Gericht | OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 07.05.2013 | |
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Aktenzeichen | 13 UF 97/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Zur Zulässigkeit eines Restitutionsverfahrens (§§ 48 Abs. 2 FamFG; 580 ZPO) in einer Versorgungsausgleichssache nach Versterben eines Beteiligten vor Rechtskraft der Entscheidung über den Wertausgleich.
2. Da der Wertausgleichsanspruch des ausgleichsberechtigten Ehegatten mit dessen Tod erloschen ist (vgl. § 31 Abs. 1 S 2 VersAusglG) und ein Wertausgleich zugunsten eines überlebenden ausgleichspflichtigen Ehegatten zu unterbleiben hat (vgl. § 31 Abs. 2 S 1 VersAusglG), erledigt sich das Versorgungsausgleichsverfahren in der Hauptsache mit dem Tod des ausgleichsberechtigten Ehegatten.
3. Eine klarstellende Entscheidung über die Erledigung der Versorgungsausgleichssache ist zulässig (vgl. Götsche, in: Götsche/Rehbein/Breuers, Versorgungsausgleichsrecht, § 31, Rn. 18 m.w.N.), nach anderer Auffassung sogar geboten (OLG München, FamRZ 2012, 1387).
4. Auch im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit können die Beteiligten die Erledigung der Hauptsache zwischen den Instanzen, also nach Beschlusserlass und vor Rechtskraft, gegenüber dem Ausgangsgericht geltend machen, selbst wenn der Rechtsmittelweg eröffnet wäre. In diesem Bereich führt eine nach Erlass der angegriffenen Entscheidung eingetretene Erledigung der Angelegenheiten der Hauptsache regelmäßig bereits zur Unzulässigkeit eines Rechtsmittels (vgl. BGH, FamRZ 2011, 1390). Die Zuständigkeit des Amtsgerichts für die Behandlung von Erledigungen der Hauptsache vor Rechtskraft folgt zudem im Gegenschluss aus § 62 FamFG. Diese Bestimmung lässt die Befassung des Rechtsmittelgerichts mit der Hauptsache nach deren Erledigung im Beschwerdeweg nur ausnahmsweise und nur unter engen Voraussetzungen zu.
Die Vorlageverfügung des Amtsgericht Senftenberg vom 03.04.2013 entfaltet keine Rechtswirkung, die Sache wird dem Amtsgericht zur weiteren Veranlassung in eigener Zuständigkeit zurückgereicht.
I.
Das Amtsgericht hat dem Senat mit Verfügung vom 03.04.2013 die Akten eines Versorgungsausgleichsverfahrens zur weiteren Veranlassung vorgelegt (66).
Sein Beschluss vom 27.09.2012, mit dem es den Versorgungsausgleich zwischen rechtskräftig geschiedenen Ehegatten durch interne Teilung vorgenommen (44) hat, ist den bis dahin Beteiligten zwischen dem 02.10.2012 (10:40 Uhr, geschiedene Ehemann, 51R) und 08.10.2012 zugestellt worden (52-54). Der geschiedene Ehemann ist am 02.12.2012 zwischen 12:00 Uhr und 12:35 Uhr verstorben (56). Unter Hinweis auf das Versterben, darauf, dass der Verstorbene höhere Anrechte als der überlebende Ehegatte hatte (§ 31 Abs. 1 S 2 VersAusglG) und darauf, dass der Beschluss vom 27.09.2012 „nach wie vor im Raum stehe“, hat ein Rentenversicherungsträger mit Schreiben vom 18.12.2012 einen klarstellenden Ergänzungsbeschluss des Amtsgerichts erbeten dahin, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfinde (55).
Das Amtsgericht hat sich gehindert gesehen, seinen Beschluss aufzuheben und eine neue Entscheidung zu erlassen.
II.
1. Die Vorlage an den Senat ist unzulässig.
Die Sache ist bei ihm als Beschwerdegericht mangels Beschwerde nicht angefallen. Das Schreiben des Rentenversicherungsträgers vom 18.12.2012 lässt sich bei verständiger Würdigung schon nach seinem Wortlaut und erst recht angesichts der für ihn längst verstrichenen Beschwerdefrist nicht als Beschwerde auslegen.
2. a) Hält man den Beschluss des Amtsgericht vom 27.09.2012 für rechtskräftig (§ 45 Abs. 1 FamFG), weil binnen der einmonatigen Beschwerdefrist (§ 63 Abs. 1 FamFG) keiner der Beteiligten gegen ihn Beschwerde erhoben oder seine inhaltliche Unrichtigkeit wenigstens der Sache nach geltend gemacht hat und weil seine mögliche inhaltliche Unrichtigkeit den Rechtskrafteintritt - anders als das Amtsgericht eventuell meint (vgl. 65) - in keiner Weise verhindert, so geht das Begehren des Rentenversicherungsträgers bei sachgerechter Auslegung auf die Durchbrechung der Rechtskraft des Beschlusses vom 27.09.2012, der „noch im Raume steht“. In Betracht kommt insoweit nach § 48 Abs. 2 FamFG ein Restitutionsverfahren entsprechend § 580 ZPO. Im Hinblick auf die vom Amtsgericht angeforderte und zur Akte genommene Sterbeurkunde vom 11.10.2012 (vgl. 55R, 56) kann ein Fall des § 580 Nr. 7 b ZPO (vgl. hierzu etwa Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 3. Aufl. § 48, Rn. 37ff.) naheliegen.
Für ein Restitutionsverfahren ist das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig, § 584 Abs. 1 ZPO.
b) Für den Fall, dass das Amtsgericht die Hauptsache neu verhandelt (§ 590 ZPO), weist der Senat vorsorglich auf folgendes hin:
Der vor Rechtskraft der Entscheidung über den Wertausgleich verstorbene Antragsgegner hätte bei Bilanzierung der wechselseitigen Ausgleichsansprüche einen nach korrespondierenden Kapitalwerten bemessenen Zuwachs von 8.109,29 Euro erlangt (vgl. 47) und wäre damit insgesamt ausgleichsberechtigt gewesen, wobei allerdings sein Wertausgleichsanspruch mit seinem Tod erloschen ist, vgl. § 31 Abs. 1 S 2 VersAusglG. Nach der Gesetzesbegründung soll diese Bestimmung die Regelung des § 1587e Abs. 2 BGB aF aufnehmen (vgl. BT-Dr 16/10144, S. 70), der diese Rechtsfolge beim Tod des nach altem Recht Ausgleichsberechtigten ausdrücklich festgelegt hatte.
Da der Wertausgleichsanspruch des ausgleichsberechtigten Ehegatten mit dessen Tod erloschen ist (vgl. § 31 Abs. 1 S 2 VersAusglG) und ein Wertausgleich zugunsten eines überlebenden ausgleichspflichtigen Ehegatten zu unterbleiben hat (vgl. § 31 Abs. 2 S 1 VersAusglG), erledigt sich das Versorgungsausgleichsverfahren in der Hauptsache mit dem Tod des ausgleichsberechtigten Ehegatten. Eine klarstellende Entscheidung über die Erledigung ist zulässig (vgl. Götsche, in: Götsche/Rehbein/Breuers, Versorgungsausgleichsrecht, § 31, Rn. 18 m.w.N.), nach anderer Auffassung sogar geboten (OLG München, FamRZ 2012, 1387).
3. Hält man den Beschluss des Amtsgerichts für noch nicht rechtskräftig, etwa weil die Beschwerdefrist für die nach § 219 Abs. 4 FamFG zu beteiligenden Hinterbliebenen und Erben (vgl. insoweit allerdings Vermerk 61R) mangels Hinzuziehung entgegen § 63 Abs. 3 FamFG noch nicht zu laufen begonnen hat (so wohl Musielak/Borth, FamFG, 3. Aufl. § 63, Rn 7 m.w.N.), so handelt es sich um eine Erledigung zwischen den Instanzen. Auch in diesem Fall ist für die beantragte Klarstellung das erlassende Gericht zuständig.
Dies ergibt sich bereits aus allgemeinen Grundsätzen. So ist etwa im Anwendungsbereich des § 91a ZPO allgemein anerkannt, dass die Beteiligten die Erledigung der Hauptsache zwischen den Instanzen, also nach Urteilserlass und vor Rechtskraft, gegenüber dem Ausgangsgericht geltend machen können, selbst wenn der Rechtsmittelweg eröffnet wäre (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 91a, Rn. 21 m.w.N.). Für die Entscheidung gemäß § 91a ZPO bleibt das Ausgangsgericht zuständig, solange die übereinstimmende Erledigung vor Rechtsmitteleinlegung wirksam geworden ist, mag dies auch erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung oder Erlass des Urteils sein (vgl. Jaspersen/Wache, Beck'scher Online-Kommentar ZPO, Stand 15.01.2013, § 91a ZPO, Rn 32 m.w.N.).
Für den Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt nichts anderes. In diesem Bereich führt eine nach Erlass der angegriffenen Entscheidung eingetretene Erledigung der Angelegenheiten der Hauptsache regelmäßig bereits zur Unzulässigkeit eines Rechtsmittels (vgl. BGH, FamRZ 2011, 1390). Die Zuständigkeit des Amtsgerichts für die Behandlung von Erledigungen der Hauptsache vor Rechtskraft folgt zudem im Gegenschluss aus § 62 FamFG. Diese Bestimmung lässt die Befassung des Rechtsmittelgerichts mit der Hauptsache nach deren Erledigung nur ausnahmsweise zu, nur im Beschwerdeweg und auch nur unter engen Voraussetzungen, die hier ersichtlich weder gegeben noch geltend gemacht sind.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.