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Prozesskostenhilfebeschwerde; Abschlussprüfung als Fotomedienlaborant vor IHK; Nichtbestehen der praktischen Prüfung; Antrag auf einstweilige Anordnung; vorläufige Neubewertung; vorläufiges Prüfungszeugnis; Sicherung der Prüfungsdateien; Anordnungsgrund; Vorwegnahme der Hauptsache; Möglichkeit der Wiederholungsprüfung; Zeitverlust; Beschäftigungsangebot; (kein) unzumutbarer Nachteil


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 10. Senat Entscheidungsdatum 29.01.2010
Aktenzeichen OVG 10 M 13.09 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 123 Abs 1 VwGO, § 166 VwGO, § 114 ZPO

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 2. Februar 2009 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die erstinstanzliche Versagung von Prozesskostenhilfe hat keinen Erfolg. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes - ungeachtet der nach Bestehen der Wiederholungsprüfung erklärten Erledigung des Verfahrens - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO gehabt habe, ist nicht zu beanstanden.

Die Antragstellerin, der im Juli 2008 das Nichtbestehen der Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf Fotomedienlaborantin mitgeteilt und die für den 16. Dezember 2008 erneut zur Praktischen Prüfung geladen worden war, wollte mit ihren Anträgen vom 14. November 2008 erreichen, dass noch vor dem 16. Dezember 2008 der im Juli 2008 abgelegte praktische Teil der Prüfung vorläufig neu bewertet wird, ihr das Bestehen der Abschlussprüfung vorläufig bestätigt wird und die bei der Antragsgegnerin auf Computer und USB-Stick vorhandenen Prüfungsdateien aufbewahrt werden. Bei summarischer Prüfung dürfte das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen sein, dass diese Anträge von vornherein keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hatten, weil es bereits an einem Anordnungsgrund fehlte.

1. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, begehrte die Antragstellerin mit der „vorläufigen“ Neubewertung der Prüfungsleistung eine Vorwegnahme der Hauptsache. Denn die „Vorläufigkeit“ betrifft in diesem Zusammenhang nicht den Bewertungsvorgang an sich, sondern nur die Frage, ob die neue Bewertung nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens bestehen bleibt. Wird einem Antrag auf vorläufige Neubewertung einer Prüfung im Eilverfahren stattgegeben, so wird bei einem Obsiegen im Klageverfahren die Prüfungsleistung nicht nochmals - nunmehr endgültig - erneut bewertet, sondern die bereits erfolgte Neubewertung wird zur endgültigen Bewertung (vgl. Niehues, Prüfungsrecht, 4. Aufl. 2004, Rn. 876). Die „vorläufige“ Neubewertung selbst hat umfassend und nicht etwa nur summarisch zu erfolgen und unterscheidet sich inhaltlich nicht von der in der Hauptsache begehrten neuen Bewertung, so dass sie eine Vorwegnahme der Hauptsache darstellt (so auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. März 2009 - OVG 10 S 34.08 - BA S. 5; OVG Hamburg, Beschluss vom 13. Februar 2007 - 3 Bs 270/06 -, NJW 2007, 2874, zitiert nach juris, Rn. 6; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31. August 2000 - 14 B 634/00 -, DVBl. 2001, 820, zitiert nach juris; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Auflage 2008, Rn. 1422, 1433). Eine solche Vorwegnahme der Hauptsache widerspricht dem Wesen und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens und kommt daher nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG schlechterdings notwendig ist. Dies ist der Fall, wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären und zudem ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht (vgl. nur Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 123 Rn. 13 f. m.w.N.). Vorliegend hat die Antragstellerin bereits die Gefahr unzumutbarer Nachteile nicht hinreichend glaubhaft gemacht.

