Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 11. Senat | Entscheidungsdatum | 14.09.2010 | |
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Aktenzeichen | L 11 VG 39/08 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 1 Abs 1 S 1 OEG, § 1 Abs 3 S 1 BVG, § 30 Abs 1 S 1 BVG |
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. April 2007 aufgehoben, soweit der Beklagte zur Gewährung einer Beschädigtenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mehr als 40 verurteilt worden ist.
Die darüber hinausgehende Klage sowie die Klage gegen den Bescheid vom 3. September 2007 werden abgewiesen.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger die Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten des Verfahrens 1. Instanz zu erstatten; im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Kläger begehrt die Anerkennung zusätzlicher Schädigungsfolgen als Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs sowie die Gewährung einer Beschädigtenrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) – vormals Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) – von mindestens 60 auf der Grundlage des Opferentschädigungsgesetzes (OEG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Der 1960 geborene Kläger ist libanesischer Staatsangehöriger und hält sich als rechtskräftig anerkannter Asylbewerber seit 1984 ständig in der Bundesrepublik Deutschland auf. Bis zu einem im September 1991 erlittenen Verkehrsunfall war der Kläger als Sanitärinstallateur bzw. Metallgießer abhängig beschäftigt. Nach bestehender Arbeitsunfähigkeit ist der Kläger zwischenzeitlich langjährig arbeitslos bzw. arbeitsuchend und bezieht derzeit neben seiner ihm gewährten Beschädigtenrente durch den Beklagten nach einer MdE von 40 (anerkannt ab dem 1. August 2003) Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch.
Nach den Feststellungen des Landgerichts Bonn (Az.: 24 H 12/97) in seinem rechtskräftigen Urteil vom 5. Mai 1998 gab der 1958 geborene syrische Staatsangehörige JHS, der mit dem Kläger bekannt war, in der Absicht, diesen zu töten, am 6. Oktober 1996 in S() insgesamt drei Schüsse auf den Körper des Klägers ab. Anlass für die Tat war insbesondere eine zwischen dem Kläger und der Ehefrau des Verurteilten bestehende Liebesbeziehung.
Ausweislich des Behandlungsberichts der Kliniken der Stadt K vom 7. November 1996 über den dortigen stationären Aufenthalt des Klägers vom 6. bis zum 18. Oktober 1996 wurden bei dem Kläger multiple Schussverletzungen des Körperstamms (zweimaliger Streifschuss der rechten und linken Thoraxwand, Schussverletzung der Lingula, des Zwerchfells, der Milz und des Magens) diagnostiziert. Infolge dessen mussten die Milz entfernt, der Magen, das Zwerchfell und die Lunge übernäht werden. Wegen Atembeschwerden stellte sich der Kläger dort erneut am 29. Oktober 1996 in der Ambulanzsprechstunde vor, wo ihm die Fortsetzung der Atemtherapie empfohlen wurde (Behandlungsbericht vom 5. November 1996).
Am 27. August 2003 stellte der zwischenzeitlich nach B verzogene Kläger beim Versorgungsamt B aufgrund der erlittenen Straftat einen Antrag auf Beschädigtenversorgung nach dem OEG, das den Antrag an das Versorgungsamt K weiterleitete. Das Versorgungsamt M, an das der Antrag zur weiteren Bearbeitung abgegeben wurde, zog ärztliche Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte, des Praktischen Arztes S vom 17. November 2003, des Facharztes für Orthopädie B vom 25. November 2003, des Lungenarztes Dr. G vom 1. Dezember 2003 und des Praktischen Arztes J vom 30. Dezember 2003 bei.
Mit hier angefochtenem Bescheid des Versorgungsamtes M vom 22. April 2004 erkannte der Beklagte nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme des Leitenden Regierungsmedizinaldirektors Dr. O vom 20. April 2004 an, dass die Gesundheitsstörungen
„Narben nach operativer Versorgung von Streifschüssen der Thoraxwand und operativer Versorgung einer Verletzung der linken Lunge, des Zwerchfells und des Magens, Entfernung der Milz“
durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 1 OEG hervorgerufen worden seien. Eine Rente könne jedoch nicht gewährt werden, da die Schädigungsfolgen keine MdE von wenigstens 25 v. H. bedingen würden. Es bestehe jedoch ab dem 1. September 2003 Anspruch auf Heilbehandlung.
Mit dem hiergegen am 19. Mai 2004 erhobenen Widerspruch, in dem der Kläger insbesondere auf das Bestehen einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) als Folge der erlittenen Straftat verwies, die ihrerseits bereits mit einer MdE von 40 zu bewerten sei, machte der Kläger unter Bezugnahme auf ein beigefügtes Attest des behandelnden Arztes S vom 3. Juni 2004 weitere Schädigungsfolgen am Haltungs- und Bewegungsapparat sowie auch innere Leiden insbesondere im Bereich der Lunge geltend, die die Anerkennung einer MdE von insgesamt mindestens 60 rechtfertigen würden.
Der Beklagte zog daraufhin vom Versorgungsamt B die dortigen Schwerbehindertenakten des Klägers bei, wonach mit bestandskräftigem Bescheid vom 21. Juli 2004 ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 aufgrund folgender Funktionsbeeinträchtigungen bzw. Behinderungen festgestellt worden war:
- Depression, Somatisierungsstörungen, Schlafstörungen (Einzel-GdB 30)
- Folgebeschwerden nach Lungendurchschuss, chronisch restriktive Ventilationsstörung (Einzel-GdB 30)
- Tinnitus (Einzel-GdB 10)
- Skoliose der Wirbelsäule, rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom (Einzel-GdB 10)
- Pollinose (Einzel-GdB 10)
- Verlust der Milz (Einzel-GdB 10).
Den getroffenen Feststellungen des Versorgungsamtes B lagen nach Einholung ärztlicher Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte und Beiziehung weiterer Unterlagen, insbesondere auch zu dem im September 1991 erlittenen Autounfall, die im Verwaltungsverfahren hierzu eingeholten Gutachten der Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Frau Dr. WG vom 19. April 2004 sowie des Internisten Dr. S vom 7. Juni 2004 zugrunde, der infolge einer mäßig schweren Ventilationsstörung mit Betonung der restriktiven Komponente aufgrund aktueller Spirometrie das Lungenleiden des Klägers mit einem Einzel-GdB von 30 bewertet hatte.
In ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 13. Oktober 2004 gelangte die Versorgungsärztin Dr. G nach Auswertung der beigezogenen Schwerbehindertenakten zu der Einschätzung, dass die Schädigungsfolgen in Form einer
„Verschlimmerung einer vorbestandenen Somatisierungsstörung und Depression, Narben nach Thoraxschussverletzung, Übernähung des Magens und Entfernung der Milz“
mit einer MdE von 20 zu bewerten seien.
Daraufhin half das Versorgungsamt M mit Bescheid vom 29. Oktober 2004 dem Widerspruch insoweit ab, als es Gesundheitsstörungen in Form
1. einer Verschlimmerung einer vorbestandenen Somatisierungsstörung und Depression
2. Narben nach Thoraxschussverletzung, Übernähung des Magens und Entfernung der Milz
als durch schädigende Einwirkung im Sinne des § 1 OEG zu 2. hervorgerufen und zu 1. verschlimmert feststellte. Den Widerspruch im Übrigen wies die Bezirksregierung M mit Widerspruchsbescheid vom 18. November 2004 zurück.
Der Kläger hat am 20. Dezember 2004 Klage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben, mit der er die Anerkennung zusätzlicher Schädigungsfolgen als Opfer der erlittenen Gewalttat und die Gewährung einer Beschädigtenrente nach einer MdE/einem GdS von mindestens 60 ab dem 27. August 2003 begehrt.
Auf Anregung des Sozialgerichts hat der Beklagte über das Versorgungsamt Bim Einverständnis mit dem Kläger den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Neurologie DrK mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieser gelangt in seinem Gutachten vom 21. Juli 2005 nach einmaliger Untersuchung des Klägers zu der Einschätzung, dass auf psychiatrischem Fachgebiet die Symptomatik des Vollbildes einer PTBS gegeben sei: Diese sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit im Sinne einer Entstehung auf das Schädigungsereignis vom 6. Oktober 1996 zurückzuführen. Psychische Vorschäden oder Nachschäden im Sinne des sozialen Entschädigungsrechts seien anhand der aktuell durchgeführten Untersuchung nicht festzustellen. Die Diagnose einer Somatisierungsstörung oder einer anderen somatoformen Störung oder Depression könne nicht mit hinreichender Sicherheit gestellt werden. Es bestünde aufgrund der festgestellten psychischen Störung im Sinne einer PTBS eine deutliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, die mit einer MdE von 30 zu bewerten sei.
Zu dem Gutachten hat der Beklagte mit versorgungsärztlichen Stellungnahmen der Regierungsmedizinaldirektorin Dr. B vom 20. Oktober 2005 und des Regierungsmedizinaldirektors Dr. S vom 4. Januar 2006 Stellung genommen.
