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Entscheidung 7 Sa 378/13, 7 Sa 808/13


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 7. Kammer Entscheidungsdatum 10.09.2013
Aktenzeichen 7 Sa 378/13, 7 Sa 808/13 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 10 Abs 4 AÜG

Leitsatz

1. Anwendungsfall des equal-pay Anspruchs

2. Wird ein Leiharbeitnehmer von der Entleiherin höherwertig eingesetzt als dies nach dem Überlassungsvertrag vereinbart war, steht dies dem Anspruch des Arbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nicht entgegen. Maßgeblich für den equal-pay-Anspruch ist allein, ob der Kläger, wenn er bei der Entleiherin eingestellt worden wäre, einen Anspruch auf Vergütung nach der geltend gemachten Vergütungsgruppe gehabt hätte. Nach dem bei der Entleiherin geltenden Tarifvertrag hat der Arbeitnehmer aber bei einer auf Dauer übertragenen höherwertigen Tätigkeit Anspruch auf entsprechende Eingruppierung.

3. Zu einer intransparenten und einseitigen vertraglichen Ausschlussfrist.

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 22.01.2013 – 36 Ca 12079/11 – teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 33.772,53 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Bruttobetrag

von 6.534,39 Euro seit dem 1.6.2008,
aus weiteren 938,83 Euro brutto seit dem 21.06.2008,
aus weiteren 1.215,77 Euro brutto seit dem 01.08.2008,
aus weiteren 1.516,62 Euro brutto seit dem 21.09.2008,
aus weiteren 4.192,46 Euro brutto seit dem 1.1.2009,
aus weiteren 1066,33 Euro seit dem 21.01.2009,
aus weiteren 3.539,33 Euro brutto seit dem 01.05.2009,
aus weiteren 1.177,37 Euro brutto seit dem 21.05.2009,
aus weiteren 12.430,08 Euro seit dem 01.05.2010
sowie aus weiteren 1161,35 Euro seit dem 21.05.2010

zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 843,51 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2010 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger 40%, die Beklagte 60%. Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz trägt der Kläger 17%, die Beklagte 83%. Von den durch die Nebenintervention entstanden Kosten in erster Instanz trägt der Kläger 40%. Von den durch die Nebenintervention entstandenen Kosten in zweiter Instanz trägt der Kläger 17%. Die weitergehenden Kosten der Nebenintervention werden der Nebenintervenientin auferlegt.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

Der Kläger ist ausgebildeter Industriemechaniker Maschinen- und Systemtechnik. Er ist seit dem 28.02.2007 bei der Beklagten, einem Unternehmen, das die Arbeitnehmerüberlassung betreibt, beschäftigt. Nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 28.02.2007 (Bl. 11 u. 12 d.A.) ist der Kläger als Arbeitsvorbereiter (Entgeltgruppe E2) eingestellt und zur Leistung bei der Streitverkündeten, einem Unternehmen der Medizintechnik, verpflichtet. Im Arbeitsvertrag ist auf die zwischen der Arbeitgeberin und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA abgeschlossenen Haustarifverträge in der jeweils letzten Fassung Bezug genommen (Nr 1 b des Vertrages). Unter Nr 1 k „Vertragsgrundlagen“ ist zudem folgendes geregelt:

k) Der Arbeitnehmer ist zur unverzüglichen Nachprüfung der Lohn- und Gehaltsabrechnung verpflichtet. Die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis ist nur innerhalb der im Manteltarifvertrag bestimmten Fristen möglich. Bei Unwirksamkeit dieser Regelung müssen die Ansprüche 6 Monate nach Kenntnis von ihrem Entstehen geltend gemacht werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf Bl. 11 und 12 d.A. Bezug genommen.

Unter dem 8. Juni 2009 schlossen die Parteien einen weiteren Arbeitsvertrag, wonach die zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) abgeschlossenen Tarifverträge in der jeweils letzten Fassung Anwendung finden sollten. Die Regelung in Nr 1 k blieb unverändert. Für die Einzelheiten dieses Vertrages wird auf Bl. 14 und 15 d.A. Bezug genommen. Mit Änderungsvereinbarung vom 22.02.2010 reduzierten die Parteien die regelmäßige tägliche Arbeitszeit von 7 Stunden auf 6 Stunden (Bl. 16 d.A.9). Das Arbeitsverhältnis endete durch Aufhebungsvertrag vom 21.04.2010 zum 30.04.2010 (Bl. 17 d.A.).

