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Wasserrecht


Metadaten

Gericht VG Frankfurt (Oder) 5. Kammer Entscheidungsdatum 16.08.2012
Aktenzeichen 5 K 833/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten mit der Registriernummer ... zum Vorhaben Moorrevitalisierung „Kesselwiesen (Der Poras)“ vom 27. Juli 2010 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 27. Juli 2010 für das Vorhaben Moorrevitalisierung „Kesselwiesen (Der Poras)". Das Vorhabensgebiet befindet sich im Landschaftsschutzgebiet (LSG), Naturschutzgebiet (NSG) und in dem (europäischen) Schutzgebiet nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Gebiet, FFH-Lebensraumtyp 7140 „Übergangs- und Schwingrasenmoore“) „Schlaubetal“. Die Schlaube ist ein 22 km langer Fluss, der in den Kleinen Müllroser See und in den Oder-Spree-Kanal mündet.

Die Kesselwiesen sind ein etwa 8 ha großes ehemaliges quellgespeistes Durchströmungsmoor. Die Kesselwiesen sind von West nach Ost geneigt mit einem Höhenunterschied von etwa 2 m über eine Länge von 700 m. Das Gebiet wurde zur Grünlandgewinnung mit einem Binnengrabensystem versehen und über einen den Mineralrücken durchbrechenden Abflussgraben am östlichen Rand des „Kessels“ an die Schlaube angeschlossen. Das Entwässerungssystem besteht aus einer Vielzahl von meist verlandeten Stichgräben und einem zentralen, die Kesselwiesen von West nach Ost durchschneidenden Hauptgraben (Graben A) sowie einem weiteren im süd-östlich gelegen Ausläufer der Kesselwiesen befindlichen Hauptgraben (Graben B), die das Gebiet über den Abflussgraben in tiefer liegende Fischteiche (Kieselwitzer Mühlengrund) entwässern. Bis in die 1980er Jahre wurde das Grünland überwiegend extensiv genutzt. Die abgelegene Lage und die starke Quellspeisung des Gebietes verhinderten eine intensivere Grünlandwirtschaft. In den 1990er Jahren ließ das Nutzungsinteresse nach, und die Unterhaltung der Entwässerungsgräben wurde eingestellt. In der Folge begannen die Flächen im tiefer liegenden Ostteil zu vernässen. Zunächst breiteten sich bis Ende der 1990er Jahre Hochstaudenfluren, ab etwa dem Jahr 2000 mit dem steigenden Wasserstand vor allem Sauergräser im Gebiet aus. Die Vernässung nahm weiterhin zu, so dass der Großteil der Flächen heute von Seggenrieden dominiert wird.

Der Kläger, ein eingetragener Verein, ist Eigentümer von Flächen im Umfang von insgesamt über 100 ha in den Gemarkungen ... Im Vorhabensgebiet befinden sich neben anderen Grundstücken, die inzwischen im Eigentum des Landes Brandenburg stehen, vier im Eigentum des Klägers stehende Grundstücke, Gemarkung ..., Flur ..., Flurstücke ... sowie ... und ... Die Flurstücke ... und ... bilden den am tiefsten gelegenen Bereich des Vorhabensgebiets im Ostteil der Kesselwiesen. Auch die im westlichen Bereich der Kesselwiesen gelegenen Flurstücke ... und ... umfassen die gesamte Breite des „Kessels“.

Der Vereinszweck des Klägers ergibt sich aus seiner Satzung (§ 2): Verwirklichung der im Bundesnaturschutzgesetz und im Brandenburgischen Naturschutzgesetz genannten Ziele und Grundsätze. Insbesondere widmet sich der Verein der Durchführung und Förderung von Naturschutz- und Landschaftspflege- bzw. Landschaftsgestaltungsmaßnahmen.

In den vergangenen Jahren organisierte der Kläger für die Kesselwiesen eine naturschutzmotivierte, vom Land Brandenburg mit finanziellen Mitteln geförderte Pflegenutzung. Diese umfasste bis 2003/2004 eine jährliche Handmahd und danach die Beweidung durch eine Schafherde. Diese Mahd sollte auf den Flächen der Flurstücke ... und ... durchgeführt werden, erfolgte aber – wohl wegen der Vernässung dieser im östlichen Bereich der Kesselwiesen liegenden Flurstücke – auf dem (höher) gelegenen Flurstück ... der Flur ... In dem nicht gemähten Bereich (Flurstück ...) kam es zu einem Aufwuchs von (Jung-)Erlen.

Der Funktionsvorgänger des Beklagten – das Landesumweltamt Brandenburg –, dort das Referat Ö5 der Abteilung ÖNW (Ökologie, Naturschutz, Wasser) beantragte als Vorhabensträger mit Schreiben vom 12. Dezember 2008 die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens nach § 68 des Wasserhaushaltsgesetzes - WHG - (alt: § 31 WHG) zur Moorrevitalisierung. Das Vorhaben umfasst im Wesentlichen den Einbau einer Sohlrampe am Durchstich in Richtung Schlaubetal, die den derzeitigen Wasserabfluss versperren soll. Zur Anhebung des Wasserspiegels sollen in den beiden Hauptgräben (Graben A und Graben B) 11 Torfdämme errichtet werden sowie die Verfüllung der Hauptgräben in Teilabschnitten und die Verplombung der Stichgräben erfolgen. Dadurch sollen ca. 9.000 cbm Wasser eingestaut werden. Dies soll zur vollständigen Überstauung der Kesselwiesen führen.

Die vom Vorhabensträger zur Planfeststellung eingereichten Unterlagen lagen in der Zeit vom 04. Oktober 2009 bis zum 03. Dezember 2009 zur Einsicht aus. Die Auslegung der Planunterlagen war zuvor ortsüblich im Amtsblatt für das Amt Schlaubetal unter Hinweis auf die Möglichkeit, fristgebunden Einwendungen zu erheben, und dem Hinweis auf die Rechtsfolgen verspäteter Einwendungen bekannt gemacht worden.

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2009 machte der Kläger am 16. Dezember 2009 im Wesentlichen folgende Einwendungen geltend: Das Planfeststellungsverfahren weise formelle Mängel auf. Die Aufgaben des Vorhabensträgers, der Anhörungsbehörde und der Planfeststellungsbehörde würden innerhalb derselben Behörde wahrgenommen, so dass eine unbefangene und neutrale Abwägung aller Belange nicht gewährleistet sei. Weil es sich bei dem Vorhabensgebiet um landwirtschaftliche genutzte Flächen und nicht - wie den Planunterlagen zugrunde gelegt - um „ein weitgehend ungenutztes Moor“ handele, sei eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVPG erforderlich. Die Begründung zur Einbindung in das Oderprogramm, vor allem um die Finanzierung zu gewährleisten, sei nicht nachvollziehbar. Die Oder stehe mit den Kesselwiesen in keinem räumlichen Bezug. Der Bezug zum Oderprogramm sei derzeit auch inhaltlich nicht herstellbar. Die ausgelegten Planfeststellungsunterlagen seien unvollständig. So fehle die Stellungnahme der Naturparkverwaltung, die bereits seit 2006 vorliege. Die Ausführungsplanung betrachte nur das kleine Einzelobjekt, lasse aber den Gesamtzusammenhang vermissen. Es betreffe dies insbesondere die hydrologische Situation der Moorkörper und vernachlässige vor allem das Gesamteinzugssystem der Schlaube. Es fehlten hydrologische unabhängige Gutachten, eine realistische Kosten-Nutzen-Aufwand-Analyse sowie umfangreiche Detailkenntnisse. Insbesondere seien negative Auswirkungen auf das Wasserdargebot der Schlaube wie auch auf die Bewirtschaftung der Teiche im Gebiet Kieselwitzer Mühle zu erwarten. So bestünden Defizite in der Wasserführung der Schlaube; das Wasseraufkommen, gemessen bei Kupferhammer unterhalb der Poras/Kesselwiesen, betrage jährlich etwa nur noch 40% des Wasseraufkommens vergangener Jahre. Die Kesselwiesen befänden sich im NSG- und FFH-Gebiet Schlaubetal. Schutzzweck der Verordnung über das Naturschutzgebiet Schlaubetal sei unter anderem die Erhaltung und Entwicklung der Feucht- und Nasswiesenkomplexe. Als Zielvorgabe der Pflege und Entwicklungsmaßnahmen sei dort unter anderem die Sicherung beziehungsweise schrittweise Wiederaufnahme der Bewirtschaftung von Feuchtwiesenkomplexen durch eine einschürige Mahd zwecks Erhaltung und Förderung des Artenreichtums genannt. Das Vorhaben verstoße gegen das in § 21 Abs. 2 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes (BbgNatSchG) normierte Verbot aller Handlungen, die das Naturschutzgebiet, seinen Naturhaushalt oder einzelne seiner Bestandteile zerstören, beschädigen, verändern oder nachhaltig stören könnten. Die geplante Maßnahme führe zum Verlust von artenreichem Grünland und zur Beeinträchtigung bzw. Vernichtung geschützter Biotope. Teilweise hätten die betroffenen Lebensräume Habitatcharakter im Sinne der FFH-Richtlinie. Eine Überprüfung der Verträglichkeit des Vorhabens mit den Erhaltungszielen der FFH-Richtlinie liege nicht vor. Die Auswirkungen des Vorhabens auf die in den Kesselwiesen vorkommenden geschützten (konkret benannten) Pflanzen- und insbesondere Schmetterlingsarten seien völlig unzureichend geklärt.

Ein Erörterungstermin wurde am 09. Februar 2010 durchgeführt.

Mit Planfeststellungsbeschluss vom 27. Juli 2010 stellte der Beklagte zugunsten des Landesamtes für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz - Regionalabteilung Ost – Abteilung ÖNW/Referat Ö5 den Plan zum Vorhaben Moorrevitalisierung „Kesselwiesen (Der Poras)“ durch „die Errichtung einer Sohlgleite am Durchstich in Richtung Schlaubetal. Die teilweise Verfüllung des Graben A und B und der Nebengräben sowie die Herstellung von Querdämmen im Graben A und B auf der Mooroberfläche zur Wasserrückhaltung im Bereich der Kesselwiesen. Die Gewinnung von Material zur Grabenverfüllung mittels Flachabtorfung von vererdetem Oberboden (zersetzter Torf) innerhalb der Kesselwiesen“, fest. Gleichzeitig wurden die von dem Kläger erhobenen Einwendungen zurückgewiesen. Unter Punkt 7. 1. (Allgemeine Auflagen) heißt es u.a.: „Die Bauausführung hat entsprechend der eingereichten Entwurfsplanung von September 2008 zu erfolgen. Die Planfeststellung gilt nur in Verbindung mit den gekennzeichneten Unterlagen (Reg.-Nr. PFB-01/10, Seiten 001 bis 160).“ Unter Punkt 7.2. (spezielle Auflagen) wird u.a. ausgeführt:

„Die Umsetzung der Maßnahme gemäß

Station

Maßnahme

0+000 – 0+034

Einbau einer Sohlrampe zur Anhebung des Wasserspiegels

Graben A, B

Errichtung mehrerer Torfdämme

Graben A, B

Verplombung von Stichgräben

hat entsprechend der Baubeschreibung (Pkt. 1.1.2 Darstellung der vorgesehenen Maßnahme) der Planungsunterlage ab Seite 7-10 zu erfolgen. Zur Errichtung der Dämme und der Verfüllung der Stichgräben ist ausschließlich vererdeter Torfboden aus dem unmittelbaren Bereich zu gewinnen. Die Dämme sind an das vorhandene Gelände anzuschließen. Zum Ausgleich der Setzung des verwendeten Materials sei eine Überhöhung vorzusehen. Eine Unterhaltung der Dämme ist nicht durchzuführen.“

Unter Punkt 7. 2. 7. wurde die enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses gem. § 71 WHG i. V. m. § 90 Abs. 3 i. V. m. § 58 des Brandenburgischen Wassergesetzes (BbgWG) festgestellt.

Zur Begründung des Planfeststellungsbeschlusses führte die Genehmigungsbehörde u. a. unter Punkt 11.1 aus: „Das Erfordernis eines Planfeststellungsverfahrens anstelle eines Plangenehmigungsverfahrens ergibt sich aus der nicht einvernehmlichen Lösung der vorhandenen Eigentumsverhältnisse bzw. daraus, dass das Benehmen mit den Eigentümern im Bereich der Maßnahme im Vorfeld der Antragstellung nicht hergestellt wurde.“

Die Prüfung der Pflicht zu einer Umweltverträglichkeitsprüfung habe ferner ergeben, dass auf Grund der angestrebten Rückstaumenge von 9.000 cbm Wasser eine Umweltverträglichkeitsprüfung unter diesen Voraussetzungen nicht erforderlich sei.

Hinsichtlich Ziff. 11.4 Naturschutz führte die Planfeststellungsbehörde im Wesentlichen aus: Die zuständigen Naturschutzbehörden hätten das Vorhaben wie folgt eingeschätzt: Die geplante Maßnahme sei in ihrem Wesen kein Eingriff im Sinne des § 14 BNatSchG. Die Maßnahme diene ausschließlich der Verbesserung der Leistungsfähigkeit sowie der Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes. Durch fachlich fundierte Maßnahmen solle die Revitalisierung der 8 ha großen Kesselwiesen „der Poras“ zu einem seltenen, naturnahen, mesotrophen Durchströmungsmoor induziert werden. Maßnahmen, welche der Umsetzung des Projekts geschuldet sein würden, stellten nur eine kurzzeitige und temporäre Beeinträchtigung für die im Gebiet vorkommenden Arten dar. Im vorliegenden Fall sei bedingt durch die Lage der Fläche im Naturschutzgebiet „Schlaubetal“, nach Prüfung der Vereinbarkeit mit der SchutzgebietsVO vom 10. April 2002 die Vereinbarkeit festgestellt worden. Das geplante Projekt entspreche den Zielen der Sicherung und Entwicklung des definierten Schutzzweckes für dieses Gebiet. Im Hinblick darauf, dass die Verordnung über das Naturschutzgebiet „Schlaubetal“ vom OVG für das Land Brandenburg (Az 3a A 207/02) als rechtsunwirksam zustande gekommen beurteilt worden sei, sei der gesetzliche Biotopschutz nach § 30 BNatSchG zu beachten. Die Kesselwiesen seien nach § 30 Abs. 2 Nr. 2 BNatSchG (Moor) und Nr. 4 (Bruch- und Sumpfwald) geschützt. Eine Ausnahme könne nach § 30 Abs. 3 BNatSchG zugelassen werden, da die Beeinträchtigungen vorübergehend seien und es zu einer Verbesserung des Biotopschutzes komme. Damit kämen keine Tatbestände, welche einer Befreiung gem. § 72 Abs. 5 BbgNatSchG bedürften, zur Anwendung. Eine Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des FFH-Gebietes „Schlaubetal“ sei nicht zu erwarten. Eine gem. § 34 BNatSchG durchgeführte FFH-Vorprüfung sei nachvollziehbar zu diesem Resultat gekommen.

Auch aus der Sicht des Landesamtes für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz sowie der Verwaltung des Naturparks Schlaubetal sei in den Kesselwiesen die Wiederherstellung eines wachsenden Durchströmungsmoores sowie des FFH-Lebensraumtyps 7140 „Übergangs- und Schwingrasenmoore“ möglich. Aufgrund der wieder herstellbaren Wassersättigung würden sich gehölzfeindliche Bedingungen einstellen und Pflegemaßnahmen wahrscheinlich nicht mehr notwendig sein. Eine erhebliche Beeinträchtigung der FFH-Lebensraumtypen sowie der Anhang IV – Arten der FFH – Richtlinie oder der in der Verordnung zum Naturschutzgebiet „Schlaubetal“ formulierten Ziele seien nicht zu erwarten oder zu befürchten.

Von der geplanten Maßnahme sei bei Beachtung der vorstehenden Nebenbestimmungen auch eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten.

Die Maßnahme diene insbesondere den Erhaltungszielen von Moorstandorten, deren Entwicklung bzw. der Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes. Mit den Einzelmaßnahmen werde der jetzt vorhandene Wasserstand in den Kesselwiesen durch Aufstauung dauerhaft verändert und der (benachbarte) Ziskensee in seinem Wasserhaushalt nachhaltig gestützt. Durch den Einstau werde der natürliche Wasserabfluss bis auf eine begrenzte Höhe zurückgehalten und das aus naturschutzfachlicher Sicht nur mäßig entwässerte Durchströmungsmoor mit hohem Renaturierungspotenzial aufgewertet. Die durchzuführende Moorrenaturierungsmaßnahme im Bereich der Kesselwiesen trage gleichzeitig dazu bei, das Wasserrückhaltevermögen in der Landschaft zu verbessern und zur Sicherung des Wasserhaushaltes beizutragen. (Punkt 11.8)

Die vom Kläger zum Artenschutz gem. § 44 BNatSchG benannten Forderungen zum Nachweis der Artendaten bezüglich Erhebung, Herkunft und Sicherung hätten hier vom (Vorhabens-)Antragsteller nach eingehender Prüfung durch keine neuen oder weitergehenden Erkenntnisse ergänzt werden können. Das heiße, dass über die in den Antragsunterlagen gemachten Daten hinaus keine Daten im LUGV, insbesondere in der Naturparkverwaltung, hinterlegt bzw. gesichert worden seien. Die mit der Projektdurchführung verbundene Verschiebung des bisherigen Artenspektrums innerhalb des Biotoptyps zu einem zukünftig höheren Anteil moortypischer Tier- und Pflanzenarten sei naturschutzrechtlich korrekt und gewollt. Mit der Maßnahme würden Gras- und Staudenfluren auf den Kesselwiesen selbst nicht verschwinden. Im Naturschutzgebiet seien weitere Wiesen- die Wierichwiesen, die Schlaubewiesen – vorhanden. Das Gebot zum Erhalt aller Wiesen durch Mahd oder Beweidung sei entgegen den Einwendungen des klagenden Landschaftspflegeverbandes auch der Rechtsverordnung über das Naturschutzgebiet nicht zu entnehmen.

Das Vorhaben werde zugelassen, da es dem Interesse der Bewirtschaftungsziele für das Oberflächenwasser und Grundwasser (§§ 27; 47 WHG) gleichermaßen sowie dem Wohl der Allgemeinheit (§ 67 WHG) nicht entgegenstehe. Die Planung berücksichtige die Grundentscheidung des Wasserhaushaltsgesetzes und der anderen zwingenden materiellen Rechtssätze. Insbesondere habe die Prüfung des Vorhabens ergeben, dass ihm keine zwingenden Versagungsgründe des strikten Rechts entgegenstehen würden (§ 68 WHG). Die Planung entspreche den Anforderungen des Abwägungsgebotes, da zunächst die im Rahmen des Vorhabens relevant gewordenen öffentlichen und privaten Belange ermittelt und anschließend diese jeweils für sich objektiv gewichtet worden seien. Die festgestellte Fachplanungsentscheidung sei auch im Hinblick auf die enteignungsrechtliche Vorwirkung § 71 WHG gerechtfertigt. Vorliegend sei das planfestgestellte Vorhaben objektiv erforderlich, weil es im Hinblick auf die vom WHG und dem BbgWG gesetzlich vorgegebenen fachplanungsrechtlichen Ziele vernünftigerweise geboten sei (Zielkonformität).

Am 24. August 2010 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus: Der Planfeststellungsbeschluss erweise sich in formeller wie materieller Hinsicht als rechtsfehlerhaft. Der Planfeststellungsbeschluss sei formell rechtswidrig, weil eine unzulässige Identität zwischen Vorhabensträger und Planfeststellungsbehörde vorliege. Das prinzipiell zu beachtende Neutralitätsgebot schließe eine solche Konstellation zwar nicht rechtlich zwingend aus. Im vorliegenden Fall könne jedoch eine Parteilichkeit der Behörde nicht ausgeschlossen werden. Bei der GenehmigungsverfahrenssteIle und dem Vorhabensträger handle es sich um Struktureinheiten derselben Behörde. Die Planfeststellungsbehörde werde nicht nur als Träger öffentlicher Interessen tätig, sondern verfolge zugleich auch eigene Interessen. Es gebe das spezifische Eigeninteresse der Behörde, Projekte zu bewilligen und zu koordinieren, die von eigenen Arbeitsgruppen erarbeitet und umgesetzt würden. Auch seien die Voraussetzungen, die zum Vorliegen einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung führten, verkannt worden. Weiter verstoße der Planfeststellungsbeschluss gegen das Bestimmtheitsgebot gemäß § 37 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Im Planfeststellungsbeschluss seien die zugelassenen Maßnahmen nicht ausdrücklich und konkret bezeichnet. Bestimmte Fachbegriffe, die in dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss verwendet würden, seien den Adressaten nicht erläutert. Es bleibe offen, wie die Bauausführung des Vorhabens aussehen soll, und auch die Lage des Vorhabens bleibe unklar.

Der Planfeststellungsbeschluss sei zudem materiell rechtswidrig, weil die Voraussetzungen des § 68 Abs. 3 WHG nicht vorlägen. Insbesondere sei die dort geforderte Einhaltung sonstiger öffentlich - rechtlicher Vorschriften nicht gegeben. Das Vorhaben verstoße gegen § 34 Abs. 1 BNatSchG, weil eine Umsetzung des Planfeststellungsbeschlusses zu einer erheblichen Gefährdung des FFH - Gebietes führen werde. Durch die Revitalisierung des Gebietes werde es zur Zerstörung bestimmter geschützter Pflanzen- und Tierarten kommen. Zudem verstoße das Vorhaben gegen § 21 Abs. 2 BbgNatSchG. Das nach dieser Vorschrift bestehende Verbot, in Naturschutzgebieten Handlungen vorzunehmen, die das Schutzgebiet, seinen Naturhaushalt oder einzelne seiner Bestandteile zerstören, beschädigen, verändern oder nachhaltig stören können, werde durch § 4 der Verordnung über das Naturschutzgebiet Schlaubetal konkretisiert. Danach sei es verboten, Art oder Umfang der bisherigen (Grundstücks-)Nutzung zu ändern. Durch die Erhöhung des Wasserpegels werde die bisherige Nutzung nicht nur in ihrem Umfang geändert, sondern sogar unmöglich gemacht. Das Gebiet werde nicht mehr effektiv nutzbar sein. Er, der Kläger, werde zur vollständigen Nutzungsaufgabe gezwungen. Das Vorhaben verstoße auch gegen § 4 Abs. 2 Nr. 16 der o.g. Verordnung, der es verbiete, Be- und Entwässerungsmaßnahmen über den bisherigen Umfang hinaus durchzuführen, Gewässer jeder Art entgegen dem Schutzzweck zu verändern oder in anderer Weise den Wasserhaushalt des Gebietes zu beeinträchtigen. Bei der Durchführung der geplanten Moorrevitalisierung werde jedoch der Wasserhaushalt verändert, indem der Wasserstand angehoben werde. Insofern habe der Beklagte verkannt, dass es hier einer Befreiung gemäß § 8 der Verordnung über das Naturschutzgebiet Schlaubetal i. V. m. § 72 BbgNatSchG bedurft hätte. Der Beklagte habe verkannt, dass zwar das OVG für das Land Brandenburg in dem Verfahren 3a A 207/02 die Unwirksamkeit der Verordnung festgestellt habe, diese Feststellung auf das vorliegende Planfeststellungsverfahren indes nicht übertragbar sei. Von der Möglichkeit, die Aufhebung der Verordnung anzuregen, sei kein Gebrauch gemacht worden.