Mit Urteil vom 17. April 2007 hat das Sozialgericht Berlin den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, dem Kläger unter Abänderung des angefochtenen Bescheides ab Antragstellung (27. August 2003) eine Versorgungsrente nach einer MdE von 50 zu gewähren sowie dem Kläger ¾ seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Der Kläger habe einen Anspruch auf eine Rentengewährung unter Zugrundelegung einer MdE von 50. Schädigungsbedingt anzuerkennen seien eine PTBS, die in Übereinstimmung mit dem Gutachter Dr. K mit 30 zu bewerten sei, sowie eine Einschränkung der Lungenfunktion, die in Übereinstimmung mit dem Internisten Dr. S in seinem ärztlichen Gutachten vom 7. Juni 2004 entgegen der Auffassung des Beklagten ebenfalls mit 30 zu bewerten sei. Die vorhandenen Narben nach operativer Versorgung sowie die Übernähung des Magens würden zu keinen Funktionseinschränkungen führen, so dass insoweit ebenso wie bei den schädigungsunabhängigen Wirbelsäulen- und Kniegelenksbeschwerden die Zuerkennung einer MdE ausscheide. Die PTBS sowie die Lungenfunktionseinschränkung als Hauptbeeinträchtigungen beträfen unterschiedliche Gebiete, so dass die Festsetzung einer Gesamt-MdE auf 50 gerechtfertigt sei. Der Verlust der Milz, der mit einer MdE von 10 zu bewerten sei, führe zu keiner weiteren Erhöhung.
Gegen das ihm am 11. Juni 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27. Juni 2007 Berufung eingelegt, mit der er die Anerkennung zusätzlicher Schädigungsfolgen sowie die Höherbewertung anerkannter Schädigungsfolgen bzgl. erlittener Gesundheitsstörungen (PTBS, Lunge, Bewegungsapparat, Magenübernähung, Tinnitus, Haut) und die Gewährung einer Beschädigtenrente nach einer MdE/einem GdS von mindestens 60 begehrt.
Der Beklagte hat gegen das ihm am 15. Juni 2007 zugestellte Urteil am 9. Juli 2007 Berufung eingelegt, mit der er unter Änderung der angefochtenen Entscheidung die Abweisung der Klage begehrt, soweit er verurteilt worden ist, eine MdE von mehr als 40 festzustellen.
Mit Bescheid vom 3. September 2007 hat das Versorgungsamt M festgestellt, dass die Gesundheitsstörung
„Posttraumatische Belastungsstörung, Narben nach operativer Versorgung von Streifschüssen der Thoraxwand und operativer Versorgung einer Verletzung der linken Lunge, des Zwerchfells, der Milz und des Magens mit Entfernung der Milz“
durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 1 OEG hervorgerufen worden seien. Es bestehe ab dem 1. August 2003 Anspruch auf eine Beschädigtenversorgung nach einer MdE von 40.
Das Landessozialgericht hat Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte, des Facharztes für Innere Medizin und Kardiologie Dr. B vom 29. November 2007, des Facharztes für Innere Medizin und Pneumologie Dr. T vom 29. November 2007, des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H vom 30. November 2007, des Facharztes für Orthopädie Dr. L vom 3. Dezember 2007, des Arztes für Lungenheilkunde und Bronchialheilkunde Dr. G vom 10. Dezember 2007, des Allgemeinmediziners und Chirurgen Sch vom 13. Dezember 2007 und vom 18. Mai 2008, des Facharztes für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. T vom 17. Dezember 2007, des Facharztes für Innere Medizin Dr. E vom 17. Dezember 2007, des Facharztes für Innere Medizin Dr. L vom 6. Januar 2008, des Arztes für Hals-, Nasen- Ohrenheilkunde M vom 18. Januar 2008, des Arztes S vom 23. Januar 2008, der Ärztin für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. K vom 28. Februar 2008 und der Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dipl.-Med. F vom 9. Juni 2008 eingeholt und sodann den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. B mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt.
Dr. B gelangt nach ambulanter Untersuchung des Klägers vom selben Tag in seinem Gutachten vom 18. August 2008 zu der Einschätzung, dass folgende Funktionsbeeinträchtigungen gegeben seien:
a) PTBS
b) Narben nach Streifschüssen der Thoraxwand und operativer Versorgung einer Verletzung der linken Niere, des Zwerchfells, der Milz und des Magens mit Entfernung der Milz
c) Allergisch-obstruktive Bronchitis bei Nikotinabusus (ohne restriktive Residuen der Lungenverletzung)
d) Wirbelsäulen- und Gelenksbeschwerden ohne Funktionseinbuße bei somatoformer Überlagerung
e) Reizmagen bei Hiatushernie
f) Hypertonus ohne Organfolgeschäden sowie ohne kardiale Leistungsminderung
g) Hochtonschwerhörigkeit, Tinnitus, subjektive Gleichgewichtsstörungen
h) Schilddrüsenunterfunktion.
Die PTBS sei unter Zugrundelegung des Gutachtens von Dr. K mit einer MdE von 30 zu bewerten und im Sinne einer erstmaligen Entstehung mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf den tätlichen Angriff vom 6. Oktober 1996 zurückzuführen. Eine entsprechende Ursächlichkeit bestehe auch hinsichtlich der unter b) genannten Funktionsbeeinträchtigungen, die mit einer MdE von 10 zu bewerten seien, sich angesichts der relativen Geringfügigkeit jedoch nicht erhöhend auf die Gesamt-MdE auswirken würden. Diese sei seit Oktober 1996 mit 30 zu bewerten. Alle übrigen Leiden seien indes schädigungsunabhängig. Dies betreffe insbesondere das bei dem Kläger bestehende Lungenleiden. Dem Sozialgericht könne insoweit nicht gefolgt werden, das unter Bezugnahme auf das von Dr. S im Schwerbehindertenverfahren erstattete Gutachten vom 7. Juni 2004 eine Einzel-MdE von 30 angenommen habe. Soweit Dr. S eine mäßig schwere Ventilationsstörung mit Betonung der restriktiven Komponente diagnostiziert habe, deute ein solches Untersuchungsergebnis zwar durchaus darauf hin, dass eine Verminderung des am Gasaustausch beteiligten Lungenvolumens durch Verkleinerung der belüfteten Anteile wie etwa durch Vernarbungen oder Verlust des Lungengewebes hervorgerufen worden sei. Diese Diagnose werde aber durch sämtliche übrigen in der Akte befindlichen ärztlichen Befunde nicht bestätigt, aus denen sich das Vorliegen einer obstruktiven Lungenfunktionsstörung ergebe, d. h. einer solchen, die anlagebedingt bzw. erworben, allergisch oder inhalativ-toxisch sei. Für eine solche schädigungsunabhängige Lungenerkrankung spreche insbesondere der langjährig betriebene exzessive Nikotinabusus. Eine restriktive Lungenfunktionsstörung sei angesichts dessen nicht nachgewiesen. Dabei sei insbesondere auch zu berücksichtigen, dass Dr. S seine Diagnose lediglich aufgrund eines einmaligen Messwertes gestellt habe, der zudem durch eine mitarbeitsabhängige Spirometrie ermittelt worden sei. Verlässlichere Ergebnisse liefere insoweit vielmehr eine Bodyplethysmografie, die vorliegend mehrfach durchgeführt worden sei. Eine solche habe insbesondere auch Dr. G am 18. Juni 1998 vorgenommen, die sogar in zeitlicher Nähe zu dem Geschehen von 1996 gerade keinen Nachweis einer Restriktion, sondern lediglich einer leichten obstruktiven Ventilationsstörung erbracht habe. Dass sich eine krankheitswertige Veränderung im Sinne einer Restriktion erst 8 Jahre nach dem Ereignis, mithin bei der Untersuchung durch Dr. S gezeigt haben soll, sei wenig plausibel. Die Lungenfunktionsstörung sei angesichts dessen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schadensunabhängig auf einen massiven Nikotinabusus zurückzuführen. Überdies sei die Lungenfunktionsstörung angesichts der von ihm als Gutachter ermittelten Messergebnisse ohnehin als überbewertet anzusehen und rechtfertige allenfalls eine MdE von 10 bis maximal 20.
Auf Antrag des Klägers, der ein Attest des Arztes für Psychotherapeutische Medizin, Psychoanalyse, Innere Medizin und Psychotherapie Dr. S vom 6. November 2008 sowie ein „Allgemeinärztliches Gutachten“ des Facharztes für Allgemeinmedizin B vom 29. Dezember 2008 zu den Gerichtsakten gereicht hat, hat das Landessozialgericht den Arzt Bmit der Erstattung eines Gutachtens gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beauftragt. In seinem Gutachten vom 3. September 2009 gelangt dieser Gutachter nach ambulanter Untersuchung und mehrfach geführten Gesprächen mit dem Kläger zu der Einschätzung, dass folgende Gesundheitsstörungen gegeben seien:
1. Posttraumatische Belastungsstörung
2. Somatisierungsstörung
3. Angst und Depression gemischt
4. Schlafstörung
5. chronisches Wirbelsäulen-Syndrom
6. Belastungsdyspnoe bei eingeschränkter Lungenfunktion.
Die unter 1. bis 4. genannten Gesundheitsstörungen seien auf das traumatische Erleben der Gewalttat vom 6. Oktober 1996 zurückzuführen, die unter 5. und 6. genannten Gesundheitsstörungen mögliche Ursache der Gewalttat. Die MdE infolge der posttraumatischen Belastungsstörung sei mit 60, die infolge der Wirbelsäulenbeschwerden mit 30 zu bemessen.
Der Kläger ist der Auffassung, dass angesichts der getroffenen Feststellungen, wie sie sich insbesondere aus dem Gutachten des Sachverständigen B ergäben, die Feststellung einer MdE von mindestens 60 gerechtfertigt sei. Demgegenüber überzeuge das Gutachten des Sachverständigen Dr. B nicht, der insbesondere zum Bestehen einer PTBS und deren Bewertung nicht eindeutig Stellung bezogen habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. April 2007 zu ändern und den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 22. April 2004, geändert durch den Bescheid vom 29. Oktober 2004, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2004 und des Bescheides vom 3. September 2007 zu verurteilen, dem Kläger ab dem 27. August 2003 eine Beschädigtenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit/einem Grad der Schädigungsfolgen unter zusätzlicher Anerkennung der bisher nicht anerkannten im Schriftsatz vom 26. Juni 2007 beschriebenen Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolgen von mindestens 60 zu gewähren sowie die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. April 2007 aufzuheben, soweit der Beklagte zur Gewährung einer Beschädigtenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mehr als 40 ab dem 27. August 2003 verurteilt worden ist, und die in erster und zweiter Instanz erhobenen Klagen abzuweisen sowie die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung nimmt er vertiefend auf sein erstinstanzliches Vorbringen sowie die zu den Akten gereichten versorgungsärztlichen Stellungnahmen des Regierungsmedizinaldirektor Dr. S vom 28. Juni 2007, der Leitenden Landesmedizinaldirektorin Dr. B vom 3. April 2008 und der Versorgungsärztin Dr. G vom 7. Juli 2008, 31. Oktober 2008, 26. Januar und 23. September 2009 Bezug.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie den Verwaltungsvorgang des Beklagten und die Schwerbehindertenakte des Versorgungsamtes B Bezug genommen.
Die Berufungen des Klägers und des Beklagten sind zulässig. Begründet ist indes nur die Berufung des Beklagten, während die Berufung des Klägers unbegründet und daher zurückzuweisen war; die Klage gegen den Bescheid vom 22. Oktober 2004, geändert durch den Bescheid vom 29. Oktober 2004, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 2004 und die im Berufungsverfahren erhobene Klage gegen den Bescheid vom 3. September 2007, der gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist, sind zulässig, bleiben in der Sache jedoch ohne Erfolg. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung zusätzlicher Schädigungsfolgen und die Feststellung einer MdE bzw. eines GdS von mehr als 40 sowie die Zahlung einer Beschädigten-Grundrente gemäß § 1 OEG in Verbindung mit §§ 30, 31 BVG ab dem 27. August 2003.
Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG hat Anspruch auf Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG, wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen Angriffs gegen seine Person eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat.
Wie sich aus den rechtskräftigen Feststellungen des Landgerichts B in seinem Urteil vom 5. Mai 1998 ergibt, ist der Kläger unstreitig Opfer eines vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriffs im Sinne des § 1 Abs. 1 OEG, so dass ihm wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der hierdurch erlittenen Schädigung Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG gegen den Beklagten (vgl. § 4 Abs. 1 OEG) zusteht.
Versagungsgründe im Sinne des § 2 OEG liegen nicht vor. Insbesondere hat der Geschädigte die Schädigung nicht selbst (mit-)verursacht, § 2 Abs. 1 Satz 1. 1. Alt. OEG. Eine Mitverursachung und damit Verursachung im Sinne der sozialrechtlichen Kausalitätslehre ist dann anzunehmen, wenn das Gewaltopfer in unmittelbarem, insbesondere zeitlich engem Zusammenhang mit dem eigentlichen schädigenden Tatgeschehen einen eigenen Beitrag zur Tag geleistet hat, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Angriff entfiele, und wenn der Beitrag von seinem Gewicht her mit dem rechtswidrigen Verhalten des Angreifers vergleichbar ist (st. Rspr., vgl. Bundessozialgericht – BSG - Urteil vom 29. März 2007 – B 9 a VG 2/05 R - SozR 4-3800 § 2 Nr. 2). Daran fehlt es vorliegend. Zwar hat der Kläger, wie den Feststellungen im Urteil des Landgerichts B zu entnehmen ist, durch die Liebesbeziehung zu der Ehefrau des Täters und dessen Verächtlichmachung gegenüber Dritten einen Beitrag dazu geleistet, dass der Täter sich veranlasst sah, Schüsse auf den Kläger abzugeben. Das Verhalten des Klägers steht jedoch weder in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Tat, noch ist es von der Gewichtung seines Fehlverhaltens her mit denen der Tat auch nur annähernd vergleichbar, zumal die Aufnahme der Beziehung zu der Ehefrau des Täters selbst keinen Rechtsunwert in sich trägt.
Der Kläger hat infolge des tätlichen Angriffs vom 6. Oktober 1996 eine gesundheitliche Schädigung erlitten, die gesundheitliche Folgen zeitigt und die durch den Angriff verursacht worden ist. Nach §§ 1 Abs. 1 Satz 1 OEG, 1 Abs. 3 Satz 1 BVG genügt zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Eine (hinreichende) Wahrscheinlichkeit in diesem Sinn ist dann gegeben, wenn nach der geltenden ärztlichen wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht.
