Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 3. Senat | Entscheidungsdatum | 25.11.2014 | |
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Aktenzeichen | OVG 3 B 4.12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 25 Abs 5 AufenthG, § 10 Abs 3 AufenthG |
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 25. August 2011 wird geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Kläger erstrebt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG.
Der Kläger reiste nach eigenen Angaben am 8... 2002 nach Deutschland ein und beantragte am 1... 2002 in Berlin die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Ausweislich der von ihm vorgelegten libanesischen Identitätskarte der palästinensischen Flüchtlinge Nr. 5..., ausgestellt in Beirut am 2..., wurde er im Jahr 1... in E... geboren. Einem bei der Ausländerakte befindlichen Prüfvermerk zufolge erscheint die ID-Card authentisch. Der Kläger legte außerdem eine UNRWA-Registration Card der Familie A..., Registration No. 3..., ausgestellt 0..., vor, die unter der lfd. Nr. 4... den Sohn B..., geboren im F..., nennt. Der Kläger bezog und bezieht Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.
Mit Bescheid vom 1... 2002 wies das Landeseinwohneramt Berlin den Kläger auf seine Ausreisepflicht hin, drohte ihm die Abschiebung an, teilte ihm mit, derzeit werde von der Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung abgesehen und sein Aufenthalt werde zunächst geduldet, und forderte ihn zudem zur Vorlage eines gültigen Reisepasses oder Passersatzes auf.
Am 1... 2002 erklärte der Kläger gegenüber dem Landesamt für Gesundheit und Soziales, er wolle freiwillig in sein Heimatland Libanon zurückkehren. Dies teilte das Landesamt für Gesundheit und Soziales dem Landeseinwohneramt am selben Tag mit und bat um Übersendung der vorhandenen Identitätsnachweise. Am 1... sandte es letztere an das Landeseinwohneramt zurück mit der Mitteilung, der Kläger sei seinen Mitwirkungspflichten trotz Aufforderung nicht nachgekommen; der Vorgang werde beendet. Am 1... 2002 informierte das Landesamt für Gesundheit und Soziales das Landeseinwohneramt, dass der Kläger erneut erklärt habe, die Bundesrepublik freiwillig zu verlassen, und bat um erneute Übersendung der Dokumente. In der Folgezeit wurden dem Kläger Duldungen erteilt. Im A... 2004 bat die Rückkehr- und Weiterwanderungsberatungsstelle des Landesamts für Gesundheit und Soziales das Landeseinwohneramt um Verlängerung der Duldung, da das beantragte Heimreisedokument noch nicht vorliege. Im O... 2005 stellte der Kläger einen Antrag auf Asyl, der durch Bescheid vom 1... 2005 „als offensichtlich unbegründet“ abgelehnt wurde. Die dagegen erhobene Klage nahm der Kläger im J... 2006 zurück. Mit Schreiben vom 2... 2006 teilte das Landesamt für Gesundheit und Soziales mit, der Kläger habe seinen Antrag auf freiwillige Ausreise zurückgenommen, da er einen Asylantrag gestellt habe; der Vorgang werde hiermit beendet.
Am 3... 2006 beantragte der Kläger die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 2... 2006 unter Berufung darauf ab, dass einem Ausländer, dessen Asylantrag nach § 30 Abs. 3 AsylVfG als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden sei, nach § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG vor seiner Ausreise ein Aufenthaltstitel nicht erteilt werden dürfe. Eine Ausnahme wegen Bestehens eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sei nicht gegeben, denn ein solcher Anspruch liege erkennbar nicht vor. Der Kläger werde aufgefordert, einen gültigen Reisepass oder Passersatz vorzulegen bzw., wenn er über ein solches Dokument nicht verfüge, es unverzüglich zu beantragen. Bei Bedarf könne er sich an die Rückkehrberatung des Landesamtes für Gesundheit und Soziales wenden.
Auf die dagegen erhobene Klage verpflichtete das Verwaltungsgericht Berlin den Beklagten mit Urteil vom 29. Dezember 2009 - VG 35 A 213.06 -, über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis neu zu entscheiden, u.a. mit der Begründung, dem Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 1... 2005 lasse sich nicht entnehmen, dass der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 AsylVfG abgelehnt worden sei. Den dagegen eingelegten Zulassungsantrag des Beklagten lehnte der Senat mit Beschluss vom 30. Dezember 2010 - OVG 3 N 15.10 - ab.
Der Kläger wurde in den Jahren 2007 und 2008 durch zwei Urteile und einen Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten wegen Beihilfe zum versuchten Betrug, wegen Diebstahls und wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln jeweils zu einer Geldstrafe verurteilt.
Mit Bescheid vom 2... 2011 lehnte das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten den Antrag des Klägers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ab. Zur Begründung hieß es in dem Bescheid im Wesentlichen, die Voraussetzungen zur Erteilung eines Aufenthaltstitels lägen nicht vor, denn einer freiwilligen Ausreise des Klägers stünden keine Hindernisse entgegen, die er nicht selbst zu vertreten habe. Der Kläger habe bisher nicht nachgewiesen, dass er sich intensiv und nachdrücklich um die Ausstellung eines Reisedokuments und ggf. vorher um die Beschaffung aller für die Beantragung und Ausstellung erforderlichen Dokumente bemüht habe. Identität sowie Staats- und Volkszugehörigkeit des Klägers beruhten lediglich auf seinen eigenen Angaben.
Daraufhin hat der Kläger am 2... 2011 Klage erhoben, zunächst mit dem Antrag, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides zu verpflichten, über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, er habe mehrfach vergeblich in der Botschaft des Libanon vorgesprochen. Wie dem Beklagten bekannt sei, sei eine Vorsprache im dritten Stock der Botschaft zur Beantragung einer Laissez-Passer nicht mehr möglich. Auch eine Bescheinigung zur Vorlage bei der Ausländerbehörde über die Beantragung eines zur Ausreise in den Libanon berechtigenden Dokuments habe man ihm nicht ausgestellt. In dem Verfahren, in dem der Senat mit Urteil von 14. September 2010 - OVG 3 B 2.08 - entschieden habe, dass für einen geduldeten Palästinenser mit ungeklärter Staatsangehörigkeit ein Bemühen um den Erhalt eines Laissez-Passer zur Einreise in den Libanon nicht von vornherein erkennbar aussichtlos sei, sei noch kein Laissez-Passer erteilt worden.
Der Beklagte hat im Wesentlichen vorgetragen, die Passbeschaffung für Personen aus dem Libanon gestalte sich für die Ausländerbehörden grundsätzlich als schwierig. Dennoch seien Beschaffungen von Rückreisedokumenten und Abschiebungen in den Libanon, insbesondere von ausgewiesenen Straftätern, wenn auch nicht in der erwünschten Zahl, in einigen Fällen erfolgreich. Dem Kläger obliege es, alle für die Ausstellung eines Rückreisedokuments erforderlichen Dokumente und Nachweise ggf. zu beschaffen und bei der Botschaft des Libanon vorzulegen, dort seine Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise glaubhaft zu machen und ein Rückreisedokument zu beantragen sowie, sollte das Papier nicht in angemessener Zeit ausgestellt werden, regelmäßig nachzufragen.
Mit Urteil vom 2... 2011 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 2... 2011 verpflichtet, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Abs. 5 AufenthG seien erfüllt. Bei staatenlosen Palästinensern aus dem Libanon wie dem Kläger, dessen Identität durch Vorlage der von der Ausländerbehörde überprüften und als authentisch eingestuften ID-Karte Nr. 5... in Verbindung mit der UNRWA Registration Card unzweifelhaft sei, sei grundsätzlich von einer tatsächlichen Unmöglichkeit der freiwilligen Ausreise und der Abschiebung auszugehen und mit dem Wegfall des Ausreisehindernisses regelmäßig auch in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Zwar sei das Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 14. September 2010 - OVG 3 B 2.08 - davon ausgegangen, dass es für einen ausreisepflichtigen staatenlosen Palästinenser aus dem Libanon nicht erkennbar aussichtslos sei, bei der libanesischen Botschaft ein Dokument für die Heimreise zu erhalten. Schon hieraus folge, dass jedenfalls im Grunde davon auszugehen sei, dass die Rückkehr staatenloser Palästinenser in den Libanon von den zuständigen Behörden verhindert werde. Entgegen der dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Erkenntnislage, dass in den Jahren 2008 und 2009 aus Berlin jeweils zwei Palästinenser freiwillig in den Libanon ausgereist seien und darüber hinaus das bundesweite Zentrale Ausländerinformationsportal (ZAIPort Dokumentation Pass) mehrere Fälle aus der jüngsten Vergangenheit nachgewiesen habe, in denen staatenlosen Palästinensern aus dem Libanon die Beschaffung von Heimreisedokumenten gelungen sei, seien derartige Fälle ab 2010 weder in Berlin bekannt noch in ZAIPort erfasst. Anhaltspunkte dafür, dass im Falle des Klägers bei noch stärkeren Rückkehrbemühungen eine Ausnahme von diesen Erfahrungswerten bestehen könnte, seien weder ersichtlich noch vom Beklagten dargetan. Der Clearingstelle der Ausländerbehörde sei es bis heute nicht gelungen, bei der libanesischen Botschaft ein Laissez-Passer für den Kläger zu erhalten. Er selbst habe unstreitig mehrfach bei der Botschaft vorgesprochen und nach eigenen Angaben jeweils ein Laissez-Passer beantragt, wobei es glaubhaft erscheine, dass er hierüber keine Bescheinigung erhalte, sondern immer wieder unverrichteter Dinge weggeschickt werde. Ggf. sei es Sache des Beklagten, den Ausländer mit einem Beamten zur Botschaft zu begleiten, um die geforderte ordnungsgemäße Antragstellung zu überprüfen. Nach alledem lägen keine verifizierbaren Erkenntnisse darüber vor, dass der Kläger als staatenloser Palästinenser aus dem Libanon durch weitere zumutbare und dokumentarisch belegbare Bemühungen bei der libanesischen Botschaft eine ernsthafte Chance hätte, ein Laissez-Passer für die Rückkehr in den Libanon zu erhalten. Sei danach davon auszugehen, dass im Falle des Klägers mangels freiwilliger Rückkehrmöglichkeit und nach mehr als achtzehnmonatiger Duldung die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG vorlägen, so sei das Ermessen der Ausländerbehörde zu Gunsten des Klägers auf Null reduziert, da entgegenstehende Ausweisungsgründe nach §§ 53, 54 AufenthG nicht vorlägen und sachliche Gründe, auf der - mangels Arbeitserlaubnis nicht zu leistenden - Sicherung des Lebensunterhalts und der - mangels Staatsangehörigkeit unmöglichen - Erfüllung der Passpflicht zu bestehen, nicht erkennbar seien.