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Entscheidung 18 TaBV 789/11


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 18. Kammer Entscheidungsdatum 24.11.2011
Aktenzeichen 18 TaBV 789/11 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 99 BetrVG, § 100 BetrVG

Leitsatz

Unbefristete Einstellung von Leiharbeitnehmern

Tenor

I.

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Cottbus vom 23. Februar 2011 - 2 BV 65/10 - abgeändert:

1.

Die Zustimmung des Beteiligten zu 2. zur Einstellung der Leiharbeitnehmer

(1) - (72)

wird ersetzt.

2.

Es wird festgestellt, dass die vorläufige Einstellung der unter 1. genannten Leiharbeitnehmer aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

II.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1. (im Folgenden: Arbeitgeberin) begehrt im vorliegenden Verfahren die Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 2. (im Folgenden: Betriebsrat) zur Einstellung von zuletzt noch 72 Leiharbeitnehmern sowie die Feststellung, dass deren vorläufige Einstellung dringend erforderlich war.

Die Arbeitgeberin erbringt an den Flughäfen Berlin-T. und Sch. in den drei Bereichen Vorfeld, Passage und Operations im Rahmen eines Gemeinschaftsbetriebes mit der Tochtergesellschaft GSI G. S. I. GmbH Dienstleistungen mit ca. 1.800 Beschäftigten.

Im Bereich Vorfeld werden die so genannten Mitarbeiter Vorfelddienste mit diversen Tätigkeiten eingesetzt und zwar im Gepäckkeller mit dem Sortieren von Koffern und deren Ein- und der Ausladen aus den Containern, im Arbeitsbereich Sonderdienste als Gepäck-, Transit-, Sperrgepäck-, Treppen-, Atos- und Pushbackfahrer, im Bereich De-Icing mit der Befreiung der Flugzeuge von Eis und Schnee sowie im Bereich Loading. Im Bereich Loading werden so genannte Ladegruppen eingesetzt, bestehend aus drei (in T.) bzw. vier (in Sch.) Personen, nämlich dem Ladegruppenführer und dem so genannten zweiten Mann, die regelmäßig alle Geräte beherrschen und über alle notwendigen Qualifikationen (Permits) verfügen sowie einem dritten bzw. vierten Mann, die über deutlich weniger Permits verfügen. Zu den Tätigkeiten der Ladegruppen gehört das Einwinken der Flugzeuge, das Sichern der Räder, dass Heranfahren der Treppe bzw. Bedienen der Fluggastbrücke, das Anschließen des Flugzeuges an das so genannte GPU (G. Pack Unit), der Einsatz der Geräte zum Entladen des Flugzeugs (Förderband oder Highloader), das Be- und Entladen des Gepäcks sowie (nur in Sch.) die Entsorgung des Inhalts der Toilettentanks und die Versorgung mit Trinkwasser.

Die personelle Zusammensetzung der Ladegruppen wechselt und es steht auch nicht fest, welche Tätigkeiten am jeweiligen Arbeitstag auszuüben sind, diese wechseln unter Umständen sogar innerhalb des Arbeitstages. Die Mitarbeiter Vorfelddienste unterstehen fachlich dem jeweils zuständigen Supervisor, bei denen es sich nicht stets um die gleiche Person handelt. Gleiches gilt für die nächsthöhere Führungsebene, den Manager Passage/Rampe. Sowohl die Supervisor als auch die Manager Passage/Rampe arbeiten nach einem eigenen Schichtplan. Die nächsthöhere Führungsebene besteht in T. aus dem Air Side Manager und in Sch. aus der Stationsleiterin.

Am 23. September 2010 (Bl. 31 - 7 d. A.) unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat über die beabsichtigte unbefristete Einstellung von 121 Leiharbeitnehmer in dem Bereich Vorfeld T. und Sch. und bat um Zustimmung hierzu nach § 99 BetrVG. Gleichzeitig teilte sie dem Betriebsrat mit, dass sie die vorläufige Durchführung dieser Maßnahme beabsichtige. Zwei Arbeitnehmer sollten ab dem 29. September 2010 in Sch. beschäftigt werden, sieben Arbeitnehmer ab dem 01. Oktober 2010 in Sch. und die übrigen Leiharbeitnehmer ab dem 01. Oktober 2010 am Flughafen T. eingesetzt werden. Die Leiharbeitnehmer sind alle Arbeitnehmer der Firma W.. Sieben Arbeitnehmer (zwei für Sch. und fünf für T. vorgesehene) waren bisher noch nicht für die Arbeitgeberin tätig.

