Gericht | FG Berlin-Brandenburg 3. Senat | Entscheidungsdatum | 02.07.2014 | |
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Aktenzeichen | 3 K 3338/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 174 Abs 4 AO, § 1090 BGB, § 4 EnteigG ST, § 5 EnteigG ST, § 21 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG, § 22 Nr 3 EStG, § 24 Nr 3 EStG, § 41 Abs 1 FGO, § 71 WHG |
Es liegen zwar keine sonstigen Einkünfte, aber Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vor, wenn ein Grundstückseigentümer für die Inanspruchnahme des Grundstücks durch eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit infolge der Errichtung eines Deiches (Hochwasserschutzwand) von der Hochwasserschutzbehörde eine Entschädigung erhält.
Der Einkünftefeststellungsbescheid 2007 vom 30.12.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.10.2010 wird dahingehend geändert, dass die Feststellung von sonstigen Einkünften entfällt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Die Beteiligten streiten um die steuerliche Behandlung der Entschädigung für die Errichtung einer Hochwasserschutzwand (Deichanlage) auf dem Grundstück der Klägerin (Streitjahr: 2007).
I.1.
Die klägerische GbR ist Eigentümerin zweier benachbarter Hausgrundstücke in der Altstadt von L.. (M...-platz ..a, Flurstück 10.., und M...-platz ..b, Flurstück 10..), die hinten an die N...-Fluss angrenzen.
2.
Das Land O..., vertreten durch den Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft O..., beabsichtigte eine Deichsanierung (Erhöhung der vorhandenen Deichtrasse mit Einfügung einer Hochwasserschutzwand). Die Inanspruchnahme von Grundstücken für den Hochwasserschutz ist durch Enteignung möglich (§ 71 Wasserhaushaltsgesetz - WHG - i. V. m. §§ 4 ff. Enteignungsgesetz O...). Das Land bemüht sich jedoch regelmäßig zunächst um eine einvernehmliche Regelung mit den betroffenen Eigentümern. Die Festlegung der Höhe der zu zahlenden Entschädigung im Rahmen eines solchen privatrechtlichen Vertrages zwischen Vorhabenträger und Grundstückseigentümer unterliegt der Vertragsfreiheit.
Das Land bemühte sich bei der Klägerin und den Eigentümern der Nachbargrundstücke zunächst, einen jeweils abzutrennenden hinteren Grundstücksteil zu kaufen. Es stand in Rede, dass dort zusammen mit der Deicherrichtung dann ein öffentlicher Radweg längs des Deiches gebaut werden sollte. Die Mieter opponierten gegen einen faktischen öffentlichen Zugang von hinten. Mit Rücksicht darauf lehnte die Klägerin, wie auch die Nachbareigentümer, einen Verkauf ab. In der Folge kam es zu Verhandlungen über die letztlich zustande gekommene Dienstbarkeit, wobei das Land darauf hinwies, dass bei Nichtzustandekommen einer einvernehmlichen Regelung das Ziel zur Not auch durch Enteignung zu erreichen wäre.
Die Landgesellschaft O... mbH, die die Grundstücksbeschaffung für den Landesbetrieb vermittelt, ließ das Wertgutachten vom 17.06.2005 (FG-A Bl. 22) erstellen, machte dieses der Klägerin jedoch zunächst nicht zugänglich. Es kam zu telefonischen Verhandlungen mit einem Gesellschafter der Klägerin und zu einer Einigung. In deren Gefolge wurden fünf Vereinbarungen zwischen dem Land und der Klägerin geschlossen:
- eine "Entschädigungszahlung wegen Aufwuchsbeseitigung" vom 01.08.2007 (157 € für 1 Linde und 1 Pflaume, betreffend beide Grundstücke, FG-A Bl. 34)
- zwei "Entschädigungszahlungsvereinbarung wegen Minderung des Verkehrswertes", ebenfalls vom 01.08.2007 (Flurstück 10.. 15.267 €, FG-A Bl. 36; Flurstück 10.. 20.522 €, FG-A Bl. 35)
- zwei "Gestattungsvertrag über die Inanspruchnahme von Grundstücken mit dinglicher Sicherung" [Datum unbekannt] (Flurstück 10.. 4.454,11 €, FG-A Bl. 51; Flurstück 10.. 6.266,27 €, FG-A Bl. 39)
Mit der Entschädigungszahlungsvereinbarung gestattet der Eigentümer:
- die Hochwasserschutzwand zu errichten,
- das Grundstück zwecks Errichtung der Hochwasserschutzwand zu betreten,
- die Hochwasserschutzwand mit einer Grunddienstbarkeit abzusichern.
Mit dem Gestattungsvertrag gestattet der Eigentümer:
- die Hochwasserschutzanlage zu belassen,
- Unterhaltungsmaßnahmen daran vorzunehmen und zu diesem Zweck das Grund-stück zu betreten,
und verpflichtet sich,
- auf einem bestimmten Grundstücksteil die Errichtung von Bauwerken und die Bepflanzung zu unterlassen.
Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die vorgenannten Verträge Bezug genommen.
Die Klägerin erteilte zwei Eintragungsbewilligungen für eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit (Flurstück 10.., FG-A Bl. 55 und Flurstück 10.., FG-A Bl. 43). Die notariell beglaubigten Unterschriften der vier Gesellschafter der klägerischen GbR erfolgten aufgrund der Unterschiedlichkeit ihrer Wohnorte sukzessive zwischen dem 03.05.2007 und dem 22.06.2007.
3.
Die inzwischen errichtete Deichanlage ist wie folgt gegliedert (in der Reihenfolge vom Fluss zum Haus, Fotos FG-A Bl. 84-86, Lageplan FG-A Bl. 74-75): Überschwemmungsgebiet (vom Land mit Weiden bepflanzt, kein Zaun mehr zu den Nachbarn), Mauer (eigentliche Hochwasserschutzwand, auf der Deichkrone), Rasengitterbefestigung (auf der Deichkrone direkt neben der Mauer, zur Befahrung durch die Landesbediensteten, zu den Nachbarn hin Tore, Schlüssel hierfür haben die Landesbediensteten), Böschung (zum Haus hin abfallend, Höhenunterschied ca. 1,5 m bis 1,75 m).
Beim Hochwasser 2013 erreichte die N...-Fluss einen Wasserstand bis knapp unterhalb der Oberkante der Schutzwand; zu einer Überflutung kam es an dieser Stelle nicht.
4.
Die Zahlung der in der "Entschädigungszahlung wegen Aufwuchsbeseitigung" und den Entschädigungszahlungsvereinbarungen wegen Minderung des Verkehrswertes genannten Beträge (zusammen 35.946 €) erfolgte im September 2007, die Zahlung der in den Gestattungsverträgen über die Inanspruchnahme von Grundstücken mit dinglicher Sicherung genannten Beträge (zusammen 10.720,38 €) erfolgte 2008 (so FG-A Bl. 19/20) oder 2009 (so Feststellungsakte Bl. 15).
Den letztgenannten Betrag behandelte die Klägerin selbst als Einnahme bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Die Einkünftefeststellung dieser Folgejahre ist bestandskräftig.
II.
Die Klägerin wies in ihrer Einnahmenüberschussrechnung für 2007 die erhaltenen 35.946 € als steuerfreie "Betriebseinnahmen" aus und kam so bei einem "betrieblichen" Verlust von ./. 14.591,80 € zu einem steuerlichen Verlust aus Vermietung und Verpachtung von ./. 50.537,80 €, den sie mit ihrer Feststellungserklärung 2007, beim beklagten Finanzamt - FA - eingegangen am 28.05.2008, entsprechend als laufende Einkünfte erklärte (nebst Sonderwerbungskosten einer Gesellschafterin in Höhe von 290 €).
Das FA sah die Entschädigungen jedoch als steuerbare Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung an und stellte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit Bescheid vom 30.12.2008 auf ./. 14.881,80 € fest (darin laufende Einkünfte ./. 14.591,80 €).
III.
Hiergegen legte die Klägerin am 29.01.2009 Einspruch ein. Es handle sich um nicht steuerbaren Schadenersatz für einen Vermögenschaden im Bereich des privaten Vermögens. Der ausgeglichene Vermögenschaden bestehe in der Wertminderung des Verkehrswertes des bebauten Grundstücks.
Mit Einspruchsentscheidung vom 29.10.2010 änderte das FA den angefochtenen Bescheid dahingehend, dass Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ./. 50.827,80 € (darunter laufende Einkünfte in Höhe von ./. 50.537,80 €) und sonstige Einkünfte (Einnahmen aus Leistungen i. S. v. § 22 Nr. 3 EStG) in Höhe von + 35.789 € festgestellt wurden. Im Übrigen wies es den Einspruch als unbegründet zurück. Das FA führte aus, dass die Entschädigungszahlung für Aufwuchs in Höhe von 157 € nicht steuerbar sei; insoweit habe der Einspruch Erfolg. Die übrigen im Streitjahr erhaltenen Entschädigungszahlungen in Höhe von 35.789 € seien jedoch einkommensteuerbare sonstige Einkünfte. Die Klägerin habe Baumaßnahmen auf den angrenzenden Grundstücken geduldet bzw. auf die Wahrnehmung bestimmter Nachbarschaftsrechte verzichtet. Dies stelle nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - eine sonstige Leistung dar, unabhängig davon, wie das Entgelt hierfür berechnet werde, d. h. auch wenn das Entgelt der Wertminderung der Grundstücke entspreche.
IV.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 29.11.2010 eingegangen Klage. Sie begehrt, die Entschädigungszahlungen insgesamt als nicht steuerbar zu behandeln. Sie trägt vor: Die Klägerin sei zwar unverändert Eigentümerin der durch die Deichanlage in Anspruch genommenen Flächen, könne diese aufgrund der Bebauung mit der Hochwasserschutzanlange und deren Betrieb durch das Land jedoch nicht mehr wirtschaftlich nutzen. Entgegen den Ausführungen in der Einspruchsentscheidung werde nicht eine Bebauung auf einem Nachbargrundstück, sondern auf dem eigenen Grundstück geduldet. Für die Wertminderung, die durch die Unmöglichkeit der eigenen Nutzung des Grundstücksteils herbeigeführt werde, werde eine Entschädigung gezahlt. Dies sei eine bloße Vermögensumschichtung im Privatvermögen, die nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - nicht steuerbar sei. Im Falle des Verkaufs des Grundstücks würde ein Käufer einen Preisabschlag vornehmen; er würde den hinteren Grundstücksteil, der mit der Dienstbarkeit belastet und mit der Deichanlage bebaut ist, bei der Preisbildung außen vor lassen, weil er ihn nicht nutzen könnte, und nur für den unbelasteten vorderen Grundstücksteil bezahlen.
Die Klägerin beantragt,
den Einkünftefeststellungsbescheid 2007 vom 30.12.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.10.2010
1. dahingehend zu ändern, dass die Feststellung von sonstigen Einkünften entfällt,
2. festzustellen, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht um den Betrag von 35.789,- € (Entschädigung für die Errichtung einer Hochwasserschutzanlage) zu erhöhen sind.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die steuerliche Behandlung richte sich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der den Entschädigungszahlungen zugrunde liegenden Vereinbarungen. Die Klägerin habe dem Land den Bau gestattet, dafür ein Betretungsrecht gewährt und sich zu einer dinglichen Sicherung verpflichtet. Dies sei eine sonstige Leistung der Klägerin im Sinne von § 22 Nr. 3 EStG, die mithin zu sonstigen Einkünften führe.
Auf Hinweis des Berichterstatters, dass nach der Rechtsprechung des BFH sonstige Leistungen nicht vorliegen, wenn der Steuerpflichtige zur Vermeidung einer förmlichen Enteignung daran mitwirkt, eine dem Ergebnis eines Enteignungsverfahrens entsprechende Eigentumsbeschränkung gegen Entschädigung hinzunehmen, teilt das FA mit, dass in einem solchen Fall keine sonstigen Einkünfte vorlägen.
Das FA führt weiter aus, dass die Hochwasserschutzanlage für die Klägerin auch von Vorteil sei, weil sie auch ihr eigenes Grundstück vor Hochwasser schütze. Im Übrigen liege keine Enteignung, sondern lediglich eine Inhaltsbestimmung des Eigentums vor.
V.
Die Feststellungsakte für 2007, die Bilanzakte für 2007 und die Vertragsakte lagen vor.
I.
Der zulässige Anfechtungsantrag ist begründet.
Es liegen durch die erhaltenen Entschädigungszahlungen keine sonstigen Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, § 22 Nr. 3 EStG) vor.
1.
§ 22 Nr. 3 EStG setzt ein vertraglich vereinbartes Dulden voraus. Die Vorschrift ist unanwendbar bei hoheitlichen Eingriffen.