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit der vom Senat zugelassenen Berufung. Er macht geltend, der Kläger habe bisher nicht die ihm zumutbaren Anforderungen zur Beseitigung des Ausreisehindernisses erfüllt. Der vom Verwaltungsgericht in den Blick genommene Zeitraum seit 2010 sei zu kurz, um von einer geänderten Ausstellungspraxis der libanesischen Behörden auszugehen. Zudem habe das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt, dass es auch im Jahr 2010 in zwei Fällen sowie im Jahr 2011 in einem Fall gelungen sei, ein Rückreisedokument für staatenlose Palästinenser zu erhalten. Der Kläger habe zwar vorgebracht, mehrfach erfolglos bei der libanesischen Botschaft vorgesprochen zu haben, er habe dort jedoch nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht keinen vollständigen Antrag gestellt, sondern lediglich ein unausgefülltes Formular und seine Duldung vorgelegt. Es sei Sache des Klägers, eine korrekte Antragstellung nachzuweisen, nicht etwa des Beklagten, den Kläger zur Botschaft zu begleiten. Was die Buchung von Flugtickets als Beleg für die Absicht zur freiwilligen Rückkehr betreffe, so sei dem Kläger die Möglichkeit der Unterstützung durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales bekannt gewesen. Die libanesische Botschaft habe dem für die Passbeschaffung für den arabischen Raum zuständigen Mitarbeiter S... der Ausländerbehörde am 6... 2013 und erneut am 2... 2014 telefonisch mitgeteilt, dass ihr ein Antrag des Klägers auf freiwillige Rückkehr in den Libanon nicht vorliege.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 25. August 2011 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil. Ergänzend weist er darauf hin, dass in dem der Entscheidung des Senats im Verfahren OVG 3 B 2.08 zu Grunde liegenden Fall bislang immer noch kein Laissez-Passer ausgestellt worden sei. Jedenfalls lasse sich auch der vom Beklagten vorgelegten Liste über die Ausstellung von Laissez-Passers entnehmen, dass deren Zahl verschwindend gering sei. Bei vier Fällen in vier Jahren sei davon auszugehen, dass der Libanon die Rückkehr von Palästinensern systematisch verhindern wolle. Dies werde auch im politischen Raum immer wieder beklagt. Die Botschaft selbst werde sich durch eine eindeutige Haltung, etwa durch schriftliche Bestätigung, dass ein Laissez-Passer nicht erteilt werde, nicht in die Gefahr bringen, Verbalnoten zu erhalten. Er habe am 10. Mai 2012 in Anwesenheit der Sozialarbeiterin des Wohnheims bei der Botschaft angerufen, wo ihm mitgeteilt wurde, es gebe nichts Neues wegen des Laissez-Passer. Im Laufe der Jahre 2013 und 2014 habe er mehrfach vergeblich bei der Botschaft angerufen und auch vorgesprochen. Dabei sei ihm nur immer wieder mitgeteilt worden, sie würden seinen Antrag nicht finden. Man sei auch nicht bereit gewesen, ihm zu bestätigen, dass er ein Laissez-Passer beantragt habe.
Der Kläger hat im gerichtlichen Verfahren mehrere mit Datum, teils auch mit einer Unterschrift versehene Formulare „Erforderliche Dokumente zur Beantragung oder Verlängerung eines Document de voyage (DDV) für palästinensische Volkszugehörige aus dem Libanon“ vorgelegt, zuletzt mit einem Datumsstempel vom 23. Oktober 2014. Er hat ferner eine Geburtsurkunde nebst Übersetzung in Kopie vorgelegt, die das Datum 1... 1982 trägt, und der zufolge der Kläger am 2... 1982 in E... in S... geboren wurde.
Der Beklagte hat während des Berufungsverfahrens jeweils einen Ausdruck der Dokumentation „Pass“ und der Dokumentation „PEP“ des Zentralen Ausländer-Informationsportals (ZAIPort), Stand 27. Mai 2013, vorgelegt.
Der Senat hat Unterlagen aus dem Verwaltungsstreitverfahren OVG 3 B 2.08 in das hiesige Verfahren eingeführt. Hierzu zählt die Sitzungsniederschrift eines Termins zur Beweisaufnahme vom 11. Mai 2010, in dessen Rahmen Herr S..., ein mit der Beschaffung von Heimreisedokumenten befasster Mitarbeiter der Berliner Ausländerbehörde, sowie Frau B..., eine damals in der Rückkehr- und Weiterwanderungsberatungsstelle des Landesamtes für Gesundheit und Soziales tätige Mitarbeiterin, zu der Möglichkeit der Beschaffung von Heimreisedokumenten für palästinensische Volkszugehörige aus dem Libanon gehört worden sind. Der Senat hat ferner ein Schreiben der Botschaft des Libanon vom 18. November 2013 an das Verwaltungsgericht Berlin zum dortigen Aktenzeichen V... in das Verfahren eingeführt.
In einem Erörterungstermin am 4. Dezember 2013 hat die Berichterstatterin den für die Passbeschaffung für den arabischen Raum zuständigen Mitarbeiter S... des Beklagten zur Möglichkeit der Beschaffung von Rückkehrdokumenten in den Libanon angehört. Wegen des Inhalts der Anhörung wird auf das Terminsprotokoll vom 4. Dezember 2013 Bezug genommen. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales hat auf Anfrage des Senats mitgeteilt, der dortigen Rückkehrberatung lägen derzeit keine Erkenntnisse über die Erteilung von Dokumenten zur Rückkehr in den Libanon vor; diejenigen, die um finanzielle Unterstützung für die Ausreise in den Libanon nachgesucht hätten, hätten in Eigenregie organisierte Ausreisedokumente vorlegen können.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung am 25. November 2014 zwei Beweisanträge gestellt, die der Senat abgelehnt hat. Insoweit wird auf das Terminsprotokoll vom 25. November 2014 nebst Anlagen verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte (2 Bände) und der beigezogenen Ausländerakte (1 Heft) Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen. Der Bescheid des Landesamts für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten vom 2... 2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG noch auf erneute Bescheidung seines Antrags durch den Beklagten.
Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG steht allerdings nicht der Umstand entgegen, dass der vom Kläger im Oktober 2005 gestellte Asylantrag durch bestandskräftigen Bescheid des Bundesamts vom 18. November 2005 „als offensichtlich unbegründet“ abgelehnt wurde. Die Sperrwirkung des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG, wonach vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden darf, sofern der Asylantrag nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 bis 6 AsylVfG abgelehnt wurde, greift dem rechtskräftigen (Beschluss des Senats vom 30. Dezember 2010 - OVG 3 N 15.10 -) Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. Dezember 2009 - VG 35 A 213.06 - zufolge nicht ein, weil sich letzteres dem Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 18. November 2005 nicht mit hirneichender Deutlichkeit entnehmen lässt.
Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sind jedoch (auch) zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht erfüllt.
Nach § 25 Abs. 5 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist (Satz 1). Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist (Satz 2). Beide Voraussetzungen sind gegeben. Der Kläger ist gemäß §§ 50 Abs. 1, 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG, § 67 Abs. 1 Nr. 6 AsylVfG seit der bestandskräftigen Ablehnung seines Asylantrags vollziehbar ausreisepflichtig. Die Ausreise ist ihm tatsächlich unmöglich, weil er keine gültigen Reisedokumente zur Rückkehr in den Libanon hat. Die Abschiebung ist auch seit mehr als 18 Monaten ausgesetzt. Der von ihm erstrebten Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis steht aber § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG entgegen.
Gemäß § 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG darf eine Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt nach § 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger falsche Angaben gemacht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit getäuscht hätte, bestehen nicht. Er hat jedoch zumutbare Anforderungen zur Beseitigung des Ausreisehindernisses - Fehlen von Personaldokumenten zur Rückkehr in den Libanon - nicht erfüllt, denn er hat sich nicht hinreichend um die Ausstellung eines Passersatzpapiers für die Rückkehr in den Libanon, eines sog. Laissez-Passer, bemüht.
Nach § 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG obliegt es dem ausreisepflichtigen Ausländer, alles in seiner Kraft Stehende und ihm Zumutbare dazu beizutragen, damit (etwaige) Ausreisehindernisse überwunden werden. Welche Bemühungen ihm hierbei zumutbar sind, ist unter Berücksichtigung aller Umstände und Besonderheiten des Einzelfalls zu entscheiden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2009 - 1 B 4.09 -, juris, Rn. 6; Beschluss vom 3. Juni 2006 - 1 B 132.05 -, juris, Rn. 6). Das Aufenthaltsrecht erlegt dem Ausländer primär auf, einer Ausreisepflicht freiwillig nachzukommen (§ 50 Abs. 2 AufenthG). Die gesetzliche Ausreisepflicht schließt die Obliegenheit für den Ausländer ein, sich auf seine Ausreise einzustellen, zur Ausreise bereit zu sein und einen dahingehenden Willen zu bilden. In diesem Rahmen ist es für einen ausreisepflichtigen Ausländer rechtlich grundsätzlich nicht unzumutbar, zur Ausreise nicht nur willens und bereit zu sein, sondern diese Bereitschaft auch zu bekunden. Ein entgegenstehender innerer Wille des Ausländers ist aufenthaltsrechtlich regelmäßig unbeachtlich (BVerwG, Urteil vom 10. November 2009 - 1 C 19.08 -, BVerwGE 135, 219 ff., juris, Rn. 14). Allerdings dürfen dem Ausländer keine Handlungen abverlangt werden, die von vornherein ohne Einfluss auf die Möglichkeit der Ausreise oder erkennbar aussichtslos sind. Unterhalb dieser Schwelle besteht hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einer Verletzung von Mitwirkungspflichten und der Erfolglosigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen, der immer nur hypothetisch beurteilt werden kann, eine tatsächliche widerlegbare Vermutung zu Lasten des Ausländers (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2010 - 1 C 18.09 -, juris, Rn. 20, m.w.N.).
Der Senat hat in seinem Urteil vom 14. September 2010 - OVG 3 B 2.08 - festgestellt, dass es für einen ausreisepflichtigen Palästinenser mit ungeklärter Staatsangehörigkeit aus dem Libanon nicht von vornherein erkennbar aussichtslos ist, bei der Libanesischen Botschaft ein Dokument für die Heimreise zu erhalten (juris, Rn. 35; ebenso Beschluss des 7. Senats vom 5. August 2014 - OVG 7 M 19.14 -, juris, Rn. 4; OVG Saarlouis, Urteil vom 3. Februar 2011 - 2 A 484/09 -, juris, Rn. 41 ff.; OVG Lüneburg, Beschluss vom 21. Januar 2011 - 11 LC 312/10 -, juris, Rn. 24 f.; offen gelassen von SächsOVG, Urteil vom 3. Juli 2014 - 3 A 28/13 -, juris, Rn. 23; a.A. VGH BW, Urteil vom 3. Dezember 2008 - 13 S 2483/07 -, juris, Rn. 30; OVG Bbg, Urteil vom 1. Juli 2004 - 4 A 747/03 -, juris, Rn. 63 ff.). Hieran hält er auch für den Zeitraum ab dem Jahr 2010 fest.
Der seit Ende 2001/Anfang 2002 für die Passbeschaffung für den arabischen Raum, u.a. den Libanon, zuständige Mitarbeiter S... der Ausländerbehörde des Beklagten hat in seiner Anhörung vor der Berichterstatterin am 4. Dezember 2013 nachvollziehbar erklärt, hinsichtlich der Passbeschaffung für den Libanon habe sich seit seinen - dem Senatsurteil vom 14. September 2010 zu Grunde liegenden - Aussagen in der Sitzungsniederschrift vom 11. Mai 2010 in der Sache nichts geändert. Der einzige Unterschied liege in einer Veränderung der Räumlichkeiten. Während früher ein Antrag auf Ausstellung eines Personaldokuments für Personen ohne einen deutschen Aufenthaltstitel im 3. Stock des Gebäudes der libanesischen Botschaft gestellt worden sei (vgl. Senatsurteil vom 14. September 2010 - OVG 3 B 2.08 -, juris, Rn. 40), finde nunmehr die Abfertigung ausschließlich im Erdgeschoss statt. Dort gebe es einen Eingang links vom Haupteingang zum Abfertigungsraum, wo man am Schalter erklären müsse: „Ich möchte nach Hause“, und dann einen Passantrag ausfüllen sowie Identitätsnachweise vorlegen müsse. Erforderlich seien insoweit der blaue palästinensische Flüchtlingsausweis und die UNRWA-Karte in Kopie oder Original sowie die genaue Angabe der letzten Adresse im Libanon. Auch die Namen und Telefonnummern von Verwandten und Bekannten im Libanon sollten angegeben werden. Zur Glaubhaftmachung des Ausreisewillens sollte auch eine Flugbuchung oder Reservierung vorgelegt werden, wobei die Vorlage eines Tickets nicht unbedingt sinnvoll sei, weil die Genehmigung der libanesischen Sicherheitsbehörden zwischen fünf und acht Monaten dauern könne (Protokoll vom 4. Dezember 2013, Seite 2 f.). Wichtig sei das Auftreten bei der Botschaft. Es müsse echtes Interesse an der Rückreise gezeigt werden, dann sei die Motivation der Botschaft, tätig zu werden, höher. Ansonsten, wenn die Botschaft den Eindruck habe, es bestünde gar kein echtes Interesse, werde derjenige angesichts des hohen Besucherandrangs auch weggeschickt (Protokoll vom 4. Dezember 2013, Seite 3). Unvollständige Anträge würden von der Botschaft nicht angenommen, etwa wenn die aktuellen Adressen und Telefonnummern von Verwandten, Eltern, Freunden oder Bekannten nicht oder unvollständig angegeben würden (Protokoll vom 4. Dezember 2013, Seite 5).
Im Übrigen hat die Botschaft des Libanon in Berlin in ihrem Schreiben vom 18. November 2013 an das Verwaltungsgericht Berlin bestätigt, dass es für ausreisepflichtigen Personen möglich sei, einen Antrag auf Ausstellung eines Ausreisedokuments anlässlich einer persönlichen Vorsprache in der entsprechenden Abteilung der Botschaft des Libanon zu stellen.
Auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass Fälle, in denen staatenlosen Palästinensern aus dem Libanon die Beschaffung von Heimreisedokumenten gelungen sei, ab 2010 weder in Berlin bekannt noch in dem bundesweiten zentralen Ausländer Informationsportal (ZAIPort) erfasst seien (UA Seite 7), trifft nicht zu.
Zwar hat die Rückkehrberatung im Landesamt für Gesundheit und Soziales, wie deren Leiterin im Dezember 2013/Januar 2014 mitgeteilt hat, keine aktuellen Erkenntnisse über die Erteilung von Rückkehrdokumenten in den Libanon, weil sie insoweit in jüngerer Zeit nicht tätig geworden ist. Indessen weisen die vom Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten Ausdrucke aus den Dokumentationen „Pass“ und „PEP“ in ZAIPort auch für den Zeitraum ab 2010 verschiedene Ausstellungen von Pässen bzw. Passersatzpapieren zur Rückkehr in den Libanon aus. In der Dokumentation „Pass“, die die Fälle aufführt, in denen sich die Betreffenden ohne Hilfe durch die Ausländerbehörde Rückreisedokumente beschaffen konnten, sind für 2010 und 2011 mehrere Passausstellungen vermerkt, darunter für den 22. März 2010 und für den 20. August 2010 jeweils eine Passausstellung im Zuständigkeitsbereich der Ausländerbehörde Berlin und unter Angabe der Volkszugehörigkeit „ungeklärt“. Darüber hinaus hat der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 27. Mai 2013 mitgeteilt, dass es zwei weitere Fälle aus dem Zuständigkeitsbereich Berlin gebe, die noch nicht in die Dokumentation „Pass“ eingepflegt seien. Zum RegOM 0... sei im Januar 2010 für einen 1999 Eingereisten mit ungeklärter Staatsangehörigkeit ein Laissez-Passer erteilt worden und zum RegOM 0... habe sich ein im Mai 2012 aus dem Libanon eingereister palästinensischer Volkszugehöriger im April 2013 bei der libanesischen Botschaft ein Laissez-Passer selbst beschafft und im Sachgebiet Z 8 der Ausländerbehörde vorgelegt. Der Auszug der Dokumentation „PEP“ (Beschaffung von Rückkehrdokumenten zwecks Abschiebung) weist für den Zeitraum ab 2010 insgesamt 91 Fälle der Ausstellung von Passersatzpapieren durch den Libanon aus, jeweils unter Angabe der vorgelegten Identitätsnachweise. Darunter befinden sich zwei Fälle, in denen sich aus der Auflistung der Identitätsnachweise ergibt, dass es sich um staatenlosen Palästinenser handelte, nämlich zum einen die Erteilung eines Passersatzpapiers am 26. Oktober 2011 unter Vorlage unter anderem eine Kopie der UNRWA-Karte und die Erteilung eines Passersatzpapiers am 23. März 2012 unter Vorlage einer Kopie eines palästinensischen Flüchtlingsausweises. Der Beklagte hat darüber hinaus auf einen weiteren Fall der Ausstellung eines Laissez-Passer im Mai 2010 hingewiesen, der einen 1994 eingereisten Palästinenser mit ungeklärter Staatsangehörigkeit betroffen habe (RegOM 0...). Er hat außerdem zwei weitere Fälle benannt, die (Stand 27. Mai 2013) noch nicht in die Dokumentation eingepflegt seien, nämlich die Ausstellung eines Laissez-Passer im Mai 2013 für einen palästinensischen Straftäter, erhalten von der zentralen Rückführungsstelle Südbayern, sowie ebenfalls im Mai 2013 die Ausstellung eines Laissez-Passer für einen 1985 aus dem Libanon eingereisten Palästinenser mit ungeklärter Staatsangehörigkeit auf Antrag der Ausländerbehörde Berlin (RegOM 0...).
Insgesamt ergibt sich aus diesen Informationen, dass auch für den Zeitraum seit dem Urteil des Senats vom 14. September 2010 nur in wenigen, aber immerhin in einigen Fällen die Ausstellung von Rückreisedokumenten an palästinensische Volkszugehörige aus dem Libanon nachweisbar ist. Hieraus schließt der Senat weiterhin, dass für staatenlose Palästinenser ein Bemühen um die Ausstellung von Rückreisedokumenten in den Libanon nicht von vornherein erkennbar aussichtslos ist. Darauf, ob gerade dem Kläger des damaligen Verfahrens OVG 3 B 2.08 zwischenzeitlich Rückreisepapiere ausgestellt worden sind, kommt es unabhängig davon nicht an, ob der Betreffende hierfür alles ihm Zumutbare unternommen hat. Im Übrigen kann die geringe Zahl ausgestellter Rückreisedokumente auch darauf zurückzuführen sein, dass nur wenige staatenlose Palästinenser rückkehrbereit sind.
Unerheblich ist angesichts dieses tatsächlichen Befundes auch der Umstand, dass auf politischer Ebene wiederholt eine mangelnde Bereitschaft des Libanon zur Rücknahme auch eigener Staatsangehöriger beklagt wurde und wird. Die in diesem Zusammenhang vom Kläger in der mündlichen Verhandlung am 25. November 2014 gestellten Beweisanträge waren abzulehnen.
Der Antrag, „zum Beweis des Vortrages des Klägers, dass der Libanon die Rückkehr von staatenlosen Palästinensern ganz bewusst verhindert, … den Leiter des Referats 313 (Syrien und Libanon) beim Auswärtigen Amt den Vortragenden Legationsrat I. Klasse Herrn K... als Zeugen zu hören“, zielt auf einen Ausforschungsbeweis, weil nicht substantiiert dargetan wird, woher die Beweisperson, die „bestätigen“ werde, „dass der Libanon kein Interesse an der Rückkehr von staatenlosen Palästinensern hat und die Botschaft die Ausstellung von Rückkehrdokumenten bewusst vereitelt“ und „dass die Sûreté Générale technisch ohne weiteres in der Lage wäre, Anfragen umgehend zu beantworten“, ihre Kenntnisse zu inneren Vorgängen der Regierung und der Verwaltung des Libanon haben soll. Hinzu kommt, dass die unter Beweis gestellten Tatsachenbehauptungen in sich widersprüchlich sind, soweit es zunächst heißt, dass „die Botschaft die Ausstellung von Rückkehrdokumenten bewusst vereitelt“, und unmittelbar anschließend, die Anträge würden „zwar angenommen und an die Sûreté Générale weitergeleitet, eine Antwort bleibt jedoch in aller Regel aus“. Letztere Aussage ist zudem nicht entscheidungserheblich, denn wenn eine Antwort „in aller Regel“ ausbleibt, folgt daraus nicht, dass Bemühungen um die Beschaffung von Heimreisedokumenten - wie für die Annahme der Unzumutbarkeit maßgeblich - von vornherein erkennbar aussichtslos sind. Ebenfalls nicht entscheidungserheblich sind die Behauptungen, die Sûreté Générale wäre technisch ohne Weiteres in der Lage, Anfragen umgehend zu beantworten, und seit Einführung der neuen fälschungssicheren Personalausweise und Reisepässe in den Jahren 2004/2005 entsprächen diese internationalen Standards. Letzteres kann als wahr unterstellt werden, ohne dass sich dies auf die Beurteilung der hier allein maßgeblichen Frage, ob Bemühungen um Rückkehrdokumente von vornherein erkennbar aussichtslos sind, auswirken würde. Entsprechendes gilt für die weiteren in dem Beweisantrag gemachten Aussagen zu den Hauptaufgaben der Sûreté Générale („Sammlung von Informationen, die die nationale Sicherheit betreffen, sowie ausländerpolizeiliche Maßnahmen“) und ihrer Leitung immer durch einen schiitischen Muslim. Dass ein Rückübernahmeabkommen nach wie vor nicht unterzeichnet wurde und mit einer solchen Unterzeichnung auch nicht gerechnet werden könne, kann ebenfalls als wahr unterstellt werden. Dass die libanesische Regierung „durch die Hinhaltetaktik ganz klar zum Ausdruck gebracht“ habe, dass „eine Rücknahme nicht erwünscht“ sei, ist keine Tatsachenbehauptung, sondern eine Wertung, die zudem nicht im Widerspruch zu der Einschätzung des Senats steht, ein Bemühen um Rückreisedokumente sei für staatenlose Palästinenser nicht von vornherein erkennbar aussichtslos. Davon, dass der Libanon eine Rückkehr staatenloser Palästinenser wünsche oder generell unterstütze, geht weder der Senat noch der Beklagte aus.
Der zweite Beweisantrag des Klägers, den Innensenator Berlins, Herrn H... „zur Frage der Praxis der Botschaft bei der Ausstellung von Laissez-Passer für Palästinenser als Zeugen zu hören“, ist ebenfalls unsubstantiiert und auf einen Ausforschungsbeweis gerichtet. Der Kläger trägt nicht vor, woher der als Zeuge benannte Innensenator Kenntnis über Vorgänge innerhalb der Botschaft haben sollte. Soweit er behauptet, der Innensenator werde, „wie er auch in der Presse verlautbaren hat lassen, bestätigen, dass die Botschaft ausreisepflichtigen Palästinensern die Ausstellung eines Laissez-Passer regelmäßig verweigert“, fehlt es zudem an der erforderlichen Substantiierung, an welche Presseverlautbarungen diese Behauptung anknüpft. Im Übrigen ist die Behauptung, die Ausstellung eines Laissez-Passer werde „regelmäßig“ verweigert, aus den oben angeführten Erwägungen ebenso wenig entscheidungserheblich wie die weitere unter Beweis gestellte Behauptung, der Libanon nehme „den größten Teil der Ausreisepflichtigen“ nicht zurück. Unsubstantiiert ist der Beweisantrag schließlich auch, soweit der Innensenator Berlins als Zeuge für die Behauptung benannt wird, das Auswärtige Amt habe den Druck auf den Libanon erhöht, dies habe jedoch keinen Erfolg gezeigt. Dass der Innensenator hierüber aus eigener Kenntnis aussagen könnte, erschließt sich aus dem Antrag nicht.
Die ihm danach mangels erkennbarer Aussichtslosigkeit zumutbaren Bemühungen zur Beschaffung eines Laissez-Passer für die Rückreise in den Libanon hat der Kläger bisher nicht unternommen. Zwar hat er nach den von ihm vorgelegten, mit Datumsangaben und teilweise mit Unterschriften versehenen Formularen der libanesischen Botschaft über „Erforderliche Dokumente zur Beantragung oder Verlängerung eines Document de Voyage (DDV) für palästinensische Volkszugehörige aus dem Libanon“ mehrfach in der Botschaft des Libanon vorgesprochen, zuletzt am 23. Oktober 2014. Er hat aber nicht substantiiert dargetan, dass er sich hartnäckig und unter ernsthafter Bekundung seines Rückkehrwillens darum bemüht habe, einen Antrag auf freiwillige Rückreise in den Libanon in dem geschilderten Sinne zu stellen oder die positive Entscheidung über einen solchen - etwa gestellten - Antrag zu erwirken. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 25. August 2011 hat der Kläger erklärt, er habe vor zwei Tagen in der libanesischen Botschaft unter Vorlage seiner Duldung etwa eine Stunde lang mit dem zuständigen Konsulatsbeamten über die Ausstellung eines Laissez-Passer gesprochen, man habe sich jedoch geweigert, irgendwelche Anträge von ihm aufzunehmen. Damit hat er jedoch nicht vorgetragen, alles ihm Mögliche und Zumutbare zur Stellung eines Antrags auf Rückreisepapiere getan zu haben, denn wie er selbst erklärt hat, hatte er den Antrag noch nicht mit seinen persönlichen Daten ausgefüllt. Im Berufungsverfahren hat er demgegenüber im Erörterungstermin am 4. Dezember 2013 angegeben, er habe „vor vielen Jahren“ bei der libanesischen Botschaft einen Antrag auf ein Laissez-Passer gestellt, unter Vorlage seiner Flüchtlingskarte und seiner UNRWA-Karte sowie Abgabe von Passfotos, und sei inzwischen etwa zehnmal da gewesen, um nachzufragen. Auf Nachfrage hat er erklärt, er wisse nicht mehr, was für eine Art Papier er damals beantragt habe. Er wisse aber noch, dass er die Namen der Eltern und seinen früheren Wohnort angegeben habe. Das Antragsformular habe er von der Ausländerbehörde bekommen und dann bei der Botschaft den Antrag gestellt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat er schließlich erklärt, er sei vor fünf bis sechs oder auch sieben Jahren bei der Botschaft gewesen und habe einen Antrag gestellt. Nach diesem Antrag habe er Anfang Oktober und erneut am 23. Oktober 2014 gefragt; die dortige Mitarbeiterin habe ihn aber nicht gefunden. Einen neuen Antrag habe er nicht gestellt.
Die Angaben sind insgesamt nicht glaubhaft, da sie in unauflösbarem Widerspruch zueinander stehen. Der Kläger schildert immer wieder anders, wann er bei der libanesischen Botschaft vorgesprochen und welche Angaben er dabei gemacht habe. Selbst wenn er vor mehreren - fünf bis sieben - Jahren einen Antrag bei der Botschaft gestellt hätte, könnte noch nicht angenommen werden, dass der vollständig gewesen sei. Hierzu hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keine Angaben gemacht; zuvor hatte er im Erörterungstermin einerseits erklärt, er habe einen Antrag auf ein Laissez-Passer unter Vorlage von Flüchtlingskarte und UNRWA-Karte und Abgabe von Passfotos gestellt, andererseits auf Nachfragen zunächst angegeben, er wisse nicht mehr, was für eine Art Papier er damals beantragt habe, und danach erklärt, er habe den Antrag von der Ausländerbehörde bekommen und dann bei der Botschaft gestellt. Unabhängig davon hat er in der mündlichen Verhandlung angegeben, bei seiner Vorsprache im Oktober 2014 (wobei letztlich unklar blieb, ob Anfang Oktober oder am 23. Oktober) habe die Mitarbeiterin der Botschaft den Antrag „nicht gefunden“. Dies passt zu den Angaben des Beklagten, wonach die libanesische Botschaft dem Mitarbeiter S... des Landesamts für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten am 6. Dezember 2013 und erneut am 22. Oktober 2014 telefonisch mitgeteilt habe, dass ihr ein Antrag des Klägers auf freiwillige Rückkehr in den Libanon nicht vorliege. Angesichts dieser Angaben hätte es dem Kläger - selbst wenn er vor fünf bis sieben Jahren einen Antrag auf ein Laissez-Passer gestellt haben sollte - im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten jedenfalls oblegen, sich ggf. erneut in die libanesische Botschaft zu begeben, um dort einen vollständigen Antrag auf Erteilung eines Rückreisepapiers unter Beifügung sämtlicher erforderlicher Unterlagen und Informationen zu stellen und hartnäckig nach dem Bearbeitungsstand zu fragen. Dass er dies getan habe, hat der Kläger selbst nicht vorgetragen. Vielmehr hat er auf Befragen angegeben, dass er nicht in den Libanon zurückkehren wolle, was verständlich sein mag, angesichts seiner Ausreisepflicht und der hieraus folgenden Mitwirkungspflichten aber rechtlich unbeachtlich ist.
Liegen danach mangels zumutbarer Bemühungen um die Beseitigung des Ausreisehindernisses die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht vor, bedarf die Frage einer Ermessensreduzierung keiner Erörterung. Für das Vorliegen eines anderen Ausreisehindernisses mit Blick auf Art. 8 EMRK bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Dass der im Alter von fast 20 Jahren in die Bundesrepublik eingereiste, sozial und wirtschaftlich nicht integrierte Kläger in Deutschland familiäre Bindungen hätte, die eine Ausreise in den Libanon auch bei Vorliegen von Rückreisepapieren unmöglich machen würden, ist weder vorgetragen noch bestehen hierfür sonst Anhaltspunkte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.