Der Kläger erhielt bis Juli 2008 einschließlich einen Stundenlohn von 8 EUR, der sich aus einem Tariflohn von 5,56 EUR und einer übertariflichen Zulage von 2,44 EUR zusammensetzte und ab August 2008 einen Stundenlohn von 8,80 EUR brutto (6,78 EUR Tariflohn und 2,02 EUR übertarifliche Zulage; Bl. 13 d.A.). Für die ausgezahlten Arbeitsentgelte im Einzelnen wird auf die von der Beklagten erteilten Abrechnungen (Bl. 18 – 52 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger wurde ausschließlich bei der nach Streitverkündung auf Seiten der Beklagten beigetretenen Streithelferin (im Folgenden Entleiherin) eingesetzt. In dem für die Zeit ab 28.06.2007 abgeschlossenen Überlassungsvertrag (Bl. 236 d.A.) vereinbarte die Beklagte mit der Entleiherin eine Überlassung als Assistenz bei Versuchsaufbauten zunächst zu einem Verrechnungssatz von 14,55 EUR.

Auf Anfrage der ihn vertretenden Gewerkschaft teilte die Entleiherin mit Schreiben vom 18. Mai 2011 (Bl. 125 – 126 d.A.) mit, sie unterliege als Verbandsmitglied im VME dem Tarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie in Berlin. Die Vergütung der Tarifmitarbeiter richte sich nach dem Entgeltrahmen-Tarifvertrag für die Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie Berlin. Die Fertigungsmitarbeiter seien in die Entgeltgruppe 3 eingestuft. Weiter heißt es in dem Schreiben: „Mitarbeiter, die vergleichbare Tätigkeiten wie Herr F. und Herr H. ausführen, erhalten die Entgeltgruppe 6, entsprechend in den ersten sechs Monaten die E 6 E und danach E 6 H“. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf Bl. 125 und 126 d.A. Bezug genommen.

Auf Nachfrage der Beklagten erklärte die Entleiherin mit Schreiben vom 22.September 2011 (Bl. 237 -238 d.A.) in Bezug auf den Kläger folgendes:

„Zur Frage der Vergleichbarkeit des Herr F. teilen wir folgendes mit: Herr F. wurde als Helfer für Versuchsaufbauten entliehen. Das hier eine andere Voraussetzung und Tätigkeit als in der Fertigung zu Grunde liegt, lässt sich bereits am vereinbarten Stundensatz ablesen. Wir hatten damals einen Stundensatz von 14,55 Euro vereinbart.

Im Laufe seiner Tätigkeit in unserem Hause wurde die Tätigkeit im Jahre 2008 überprüft. Als Resultat wurde der Verrechnungssatz auf 18,50 Euro erhöht. Damit hatten wir der veränderten Tätigkeit Rechnung getragen und die Tätigkeit als Facharbeiter vergütet. D.h. die Tätigkeit des Herrn F. hatte sich im Zeitraum vom 28.06.2007 bis zum 30.04.2010 geändert und der Vergütungssatz wurde entsprechend angepasst.

Eine Vergleichbarkeit können wir in der Zeit der Tätigkeit als Helfer für Versuchsaufbauten verneinen. Die B. beschäftigt keine vergleichbaren Mitarbeiter. Ab der Verrechnungssatzänderung im Jahr 2008 trifft dies nur bedingt zu, da sich Herrn F.s Tätigkeiten änderten.

Auf weitere Nachfrage der Beklagten erklärte die Entleiherin mit Schreiben vom 30.11.2011 (Bl. 240 d.A) mit, der Kläger sei bei ihr als Versuchsdurchführer eingesetzt. Im Laufe der Leiharbeitnehmertätigkeit habe sich wie im Schreiben vom 22.09.2011 beschrieben, seine Tätigkeit verändert. Allerdings entspreche seine damalige Tätigkeit nicht den Aufgaben und Verantwortungen eines Metallografen.

Anhand der Auskunft der Entleiherin errechnete sich der Kläger die ihm aus seiner Sicht zustehenden Differenzen zwischen der gezahlten Vergütung und einer Vergütung nach der Entgeltgruppe 6 H, die er gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 10. März 2011 (Bl. 60 d.A.), sowie mit Schreiben vom 4. April 2011 (Bl. 62 d.A.) geltend machte.

Mit der beim Arbeitsgericht Berlin am 8. August 2011 eingegangenen Klage macht der Kläger diese Differenz zunächst in Höhe von 57.395,79 EUR gerichtlich geltend, die er später auf 49.882,46 EUR reduzierte. Die Beklagte lehnte eine Zahlung unter Hinweis auf die Tarifverträge mit der CGZP, auf deren Wirksamkeit sie habe vertrauen dürfen, ab, bestreitet die Anwendbarkeit der Tarifverträge für die Metall- und Elektroindustrie auf die Arbeitsverhältnisse der bei der Streithelferin beschäftigten Arbeitnehmer sowie eine Vergleichbarkeit des Klägers mit Arbeitnehmern der Streithelferin, die nach Entgeltgruppe 6 H vergütet würden und beruft sich auf einen Verfall der Forderung wegen der tariflichen und vertraglichen Fristen zur Geltendmachung sowie auf den Einwand der Verjährung.

Mit Urteil vom 22.01.2013, auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 40.254,49 EUR sowie 1.412,65 EUR nebst Zinsen zu zahlen, die weitergehende Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits bei einem Gebührenstreitwert von 57.395,79 EUR dem Kläger zu 27%, der Beklagten zu 73% auferlegt. Zur Begründung hat es – soweit für das Berufungsverfahren relevant - im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe der Anspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG zu. Der Kläger habe mit der Auskunft der Entleiherin hinreichend dargetan, dass ein vergleichbarer Arbeitnehmer bei der Entleiherin nach der Entgeltgruppe E 6 des Entgeltrahmentarifvertrages der Metall- und Elektroindustrie Berlin vergütet worden wäre. Dem stünde das Vorbringen der Beklagten nicht entgegen. Auch habe der Kläger Anspruch auf die Sonderzahlung nach dem Tarifvertrag über eine betriebliche Sonderzahlung. Ansprüche des Klägers seien nicht verfallen. Auf die tariflichen Ausschlussfristen komme es schon deshalb nicht an, weil die Tarifverträge unwirksam seien. Die vertragliche Regelung sei wegen Verstoß gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.

Gegen dieses der Beklagten am 5. Februar 2013 zugestellte Urteil richtet sich ihre Berufung, die sie mit einem beim Landesarbeitsgericht am 28. Februar 2013 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und mit einem nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 5. März 2013 am 30. April 2013 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Die Beklagte und Berufungsklägerin bestreitet auch in der Berufungsinstanz, dass bei der Streithelferin vergleichbare Arbeitnehmer beschäftigt seien, dass diese nach der Entgeltgruppe 6 zu vergüten wären und dass die Streithelferin Mitglied im VME sei und die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie wirksam abgeschlossen worden seien. Auch habe der Kläger nicht in dem Umfang – wie von ihm geltend gemacht – tatsächlich gearbeitet. Jedenfalls aber sei er – wenn die Streithelferin ihn mit Arbeiten der E 6 beschäftigt habe, vertragswidrig eingesetzt worden. Auch seien Ansprüche des Klägers verfallen. Die Leiharbeitsrichtlinie 2008/104/EG sowie der unionsrechtliche Grundsatz der Rechtssicherheit stünden der Rückwirkung einer solchen Rechtsänderung entgegen, wie sie das BAG in der CGZP-Entscheidung hinsichtlich der Tariffähigkeit gewerkschaftlicher Spitzenorganisationen vorgenommen habe. Fehlerhafte Tarifverträge könnten rechtswirksam vereinbart werden. Jedenfalls genieße sie Vertrauensschutz und im Übrigen greife die vertragliche Ausschlussfrist, die nicht intransparent sei.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 22.01.2013 – Az: 36 Ca 12079/11 abzuändern und die Klage abzuweisen

hilfsweise das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Ist das Unionsrecht, insbesondere

a) Art. 288 Abs. 3 AEUV in Verbindung mit Art. 5 Abs. 3 und Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2008/104/EG sowie Art. 16 und Art. 28 der Grundrechtecharta und/oder

b) der unionsrechtliche Grundsatz der Rechtssicherheit einschließlich seiner Konkretisierungen durch die Grundsätze des Vertrauensschutzes und des Rückwirkungsverbots,

dahin auszulegen, dass es einer nationalen Gepflogenheit – wie der im Ausgangsverfahren maßgeblichen – entgegensteht, wonach die von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen, unter denen Sozialpartner Tarifverträge aufrechterhalten und schließen können, die die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen von Leiharbeitnehmern abweichend von den Bedingungen regeln können, die für sie während der Dauer ihrer Überlassung an ein entleihendes Unternehmen gelten würden, wenn sie von den entleihenden Unternehmen unmittelbar für den gleichen Arbeitsplatz eingestellt worden wären, mit der Wirkung geändert werden, dass die geänderten nationalen Bedingungen auch für Tarifverträge gelten, die von Sozialpartnern vor Bekanntgabe der Änderung der nationalen Bedingungen geschlossen wurden, und die Sozialpartner ihre Tarifverträge auch nicht mit Wirkung für die Zeit bis zur Bekanntgabe der Änderung aufrechterhalten können?

2. Falls die erste Frage ganz oder teilweise bejaht wird: Ist der Grundsatz der praktischen Wirksamkeit des Unionsrechts dahin auszulegen, dass ein nationales Gericht, das über einen bei ihm anhängigen Rechtsstreit zwischen Privaten zu entscheiden hat, der in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fällt, im Rahmen seiner Zuständigkeit auch die volle Wirksamkeit der unionsrechtlichen Bestimmungen und Grundsätze wie sie der Gerichtshof in seiner Antwort auf die erste Frage ausgelegt hat, sicherzustellen hat, und das nationale Gericht zu diesem Zweck den rechtlichen Schutz, der sich für den Einzelnen aus den genannten Bestimmungen und Grundsätzen ergibt, dadurch sicherzustellen und die volle Wirksamkeit des Unionsrechts dadurch zu gewährleisten hat, indem es erforderlichenfalls jede Bestimmung oder Gepflogenheit des nationalen Rechts insoweit unangewendet lässt, als sie gegen die genannten Bestimmungen und Grundsätze des Unionsrechts verstößt?

3. Ist das europarechtliche Gebot transparenter und rechtssicherer Richtlinienumsetzung (EuGH vom 10.05.2001 – C – 144/99 und 14.02.2012 – C 204/09) dahin auszulegen, dass es einer unter Berufung auf europäisches Recht richterrechtlich verfügten rückwirkenden Auslegung nationalen Rechts entgegensteht, die die deutschrechtliche Anknüpfung des equal-pay-Gebotes an einen konkret vorhandenen Vergleichsarbeitnehmer durch eine hypothetische Behandlung ersetzt – und dies rückbezogen auf Zeiträume vor Inkrafttreten der Leiharbeitsrichtlinie 2008/104 EG am 05.12.2008 oder vor Ablauf der Umsetzungsfrist am 05.12.2011?

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil im Wesentlichen mit Rechtsausführungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Vorbringen in dem mündlichen Verhandlungstermin Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

1. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist von ihr fristgemäß und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG).

Die Berufung der Beklagten ist daher zulässig.

2. Die Berufung der Beklagten hat in der Sache nur teilweise Erfolg.

Die Beklagte war nach § 10 Abs. 4 AÜG verpflichtet, dem Kläger für die streitgegenständliche Zeit der Überlassung an die Streithelferin das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, wie es die Entleiherin vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt (2.1). Daraus ergibt sich ein Anspruch auf die Differenz zwischen der von der Beklagten gezahlten Stundenvergütung und der nach dem Tarifvertrag der Metallindustrie Berlin-Brandenburg für die Entgeltgruppe 6 H vorgesehenen Vergütung einschließlich der Sonderzuwendung für das Jahr 2008. Weitergehende Ansprüche bestehen nicht (2.2). Der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ist nicht verfallen (2.3).

2.1 Der Kläger hat gegenüber der Beklagten für den Zeitraum von Dezember 2007 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. April 2010 einen Anspruch nach § 10 Abs. 4 AÜG auf Zahlung des Arbeitsentgelts, das die Entleiherin vergleichbaren Arbeitnehmern gewährt.