Mit Schreiben vom 28. September 2010 (Bl. 38 - 48 d. A.) widersprach der Betriebsrat der Einstellung und bestritt deren Dringlichkeit. Er wies zunächst darauf hin, dass er der Ansicht sei, die Anhörungsfrist laufe nicht, da er nicht ausreichend unterrichtet worden sei. So habe die Arbeitgeberin nicht erklärt, an welchen konkreten Arbeitsplätzen, an welchen Tagen und mit welchen Diensten der Einsatz jedes Leiharbeitnehmers erfolgen solle. Der Inhalt des Überlassungsvertrages zwischen der Arbeitgeberin und der Firma W. sei nicht mitgeteilt worden und es fehlten Angaben zu den erforderlichen Qualifikationen/Permits.

Schließlich berief sich der Betriebsrat darauf, dass eine Einstellung noch nicht vorliege, sondern erst, wenn die Leiharbeitnehmer zur Arbeitsleistung eingegliedert würden. Mitbestimmungspflichtig sei erst der tatsächliche Arbeitseinsatz. Der Arbeitgeber müsse den Betriebsrat hinsichtlich jedes einzelnen Leiharbeitnehmers für dessen tatsächlichen Einsatz um Zustimmung ersuchen.

Der Betriebsrat berief sich zudem auf die Widerspruchsgründe nach § 99 Abs. 2 Nr. 1, 3, 4 und 5 BetrVG.

Die Arbeitgeberin ergänzte mit Schreiben vom 01. Oktober 2010 (Bl. 49 und 50 d. A.) ihre Anhörung. Sie wies darauf hin, dass im Oktober die Leiharbeitnehmer wie aus dem Dienstplan ersichtlich eingeplant seien. Erst im November werde ein Einsatz mit 120 Stunden im Monat bei einer Schichtlänge von drei bis neun Stunden statt wie bisher angegeben von sechs bis acht Stunden geplant. Die Einteilung der Leiharbeitnehmer werde nach der gekündigten aber nachwirkenden Betriebsvereinbarung Nr. 24/1 (Vereinbarung über die Grundsätze des Personaleinsatzes - optimiertes Dienstplanmodell - kurz: BV Flex) vorgenommen. Allerdings sollten grundsätzlich zunächst die eigenen Mitarbeiter der Arbeitgeberin und ihrer Tochtergesellschaft berücksichtigt werden, bevor Leiharbeitnehmer zum Einsatz kommen. Ein aktueller Dienstplan für November könne nicht zur Verfügung gestellt werden, da dies technisch unmöglich sei.

Der Betriebsrat widersprach auch dieser ergänzenden Anhörung und stimmte der Einstellung nicht zu. Er bestritt wiederum deren Dringlichkeit.

Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, sie beteilige den Betriebsrat richtigerweise vor der Einstellung der Leiharbeitnehmer. Denn eine Einstellung liege immer dann vor, wenn Personen in den Betrieb eingegliedert werden um zusammen mit den dort schon beschäftigten Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Betriebes zu verwirklichen. Der Betriebsrat werde vor der konkreten Tätigkeit beteiligt, nicht etwa vor Abschluss des Rahmenvertrages mit dem Verleihunternehmen. Zu diesem Zeitpunkt habe bereits festgestanden, zu welchen Bedingungen die Arbeitnehmer beschäftigt werden würden.

Die Arbeitgeberin hat weiter die Meinung vertreten, sie habe den Betriebsrat ausreichend informiert. Sie habe ihm mitgeteilt, dass alle einzusetzenden Leiharbeitnehmer die erforderlichen Schulungen „Dangerous Goods“ absolviert hätten. Außerdem würden nur die Leiharbeitnehmer zum Betrieb von Fahrzeugen eingesetzt werden, die über einen Führerschein verfügten. Die genauen Einsatzzeiten hätten noch nicht bekannt gegeben werden können, weil sie sich nach der BV Flex richten. Auch bei den eigenen Arbeitnehmern sei der konkrete Einsatz erst nach Erstellung der Dienstpläne bekannt. Die Einteilung zu Arbeit erfolge wie bei den eigenen Arbeitnehmern.

Schließlich hat die Arbeitgeberin die Auffassung vertreten, es lägen keine Widerspruchsgründe gemäß den Nummern 1, 3, 4 und 5 des § 99 Abs. 2 BetrVG vor. Die Maßnahme der Einstellung von Leiharbeitnehmern stelle keine Tarifflucht dar. Die Leiharbeitnehmer unterlägen ebenfalls einem umfassenden Tarifwerk. Die einzustellenden Mitarbeiter seien nie eigene Mitarbeiter der Arbeitgeberin gewesen. Auch sei eine Benachteiligung der Stammbelegschaft nicht gegeben, denn diese würden durch den Einsatz der Leiharbeitnehmer entlastet. Die Einstellung der Leiharbeitnehmer als eigene Arbeitnehmer komme nicht in Betracht. Diese unternehmerische Entscheidung sei zulässig. Auch die Aufstockung des Stundenvolumens vorhandener teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer sei auf Grund unternehmerischer Entscheidung nicht vorgesehen und schon deshalb nicht praktikabel, weil sie zu bestimmten Zeiten am Tag viel Arbeit abdecken müsse und zu anderen Zeiten wenig Arbeit habe. Auch die Leiharbeitnehmer selbst würden nicht benachteiligt, weil sie auch ohne die Einstellung Arbeitnehmer der Firma W. blieben. Es sei auch kein Widerspruchsgrund wegen etwaiger fehlender Ausschreibungen gegeben, weil nur Stellen im Betrieb ausgeschrieben werden müssten. Bei der Einstellung der Leiharbeitnehmer seien jedoch keine betrieblichen Stellen betroffen.

Schließlich sei die Maßnahme dringend erforderlich gewesen, denn sie könne die Aufträge nicht ohne Leiharbeitnehmer abwickeln. Deren befristete Einstellung sei Ende September ausgelaufen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

1.die mit Schreiben vom 28. September 2010 und 07. Oktober 2010 verweigerte Zustimmung des Betriebsrates zur Einstellung von 121 im Antrag namentlich benannten Leiharbeitnehmern zu ersetzen;
2.festzustellen, dass die vorläufige Einstellung der im Antrag zu 1. genannten Leiharbeitnehmer aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

Der Betriebsrat hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, die Zustimmungsersetzungsanträge seien bereits deshalb zurückzuweisen, weil die Arbeitgeberin den Begriff der Einstellung gemäß § 99 BetrVG im Rahmen ihres Vorgehens verkannt habe und daher das Vorgehen unzulässig sei. Denn die Arbeitgeberin beantrage Zustimmung für alle künftigen Einsätze der Leiharbeitnehmer für eine unbestimmte Zeit.

Im Übrigen hat der Betriebsrat auf die ausführliche Begründung zu den Widerspruchsgründen in seinen Schreiben vom 28. September und 07. Oktober 2010 verweisen.

Wegen des hinlänglich weiteren diesem Streit zugrunde liegenden unstreitigen Sachverhaltes und des streitigen Vorbringens der Beteiligten in erster Instanz wird auf des hinlänglich es angefochtenen Beschlusses (Bl. 182 - 187 d. A.) sowie auf die zwischen den Beteiligten in der Eingangsinstanz gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Durch Beschluss vom 23. Februar 2011 hat das Arbeitsgericht Cottbus die Anträge zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, vorliegend sei nicht die Zustimmung zur Einstellung der Arbeitnehmer begehrt, denn eine Einstellung von Leiharbeitnehmern liege erst dann vor, wenn diese im Betrieb des Entleihers zur Arbeitsleistung eingegliedert würden, was erst mit deren tatsächlichen Einsatz erfolge. Dieser sei jedoch vorliegend völlig ungewiss, da keine Angaben zu Dauer und zeitlichem Umfang der Tätigkeit gemacht worden seien. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung wird auf die dortigen Gründe (Bl. 187 - 189 d. A.) Bezug genommen.

Gegen dieses ihr am 09. März 1011 zugestellte Urteil hat die Arbeitgeberin mit am 04. April 2011 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 09. Juni 2011 mit am 09. Juni 2011 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Arbeitgeberin ist weiter der Auffassung, dass vorliegend eine Einstellung im Sinne des § 99 BetrVG gegeben sei. Die Eingliederung von Leiharbeitnehmern sei gegeben, wenn der Entleiher das Direktionsrecht ausüben könne. Dies sei vorliegend zur Zeit der Unterrichtung des Betriebsrates der Fall gewesen, denn es handele sich um eine unbefristete Ausleihe und der Einsatz der Leiharbeitnehmer erfolge wie bei eigenen Mitarbeitern nach der BV Flex, so dass das Weisungsrecht hinsichtlich der Lage der Arbeitszeit bereits bei ihr gelegen habe. Gleiches gelte hinsichtlich des Weisungsrechts hinsichtlich der Art der Tätigkeit, denn die Leiharbeitnehmer würden abhängig davon, welche Permits diese hätten, bestimmten Arbeitsbereichen zugewiesen, wobei sie bei Einsatz im Loading stets nur als 3. bzw. 4. Mann eingesetzt würden. Die Unterrichtung des Betriebsrates sei deshalb zu einem Zeitpunkt erfolgt, als bereits festgestanden habe unter welchen konkreten Bedingungen und in welchem Zeitraum bestimmte konkret bezeichnete Personen als Leiharbeitnehmer eingesetzt werden sollten. Auch habe bereits genau festgestanden, mit welchem Zeitumfang und in welchem Zeitraum Leiharbeitnehmer eingestellt werden und wie deren Dienstplanung zu erfolgen habe. Dem Betriebsrat sei daher mitgeteilt worden, dass ein unbefristeter Einsatz der genannten Leiharbeitnehmer für jeweils 27 Wochenstunden und einer Schichtlänge von drei bis neun Stunden mit einer Einsatzplanung nach der BV Flex als Mitarbeiter Vorfelddienste erfolgen solle. Lediglich der genaue Zeitpunkt der jeweiligen Arbeitsleistung, die genaue Gestaltung der künftigen Dienstpläne habe noch nicht festgestanden. Insoweit mache jedoch die BV Flex sehr konkrete Vorgaben. Etwaige sich aus dem Dienstplan ergebende die Benachteiligung seien jedoch keine Nachteile infolge der beantragten personellen Maßnahme.

Auch sei eine ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats spätestens durch die im vorliegenden Verfahren ergänzten Angaben hinsichtlich Einsatzbereichs und vorhandener Qualifikationen/Permits erfolgt.

Dem Betriebsrat stünden keine Widerspruchsgründe zur Seite, denn eine Benachteiligung befristet Beschäftigter durch den Einsatz von Leiharbeitnehmern auf Stellen, die auf Grund unternehmerischer Entscheidung wegen der bevorstehenden Schließung des Flughafens T. nicht mit eigenen Mitarbeitern besetzt werden sollen, stelle keine Besetzung einer unbefristeten Stelle dar.

Schließlich sei der Einsatz der Leiharbeitnehmer auch dringlich gewesen, denn es habe ein hoher tatsächlicher Bedarf an flexibel einsetzbaren Arbeitskräften bestanden, der nicht langfristig prognostizierter gewesen sei. Auch habe der Einsatz nicht hinausgezögert werden können, denn es sei ihr nicht möglich gewesen die anfallenden Verkehre auch ohne den Einsatz der Leiharbeitnehmer abzuwickeln. Ohne den Einsatz wäre es zu Betriebsablaufstörungen gekommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Arbeitgeberin in der Beschwerdeinstanz wird auf den Beschwerdebegründungsschriftsatz vom 09. Juni 2011 sowie ihre Schriftsätze vom 16. August, 12. September und 22. November 2011 jeweils nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Arbeitgeberin hat das Verfahren hinsichtlich insgesamt 49 Leiharbeitnehmer für erledigt erklärt, da diese während des Verfahrenslaufes bei ihr ausgeschieden sind. Der Betriebsrat hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen.

Die Arbeitgeberin und Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Cottbus vom 23. Februar 2011 - 2 BV 65/10 - abzuändern:

1. Die Zustimmung des Beteiligten zu 2. zur Einstellung der Leiharbeitnehmer

(1) – (72)

zu ersetzen;

2. festzustellen, dass die vorläufige Einstellung der unter 1. genannten Leiharbeitnehmer aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

Der Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und tritt den Ausführungen der Arbeitgeberin in der Beschwerdeinstanz unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages entgegen.