Des Weiteren habe die Genehmigungsbehörde ihr Planungsermessen fehlerhaft ausgeübt. Die abwägungserheblichen Belange seien unzureichend ermittelt worden, und eine Abwägung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange sei nicht durchgeführt worden. So seien dem öffentlichen Interesse an der Revitalisierungsmaßnahme und insbesondere deren Notwendigkeit nicht sein, des Klägers, Interesse an dem Erhalt des status quo sowie die Auswirkungen für die Tier- und Pflanzenwelt gegenübergestellt und gegeneinander abgewogen worden. Da der festgestellte Plan enteignungsrechtliche Vorwirkung habe, müsse er im enteignungsrechtlichen Sinne erforderlich sein. Das erfordere eine spezifisch enteignungsrechtliche Gesamtabwägung aller Gemeinwohlbelange. Der Planfeststellungsbeschluss enthalte jedoch keine Auseinandersetzung mit der PIanrechtfertigung unter Gemeinwohlaspekten. Eine Konformität mit den Zielen des Wasserhaushaltsgesetzes und dem Brandenburger Wassergesetz sei ohne jegliche rechtliche Wertung der tatsächlichen Gegebenheiten lediglich behauptet worden. Dies reiche nicht aus, um ein Überwiegen der Gefahrenabwehr gegenüber seinem Interesse als Eigentümer der von dem Vorhaben betroffenen Flächen zu begründen. Es sei nicht dargelegt, warum das Ziel des Vorhabens – zum Wohl der Allgemeinheit – gegenüber seinen privaten Belangen überwiege. Bei dem geplanten Vorhaben gehe es nicht um eine isoliert vorgesehene naturschutzfachliche Maßnahme, nämlich der Renaturierung eines Moores, sondern vielmehr um die Kompensation eines Eingriffes an anderer Stelle. Bei einem rechtskonformen Vorgehen wäre es geboten gewesen, die Zielkonformität nicht an einer angestrebten ökologischen Verbesserung auszurichten, sondern an dem ursprünglichen Ziel, Kompensationsflächen für Deichbauvorhaben an der Oder zu gewinnen. Dies hätte eine Darstellung verschiedener Varianten zur Kompensation der Deichbaumaßnahmen erfordert. Warum es zur Erreichung dieses Zieles erforderlich gewesen sei, gerade die Grundstücke des Landschaftspflegeverbandes in Anspruch zu nehmen, lasse sich weder dem Planfeststellungsbeschluss noch den Verfahrensakten entnehmen. Eine nachprüfbare Variantenbetrachtung hinsichtlich solcher Flächen, die ebenfalls für eine Kompensation der Deichbaumaßnahmen in Betracht gekommen wären, habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben. Der Vorhabensträger habe vollständig auf die Untersuchung der Frage verzichtet, ob angesichts des – nach seiner eigenen Einschätzung – „relativ hohen Vorwertes des Projektgebietes“ andere Flächen zur Kompensation der Deichbaumaßnahmen in Betracht gekommen seien. Für den Fall, dass der Vorhabensträger tatsächlich nur eine (isolierte) Moorrevitalisierung in den Blick genommen hätte, wären hierfür – worauf der Vorhabensträger bereits außergerichtlich hingewiesen worden sei - durchaus andere Kesselmoore in Betracht gekommen. Ein Abwägungsdefizit liege auch deswegen vor, weil abwägungserhebliche Belange unzureichend ermittelt worden seien, sowie der hier betroffene Artenschutz. Eine Kartierung zur Bestandserfassung und Untersuchung der von dem Vorhaben betroffenen Schmetterlingsarten sei nicht erfolgt. Die Aussage eines Schmetterlingskundlers im Rahmen eines Telefonats mit einem Vertreter des Vorhabensträgers, es seien „keine Arten bekannt, die der Moorrevitalisierung entgegen stehen könnten“, könne die fehlende, sonst übliche Kartierung nicht ersetzen. Zudem sei für die Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens auf das „Wasserdargebot“ der Schlaube wie auch auf die Bewirtschaftung der Teiche im Gebiet Kieselwitzer Mühle ein hydrologisches Gutachten erforderlich, welches nicht vorgelegen habe. Darüber hinaus sei der Genehmigungsbehörde eine Abwägungsfehleinschätzung zur Last zu legen, weil sie die geplante Moorrevitalisierung nicht als naturschutzrechtlichen Eingriff betrachte und damit vorgegebene Abwägungsdirektiven missachtet habe.

Der Kläger beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten – ... – zum Vorhaben Moorrevitalisierung „Kesselwiesen (Der Poras)“ vom 27. Juli 2010 aufzuheben,

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er tritt dem Vorbringen des Klägers im Einzelnen dezidiert entgegen und verteidigt den angegriffenen Planfeststellungsbeschluss.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (2 Ordner) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat Erfolg.

Sie ist als Anfechtungsklage zulässig. Insbesondere ist der Kläger ist im Sinne des § 42 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - klagebefugt. Als Eigentümer der im Plangebiet liegenden Grundstücke Gemarkung ..., Flur ..., Flurstücke ... kann er geltend machen, durch den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss in seinem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG - verletzt zu sein.

Die Klage ist auch begründet.

Der Kläger hat nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschluss vom 27. Juli 2010 einen Anspruch auf die mit dem Klageantrag begehrte Aufhebung; der Planfeststellungsbeschluss ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der Beklagte als Planfeststellungsbehörde hat in dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss (Punkt 7.2.7) die enteignungsrechtliche Vorwirkung gem. § 71 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushaltes (Wasserhaushaltsgesetz – WHG) vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585) in der seit dem 01. März 2010 geltenden Fassung i. V. m. §§ 90 Abs. 3, 58 Brandenburgisches Wassergesetz - BbgWG- vom 08. Dezember 2004 in der zum Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses geltenden Fassung vom 15. Juli 2010) bestimmt. Damit soll für die Durchführung des festgestellten Plans die Enteignung zulässig sein. Da der Planfeststellungsbeschluss Grundlage für eine nachfolgende Enteignung ist, hat der Kläger, dessen durch Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes Grundeigentum an den im Plangebiet liegenden Grundstücken Flurstücke ... und ... der Flur ... in der Gemarkung ... vollständig in Anspruch genommen werden soll, einen Anspruch darauf, von einer Entziehung seines Grundeigentums verschont zu bleiben, die nicht dem Wohl der Allgemeinheit dient, insbesondere nicht gesetzmäßig ist (Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG). Daraus folgt ein Anspruch des Klägers auf Überprüfung des Plans auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollüberprüfungsanspruch).

Allerdings führt nicht jeder objektiv-rechtliche Fehler, der einer Planung anhaftet, zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit oder Nichtvollziehbarkeit. Diese Rechtsfolge scheidet vielmehr aus, wenn der geltend gemachte Rechtsfehler für die Eigentumsbetroffenheit des Klägers aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht erheblich, insbesondere nicht kausal ist. Das ist etwa dann der Fall, wenn ein als verletzt geltend gemachter öffentlicher Belang nur von örtlicher Bedeutung ist und auch die fehlerfreie Beachtung dieses Belangs nicht zu einer Veränderung der Planung im Bereich des klägerischen Grundstücks führen würde. Dem entspricht es, dass ein behaupteter Verstoß gegen die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nur dann der Anfechtungsklage eines Eigentumsbetroffenen zum Erfolg verhelfen kann, wenn dieser Verstoß kausal gerade für seine Eigentumsinanspruchnahme ist. Schließlich können behauptete Verstöße gegen zwingende Vorschriften des nationalen oder gemeinschaftsrechtlichen Naturschutzrechts, namentlich der Habitat- und Vogelschutzrichtlinie, dann nicht zu einem Erfolg eines Anfechtungsbegehrens führen, wenn die Planung lediglich an Mängeln leidet, die für die Sachentscheidung nicht von Einfluss gewesen oder durch schlichte Planergänzung zu beheben sind (zum Vorstehenden BVerwG,Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 – juris, Rn. 23, 24)

Rechtsgrundlage für den Planfeststellungsbeschluss sind die §§ 68, 70 WHG i. V. m. §§ 72 bis 78 ff. des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 14. August 2009 (BGBl. I S. 2827). Nach § 68 Abs. 1 WHG bedarf der Gewässerausbau der Planfeststellung durch die zuständige Behörde. Gemäß § 67 Abs. 2 Satz 1 WHG ist Gewässerausbau die Herstellung, die Beseitigung und die wesentliche Umgestaltung eines Gewässers oder Ufers. Zufolge § 67 Abs. 2 Satz 3 WHG stehen u. a. Deich- und Dammbauten, die den Hochwasserabfluss beeinflussen, dem Gewässerausbau gleich. Danach bedurfte das Vorhaben „Moorrevitalisierung Kesselwiesen“ der Planfeststellung. Bei der geplanten Erhöhung der Grabensohle im mineralischen Randbereich am östlichen Auslauf der Kesselwiesen durch Errichtung einer Sohlgleite (Stützschwelle) und den geplanten 11 flachen Querdämmen zur Wasserrückhaltung in den in den Kesselwiesen vorhandenen Entwässerungsgräben handelt es sich um eine wesentliche Umgestaltung eines Gewässers.

Die danach erforderliche Planfeststellung ist formell rechtmäßig erfolgt (I.). In materieller Hinsicht haftet ihr aber ein erheblicher Abwägungsmangel an, der die Grundzüge der Planung betrifft und auch nicht durch ergänzende Planfeststellung behoben werden kann (II.).

I.

Der Planfeststellungsbeschluss ist formell rechtmäßig. Verfahrensfehler, die die Rechte des Klägers berühren, weist das dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss zu Grunde liegende Verfahren nicht auf.

1.) Entgegen der Auffassung des Klägers verstößt es nicht gegen das rechtsstaatliche Gebot fairer Verfahrensgestaltung, dass die Aufgaben des Vorhabensträgers sowie der Anhörungs- und Planfeststellungsbehörde von derselben Behörde, hier von dem zuständigen Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV), wahrgenommen werden. Diese Begriffe werden in den hier einschlägigen Bestimmungen (§ 70 Abs. 1 S. 2 WHG i. V. m. §§ 73, 74 VwVfG) in einem funktionalen Sinne verwendet (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 – 9 A 23/10, juris Rn. 20 zu §§ 17a, 17b FStrG; §§ 73, 74 BremVwVfG). Es gibt daher kein gesetzliches Verbot, die genannten Aufgaben ein und derselben Behörde zuzuweisen. Ein solches Verbot kann auch nicht aus rechtsstaatlichen Grundsätzen hergeleitet werden. Allerdings ist die zu eigener planerischer Gestaltung ermächtigte Planfeststellungsbehörde zu Unparteilichkeit und innerer Distanz verpflichtet; sie darf sich keiner Einflussnahme aussetzen, die ihr diese Freiheit faktisch nimmt oder weitgehend einschränkt. Die fachbezogene Integrität der Planfeststellungsbehörde wird jedoch nicht schon dadurch in Frage gestellt, dass innerhalb derselben Behörde auch die Aufgabe des Vorhabensträgers wahrgenommen wird. Denn diese Behörde hat als Teil der öffentlichen Verwaltung in allen ihr übertragenen Funktionen dem Gemeinwohl zu dienen, ist an Gesetz und Recht gebunden und untersteht exekutiver Aufsicht. Angesichts dessen ist eine neutrale Aufgabenwahrnehmung durch sie als Planfeststellungsbehörde jedenfalls dann in einer rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Weise gewährleistet, wenn behördenintern für eine organisatorische und personelle Trennung der Aufgabenbereiche gesorgt ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 2011 – 9 A 23/10, juris Rn. 20 f, vom 18. März 2009 - 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 24 und vom 5. Dezember 1986 - 4 C 13.85 - BVerwGE 75, 214 <230 f.>).

Eine solche Trennung der Aufgabenbereiche ist hier hinreichend gewahrt. Nach dem maßgeblichen, mit dem des damaligen Landesumweltamtes Brandenburg (LUA) identischen Organisationsplan des LUGV wurden die Aufgaben des Vorhabensträgers bei Beginn des Planfeststellungsverfahrens durch das LUA, Abteilung Ökologie, Naturschutz, Wasser (ÖNW), Referat Hochwasserschutz (Ö 5) mit Sitz in Potsdam-Glienike und die Aufgaben der Planfeststellungs- und Anhörungsbehörde durch das LUA, Regionalabteilung Ost, Referat RO 1 (Genehmigungsverfahren) mit Sitz in Frankfurt (Oder) wahrgenommen. Die genannten Funktionen waren also auf zwei räumlich voneinander getrennte Stellen verteilt, die auch personell unterschiedlich besetzt waren. Daran ändert nichts, dass mit Bekanntmachung des Gesetzes vom 15. Juli 2010 (GVBl. Nr. 28) am 15. Juli 2010 das neu gegründete Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz an die Stelle des (aufgelösten) Landesumweltamtes getreten ist, weil damit keine Änderung in der Organisationsstruktur einhergegangen ist. Es gibt entgegen der Auffassung des Klägers auch keinen durchgreifenden Anhaltspunkt dafür, dass die Planfeststellungsbehörde ihre Pflicht zur Unparteilichkeit und inneren Distanz verletzt haben könnte. Die Behauptung des Klägers, die Planfeststellungsbehörde habe hier ein spezifisches Eigeninteresse daran, Anträgen aus „eigenen Reihen“ stattzugeben, ist durch nichts belegt. Die nach Auffassung des Klägers großzügige, weil nachsichtige Behandlung des Vorhabensträgers durch die Planfeststellungsbehörde hinsichtlich der von jenen (telefonisch) durchgeführten Bestandsaufnahme geschützter Schmetterlinge im Vorhabensgebiet stellt kein durchgreifendes Indiz für eine Parteilichkeit der Planfeststellungsbehörde dar. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Präsident des LUGV als Vorgesetzter des Vorhabensträgers und der Planfeststellungsbehörde durch fachaufsichtliche Weisungen die Prüfung und Entscheidung der Planfeststellungsbehörde im Kernbereich planerischer Abwägung steuern könnte (zur Bedenklichkeit einer solchen Konstellation siehe ebenfalls BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 – 9 A 23/10, juris, Rn. 22).

2.) Eine Rechtsverletzung des Klägers ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt hat. Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das hier streitgegenständliche Vorhaben nicht durchzuführen war. Nach § 70 Abs. 2 WHG n. F. muss das Planfeststellungsverfahren für einen Gewässerausbau, für den nach dem Gesetz zur Umweltverträglichkeitsprüfung eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht (UVP- pflichtiger Gewässerausbau), den Anforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechen.

Der Kläger hat im Zusammenhang mit der von ihm für erforderlich gehaltenen Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung darauf abgestellt, dass nach Punkt 13.5.2 der Anlage 1 zu § 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) wasserwirtschaftliche Projekte in der Landwirtschaft – um ein solches handele es sich hier - nach standortbezogener Vorprüfung des Projekts i. S. d. § 3c Abs. 1 S. 2 und Anlage 2 Nr. 2 UVPG einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen, wenn das Volumen an Wasser jährlich 5.000 cbm bis weniger als 100.000 cbm beträgt und durch die Gewässerbenutzung erhebliche nachteilige Auswirkungen auf grundwasserabhängige Ökosysteme zu erwarten sind. Damit nimmt der Kläger auf einen prüfungsbedürftigen Tatbestand Bezug, der unter Punkt 13.5.2 der Anlage 1 zu § 3 UVPG in der Fassung vom 24. Februar 2010 (BGBI. Teil 1, S. 95 ff) beschrieben ist.

Maßgeblich ist hier aber das UVPG in der vor dem 01. März 2010 geltenden Fassung. Nach der Übergangsvorschrift des § 25 Abs. 12 Satz 2 UVPG - in der Fassung vom 24. Februar 2010, welches zum maßgeblichen Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses (27. Juli 2010) Geltung beanspruchte, sind Verfahren nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und Absatz 3, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den Nummern 3.15, 13.1 bis 13.2.1.3, 13.3 bis 13.18 und 17 der Anlage 1 dienen und die vor dem 01. März 2010 eingeleitet worden sind, nach der bis zu diesem Tag geltenden Fassung des Gesetzes zu Ende zu führen.

Die Übergangsvorschrift kommt hier zur Anwendung. Das hier in Rede stehende Planfeststellungsverfahren ist vor dem 01. März 2010 eingeleitet worden, nämlich durch Antragstellung im November 2008. Es dient einer Entscheidung des Beklagten im Sinne von § 2 Abs.1 S. 1 in Verbindung mit Absatz 3 UVPG (Planfeststellungsbeschluss) über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach Nr. 13.6 der Anlage 1 des UVPG - Bau eines Stauwerks oder einer sonstigen Anlage zur Zurückhaltung oder dauerhaften Speicherung von Wasser -. Bei der geplante Erhöhung der Grabensohle im mineralischen Randbereich am östlichen Auslauf der Kesselwiesen durch Errichtung einer Sohlgleite (Stützschwelle) und den geplanten 11 flachen Querdämmen in den in den Kesselwiesen vorhandenen Entwässerungsgräben handelt es sich um sonstige Anlagen zur Zurückhaltung oder dauerhaften Speicherung von Wasser. Auch die vom Kläger vorgenommene Bewertung des Vorhabens als „wasserwirtschaftliches Projekt in der Landwirtschaft“ nach Nr. 13.5 der Anlage 1 des UVPG in der Fassung vom 24. Februar 2010 führt hier zur Anwendung der Übergangsvorschrift des § 25 Abs. 12 S. 2 UVPG.

Eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestand nach dem UVPG in der vor dem 01. März 2010 geltenden Fassung jedoch nicht. Nach § 3 UVPG gilt dieses Gesetz für die in der Anlage 1 aufgeführten Vorhaben. Nach Nummer 13.6/13.6.2 der Anlage 1 zum UVPG in der vor dem 01. März 2010 geltenden Fassung besteht beim Bau einer sonstigen Anlage zur Zurückhaltung oder dauerhaften Speicherung von Wasser, wobei – wie hier – weniger als 10 Mio. cbm Wasser zurückgehalten oder gespeichert werden, eine UVP-Pflicht nach Maßgabe des Landesrechts (s. Anlage 1, Nrn. 13.6./13.6.2. „L“ in Sp. 2 = UVP-Pflicht nach Maßgabe des Landesrechts). Nach der Anlage 1 (Nrn. 6.1/6.2) zu § 2 Abs. 1 des Brandenburgischen Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung - BbgUVPG vom 10. Juli 2002 (GVBl. I S. 62) ist aber eine Umweltverträglichkeitsprüfung entweder nach Vorprüfung des Einzelfalls gem. § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG (Nr. 6.1) oder nach standortbezogener Vorprüfung gem. § 3c Abs. 2 Satz 2 (Nr. 6.2) durchzuführen, falls 10.000 m³ oder mehr m³ Wasser zurückgehalten oder gespeichert werden.

Die mit dem Vorhaben angestrebte Gesamtmenge des zurückgehaltenen Wassers liegt unterhalb der in Nr. 6.2 gesetzten und damit für die UVP-Pflicht relevanten Grenze. Die angestrebte Rückstaumenge beträgt 9.000 m3 Wasser. Dies hat der Vorhabensträger mit seiner Berechnung in dem Schreiben an die Planfeststellungsbehörde vom 10. Februar 2009 nachvollziehbar dargelegt.

Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Vorhaben nicht um ein Vorhaben im Sinne der Nr. 13. 5 der Anlage 1 in der vor dem 01. März 2010 geltenden Fassung. Danach besteht für „wasserwirtschaftliche Projekte in der Landwirtschaft, einschließlich Bodenbewässerung oder Bodenentwässerung“ eine UVP-Pflicht nach Maßgabe des Landesrechts (s. Anlage 1, Nr. 13.5 „L“ in Sp. 2 = UVP-Pflicht nach Maßgabe des Landesrechts). Nach der Anlage 1 (Nr. 5.2) zu § 2 Abs. 1 des Brandenburgischen Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung - BbgUVPG vom 10. Juli 2002 (GVBl. I S. 62) ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach standortbezogener Vorprüfung gem. § 3c Abs. 2 Satz 2 UVPG und der Anlage 2 (Nr. 5.2, Festlegung „S“ zur UVP) durchzuführen bei wasserwirtschaftlichen Projekten in der Landwirtschaft, einschließlich Bodenbewässerung oder Bodenentwässerung von 3.000 m³ bis 200.000 m³ Wasservolumen.

Bei dem planfestgestellten Vorhaben handelt es sich indes nicht um ein „wasserwirtschaftliches Projekt in der Landwirtschaft“. Nach Auffassung der Kammer ist dieses Tatbestandsmerkmal nur dann erfüllt, wenn das wasserwirtschaftliche Projekt der Landwirtschaft dient, wobei Landwirtschaft die Bodenbewirtschaftung und die mit der Bodennutzung verbundene Tierhaltung ist, um pflanzliche oder tierische Erzeugnisse zu gewinnen (vgl. zum Begriff der Landwirtschaft § 585 Abs. 2 BGB). Bei diesem Verständnis hat das geplante Vorhaben keinen den Zwecken der Landwirtschaft dienenden Charakter. Vielmehr würden die geplanten Maßnahmen eine Bodenbewirtschaftung – hier die vom Kläger behauptete extensive Grünlandnutzung der von dem Vorhaben betroffenen Flächen - unmöglich machen, weil die Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens eine (mindestens drei Monate andauernde) Überstauung der streitgegenständlichen Flächen und nach relativem Rückgang des Wasserpegels deren dauernde Vernässung zur Folge hätte. Insofern kommt es nicht mehr auf die Beantwortung der Frage an, ob die vom Kläger – jedenfalls in der Vergangenheit – veranlasste einjährige Handmahd im Bereich des im Vorhabensgebiet befindlichen Feuchtwiesenkomplexes und dessen Beweidung durch eine Schafherde überhaupt Landwirtschaft in dem zuvor dargelegten Sinne darstellt.

3.) Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung genügt der Planfeststellungsbeschluss vom 27. Juli 2010 auch dem aus dem Rechtsstaatsprinzip (Artikel 20 Abs. 3 GG) folgenden Bestimmtheitsgebot (§§ 37 Abs. 1, 72 Abs. 1 VwVfG). Dieses ist gewahrt, wenn nicht nur für den Adressaten einer behördlichen Maßnahme, sondern auch für die übrigen am Verfahren Beteiligten (§ 13 VwVfG) nach den Umständen, die ihnen bekannt oder für sie ohne weiteres erkennbar sind, aus dem Verwaltungsakt der Inhalt der getroffenen Regelung vollständig, klar und unzweideutig hervorgeht (vgl. nur Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 13. Auflage 2012, § 37 Rn. 5). In einem Planfeststellungsbeschluss müssen Art und Umfang des Vorhabens, die Art der Durchführung, etwaige Nebenbestimmungen und Vorbehalte eindeutig festgelegt werden. Zur näheren Bestimmung kann auf eindeutig bezeichnete Pläne, Beschreibungen und Verzeichnisse Bezug genommen werden, die dadurch Teil des Planfeststellungsbeschlusses werden (vgl. Kopp/Ramsauer a. a. O., § 74 Rn. 84). Der Grad der Bestimmtheit planerischer Zeichnungen und Erläuterungen ist nach ihrer Funktion im Planfeststellungsverfahren zu bemessen. Danach müssen sich aus ihnen die abwägungserheblichen Belange mit der Deutlichkeit ergeben, die es erlaubt, ihre Bedeutung für die Planung und Betroffenheit Dritter angemessen zu erkennen. Ferner muss gewährleistet sein, dass die schon aufgrund des Planfeststellungsbeschlusses zulässige Enteignung in räumlicher Hinsicht eindeutig umgrenzt ist (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 25. März 1988 – 4 C 1/85, juris, Rn. 8).

Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss genügt diesen Anforderungen. Im Planfeststellungsbeschluss wird durch Verweise auf die Planunterlagen eine Verbindung zu den notwendigen fachlichen Details hergestellt. In den Planunterlagen sind die Standorte der Entnahme von Bodenmaterial mittels Flachabtorfung, die Lage der Gräben A und B und der Nebengräben, die Verfüllstrecken der Gräben, die Lage der Sohlgleite und der Querdämme in den Gräben in entsprechenden Karten dargestellt. Die Darstellung der Sohlgleite am Ostrand der Kesselwiesen findet sich in entsprechenden Anlagen (Karten, Zeichnungen) in der Planunterlage. Der Beklagte hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die Begriffe "Sohlgleite" und "Flachabtorfung" als Begriffe im Rahmen wasserbaulicher Planungen allgemein bekannt sind. Der Inhalt der Bauausführung ergibt sich hinreichend deutlich aus der Baubeschreibung - unter Punkt 1.1.2 - Darstellung der vorgesehenen Maßnahmen - des Antrages auf Planfeststellung. Eine Ausfertigung der genehmigten Planunterlagen hat mit dem Planfeststellungsbeschluss öffentlich zwei Wochen vom 2. September 2010 bis einschließlich 15. September 2010 im Amt Schlaubetal ausgelegen. Im Übrigen hat der Vertreter des Klägers nach dem Inhalt der Akten in die Planunterlagen Einsicht genommen. Entgegen der Auffassung des Klägers ist auch hinreichend bestimmt, welche Flächen zur Verwirklichung des Vorhabens beansprucht werden. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass der Planfeststellungsbeschluss durch die Angabe von 4 Koordinaten die Außengrenzen des Vorhabens benennt. Die in den Planunterlagen enthaltenen Karten und das Flurstücksverzeichnis definieren schließlich die in Anspruch zu nehmende Fläche. Die Flurstücke werden eindeutig mit den Angaben zu Gemeinde, Gemarkung, Flur, Flurstück benannt (siehe auch Punkt 11.6. des Planfeststellungsbeschlusses). Anders als der Kläger meint ist ein „Herausmessen“ von Flächen nicht notwendig. Alle betroffenen Eigentümer außer dem Kläger haben dem Vorhaben zugestimmt. Das Eigentum des Klägers betrifft ausschließlich Flächen, die gemäß Flurstücksverzeichnis (Anlage 11 der Planunterlage) jeweils vollständig betroffen sind. Der Kläger verfügt mit den Flurstücken ... und ... (Gemarkung ..., Flur ...) über die am tiefsten gelegenen Flächen der Kesselwiesen. Die Flurstücke ... und ... umfassen die gesamte Breite der Kesselwiesen und können nicht "umgangen" werden. Hierauf hat der Beklagte zutreffend hingewiesen.

II.

Der Planfeststellungsbeschluss weist aber materielle Mängel auf, die zu seiner Aufhebung führen. Der Planfeststellung haftet ein erheblicher Abwägungsmangel an, der die Grundzüge der Planung betrifft und auch nicht durch ergänzende Planfeststellung behoben werden kann.

In materieller Hinsicht folgen Planschranken vor allem – insbesondere wegen der hier bestimmten enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses – aus dem Erfordernis der Planrechtfertigung (1), aus zwingenden materiellen Rechtssätzen (2) und aus den Anforderungen des Abwägungsgebotes (3). Letzteres erstreckt sich sowohl auf das Abwägungsergebnis als auch auf den Abwägungsvorgang, bei dem die maßgeblichen öffentlichen und privaten Belange ins Verhältnis gesetzt werden und eine Entscheidung darüber getroffen wird, welche Belange bevorzugt werden und welche zurücktreten.

(1) Allerdings ergibt sich die Rechtswidrigkeit des Eingriffs in das Eigentum des Klägers nicht schon aus einer fehlenden Planrechtfertigung.

Die erforderliche – der uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegende – Planrechtfertigung ist gegeben. Das geplante Vorhaben ist dann gerechtfertigt, wenn es nach Maßgabe der wasserrechtlichen Ziele objektiv erforderlich ist. Erforderlich in diesem Sinne ist eine Maßnahme nicht erst dann, wenn sie unabdingbar oder unausweichlich ist, sondern bereits dann, wenn sie gemessen an den fachplanerischen Zielen des Wasserrechts vernünftigerweise geboten ist (vgl. hierzu Schenk in Sieder-Zeitler-Dahme-Knopp, § 31 WHG Rdnr. 209, 212 m. w. N.). Gemessen daran fehlt es weder in tatsächlicher noch prognostischer Hinsicht an einem hinreichenden Bedarf für die Durchführung der Maßnahme.

Vielmehr ist die vorliegende (wasserrechtliche) Planfeststellung gerechtfertigt durch die mit der Moorrevitalisierung verfolgte Zielsetzung der Stabilisierung des Landschaftswasserhaushaltes. Die geplante Maßnahme ist – gemessen an den Zielsetzungen des Wasserhaushaltsgesetzes – vernünftigerweise geboten, weil durch die mit dem Vorhaben verbundene Beseitigung des Entwässerungssystems und der dauerhaften Erhöhung des Wasserstandes in den Kesselwiesen – prognostisch – eine Anhebung des Grundwasserspiegels im Plangebiet und seinem Umfeld einhergehen wird, der auch zur nachhaltigen Stützung des Wasserhaushalts des benachbarten Ziskensees führen wird (vgl. die Begründung zum Antrag auf Planfeststellung, S. 14). Dies entspricht dem Zweck des Wasserhaushaltsgesetzes, durch eine nachhaltige Gewässerbewirtschaftung die Gewässer als Bestandteil des Naturhaushalts, als Lebensgrundlage des Menschen, als Lebensraum für Tiere und Pflanzen sowie als nutzbares Gut zu schützen (§ 1 WHG), eine Verschlechterung des mengenmäßigen Zustandes des Grundwassers zu vermeiden (§ 47 Abs. 1 Nr. 1 WHG) und eine Verschlechterung des ökologischen Zustandes oberirdischer Gewässer – hier des Ziskensees - zu vermeiden (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WHG).

Der vom Kläger erhobene Einwand, bei Umsetzung des Vorhabens seien negative Auswirkungen auf die Kieselwitzer Teiche und das Wasserdargebot der Schlaube zu erwarten, vermag die Planrechtfertigung nicht durchgreifend in Frage zu stellen. Der Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass sich das Vorhabensgebiet in einer eindeutig abgrenzbaren topografischen Senkenlage innerhalb eines großen Waldgebietes mit mehrheitlich grundwasserfernen und damit trockenheitsgefährdeten Kiefern- und Mischwäldern befinde. Das oberirdische Einzugsgebiet betrage ca. 110 ha bzw. 1,1 km2 und sei auf der Basis der bekannten Hydroisohypsen ausreichend eingrenzbar. Es sei lediglich ein mittlerer jährlicher Abfluss von 5,5 I pro Sekunde zu erwarten. Das Vorhaben habe auf das Einzugsgebiet und den Abstrombereich des Moores ausschließlich positive Wirkungen, weil der Grundwasserspiegel stabilisiert werde. Gegen diese nachvollziehbaren Ausführungen ist nichts zu erinnern. Sie stützen sich auf die Untersuchungen und Darlegungen des Ingenieurbüros Ellmann/Schulze im Antrag auf Planfeststellung (BA I Bl. 16,17, 26, 27,32). Die Einholung eines separaten hydrologischen Gutachtens als Entscheidungsgrundlage, die der Kläger für erforderlich hält, war in dem Planfeststellungsverfahren nicht erforderlich, da die Planunterlagen die notwendigen Daten zur Höhenlage, den Hydroisohypsen, der Moormächtigkeit und den Auswirkungen der geplanten Maßnahmen auf die Kieselwitzer Teiche und die Schlaube enthalten.

Die zuvor dargelegte Planrechtfertigung kommt entgegen der Auffassung des Klägers auch hinreichend deutlich in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses zum Ausdruck. Unter Punkt 13 des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses wird als Rechtfertigung die Konformität des geplanten Vorhabens mit den Zielen des WHG und dem BbgWG angeführt, die durch den Hinweis auf die Bewirtschaftungsziele für das Oberflächenwasser (§ 27 WHG) und das Grundwasser (§ 47 WHG) konkretisiert werden. Die (positiven) Auswirkungen des Vorhabens auf den Landschaftswasserhaushalt werden im Planfeststellungsbeschluss unter Punkt 11.8, 3. Absatz nachvollziehbar dargelegt.

(2) Jedoch widerspricht der angefochtene Planfeststellungsbeschluss - bezogen auf den entscheidungserheblichen Zeitpunkt seines Erlasses - zwingenden rechtlichen Vorgaben.

Nach § 68 Abs. 3 WHG darf der Plan nur festgestellt werden, wenn 1. eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere eine erhebliche und dauerhafte, nicht ausgleichbare Erhöhung der Hochwasserrisiken oder eine Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen, vor allem in Auenwäldern, nicht zu erwarten ist und 2. andere Anforderungen nach diesem Gesetz oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfüllt sind.

Eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit als Folge des Vorhabens ist zwar nicht zu erwarten. Vielmehr liegt die Umsetzung des Vorhabens im Interesse des Allgemeinwohls, weil es die Stabilisierung des Landschaftswasserhaushaltes zum Ziel hat.

Die Anforderungen nach sonstigen öffentlichen Vorschriften sind aber nicht erfüllt.

a) Allerdings ist der vom Kläger gerügte Verstoß gegen § 34 Abs. 1 des Gesetzes über Naturschutz- und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG) vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542) nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift sind Projekte vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 BNatSchG ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebietes in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig (§ 34 Abs. 2 BNatSchG)

Natura 2000 ist die offizielle Bezeichnung für ein kohärentes ökologisches Netz von Schutzgebieten, das innerhalb der Europäischen Union nach den Maßgaben der Richtlinie 92/43/EWG (Fauna - Flora - Habitat - Richtlinie, kurz: FFH - Richtlinie) errichtet wird. Sein Zweck ist der länderübergreifende Schutz gefährdeter wildlebender heimischer Pflanzen- und Tierarten und ihrer natürlichen Lebensräume. In das Schutzgebietsnetz werden auch die gemäß der Richtlinie 79/409/EWG (kurz Vogelschutzrichtlinie) ausgewiesenen Gebiete integriert.

Eine auf § 34 Abs. 1 und 2 BNatSchG gestützte Beurteilung der Verträglichkeit des Vorhabens mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebietes „Schlaubetal“ begegnet keinen Bedenken. Zutreffend ist der Beklagte nach Prüfung der Verträglichkeit des Vorhabens durch die zuständige Fachbehörde zu dem Ergebnis gelangt, dass die geplante Moorrevitalisierung mit den Anforderungen der FFH-Richtlinie in Einklang steht. Die Verträglichkeitsprüfung hat nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-Richtlinie die Verträglichkeit mit den für das besondere Schutzgebiet festgelegten Erhaltungszielen zum Maßstab. (vgl. BVerwG, Urteil vom 01. April 2004 – 4 C 2.03 – BVerwGE 120, 276, 282 f).

Im Anhang I der FFH-Richtlinie sind natürliche und naturnahe Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse aufgeführt, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden sollen. In dem Standard-Meldebogen der EU für besondere Schutzgebiete, die als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung in Frage kommen sind für das FFH-Gebiet „Schlaubetal“ insgesamt 11 Lebensraumtypen nach Anhang I der FFH-Richtlinie benannt. Das Gebiet der Kesselwiesen ist als Lebensraumtyp Nummer 7140 "Übergangs- und Schwingrasenmoore" und Nummer 91 EO „Erlen- und Eschenwälder an Fließgewässern“ des EU - Codes der Lebensraumtypen gemäß FFH – Richtlinie eingeordnet (siehe Kartenauszug aus dem Landeskataster der FFH – Lebensräume). Der Lebensraumtyp findet sich als Originalbezeichnung in der geänderten Fassung des Anhangs I der FFH - Richtlinie vom 20.12.2000. Bei dem FFH - Lebensraumtyp 7140 "Übergangs- und Schwingrasenmoore" handelt sich um sehr unterschiedliche, überwiegend Torf produzierende, artenarme Pflanzengesellschaften auf nassen bis überstauten, sauren bis basenreichen Standorten. Der Lebensraumtyp entwickelt sich an sehr nährstoffarmen Stillgewässern entweder als Schwingrasen oder als Schnabelseggenried in der Verlandungszone, im Randsumpf von Hochmooren oder in niederschlagsreichen Gegenden auf Niedermoorstandorten. Der Erhaltungszustand der Kesselwiesen ist im Standard-Meldebogen des FFH - Gebietes „Schlaubetal“ mit "mittel bis schlecht (C)" bewertet.

Zufolge dem naturschutzrechtlichen Fachbeitrag des Ingenieurbüros Ellmann/Schul-ze GbR, der dem festgestellten Plan zu Grunde lag, ist grundsätzlich von einer Verträglichkeit des Vorhabens im obigen Sinne auszugehen. Das Ingenieurbüro hat im Wesentlichen ausgeführt: Eine Beeinträchtigung der Kesselwiesen als Lebensraumtyp 7140 liege nicht vor. Vielmehr werde es durch die geplante Wasserstandsanhebung zu einer deutlichen Verbesserung der hydrologischen Verhältnisse im Moorkörper kommen, der die momentan noch existierende Torfzersetzung stoppen und mittelfristig wieder zu einem Torfwachstum führen werde. Durch die Wasserstandsanhebung, die sich hauptsächlich im östlichen zentralen Teil der Kesselwiesen konzentriere, könne es zu keiner Veränderung der Flächenanteile der momentan vorhandenen Waldflächen (Schaumkraut-Erlenwald, Rasenschmielen-Schwarzerlenwald und Erlen-Eschen-Wald) kommen. Allenfalls die sich zurzeit bis in die Wiesenflächen ausbreitenden jungen Schwarzerlenbestände würden durch die Etablierung von höheren Wasserständen vermutlich zurückgedrängt werden. Eine Gefährdung des Lebensraumtyps 7140 erfolge nicht. Ferner würden die im Gebiet der Kesselwiesen vorhandenen wertvollen Pflanzenarten Winkel-Segge, Schnabel-Segge und schmalblätteriges Wollgras durch die Moorrevitalisierung gefördert werden, so dass ihre Beeinträchtigung durch die Maßnahme auszuschließen sei. Die im FFH-Gebiet „Schlaubetal“ nach Anlage II der FFH-Richtlinie ausgewiesenen und in den Kesselwiesen nachgewiesenen Tierarten würden durch die Wasserstandsanhebung und die Baumaßnahmen nicht beeinträchtigt (keine Beeinträchtigung des Fischotters wegen seiner nächtlichen Lebensweise) oder es würde sich die Lebensraumqualität verbessern (so für die Libellenart „Große Moosjungfer“) oder eine Besiedlung der Kesselwiesen zu erwarten sein (durch den Kammmolch). Gegen diese Einschätzungen, denen sich die Fachbehörde trotz ihrer zunächst geäußerten Bedenken in ihrer naturschutzrechtlichen Stellungnahme vom 16. Juli 2009 (dem Fachbeitrag sei der Datenursprung sowie das Alter der Angaben über die im Untersuchungsgebiet vorkommenden Tier- und Pflanzenarten „nicht immer“ zu entnehmen, keine aktuelle Datenlage, kein eigenen Kartierungen) im Wesentlichen in der ergänzenden Stellungnahme vom 05. November 2009 angeschlossen hat, weil nach Auskunft des Leiters der Naturparkverwaltung „Schlaubetal“ vom 14. Oktober 2009 keine Artendaten für das Gebiet vorlägen und sich insofern keine neuen Bewertungs- und Beurteilungspunkte ergeben hätten, ist weder hinsichtlich des Maßstabes für die Feststellung der Verträglichkeit noch hinsichtlich des Ergebnisses der Verträglichkeitsprüfung etwas zu erinnern.

Soweit der Maßstab für die Feststellung der Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebietes „Schlaubetal“ in Frage steht, setzt die Verträglichkeitsprüfung eine ausreichende Bestandsaufnahme der im Vorhabensgebiet vorhandenen Arten, die in den Anwendungsbereich der Verbote fallen, und ihrer Lebensräume voraus. Grundsätzlich ist es aber nicht geboten, im Rahmen einer artenschutzrechtlichen Prüfung von Rechts wegen ein lückenloses Inventar der Tier- und Pflanzenarten eines Naturraumes vorzunehmen. Welche Anforderungen an Art, Umfang und Tiefe der Untersuchungen zu stellen sind, hängt von den naturräumlichen Gegebenheiten ab. Erforderlich aber auch ausreichend ist eine am Maßstab praktischer Vernunft ausgerichtete Prüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 – 9 A 64/07, juris Rn. 38, 48).

Die notwendige Bestandsaufnahme wird sich regelmäßig aus zwei wesentlichen Quellen speisen, nämlich der Auswertung bereits vorhandener Erkenntnisse und einer Bestandserfassung vor Ort, deren Methodik und Intensität von den konkreten Verhältnissen im Einzelfall abhängt. Erst durch eine aus beiden Quellen gewonnene Gesamtschau kann sich die Planfeststellungsbehörde regelmäßig die erforderliche, hinreichende Erkenntnisgrundlage verschaffen. Lassen allgemeine Erkenntnisse zu artspezifischen Verhaltensweisen, Habitatansprüchen und dafür erforderlichen Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse zu, ist es nicht zu beanstanden, wenn die Planfeststellungsbehörde daraus entsprechende Schlussfolgerungen zieht. Diese bedürfen ebenso wie sonstige Analogieschlüsse der plausiblen, naturschutzfachlich begründeten Darlegung (BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 – 9 A 64/07, juris Rn. 38).

Die der Verträglichkeitsprüfung zugrundeliegende Bestandsaufnahme genügt grundsätzlich diesen Anforderungen. Das Vorkommen der im FFH-Gebiet Schlaubetal ausgewiesenen und speziell im Bereich der Kesselwiesen angesiedelten Pflanzen- und Tierarten ist in dem Gutachten des Ingenieurbüros Ellmann/Schulze durch eigene Feststellungen des Gutachters vor Ort, Verweisung auf bereits vorliegende Untersuchungen oder nachvollziehbaren Ausschluss aufgrund des Nichtvorliegens der Lebensbedingungen für bestimmte Tier- und Pflanzenarten in den Kesselwiesen ausreichend belegt.

Auch der vom Kläger befürchtete Verlust von artenreichem Grünland, insbesondere von Gras- und Staudenfluren sowie Feuchtwiesen und Feuchtweiden und die von ihm befürchtete Zerstörung bestimmter Pflanzenarten (S. 15 der Klagebegründungsschrift) und des Lebensraumes der von ihm genannten Schmetterlingsarten (S. 16 der Klagebegründungsschrift) stellt die Richtigkeit der Verträglichkeitsprüfung nicht durchgreifend in Frage. Der Bereich der Kesselwiesen wurde nicht als Lebensraumtyp 6430 „feuchte Hochstaudenfluren incl. Waldsäume“ nach Anlage I der FFH-Richtlinie sondern als geschützter Lebensraumtyp 7140 „Übergangs- und Schwingrasenmoor“ ausgewiesen. Der vom Kläger angenommene Lebensraumtyp Feuchtwiese und Feuchtweide ist im oben benannten Standard-Meldebogen als im FFH-Gebiet zu schützender Lebensraumtyp nicht benannt. Insofern kommt es in diesem Zusammenhang nicht auf die vom Kläger aufgeworfene Frage an, ob der Maßstab der Biotopkartierung in den Planunterlagen zu grobmaßstäblich und undifferenziert ist. Die vom Kläger benannten 6 Pflanzenarten Dactylorhiza majalis, Cirsium olereaceum, Caltha palustris und Lotus uliginosus (heute: pendunculatus), silene flos cuculi und Lathyrus palustris gehören nicht zu den im FFH-Gebiet „Schlaubetal“ benannten bedeutenden Arten der Flora. Ebenso wenig wurde das FFH-Gebiet „Schlaubetal“ speziell für die Erhaltung von Schmetterlingsarten gemäß Anhang II der FFH - Richtlinie ausgewiesen. In dem zuvor bezeichneten Standard-Meldebogen sind lediglich zwei Arten der dort aufgeführten Wirbellosen benannt, nämlich der Hirschkäfer und die Libellenart „Große Moosjungfer“.

Damit steht nach Auffassung der Kammer die Verträglichkeit des Vorhabens mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebietes „Schlaubetal“ nicht nur fest. Vielmehr ist das Vorhaben sogar grundsätzlich geeignet, die Kesselwiesen und damit den FFH-Lebensraumtyp 7140 wieder in einen günstigen Erhaltungszustand zurückzuführen. Dies entspricht wiederum der Zielvorgabe des Artikels 4 Abs. 4 der FFH-Richtlinie. Danach haben die Länder Maßnahmen zur Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes durchzuführen, wobei mindestens ein guter Erhaltungszustand anzustreben ist.

b) Allerdings vermag die Kammer nicht abschließend zu beurteilen, ob das geplante Vorhaben deswegen gegen das artenschutzrechtliche Zerstörungsverbot gem. § 44 Abs. 1 Nr. 3, 4, Abs. 5 Satz 2 BNatSchG verstößt, weil dem Planfeststellungsbeschluss – gemessen an den zuvor dargelegten Anforderungen an Art, Umfang und Tiefe der Untersuchungen – keine ausreichende Bestandsaufnahme der im Vorhabensgebiet vorhandenen Schmetterlingsarten, die in den Anwendungsbereich der Verbote fallen, und ihrer Lebensräume, zu Grunde lag. Der Beklagte stützt sich zum Zeitpunkt der Feststellung des Planes auf das Gutachten der ehemaligen Naturschutzstation Wirchensee aus dem Jahre 1994, in dem für das – ca. 1.500 ha umfassende - Naturschutzgebiet "Schlaubetal" 505 Schmetterlingsarten aufgeführt werden, die in den Jahren 1985 bis 1994 beobachtet wurden. Die artenschutzfachliche Untersuchung hinsichtlich des Bestandes geschützter Schmetterlinge und ihrer Lebensräume im Vorhabensgebiet beruht auf dieser zuvor bezeichneten Quelle, im Wesentlichen jedoch auf einem schriftlichen Vermerk des Vorhabensträgers vom 29. März 2010 über ein Telefonat am 26. März 2010 mit Dr. Gelbrecht, dem Hauptautor der aktuell gültigen „Gesamtliste und Roten Liste der Schmetterlinge des Landes Brandenburg“ aus dem Jahr 2001. Danach seien Herrn Gelbrecht für das Gebiet der Kesselwiesen keine Arten bekannt, die der geplanten Moorrevitalisierung entgegenstehen. Selbst aus der (Dr. Gelbrecht zuvor vom Vorhabensträger übermittelten) Auflistung in den Stellungnahmen (des LPV Schlaubetal) seien keine Arten identifizierbar, die einer Moorrevitalisierung entgegen ständen. Die Liste enthalte zahlreiche Arten der Trockenrasen und Halboffenlandschaften. Als einzige Futterpflanze gefährdeter (Schmetterlings-)Arten, die hier besondere Beachtung erhalten solle, habe er den kleinen Baldrian (Valeriana dioca) genannt.

Nach Auffassung der Kammer dürfte diese Art und Weise der Bestandsermittlung unter methodischen Gesichtspunkten nicht ausreichend sein, um eine tragfähige Grundlage für die artenschutzrechtliche Zulässigkeit des geplanten Vorhabens zu bilden. Das sich daraus ergebende Ermittlungsdefizit – für sich gesehen – führt zwar zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses. Eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses kann der Kläger deswegen aber nicht verlangen, weil dieser Mangel durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann (vgl. § 75 Abs. 1a S. 2 VwVfG).

c) Verbote der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Schlaubetal“ vom 10. April 2002, (GVBl. II, S. 201) - NSG-VO Schlaubetal sind nach Auffassung der Kammer auch nicht betroffen. Insbesondere verstößt das Vorhaben nicht gegen § 21 Abs. 2 S. 1 BbgNatSchG i. V. m. § 4 Abs. 1, 2 Nr. 6 und Nr. 16 der NSG-VO Schlaubetal. Die NSG-VO Schlaubetal war zum Zeitpunkt der Planfeststellung von dem Beklagten zu beachten. Zwar hat das OVG Frankfurt (Oder) in den Entscheidungsgründen seines Urteils vom 10. August 2004 – 3a A 207/02, juris, die Unwirksamkeit der NSG-VO Schlaubetal wegen eines Verfahrensfehlers festgestellt. Der Kläger hat aber zu Recht darauf hingewiesen, dass die Feststellung der Unwirksamkeit der NSG-VO Schlaubetal in dem zuvor genannten Gerichtsverfahren weder ihn noch den Beklagten im Hinblick auf das vorliegende Planfeststellungsverfahren bindet, weil sich die Bindungswirkung des rechtskräftigen Urteils des OVG Frankfurt (Oder) vom 10. August 2002 gem. § 121 VwGO nur zwischen den an diesem Verfahren Beteiligten – zu denen der Kläger nicht gehörte – entfaltet. Eine (auch) vom Beklagten für das vorliegende Planfeststellungsverfahren zu beachtende verbindliche Feststellung der Unwirksamkeit der NSG-VO Schlaubetal im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens nach § 47 VwGO ist gerade nicht erfolgt.

Nach § 21 Abs. 2 S. 1 BbgNatSchG i. V. m. § 4 Abs. 1 NSG-VO Schlaubetal sind in dem Naturschutzgebiet Schlaubetal vorbehaltlich der nach § 6 der Verordnung zulässigen Handlungen alle Handlungen verboten, die das Gebiet, seinen Naturhaushalt oder einzelne seiner Bestandteile zerstören, beschädigen, verändern oder nachteilig stören können. So ist es gem. § 4 Abs. 2 Nr. 6 NSG-VO insbesondere verboten, die Art und den Umfang der bisherigen Grundstücksnutzung zu ändern und zufolge § 4 Abs. 2 Nr. 16 NSG-VO Schlaubetal untersagt, Be- und Entwässerungsmaßnahmen über den bisherigen Umfang hinaus durchzuführen, Gewässer jeder Art entgegen dem Schutzzweck zu ändern oder in anderer Weise den Wasserhaushalt des Gebiets zu ändern.Hiergegen verstößt das geplante Vorhaben nicht.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist das (absolute) Veränderungsverbot in der NSG-VO Schlaubetal aber nicht schon deswegen unbeachtlich, weil wegen der mit dem Vorhaben bezweckten ökologischen Aufwertung des Vorhabensgebiets keine nach § 21 Abs. 2 BNatSchG verbotene Handlung vorliege und insofern der Anwendungsbereich der NSG-VO Schlaubetal nicht betroffen sei. Denn auch die auf eine ökologische Aufwertung einer bereits ökologisch hochwertigen Fläche gerichtete Maßnahme stellt grundsätzlich eine Veränderung dar, die geeignet ist, die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich zu beeinträchtigen.

Das Bundesverwaltungsgericht geht in seinem Beschluss vom 28. Januar 2009 – 7 B 45/08, juris Rn. 19 davon aus, dass auf eine Veränderung von bereits in einem naturhaften Zustand befindlichen Flächen zielende Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für Eingriffe in Natur und Landschaft grundsätzlich geeignet sind, die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich zu beeinträchtigen, auch wenn die Behörde mit diesen Maßnahmen einen Ausgleich für einen anderweitigen Eingriff ins Werk setzen will. Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen scheiden deshalb nicht schon ihrer Zielrichtung wegen begrifflich als Eingriff in Natur und Landschaft aus. Nicht anders verhält es sich in dem vorliegenden Fall, in dem ein ökologisch hochwertiges, wenngleich auch nicht vollständig gleichwertiges andersartiges Biotop durch ein ökologisch hochwertigeres Biotop ausgetauscht werden soll. Bei der Durchführung der Moorrevitalisierung wird durch die geplante Erhöhung des Wasserpegels im gesamten Bereich der Kesselwiesen (Überstauung) der Umfang ihrer bisherigen Nutzung geändert. Die bisher vom Kläger im Bereich der Kesselwiesen durchgeführten bzw. veranlassten Pflegemaßnahmen – einschürige Mahd und– sporadischen – Beweidung durch eine Schafherde – werden unmöglich gemacht. Zudem wird bei der Durchführung der geplanten Moorrevitalisierung der Wasserhaushalt verändert, weil im Hinblick darauf die mit dem Vorhaben verbundene Beseitigung des vorhandenen Entwässerungssystems der Wasserstand auf den Flächen des Vorhabensgebiets dauerhaft erhöht und der Grundwasserspiegel im Plangebiet und seinem Umfeld dauerhaft angehoben wird. Insbesondere die im Eigentum des Klägers stehenden Grundstücke im Ostteil der Kesselwiesen werden perspektivisch dauerhaft mit Wasser überstaut sein.

Das planfestgestellte Vorhaben unterfällt allerdings hier deswegen nicht dem Anwendungsbereich der NSG-VO Schlaubetal, weil es sich dabei um eine zulässige Entwicklungsmaßnahme im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 11 der NSG-VO Schlaubetal handelt. Nach dieser Vorschrift bleiben Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen, die von der zuständigen Naturschutzbehörde angeordnet worden sind, vom Verbot des § 4 NSG-VO Schlaubetal ausgenommen. Ob sich das planfestgestellte Vorhaben als zulässige Entwicklungsmaßnahme darstellt, richtet sich nach dem Schutzzweck der NSG-VO Schlaubetal.

Die Entwicklung in den Kesselwiesen war in der Vergangenheit durch Entwässerungsmaßnahmen gekennzeichnet, die die Vorstufe für den Übergang zu einer intensiven Grünlandwirtschaft bildeten. Als in den 1990er Jahren das Nutzungsinteresse nachließ und die Unterhaltung der Entwässerungsgräben eingestellt wurde, begannen in der Folge die Flächen im tiefer liegenden Ostteil zu vernässen. Als Folge der fortschreitenden Vernässung, verloren die Kesselwiesen ihren ursprünglichen Charakter als mesotrophes Durchströmungsmoor. Diese Entwicklung wieder umzukehren, ist (auch) das Ziel der NSG-VO Schlaubetal, in dessen räumlichen Geltungsbereich sich die „Kesselwiesen“ befinden“. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 NSG-VO Schlaubetal ist der Schutzzweck die Erhaltung und Entwicklung (auch) der vielfältigen Moorbildungen mit Kessel-, Verlandungs- und Versumpfungsmooren. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung dient die Unterschutzstellung insbesondere der Erhaltung und Entwicklung (auch) von Übergangs- und Schwinggrasmooren als Lebensraumtyp nach Anhang I der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. Als ein solcher Lebensraumtyp ist der Bereich der „Kesselwiesen“ durch das FFH-Gebiet „Schlaubetal“ ausdrücklich geschützt (siehe oben). Auch wenn der zur Zeit in den „Kesselwiesen“ vorherrschende naturnahe Zustand die Merkmale eines - gleichfalls nach dem Schutzweck der VO über das Naturschutzgebiet „Schlaubetal“ zu erhaltenden und zu entwickelnden - Feucht- und Nasswiesenkomplexes aufweist (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 SGB-VO Schlaubetal), ist gemessen an den rechtsverbindlich festgelegten Schutzzielen der Verordnung über das NSG „Schlaubetal“ und insbesondere an dem Schutzziel der FFH-Richtlinie für das FFH-Gebiet „Schlaubetal“, in dem – wie bereits erwähnt, der Bereich der Kesselwiesen als zu schützender Lebensraumtyp „Übergangs- und Schwinggrasmoore“ ausgewiesen ist, die geplante Moorrenaturierung als zulässige Entwicklungsmaßnahme im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 11 NSG-VO zu qualifizieren.

Insofern hat der Beklagte auch nicht verkannt, dass es – entgegen der Auffassung des Klägers - einer Befreiung gemäß § 8 NSG-VO Schlaubetal i. V. m. § 72 BbgNatSchG nicht bedurfte. Die nach § 6 Abs. 1 Nr. 11 NSG-VO Schlaubetal erforderliche Anordnung der Entwicklungsmaßnahme durch die zuständige Naturschutzbehörde ist von der Konzentrationswirkung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses gem. § 75 Abs. 1 Satz 1 VwfG erfasst.

(3)Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist aber aufzuheben, weil er gegen das Abwägungsgebot verstößt. Er leidet an einem erheblichen Abwägungsmangel, der die Grundzüge der Planung betrifft und auch nicht durch eine ergänzende Planfeststellung behoben werden kann. Denn der Beklagte hat es unterlassen, alternative Standorte für eine Moorrevitalisierung im Naturschutzgebiet Schlaubetal zu prüfen und das Ergebnis bewertend in die Abwägung einzustellen.

Das (fachplanerische) Abwägungsgebot verlangt zum einen, dass überhaupt eine Abwägung stattfindet, und zum anderen, dass die entsprechenden entscheidungserheblichen Belange eingestellt und nicht in ihrer objektiven Bedeutung verkannt werden, und schließlich, dass der Ausgleich der betroffenen Belange mit anderen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die nicht außer Verhältnis zur objektiven Gewichtigkeit steht. Im Ergebnis darf der Inhalt des Plans dem objektiven Gewicht des betroffenen Belangs auch unter Einbeziehung aller sich ernsthaft anbietenden Planungsalternativen nicht widersprechen. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Planfeststellungsbehörde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Die darin liegende Bewertung der privaten und öffentlichen Belange und ihrer Gewichtung im Verhältnis untereinander macht das Wesen der Planung als einer im Kern politischen und als solcher nur auf die Einhaltung des rechtlichen Rahmens gerichtlich überprüfbaren Entscheidung aus (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1996 - 4 A 27.95 - NVwZ 1996, 1011ff.)

a) Daran gemessen leidet die Entscheidung zu Gunsten des planfestgestellten Vorhabens an einem Abwägungsdefizit, weil eine Auswahl der für eine Moorrevitalisierung in Betracht kommenden Standorte im Naturschutzgebiet Schlaubetal als notwendiger Teil der Abwägung nicht erfolgt ist.

Allerdings musste der Beklagte dem Gebot, alternative Planungen in tatsächlicher Hinsicht zu prüfen und das Ergebnis bewertend in die Abwägung einzustellen (vgl. hierzu Schenk in Siedler-Zeitler-Dahme, § 31 WHG Rdnr. 232 m.w.N.), nicht mit Blick auf alternative Kompensationsflächen für Deichbauvorhaben an der Oder nachkommen. Der Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Zielkonformität des Plans nicht an dem Ziel auszurichten gewesen war, Kompensationsflächen für (Oder-)Deichbauvorhaben an der Oder zu gewinnen. Ziel der Fachplanung war vielmehr die ökologische Verbesserung des Plangebiets durch Stabilisierung des Landschaftswasserhaushalts. Zwar hat der Vorhabensträger vor Antragstellung zunächst in Betracht gezogen, die geplante Maßnahme als vorgezogene Kompensationsmaßnahme in das Deichbauprogramm zu integrieren. Davon ist der Vorhabensträger dann aber abgerückt. Der Beklagte hat die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens für das Vorhaben "Moorrevitalisierung Kesselwiesen" deutlich vom Oderprogramm Deichsanierung abgetrennt, so dass für die vom Kläger geforderte Variantenbetrachtung verschiedener in Betracht zu ziehender Kompensationsflächen hierfür kein Raum ist.

Das Gebot, alternative Standorte für eine Moorrevitalisierung im Naturschutzgebiet Schlaubetal in tatsächlicher Hinsicht zu prüfen und das Ergebnis bewertend in die Abwägung einzustellen ergibt sich aber aus dem Inhalt der im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses zu beachtenden Verordnung über das Naturschutzgebiet „Schlaubetal“, an dem der Beklagte seine Planungsentscheidung auszurichten hatte.

Schutzzweck des Naturschutzgebietes Schlaubetal ist – wie dargelegt – nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 NSG-VO Schlaubetal die Erhaltung und Entwicklung...der vielfältigen Moorbildungen mit Kessel-, Verlandungs- und Versumpfungsmooren und der Feucht- und Nasswiesenkomplexe. Das planfestgestellte Vorhaben zielt auf einen Austausch zweier nach den Vorgaben der Verordnung gleich schützenswerter Lebensraumtypen, nämlich des hier vorhandenen Feuchtwiesenkomplexes einerseits mit dem angestrebten Zustand eines revitalisierten (Durchströmungs-)Moores andererseits. Mit Blick auf die ökologische Hochwertigkeit des vorhandenen Feuchtwiesenkomplexes und dessen Unterschutzstellung durch die NSG-VO Schlaubetal und wegen der sich aus dieser Verordnung ergebenden gleichwertigen Schutzwürdigkeit sowohl des vorhandenen Habitats als auch des mit der Maßnahme angestrebten Habitats wäre die planerische Entscheidung für die Kesselwiesen als Vorhabensstandort für eine Moorrevitalisierung nur dann nicht zu beanstanden, wenn sich dieser Standort als alternativlos dargestellt hätte. Dies ist aber nicht der Fall. Denn offenkundig waren Alternativstandorte für eine Moorrevitalisierung im Naturschutzgebiet Schlaubetal im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses vorhanden und bekannt. Den Verfahrensakten lässt sich entnehmen, dass nach Einschätzung durch den Vorhabensträger im Naturschutzgebiet Schlaubetal sechs „kleinere“ Moore existieren, „die sich aufgrund der extensiven oder auf größeren Teilflächen nicht mehr stattfindenden landwirtschaftlichen Nutzung für eine Renaturierung eignen. Es handelt sich um folgende Gebiete in den NSG- und FFH-Gebieten Schlaubetal und unteres Schlaubetal : Kesselwiesen 8,9 ha, Wellenlauch 9,0 ha, Langer Lauch, 7,2 ha Teufelslauch 5,0 ha, Ragower Moor, 2,5 ha, Belenzlauch , 9,5 ha.“ (Bl. 303 der Verfahrensakte). Es ist auch nicht erkennbar, dass die genannten Moore im Naturschutzgebiet Schlaubetal in ihrer Gesamtheit das Ziel von Revitalisierungsmaßnahmen waren. Eine Revitalisierung aller im Naturschutzgebiet Schlaubetal befindlichen Moore widerspräche im Übrigen auch den Schutzwecken der NSG-VO Schlaubetal, die Moore und Feuchtwiesenkomplexe als gleichwertig und gleich schützenwert behandelt.

Das Vorhandensein einer Alternative zur Moorrevitalisierung der Kesselwiesen und deren - gegebenenfalls genau so guten oder besseren – Eignung zur Erreichung des mit ihr verfolgten fachplanerischen Ziels der Stabilisierung des Landschaftswasserhaushalts hat der Beklagte aber nicht geprüft, obwohl eine oder mehrere für die Moorrevitalisierung potenziell geeignete Standortalternativen im Zeitpunkt der Planfeststellung vorhanden waren. Dieses Abwägungsdefizit, das die Grundzüge der Planung betrifft, erfasst die Planungsentscheidung insgesamt und steht damit der Möglichkeit einer Behebung dieses Mangels durch eine ergänzende Planfeststellung von vornherein entgegen.

b) Ein Abwägungsdefizit liegt nach Auffassung der Kammer auch im Hinblick auf die enteignungsrechtliche Vorwirkung des festgestellten Plans (vgl. § 71 S. 1 WHG) vor. Muss für den Gewässerausbau ein fremdes Grundstück in Anspruch genommen werden, hat die Planfeststellungsbehörde im Rahmen der Abwägung zu prüfen, ob die für das Vorhaben sprechenden öffentlichen Belange so gewichtig sind, dass sie das Interesse des Eigentümers an der Erhaltung der Eigentumssubstanz überwiegen (Maus in: Beende/Franz/Müggenberg, WHG, § 71, Rdn. 7). Dass der Beklagte die privaten Eigentümerinteressen und die Allgemeinwohlinteressen abwägend in der streitgegenständlichen Planfeststellung gegenübergestellt hat, ist nicht ersichtlich.

c) Zur Klarstellung weist die Kammer darauf hin, dass nach ihrer Auffassung ein (weiterer) Abwägungsfehler nicht deswegen vorliegt, weil der Beklagte einen durch das planfestgestellte Vorhaben verursachten Eingriff in Natur und Landschaft nicht als (negativen) öffentlichen Belang in die Abwägungsbilanz eingestellt hat. Der Beklagte geht zwar rechtsfehlerhaft davon aus, dass der geplanten Moorrevitalisierung wegen ihrer ökologischen Zielrichtung die Qualität eines Eingriffs in Natur und Landschaft nicht zukommt.

Allerdings hat die Umsetzung des durch den Planfeststellungsbeschluss zugelassenen Vorhabens nach Auffassung der Kammer trotz seiner ökologischen Zielrichtung die Qualität eines Eingriffs im Sinne des hier maßgeblichen § 14 Abs. 1 BNatSchG, der seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts des Naturschutzes und der Landschaftspflege vom 29. Juli 2009 (BGBI Teil 1, S. 2542) zum 01. März 2010 wegen seiner abschließenden Regelung gem. Art. 72 Abs. 3 S. 3 GG Vorrang vor der zum Zeitpunkt der Planfeststellung geltenden Eingriffsregelung des § 10 BbgNatSchG hat.

Nach § 14 Abs. 1 BNatSchG sind Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne dieses Gesetzes Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können. Unter Berücksichtigung der bereits zuvor bezeichneten Rechtsprechung des BVerwG (Beschluss vom 28. Januar 2009 – 7 B 45/08, juris Rn. 19) ist dem planfestgestellten Vorhaben die Qualität eines Eingriffs im Sinne des § 14 Abs. 1 BNatSchG nicht abzusprechen. Die Umwandlung des vorhandenen Feuchtwiesenkomplexes in ein vitales mesotrophes Durchströmungsmoor durch Einstauung von Wasser auf den Vorhabenflächen und der perspektivischen Beibehaltung einer dauernden Überstauung mit Wasser zumindest im Bereich des Kessels, in dem sich die im Eigentum des Klägers stehenden Grundstücke befinden, verändert die vorhandene ökologische Struktur der Kesselwiesen grundlegend. Das geplante Vorhaben führt zum teilweisen Verlust der den Feuchtwiesenkomplex prägenden Pflanzen mit allen Auswirkungen auf die Nahrungsverfügbarkeit für Tiere, insbesondere Insekten. Die geplante Umwandlung des Vorhabensgebietes führt damit zu einer Veränderung der Gestalt und Nutzung von Grundflächen im Sinne des § 14 Abs. 1 BNatSchG, als deren Folge die Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich oder nachhaltig beeinträchtigt werden können.

Der mit dem planfestgestellten Vorhaben bewirkte Eingriff in Natur und Landschaft bedarf aber keiner (weiteren) Kompensation durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, die als (negativer) öffentlicher Belang in die Abwägungsbilanz hätten eingestellt werden müssen.

Wegen eines naturschutznäheren, angestrebten Endzustandes kann die Behörde Maßnahmen ergreifen, die zunächst eine Beeinträchtigung des bestehenden naturhaften Zustandes darstellen. Erweist sich die Maßnahme in der naturschutzfachlichen Gesamtbilanz als günstig, stellt sie also insbesondere eine wesentliche Verbesserung des bestehenden Zustandes dar, bedarf der mit der Maßnahme zunächst bewirkte Eingriff keiner weiteren Kompensation durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Die an sich erforderliche Kompensation geht in die ökologische Gesamtbilanz regelmäßig ein. Weist die Gesamtbilanz keine Verbesserung der in Anspruch genommenen Fläche aus, hat der Eingriff regelmäßig zu unterbleiben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Januar 2009 – 7 B 45/08, juris, Rdnr. 20).

Hieran gemessen erweist sich die geplante Moorrevitalisierung in der naturschutzfachlichen Gesamtbilanz als günstig, weil sie eine wesentliche Verbesserung des bestehenden Zustandes darstellt. Sie ist als ökologische Aufwertung der Kesselwiesen zu qualifizieren.

Dies folgt aus den rechtsverbindlich festgelegten Schutzzwecken der Verordnung über das NSG „Schlaubetal“ und insbesondere aus dem Schutzziel der FFH-Richtlinie für das FFH-Gebiet „Schlaubetal“ in dem – wie bereits erwähnt, der Bereich der Kesselwiesen als zu schützender Lebensraumtyp „Übergangs- und Schwinggrasmoore“ ausgewiesen ist (vgl. zur Wiedervernässung einer Flutgrabenaue BVerwG, Urteil vom 16. Juni 2006 - 4 A 1075/04 -, juris Rn. 525 f.). Das planfestgestellte Vorhaben entspricht diesen Zielsetzungen.

Von einer ökologischen Aufwertung der Kesselwiesen ist in der unter Punkt 11.4 des Planfeststellungsbeschlusses wiedergegebenen fachbehördlichen Stellungnahme auch die Naturschutzbehörde ausgegangen. Die Planfeststellungsbehörde hat sich diese Bewertung auch hinreichend deutlich zu eigen gemacht und damit der Zulassungsentscheidung – unausgesprochen - zu Grunde gelegt, dass wegen der bereits genannten positiven Wirkungen auf den Naturhaushalt Kompensationsmaßnahmen nicht in die Abwägungsbilanz einzustellen waren.

Auch wenn der zur Zeit in den „Kesselwiesen“ vorherrschende naturnahe Zustand Merkmale eines - gleichfalls nach dem Schutzweck der VO über das Naturschutzgebiet „Schlaubetal“ zu erhaltenden und zu entwickelnden - Feucht- und Nasswiesenkomplexes aufweist, ist gemessen an den rechtsverbindlich festgelegten Schutzzielen der Verordnung über das NSG „Schlaubetal“ und insbesondere an dem Schutzziel der FFH-Richtlinie für das FFH-Gebiet „Schlaubetal“, in dem – wie bereits erwähnt, der Bereich der Kesselwiesen als zu schützender Lebensraumtyp „Übergangs- und Schwinggrasmoore“ ausgewiesen ist, die geplante Moorrenaturierung als zulässige Entwicklungsmaßnahme im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 11 NSG-VO Schlaubetal zu qualifizieren.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung - ZPO -.