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Entscheidung 3 Sa 661/12


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 3. Kammer Entscheidungsdatum 04.09.2012
Aktenzeichen 3 Sa 661/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 131 Abs 1 Nr 1 InsO, § 142 InsO

Leitsatz

Ein Bargeschäft iSd. § 142 InsO liegt nicht vor, wenn der Schuldner dem Arbeitnehmer Vergütung für die vom Arbeitnehmer in den vorhergehenden drei Monaten erbrachte Arbeitsleistungen zahlt und die Zahlung zur Abwendung einer angekündigten und unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung erfolgt.

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 01. März 2012 – 3 Ca 1664/11 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten zur Rückzahlung von Arbeitsvergütung aufgrund einer Insolvenzanfechtung.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem mit Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) am 29. August 2011 (3 IN 212/11) (Anlage K1, Bl. 5 der Akte) über das Vermögen der A. & D. Tiefbau GmbH (Schuldnerin) eröffneten Insolvenzverfahrens.

Die Schuldnerin betrieb ein Tiefbauunternehmen. Der Beklagte war bei der Schuldnerin seit dem 2. August 2010 auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 2. August 2010 (Bl. 64 bis 71 der Akte) als Bauwerker beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete am 28. Februar 2011. Der Beklagte erhob vor dem Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) eine Klage gegen die Schuldnerin auf Zahlung der Vergütung für November 2010 in Höhe 1.907,50 Euro brutto und für Dezember 2010 in Höhe von 1.240,03 Euro brutto (Abrechnungen Anlage B1 Bl. 102 bis 103 der Akte). In dem unter dem Aktenzeichen 4 Ca 209/11 geführten Rechtsstreit erließ das Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) auf Antrag des Beklagten am 24. Februar 2011 ein Versäumnisurteil, in dem die Schuldnerin verurteilt wurde, 3.147,53 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz an den Beklagten zu zahlen. Ein Einspruch gegen das Versäumnisurteil ist nicht eingelegt worden. Die Prozessbevollmächtigte des Beklagten, die diesen damals ebenfalls vertrat, bat das Amtsgericht St. unter dem 25. Februar 2011 die Pfändungsankündigung und ein vorläufiges Zahlungsverbot gemäß § 845 ZPO der Sparkasse M.-O. als Drittschuldnerin und der Schuldnerin zustellen zu lassen. Die Pfändungsankündigung und das vorläufige Zahlungsverbot vom 25. Februar 2011 (Anlage K3, Bl. 7 der Akte) mit dem Hinweis, dass die gerichtliche Pfändung wegen der in dem Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 24. Februar 2011 – 4 Ca 209/11 - titulierten Ansprüche bevorstehe, wurde sowohl der Sparkasse M.-O. als auch der Schuldnerin jeweils am 2. März 2011 zugestellt (Kopien der Zustellungsurkunden Bl. 74 und 75 der Akte). Die Schuldnerin überwies darauf auf das Konto der Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 3. März 2011 einen Betrag von 3.150,54 Euro. Hierbei handelte es sich um den titulierten Anspruch nebst Zinsen. Der Beklagte hatte damals keine Kenntnis über eine mögliche Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin.

Der Kläger erklärte in einem an den Beklagten gerichteten Schreiben vom 28. Oktober 2011 (Anlage K5, Bl. 9 der Akte), die Zahlung von 3.150,54 Euro sei nach §§ 129 ff, 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar, so dass ein Anspruch auf Rückgewähr nach § 143 Abs. 1 InsO bestehe, gleichzeitig bat der Kläger den Beklagten den Betrag von 3.150,54 Euro nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. August 2011 seinem Insolvenzsonderkonto bis zum 18. November 2011 gutzuschreiben. Für den Fall des fruchtlosen Verstreichens der vorgenannten Frist wurde angekündigt, den Vorgang Rechtsanwälten zur Einziehung der Forderung zu übergeben. Die Prozessbevollmächtigte des Beklagten teilte unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 28. Oktober 2011 dem Kläger mit Schreiben vom 4. November 2011 (Anlage K6, Bl. 10 der Akte) mit, die Prüfung habe ergeben, dass die Forderung ungerechtfertigt sei. Darauf wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 7. November 2011 (Anlage K7, Bl. 11 der Akte) an die Prozessbevollmächtigte des Beklagten. In diesem Schreiben erläuterte er die Rechtslage aus seiner Sicht und bat letztmalig um Gutschreibung des Betrages. Die Prozessbevollmächtigte des Beklagten erklärte im Schreiben vom 11. November 2011 (Anlage K8, Bl. 12 der Akte), die Zahlung werde nicht erfolgen.

Mit der am 16. November 2011 beim Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) eingegangenen Klage, die dem Beklagten am 22. November 2011 zugestellt worden ist, hat der Kläger weiter die Rückzahlung des Betrages von 3.150,54 Euro nebst Zinsen begehrt.

Der Kläger hat behauptet, der erste zulässige Eröffnungsantrag datiere vom 21. März 2011 und stamme von der DAK (Kopie des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Anlage K2, Bl. 6 der Akte). Das Insolvenzverfahren sei aufgrund dieses Antrages eröffnet worden. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Zahlung von 3.150,54 Euro sei nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar, da diese Zahlung im ersten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt sei. Er habe daher einen Anspruch auf Rückgewähr nach § 143 Abs. 1 InsO. Mit der Überweisung des Betrages vom 3.150,54 Euro habe der Beklagte eine inkongruente Deckung iSv. § 131 InsO erhalten, weil die Zahlung zur Abwendung und Erledigung der seitens des Beklagten eingeleiteten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolgt sei. Ein Bargeschäft nach § 142 InsO sei von dem Beklagten weder schlüssig vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Dieses komme nur bei kongruenten Rechtshandlungen in Betracht.

Der Beklagte hat mit Nichtwissen bestritten, dass der Antrag vom 21. März 2011 in einer zulässigen Weise zu dem Eröffnungsbeschluss geführt habe. Er hat die Auffassung vertreten, der Anspruch des Klägers bestehe nicht, weil es sich bei der angefochtenen Zahlung um ein Bargeschäft iSd. § 142 InsO gehandelt habe. Die Schuldnerin habe ihm nur das gewährt, was er zu dieser Zeit zu beanspruchen gehabt habe.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 1. März 2012 den Beklagten verurteilt, an den Kläger 3.150,54 Euro nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 29. August 2011 zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Beklagte habe den Betrag von 3.150,54 Euro durch anfechtbare Handlung iSv. § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO erlangt. Die im Wege der Zwangsvollstreckung vom Beklagten beigetriebenen Beträge stellten eine inkongruente Deckung dar. Die Schuldnerin habe zur Vermeidung der unmittelbar drohenden Zwangsvollstreckung die Zahlung geleistet. Die Zahlung sei auch in der Monatsfrist des § 131 InsO erfolgt. Der Beklagte hätte den Vortrag des Klägers, dass der Insolvenzeröffnung der Antrag der DAK vom 21. März 2011 zu Grunde gelegen habe, substantiiert bestreiten müssen. Er hätte vortragen müssen, dass das Insolvenzverfahren auf einen anderen Antrag eröffnet worden sei. Sein Bestreiten sei daher nicht relevant. Auf die Frage, ob es sich um ein Bargeschäft handele, komme es nicht an. Dieses komme nur bei kongruenten, nicht aber bei inkongruenten Rechtshandlungen in Betracht. Auf die Kenntnis des Beklagten komme es ebenfalls nicht an. – Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 83 bis 88 der Akte) Bezug genommen.

Gegen das dem Beklagten am 19. März 2012 zugestellte Urteil hat dieser mit beim Landesarbeitsgericht am 5. April 2012 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit beim Landesarbeitsgericht am 16. Mai 2012 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Zur Begründung hat der Beklagte im Wesentlichen vorgetragen: Das Arbeitsgericht habe zu Unrecht auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abgestellt. Das Bundesarbeitsgericht habe in einem vergleichbaren Fall (Urteil vom 6. Oktober 2011 – 6 AZR 262/10) festgestellt, dass die Gehaltszahlungen, die der Vergütung der vom Arbeitnehmer in den drei dem Insolvenzantrag vorausgehenden Monaten erbrachten Arbeitsleistung dienten, als Bargeschäft iSd. § 142 InsO nicht der Anfechtung nach § 130 Abs. 1 InsO unterliegen würden. Der vormalige Arbeitgeber habe mit Datum vom 3. März 2011 den Lohn für November und Dezember 2010 gezahlt. Es handele sich damit um ein Bargeschäft. Das Arbeitsgericht habe auch versäumt zu prüfen, ob die Ausschlussfrist nach § 15 BRTV eingehalten worden sei. Sowohl die Anfechtung des Insolvenzverwalters als auch die Rückforderung seien nicht innerhalb dieser Ausschlussfrist erhoben worden. Erst am 7. November 2012 (richtig 2011) habe der Berufungsbeklagte gegenüber ihr als Bevollmächtigten des Berufungsklägers die Rückforderung gestellt. Die Ausschlussfrist erfasse auch Ansprüche auf Rückgewähr von geleisteter Arbeitsvergütung aufgrund einer Insolvenzanfechtung. Es handele sich hierbei um Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.