Ein Ursachenzusammenhang in diesem Sinne liegt bereits insoweit vor, als der Beklagte mit dem hier angefochtenen Bescheid bindend Gesundheitsstörungen festgestellt hat, die eine MdE bzw. einen GdS von 40 bedingen. Insoweit hat der Beklagte bei verständiger Würdigung seiner Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden das Bestehen einer PTBS, eine Narbenbildung nach operativer Versorgung von Streifschüssen der Thoraxwand und operativer Versorgung einer Verletzung der linken Lunge, des Zwerchfells, der Milz und des Magens sowie die Entfernung der Milz als durch das schädigende Ereignis vom 6. Oktober 1996 hervorgerufen festgestellt. An diese bindend gewordenen Feststellungen ist der Senat seinerseits ebenfalls gebunden.
Vorgenannte Feststellungen sind durch den Beklagten auch zu Recht erfolgt. So hat der Sachverständige Dr. K nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass die bestehende PTBS allein auf das schädigende Ereignis vom 6. Oktober 1996 zurückzuführen ist. Dem schließt sich der Senat vollumfänglich an. Gleiches gilt nach den weiteren medizinischen Erkenntnissen hinsichtlich der Narbenbildung sowie Entfernung der Milz.
Indes sind weiter bestehende Gesundheitsstörungen des Klägers, wie im klägerischen Schriftsatz vom 26. Juni 2007 beschrieben, entgegen dessen Einschätzung nicht ursächlich auf den Angriff vom 6. Oktober 1996 zurückzuführen, so dass insoweit keine Schädigungsfolgen unter Anerkennung einer MdE/einem GdS festzustellen waren.
So ist insbesondere auch entgegen der Einschätzung des Sozialgerichts das bei dem Kläger bestehende Lungenleiden nicht ursächlich auf den tätlichen Angriff vom 6. Oktober 1996 zurückzuführen. Der Senat folgt insoweit den Ausführungen des Gutachters Dr. B, der auf den Seiten 17 bis 21 seines Gutachtens vom 18. August 2008 nachvollziehbar und überzeugend unter detaillierter Auswertung der diesbezüglich eingeholten ärztlichen Auskünfte und den diesen zugrunde liegenden Untersuchungsmethoden ausgeführt hat, dass mehr dafür spreche, dass eine obstruktive Lungenfunktionsstörung toxischer Genese infolge eines langjährig betriebenen exzessiven Niktoinabusus gegeben sei als eine restriktive etwa durch Vernarbung des Lungegewerbes hervorgerufene Lungenfunktionsstörung. Dieser Einschätzung des Gutachters schließt sich der Senat ebenfalls vollumfänglich an. Der Kläger hat nach Vorlage des Gutachtens von Dr. B keine Umstände vorgetragen, die Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen und Bewertungen durch den Gutachter aufkommen lassen. Auch der gemäß § 109 SGG beauftragte Gutachter B sieht in dem schädigenden Ereignis nur eine mögliche Ursache, ohne indes Umstände aufzuzeigen, die eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhanges begründen könnten.
Der Senat folgt auch den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Gutachters Dr. B dass die bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen von Seiten des Stütz- und Bewegungsapparates sowie die bestehende Hörbeeinträchtigung nicht mit der hier gebotenen Wahrscheinlichkeit auf die Tat vom 6. Oktober 1996 zurückzuführen sind. Zu keiner anderen Einschätzung führen insoweit auch die Feststellungen des Gutachters B. Soweit er ein chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom diagnostiziert hat, hat er in der Tat vom 6. Oktober 1996 wiederum nur eine mögliche Ursache gesehen.
Die Höhe der durch die Schädigungsfolgen bedingten MdE bzw. des durch die Schädigungsfolgen bedingten GdS hat der Beklagte entgegen der Einschätzung des Sozialgerichts und des Klägers mit (maximal) 40 zutreffend festgestellt.
Gemäß §§ 1 Abs. 1 Satz 1 OEG, 30 Abs. 1 Satz 1 BVG ist die MdE/der GdS nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Die MdE/der GdS ist gemäß § 30 Abs. 1 Satz 2 BVG nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen.
Bei der Beurteilung des Grades der MdE bzw. des GdS sind vorliegend für die Zeit bis zum 31. Dezember 2008 die „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsgesetz und nach dem Schwerbehindertenrecht“ in ihrer jeweils geltenden Fassung (zuletzt Ausgabe 1996 - AHP 1996 -) und nachfolgend - seit Juli 2004 - die „Anhaltpunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)“ in ihrer jeweils geltenden Fassung (zuletzt Ausgabe 2008 – AHP 2008) zu beachten, die für die Zeit ab dem 1. Januar 2009 - auf der Grundlage des § 30 Abs. 17 BVG hinsichtlich der ärztlichen Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht - durch die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizinverordnung vom 10. Dezember 2008 (VersMedV) in ihrer jeweils geltenden Fassung abgelöst worden sind. Die auf den Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft fußenden AHP haben normähnlichen Charakter und sind nach ständiger Rechtsprechung wie untergesetzliche Normen heranzuziehen, um eine möglichst gleichmäßige Handhabung der in ihnen niedergelegten Maßstäbe im gesamten Bundesgebiet zu gewährleisten ( BSG, Urteil vom 12. Juni 2003 – B 9 VG 1/02 R – BSGE 91, 107), weshalb sich der Senat für die Zeit bis zum 31. Dezember 2008 auf die genannten AHP stützt. Für die Zeit ab 1. Januar 2009 ist für die Verwaltung und die Gerichte die Anlage zu § 2 VersMedV maßgeblich.
Hiernach sind für die Bildung der Gesamt-MdE/des Gesamt-GdS bei Vorliegen mehrerer Funktionsbeeinträchtigungen die Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander zu ermitteln, wobei sich nach Teil A Nr. 3 a) der Anlage zu § 2 VersMedV (Seite 10; ebenso bereits Teil A Nr. 19 AHP 2004, 2005 und 2008, Seite 24 ff., bzw. AHP 1996, S. 33 ff.) die Anwendung jeglicher Rechenmethode verbietet. Vielmehr ist zu prüfen, ob und inwieweit die Auswirkungen der einzelnen Behinderungen voneinander unabhängig sind und ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen oder ob und inwieweit sich die Auswirkungen der Behinderungen überschneiden oder gegenseitig verstärken. Dabei ist in der Regel von einer Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die die höchste MdE bzw. den höchsten GdS bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Grad 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden, wobei die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden dürfen. Leichte Gesundheitsstörungen, die nur eine MdE/einen GdS von 10 bedingen, führen grundsätzlich nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung; auch bei leichten Funktionsstörungen mit einer MdE/einem GdS von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (Teil A Nr. 3 d) aa) – ee) der Anlage zu § 2 VersMedV, Seite 10; ebenso zuvor AHP 2004, 2005 und 2008 Teil A Nr. 19 Abs. 1, 3 und 4, Seite 24 ff., bzw. AHP 1996, Seite 35).
Hiervon ausgehend ist im Fall des Klägers eine höhere MdE bzw. ein höherer GdS als von insgesamt 40 nicht gerechtfertigt.
Die Höhe der MdE bzw. des GdS ist für die schädigungsbedingte PTBS zutreffend mit 30 bewertet worden. Nach Teil B Nr. 3.7 der Anlage zu § 2 VersMedV, S. 27 (ebenso Teil A Nr. 26.3 AHP 2008, 2005, 2004, S. 48, bzw. AHP 1996, S. 60), sind stärker behindernde psychische Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit mit 30 bis 40 zu bewerten. Der Senat folgt insoweit den nachvollziehbaren und überzeugenden Feststellungen des Gutachters Dr. K, der insoweit eine MdE bzw. einen GdS von 30 festgestellt hat. Dafür, dass eine ausgeprägtere Störung vorliegen könnte als sie durch Dr. K auf seinem Fachgebiet festgestellt worden ist, fehlt es an ausreichenden Anhaltspunkten. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus dem Gutachten des Sachverständigen B, der von einer MdE bzw. einem GdS von 60 ausgeht, ohne darzulegen, aus welchen Gründen aufgrund welcher Feststellungen in Abweichung zu den Ausführungen des Gutachters Dr. K von einer sogar schweren Störung auszugehen ist. Mit den Feststellungen des Facharztes Dr. K setzt sich der Gutachter Bder in seinem Gutachten auch nicht ansatzweise zu erkennen gibt, inwieweit er eine Beurteilung anhand der VersMedV bzw. der AHP vorgenommen hat, gar nicht bzw. nur unzureichend auseinander. Mithin ist für die PTBS eine MdE bzw. ein GdS von allenfalls 30 anzusetzen.
Anlass dafür, ein weiteres (neurologisch-psychiatrisches) Gutachten, wie von dem Gutachter Dr. B angeregt, einzuholen, sieht der Senat nicht. Das im Auftrag des Beklagten im Einverständnis mit dem Kläger von einem externen Gutachter eingeholte Gutachten von Dr. K bietet eine ausreichende Grundlage zur Beurteilung der festgestellten PTBS und den daraus abzuleitenden Folgen zum Bestehen einer MdE bzw. eines GdS. Dem steht nicht entgegen, dass seit der Begutachtung im Juli 2005 zwischenzeitlich mehr als 5 Jahre verstrichen sind. Denn Anhaltspunkte dafür, dass eine wesentliche Verschlechterung eingetreten sein könnte, die eine neue Begutachtung gebieten würde, lässt sich den Akten nicht entnehmen. Auch Dr. B ist in seinem Gutachten vom 18. August 2008 davon ausgegangen, dass eine MdE bzw. ein GdS für die PTBS von 30 im Ergebnis zutreffend sein dürfte. Auch die Feststellungen der Neurologin und Psychiaterin Dipl.-Med. F bei der der Kläger zwischenzeitlich in Behandlung (gewesen) ist, sprechen nicht für eine wesentliche Verschlechterung. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall, soweit in dem von ihr eingeholten Befundbericht davon die Rede ist, der Kläger habe mit seinen diesbezüglichen Beschwerden sein Arrangement gefunden. Zudem geben die Feststellungen des Gutachters B keinen Anlass, ein weiteres Gutachten in Auftrag zu geben. Denn der Gutachter B bewertet die MdE bzw. den GdS zwar anders als Dr. K, setzt sich jedoch nicht im Einzelnen mit diesem Gutachten auseinander und zeigt auch keine Veränderungen im Gesundheitszustand des Klägers auf, die eine Neubewertung unter Berücksichtigung einer erneuten Begutachtung erforderlich machen würden. Allein der Umstand, dass der Senat der Einschätzung des Gutachters B nicht zu folgen vermag, indiziert nicht, wie der Gutachter B meint, dass eine weitere Begutachtung durchgeführt werden müsste.
