -, juris Rn. 46 ff.).
Die Grundsätze zur Beurteilung einer Zustimmungsverweigerung als unbeachtlich gelten ungeachtet des Fehlens einer Festlegung der zugelassenen Verweigerungsgründe im Berliner Personalvertretungsgesetz aber auch in Fällen, in denen die Verweigerung aus sonstigen (subjektiven) Gründen rechtsmissbräuchlich ist. Das Fehlen gesetzlich abschließend aufgezählter Zustimmungsverweigerungsgründe mag Einfluss auf den Kreis der noch (objektiv) beachtlichen Einwände haben. Für die Frage eines rechtsmissbräuchlichen Gebrauchmachens von der Zustimmungsverweigerung ist das Fehlen eines Katalogs der Verweigerungsgründe im Gesetz ohne Belang.
Zwar hat der Antragsteller mit seinem Schreiben vom 3. Mai 2012, eingegangen beim Beteiligten am selben Tag, die mit Eingang des Antrags des Beteiligten bei ihm am 26. April 2012 in Gang gesetzte Wochenfrist nach § 79 Abs. 2 Satz 3 PersVG Berlin eingehalten. Auch lässt sich der angegebene Grund für die Zustimmungsverweigerung formal dem Mitbestimmungstatbestand des § 87 Nr. 8 PersVG Berlin zuordnen, weil der Personalrat im Interesse des betroffenen Beschäftigten unter anderem die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen an eine beabsichtigte außerordentliche Kündigung - hier die Einhaltung der Kündigungsfrist gemäß § 626 Abs. 2 BGB - mit zu überwachen hat.
Allein eine solche formale Betrachtung wird dem Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Nr. 8 PersVG Berlin nicht gerecht. Dieser liegt nicht darin, mit einem quasi „ins Blaue“ gerichteten Einwand, die Kündigungsfrist sei versäumt, eine Rechtsprüfung im Einigungs(stellen)verfahren auszulösen, sondern darin, den betroffenen Beschäftigten vor einer gesetzlich nicht (mehr) zulässigen Kündigung zu schützen. Demzufolge muss der Personalrat, will er die Zustimmung auf den Einwand der Fristversäumnis stützen, nach eigener Prüfung zu der entsprechenden Auffassung gelangt sein und dies in den Gründen zum Ausdruck bringen.
Auch wenn dem Antragsteller einzuräumen ist, dass im Hinblick darauf, dass die Personalräte oftmals mit juristisch nicht vorgebildeten Beschäftigten besetzt sind und die Stellungnahme innerhalb einer kurzen Frist abgegeben werden muss, an die Formulierung der Begründung im einzelnen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. August 1998, a.a.O., Rn. 5), müssen sich aus der Begründung aber jedenfalls der für die Zustimmungsverweigerung maßgebende rechtliche Gesichtspunkt und die tatsächlichen Umstände ergeben, aus denen der Personalrat seine Rüge ableitet. Daran fehlt es hier. Es war für einen objektiven sachkundigen Empfänger der Erklärung der Zustimmungsverweigerung nicht klar, was der Antragsteller mit der bloßen Nennung des Datums des Unfalls (7. April 2012) im Zusammenhang mit der Wiedergabe des Wortlauts von § 626 Abs. 2 BGB in den beiden Fällen außerordentlicher Verdachtskündigungen zum Ausdruck bringen wollte.
§ 626 Abs. 2 BGB stellt, wie der Antragsteller durch Hervorhebung im Gesetzestext selbst betont hat, für den Beginn der zweiwöchigen Kündigungsfrist auf den Zeitpunkt ab, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Dies ist der Fall, sobald der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der einschlägigen Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung darüber ermöglicht, ob er das Arbeitsverhältnis fortsetzen soll oder nicht. Auch grob fahrlässige Unkenntnis setzt die Frist nicht in Gang. Zu den maßgebenden Tatsachen gehören sowohl die für als auch die gegen die Kündigung sprechenden Umstände. Bei einer Verdachtskündigung, wie hier, muss der Dienststellenleiter zudem alles ihm Zumutbare zur Aufklärung getan, insbesondere dem Beschäftigten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben haben. Der Umfang der Nachforschungspflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. etwa Urteile vom 22. November 2012 - 2 AZR 732/11 -, juris Rn. 30, und vom 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 -, juris Rn. 17, jeweils m.w.N.).
Auch einem mit juristisch nicht vorgebildeten Beschäftigten besetzten Personalrat musste sich aufdrängen, dass der Lauf der Kündigungsfrist nicht mit dem - vom Antragsteller einzig bezeichneten - Zeitpunkt des zur außerordentlichen Kündigung Anlass gebenden Unfalls beginnen konnte. Aus den mit der Mitbestimmungsvorlage übersandten Unterlagen ging für ihn deutlich erkennbar hervor, dass der Beteiligte notwendige Ermittlungen zum Hergang des Unfalls und zu einem etwaigen Alkoholeinfluss bei den beteiligten Beschäftigten anstellen musste. Dass während dieser Zeit notwendiger Ermittlungen einschließlich der bei einer Verdachtskündigung unabdingbaren Anhörung der betroffenen Beschäftigten die Zwei-Wochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht zu laufen begann, musste dem Antragsteller bewusst sein. Eine etwaige Unkenntnis der einschlägigen Rechtsprechung der Arbeitsgerichte hierzu entlastet ihn nicht. Gegebenenfalls musste er sich die notwendige Kenntnis verschaffen. Ohne einen weiteren Bezug zum Fall ist die Begründung, die Kündigungsfrist sei verstrichen, ebenso nichtssagend wie eine „Begründung“, es liege kein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB vor.
