Gericht | Vergabekammer Potsdam | Entscheidungsdatum | 19.04.2011 | |
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Aktenzeichen | VK 8/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Der Nachprüfungsantrag wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Verfahrens.
3. Die Gebühr wird auf X.XXX,XX EUR festgesetzt und mit dem eingezahlten Kostenvorschuss verrechnet.
I.
Der Auftraggeber schrieb im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom … 2010 im Rahmen des Bauvorhabens …, Elektroinstallationsarbeiten im Offenen Verfahren europaweit aus.
Der geschätzte Auftragswert für die Gesamtbaumaßnahme liegt bei etwa XX,X Mio. EUR. Das verfahrensgegenständliche Ausschreibungsverfahren zählt zu dem Kontingent der mindestens 80 % des geschätzten Gesamtauftragswertes aller Bauaufträge im Sinne des § 1a Abs. 1 Nr. 2b VOB/A.
Gemäß Ziffer 9 der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes ist Zuschlagskriterium der Preis mit einer Gewichtung von 100 %.
Mit den Vergabeunterlagen übersandte der Auftraggeber das Formblatt 214 (Anlage NE 2) mit nachfolgendem Inhalt:
„…
Kalkulation / Abrechnung Nichteisenmetalle
Der Abrechnungspreis für Nichteisenmetalle
- XXX,- |
Euro/100 kg Kupfer |
- / |
Euro/100 kg Blei |
- |
Euro/100 kg Aluminium |
Der Abrechnungspreis wird auf der Grundlage der deutschen
Metallnotierung, unterer Wert der Notierung der
NE-Metallverarbeiter, vom Tag der Lieferung / des Einbaus
ermittelt. Erfolgt an diesem Tag keine Notierung, gilt die darauf
folgende Notierung. An den zu ermittelnden Mehr- und Minderkosten
(Differenz zwischen Angebotspreis ohne Umsatzsteuer und
Abrechnungspreis ohne Umsatzsteuer gemäß Notierung multipliziert
mit dem Gewicht der tatsächlich verwendeten Menge) wird der
Auftragnehmer beteiligt. Die Selbstbeteiligung beträgt XX vH der
Mehr- bzw. Minderaufwendungen, mindestens aber X,X vH der
Abrechnungssumme. Als Abrechnungssumme wird die Vergütung des/der
Abschnitte(s)/Titel(s) Titel 01.07 Leitungen zu Grunde gelegt.
…“
Weiterer Bestandteil der Vergabeunterlagen war als Ergänzung der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes ein Vertragsmuster für Wartungsleistungen, deren Vergabe zeitgleich mit der Beauftragung für die Erstellung der Anlage erfolgen soll.
Der Submissionstermin fand am … 2010 statt. Nach dessen Ergebnis lag die Antragstellerin mit ihrem Angebot an erster Rangstelle.
Mit Schreiben vom … 2010 forderte die durch den Auftraggeber mit der Prüfung der Angebote beauftragte Planungsgesellschaft von der Antragstellerin u.a. … “die Vorlage der Einzelpreiskalkulation (Cu-Preis/Material/Montagezeit) unter Berücksichtigung der LV-Kalkulationsvorgabe von XXX,XX €/100 kg Kupfer…“ zu einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses.
Die Antragstellerin kam dieser Aufforderung mit Schreiben vom … 2010 nach. Sie übersandte die Aufgliederung der Einheitspreise und wies darauf hin, dass die Abrechnung der Kabel für Kupfer entsprechend dem Formblatt EVM (B) NE 2 zum Abrechnungspreis für Nichteisenmetalle erfolge.
Der Auftraggeber reagierte darauf mit Schreiben vom … 2011. Die angebotenen Kabelpreise in den Positionen 01.07.270 und 01.07.380 – 420 seien nicht unter Berücksichtigung der vom Auftraggeber im EVM (B) NE 2 vorgegebenen Kalkulationsgrundlage von XXX,XX EUR/100 kg ermittelt worden. Diese Schlussfolgerung ergebe sich aus dem Vergleich der entsprechenden Kabelpreise von Mitbewerbern und dem Angebot der Antragstellerin. Es werde um Erläuterung der Kabelkalkulation bzw. der v.g. Positionen gebeten.
