Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen (Annahmeverzug - Inhaltskontrolle - Mindestarbeitszeit)

(Annahmeverzug - Inhaltskontrolle - Mindestarbeitszeit)


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 25. Kammer Entscheidungsdatum 15.04.2010
Aktenzeichen 25 Sa 2735/09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 611 BGB, § 605 BGB, § 307 BGB, § 306 BGB

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 3. November 2009 - 38 Ca 13621/09 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche für den Monat Februar 2009 aus Annahmeverzug.

Der Kläger ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, der P. S. S. GmbH, auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages von August 2003 als Wachmann (Senior Guard) in Vollzeit gegen einen Stundenlohn von zuletzt 8,85 EUR brutto in Berlin beschäftigt.

Die Beklagte ist im Bereich des Wach- und Sicherheitsgewerbes tätig und seit dem 1. Juli 2002 Mitglied des Verbandes Baustoffe und Dienstleistungen e.V. Nach § 2 Abs. 1 der Satzung des Verbandes vom 7. November 2003 (Bl. 93 ff. d. A.) enthält sich der Verband einer Tätigkeit als Tarifträger. Nach § 3 Abs. 4 der Satzung können auch Dienstleistungsunternehmen Mitglied werden.

Der noch mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten geschlossene Arbeitsvertrag enthält auszugsweise folgende Regelungen:

1. Allgemeines

Die Firma P. S. S. GmbH ist Mitglied im Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e.V. Auf diesen Vertrag ist daher der jeweils gültige Landestarifvertrag ohne Einschränkung anwendbar.

5. Arbeitszeit

Die Mindestarbeitszeit beträgt durchschnittlich im Monat 173 Stunden. Die Arbeitszeit wird nach den betrieblichen Erfordernissen im Rahmen des gültigen MTV im Bewachungsobjekt festgelegt.

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen Nacht-/Sonntags-/Mehr- und Überarbeit zu leisten, …“

Wegen des weiteren Inhalts des Arbeitsvertrages wird auf dessen Ablichtung (Bl. 61 ff. d. A.) verwiesen.

Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages galt der zwischen dem Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e.V. (BDWS), Landesgruppe Berlin, und der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), Landesbezirk Berlin, unter dem 7. Juli 2003 geschlossene und am 1. August 2003 in Kraft getretene Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe Berlin (im Folgenden: MTV Berlin). In § 11 des Tarifvertrages ist zur Arbeitszeit auszugsweise Folgendes geregelt:

§ 11 Arbeitszeit

1. Allgemein

1.1 Die regelmäßige tägliche Arbeitszeit (ohne Pausen) beträgt durchschnittlich acht Stunden. Die monatliche Arbeitszeit beläuft sich auf 173 Arbeitsstunden. Die monatliche Höchstarbeitszeit beträgt 245 Stunden.

…“

Der Tarifvertrag wurde mit Wirkung ab dem 1. April 2004 für allgemeinverbindlich erklärt und trat am 31. Dezember 2005 außer Kraft.

Im streitbefangenen Zeitraum galt auch für Berlin der zwischen dem BDWS und ver.di geschlossene, am 1. Januar 2007 in Kraft getretene Mantelrahmentarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe für die Bundesrepublik Deutschland vom 1. Dezember 2006 (im Folgenden: MRTV Deutschland). In § 15 „Übergangsregelung“ des MRTV Deutschland ist geregelt, dass der MTV Berlin nur noch gemäß den im Anhang bezeichneten Bestimmungen Wirkung entfaltet. § 11 MTV Berlin ist in dem Anhang nicht genannt. § 6 „Arbeitszeit“ des MRTV Deutschland sieht vor, dass die regelmäßige tägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten soll, unter bestimmten Voraussetzungen verlängert werden kann und die monatliche Regelarbeitszeit auf bis zu 264 Stunden ausgedehnt werden kann. Wegen der Einzelheiten der genannten Regelungen wird auf die Ablichtung des Tarifvertrages (Bl. 44 ff. d. A.) verwiesen.