Der Beklagte und Berufungskläger beantragt,

unter Abänderung des am 1. März 2012 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) – 3 Ca 1664/11 – wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Es ist ferner der Ansicht, dass sein Rückgewährsanspruch nicht von tariflichen Ausschlussfristen erfasst werde. Ferner habe er den Anspruch auch rechtzeitig innerhalb der Ausschlussfristen geltend gemacht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung und die Sitzungsniederschriften beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b ArbGG statthaft und gemäß §§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG, 519 Abs. 1 und Abs. 2, 520 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufungsbegründung genügt noch den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO.

1. Gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll. Die zivilprozessuale Regelung soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird. Deshalb hat der Berufungsführer die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchem Grund er das angefochtene Urteil für unrichtig hält (st. Rspr., vgl. ua. BAG 15. März 2011 - 9 AZR 813/09 - Rn. 11; 28. Mai 2009 - 2 AZR 223/08 - Rn. 14, AP ZPO § 520 Nr. 2; 6. März 2003 - 2 AZR 596/02 - BAGE 105, 200). Dabei dürfen im Hinblick auf die aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Rechtsschutzgarantie zwar keine unzumutbaren Anforderungen an den Inhalt von Berufungsbegründungen gestellt werden (BAG 28. Mai 2009 - 2 AZR 223/08 - aaO). Die Berufungsbegründung muss aber auf den Streitfall zugeschnitten sein und im Einzelnen erkennen lassen, in welchen Punkten rechtlicher oder tatsächlicher Art und aus welchen Gründen das angefochtene Urteil fehlerhaft sein soll (BAG 17. Januar 2007 - 7 AZR 20/06 - Rn. 11 mwN, BAGE 121, 18; 25. April 2007 - 6 AZR 436/05 - Rn. 14 mwN, BAGE 122, 190). Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (BAG 15. März 2011 - 9 AZR 813/09 - aaO; 25. April 2007 - 6 AZR 436/05 - Rn 14 mwN, aaO) (so insgesamt BAG 18. Mai 2011 – 4 AZR 552/09 – Rn. 14, EzA-SD 2011 Nr. 17, 15 – 16).

2. Den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO genügt die Berufungsbegründung jedenfalls deshalb, weil der Beklagte geltend gemacht hat, das Arbeitsgericht habe versäumt, von Amts wegen zu prüfen, ob die einschlägige Ausschlussfrist des § 15 BRTV greife. Insoweit hat der Beklagte ferner vorgetragen, gegenüber seiner Prozessbevollmächtigten sei die Rückforderung erst mit Schreiben vom 7. November 2011 gestellt worden, so dass die Klageforderung verfallen sei. Hiermit hat der Beklagte konkret bezogen auf das Urteil dargelegt, aus welchen Gründen die Entscheidung unrichtig sein soll. Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Berufung kommt es nicht darauf an, ob das Vorbringen schlüssig ist.

II. Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den Beklagten zu Recht und mit zutreffender Begründung verurteilt, an den Kläger 3.150,54 Euro nebst der geltend gemachten Zinsen zu zahlen.

1. Der Beklagte hat gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO 3.150,54 Euro zur Insolvenzmasse zurückzugewähren. Er hat diesen Betrag durch eine anfechtbare Handlung iSv. § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO erlangt.

a) Eine insolvenzrechtliche Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO wird gemäß § 141 InsO nicht dadurch ausgeschlossen, weil den Zahlungen des Schuldners mit dem Versäumnisurteil vom 24. Februar 2011 ein vollstreckbarer Titel zugrunde lag (vgl. BAG 19. Mai 2011 – 6 AZR 736/09 – Rn. 8, NZA-RR 2011, 656).

b) Nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist. Diese Voraussetzungen liegen vor.

aa) Die Überweisung des Betrages von 3.150,54 Euro auf das Konto der Prozessbevollmächtigten des Beklagten ist eine Rechtshandlung, die im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist.

(1) Die Schuldnerin überwies mit Wertstellung vom 3. März 2011 den streitgegenständlichen Betrag auf das Konto der damals empfangsbevollmächtigten Prozessbevollmächtigten des Beklagten. Mit der Überweisung wurde dem Beklagten eine Befriedigung seiner Vergütungsansprüche, die im Versäumnisurteil tituliert worden waren, gewährt.