Mit Schreiben vom … 2011 wies die Antragstellerin darauf hin, dass ihre Kabelkalkulation auf marktüblichen Einstandspreisen beruhe, die aus den Katalogen der Kabelindustrie, von Lieferanten und Großhändlern entnommen seien. Die mit dem Formblatt EMV (B) NE 2 vorgegebene Abrechnungsmethode ähnele inhaltlich der branchenüblichen Abrechnung von NE Metallen. Das Formblatt regele die Berechnung des Abrechnungspreises für Nichteisenmetalle. Keinesfalls sei dem zu entnehmen, dass bereits mit den angebotenen Einheitspreisen hierbei Kupfer von XXX EUR je 100 kg anzubieten und zu kalkulieren sei. Für den Fall, dass der Auftraggeber es so verstanden haben wolle, dass die Angebotspreise für Nichteisenmetalle auf der Grundlage von XXX EUR je 100 kg zu kalkulieren und anzubieten seien, rüge sie wegen Intransparenz bzw. Unklarheit und somit Verstoß gegen die Grundsätze entsprechend § 97 Abs. 1 GWB und § 7 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3, Abs. 2 VOB/A.
In einem am … 2011 geführten Aufklärungsgespräch erklärte die Antragstellerin, sie sei davon ausgegangen, dass entsprechend dem beigefügten Formblatt der Kupferanteil gesondert abgerechnet werde. Allerdings sei die Selbstbeteiligung bei der Kalkulation berücksichtigt.
Mit weiterem Schreiben vom … 2011 forderte der Auftraggeber die Antragstellerin zur Aufgliederung der Einzelpreiskalkulation der Positionen 01.07.0010 – 01.07.0470 und Pos. 01.07.0520 – 01.07.0560 auf – ohne die Anteile für das Kupfermaterial und die Selbstbeteiligung nach EVM (B) NE2.
Nachdem die Antragstellerin die geforderten Unterlagen vorgelegt hatte, erhielt sie am … 2011 die Mitteilung des Auftraggebers, dass ihr Angebot von der Wertung ausgeschlossen worden sei, weil es nicht alle in den Verdingungsunterlagen gestellten Bedingungen erfülle. Es sei beabsichtigt, den Zuschlag an die … zu erteilen. Neben anderen Aspekten begründete der Auftraggeber den Ausschluss damit, dass aus dem Angebot und aus den mit Schreiben vom … 2011 zur Aufklärung eingereichten Unterlagen nicht eindeutig hervorgehe, ob der Preis für den Kupferanteil in der Kalkulation berücksichtigt worden sei. Im Aufklärungsgespräch am … 2011 habe die Antragstellerin erklärt, das beigefügte Formblatt so verstanden zu haben, dass der Kupferanteil separat abgerechnet werde und demzufolge nicht Bestandteil bei den betreffenden Leistungspositionen des LV-Abschnitts 01.07. sei. Aus einer Gegenüberstellung der angebotenen Einheitspreise für diese Positionen sei zu entnehmen, dass alle weiteren beteiligten Bieter dies bei ihrer Kalkulation berücksichtigt hätten. Nach eigener Aussage habe die Antragstellerin allerdings bei der Kalkulation die vorgegebene Selbstbeteiligung in Höhe von XX vH. für den XXX EUR übersteigenden Preisanteil je 100 kg Kupfer berücksichtigt. Das Angebot sei somit mit den Angeboten der übrigen Bieter nicht vergleichbar.
Mit Schreiben vom … 2011 erhob die Antragstellerin mehrere Rügen. Da der Auftraggeber bewusst das Formblatt EVM (B) NE 2 und gerade nicht das Formblatt EVM (B) NE 1 verwendet habe, habe sie davon ausgehen müssen, dass der Auftraggeber nicht die (übliche) Kalkulation der Leistungen, die Kupfer beinhalten, nach Formblatt NE 1 abfragen wolle, sondern das Formblatt für den Abrechnungspreis der Kupferleistungspositionen gelte (NE 2). Eine Vergleichbarkeit sei z.B. rechnerisch entweder durch Hinwegrechnen bei den Mitbewerbern oder Hinzurechnen zu dem Preis der Antragstellerin möglich, und zwar anhand der bekannten Kupferzahlen und der zu Grunde liegenden Menge laut Leistungsbeschreibung und Multiplikation mit XXX EUR/100 kg. Außerdem liege dem Auftraggeber die durch alle Bieter gleichermaßen eingereichte Aufgliederung der Einheitspreise ohne die Anteile für Kupfer und Selbstbehalt vor.
Der Auftraggeber erwiderte mit Schreiben vom … 2011. Im Formblatt 214 (Anlage NE 2) werde für die Titelposition 01.07 – Leitungen – angegeben, dass als kalkulierter Abrechnungspreis XXX EUR/100 kg Kupfer angesetzt würden. Zudem werde erläutert, wie und wann der tatsächliche Abrechnungspreis und somit die tatsächliche Höhe der Vergütung dieser Position ermittelt würden. Das Formblatt diene somit als Kalkulationshinweis für die Bieter. Dem Formblatt sei an keiner Stelle zu entnehmen, dass der Anteil von XXX EUR/100 kg Kupfer nicht in die Angebotspreise einzukalkulieren und damit nicht in den Angebotspreisen auszuweisen sei.
Im Rahmen der Prüfung des Gesamtangebotes habe man bei Prüfung der Wartungsverträge festgestellt, dass die Antragstellerin die jährliche Vergütung jeweils unter Punkt 5.1 des Vertrages nicht korrekt ausgefüllt habe. Unter Punkt 3 des Formblattes 242 (Wartung) sei erläutert worden, wie der zu wertende Vertragspreis ermittelt werde. Unter Punkt 5.1 des jeweiligen Vertrages sei somit die Vergütung für ein Jahr einzutragen gewesen, die für die Laufzeit von … Jahren gelte. Die Angaben der Antragstellerin würden nach Jahren gesplittete und somit unzulässige Preisangaben enthalten.
Mit Schreiben ihrer anwaltlichen Bevollmächtigten vom … 2011 wies die Antragstellerin darauf hin, dass Unklarheiten in den Vergabeunterlagen nicht zu Lasten der Bieter gehen dürften. Sie habe das Formularschreiben entsprechend des Wortlauts („Abrechnungspreis“) und aufgrund der in der Elektrobranche üblichen gewerblichen Verkehrssitte, Kupferkabel ohne den auf das Kupfer entfallenden Vergütungsanteil anzubieten und allein auf den zum Tag der Lieferung/des Einbaus geltenden Abrechnungspreis abzustellen, in vertretbarer Weise ausgelegt. Es sei auch von Bedeutung, dass das in den Ausschreibungsunterlagen befindliche Formblatt 214 (Anlage NE 2) den in den Richtlinien zu 214 des VHB zu Preisen für Nichteisenmetalle enthaltenen ersten Satz „Die Preise für Nichteisenmetalle sind zu kalkulieren und anzubieten auf der Basis…“ gerade nicht beinhalte, sondern diese Passage weggelassen und allein auf den Abrechnungspreis abgestellt worden sei.
Für die Auffassung, wonach unter Punkt 5.1 der Wartungsverträge lediglich die Vergütung für ein Jahr eingetragen werden sollte, gebe es keinen Anhaltspunkt. Aus den Regelungen in Ziffer 5.1 und 8.1 ergebe sich vielmehr, dass die jährliche Vergütung anzugeben gewesen sei für die in den nachfolgenden … Zeilen einzutragenden Jahre, also für die Jahre … bis … .
Der Auftraggeber half der Rüge der Antragstellerin auch mit Schreiben vom … 2011 nicht ab. Daraufhin hat die Antragstellerin mit Schreiben vom … 2011 bei der Vergabekammer des Landes Brandenburg einen Nachprüfungsantrag gestellt und diesen im Wesentlichen mit den Argumenten ihrer Rügeschreiben begründet.
Die Antragstellerin beantragt,
1. den Auftraggeber zu verpflichten, das Vergabeverfahren nicht weiter zu führen und ihm die Erteilung des Zuschlags zu untersagen,
2. hilfsweise einen ggf. bereits erteilten Zuschlag für nichtig zu erklären,
3. den Auftraggeber zu verpflichten, den Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin aus dem Vergabeverfahren zurückzunehmen,
4. den Auftraggeber zu verpflichten, das Vergabeverfahren in den Stand vor Zuschlagsentscheidung zurückzuversetzen und die Zuschlagsentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu treffen,
5. hilfsweise den Auftraggeber anzuweisen, die Ausschreibung aufzuheben,
6. der Antragstellerin Akteneinsicht in die Vergabeakten des Auftraggebers zu gewähren,
7. dem Auftraggeber die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen aufzuerlegen,
8. festzustellen, dass die Hinzuziehung der Bevollmächtigen der Antragstellerin notwendig war.
Der Auftraggeber beantragt,
1. die von der Antragstellerin gestellten Anträge abzuweisen,
2. der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Nach allgemeiner Rechtsauffassung stelle der Berechnungsfehler der Antragstellerin einen unerheblichen Motivirrtum dar, der sie keinesfalls zur Anfechtung ihrer Einheitspreis-Erklärungen berechtige.
Der von der Antragstellerin vertretenen Auffassung, die Möglichkeit der unterschiedlichen Interpretation des Inhaltes des Formblattes 214 sei ausschließlich dem Auftraggeber anzulasten, sei entschieden entgegen zu treten. Ein Bieter dürfe keinesfalls inhaltlich unklare Verdingungsunterlagen hinnehmen, sondern sei verpflichtet, Zweifelsfragen vor Abgabe seines Angebotes mit der ausschreibenden Stelle zu klären. Mit Erhalt der Verdingungsunterlagen sei für die Antragstellerin erkennbar gewesen, dass das Formular 214 unklar formuliert gewesen sei. Die Unvollständigkeit des Einleitungssatzes sei auch für die Antragstellerin offensichtlich gewesen, weshalb sie verpflichtet gewesen sei, den Auftraggeber auf diesen Umstand hinzuweisen und die entsprechende Klarstellung für die Angebotserarbeitung durch Nachfrage herbeizuführen. Damit habe die Antragstellerin der ihr obliegenden Rügeverpflichtung nicht entsprochen, § 107 Abs. 3 GWB.
Auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegen haben, sowie die eingereichten Schriftsätze der Beteiligten wird ergänzend Bezug genommen.
II.
Der Nachprüfungsantrag ist teilweise zulässig, aber offensichtlich unbegründet.
Die angerufene Vergabekammer ist für die Entscheidung über den Nachprü-fungsantrag zuständig. Die streitige Auftragserteilung ist dem Land Brandenburg zuzurechnen, § 104 Abs. 1 GWB. Der Auftraggeber ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB.
Bei der ausgeschriebenen Leistung handelt es sich um einen Bauauftrag i.S.d. § 99 Abs. 1 und 3 GWB. Der Gesamtauftragswert für den Neubau … liegt über 4,845 Mio. EUR gemäß § 2 Nr. 3 VgV. Der Auftraggeber hat die verfahrensgegenständliche Teilleistung, die den gemäß § 2 Nr. 6 VgV maßgeblichen Schwellenwert in Höhe von 1 Mio. EUR nicht erreicht, dem 80 % Kontingent nach § 2 Nr. 6 VgV zugeordnet.
Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Ihr Interesse am Auftrag hat sie durch die Abgabe eines Angebotes dokumentiert. Sie trägt auch die Möglichkeit einer Rechtsverletzung sowie eines ihr deshalb drohenden Schadens vor, indem der Auftraggeber ihr Angebot nicht für den Zuschlag vorgesehen habe, weil es nicht alle in den Vergabeunterlagen gestellten Bedingungen erfülle.
Ohne Bedeutung für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages ist die Antwort auf die Frage, ob das Angebot der Antragstellerin wegen angeblichem Widerspruch zu den Anforderungen der Vergabeunterlagen zwingend auszuschließen ist. Diese Frage muss bei der Prüfung der Begründetheit des Nachprüfungsantrages beantwortet werden. Es würde dem Vergaberechtsschutz zuwider laufen, wenn in der Zulässigkeitsprüfung die Begründetheit vorweggenommen und dem Bieter der Zugang zum Verfahren mit der fehlenden Begründetheit seines Rechtsschutzbegehrens verweigert würde.
Die Antragstellerin hat die ihr mit Schreiben des Auftraggebers vom … 2011 nach § 101 a GWB mitgeteilte beabsichtigte Vergabeentscheidung am … 2011 unverzüglich gerügt, § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB. Auch die Antragsfrist nach § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB hat sie eingehalten.
Soweit die Antragstellerin allerdings erstmalig mit Schreiben vom … 2011 die Intransparenz des Formblattes 214 (Anlage NE 2) beanstandet, ist sie mit ihrem Rügevortrag präkludiert.
Nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB sind Nachprüfungsanträge dann unzulässig, wenn sie sich auf Verstöße beziehen, die bereits aus den Vergabeunterlagen erkennbar waren und nicht bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung genannten Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden.
Entgegen der im Nachprüfungsantrag vom … 2011 geäußerten Ansicht der Antragstellerin wird die Rügepflicht nicht etwa erst durch die Benachrichtigung über den Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin ausgelöst.
Vielmehr war der Antragstellerin – so ihr eigener Vortrag – bereits während der Erstellung des Angebotes der von ihr geltend gemachte Vergaberechtsverstoß bekannt. Wie die Antragstellerin in ihrem Schreiben vom … 2011 an den Auftraggeber und in ihrem Nachprüfungsantrag vorgetragen hat, sah sie sich bei der Erstellung ihres Angebotes zu einer Auslegung des Formblattes 214 (Anlage NE 2) veranlasst. Entsprechend des Wortlautes „Abrechnungspreis“ und aufgrund der in der Elektrobranche üblichen gewerblichen Verkehrssitte habe sie Kupferkabel ohne den auf das Kupfer entfallenden Vergütungsanteil angeboten und allein auf den zum Tag der Lieferung/ des Einbaus geltenden Abrechnungspreis abgestellt. Dieser Vortrag der Antragstellerin zeigt, dass ihr bereits bei der Aufstellung des Angebotes rechtliche Bedenken hinsichtlich der Kalkulation/ Abrechnung der Kupfermengen gekommen sein müssen, sie diesbezüglich jedoch keine entsprechende Rüge an den Auftraggeber formuliert hat.
Der Nachprüfungsantrag ist darüber hinaus offensichtlich unbegründet. Das Angebot der Antragstellerin ist zu Recht durch den Auftraggeber ausgeschlossen worden, weil es nicht die geforderten Preise enthält, § 16 Abs. 1 Ziff. 1 c) i.V.m. § 13 Abs. 1 Ziff. 3 VOB/A.
Die Zurückweisung eines Nachprüfungsantrages gemäß § 112 Abs. 1 Satz 3 GWB ohne mündliche Verhandlung als „offensichtlich unbegründet“ sollte die Ausnahme bleiben, die nur dann aus prozessökonomischen Gründen statthaft ist, wenn eine Verhandlung von vornherein unnötig und für das Ergebnis irrelevant erscheint (Maier, NZBau 2004, 667 [669]), etwa wenn nach Durchsicht der Vergabeakten kein Zweifel mehr daran bestehen kann, dass der von der Antragstellerin behauptete Vergaberechtsverstoß nicht vorliegt.
Das Formblatt 214 (Anlage NE 2) nimmt in seiner Überschrift Bezug auf die Kalkulation und die Abrechnung Nichteisenmetalle. Der Abrechnungspreis für Nichteisenmetalle wird durch den Auftraggeber einerseits als fester Betrag mit XXX EUR/100 kg Kupfer angegeben, andererseits als noch zu ermittelnde Notierungsgröße am unteren Wert der NE-Metallverarbeiter, vom Tag der Lieferung/ des Einbaus definiert. Durch die Berechnung der Beteiligung des Auftragnehmers an den Mehr- bzw. Minderkosten (Differenz zwischen Angebotspreis … und Abrechnungspreis … gemäß Notierung …) wird auch vom Wortlaut her nachvollziehbar, dass sich der Abrechnungspreis auf die jeweilige Notierung beziehen muss. Folglich können und müssen, um die Beteiligung des Auftragnehmers berechnen zu können, die vom Auftraggeber vorgegebenen XXX EUR/100 kg Kupfer im Rahmen der Kalkulation als fiktiver Angebotspreis im Leistungsverzeichnis in Ansatz gebracht werden. Ein anderes Verständnis der Zusammenhänge würde die Berechnung der Beteiligung des Auftragnehmers auf der Grundlage seines Angebotes unmöglich machen. Vor diesem Hintergrund ist das Formblatt 214 (Anlage NE 2) eindeutig. In diesem Sinne haben auch alle anderen … Bieter das Formblatt verstanden. Denn außer der Antragstellerin haben sie den vom Auftraggeber vorgegebenen Kupferpreis in den streitgegenständlichen Leistungspositionen berücksichtigt.
Da nicht auf die Sicht des einzelnen, sondern auf die eines verständigen und sachkundigen Bieters in der damaligen Situation abzustellen ist, kommt es auf die abweichende Interpretation der Antragstellerin nicht an.
Soweit sich bei der Antragstellerin Schwierigkeiten hinsichtlich des Verständnisses des Formblattes 214 (Anlage NE 2) eingestellt haben sollten, ist es ihr jeweils verwehrt, dieses nach eigenem Gutdünken auszulegen. Sollten tatsächlich ernsthafte Zweifel aufkommen, hat die Antragstellerin diese durch eine Anfrage beim Auftraggeber zu klären. Um die Abgabe vergleichbarer Angebote sicherzustellen und damit einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten, ist es nämlich erforderlich, dass sämtliche Bieter eines Vergabeverfahrens die ausgeschriebenen Leistungsmerkmale in gleicher Weise verstehen und demzufolge vergleichbare Angebote abgeben können (OLG Brandenburg, Beschluss vom 4. März 2008 – Verg W 3/08).
Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob der Auftraggeber wegen etwaiger fehlerhafter Eintragungen der Antragstellerin in die Wartungsverträge ihr Angebot hätte ausschließen müssen.
Gemäß § 112 Abs. 1 Satz 3 GWB konnte die Vergabekammer aufgrund der Unzulässigkeit bzw. offensichtlichen Unbegründetheit des Nachprüfungsantrages ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
III.
Der Antrag auf Akteneinsicht durch die Antragstellerin gemäß § 111 Abs. 1 GWB ist abzulehnen. Das Akteneinsichtsrecht ist nur in dem Umfang gegeben, in dem es zur Durchsetzung der Rechte der Antragstellerin aus § 97 Abs. 7 GWB erforderlich ist. Das ist bei einem unzulässigen und offensichtlich unbegründeten Nachprüfungsantrag nicht der Fall (VK Brandenburg, Beschluss vom 19. März 2003 – VK 5/03; Beschluss vom 25. Februar 2005 – VK 4/05).
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Danach hat ein Beteiligter die Kosten zu tragen, soweit er im Verfahren unterliegt.
Die Vergabekammer hält die Festsetzung der Mindestgebühr von X.XXX,XX EUR gemäß § 128 Abs. 2 Satz 1 GWB bei Abwägung des Aufwandes einerseits und der wirtschaftlichen Bedeutung des dem Vergabeverfahren zugrunde liegenden Auftrages für die Antragstellerin andererseits für angemessen, zumal keine Beiladung erfolgt ist und eine mündliche Verhandlung nicht stattgefunden hat.
V.
Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt, beim Brandenburgischen Oberlandesgericht, Gertrud-Piter-Platz 11, 14770 Brandenburg, einzulegen.
Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.
Die Beschwerdeschrift muss durch einen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (§ 117 Abs. 3 GWB).
Mit der Einlegung der Beschwerde sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vor der Vergabekammer vom Beschwerdeführer durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift zu unterrichten (§ 117 Abs. 4 GWB).
Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern (§ 118 Abs. 1 GWB).
Gemäß § 6 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Vergabekammern des Landes Brandenburg vom 26. Mai 2009, Amtsblatt für Brandenburg S. 1225, ist die Unter-zeichnung des Beschlusses durch den ehrenamtlichen Beisitzer nicht erforderlich.