Im Februar 2009 setzte die Beklagte den Kläger nur im Umfang von 165 Stunden ein und bezahlte auch nur diese Arbeitsstunden. Zuvor arbeitete der Kläger im monatlichen Durchschnitt deutlich mehr als 173 Stunden und erhielt stets mindestens 173 Arbeitsstunden vergütet. Mit Schreiben vom 15. März 2009 (Bl. 9 d. A.) reklamierte der Kläger die zu geringe Bezahlung. Mit Schreiben vom 9. April 2009 (Bl. 10 d. A.) teilte die Beklagte ihm sinngemäß mit, es habe alles seine Richtigkeit. Arbeitsvertraglich sei lediglich eine durchschnittliche Arbeitszeit im Monat vereinbart. Eine Mindestvergütung in Höhe von 173 Stunden ergebe sich daraus nicht. Im Übrigen verweise der Arbeitsvertrag auf die jeweils gültigen tariflichen Regelungen. Der maßgebliche MRTV Deutschland enthalte ebenfalls keine Regelung im Sinne einer Mindestvergütung von 173 Stunden.

Mit der vorliegenden, mit Schriftsatz vom 12. August 2009 begründeten Klage begehrt der Kläger Vergütung für den Monat Februar 2009 für acht weitere Stunden. Zuvor war auf am 6. Juli 2009 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Antrag des Klägers ein entsprechender Mahnbescheid erlassen worden, gegen den die Beklagte Widerspruch eingelegt hat. In der nach mehrfacher Verlegung auf Antrag der Parteien am 3. November 2009 stattgefundenen Güteverhandlung haben die Parteien übereinstimmend eine Alleinentscheidung durch den Vorsitzenden beantragt.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 70,80 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Juli 2009 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 12. August 2009 (Bl. 6 bis 7 d. A.) und den Schriftsatz der Beklagten vom 8. September 2009 (Bl. 42 bis 43 d. A.) verwiesen.

Mit Urteil vom 3. November 2009 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe nach der Nummer 5 seines Arbeitsvertrages einen Anspruch auf Vergütung von 173 Stunden monatlich. Die Regelung sehe eine „Mindestarbeitszeit“ von 173 Stunden vor. Diese sei auch dann zu vergüten, wenn die Beklagte ihm weniger Arbeitsstunden zuweise. Nummer 5 des Arbeitsvertrages sei hinsichtlich der „Mindestarbeitszeit“ eindeutig. Daran ändere das Wort „durchschnittlich“ nichts. Soweit an dieser Auslegung Zweifel bestünden, gingen diese zu Lasten der Beklagten. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 71 bis 72 d. A.) verwiesen.

Gegen dieses der Beklagten am 30. November 2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 16. Dezember 2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung der Beklagten, welche sie mit am 21. Januar 2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

Die Beklagte meint, aus dem Arbeitsvertrag von August 2003 ergebe sich eindeutig, dass die dort geregelte Arbeitszeit von 173 Monatsstunden lediglich im Durchschnitt zu erbringen sei. Dadurch werde auf die Tatsache Rücksicht genommen, dass der Monat Februar regelmäßig weniger Arbeitstage habe als beispielsweise der Monat März und deshalb ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer im Monat Februar bei einer Arbeitszeit von acht Stunden pro Tag bei fünf Tagen pro Woche regelmäßig auch nur weniger Arbeitsstunden zuweisen könne. Zweifel an der Auslegung bestünden nicht. Es handele sich um eine gängige Formulierung, die nichts anderes besage, als dass im monatlichen Durchschnitt über einen längeren Zeitraum betrachtet mindestens 173 Stunden gearbeitet werden. Ein Anspruch auf eine Mindestarbeitszeit ergebe sich auch weder aus § 6 MRTV Deutschland, noch aus § 11 MTV Berlin, abgesehen davon, dass § 11 MTV Berlin nach § 15 MRTV Deutschland ohnehin nicht mehr gelte.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 3. November 2009 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger meint, soweit im Arbeitsvertrag auf schwankende Arbeitszeiten abgestellt werde, gelte dies nicht für die monatliche Mindestarbeitszeit von 173 Stunden.

Wegen der Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die Berufungsbegründung der Beklagten vom 20. Januar 2010 (Bl. 82 bis 85 d. A.) und auf die Berufungsbeantwortung des Klägers vom 22. Februar 2010 (Bl. 115 bis 116 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach § 8 Abs. 2, § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. a ArbGG statthaft sowie form- und fristgerecht i. S v. § 64 Abs. 6, § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO eingelegt und begründet worden.

I. Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte für den Monat Februar 2009 einen Anspruch auf Vergütung von weiteren acht Stunden und damit auf Nachzahlung von 70,80 EUR brutto (8 Stunden x 8,85 EUR brutto). Der Anspruch ergibt sich aus § 615 Satz 1 BGB i. V. m. dem Arbeitsvertrag der Parteien. Die Beklagte ist verpflichtet, den Kläger monatlich mit mindestens 173 Stunden einzusetzen. Soweit sie den Kläger im Februar 2009 nur mit 165 Stunden eingesetzt hat, ist sie gegenüber dem Kläger in Annahmeverzug geraten.

1. Zwischen den Parteien ist eine Mindestarbeitszeit von 173 Stunden im Monat vereinbart. Dies folgt aus der Nummer 5 des Arbeitsvertrages von August 2003.

a) Offen bleiben kann, ob § 11 des für allgemeinverbindlich erklärten und am 31. Dezember 2005 außer Kraft getretenen MTV Berlin nach § 4 Abs. 5 TVG noch Nachwirkung entfaltet oder ob die tarifliche Regelung durch § 6 MRTV Deutschland ersetzt worden ist. Denn § 11 MTV Berlin sieht unter Punkt 1.1 ebenfalls eine monatliche Arbeitszeit von mindestens 173 Arbeitsstunden vor. Dies ergibt sich daraus, dass unter Punkt 1.1 des § 11 MTV Berlin neben der monatlichen Arbeitszeit von 173 Arbeitsstunden auch eine monatliche Höchstarbeitszeit geregelt ist.

Ebenso kann offenbleiben, welche Bedeutung der Bezugnahme auf den jeweils gültigen Landestarifvertrag in der Nummer 1 des Arbeitsvertrags der Parteien zukommt, insbesondere ob dadurch nur auf einen speziell für das Land Berlin abgeschlossenen Tarifvertrag oder auch auf den im streitbefangenen Zeitraum u. a. auch im Bundesland Berlin geltenden MRTV Deutschland verwiesen wird. Denn die Nummer 1 des Arbeitsvertrages ist vorliegend ohne Bedeutung, weil die Nummer 5 des Arbeitsvertrages als speziellere Regelung der allgemeinen Regelung in der Nummer 1 vorgeht (vgl. BAG vom 09.11.2005 - 5 AZR 128/05 -, AP Nr. 4 zu § 305c BGB). Eine unmittelbare Geltung des MRTV Deutschland scheidet ebenfalls aus, weil schon nicht ersichtlich ist, dass der Kläger jemals tarifgebunden war, und der Tarifvertrag auch nicht für allgemeinverbindlich erklärt worden ist.

b) Nach Satz 1 des Absatzes 1 der Nummer 5 des Arbeitsvertrages beträgt die Mindestarbeitszeit des Klägers im Monat 173 Stunden. Soweit die arbeitsvertragliche Regelung darüber hinaus das Wort „durchschnittlich“ enthält, ist sie nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Im Übrigen ist die arbeitsvertragliche Regelung nach § 306 Abs. 1 BGB wirksam.

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Von maßgeblicher Bedeutung ist insoweit, ob die gesetzliche Regelung nicht nur auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht, sondern eine Ausprägung des Gerechtigkeitsgebots darstellt. Die Frage, ob eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung vorliegt, ist auf der Grundlage einer Abwägung der berechtigten Interessen der Beteiligten zu beantworten. Unangemessen ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Bei der Beurteilung der Unangemessenheit ist grundsätzlich ein genereller, typisierender vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen (vgl. zum Ganzen z. B. BAG vom 07.12.2005 - 5 AZR 535/04 -, AP Nr. 4 zu § 12 TzBfG; vom 13.08.2009 - 10 AZR 289/08 -, EzA § 307 BGB 2002 Nr. 43; vom 02.09.2009 - 7 AZR 233/08 -, EzA § 14 TzBfG Nr. 61).