Eine besondere Dringlichkeit für eine Neubewertung bereits vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens kann sich zum einen aus der Eigenart der Prüfungsleistung ergeben, wenn diese - wie etwa bei mündlichen Prüfungen und manchen praktischen Prüfungen - nicht ohne weiteres reproduzierbar ist und die Bewertung vom Erinnerungsvermögen der Prüfer abhängt (vgl. etwa OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. Mai 2008 - OVG 10 M 2.08 -, BA S. 3; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 11. April 1996 - BVerwG 6 B 13.96 -, NVwZ 1997, 502, zitiert nach juris, Rn. 14). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Im Übrigen kann auch ein drohender Zeitverlust ein Abwarten auf den Ausgang der Hauptsache unzumutbar machen. Dies ist in der Regel allerdings dann nicht der Fall, wenn der Betroffene in absehbarer Zeit eine Wiederholungsprüfung ablegen kann und es daher selbst in der Hand hat, die zeitliche Verzögerung auf ein zumutbares Maß zu begrenzen (vgl. etwa OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 3 ff.; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 18. Mai 1993 - 3 M 19/93 -, NVwZ 1994, 805, zitiert nach juris, Rn. 11; Hessischer VGH, Beschluss vom 29. September 1992 - 6 TG 1517/92 -, DVBl. 1993, 57, zitiert nach juris, Rn. 2; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn. 1424, 1434; Niehues, a.a.O., Rn. 877; vgl. zur Vermeidung einer unzumutbaren Unterbrechung der Berufsausbildung durch eine zusätzliche Prüfungswiederholung auch BVerfG, Beschluss vom 14. März 1989 - 1 BvR 1308/82 -, BVerfGE 80, 40, 47). Ob und ggf. in welchen Fällen im Hinblick auf den zeitlichen und/oder inhaltlichen Aufwand des jeweiligen Prüfungsverfahrens ein Verweis auf eine noch mögliche Wiederholungsprüfung nicht zumutbar erscheint, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn es ist nicht ersichtlich, dass im Falle der Antragstellerin das Abwarten auf das Ergebnis der Wiederholungsprüfung mit unzumutbaren Nachteilen verbunden gewesen wäre.

Die Wiederholungsprüfung der Antragstellerin erfasste lediglich den praktischen Prüfungsteil und nicht die gesamte Abschlussprüfung. Dass mit der Ablegung dieser Prüfung ganz besondere Belastungen verbunden wären, hat die Antragstellerin nicht geltend gemacht. Bei Eingang des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung am 14. November 2008 war die Antragstellerin bereits zur Prüfung am 16. Dezember 2008 geladen. Der im Falle eines Erfolgs des Eilantrags zu erwartende Zeitgewinn von höchstens einem Monat ist so geringfügig, dass der Antragstellerin ohne weiteres ein Abwarten auf den Ausgang der Wiederholungsprüfung zugemutet werden konnte. Daran ändert auch das Angebot des Ausbildungsbetriebs, die Antragstellerin nach Bestehen der Abschlussprüfung befristet in Teilzeit zu beschäftigen, nichts. Allein der behauptete - nicht näher bezifferte - Unterschied in der Höhe der Vergütung begründet angesichts der geringen Zeitspanne bis zur Wiederholungsprüfung keinen wesentlichen Nachteil, zumal das Weiterbeschäftigungsangebot zeitlich nicht befristet war.

2. Für die von der Antragstellerin begehrte vorläufige Bestätigung des Bestehens der Abschlussprüfung, die nur auf der Grundlage einer vorläufigen Neubewertung der praktischen Prüfung hätte erfolgen können, fehlt es aus den dargelegten Gründen ebenfalls an einem Anordnungsgrund.

3. Soweit die Antragstellerin zudem die Sicherung der Prüfungsdateien insbesondere auf dem von der Antragsgegnerin zur Verfügung gestellten USB-Stick begehrt hat, ist ebenfalls nicht glaubhaft gemacht, dass der Erlass einer gerichtlichen Anordnung zur Verhinderung der Datenvernichtung erforderlich gewesen wäre. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass nicht einmal ansatzweise ersichtlich sei, dass die Antragsgegnerin vorgehabt hätte, die Prüfungsdateien nicht bis zum Abschluss des Verfahrens unverändert aufzubewahren. Zudem war es der Antragstellerin zuzumuten, bei etwaigen Zweifeln vor der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes zunächst an die Antragsgegnerin direkt heranzutreten. Soweit die Antragstellerin behauptet, ein derartiger außergerichtlicher Kontakt habe nicht rechtzeitig zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes hergestellt werden können, ist ihr Vortrag nicht nachvollziehbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).