Bei außerordentlichen Verdachtskündigungen wäre allenfalls bei Vorliegen besonderer Umstände des Einzelfalls theoretisch denkbar, dass die zweiwöchige Kündigungsfrist bereits mit dem anlassgebenden Ereignis zu laufen beginnt. Ohne einen entsprechenden Vortrag lag die Zustimmungsverweigerung offensichtlich außerhalb des Mitbestimmungstatbestandes des § 87 Nr. 8 PersVG Berlin und durfte vom Beteiligten als unbeachtlich gewertet werden.
Eine Begründung für den Einwand der Fristversäumung lässt sich auch nicht dem weiteren zeitlichen Ablauf ohne Bezug zum Einzelfall als quasi „sich von selbst ergebend“ entnehmen. Die hierzu im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren angeführten Gründe für eine Fristversäumung haben mit der maßgebenden Begründung der Zustimmungsverweigerung im Fall E... und H... nichts mehr gemeinsam, treffen im Übrigen nicht zu und drängen sich erst recht nicht auf.
Zunächst spricht die vom Antragsteller selbst angeführte Regelfrist von einer Woche für die erforderlichen, zügig vorzunehmenden Ermittlungen (vgl. etwa Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 -, juris Rn. 15 m.w.N.) nicht für, sondern gegen eine Versäumung der Kündigungsfrist: Aus den dem Antragsteller mit dem Zustimmungsantrag übersandten Unterlagen ergab sich, dass der Beteiligte erst am 13. April 2012 vom Verdacht eines Alkoholeinflusses bei der Unfallverursachung Kenntnis erlangt hatte. Dazu hat er die betroffenen Beschäftigten angehört. Die Anhörungsfrist soll zwar ebenfalls in der Regel eine Woche nicht überschreiten (vgl. Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 5. Juni 2008 - 2 AZR 25/07 -, juris Rn. 27). Sie war aber offenkundig am 18. April 2012 noch nicht verstrichen. Mit Eingang der Stellungnahme der Beschäftigten an diesem Tag waren die Ermittlungen auch nicht abgeschlossen, weil der Beteiligte den Entlastungsargumenten der Betroffenen - zulässige Geschwindigkeit des Zuges, kein Tachometer im Spitzenfahrzeug, nicht einsehbare Linkskurve, erforderliche Bremswirkung nicht erreicht (Fettablagerungen auf den Gleisen?), unerlaubter Halt des stehenden Zuges in der Kurve, unzulässig aufgestelltes Lichtsignal, nicht eingehaltener Sicherheitsabstand zur Baustelle bzw. zum Beginn eines unübersichtlichen Bereichs, kein hinreichender Beleg für Alkoholeinfluss - nachzugehen hatte und auch nachging. Es spricht daher alles dafür, dass die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht vor Ablauf einer Woche nach Eingang der Stellungnahme der Betroffenen zu laufen begann, und mithin auch nach Ablauf der Wochenfrist des § 79 Abs. 2 Satz 3 PersVG Berlin noch nicht verstrichen war, sodass dahinstehen kann, ob der Zustimmungsantrag den Lauf der Kündigungsfrist gehemmt hätte (vgl. hierzu Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 2. Februar 2006 - 2 AZR 57/05 -, juris Rn. 18).
Nach alledem ist die Begründung der Zustimmungsverweigerung nicht nur nicht schlüssig (insoweit ein Vorprüfungsrecht des Dienststellenleiters und der Verwaltungsgerichte verneinend: Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. April 2001 - BVerwG 6 P 9.00 -, juris Rn. 28); sie kann vielmehr von vornherein und eindeutig keinen Zustimmungsverweigerungsgrund abgeben, dessen Vorliegen nach einer vertretbaren Betrachtungsweise als möglich erschiene.
Darüber hinaus lässt das Ausblenden der den betroffenen Beschäftigten für ihre Stellungnahme eingeräumten Frist bei zugleich zu unterstellender und im Übrigen von ihm auch im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nicht in Abrede gestellten Kenntnis des Antragstellers von der Bedeutung der Stellungnahme der Betroffenen für den Beginn der Frist nach § 626 Abs. 2 BGB den Schluss zu, der Antragsteller habe sich bei seiner Zustimmungsverweigerung besserer Einsicht verschlossen, über eine klare Sach- oder Rechtslage hinwegsetzt und seinen Standpunkt nur zum Schein aus Gründen des Zeitgewinns eingenommen, die Zustimmung somit rechtsmissbräuchlich verweigert.
Die Rechtsbeschwerde war mangels Zulassungsgrundes nicht zu eröffnen.