Insbesondere verweist er auch auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Einstellung von Leiharbeitnehmern, wonach für die Beurteilung des Vorliegens von Zustimmungsverweigerungsgründen nach § 99 Abs. 2 BetrVG die Kenntnis von der Dauer und dem zeitlichen Umfang die Tätigkeit der einzustellenden Arbeitnehmer von wesentlicher Bedeutung sei. Hieraus ergebe sich, dass nur der konkrete Einsatz eines Leiharbeitnehmers im Rahmen des § 99 BetrVG dem Betriebsrat zur Zustimmung vorgelegt werden könne. Der Hinweis der Arbeitgeberin darauf, dass die Planung nach der BV Flex erfolge ändere hieran nichts, zumal diese nicht für Leiharbeitnehmer gelte. Der konkrete Einsatz sei hieraus nicht ableitbar, so dass der Betriebsrat wie bei den eigenen Mitarbeitern auch erst mit Vorlage der monatlichen Schichtpläne erkennen könne zu welchen Zeiten in welchen Schichten wie viele Leiharbeitnehmer eingesetzt würden. Die konkrete Art der Tätigkeit ergebe sich sogar erst aus der Tagesdisposition.

Auch fehle es an einer ordnungsgemäß Unterrichtung hinsichtlich der Qualifikation der Leiharbeitnehmer. Soweit die Arbeitgeberin darauf hinweise, dass die Leiharbeitnehmer bis auf wenige Ausnahmen bereits bei ihr tätig gewesen seien, lasse dies keine ausreichenden Rückschlüsse auf die vorhandenen Permits zu, da der vorherige Einsatz im Gepäckskeller erfolgt sei. Ferner sei er nicht über den konkreten Arbeitsbereich, in dem die Leiharbeitnehmer jeweils eingesetzt werden sollen unterrichtet worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Betriebsrates in der Beschwerdeinstanz wird auf den Beschwerdebeantwortungsschriftsatz vom 27. Juli 2011 sowie seine Schriftsätze vom 31. Oktober und 23. November 2011 jeweils nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Sie ist gemäß den §§ 8 Abs. 4, 87 Abs. 1 ArbGG statthaft und frist - und formgerecht im Sinne der §§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1, 89 ArbGG eingelegt und begründet worden.

2. Die Beschwerde hatte in der Sache auch Erfolg.

Die zulässigen Anträge sind begründet.

Die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung der zuletzt noch 72 Leiharbeitnehmer war zu ersetzen, denn die Zustimmung ist für die Eingliederung dieser Leiharbeitnehmer beantragt, der Betriebsrat ist von der Arbeitgeberin ausreichend unterrichtet worden und die vom Betriebsrat benannten Zustimmungsverweigerungsgründe greifen nicht durch. (a)

Die vorliegende Einstellung der Leiharbeitnehmer war aus sachlichen Gründen dringend erforderlich im Sinne des § 100 BetrVG, denn die Arbeitgeberin war auf den Einsatz der Leiharbeitnehmer zur Aufrechterhaltung ihres Betriebsablaufs angewiesen. (b)

a) Die Zustimmung des Betriebsrates zu beantragten Einstellung von 72 Leiharbeitnehmern war gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG zu ersetzen.

aa) Der Antrag auf Zustimmung erfolgte nach Auffassung der erkennenden Beschwerdekammer vorliegend anlässlich der bevorstehenden Arbeitsaufnahme der Leiharbeitnehmer und damit anlässlich der bevorstehenden Eingliederung dieser Arbeitnehmer und nicht etwa - wie in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 23 Januar 2002 - 1 ABR 74/06 - auf Vorrat.

Zur Zeit der Antragstellung stand fest und ist dem Betriebsrat auch mitgeteilt worden, dass die benannten Leiharbeitnehmer unbefristet ab 01. Oktober 2010 als Mitarbeiter Vorfelddienste nach dem beigefügten Dienstplan für Oktober, dem der jeweils erste Arbeitstag zu entnehmen war, eingesetzt werden sollen.

Damit stand der Beginn des Einsatzes und damit die Eingliederung der Leiharbeitnehmer, die das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auslöst, unmittelbar bevor.