Eine Leistung gemäß § 22 Nr. 3 EStG liegt aber auch dann nicht vor, wenn der Steuerpflichtige zur Vermeidung einer förmlichen Enteignung daran mitwirkt, eine dem Ergebnis eines Enteignungsverfahrens entsprechende Beschränkung seines Eigentums gegen Entschädigung hinzunehmen (BFH, Urteil vom 17.05.1995 X R 64/92, BStBl II 1995, 640, Juris Rn. 24f.; BFH, Urteil vom 10.08.1994 X R 45/91, BFH/NV 1995, 387, Juris Rn. 18).
Nach dem Landesrecht von O... (§ 4f. Enteignungsgesetz O... i. V. m. § 71 WHG) kann die Duldung der Errichtung und Unterhaltung von Hochwasserschutzanlagen gegenüber nicht zur Kooperation bereiten Eigentümern zwangsweise durch Enteignung durchgesetzt werden. Dies hätte im hiesigen Fall zu demselben Ergebnis (beschränkt persönliche Dienstbarkeit, § 1090 BGB), wenn auch nach längerer Zeit und mit höherem Verwaltungsaufwand, geführt.
2.
Aus § 24 Nr. 3 EStG folgt nichts anderes. Denn § 24 Nr. 3 EStG erweitert die Steuerbarkeit nicht, sondern setzt eine Steuerbarkeit nach anderen Vorschriften voraus (BFH, Urteil vom 12.09.1985 VIII R 306/81, BStBl II 1986, 252, Juris Rn. 31; BFH, Urteil vom 17.05.1995 X R 64/92, BStBl II 1995, 640, Juris Rn. 28).
3.
Da in einem Einkünftefeststellungsbescheid - anders als in einem ESt-Bescheid - Einkünfte einzelner Arten gesondert festgestellt werden und die Auswirkung bei den einzelnen Gesellschaftern nicht bekannt ist, kommt es nicht nur auf die Summe der festgestellten Einkünfte an. Vielmehr stellt auch die Feststellung von Einkünften einer falschen Art eine Beschwer dar (BFH, Urteil vom 24.01.1985 IV R 249/82, BStBl II 1985, 676, Juris Rn. 8; BFH, Urteil vom 04.07.2007 VIII R 77/05, BFH/NV 2008, 53, Juris Rn. 22-23).
Die Feststellung von sonstigen Einkünften ist daher aufzuheben, ohne dass es darauf ankäme, ob in gleicher Höhe Einkünfte einer anderen Einkunftsart vorliegen.
II.
Der Feststellungsantrag ist zulässig.
Das gemäß § 41 Abs. 1 FGO notwendige besondere Feststellungsinteresse liegt vor. Denn nach Aufhebung der Feststellung von sonstigen Einkünften durch gerichtliches Urteil könnte das FA gemäß § 174 Abs. 4 AO die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung durch einen Änderungsbescheid entsprechend erhöhen mit der Begründung, es lägen zwar keine sonstigen Einkünfte, stattdessen aber Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vor. Die Vorschrift des § 174 Abs. 4 AO gilt nämlich auch innerhalb ein und desselben Bescheids (BFH, Urteil vom 08.06.2000 IV R 65/99, BStBl II 2001, 89, Juris Rn. 22; BFH, Beschluss vom 11.03.2002, BFH/NV 2002, 895, Juris Rn. 10). Der Streit zwischen den Beteiligten über die Steuerbarkeit der Entschädigung wäre so nicht entschieden, sondern auf ein künftiges weiteres Klageverfahren verlagert.
III.
Der Feststellungsantrag ist jedoch nicht begründet.
Es liegen durch die erhaltenen Entschädigungszahlungen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) vor.
1.
Der BFH hat mehrfach zur Entschädigung für Grunddienstbarkeiten für Überspannungsleitungen Stellung genommen (insbesondere Urteile vom 17.05.1995 X R 64/92, BStBl II 1995, 640, Juris, und vom 19.04.1994 IX R 19/90, BStBl II 1994, 640, Juris). Daraus ergibt sich:
Steuerbar gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist eine einmalige Nutzungsentschädigung dann, wenn sie sich nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt als Gegenleistung für die Nutzung des Grundeigentums (Gebrauchsüberlassung gegen Entgelt) darstellt, wenn diese nicht mit einem endgültigen Rechtsverlust (Eigentumsverlust) verbunden ist. Nicht steuerbar ist hingegen die Verpflichtung, bestimmte Handlungen zu unterlassen, also nicht zu bebauen oder zu bepflanzen. Kommen Nutzungsbefugnis und Nutzungsbeschränkung, zusammen, hängt die Einordnung davon ab, welcher Teil bei einer Dienstbarkeit mit gemischtem Inhalt das Gepräge gibt.
