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Entscheidung 12 W 54/10


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 12. Zivilsenat Entscheidungsdatum 14.12.2010
Aktenzeichen 12 W 54/10 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 12. Juli 2010, Az.: 3 OH 2/07, wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Das Landgericht hat auf Antrag des Antragstellers mit Beschluss vom 21.05.2007 im Wege des selbständigen Beweisverfahrens die Beweiserhebung über bei dem Antragsteller im Zusammenhang mit seiner am 24.06.2004 erfolgten Geburt in der Klinik der Antragsgegnerin feststellbare dauerhafte Gesundheitsschädigungen angeordnet. Mit Beschluss vom 18.09.2008 ordnete das Landgericht eine ergänzende Beweiserhebung an. Nachdem der zunächst bestellte Sachverständige, der unter dem 30.05.2008 sein Gutachten erstellt hatte, krankheitsbedingt das Ergänzungsgutachten nicht mehr erstellen konnte, wurde mit Beschluss vom 20.01.2009 der Sachverständige Prof. Dr. P… zum Sachverständigen bestellt. Der Sachverständige Prof. Dr. P… erstellte mit Datum vom 20.02.2009 sein schriftliches Gutachten, auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 222 ff GA). Darin vertrat der Sachverständige die Auffassung, dass das Absetzen der Antibiotikagabe im Rahmen der Behandlung der Mutter des Antragstellers fehlerhaft gewesen sei; zudem sei es bei dem Antragsteller nach der Geburt zu einer Überbeatmung gekommen, die ebenfalls fehlerhaft nicht behandelt worden sei.

Nachdem beide Parteien gegen das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Einwendungen erhoben bzw. Ergänzungsfragen stellten, ordnete das Landgericht eine mündliche Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen an. Im Termin vom 02.06.2010 erläuterte der Sachverständige sodann mündlich sein Gutachten. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des gerichtlichen Protokolls des Anhörungstermins vom 02.06.2010 Bezug genommen (Bl. 316 ff GA). Im Rahmen der Anhörung erläuterte der Sachverständige die Frage der Überbeatmung und führte dazu aus, dass der gemessene CO2-Wert im Blut nicht unter den Wert von 4,7 kPa fallen dürfe und es dem medizinischen Standard entspreche, dass eine Überbeatmung unter allen Umständen zu verhindern sei, weil diese zu irreversiblen Schäden am Gehirn führen könne. Auf Nachfrage des Gerichts erklärte der Sachverständige im Hinblick darauf, dass um 14:15 Uhr ein blutiger CO2-Wert von 4,24 kPa und um 17:00 Uhr ein Wert von 4,75 kPa gemessen worden sei, wörtlich: „Ich halte hier das Abwarten in der Zeit von 14:15 Uhr bis 17:00 Uhr sogar für kriminell“. Auf eine entsprechende Rüge entschuldigte sich der Sachverständige und nahm diese Äußerung zurück, wobei er erklärte, dass er damit habe sagen wollen, dass er es aus ärztlicher Sicht für nicht vertretbar halte, bei einem blutigen CO2-Wert von 4,24 kPa um 14:15 Uhr erst wieder um 17:00 Uhr den nächsten CO2-Wert zu messen. Auf weitere Nachfrage des Gerichts im weiteren Verlauf der Anhörung erklärte der Sachverständige: „Ich selbst finde den Umstand, dass hier auf die transkutan gemessenen Werte nicht reagiert wurde, unverständlich. Mir fällt auch kein Grund ein, warum das nicht gemacht wurde. Man könnte nun spekulieren, ob es schlampig war oder einfach nur nicht gemacht wurde, oder ob ein Arzt mit Absicht gehandelt hat“. Auf weitere Nachfrage erklärte er, dass er mit „Absicht“ meine, dass es Ärzte gebe, die medizinisch der Meinung seien, dass ein blutiger CO2-Wert von 4,4 kPa gut für das Kind sei und deshalb das Beatmungsgerät bewusst so einstellten, dass dieser Wert erreicht werde.

Nach Abschluss der Anhörung des Sachverständigen hat die Antragsgegnerin beantragt, den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Zur Begründung hat die Antragsgegnerin ausgeführt, indem der Sachverständige das Behandlungsagieren bei der Antragsgegnerin als „kriminell“ bezeichnet habe, sei von ihrem Standpunkt aus bei objektiver und vernünftiger Betrachtung Misstrauen in die Unparteilichkeit des Sachverständigen gerechtfertigt. Mit der Verwendung dieses Begriffes habe der Sachverständige ihr Verhalten auf eine niedrige oder niedrigste Stufe gestellt und damit das Maß wertender Formulierung überschritten. Darüber hinaus habe er ihr Absicht bzw. Schlamperei unterstellt, womit belegt sei, dass es sich nicht um eine einmalige versehentliche sprachliche Entgleisung gehandelt habe, sondern er habe wiederum auf ein Agieren auf niedrigster Stufe abgestellt, was sie nur als beleidigend empfinden könne. Damit habe der Sachverständige gegen seine Verpflichtung zur Objektivität, Neutralität und Distanz verstoßen.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, eine Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen bestehe nicht. Die Bezeichnung des Abwartens der Ärzte der Antragsgegnerin als „kriminell“ stelle eine zulässige drastische Formulierung mit Tatsachenbezug dar, mit der der Sachverständige erkennbar nur habe verdeutlichen wollen, dass er das Abwarten für schlechterdings unvertretbar halte. Dies habe er auf Hinweis des Gerichts ausdrücklich klargestellt. Stelle der Sachverständige Tatsachen fest, die rechtlich als grober Behandlungsfehler zu würdigen seien, müsse sich die betroffene Partei auch drastische Formulierungen gefallen lassen. Der Sachverständige habe bei vernünftiger Würdigung seiner Aussage weder ein strafrechtliches noch ein sittliches Unwerturteil über die Antragsgegnerin fällen wollen. Auch die Verwendung der Formulierung „Absicht“ und „Schlamperei“ in Bezug auf mögliche Ursachen für das Abwarten vermöge eine Besorgnis der Befangenheit nicht zu begründen, da der Sachverständige nur über mögliche Gründe spekuliert und gerade nicht behauptet habe, dass die aufgeführten Gründe bei der Antragsgegnerin tatsächlich vorgelegen hätten. Es handele sich ebenfalls um zulässige drastische Formulierungen mit Tatsachenbezug. Eine Besorgnis der Befangenheit ergebe sich auch nicht aus der Gesamtschau der Aussage des Sachverständigen, der über einen Zeitraum von fast vier Stunden abgesehen von den gerügten Formulierungen objektiv und neutral ausgesagt habe und seine im Gutachten getroffene Aussage zur vorgeburtlichen Behandlung der Mutter des Antragstellers ungefragt zugunsten der Antragsgegnerin revidiert habe. Er habe zudem gezeigt, dass er die Ebenen der Pflichtverletzung und der Kausalität sachlich auseinanderhalten könne und selbst bei Vorliegen einer groben Pflichtverletzung objektive Aussagen zur Kausalität treffen könne. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Gegen den ihr zu Händen ihrer Verfahrensbevollmächtigten am 04.08.2010 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin mit einem am selben Tage per Telefax beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, das Landgericht habe die Rechtsprechungsgrundsätze zur Ablehnung eines Sachverständigen verkannt. So komme es nicht auf die Meinung einer ruhig und vernünftig denkenden Partei an, entscheidend sei, ob aus Sicht der ablehnenden Partei bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben sei, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Sachverständigen zu zweifeln. Maßgeblich sei gerade die subjektive Sicht der Antragsgegnerin. Demgemäß habe das Landgericht einen falschen Beurteilungsmaßstab zugrunde gelegt. Darüber hinaus habe das Landgericht selbst darauf abgestellt, dass bereits sprachliche Entgleisungen die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen, die Verwendung der Begriffe „kriminell“, „schlampig“ und „mit Absicht“ impliziere jedoch nicht bloß sprachliche Entgleisungen. Vielmehr habe der Sachverständige nachvollziehbar bewusst explizit Bewertungen vorgenommen, die er mit den von ihm konkret verwandten Begriffen zum Ausdruck gebracht habe. Es handele sich um die bewusste und gezielte sachverständige Bewertung eines Gutachters, der für sich entsprechende Beurteilungskompetenz in Anspruch nehme. Diese Bewertungen erhielten umso mehr Gewicht, als es sich bei dem Sachverständigen um einen langjährig tätigen Arzt handele, der in einer großen Vielzahl von Fällen als Sachverständiger tätig sei. Aufgrund dieser vielfältigen Erfahrungen kenne der Sachverständige die an ihn gestellten Anforderungen genau, so dass für sie umso mehr Anlass zu zweifeln bestehe, dass der Sachverständige ihrer Sache objektiv gegenüberstehe. Den gerügten Formulierungen könne bei vernünftiger Würdigung auch weder ein salopper Tonfall noch eine flapsige Wendung entnommen werden. Vor diesem Hintergrund liege die Würdigung des Landgerichts, es handele sich um zulässige drastische Formulierungen mit Tatsachenbezug, neben der Sache und sei lebensfremd. Soweit das Landgericht darüber spekuliere, was der Sachverständige mit den Begriffen zum Ausdruck habe bringen wollen, entsprächen diese Spekulationen nicht der hier allein maßgeblichen Sicht der Antragsgegnerin. Im Übrigen seien dem Sachverständigen die rechtlichen Begriffe genau bekannt, so dass die von dem Sachverständigen verwendeten Formulierungen strafrechtliche Bewertungen implizierten und geeignet seien, sie als Verfahrensbeteiligte einseitig zu desavouieren, woraus sich ohne weiteres die voreingenommene Einstellung des Sachverständigen erschließe. Gerade die Bezugnahme des Landgerichts auf einen verständigen Dritten und wie dieser die Äußerung des Sachverständigen habe verstehen dürfen, belege die Befangenheit des Sachverständigen. Schließlich habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass es nicht darauf ankomme, ob das Landgericht Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen habe, sondern bereits der bloße Anschein der Parteilichkeit die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit rechtfertige.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 15.10.2010 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist gem. §§ 406 Abs. 5, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen form- und fristgerecht eingelegt worden.

Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Die beanstandeten Äußerungen des Sachverständigen Prof. Dr. P… im Anhörungstermin vom 02.07.2010 sind nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen zu begründen.

Nach § 406 Abs. 1 i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO kann ein Sachverständiger wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen. Nicht erforderlich ist, dass der Sachverständige tatsächlich parteiisch ist oder das Gericht Zweifel an seiner Unparteilichkeit hat. Entscheidend ist, ob vom Standpunkt der ablehnenden Partei aus objektive Gründe vorliegen, die in den Augen eines vernünftigen Menschen geeignet sind, Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen zu begründen (vgl. BGH NJW 1975, 1363; BGH NJW-RR 1987, 893). So kann die Besorgnis der Befangenheit eines Sachverständigen durch beleidigende, herabsetzende oder unsachliche Äußerungen gegenüber einer Partei oder ihren Prozessbevollmächtigten begründet sein (vgl. BGH NJW 1981, 2009, 2010; OLG Koblenz NJW-RR 2009, 1653; OLG Oldenburg NJW-RR 2000, 1166; Ullrich, Der gerichtliche Sachverständige, 12. Aufl., Rn. 220 m.w.N.), ebenso wenn der Sachverständige auf Einwendungen gegen sein Gutachten unsachlich oder mit unangemessener Schärfe reagiert oder er bei einer durch Privatgutachten unterlegten Kritik gegen sein Gutachten abqualifizierende Äußerungen über den Privatgutachter tätigt (vgl. KG MDR 2008, 528; OLG Saarbrücken MDR 2008, 1121; OLG Zweibrücken VersR 1998, 1438). In Arzthaftungssachen, in denen der Richter im besonderen Maße der Hilfe von Sachverständigen bedarf, ist jedoch zu berücksichtigen, dass es angesichts der Komplexität der Materie erforderlich ist, das Ausmaß des ärztlichen Fehlers so klar zu beschreiben, dass dieses auch für den medizinischen Laien deutlich wird. Maßgeblich ist, ob sich die getätigten Äußerungen des Sachverständigen noch im Bereich der sachlichen Auseinandersetzung halten oder bereits die Grenze zu einer persönlichen Herabsetzung überschritten wird (vgl. OLG Saarbrücken MDR 2005, 648; Ullrich a.a.O.).

Gemessen an diesen Maßstäben sind die von der Antragsgegnerin beanstandeten Äußerungen des Sachverständigen Prof. Dr. P… nicht geeignet, eine Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen zu begründen. Die Äußerungen des Sachverständigen, er halte das Abwarten der Ärzte der Antragsgegnerin in der Zeit von 14:15 Uhr bis 17:00 Uhr „sogar für kriminell“, überschreiten noch nicht die Grenze zu einer beleidigenden Herabsetzung. Bei verständiger Würdigung der hier vorliegenden Umstände kann die Verwendung des Begriffes „kriminell“ durch den Sachverständigen noch nicht als Ausdruck einer unsachlichen Grundhaltung gegenüber der Antragsgegnerin angesehen werden. Zum einen impliziert der Begriff „kriminell“ entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin nicht zwingend ein Verhalten auf niedrigster Stufe, das den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt. Der Begriff wird vielmehr umgangssprachlich auch im übertragenen Sinne mit der Bedeutung von „unangenehm“, „schlimm“ oder „unverschämt“ verwendet. Von daher lässt sich auch Sicht der Antragsgegnerin die Wortwahl des Sachverständigen nicht zwingend dahingehend verstehen, der Sachverständige habe damit ein sittliches Unwerturteil über das Verhalten der Ärzte der Antragsgegnerin dahingehend zum Ausdruck bringen wollen, dass diese sich in strafrechtlich relevanter Weise verhalten hätten. Bei verständiger Würdigung hat der Sachverständige mit der Bezeichnung des Verhaltens der Ärzte als „kriminell“ lediglich zum Ausdruck gebracht, dass das Untätigbleiben in dem vorliegenden Fall aus seiner Sicht ein besonders krasses Fehlverhalten darstellt, welches unter keinen Umständen mehr zu rechtfertigen ist. Dies hat er auf den entsprechenden Vorhalt des Vorsitzenden auch sogleich klargestellt. Damit hat der Sachverständige jedoch noch nicht die Ebene der sachlichen Auseinandersetzung über den von ihm angenommenen groben Behandlungsfehler verlassen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Sachverständige ohnehin gehalten ist, nach seiner Einschätzung vorliegende Fehler und Missstände bei der Behandlung des Antragstellers bzw. seiner Mutter beim Namen zu nennen und insoweit auch hinsichtlich des Ausmaßes des Fehlverhaltens ohne die oft zu beobachtende kollegiale Rücksichtnahme klar und eindeutig Stellung zu beziehen. Dies hat der Sachverständige hier - wenn auch mit markanten Formulierungen - getan. Dabei ist bei der Würdigung der Umstände auch zu berücksichtigen, dass der Sachverständige diese Äußerung sofort zurückgenommen und sich entschuldigt hat.

Aus dem gleichen Grunde ist auch die Bezeichnung der unterlassenen Überwachung des CO2-Gehalts im Blut als „schlampig“ ebenso wenig wie die Mutmaßung, ein Arzt könne mit Absicht gehandelt haben, geeignet, den Anschein der Befangenheit des Sachverständigen zu begründen. Zunächst hat der Sachverständige der Antragsgegnerin nicht unmittelbar Schlampigkeit unterstellt, sondern lediglich ausgeführt, dass er keinen Grund dafür nennen könne, warum seitens der Ärzte der Antragsgegnerin nicht reagiert worden sei, und sodann mehrere Mutmaßungen hinsichtlich der Gründe angestellt, u. a. dass das Nichtreagieren möglicherweise auf Schlampigkeit zurückzuführen sei, ohne dass er sich dahingehend festgelegt hat, dass dies der Grund sei. Im Übrigen handelt es sich bei der Verwendung des Begriffes „schlampig“ nicht um eine Wortwahl, die einen für die Antragsgegnerin besonders negativen Unwertgehalt zum Ausdruck bringt und aufgrund derer sich die Antragsgegnerin bei der Beurteilung des Behandlungsgeschehens herabgesetzt fühlen könnte. Einem medizinischen Sachverständigen muss erlaubt sein, im Rahmen der Begutachtung auch Kritik an dem Behandlungsgeschehen, wie es sich dem Sachverständigen aufgrund seiner Begutachtung darstellt, zu üben. Die Wertung eines Verhaltens als „schlampig“ stellt dabei noch eine zulässige sachliche Kritik dar, mit der sich die Antragsgegnerin auch sachlich auseinandersetzen kann, ohne dass dadurch bereits eine persönliche Herabsetzung verbunden ist. Der Begriff „schlampig“ ist umgangssprachlich i.S.v. „unsorgfältig“ oder „unordentlich“ zu verstehen; die Verwendung dieses Begriffes als möglichen Grund für den hier von dem Sachverständigen angenommenen Behandlungsfehler ist somit weder überzogen noch unangemessen und konnte von der Antragsgegnerin bei verständiger Würdigung der Umstände auch nicht dahingehend verstanden werden.

Ebenso verhält es sich mit der von der Antragsgegnerin beanstandeten Äußerung, dass man spekulieren könne, ob ein Arzt mit Absicht gehandelt habe. Der Sachverständige hat diese Äußerung auf Nachfrage dahingehend erläutert, dass es vorkomme, dass Ärzte in bester Absicht für das Kind einen zu niedrigen CO2-Wert am Beatmungsgerät einstellen, weil sie der Meinung seien, dass dies für das Kind am Besten sei. Auch darin liegt weder eine unangemessene oder überzogenen Ausdrucksweise, noch kann dies bei verständiger Würdigung als persönliche Herabsetzung der Antragsgegnerin verstanden werden.

Eine Besorgnis der Befangenheit ergibt sich auch nicht aus einer Gesamtschau der von dem Sachverständigen getätigten Äußerungen. Das Landgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Sachverständige im Rahmen der mündlichen Anhörung über einen Zeitraum von nahezu vier Stunden sein Gutachten erläutert hat und im Rahmen dieser Erläuterung auch zugunsten der Antragsgegnerin von der ursprünglich vertretenen Annahme eines Behandlungsfehlers im Rahmen der Behandlung der Mutter des Antragstellers abgerückt ist. Soweit die Antragsgegnerin beanstandet, der Sachverständige verfolge im Rahmen seiner Begutachtung das Ziel, die Versorgung von Neugeborenen in einer Art und Weise zu erreichen, wie sie von ihm selbst als richtig erachtet werde, und damit offenbar zum Ausdruck bringen will, der Sachverständige habe sich bei der Erstellung des Gutachtens von diesen Motiven leiten lassen, betrifft dies eher den Inhalt und die objektive Richtigkeit des Gutachtens, stellt jedoch keinen Anhaltspunkt dafür dar, dass der Sachverständige sich bei der Begutachtung von fachfremden Erwägungen zulasten der Antragsgegnerin habe leiten lassen.

Soweit die Antragsgegnerin meint, dass für die Beurteilung der Besorgnis der Befangenheit ihre subjektive Sicht maßgeblich sei, ist dies unzutreffend. Richtig ist zwar, dass eine erfolgreiche Ablehnung nicht der Feststellung der tatsächlichen Befangenheit des Abgelehnten bedarf und die Frage der Besorgnis der Befangenheit aus der Sicht der Partei zu beurteilen ist. Ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass vom Standpunkt der ablehnenden Partei aus hinreichende objektive Gründe vorliegen, die in den Augen einer vernünftigen Partei geeignet sind, Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen zu wecken (vgl. BGH NJW 2005, 2858; BGH GRUR 2002, 369; OLG München, B. v. 25.05.2009 - I W 1262/09, zitiert nach Juris). Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist somit durchaus derjenige Maßstab heranzuziehen, den eine besonnen denkende Partei an die Unvoreingenommenheit eines Richters oder Sachverständigen stellt.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats handelt es sich bei dem Verfahren betreffend die Richter- oder Sachverständigenablehnung nicht um ein kontradiktorisches Verfahren, so dass außergerichtliche Gebühren grundsätzlich nicht erstattet werden (vgl. Senat OLG-NL 2002, 183 m.w.N.). Etwas anderes kann gelten, wenn der Gegner der ablehnenden Partei im Beschwerdeverfahren zur sofortigen Beschwerde Stellung genommen hat; dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor.