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Entscheidung 10 Sa 1966/13


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 10. Kammer Entscheidungsdatum 24.04.2014
Aktenzeichen 10 Sa 1966/13 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 305c BGB

Leitsatz

Wenn ein Arbeitgeber seinen Verkäuferinnen Namensschilder mit Flaggensymbolen zur Verfügung stellt, die auf deren Sprachkompetenz hinweisen, ist - jedenfalls in Duty-Free-Shops auf internationalen Flughäfen - von einer regelmäßigen Anwendung fremder Sprachen auszugehen.

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom 10. Oktober 2013 - 3 Ca 627/13 - abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin

17.741,00 EUR brutto (siebzehntausendsiebenhunderteinundvierzig 00/100)

nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

auf 241,00 EUR seit dem 01.02.2010,
auf 241,00 EUR seit dem 01.03.2010,
auf 241,00 EUR seit dem 01.04.2010,
auf 241,00 EUR seit dem 01.05.2010,
auf 241,00 EUR seit dem 01.06.2010,
auf 241,00 EUR seit dem 01.07.2010,
auf 241,00 EUR seit dem 01.08.2010,
auf 241,00 EUR seit dem 01.09.2010,
auf 336,00 EUR seit dem 01.10.2010,
auf 336,00 EUR seit dem 01.11.2010,
auf 340,00 EUR seit dem 01.12.2010,
auf 340,00 EUR seit dem 01.01.2011,
auf 340,00 EUR seit dem 01.02.2011,
auf 340,00 EUR seit dem 01.03.2011,
auf 340,00 EUR seit dem 01.04.2011,
auf 340,00 EUR seit dem 01.05.2011,
auf 340,00 EUR seit dem 01.06.2011,
auf 340,00 EUR seit dem 01.07.2011,
auf 340,00 EUR seit dem 01.08.2011,
auf 340,00 EUR seit dem 01.09.2011,
auf 455,00 EUR seit dem 01.10.2011,
auf 455,00 EUR seit dem 01.11.2011,
auf 455,00 EUR seit dem 01.12.2011,
auf 455,00 EUR seit dem 01.01.2012,
auf 455,00 EUR seit dem 01.02.2012,
auf 455,00 EUR seit dem 01.03.2012,
auf 455,00 EUR seit dem 01.04.2012,
auf 455,00 EUR seit dem 01.05.2012,
auf 455,00 EUR seit dem 01.06.2012,
auf 455,00 EUR seit dem 01.07.2012,
auf 455,00 EUR seit dem 01.08.2012,
auf 455,00 EUR seit dem 01.09.2012,
auf 571,00 EUR seit dem 01.10.2012,
auf 571,00 EUR seit dem 01.11.2012,
auf 571,00 EUR seit dem 01.12.2012,
auf 571,00 EUR seit dem 01.01.2013,
auf 571,00 EUR seit dem 01.02.2013,
auf 571,00 EUR seit dem 01.03.2013,
auf 571,00 EUR seit dem 01.04.2013,
auf 571,00 EUR seit dem 01.05.2013,
auf 571,00 EUR seit dem 01.06.2013,
auf 571,00 EUR seit dem 01.07.2013,
auf 571,00 EUR seit dem 01.08.2013,

zu zahlen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

III. Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 17.741,00 EUR festgesetzt.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Bedeutung ihrer arbeitsvertraglichen Vergütungsabrede im Hinblick auf dabei erwähnte Teile eines Tarifvertrages sowie Differenzvergütung für die Zeit von Januar 2010 bis Juli 2013 in Höhe von insgesamt 17.741,00 EUR brutto nebst Zinsen.