Der Umstand, dass die konkrete zeitliche Lage der Arbeitstätigkeit ab November 2010 und der konkrete Arbeitsbereich der Tätigkeit noch nicht feststanden, ändert nichts daran, dass die Eingliederung der Leiharbeitnehmer in den Betrieb fest- und unmittelbar bevorstand.

bb) Die Arbeitgeberin hat den Betriebsrat auch im erforderlichen Umfang über die geplante personelle Maßnahme unterrichtet.

Dabei konnten auch die im Zustimmungsersetzungsverfahren noch unter Hinweis der Arbeitgeberin auf eine ergänzende Unterrichtung vorgetragenen Tatsachen herangezogen werden, denn der Betriebsrat hat seine Zustimmung bezogen auf eine unvollständige Unterrichtung verweigert.

Sinn und Zweck der Unterrichtungspflicht nach § 99 Abs. 1 BetrVG ist es, dem Betriebsrat die Prüfung zu ermöglichen, ob ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur Einstellung i.S. von § 99 Abs. 2 BetrVG gegeben ist. Die Unterrichtung des Betriebsrats durch den Arbeitgeber ist Voraussetzung dafür, dass dieser seine Rechte nach § 99 Abs. 2 BetrVG wahrnehmen kann. Daraus folgt, dass die Unterrichtung des Arbeitgebers sich auf diejenigen tatsächlichen Umstände erstrecken muss, die die Prüfung eines Zustimmungsverweigerungsgrundes ermöglichen.

Hiernach ist es nach Auffassung der erkennenden Beschwerdekammer erforderlich gewesen, dass der Betriebsrat über die Person des Leiharbeitnehmers, seine Qualifikation und den geplanten Einsatz informiert wird.

(1) Die Unterrichtung des Betriebsrats zur Person im Antragsschreiben vom 29. September 2010 sowie über die vorhandenen Qualifikationen im Antragsschreiben ergänzt durch die Angaben zu Schul- und Ausbildung und dem Vorhandensein welcher Führerscheine (Anlage AS6 zum Schriftsatz vom 16. August 2011, Bl. 380 - 383 d. A.) und ergänzt durch die Angaben zu den vorhandenen Permits und Vorerfahrungen (Anlage AS7 zum Schriftsatz vom 12. September 2011, Bl. 435 - 438 d. A.) reichen aus, um den Betriebsrat in die Lage zu versetzen die Zustimmung des Verweigerungsgründe gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1, 3, 6 soweit sich diese aus der konkreten Personen einschließlich deren Fähigkeiten und Qualifikation und die Art der vorgesehenen Tätigkeit ergeben können zu prüfen.

(2) Auch die Unterrichtung hinsichtlich des geplanten Einsatzes ist ausreichend.

Die Arbeitgeberin hat den Betriebsrat darüber unterrichtet, dass der Einsatz der Leiharbeitnehmer unbefristet mit 27 Wochenstunden und einer Schichtlänge von drei bis neun Stunden als Mitarbeiter Vorfelddienste mit allen Tätigkeiten, die ihren Kenntnissen und Fähigkeiten sowie den erlangten Permits entsprechen unter Anwendung der BV Flex zur Dienstplanung erfolgen soll. Ergänzend hat die Arbeitgeberin noch den konkreten Arbeitsbereich (Keller bzw. Loading) sowie mitgeteilt, dass ein Einsatz im Bereich Loading lediglich als dritten bzw. dritten und vierten Mann erfolgt (Anlage AS 7 zum Schriftsatz vom 12. September 2011, Bl. 435 - 438 d. A. bzw. Schriftsatz vom 12. September 2011).

Der konkrete Einsatz ist damit bei Berücksichtigung der konkreten Umstände und Besonderheiten des Betriebes ausreichend bestimmt. Eine weitere Konkretisierung war der Arbeitgeberin nicht möglich, da etwa die am jeweiligen Arbeitstag konkret während der Tätigkeit als Mitglied einer Ladegruppe zu verrichtenden Arbeiten nicht festgeschrieben sind, ebenso wenig wie die personelle Zusammensetzung der Ladegruppen oder die Person des Ladegruppenführers, des Supervisors oder des Managers Passage/Rampe. Insoweit sind für die Unterrichtungspflicht der Arbeitgeberin keine strengeren Vorgaben bei der Einstellung von Leiharbeitnehmern zu machen als bei der Einstellung eigener Mitarbeiter. Auch hier sind Angaben zur konkreten Lage der Arbeitszeit und zur ständig wechselnden personellen Zusammensetzung der Ladegruppen und Person der Vorgesetzten für jeden künftigen Tag der Tätigkeit nicht möglich und nötig.