2.
Zunächst ist festzuhalten, dass für den Eigentümer kein Betretungsverbot besteht. Er kann auf dem Deich (jedenfalls auf der Rasengitterbefestigung Nr. 1, nach Überklettern der Hochwasserschutzwand ggf. auch auf dem Überschwemmungsgebiet Nr. 5) spazieren gehen oder im Sommer sich auf einem aufgestellten Liegestuhl sonnen. Er kann insbesondere allen Dritten (der Öffentlichkeit, mit Ausnahme der Mitarbeiter der Deichaufsicht) das Betreten verbieten, da es ja weiterhin sein Privatgrundstück ist. Er kann verhindern, dass das Land andere Einrichtungen als den Deich errichtet (z. B. einen Radweg). Ein vollständiger Rechtsverlust ist mit der Dienstbarkeit daher nicht verbunden.
3.
Nach dem Gesamtbild ist der Kern die Duldung der Deichanlage (Bauwerk), d. h. eine Gebrauchsüberlassung der Fläche. Die Fläche hätte auch vermietet oder es hätte ein Erbbaurecht bestellt werden können (was allerdings für die Hochwasserschutzbehörde eine geringere Sicherheit bzw. zeitliche Befristung bedeutet hätte). Im Kern werden bestimmte Flächen dauerhaft zur Nutzung überlassen, nämlich zur Errichtung und Unterhaltung des Deiches und der damit verbundenen Anlagen. Die Nutzungsbeschränkung (Verbot der Errichtung von Bauwerken und der Anpflanzung von Bäumen und Sträuchern auf der fraglichen Fläche) geht nicht über das hinaus, was die Kehrseite der Nutzungsüberlassung ist.
Nicht zuletzt lautet § 1090 BGB:
"Gesetzlicher Inhalt der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit
(1) Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, das Grundstück in einzelnen Beziehungen zu benutzen, oder dass ihm eine sonstige Befugnis zusteht, die den Inhalt einer Grunddienstbarkeit bilden kann (beschränkte persönliche Dienstbarkeit).
…"
Insgesamt nutzt das Land O... einen Teil des Grundstücks dadurch, dass es auf diesem Grundstücksteil den Deich gebaut hat und unterhält.
Der Fall unterscheidet sich insoweit von dem der Freispannungsleitung, die nur einen geringen Grundstücksteil überdeckt, jedoch ein viel größerer Grundstücksteil (Schutz-streifen) nicht bebaut werden darf, der jedoch nicht zugleich durch die Freispannungs-leitung benutzt wird, so dass in dem einen Fall des BFH die Nutzungsbeschränkung gegenüber der Nutzungsüberlassung im Vordergrund stand.
4.
Unerheblich für das Vorliegen von Einkünften gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist, ob für die (dauerhafte) Nutzung ein laufendes (jährliches/monatliches) oder ein einmaliges Entgelt gezahlt wird, wie hier.
5.
Unerheblich ist auch, wie die Beteiligten das Entgelt für die Nutzungsüberlassung be-rechnen, etwas anhand einer Wertminderung des Grundstücks (vgl. zum umgekehrten Fall, wo ein Substanzverlust anhand eines fiktiven Miet-/Pachtzinses berechnet wird: BFH, Urteil vom 12.09.1985 VIII R 306/81, BStBl II 1986, 252, Juris Rn. 27f.).
6.
Hätte die Klägerin mit dem Land kein einmaliges, sondern ein (wenn auch geringes) laufendes Entgelt vereinbart, würde ein etwaiger Käufer den dinglich belasteten hinteren Grundstücksteil mit der Deichanlage bei der Preisbildung berücksichtigen. Die Klägerin hat sich jedoch dafür entschieden, für eine dauerhafte, unbefristete Überlassung an das Land zur Deichunterhaltung ein nur einmaliges Entgelt zu akzeptieren. Die Bewertung im Falle eines potentiellen Verkaufs vermag daher an der Einordnung in die Einkunftsart nichts zu ändern.
IV.1.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -.
2.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zugelassen. Grundstücksinanspruchnahmen für den Hochwasserschutz dürften gerade derzeit wieder häufiger vorkommen. Bisher liegen zur steuerlichen Einordnung von Entschädigungszahlungen für den Deichbau jedoch noch keine Entscheidungen vor.