Die Klägerin ist im Jahre 1976 geboren und seit dem 1. September 2009 bei der Beklagten als Verkäuferin/Kassiererin in deren Betriebsstätte im Flughafen Sch. beschäftigt. Die Klägerin ist mit der französischen und der arabischen Sprache als Muttersprache aufgewachsen. Zusätzlich beherrscht sie die deutsche, die englische und die russische Sprache. Die Betriebsstätte verfügt über drei Verkaufsstellen. Die Beklagte ist nicht tarifgebunden. Die Beklagte zahlte der Klägerin eine Vergütung von 1.772,-- EUR entsprechend der Gehaltsgruppe K 2 im 1.-4. Berufsjahr des zwischen dem Handelsverband Berlin-Brandenburg e.V. und der Landesbezirksleitung Berlin-Brandenburg der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) vereinbarten Tarifvertrages über Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für den Einzelhandel im Bundesland Brandenburg) und seit dem 1. September 2013 in Höhe von 1.856,-- EUR brutto/mtl. entsprechend der Gehaltsgruppe K 2 im 5. Berufsjahr dieses Tarifvertrages.

In dem zwischen den Parteien vereinbarten ursprünglich befristeten aber über das Befristungsende hinaus unverändert fortgesetzten und von der Beklagten in einer Vielzahl von Fällen verwendeten und vorformulierten Arbeitsvertrag vom 27. August 2009 haben die Parteien unter der Überschrift „Tarifgehalt und sonstige Vergütungen bei voller tariflicher Arbeitszeit“ vereinbart:

„Die Mitarbeiterin wird in die Gehaltsgruppe K2, im 1. – 4. Berufsjahr des geltenden Tarifvertrages eingestuft. Tarifgehalt derzeit: € 1.629,00 Brutto/Monat. Für Arbeit an Sonn- und Feiertagen, sowie für Nachtarbeit werden die tariflichen Zuschläge gezahlt.“

Im Übrigen verweist der Arbeitsvertrag nur noch im Bereich Urlaub sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld auf den jeweils gültigen Tarifvertrag. Mit Schreiben vom 6. August 2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie ab dem 1. September 2013 die nächsthöhere Tarifgruppe erreichen werde und deshalb ab diesem Zeitpunkt in die Gehaltsgruppe K2 im 5. Berufsjahr eintarifiert werde.

Während der Arbeitszeit trägt die Klägerin ein Namensschild der Beklagten, welches mit den Flaggensymbolen für Deutschland, Großbritannien, Russland, Frankreich und Saudi-Arabien auf ihre Sprachkenntnisse hinweist. In welchem Umfang sie diese Sprachen einsetzt ist streitig, unstreitig werden allerdings Zielorte von Schönefeld angeflogen, die in allen Gebieten mit den von der Klägerin beherrschten Sprachen liegen.

Der Gehaltstarifvertrag sieht eine Eingruppierung in die Gehaltsgruppe K3 für Angestellte vor, die qualifizierte Arbeiten selbständig erledigen, für die besondere Fachkenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind. Als Beispiel werden unter anderem „Verkäufer/innen bei regelmäßiger Anwendung fremder Sprachen“ genannt. Die Beklagte hatte zumindest zeitweise die vielfältigen Sprachkenntnisse der Klägerin auf ihre Homepage besonders hervorgehoben.

Die Klägerin trägt vor, dass sie regelmäßig verschiedene Sprachen einsetze, um die Kunden der Beklagten zu bedienen. Teilweise werde sie von Kolleginnen und Kollegen wegen ihrer Sprachkenntnisse ausdrücklich hinzugezogen, teilweise erfolge ihr Einsatz gezielt in Bereichen mit erhöhtem Fremdsprachenbedarf.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 10. Oktober 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Vergütungstarifvertrag mangels Tarifbindung nicht unmittelbar gelte und auch nicht vertraglich vereinbart worden sei. Denn es seien lediglich einzelne Punkte im Arbeitsvertrag in Bezug genommen worden, nicht jedoch das Tarifwerk als Ganzes. Es handele sich nicht um eine deklaratorische Verweisung auf den Einzelhandelstarif. Vielmehr sei die Vereinbarung über ein Tarifgehalt nach der Gehaltsgruppe K2, 1.-4. Berufsjahr konstitutiv. Eine Auslegung des Wortlautes des Arbeitsvertrages ergebe, dass für die Höhe der Vergütung die Gehaltsgruppe K2 des Vergütungstarifvertrages maßgeblich sei. Aus Sicht eines verständigen Empfängers verweise die vereinbarte Bezugnahme auf ein zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbartes System von Gehaltsgruppen. Auch wenn der Tarifvertrag nicht ausdrücklich bezeichnet sei, sei es im Zweifel der branchenübliche, zumal die vereinbarte Vergütung diesem exakt entspreche. Es handele sich auch um eine dynamische Verweisung, allerdings nur auf die Gehaltsgruppe K2. Durch die Vereinbarung der Gehaltsgruppe im 1.-4. Berufsjahr habe die Beklagte sich in dem von ihr vorformulierten Vertrag auf ein bereits bestehendes Vergütungssystem beziehen wollen, um nicht ein eigenes System anwenden zu müssen. Die Angabe „Tarifgehalt derzeit“ bestätige die Dynamik der Vereinbarung. Das sei nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts immer dann anzunehmen, wenn sich nicht ausdrücklich ein anderer Wille ergebe.

Damit sei aber keine Eingruppierungsautomatik vereinbart. Die vergütungsrechtliche Bewertung der Tätigkeit der Klägerin sei nach der vertraglichen Vereinbarung unerheblich. Die Eingruppierungsautomatik ergäbe sich nicht aus dem Vergütungstarifvertrag, sondern aus § 9 des Manteltarifvertrages für den Einzelhandel in Brandenburg. Die Vergütungsgruppe sei lediglich „frei“ vereinbart. Auch die Erhöhung der Vergütung mit Beginn des 5. Berufsjahres führe zu keinem anderen Ergebnis. Dieses entspreche der dynamischen Vereinbarung innerhalb der Gehaltsgruppe K2.

Gegen dieses den Klägerinvertretern am 24. Oktober 2013 zugestellte Urteil haben diese für die Klägerin am 19. November 2013 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist am 23. Januar 2014 begründet.

Die Klägerin führt aus, dass die Formulierung des Arbeitsvertrages vollumfänglich auf den Vergütungstarifvertrag Bezug nehme. Die Entgeltgruppe K2 sei nicht statisch vereinbart worden. Die Klausel selbst beinhalte bereits die „Einstufung“ der Klägerin. Die Überschrift verweise auf ein „Tarifgehalt“ und nicht nur auf „Vergütung“ oder „Entgelt“. Durch die Nennung des Tarifgehaltes in der Überschrift sei die tarifliche Entlohnung insgesamt in Bezug genommen worden. Auch das Bundesarbeitsgericht habe entschieden, dass die Bezugnahme auf den tariflichen Urlaub den gesamten Urlaubskomplex in Bezug genommen habe. Dieses habe die Beklagte mit dem Erhöhungsschreiben zum 1. September 2013 auch so bestätigt. Dort habe sie selbst die Worte „eintarifiert“ sowie das Erreichen der „nächsthöheren Tarifgruppe“ verwendet. Jedenfalls handele es sich bei der von der Klägerin angenommenen Auslegung um eine vertretbare Auslegungsvariante. In diesem Fall sei dann aber die gesetzliche Unklarheitenregel des § 305c BGB anzuwenden.

Dass die Klägerin die Anforderungen der Vergütungsgruppe K3 erfülle, sei angesichts des von der Beklagten eingesetzten Namensschildes offensichtlich.

Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom 10. Oktober 2013 - 3 Ca 627/13 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 17.741,00 EUR brutto nebst Zinsen in höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

auf 241,00 EUR seit dem 01.02.2010,
auf 241,00 EUR seit dem 01.03.2010,
auf 241,00 EUR seit dem 01.04.2010,
auf 241,00 EUR seit dem 01.05.2010,
auf 241,00 EUR seit dem 01.06.2010,
auf 241,00 EUR seit dem 01.07.2010,
auf 241,00 EUR seit dem 01.08.2010,
auf 241,00 EUR seit dem 01.09.2010,
auf 336,00 EUR seit dem 01.10.2010,
auf 336,00 EUR seit dem 01.11.2010,
auf 340,00 EUR seit dem 01.12.2010,
auf 340,00 EUR seit dem 01.01.2011,
auf 340,00 EUR seit dem 01.02.2011,
auf 340,00 EUR seit dem 01.03.2011,
auf 340,00 EUR seit dem 01.04.2011,
auf 340,00 EUR seit dem 01.05.2011,
auf 340,00 EUR seit dem 01.06.2011,
auf 340,00 EUR seit dem 01.07.2011,
auf 340,00 EUR seit dem 01.08.2011,
auf 340,00 EUR seit dem 01.09.2011,
auf 455,00 EUR seit dem 01.10.2011,
auf 455,00 EUR seit dem 01.11.2011,
auf 455,00 EUR seit dem 01.12.2011,
auf 455,00 EUR seit dem 01.01.2012,
auf 455,00 EUR seit dem 01.02.2012,
auf 455,00 EUR seit dem 01.03.2012,
auf 455,00 EUR seit dem 01.04.2012,
auf 455,00 EUR seit dem 01.05.2012,
auf 455,00 EUR seit dem 01.06.2012,
auf 455,00 EUR seit dem 01.07.2012,
auf 455,00 EUR seit dem 01.08.2012,
auf 455,00 EUR seit dem 01.09.2012,
auf 571,00 EUR seit dem 01.10.2012,
auf 571,00 EUR seit dem 01.11.2012,
auf 571,00 EUR seit dem 01.12.2012,
auf 571,00 EUR seit dem 01.01.2013,
auf 571,00 EUR seit dem 01.02.2013,
auf 571,00 EUR seit dem 01.03.2013,
auf 571,00 EUR seit dem 01.04.2013,
auf 571,00 EUR seit dem 01.05.2013,
auf 571,00 EUR seit dem 01.06.2013,
auf 571,00 EUR seit dem 01.07.2013,
auf 571,00 EUR seit dem 01.08.2013,

zu zahlen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, dass die der Klägerin zu zahlende Vergütung eindeutig im Arbeitsvertrag benannt sei. Bei dem von der Klägerin angenommenen Willen hätten die Vertragsparteien eine andere Formulierung gewählt und insgesamt auf den geltenden Tarifvertrag verwiesen sowie lediglich deklaratorisch die Entgeltgruppe K2 benannt. Die Worte „eingestuft“ und „eintarifiert“ könnten dahin verstanden werden, dass es die Einordnung in die Berufsjahresstufen betreffe. Mit dem Wort „Tarifgruppe“ sei die Entgeltstufe innerhalb der Entgeltgruppe K2 gemeint. Auch der Verweis auf den gesamten Vergütungskomplex könne den Formulierungen des Arbeitsvertrages nicht entnommen werden. Es sei lediglich die Vergütungshöhe und nicht das gesamte Tarifsystem inkl. Eingruppierungsautomatik in Bezug genommen worden. Auch hinsichtlich der Zulagen seien nur einzelne Zulagen des MTV des Brandenburger Einzelhandels in Bezug genommen worden.

Schließlich habe die Klägerin nicht hinreichend dargelegt, dass sie die Anforderungen der Vergütungsgruppe K3 erfülle.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsbegründung der Klägerin vom 23. Januar 2014 und ihren Schriftsatz vom 15. April 2014 sowie auf die Berufungsbeantwortung der Beklagten vom 28. Februar 2014, seinen Schriftsatz vom 24. März 2014 und das Sitzungsprotokoll vom 24 April 2014 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht im Sinne der §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 Zivilprozessordnung (ZPO) eingelegt und begründet worden.

II.

Sie ist auch begründet, so dass insoweit die angefochtene Entscheidung abzuändern war. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts und der Beklagten ist die Vergütungs-/Eingruppierungsregelung im Arbeitsvertrag zumindest unklar. Darüberhinaus erfüllt die Klägerin die Anforderungen der Gehaltsgruppe K 3 des Tarifvertrages über Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für den Einzelhandel im Bundesland Brandenburg.

1.

Welche Rechtsqualität der Vergütungsregelung auf Seite 2 des Arbeitsvertrages zukommt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Es ist der in der auszulegenden Erklärung verkörperte maßgebliche Wille der Parteien zu ermitteln. Lässt sich dabei ein übereinstimmender Wille der Parteien feststellen, so ist dieser allein maßgeblich, auch wenn er in dem Vertrag nur einen unvollkommenen oder gar keinen Ausdruck gefunden hat. Lässt sich ein solcher übereinstimmender Wille nicht feststellen, so sind die jeweiligen Erklärungen der Vertragsparteien jeweils aus der Sicht des Erklärungsempfängers so auszulegen, wie dieser sie nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen durfte und musste. Die Auslegung hat ausgehend vom Wortlaut, der nach dem Sprachgebrauch der jeweiligen Verkehrskreise zu bewerten ist, alle den Parteien erkennbaren Begleitumstände, die für den Erklärungsinhalt von Bedeutung sein können, zu berücksichtigen. Hierzu gehört vornehmlich die Entstehungsgeschichte, das Verhalten der Partei nach Vertragsschluss, der Zweck des Vertrages und die bei Vertragsschluss vorliegende Interessenlage (vgl. etwa BAG, Urteil vom 19. November 2008 – 10 AZR 671/07; Urteil vom 12. Februar 2003 - 10 AZR 392/02; Urteil vom 31. Juli 2002 - 10 AZR 513/01).

1.1

Der Wortlaut der Vergütungsregelung im Arbeitsvertrag ist nicht eindeutig. Eindeutig ist lediglich, dass es sich aufgrund der Angabe des Tarifgehaltes „derzeit“ um eine worauf auch immer bezogene Dynamik hinsichtlich des Tarifgehaltes handeln sollte. Bezugnahmen im Arbeitsvertrag auf anderweitige normativer Regelungen sind in der Regel dynamisch zu verstehen (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 16. Dezember 2009 – 5 AZR 888/08).

Nach ihrem Wortlaut könnte sich die Regelung im Übrigen, wie von den Parteien in diesem Rechtsstreit jeweils nachvollziehbar ausgeführt, lediglich auf die „Stufen“ innerhalb der Entgeltgruppe K2 beziehen, indem der Arbeitsvertrag eine Einstufung regelt. Ebenso könnte es sich aber auch auf die Gehaltsgruppen entsprechend einer Eingruppierung beziehen, da die Einstufung der Klägerin in die Gehaltsgruppe K2 erfolgte. Auch die Überschrift der Vergütungsregelung verweist auf ein „Tarifgehalt“ und nicht nur auf eine Vergütung mit Tarifstufen.

Dabei handelt es sich auch weder bei der einen noch bei der anderen Auslegung um eine nur entfernt mögliche Auslegung (vgl. dazu BAG, Urteil vom 18. Mai 2010 – 3 AZR 373/08), sondern jeweils um eine gut vertretbare. Insofern ist aus dem Wortlaut der arbeitsvertraglichen Vereinbarung ein übereinstimmender Wille der Parteien nicht feststellbar. Keine der Auslegungen verdient den klaren Vorzug.

1.2

Andere den Parteien erkennbaren Begleitumstände, die für den Erklärungsinhalt von Bedeutung sein können, hat keine der Parteien vorgetragen und war auch im Übrigen für das Gericht nicht ersichtlich. Deshalb verbleiben mit den jeweils möglichen unterschiedlichen Auslegungen der Parteien nicht behebbare Zweifel hinsichtlich der Auslegung der arbeitsvertraglichen Vergütungsabrede der Parteien.

Zweifel bei der Auslegung von Formularverträgen gehen zu Lasten des Verwenders (BAG, Urteil vom 9. November 2005 – 5 AZR 128/05). Eine Unklarheit im Sinne von § 305 c BGB besteht, wenn nach Ausschöpfung aller Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel bleibt. Sie setzt voraus, dass die Auslegung einer einzelnen Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen – wie hier - erhebliche Zweifel an der richtigen Auslegung bestehen.

Deshalb ist hier eine arbeitsvertragliche Verweisung auf das gesamte tarifliche Eingruppierungssystem des Einzelhandels im Bundesland Brandenburg anzunehmen.

2.

Nach dem Tarifvertrag über Gehälter, Löhne und Ausbildungsvergütungen für den Einzelhandel im Bundesland Brandenburg sind Verkäuferinnen, die bei ihrer Tätigkeit mit Wissen und Wollen des Arbeitgebers regelmäßig fremde Sprachen anwenden, entsprechend einem der Regelbeispiele zur Gehaltsgruppe K 3 in diese Entgeltgruppe eingruppiert. Unstreitig verfügt die Klägerin über erhebliche Kenntnisse in fünf Sprachen. Auch wenn der Umfang der jeweiligen Kenntnisse in den einzelnen Sprachen streitig ist, genügten der Beklagten die Sprachkenntnisse der Klägerin, um diese durch Flaggensymbole auf dem Namensschild für eigene Zwecke zu verwenden. Allein durch diese jahrelange Verwendung hat die Beklagte deutlich gemacht, dass sie von ausreichenden Fähigkeiten der Klägerin in diesen fünf Sprachen ausging. Das diesbezügliche Bestreiten im Verfahren war danach nicht ausreichend, um eine weitere Aufklärung diesbezüglich auszulösen.

Auch die Auseinandersetzung der Parteien über die Frage, was eine fremde Sprache ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Zunächst geht die Kammer davon aus, dass bei der tariflichen Regelung für eine im Bundesland Brandenburg ausgeübte Tätigkeit die deutsche Sprache als Ausgangssprache anzunehmen ist und somit jede nicht-deutsche Sprache als „fremde Sprache“ im Sinne des Tarifvertrages anzusehen ist. Selbst wenn man aber davon ausgehen würde, dass die „Muttersprache(n)“ als Ausgangspunkt maßgeblich wären, würde dies in diesem Rechtsstreit zu keinem anderen Ergebnis führen, da die Klägerin auch neben ihren beiden Muttersprachen weitere drei Sprachen beherrscht.

Soweit die Parteien den Umfang der Anwendung fremder Sprachen streitig erörtert haben, hatte die Kammer keinerlei Zweifel, dass die Klägerin „regelmäßig“ fremde Sprachen verwendet. Unstreitig besuchen regelmäßig Fluggäste mit Zielländern, in denen die von der Klägerin beherrschten vier fremden Sprachen gesprochen werden, die Betriebsstätte der Beklagten. Unstreitig setzt die Klägerin dabei ihre vielfältigen Sprachkenntnisse ein. Dieses war sogar in einem solchen Umfang der Fall, dass die Beklagte selbst bis zum Beginn dieses Rechtsstreits auf ihrer Homepage diesen Umstand besonders hervorhob. Die Kammer ging davon aus, dass ein regelmäßiger Einsatz fremder Sprachen immer dann gegeben ist, wenn er nicht nur gelegentlich erfolgt. Das diese Schwelle eindeutig überschritten ist, ergibt sich aus der – früheren – Darstellung der Beklagten auf ihrer Homepage und stand für die Kammer auch aufgrund eigener Erfahrungen in Verkaufseinrichtungen auf internationalen Flughäfen wie dem in Schönefeld fest.

III.

Die Kostenentscheidung folgt § 64 Abs.6 ArbGG in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs.2 ArbGG kam nicht in Betracht, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen haben.