bb) Bei dem Arbeitsvertrag der Parteien handelt es sich nach seinem äußeren Erscheinungsbild um einen von der Rechtsvorgängerin der Beklagten gestellten Formulararbeitsvertrag und damit um allgemeine Geschäftsbedingungen i. S. v. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dies wird auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt.

cc) Die Nummer 5 des Arbeitsvertrages, wonach die Mindestarbeitszeit lediglich durchschnittlich 173 Stunden im Monat beträgt, weicht von dem wesentlichen Grundgedanken des § 615 Satz 1 und 3 BGB ab und ist mit diesem nicht zu vereinbaren.

(1) Nach § 615 BGB trägt grundsätzlich der Arbeitgeber das Risiko, den Arbeitnehmer nicht beschäftigen zu können. Kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wegen Auftragsmangels nicht beschäftigen, wird er nicht von seiner Gegenleistungspflicht befreit. Der Arbeitgeber bleibt vielmehr zur Entgeltzahlung verpflichtet (BAG vom 07.12.2005 - 5 AZR 535/04 -, AP Nr. 4 zu § 12 TzBfG). Mit der Regelung, dass die Mindestarbeitszeit nur durchschnittlich 173 Stunden im Monat beträgt, wird von diesem Grundsatz abgewichen, indem sie das von der Beklagten zu tragende Wirtschaftsrisiko zumindest teilweise auf den Kläger verlagert. Die Regelung gestattet es der Beklagten, den Kläger u. a. in Zeiten geringeren Arbeitsanfalls monatlich mit weniger Stunden als 173 Stunden einzusetzen und aufgrund der zwischen den Parteien getroffenen Stundenlohnvereinbarung entsprechend geringer zu vergüten.

(2) Die Regelung benachteiligt den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben auch unangemessen, weil sie keinerlei Einschränkung enthält, in welchem Zeitraum die durchschnittliche Anzahl von 173 Arbeitsstunden erreicht werden muss. Denn entgegen der Ansicht der Beklagten nimmt die Regelung nicht nur Rücksicht auf die unterschiedliche Anzahl von Arbeitstagen in den einzelnen Kalendermonaten. Vielmehr ermöglicht sie es der Beklagten, den Kläger auch in langen Kalendermonaten mit weit weniger als 173 Arbeitsstunden zu beschäftigen. Sie ist nicht einmal verpflichtet, den Kläger bezogen auf das Kalenderjahr mit einer festen Mindeststundenzahl einzusetzen. Da sich die monatliche Vergütung nach der Anzahl der in einem Monat geleisteten Arbeitsstunden richtet, kann der Kläger weder mit einer bestimmten monatlichen, noch mit einer bestimmten jährlichen Vergütung rechnen. (vgl. dazu auch LAG Köln vom 11.08.2008 - 5 Sa 161/08 -, LAGE § 307 BGB 2002 Nr. 16, und vom 11.11.2009 - 9 Sa 584/09 -, juris, zu vergleichbaren arbeitsvertraglichen Regelungen).

Ein berechtigtes Interesse der Beklagten, welches eine derartige Regelung rechtfertigen könnte, ist nicht gegeben. Soweit die Beklagte aufgrund der Eigenart der Branche darauf angewiesen ist, auf Auftragsschwankungen flexibel reagieren zu können, wird dem schon dadurch Rechnung getragen, dass die Regelung lediglich eine Mindestarbeitszeit vorsieht. Das bedeutet, dass der Kläger bei einem erhöhten Arbeitsanfall verpflichtet ist, über die Mindestarbeitszeit hinaus zu arbeiten.

Dies wird auch durch den Satz 2 des Absatzes 1 der Nummer 5 des Arbeitsvertrages deutlich, wonach die Arbeitszeit nach den betrieblichen Erfordernissen im Rahmen des gültigen MTV im Bewachungsobjekt festgelegt wird. Sowohl der MTV Berlin als auch der MRTV Deutschland sehen vor, dass die monatliche Arbeitszeit bis zu einer bestimmten Höchststundenzahl ausgedehnt werden kann. Berücksichtigt man weiter, dass der Kläger darüber hinaus nach dem Absatz 2 der Nummer 5 des Arbeitsvertrages auch verpflichtet ist, im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen Überarbeit zu leisten, kann die Beklagte den Kläger bis zur höchstzulässigen Arbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz einsetzen.

dd) Die Regelung zur Mindestarbeitszeit ist nicht als Ganzes unwirksam, sondern bleibt nach § 306 Abs. 1 BGB unter Wegfall des Wortes „durchschnittlich“ wirksam. Es handelt sich um eine teilbare Regelung. Ob eine Regelung, die eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers enthält, teilbar ist, ist mittels Streichung des unwirksamen Teils mit einem „blauen Stift“ zu ermitteln (sog. blue-pencil-Test). Dabei ist maßgeblich, ob sie mehrere sachliche Regelungen enthält. Ist die verbleibende Regelung weiterhin verständlich, bleibt sie bestehen (vgl. zum Ganzen BAG vom 06.05.2009 - 10 AZR 443/08 -, AP Nr. 43 zu § 307 BGB ; vom 12.03.2008 - 10 AZR 152/07 -, AP Nr. 10 zu § 305 BGB; vom 21.04.2005 - 8 AZR 425/04 -, AP Nr. 3 zu § 307 BGB). Dies ist vorliegend der Fall. Streicht man das Wort „durchschnittlich“, bleibt die Regelung weiterhin verständlich. Es ist eine Mindestarbeitszeit von 173 Stunden im Monat geschuldet.

c) Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien die Klausel im Laufe des Arbeitsverhältnisses durch eine andere individuelle Arbeitszeitregelung i. S. d. § 305b BGB abgeändert haben oder sich die Regelung dahin konkretisiert hat, dass eine Mindestarbeitszeit von weniger als 173 Stunden im Monat geschuldet ist, sind nicht gegeben (vgl. dazu BAG vom 25.04.2007 - 5 AZR 504/06 -, AP Nr. 121 zu § 615 BGB). Vielmehr ist der Kläger nach dem unstreitigen Vorbringen der Partei in der Vergangenheit mit deutlich mehr als 173 Stunden monatlich eingesetzt worden.

2. Die Beklagte ist, indem sie den Kläger im Februar 2009 nur mit 165 Stunden eingesetzt hat, diesem gegenüber in Annahmeverzug geraten. Eines Angebots des Klägers, weitere acht Arbeitsstunden arbeiten zu wollen, bedurfte es nach § 296 Satz 1 BGB nicht. Denn nach dem Satz 2 des Absatzes 1 der Nummer 5 des Arbeitsvertrages wird die Arbeitszeit des Klägers nach den betrieblichen Erfordernissen festgelegt. Das bedeutet, dass die Einteilung des Klägers zu den jeweiligen Arbeitseinsätzen allein der Beklagten obliegt und sie dementsprechend auch die Verantwortung für die Einhaltung der Mindestarbeitszeit trägt (vgl. BAG vom 08.10.2008 - 5 AZR 715/07 -, EzA § 615 BGB 2002 Nr. 27). Außerdem konnte der Kläger erst gegen Ende des Monats Februar 2009 überhaupt erkennen, dass die monatliche Mindestarbeitszeit nicht erreicht wird, und hatte damit keine wirkliche Möglichkeit, seinerseits auf weitere Arbeitsstunden zu dringen.

3. Soweit die Ausschlussfristen des § 12 MRTV Deutschland auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden sollten, sind diese gewahrt. Der Kläger hat die Ansprüche rechtzeitig innerhalb der ersten Stufe der Ausschlussfristen von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich und innerhalb der zweiten Stufe von drei Monaten nach der Ablehnung durch die Beklagte durch den am 6. Juli 2009 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Mahnantrag gerichtlich geltend gemacht.

4. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1 und 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB i. V. m. der Nummer 6 des Arbeitsvertrages i. V. m. § 247 BGB. Nach dem Absatz 3 der Nummer 6 des Arbeitsvertrages wird die Vergütung spätestens am 15. des darauffolgenden Monats fällig.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 97 Abs. 1 ZPO. Danach hat die Beklagte die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.

IV. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.