Die Angaben der Arbeitgeberin reichen vorliegend nach Auffassung der erkennenden Beschwerdekammer aus, um den Betriebsrat in die Lage zu versetzen die Zustimmungsverweigerungsgründe gemäß § 99 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz zu prüfen.

Aufgrund der vorhandenen Angaben ist es dem Betriebsrat möglich den Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG zu prüfen, indem für jede im Arbeitsbereich anfallende Arbeitsaufgabe das Vorliegen der erforderlichen Permits u.ä. geprüft wird.

Der Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG kann geprüft werden, in dem auf sämtliche Beschäftigte des benannten Arbeitsbereiches abgestellt wird.

Für die Prüfung des Zustimmungsverweigerungsgrundes des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG können ebenfalls die Umstände des gesamten Arbeitsbereichs heran-gezogen werden.

cc) Die vom Betriebsrat vorgebrachten Zustimmungsverweigerungsgründe greifen nicht durch.

Hierbei war auf die Ausführungen des Betriebsrats in seinen Schreiben vom 28. September und 07. Oktober 2010 abzustellen, denn von der Möglichkeit weitere, sich aus der ergänzende Unterrichtung ergebende, Zustimmungsverweigerungsgründe geltendzumachen, hat der Betriebsrat keinen Gebrauch gemacht.

(1) Soweit der Betriebsrat unter Bezugnahme auf § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG auf das Auslaufen befristeter Arbeitsverträge verweist, ist dies nicht als Nachteil im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 3 zweiter Halbsatz BetrVG anzusehen, da es vorliegend nicht um die Einstellung auf Arbeitsplätzen geht, die auf Grundlage der unternehmerischen Entscheidung der Arbeitgeberin mit eigenen Mitarbeitern besetzt werden.

Ähnliches gilt, soweit der Betriebsrat darauf verweist, dass teilzeitbeschäftigten Kollegen kein höheres Stundenvolumen angeboten worden sei.

Soweit der Betriebsrat auf eine etwaige überproportionale Belastung der Stammbelegschaft durch schlecht ausgebildete Leiharbeitnehmer und den Umstand verweist, dass die Stammbelegschaft für etwaige Fehler der Leiharbeitnehmer zur Rechenschaft gezogen würden, ist dies nicht als Nachteil durch die Einstellung an sich anzusehen. Um diesen Befürchtungen entgegenzuwirken, ist der Betriebsrat auf seine betriebsverfassungsrechtlichen Rechte bei der Dienstplangestaltung bzw. auf § 85 BetrVG zu verweisen.

(2) Soweit der Betriebsrat unter Bezugnahme auf § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG auf die finanzielle Besserstellung der Leiharbeitnehmer im Falle der Begründung eines Arbeitsverhältnisses zur Arbeitgeberin verweist, ist dies nicht als Nachteil der beantragten Einstellung eines Leiharbeitnehmers anzusehen. Eine Einstellung als eigener Mitarbeiter stand als Alternative nicht zur Verfügung.

(3) Soweit der Betriebsrat unter Bezugnahme auf § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG darauf verweist, dass freie Stellen auszuschreiben gewesen seien, ist erneut anzuführen, dass es sich vorliegend aufgrund der unternehmerischen Entscheidung der Arbeitgeberin nicht um freie, mit eigenen Mitarbeitern zu besetzende Stellen handelt.

2. Der Einsatz der Leiharbeitnehmer war auch im Sinne des § 100 Abs. 1 BetrVG aus sachlichen Gründen dringend erforderlich.

Die Arbeitgeberin hat für die erkennende Beschwerdekammer nachvollziehbar dargelegt, dass der Einsatz der Leiharbeitnehmer nicht hinausgezögert werden konnte, da anderenfalls erhebliche Betriebsablaufstörungen drohten.

Den diesbezüglichen Ausführungen ist der Betriebsrat nicht substantiell entgegengetreten.

Nach alledem war auf die Beschwerde der Arbeitgeberin der erstinstanzliche Beschluss abzuändern und den Anträgen stattzugeben.

III.

Die Rechtsbeschwerde war für den beteiligten zu2 gemäß den §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 abs.2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen.