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Prozesskostenhilfe; Erfolgsaussicht; Zusicherung zu den Unterkunftskosten; Erforderlichkeit eines Umzugs; Fortsetzungsfeststellungsklage; Elementenfeststellungsklage


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 18. Senat Entscheidungsdatum 04.10.2010
Aktenzeichen L 18 AS 1841/10 B PKH ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 73a Abs 1 S 1 SGG, § 131 Abs 1 S 3 SGG, § 114 ZPO, § 22 Abs 2 SGB 2

Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 17. August 2010 wird zurückgewiesen.

Gründe

Die Beschwerde der Kläger ist nicht begründet.

Den Klägern ist für das erstinstanzliche Verfahren keine Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt G zu bewilligen; die zuletzt im Wege der Klageänderung erhobene Feststellungsklage hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – iVm § 114 Zivilprozessordnung – ZPO -).

Die Klage ist bereits unzulässig, sofern die Kläger mit ihrer Feststellungsklage entsprechend ihrem Vorbringen in der Beschwerdeschrift das Ziel verfolgen sollten, die Erforderlichkeit des Umzugs iSv § 22 Abs. 2 Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) gerichtlich festzustellen. Denn eine solche Klage wäre schon nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses iSv § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG gerichtet. Aber auch soweit vereinzelt in der Rechtsprechung eine sog. Elementenfeststellungsklage ausnahmsweise für möglich gehalten wird, wäre eine solche hier nicht zulässig (vgl auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. März 2010 – L 10 AS 216/10 B ER – juris – mwN). Eine solche Klage ist nur dann statthaft, wenn der Streit zwischen den Beteiligten durch die gerichtliche Feststellung über ein einzelnes Element eines Rechtsverhältnisses vollständig ausgeräumt werden kann (vgl BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 9 mwN). Diese Voraussetzung wäre hier schon deshalb nicht gegeben, weil selbst im Falle einer rechtskräftigen Feststellung der Auszugsnotwendigkeit ein weiterer Streit der Beteiligten darüber, ob die Aufwendungen für eine neue Unterkunft angemessen sind, nicht auszuschließen ist. Dies erhellt schon daraus, dass etwa das Sozialgericht die abstrakte Angemessenheit der Aufwendungen für die Wohnung T in B – (nur) über die Zusicherung für diese Wohnung ist in dem streitgegenständlichen Bescheid des Antragsgegners vom 24. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2009 entschieden worden – verneint hat. Im Übrigen steht auch der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber Gestaltungs- und Leistungsklagen bzw ihren Sonderformen (den Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen) der Zulässigkeit einer Elementenfeststellungsklage entgegen. Obwohl § 55 SGG, anders als § 43 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung und § 41 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung, ein Nachrangverhältnis zwischen den Klagearten nicht ausdrücklich festlegt, ist auch für das sozialgerichtliche Verfahren anerkannt, dass ein Kläger eine gerichtliche Feststellung nicht verlangen kann, soweit er die Möglichkeit hat, seine Rechte mit einer Gestaltungs- oder Leistungsklage zu verfolgen. Ein Feststellungsinteresse ist regelmäßig zu verneinen, wenn bereits im Rahmen der genannten anderen Klagearten, hier der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, mit der ein (konkreter) Zusicherungsanspruch iSv § 22 Abs. 2 SGB II gerichtlich durchgesetzt werden kann, über die Sach- und Rechtsfragen zu entscheiden ist, die der begehrten Feststellung zugrunde liegen (st Rspr.; vgl nur BSG SozR 4 -2700 § 136 Nr 3 mwN). Obwohl der Subsidiaritätsgrundsatz allerdings nicht bei Feststellungsklagen gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts gilt, weil angenommen werden kann, dass diese die Leistungsberechtigten angesichts ihrer in der Verfassung verankerten Bindung an Gesetz und Recht auch ohne Leistungsurteil mit Vollstreckungsdruck befriedigen werden (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 27. Oktober 2009 – B 1 KR 4/09 R – juris - mwN), gilt diese Ausnahme auch nur dann, wenn zu erwarten ist, dass der Streitfall mit der gerichtlichen Feststellung endgültig geklärt wird, die Gerichte also nicht noch einmal mit der Sache befasst werden müssen, um über weitere streitige Punkte zu entscheiden, die von der begehrten Feststellung nicht erfasst werden (vgl BSG SozR 3-3300 § 38 Nr. 2 mwN). Dies ist aber aus den bereits dargelegten Erwägungen gerade nicht der Fall.

Die Feststellungsklage ist aber auch unzulässig, soweit sie nach dem Übergang von der erstinstanzlich erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auf die mit Schriftsatz vom 1. April 2010 ausdrücklich erhobene „Fortsetzungsfeststellungsklage“ als Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG anzusehen ist. Ein (Fortsetzungs-)Feststellungsinteresse der Kläger liegt nicht vor.

Nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn er sich durch Zurücknahme oder anders erledigt hat und der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Der ursprünglich angefochtene Verwaltungsakt des Beklagten vom 24. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2009 hat sich durch einen Wegfall des konkreten Wohnungsangebots erledigt. Diesbezüglich sind die Voraussetzungen für eine Feststellungsklage nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG gegeben. Die Zulässigkeit einer solchen Klage hängt nach dieser Vorschrift jedoch weiterhin davon ab, dass die Kläger ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung haben. Ein derartiges berechtigtes Interesse im dargelegten Sinne kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein. Entscheidend ist, dass die erstrebte gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position der Kläger zu verbessern. Ein Feststellungsinteresse kommt im Grundsatz in drei verschiedenen Richtungen in Betracht, nämlich wegen eines Schadensinteresses, wegen eines Rehabilitierungsinteresses und/oder wegen des Interesses, der Wiederholung gleichartiger Verwaltungsentscheidungen vorzubeugen (vgl BSG, Urteil vom 25. Oktober 1989 – 7 RAr 148/88 = SozR 4100 § 91 Nr. 5 mwN).

Ein berechtigtes Feststellungsinteresse im dargelegten Sinn, das vorliegend allein unter dem Gesichtspunkt der Wiederholung gleichartiger Verwaltungsentscheidungen des Beklagten bestehen könnte, ist aber bereits deshalb zu verneinen, weil jedwede Zusicherung der Übernahme von Unterkunftskosten immer von den jeweiligen tatsächlichen Verhältnissen im Einzelfall, dh der zum Zeitpunkt der begehrten Zusicherung bestehenden Sachlage, abhängt (vgl. zum Ganzen Senatsurteil vom 4. Juni 2008 – L 18 AS 1541/07 – nicht veröffentlicht). Ob indes bei einer zukünftigen Verwaltungsentscheidung des Beklagten über die Erteilung einer Zusicherung für die Aufwendungen einer Unterkunft u.a. im Hinblick auf die Erforderlichkeit des Umzugs und die Angemessenheit der Aufwendungen (vgl. die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II) die gleichen Verhältnisse vorliegen wie im Zeitpunkt des Erlasses des erledigten Verwaltungsaktes, kann derzeit nicht beurteilt werden. Das Feststellungsinteresse ist aber schon dann zu verneinen, wenn – wie hier – ungewiss bleibt, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse vorliegen wie im Zeitpunkt des Erlasses des erledigten Verwaltungsaktes (vgl hierzu BSG, Urteil vom 07. September 1988 – 10 RAr 8/87 – juris – mwN; BVerwG, Urteil vom 25. November 1986 – 1 C 10/86 = Buchholz, 310, § 113 Nr. 162). Soweit die Kläger geltend machen, ein Feststellungsinteresse bestehe deshalb, weil zu gewärtigen sei, dass der Beklagte auch weitere Anträge auf Abgabe einer Zusicherung für die Übernahme von Unterkunftskosten unter Berufung auf die mangelnde Erforderlichkeit eines Auszugs ablehnen werde, vermag dies das erforderliche Feststellungsinteresse ebenfalls deshalb nicht zu begründen, weil derzeit völlig offen ist, welche Tatsachengrundlage der dann ergehenden Verwaltungsentscheidung zugrunde zu legen sein wird. Ein berechtigtes Interesse im dargelegten Sinne folgt schließlich auch nicht aus einem etwaigen Interesse der Kläger an einer auf erschöpfender Klärung der Sach- und Rechtslage beruhenden Kostenentscheidung (vgl. BSG, Urteil vom 07. September 1988 – 10 RAr 8/87 –).

Eine Kostenentscheidung hat im PKH-Beschwerdeverfahren kraft Gesetzes nicht zu ergehen (vgl § 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).