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Gewerbesteuermessbetrag 2008 und vortragsfähigen Gewerbeverlusts auf den 31.12.2008


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 6. Senat Entscheidungsdatum 07.01.2014
Aktenzeichen 6 K 6207/11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Leitsatz

Der außerordentliche Ertrag aus der Ausbuchung einer betrieblichen Schuld (Passivposten) stellt keinen Ertrag aus der Nutzung eigenen Kapitalvermögens dar und ist kürzungsfähig nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG.

Tenor

Der Gewerbesteuermessbetrag 2008 wird unter Änderung des Bescheids über den Gewerbesteuermessbetrag vom 15. Februar 2010 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 16. Juni 2011 auf 0,00 € festgesetzt.

Der vortragsfähige Gewerbeverlust auf den 31. Dezember 2008 wird unter Änderung des Bescheids über den vortragsfähigen Gewerbeverlust vom 15. Februar 2010 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 16. Juni 2011 auf 1.010.579,00 € festgestellt.

Die Revision wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.


Beschluss

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im außergerichtlichen Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

Streitig ist die erweiterte Grundbesitzkürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. Gewerbesteuergesetz -GewStG-.

Die Klägerin ist eine GmbH & Co KG. Komplementärin und Geschäftsführerin ist die Grundstücksgesellschaft B… GmbH; Kommanditisten sind insgesamt 31 Anleger (natürliche Personen) mit unterschiedlich hohen Beteiligungen. Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz -EStG-.

Die Klägerin ist seit 1977 Eigentümerin des mit 41 Wohneinheiten bebauten Grundstückes B…-Straße in D…. Diese Wohnungen unterlagen der Wohnraumbindung. Die Errichtung des Gebäudes wurde durch ein Aufwendungsdarlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau i. H. v. 7.679.356,00 DM gefördert.

Die Klägerin erhielt bis einschließlich 2007 sog. Aufwendungszuschüsse durch die X..-Bank (X…), die im Kalenderjahr 2006 154.118,94 € und im Kalenderjahr 2007 149.519,63 € betrugen. Ab dem Kalenderjahr 2008, dem Streitjahr, wurde ein solcher Zuschuss nicht mehr gewährt. Die Jahresüberschüsse der Gesellschaft betrugen im Kalenderjahr 2006 149.764,97 € und im Kalenderjahr 2007 155.838,86 € und entsprachen damit in etwa der Höhe des jeweiligen X…-Zuschusses.

Die Klägerin hatte zum 31. Dezember 2007 Verbindlichkeiten i. H. v. 4.888.219,31 € passiviert, darunter das Darlehen der Y...-Bank (Y…), Rechtsnachfolgerin der X…, welches noch mit 3.920.127,70 € valutierte.

Der vortragsfähige Gewerbeverlust zum 31. Dezember 2007 betrug 1.010.579 €.

Am 5. Juni 2008 vereinbarten die Y… und die Klägerin in einem Änderungsvertrag zum Aufwendungsdarlehen eine Rückzahlungsvereinbarung, wonach bezogen auf das Restkapital zum 31. Mai 2008 in Höhe von 3.920.127,70 € bis zum 31. Mai 2008 eine erste Rate in Höhe von 1.737.859,51 € und am 01. November 2009 eine zweite Rate in Höhe von 17.563,17 € an die Y… zu leisten war. Die Summe der beiden Raten entsprach dem von der Y… ermittelten Barwert der Darlehensforderung. Nach Zahlung der Raten buchte die Klägerin die Restverbindlichkeit gegenüber der Y… in Höhe von 2.163.805 € ertragswirksam aus.

Nachdem die Klägerin im Jahr 2008 aus der einheitlichen Immobilie selbständige Wohneinheiten im Sinne des Gesetzes über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht gebildet hatte, veräußerte sie im Jahr 2008 eine Wohnung. Im Jahresabschluss 2008 gliederte die Klägerin weitere sieben Wohnungen aus dem Anlagevermögen in das Umlaufvermögen um.

In der Gewerbesteuererklärung für 2008 vom 06. Mai 2009 erklärte die Klägerin einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 1.731.322 €, Entgelte für Schulden in Höhe von 120.230 € sowie eine Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG (erweiterte Grundbesitzkürzung) in Höhe von 1.728.613 €.

In der Erklärung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2008 beantragte die Klägerin den durch diesen „Darlehensverzicht“ entstandenen Gewinn in Höhe von 2.163.805 € als Sanierungsgewinn im Sinne des BMF-Erlasses vom 27. März 2003 (IV A 6-S-2140-803, BStBl. I 2003, 240) zu behandeln und die Qualifikation als Sanierungsgewinn festzustellen.

In den Jahren 2009 bis 2012 veräußerte die Klägerin weitere 14 ihrer insgesamt 41 Wohnungen für insgesamt 2.146.336 € wie folgt:

 2009 Wohnungen 12, 26, 27, 59

        

 567.105 €

2010 Wohnungen 19, 22, 24, 34, 41

        

828.068 €

2011 Wohnungen 8, 21, 25

        

408.163 €

2012 Wohnungen 15, 39

        

346.000 €.

Der Beklagte erließ am 15. Februar 2010 den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2008, in dem er den erklärten Sanierungsgewinn nachrichtlich mit 0,00 € auswies. Der Beklagte begründete seine Entscheidung damit, dass ein Sanierungsgewinn deshalb nicht vorläge, weil es an einem Gläubigerverzicht fehle. Es handele sich vielmehr um einen zinsähnlichen Ertrag in Folge der vorzeitigen Rückzahlung einer Schuld und damit um einen Abzinsungsgewinn. Der hiergegen erhobene Einspruch hatte keinen Erfolg. Die hiergegen erhobene Klage auf Feststellung als Sanierungsgewinn (Aktenzeichen 6 K 6209/11) hatte nur zum Teil Erfolg, da das Gericht mit Urteil vom 07. Januar 2014 die Sache zur weiteren Sachaufklärung und neuen Entscheidung an den Beklagten zurückverwiesen hat (§ 102 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-).

Der Beklagte erließ ferner am 15. Februar 2010 die hier streitigen Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag für 2008 sowie über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2008. Der Beklagte setzte den Gewerbesteuermessbetrag auf 24.293 € fest. Er ermittelte den Gewerbeertrag abweichend von der Steuererklärung unter Berücksichtigung eines Gewinns aus Gewerbebetrieb von 1.739.086 €, der erklärten Hinzurechnung für Entgelte für Schulden, der Kürzung für Grundbesitz gem. § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG und des Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2007 in Höhe von 1.010.579 €. Ferner stellte er den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31. Dezember 2008 wegen dessen vollständigen Verbrauchs in 2008 mit 0,00 € fest.

Die Klägerin erhob am 09. März 2010 fristgerecht Einspruch gegen die Bescheide vom 15. Februar 2010. Die Klägerin trug im Einspruchsverfahren zuerst nur zur Qualifizierung des Ertrags als Sanierungsgewinn im Sinne des BMF-Schreibens vom 27. März 2003 (a.a.O.) vor, weshalb auch der Gewerbeertrag zu kürzen sei. Der Einspruch hatte keinen Erfolg und wurde mit Einspruchsentscheidung vom 16. Juni 2011 zurückgewiesen. Der Beklagte führte in seiner Einspruchsentscheidung aus, dass bei der Klägerin ein gewerblicher Grundstückshandel im Streitjahr begonnen habe und deshalb die mit der Steuererklärung beantragte erweiterte Grundbesitzkürzung keine Anwendung finden könne.

Problematisch sei nicht die Bildung von Wohnungseigentum generell, sondern der – im Jahresabschluss dokumentierte – Entschluss, einzelne Wohnungen zu veräußern. Hierdurch sei die private Vermögensverwaltung beendet worden. Zwar könne der Verkauf von Eigentumswohnungen unabhängig von der Anzahl noch nicht aus dem Rahmen der privaten Vermögensverwaltung herausfallen, wenn es lediglich um den Verkauf langjährig durch Vermietung genutzter Wohnungen als Abschluss der privaten Vermögensverwaltung ginge; allerdings müsse es sich dann wirklich um das Ende der privaten Vermögensverwaltung handeln. Das Ende der privaten Vermögensverwaltung könne hier nicht objektbezogen, also bezogen auf die einzelnen Wohnungen, betrachtet werden; vielmehr sei das Ende der privaten Vermögensverwaltung im Ganzen und somit die komplette Aufgabe der Tätigkeit erforderlich. Nur in diesem Fall könne der Verkauf als letzter Akt der Vermögensverwaltung angesehen werden. Da die Tätigkeit im Ganzen gerade nicht aufgegeben werde, handele es sich nach den Grundsätzen zum gewerblichen Grundstückshandel um eine originär gewerbesteuerpflichtige Tätigkeit.

Hiergegen richtet sich die am 13. Juli 2011 erhobene Klage. Die Klägerin ist weiterhin der Ansicht, es handele sich bei dem Verkauf um den letzten Akt der privaten Vermögensverwaltung, der nicht zur Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels führen könne. Die erweiterte Grundbesitzkürzung sei deshalb zu gewähren. Für eine Qualifizierung als letzter Akt privater Vermögensverwaltung sei es unerheblich, dass nicht alle Wohnungen in einem kurzen Zeitraum veräußert werden konnten, da sich der Verkauf einer Vielzahl von Wohneinheiten in aller Regel nicht in kurzer Zeit bewerkstelligen lasse.

In der Klagebegründung führt sie zudem aus, dass sich der Abverkauf aller Wohneinheiten noch über einen längeren Zeitraum erstrecken werde, da nicht kurzfristig Käufer für alle Wohnungen zu finden seien. Im Schriftsatz vom 22. November 2011 korrigiert die Klägerin diese Aussage dahingehend, dass nicht der Abverkauf aller Wohneinheiten geplant gewesen sei. Die Klägerin habe vielmehr nur so viele Wohnungen veräußert, wie liquide Mittel erforderlich gewesen seien, um die verbliebenen Wohneinheiten auf ein zeitgemäßes Niveau anzuheben; denn nur dadurch könne der verbliebene Bestand erhalten werden. Die Verkäufe in 2009 seien auch zur Entschuldung vorgenommen worden. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse sei die Klägerin noch als Vermieter anzusehen, da sie noch 27 Wohnungen in ihrem Bestand halte. Die Behauptung, sie sei durch die Veräußerung zum Gewerbebetrieb mutiert, sei fernliegend.

Die Klägerin beantragt,

1.den Gewerbesteuermessbetrag für 2008 unter Berücksichtigung der erweiterten Grundbesitzkürzung im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG auf 0,00 € festzusetzen,
2.den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31. Dezember 2008 auf 1.010.579 € festzustellen und
3.die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im außergerichtlichen Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte wiederholt und vertieft sein bisheriges Vorbringen. Insbesondere vertritt er die Auffassung, die Veräußerung der Wohneinheiten ab dem Streitjahr sei aus gewerbesteuerrechtlicher Sicht als Aufnahme einer originär gewerblichen Betätigung in Gestalt des Handels mit Wohneinheiten zu werten. Eine Beendigung der privaten Vermögensverwaltung im Ganzen sei nicht geplant gewesen. Da die in Wohnungseigentum aufgeteilte Immobilie das einzige von der Klägerin zu verwaltende Vermögen darstelle, handele es sich bei der Veräußerung von Eigentumswohnungen im vorliegenden Fall nicht um eine im Sinne von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu wertende unschädliche Nebentätigkeit, sondern vielmehr um die gewerbliche Betätigung der Klägerin. Die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG stehe der Klägerin somit nicht mehr zu, da sie damit eine Tätigkeit ausübe, die als solche bereits gewerbesteuerpflichtig sei.

Zudem verweist der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 23. Januar 2012 auf die Rechtsfolge des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Selbst wenn der Klägerin die erweiterte Grundbesitzkürzung dem Grunde nach zustehen würde, könnte der Gewerbeertrag nicht wie beantragt gekürzt werden. Der Gewerbeertrag sei nur positiv, weil die Klägerin im Streitjahr einen außerordentlichen Ertrag aus der Abzinsung des Y… Darlehens in Höhe von 2.163.811 € erzielt habe. Dieser Ertrag sei jedoch kein Bestandteil, der regelmäßig durch die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes anfalle. Es handele sich vielmehr um einen einmalig anfallenden zinsähnlichen Ertrag im Rahmen der Unternehmenssanierung und nicht um einen direkt aus der Vermietung resultierenden Bestandteil des Gewerbeertrags. Der Kürzungsbetrag könne schon deshalb nicht in Ansatz kommen.

Dieses erstmals im Klageverfahren vorgetragene Argument hat die Klägerin zurückgewiesen: Es liege eine unschädliche Nebentätigkeit (Beschaffung von Krediten) vor, und Erträge aus dieser Nebentätigkeit seien in die Kürzung einzubeziehen. Bei dem erzielten außerordentlichen Ertrag handele es sich auch nicht um Einkünfte aus Kapitalvermögen, da der Darlehensteilerlass in einem unmittelbaren Veranlassungszusammenhang mit der Nutzung des eigenen Grundbesitzes stehe. Ohne einen solchen Erlass wäre die Insolvenz der Klägerin unvermeidlich gewesen.

Mit Schriftsätzen vom 26. und 27. September 2011 haben die Beteiligten auf eine mündliche Verhandlung verzichtet. Ferner haben sie bestätigt, dass keine Bedenken gegen die Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter bestehen. Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 14. November 2011 auf den Einzelrichter übertragen (§ 6 Abs. 1 FGO).

Der Berichterstatter hat mit Schreiben vom 5. November 2013 den Beteiligten mitgeteilt, dass er beabsichtigt, den Rechtsstreit auf den Senat zurück zu übertragen. Der Rechtsstreit ist mit Beschluss vom 28. November 2013 auf den Senat zurück übertragen worden.

Entscheidungsgründe

I. Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis damit erklärt haben (§ 90 Abs. 2 FGO).

II. Die Klage ist zulässig und begründet.

Die angefochtenen Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag für 2008 und den Bescheid über den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31. Dezember 2008 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Der Beklagte hat zu Unrecht die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG verweigert. Die Voraussetzungen der erweiterten Grundbesitzkürzung waren im Streitjahr 2008 erfüllt. Insoweit kann die - subsidiäre - Qualifikation des Gewinns als Sanierungsgewinn hier ausdrücklich dahinstehen.

1. Nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG können Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern (sog. grundstücksverwaltende Unternehmen), auf Antrag den Gewerbeertrag statt um einen bestimmten Hundertsatz des Einheitswerts des Grundbesitzes um den Teil des Gewerbeertrags kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt.

Nach Auffassung des Senats handelte es sich im Streitjahr bei der Klägerin um ein grundstücksverwaltendes Unternehmen. Zudem beruhte der Gewerbeertrag aus kürzungsfähigen Gewinnbestandteilen.

2. Bei der Klägerin handelte es sich im Streitjahr um ein grundstücksverwaltendes Unternehmen, da sie den Bereich der privaten Vermögensverwaltung nicht verlassen und ausschließlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt hat. Die erweiterte Grundbesitzkürzung war auch nicht ausgeschlossen; denn die Klägerin hatte keinen gewerblichen Grundstückshandel betrieben: Sie hat die Grenze der privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten.

a) Der Verkauf eines Grundstücks kann für sich genommen Teil eines gewerblichen Grundstückshandels sein, aber auch den letzten Akt einer Vermögensverwaltung darstellen. Eine private Vermögensverwaltung wird ausgeübt, solange sich die zu beurteilende Tätigkeit noch als Nutzung von Grundbesitz durch Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz darstellt und die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtungen nicht entscheidend in den Vordergrund tritt. Von einem gewerblichen Grundstückshandel kann dagegen im Regelfall ausgegangen werden, wenn innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Anschaffung bzw. Errichtung und Verkauf, d.h. von etwa fünf Jahren, mindestens vier Objekte veräußert werden, weil die äußeren Umstände dann den Schluss zulassen, dass es dem Steuerpflichtigen auf die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung ankommt (sog. Drei-Objekt-Grenze, ständige Rechtsprechung, vgl. Bundesfinanzhof -BFH-, Urteil vom 27. September 2012, III R 19/11, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2013, 433; BFH, Beschluss vom 3. Juli 1995, GrS 1/93, BStBl II 1995, 617; Bode in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 15 EStG Rn. 171 ff. mit weiteren Nachweisen).

b) Die Drei-Objekt-Grenze dient der Beurteilung der Gewerblichkeit von Grundstücksverkäufen und ist ein gewichtiges Indiz für oder gegen eine von Anfang an bestehende, zumindest bedingte Veräußerungsabsicht. Übersteigt der Zeitraum zwischen Anschaffung bzw. Errichtung und Verkauf die Zeit von fünf Jahren, besteht hingegen die Vermutung, dass der Steuerpflichtige bei der Anschaffung oder Errichtung der verkauften Objekte keine bedingte Verkaufsabsicht hatte. Die Gewerblichkeit kann dann aber auf das Vorliegen anderer Anhaltspunkte gestützt werden, z. B. Tätigkeit und Branchenkenntnisse in der Immobilienbranche, völlige Fremdfinanzierung, Bildung von Wohneigentum bei Errichtung. Liegen hingegen mehr als 10 Jahre zwischen Anschaffung bzw. Errichtung und Verkauf, wird in der Regel kein gewerblicher Grundstückshandel angenommen (Bode in Blümich, a.a.O., Rn. 177).

c) Nach Auffassung des Senats kann die Veräußerung von 14 Wohneinheiten innerhalb der Jahre 2008 bis 2012 nicht nach der sog. Drei-Objekt-Grenze als Indiz für eine bedingte Veräußerungsabsicht schon bei Anschaffung gesehen werden. Zwischen Anschaffung (1977) und erstmaligen Veräußerungsaktivitäten im Streitjahr lagen insgesamt 30 Jahre.

Gegen eine bedingte Veräußerungsabsicht spricht neben dem reinen Zeitablauf zudem die gesamte Gestaltung bei der Klägerin. Der Erwerb fand mehr als zehn Jahre vor der politischen Wende der Jahre 1989/1990 statt, als für den westlichen Teil Berlins zahlreiche Wohnungsbauförderungsmaßnahmen entwickelt wurden. Hierzu gehörte auch die X…. Diese war Anstalt des öffentlichen Rechts und deren Darlehensgewährung wurde steuerlich durch § 17 Berlinförderungsgesetz -BerlinFG- gefördert. Diese steuerliche Förderung war von einer Darlehenslaufzeit von 10 bzw. 25 Jahren abhängig. Auch die weitere Vermietung bis in das Streitjahr zeigt deutlich, dass die Klägerin bei Anschaffung keine bedingte Veräußerungsabsicht hatte.

d) Die Frage, ob auch die Veräußerung von Wohneinheiten über einen Zeitraum von ca. 4 Jahren noch als „letzter Akt“ der Beendigung einer privaten Vermögensverwaltung anzusehen ist, kann hier dahinstehen, da nach Auffassung des Senats mangels Grundstückshandels nur private Vermögensverwaltung gegeben sein kann. Dafür spricht auch die Neuausrichtung der Gesellschaft auf nur noch einen Teil der Wohneinheiten im Objekt C…-Straße und deren Sanierung mit Mitteln aus den veräußerten Wohneinheiten, da nach unbestrittenem Vortrag der Klägerin gerade keine bauliche Sanierung der zum Verkauf stehenden Wohneinheiten erfolgte.

3. Der Gewerbeertrag der Klägerin beruhte auch auf kürzungsfähigen Gewinnbestandteilen, da der außerordentliche Ertrag aus der Ausbuchung der Verbindlichkeit nach Ansicht des Senats unter den Teil des Gewerbeertrags fällt, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt.

a) Bei der Ermittlung des Kürzungsbetrags ist auf den nach Maßgabe des § 7 GewStG ermittelten Gewerbeertrag, nicht aber auf die Höhe der Grundstückserträge oder den aus der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes erwirtschafteten Gewinn abzustellen (vgl. Gosch in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 9 GewStG Rn. 116). Die Kürzung erfasst sämtliche Aktivitäten, die der Verwaltung und Nutzung des Grundbesitzes zuzuordnen sind. Nach der Rechtsprechung gehören zum kürzungsfähigen Gewerbeertrag auch Gewinne aus der Veräußerung eines zum Grundbesitz gehörenden Grundstückes (BFH, Urteil vom 29. April 1987, I R 10/86, BStBl II 1987, 603). Aus diesem Grund sollen auch Übertragungsgewinne, die anlässlich der Umwandlung eines grundstücksverwaltenden Unternehmens durch Aufdeckung der im Grundvermögen vorhandenen stillen Reserven entstehen (§§ 18, 19 UmwStG), kürzungsfähig sein (Gosch in Blümich, a.a.O.).

b) Der außerordentliche Ertrag aus der Ausbuchung der Restverbindlichkeit stellt auch keinen Ertrag aus der Nutzung eigenen Kapitalvermögens dar. Der Begriff des Kapitalvermögens ergibt sich aus § 20 EStG. Erfasst sind nach § 20 Abs. 1 EStG insbesondere Wertpapiere jeder Art, sonstige Anteile an Gesellschaften, Genossenschaften und anderen Vereinigungen, Beteiligungen an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter, Kapitalforderungen jeder Art, z. B. aus Hypotheken, Grund- und Rentenschulden, aus Lebensversicherungen, des Weiteren Wechsel und Anweisungen. Erträge aus solchen Vermögensteilen liegen bei der Klägerin schon begrifflich nicht vor, weil sie kein Vermögen (Aktiva) gegen Entgelt überlassen bzw. genutzt und sich auch nicht in irgendeiner Art beteiligt hat; vielmehr liegt hier ein Ertrag aus dem Wegfall einer Schuld (Passivposten) vor. Der bilanzielle Ertrag der Klägerin ist Folge des Verzichts der Bank auf Teile der Hauptschuld. Ein solcher Vorgang ist auch nach der Neufassung des § 20 EStG (in der Fassung des Unternehmenssteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007) nicht unter § 20 Abs. 2 EStG subsumierbar, da auch insoweit nur der Gewinn aus der Veräußerung von Vermögen erfasst wird.

c) Eine Kürzung entspricht nach Auffassung des Senats auch dem Sinn und Zweck der Regelung, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes der kraft ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtigen Kapital- bzw. Personengesellschaften von der Gewerbesteuer aus Gründen der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen freizustellen, die nur Grundstücksverwaltung betreiben (vgl. BFH, Urteile vom 18. April 2000, VIII R 68/98, BStBl II 2001, 359, und vom 19. Oktober 2010, I R 67/09, BStBl II 2011, 367). Die Klägerin hat zum einen bis auf die Vermietung keinerlei andere Tätigkeiten bzw. Aktivitäten entfaltet. Nach Auffassung des Senats ist die Klägerin im Streitjahr nur eigenen Grundbesitz verwaltend bzw. nutzend tätig geworden. Ein Grundstückshandel lag nicht vor (dazu bereits oben), und auch sonst lag in der Verhandlung mit der Y… bzw. in deren Verzicht keine sonstige unschädliche bzw. schädliche Tätigkeit neben der reinen Grundstücksverwaltung. Zum anderen hätte die Klägerin ohne die Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG (gewerbliche Prägung) nur Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt (Veräußerungsgewinne wären wegen des Fristablaufs gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG nicht mehr steuerbar gewesen) und hätte diese Einkünfte durch Überschussrechnung nach § 11 EStG ermitteln müssen. Der außerordentliche Ertrag aus dem Wegfall der Verbindlichkeit wäre in diesem Fall nicht erfasst worden, da nur die Vermögenssphäre tangiert gewesen wäre. Somit wird deutlich, dass der außerordentliche Ertrag nur gewinnerhöhend auszuweisen war, weil die Klägerin rechtsformbedingt fiktive gewerbliche Einkünfte erzielt und des Weiteren ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte.

III. Der Gewerbeverlust war aus dem zum 31. Dezember 2007 festgestellten Betrag von 1.010.579 € fortzuentwickeln. Ausgehend von einem auf 0,00 € gekürzten Gewerbeertrag ist somit ein Gewerbeverlust von 1.010.579 € zum 31. Dezember 2008 festzustellen.

IV. Die Revision war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Höchstrichterlich ist bisher ungeklärt, wie - in Bezug auf rein bilanzielle Vorgänge - der begünstige Teil des Gewerbeertrags zu ermitteln ist, der nur mittelbar auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren hat der Senat gemäß § 139 Abs. 3 FGO für notwendig erklärt. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten war notwendig, da die Rechtslage nicht so einfach war, dass sich die Klägerin selbst vertreten konnte (dazu oben unter II.3.).