(2) Da die Wirkung der Rechtshandlung im März 2011 eingetreten war (vgl. § 140 InsO), wurde sie im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen. Der Eröffnung des Insolvenzverfahrens lag nämlich ein Antrag der DAK vom 21. März 2011 zugrunde. Den diesbezüglichen Vortrag des Klägers hat der Beklagte nicht in ausreichender Weise bestritten, so dass er gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen ist. Auch unter Berücksichtigung der von dem Kläger eingereichten Unterlagen zu dem Antrag der DAK vom 21. März 2011 hat das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt, der Beklagte habe den Vortrag des Klägers, das Insolvenzverfahren sei aufgrund des ersten zulässigen Insolvenzantrages der DAK vom 21. März 2011 eröffnet worden, nicht substantiiert bestritten, so dass sein Bestreiten nicht relevant sei. Der Beklagte ist den diesbezüglichen Ausführungen des Arbeitsgerichts im Berufungsverfahren nicht entgegengetreten.

bb) Der Beklagte hatte die Rechtshandlung, also die Überweisung des Betrages in Höhe von 3.150.54 Euro, nicht in der Art iSd. § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu beanspruchen. Die Überweisung des Betrages erfolgte zur Abwendung der angekündigten und drohenden Zwangsvollstreckung und stellt damit eine inkongruente Deckung iSv. § 131 InsO dar.

(1) Die Schuldnerin überwies den streitgegenständlichen Betrag am 3. März 2011, nachdem ihr am 2. März 2011 eine Pfändungsankündigung und ein vorläufiges Zahlungsverbot gemäß § 845 ZPO zugestellt worden war. Dort war angekündigt worden, dass die gerichtliche Pfändung wegen der Ansprüche aus dem Versäumnisurteil vom 24. Februar 2011 bevorsteht. Die Überweisung erfolgte zur Abwendung und Erledigung der seitens des Beklagten eingeleiteten und unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen. Dies ist zwischen den Parteien nicht in Streit.

(2) Auch eine Zahlung, die zur Vermeidung einer angekündigten und unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckungsmaßnahme erfolgt, stellt eine inkongruente Deckung dar, weil der Schuldner eine solche Zahlung nicht „in der Art“ zu beanspruchen hat.

(a) Der Gläubiger hat eine Befriedigung nicht nur dann nicht „in der Art“ zu beanspruchen, wenn er anstelle der Leistung, die er zu fordern hat, in der kritischen Zeit eine andere, nicht geschuldete Leistung erhält. Nicht „in der Art“ im Sinne von § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu beanspruchen hat der Gläubiger auch eine während dieser Zeit im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Befriedigung (vgl. BAG 19. Mai 2011 – 6 AZR 736/09 – Rn. 12 mwN, NZA-RR 2011, 1628; 31. August 2010 - 3 ABR 139/09 - Rn. 16, ZIP 2011, 629). Seit der Entscheidung vom 9. September 1997 hat der Bundesgerichtshof darüber hinaus in ständiger Rechtsprechung angenommen, dass eine inkongruente Deckung im Sinne des Anfechtungsrechts auch dann schon vorliegt, wenn der Schuldner in der gesetzlichen Krise zur Vermeidung einer unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung geleistet hat (9. September 1997 - IX ZR 14/97 - BGHZ 136, 309; 11. April 2002 - IX ZR 211/01 - ZInsO 2002, 581; 15. Mai 2003 - IX ZR 194/02 - ZInsO 2003, 611; 23. März 2006 - IX ZR 116/03 - BGHZ 167, 11). Im Anschluss an Henckel (vgl. Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 30 Rn. 232) hat der Bundesgerichtshof in einem solchen Fall die Inkongruenz aus der zeitlichen Vorziehung des insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes und der damit verbundenen Zurückdrängung des Prioritätsprinzips sowie aus der Erwägung hergeleitet, dass nach Eintritt der Krise und der damit verbundenen materiellen Insolvenz eine Ungleichbehandlung nicht mehr durch den Einsatz staatlicher Zwangsmittel insolvenzfest erzwungen werden soll (vgl. 23. März 2006 - IX ZR 116/03 – aaO). In der Entscheidung vom 20. Januar 2011 (- IX ZR 8/10 - ZIP 2011, 385) hat der Bundesgerichtshof in Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung ausgeführt, die Leistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung könne auch dann als inkongruente Deckung anfechtbar sein, wenn der Gläubiger unter Ankündigung der Zwangsvollstreckung zur umgehenden Leistung auffordere, ohne eine letzte konkrete Frist zu setzen. Für die Annahme einer inkongruenten Deckung im Sinne des Anfechtungsrechts der InsO reicht es demnach aus, dass der Schuldner in der Krise zur Vermeidung einer unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung geleistet hat (BGH 17. Juni 2010 - IX ZR 134/09 - ZInsO 2010, 1324; 15. Mai 2003 - IX ZR 194/02 - aaO; 20. November 2001 - IX ZR 159/00 - ZIP 2002, 228; 11. April 2002 - IX ZR 211/01 - ZInsO 2002, 581; vgl. insgesamt auch BAG 19. Mai 2011 – 6 AZR 736/09 – Rn. 12 mwN, NZA-RR 2011, 1628).

(b) Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer an. Hierfür spricht, wie das Bundesarbeitsgericht bezogen auf eine im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Befriedigung in der Entscheidung vom 19. Mai 2011 (6 AZR 736/09) unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 31. August 2010 (- 3 ABR 139/09 - Rn. 22 f., ZIP 2011, 629) ausgeführt hat, zum einen, dass diese Auslegung durch den Gesetzgeber legitimiert ist. Art. 2 des Entwurfs eines „Gesetz(es) zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge und zur Anpassung des Rechts der Insolvenzanfechtung“ (BT-Drucks. 16/886 S. 5) enthielt Vorschriften, die die Insolvenzanfechtung erschwert hätten, ferner war die Ergänzung des § 131 Abs. 1 InsO durch einen weiteren Satz vorgesehen, der ausschließen sollte, dass eine Rechtshandlung allein deshalb anfechtbar ist, weil der Gläubiger die Sicherung oder Befriedigung durch Zwangsvollstreckung erlangt hat. Daraus, dass die geplanten Änderungen des Rechts der Insolvenzanfechtung aufgrund einer bewussten Entscheidung im parlamentarischen Verfahren jedoch nicht Gesetz geworden sind, weil sie als mit dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung nicht vereinbar angesehen worden sind (vgl. Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags, BT-Drucks. 16/3844 S. 11), hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts abgeleitet, dass die Rechtsprechung zur inkongruenten Deckung bei durch (Drohung mit) Zwangsvollstreckung erlangter Erfüllung durch das Gesetzgebungsverfahren, das mit einem Gesetzesbeschluss geendet habe, bestätigt worden ist und die Legitimation geschaffen hat, diese Rechtsprechung aufrechtzuerhalten (vgl. hierzu insgesamt auch BAG 19. Mai 2011 – 6 AZR 736/09 – Rn. 15 mwN, NZA-RR 2011, 1628). Zum anderen verdrängt der das Insolvenzverfahren beherrschende Gleichbehandlungsgrundsatz das Prioritätsprinzip der Einzelzwangsvollstreckung bereits in dem durch die §§ 130 bis 132 InsO besonders geschützten Zeitraum. Dieses Prinzip, das einen „Wettlauf der Gläubiger“ bedingt, führt nur so lange zu mit dem Zweck des Insolvenzverfahrens im Einklang stehenden Ergebnissen, wie für die zurückgesetzten Gläubiger noch die Aussicht besteht, sich aus anderen Vermögensgegenständen des Schuldners zu befriedigen. Zwar wird der Gleichbehandlungsgrundsatz der Gläubiger in der Unternehmenskrise auch dann durchbrochen, wenn der Schuldner innerhalb der Dreimonatsfrist des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO oder nach dem Eröffnungsantrag freiwillig zahlt und der Gläubiger von der Zahlungsunfähigkeit oder dem Eröffnungsantrag weder Kenntnis hatte noch aus den Umständen auf eine solche schließen musste. In diesem Fall darf der Gläubiger die Leistung behalten, während andere Gläubiger mit ihren ebenfalls fälligen Forderungen leer ausgehen. Die gegenüber § 130 Abs. 1 InsO verschärfte Haftung nach § 131 Abs. 1 InsO rechtfertigt sich jedoch daraus, dass der Gläubiger, der staatliche Zwangsmaßnahmen in Anspruch nimmt oder androht, anders als der Gläubiger, der eine freiwillige Zahlung entgegennimmt, aktiv auf das zur Befriedigung aller Gläubiger unzureichende Vermögen des Schuldners zugreift und zugleich andere Gläubiger von einem solchen Zugriff ausschließt. In der Unternehmenskrise soll eine Ungleichbehandlung der Gläubiger nicht mehr durch den Einsatz von oder der Drohung mit staatlichen Machtmitteln erzwungen werden. Der Einsatz dieser Mittel nimmt der Leistung des Schuldners aus objektiver Sicht den Charakter der Freiwilligkeit. Muss der Gläubiger den Schuldner durch die Drohung mit der Zwangsvollstreckung zur Leistung zwingen, liegt der Verdacht nahe, dass der Schuldner nicht zahlungsfähig ist. Eine solche Leistung ist nicht insolvenzfest (siehe insgesamt BAG 19. Mai 2011 – 6 AZR 736/09 – Rn. 16 mwN, aaO).

cc) Eine Insolvenzanfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO setzt weder voraus, dass der Schuldner zum Zeitpunkt der Zwangsvollstreckung bzw. der angedrohten Zwangsvollstreckung zahlungsunfähig oder überschuldet war, noch kommt es darauf an, ob der Insolvenzgläubiger hiervon Kenntnis hatte oder nicht (vgl. BAG 19. Mai 2011 – 6 AZR 736/09 – Rn. 9, NZA-RR 2011, 656). Daher steht dem Rückgewährsanspruch nicht entgegen, dass der Beklagte im Zeitpunkt der Überweisung keine Kenntnis von einer (eventuellen) Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hatte.

c) Die insolvenzrechtliche Anfechtung erfordert keine Gestaltungserklärung, sondern liegt in der gerichtlichten Geltendmachung der Rechtsfolge aus § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO (vgl. BAG 19. Mai 2011 – 6 AZR 736/09 – Rn. 8, NZA-RR 2011, 656).

d) Auf eine Entreicherung hat sich der Beklagte nicht berufen.

2. Die Insolvenzanfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist auch nicht durch § 142 InsO ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift ist eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO vorliegen.

a) Bezogen auf die Vergütung für Arbeitsleistungen in der Zeit vom 1. November 2010 bis zum 2. Dezember 2010 ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein Bargeschäft iSd. § 142 InsO bereits deshalb ausgeschlossen, weil es an einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung fehlt. Als Bargeschäft hat das Bundesarbeitsgericht angesehen, wenn der Arbeitgeber in der Krise Arbeitsentgelt für vom Arbeitnehmer in den vorhergehenden drei Monaten erbrachte Arbeitsleistungen zahlt. Dabei hat das Bundesarbeitsgericht auf die drei Monate vor der erfolgten Zahlung abgestellt (vgl. BAG 6. Oktober 2011 – 6 AZR 262/10 – Rn. 16f., NZA 2012, 330; 6. Oktober 2011 – 6 AZR 585/10 – Rn. 13ff., ZInsO 2012, 271; 6. Oktober 2011 – 6 AZR 731/10 – Rn. 12ff., ArbuR 2011, 460 (Kurzwiedergabe), 6. Oktober 2011 – 6 AZR 732/10 – Rn. 13ff., ZInsO 2012, 834).

b) Die Voraussetzungen des § 142 InsO liegen hier aber insgesamt nicht vor. Denn der Betrag von 3.150,54 Euro wurde von der Schuldnerin zur Abwendung der unmittelbar drohenden Zwangsvollstreckung überwiesen. Dies stellt keine Leistung für eine unmittelbar in das Vermögen des Schuldners gelangte Gegenleistung dar, und zwar auch dann nicht, wenn die Zwangsvollstreckung angedroht oder erfolgt ist auf der Grundlage eines Urteils, welches Arbeitsentgeltsansprüche tituliert für Arbeitsleistungen, die in den drei der Zahlung vorausgehenden Monaten erbracht wurden.

aa) Die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 6. Oktober 2011 zum Bargeschäft iSd. § 142 InsO (BAG 6. Oktober 2011 – 6 AZR 262/10 – NZA 2012, 330; 6. Oktober 2011 – 6 AZR 585/10 – ZInsO 2012, 271; 6. Oktober 2011 – 6 AZR 731/10 – ArbuR 2011, 460 (Kurzwiedergabe), 6. Oktober 2011 – 6 AZR 732/10 – ZInsO 2012, 834) bezogen sich auf eine Insolvenzanfechtung nach § 130 InsO. In § 130 InsO wird bestimmt, unter welchen Voraussetzungen eine Rechtshandlung bei kongruenter Deckung anfechtbar ist.

bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der herrschenden Meinung im Schrifttum finden die Vorschriften über das Bargeschäft keine Anwendung bei inkongruenter Sicherung oder Deckung (zB BGH 8. März 2007 – IX ZR 127/05 – Rn. 22 mwN, DB 2007, 1188; 10. Mai 2007 – IX ZR 146/05 – Rn. 10, NZI 2007, 456; Huber in Gottwald Insolvenzrechts-Handbuch 4. Aufl. § 46 Rn. 78; Uhlenbruck/Hirte 13. Aufl. § 142 InsO Rn. 4 mwN; FK-InsO/Dauernheim 6. Aufl. § 142 Rn. 1; aA K/S/W, Wagner Rz. O 60). Dies wird aus dem Zweck der anfechtungsrechtlichen Privilegierung und der Formulierung „für die“ in § 142 InsO gefolgert (vgl. Huber in Gottwald Insolvenzrechts-Handbuch § 46 Rn. 78 mwN) bzw. daraus, dass weder rechtlich noch wirtschaftlich Anlass besteht, ein Umsatzgeschäft in der Krise zu privilegieren, das anders als vereinbart abgewickelt worden ist (vgl. Uhlenbruck/Hirte § 142 InsO Rn. 4 mwN).

cc) Auch nach Ansicht der Kammer liegt kein Bargeschäft iSd. § 142 InsO vor, wenn dem Arbeitnehmer eine Befriedigung gewährt wird, in dem die Zahlung durch den Schuldner zur Abwendung einer angedrohten und unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung erfolgt.

(1) Dem Erfordernis der Unmittelbarkeit iSd. § 142 InsO entsprechen auch solche Geschäfte, bei denen der Schuldner in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit seiner Leistung aufgrund einer Vereinbarung mit dem Anfechtungsgegner eine gleichwertige Leistung erhält (BAG 6. Oktober 2011 – 6 AZR 262/10 – Rn. 14 mwN, NZA 2012, 330). Unter einer Leistung wird eine gezielte Handlung, die zu einem bestimmten Ergebnis führt, verstanden. Wird im Wege der Zwangsvollstreckung ein Betrag nach Überweisung gemäß §§ 835 ff. ZPO eingezogen, fehlt es bereits begrifflich an einer Leistung des Schuldners. Denn dieser nimmt keine gezielte Handlung vor, um die Zahlung zu bewirken. Die Zahlung wird durch staatliche Zwangsmittel durchgesetzt. Als eine Leistung für eine unmittelbar in das Vermögen gelangte Gegenleistung kann aber auch nicht eine nur zur Abwendung einer angedrohten und unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung erfolgte Zahlung angesehen werden. Es ist nicht gerechtfertigt, diesen Sachverhalt anders zu bewerten, als wenn der geschuldete Betrag im Wege der Zwangsvollstreckung eingezogen wird. Die Zahlung erfolgt vorrangig gerade zur Abwendung der Zwangsvollstreckung und nicht deshalb, weil der Schuldner die Gegenleistung erhalten möchte oder diese seinem Vermögen zugeflossen ist. Eine Zahlung, die zur Vermeidung einer angekündigten und drohenden Zwangsvollstreckung erfolgt, dient nicht der freiwilligen Erfüllung und entspricht damit auch nicht einer Vereinbarung der Parteien über die Art und Weise, wie die Arbeitsvergütung zu leisten ist.

(2) Eine Unmittelbarkeit iSd. § 142 InsO ist bei einer zur Abwendung der angekündigten und drohenden Zwangsvollstreckung erfolgten Zahlung auch deshalb nicht anzunehmen, weil der tatsächliche zeitliche Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung nicht vom Willen des Schuldners abhängt und auch der Insolvenzgläubiger diesen nur bedingt beeinflussen kann. Da der Arbeitnehmer einen Titel benötigt, hängt die Dauer zwischen erbrachter Gegenleistung und zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgter Zahlung entscheidend auch von der Dauer des Gerichtsverfahrens ab.

(3) Sinn und Zweck des § 142 InsO rechtfertigen es ebenfalls nicht, Rechtshandlungen, die eine inkongruente Deckung darstellen, zu privilegieren. Die Regelung bezweckt, dem in der Krise befindlichen Schuldner eine weitere Teilnahme am Geschäftsverkehr zu ermöglichen, wenn dies die Gläubigergesamtheit nicht beeinträchtigt (vgl. BAG 6. Oktober 2011 – 6 AZR 262/10 – Rn. 18 mwN, NZA 2012, 330). Im Arbeitsverhältnis wird die Arbeit dauernd und nicht abschnittsweise geleistet und die Masse profitiert nicht nur von den erbrachten Arbeitsleistungen, sondern vor allem auch vom Fortbestand des Betriebes als funktionaler Einheit. Dazu ist erforderlich, dass die einzelnen Arbeitnehmer überhaupt „bei der Stange bleiben“ und dies wird auch mit der Berichtigung von Lohnrückständen „erkauft“ (vgl. BAG 6. Oktober 2011 – 6 AZR 262/10 – Rn. 18 mwN, aaO). Wenn aber die Arbeitsvergütung allein zur Abwendung der Zwangsvollstreckung geleistet wird, macht der Schuldner deutlich, dass er diese Zahlung nicht deshalb erbringt, um die Arbeitnehmer weiter dazu zu bewegen, im Betrieb zu arbeiten, um den Fortbestand des Betriebes zu erhalten, sondern deshalb, um weitere Kosten durch die Zwangsvollstreckung zu vermeiden. Die Masse kann von der lediglich in der Vergangenheit liegenden Gegenleistung ebenfalls nicht mehr profitieren.

3. Der Rückzahlungsanspruch ist nicht gemäß § 15 BRTV verfallen. Bei der Schuldnerin handelte es sich zwar um ein Tiefbauunternehmen und der Beklagte war als Bauwerker beschäftigt, so dass das Arbeitsverhältnis unter den Geltungsbereich des allgemeinverbindlich erklärten Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe (BRTV) fiel. Es kann aber dahingestellt bleiben, ob die in § 15 BRTV geregelte Ausschlussfrist auch auf den streitgegenständlichen Anspruch anzuwenden ist (die Anwendung tariflicher Ausschlussfristen auf einen Rückgewährsanspruch bei Insolvenzanfechtung verneinend: BAG 19. November 2003 – 10 AZR 110/03 – BAGE 108, 367; LAG Nürnberg 16. Mai 2012 – 2 Sa 566/11-; für die Anwendung der tariflichen Ausschlussfristen auf einen Rückgewährsanspruch bei Insolvenzanfechtung LAG Niedersachsen 22. März 2012 – 7 Sa 1053/11 - ; LAG Nürnberg 30. April 2012 – 7 Sa 557/11 ). Denn die Fristen des § 15 BRTV sind vorliegend gewahrt.

a) Die erste Stufe ist gewahrt. Der Kläger hat den Anspruch innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben. Der Rückgewährsanspruch ist erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden und fällig geworden. Denn das Anfechtungsrecht setzt tatbestandsmäßig die Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraus. Der entsprechende Anspruch kann nur von dem Insolvenzverwalter geltend gemacht werden (BGH 1. Februar 2007 – IX ZR 96/04 –Rn. 20, BGHZ 171, 38). Das Insolvenzverfahren ist am 29. August 2011 eröffnet worden. Der Kläger hat mit Schreiben vom 28. Oktober 2011 gegenüber dem Beklagten den Anspruch schriftlich geltend gemacht. Die Geltendmachung im Tarifsinne hat gegenüber dem Arbeitnehmer zu erfolgen. Daher ist nicht maßgeblich, zu welchem Zeitpunkt der Kläger gegenüber der Prozessbevollmächtigten des Beklagten den Anspruch geltend gemacht hat. Das Schreiben vom 28. Oktober 2011 stellt eine ausreichende Geltendmachung dar, für den Beklagten war deutlich, dass er zur Zahlung aufgefordert wurde. Gegenstand des Schreibens war der streitgegenständliche Betrag. Da der Beklagte keine Anhaltspunkte vorgebracht hat, die auf einen späteren Zugang dieses Schreibens hindeuten, als er nach dem gewöhnlichen Postlauf anzunehmen ist (vgl. zum Zugang innerhalb der Postlaufzeit auch BAG 17. August 2010 – 9 AZR 839/08 – Rn. 22, NJW 2011, 550; 18. August 2009 - 9 AZR 517/08 - Rn. 25, AP TzBfG § 8 Nr. 28 = EzA TzBfG § 8 Nr. 24), ist von einem Zugang am 29. Oktober 2011, spätestens aber am Montag, dem 31. Oktober 2011, auszugehen. Die zweimonatige Ausschlussfrist endete am 31. Oktober 2011 (§§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2, 193 BGB, vgl. auch BAG 19. Februar 2008 – 9 AZR 1091/06 – Rn. 57, BAGE 126, 12).

b) Da die Klage bereits am 16. November 2011 beim Arbeitsgericht einging, ist auch die zweite Stufe der Ausschlussfrist gewahrt. Die Ablehnung des Anspruchs erfolgte mit Schreiben vom 4. November 2011.

4. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO iVm. §§ 819 Abs. 1, 291 Satz 1, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Bei anfechtbarem Erwerb von Geld hat der Anfechtungsgegner Prozesszinsen ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu entrichten (vgl. BGH 1. Februar 2007 – IX ZR 96/04 – Rn. 14, 19, BGHZ 171, 38).

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 97 Abs. 1 ZPO. Der Beklagte und Berufungskläger hat die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.

IV. Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

[ Hinweis: Der Berichtigungsbeschluss vom 9. Oktober 2012 wurde in den Entscheidungstext eingearbeitet und lautet wie folgt:

Beschluss

I. Der Tenor des am 4. September 2012 verkündeten Urteils des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg – 3 Sa 661/12 – wird unter Ziffer I wie folgt berichtigt:

Statt „Die Berufung des Klägers“ muss es richtig heißen: „Die Berufung des Beklagten“

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I. Der Tenor zu I. des Urteils vom 4. September 2012 – 3 Sa 661/12 - ist gemäß § 319 Abs. 1 ZPO zu berichtigen. Er enthält eine offenbare Unrichtigkeit. Die Berufung ist ausschließlich von dem Beklagten eingelegt worden. Bei Verkündung der Entscheidung ging der Wille der Kammer dahin, die gegen das Urteil eingelegte Berufung zurückzuweisen. Die Bezeichnung „Kläger“ erfolgte versehentlich, weil es sich bei dem Beklagten um den ehemaligen Arbeitnehmer und den Berufungskläger handelte.

II. Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach §§ 78, 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.

III. Die Entscheidung ergeht gemäß §§ 128 Abs. 4 ZPO, 64 Abs.7, 53 Abs. 1 ArbGG ohne mündliche Verhandlung nach Anhörung der Parteien durch die Vorsitzende allein. ]