Die infolge der Schussverletzungen sowie der durchgeführten Operation entstandenen Narbenbildungen im Bereich des Thoraxes und des Rückens rechtfertigen keine höhere MdE bzw. keinen höheren GdS als 10. Der VersMedV bzw. den AHP lässt sich in Teil B Nr. 17 der Anlage zu § 2 VersMedV, S. 81, bzw. Teil A Nr. 26.17 AHP 2008, 2005, 2004, S. 106 bzw. AHP 1996, S. 128, der Grundsatz entnehmen, dass Hautkrankheiten leichteren Grades allenfalls mit einer MdE bzw. einem GdS von 10 zu bewerten sind. Ein höherer Grad von 20 ist danach erst bei stärkerer Ausdehnung oder entstellender Wirkung zu rechtfertigen. Den vorliegenden medizinischen Feststellungen lässt sich nicht entnehmen, dass die Narben massiv, gar mit entstellender Wirkung in Erscheinung treten, zumal sie sich im Bereich der Brust und des Rückens befinden und damit in den meisten alltäglichen Situationen für Dritte nicht sichtbar sind. Der darüber hinausgehenden (gefühlten) Beeinträchtigung, die der Kläger dahingehend beschreibt, dass er wegen der Narben nicht gern ins Schwimmbad gehe, wird durch die anerkannte psychische Beeinträchtigung mit einer MdE bzw. einem GdS von 30 angemessen und ausreichend Rechnung getragen.
Für die von der Entfernung der Milz ausgehenden Funktionsbeeinträchtigungen ist allenfalls eine MdE bzw. einen GdS von 10 festzustellen (vgl. Teil B Nr. 16.1 der Anlage zu § 2 VersMedV, S. 76, ebenso Teil A Nr. 26.16 AHP 2008, 2005, 2004, S. 102, bzw. AHP 1996, S. 122).
Von Vorstehendem ausgehend scheidet die Anerkennung einer höheren MdE bzw. eines höheren GdS als die von dem Beklagten mit Bescheid vom 3. September 2007 anerkannte MdE von 40 aus.
Das mit 30 zu bewertende psychische Leiden wird durch die mit jeweils 10 zu bewertenden Leiden (Narben und Milzentfernung) nicht wesentlich verstärkt.
Eine berufliche Betroffenheit im Sinne des § 30 Abs. 2 BVG ist vorliegend nicht zu prüfen. Feststellungen hierzu sind in den angefochtenen Bescheiden nicht getroffen worden. Entsprechende Festsstellungen werden auch weder im Klageverfahren noch im Berufungsverfahren durch den Kläger begehrt.
Angesichts vorstehender Ausführungen besteht auch kein Anspruch auf die Gewährung einer höheren Beschädigtenrente als nach einer von dem Beklagten anerkannten MdE von 40.
Vor diesem Hintergrund war der Berufung des Beklagten stattzugeben. Die Berufung des Klägers und die von ihm im Berufungsverfahren erhobene Klage auf Anerkennung zusätzlicher Schädigungsfolgen unter Gewährung einer Beschädigtenrente nach einer MdE bzw. einem GdS von mindestens 60 konnten indes keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst. Dabei erscheint es sachgerecht, dass der Beklagte dem Kläger die Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu erstatten hat. Denn Anlass zu weitergehenden Ermittlungen hinsichtlich des Bestehens einer möglichen schädigungsabhängigen PTBS bestanden aufgrund der Indizienlage bereits im Rahmen des von dem Kläger eingeleiteten Verwaltungsverfahrens. Da die Klagen und die Berufung des Klägers im Übrigen keinen Erfolg haben, dem Beklagten indes mit seiner Berufung vollumfänglich Erfolg beschieden ist, sind darüber hinausgehende außergerichtliche Kosten nicht erstattungsfähig.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine Zulassungsgründe gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG gegeben sind.