2.1.1 Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verpflichtet den Verleiher, dem Leiharbeitnehmer das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, das der Entleiher vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt („equal pay“). Von diesem Gebot der Gleichbehandlung erlaubt das AÜG ein Abweichen durch Tarifvertrag, wobei im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen arbeitsvertraglich vereinbaren können (§ 9 Nr 2 AÜG), mit der Folge, dass der Entleiher grundsätzlich nur das tariflich vorgesehene Arbeitsentgelt gewähren muss (§ 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG).

2.1.2 Eine solche zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. Sowohl der ursprüngliche Arbeitsvertrag vom 28.06.2007 als auch der spätere Arbeitsvertrag vom 08.06.2009 verweisen unter Nr. 1 b auf unwirksame Tarifverträge.

2.1.2.1 Im Arbeitsvertrag vom 28.06.2007 wird auf die Haustarifverträge der Arbeitgeberin abgeschlossen mit der CGZP in ihrer jeweiligen Fassung Bezug genommen. Mit dieser Bezugnahme wird das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 Satz 1 und Satz 4 AÜG nicht ausgeschlossen. Die CGZP konnte keine wirksamen Tarifverträge schließen. Nach den Entscheidungen des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2010 (- 1 ABR 19/10 - BAGE 136, 302), dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2012 (- 24 TaBV 1285/11 ua. -) sowie der Zurückweisung der hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde (BAG 22. Mai 2012 - 1 ABN 27/12 -) steht rechtskräftig und mit bindender Wirkung gegenüber jedermann fest, dass die CGZP seit ihrer Gründung und jedenfalls bis zum 14. Dezember 2010 nicht tariffähig war (vgl. BAG v. 13.03.2013 – 5 AZR 242/12 – juris; 5 AZR 954/11 – NZA 2013, 680 ff.; BAG v. 23. Mai 2012 - 1 AZB 58/11 – juris sowie 1 AZB 67/11 - juris). Eine nicht tariffähige Vereinigung kann keine Tarifverträge i. S. d. § 1 Abs. 1 TVG abschließen (BAG v. 13.03.2013 – 5 AZR 954/11 a.a.O.). Trotz fehlender Tariffähigkeit abgeschlossene Tarifverträge sind von Anfang an nichtig (BAG vom 15.11.2006 - 10 AZR 665/05 -, AP Nr. 34 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz)

2.1.2.2 Der Arbeitsvertrag vom 08.06.2009 enthält ebenfalls keine Bezugnahme auf einen wirksamen Tarifvertrag. Er verweist unter 2 b) auf den zwischen dem AMP und der CGZP abgeschlossenen Tarifvertrag. Dieser Tarifvertrag ist ebenfalls wegen der fehlenden Tariffähigkeit der CGZP unwirksam.

Soweit die Beklagte darauf verweist, der AMP habe seit dem 01.01.2010 mehrgliedrige Tarifverträge abgeschlossen, die von den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zur Tariffähigkeit nicht berührt seien, kann dahinstehen, ob die weiteren Tarifwerke einer Wirksamkeitskontrolle standhalten. Diese sind nämlich nach der eindeutigen Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag nicht Bestandteil des Arbeitsvertrages geworden. Der Arbeitsvertrag verweist nur auf den zwischen dem AMP und der CGZP abgeschlossenen Tarifvertrag, nicht auf die weiteren Tarifverträge, die nach der Präambel zum AMP-TV 2010 selbstständige Tarifverträge darstellen, die nur in einer Urkunde zusammengefasst sind. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die vertragliche Bezugnahme auf alle mehrere Tarifverträge einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht standhielte (BAG v. 13.03.2013 – 5 AZR 954/11 – a.a.O.).

2.1.2.3 Ein etwaiges Vertrauen der Verleiher in die Tariffähigkeit der CGZP ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht geschützt (vgl. BAG 13.03.2013 – 5 AZR 954/11 – a.a.O; 5 AZR 242/12 –juris). Das Bundesarbeitsgericht begründet dies damit, dass die Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP nicht mit einer Rechtsprechungsänderung verbunden war. Weder das Bundesarbeitsgericht noch Instanzgerichte hätten in dem dafür nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 iVm. § 97 ArbGG vorgesehenen Verfahren jemals die Tariffähigkeit der CGZP festgestellt. Die bloße Erwartung, das Bundesarbeitsgericht werde eine von ihm noch nicht geklärte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne, etwa entsprechend im Schrifttum geäußerter Auffassungen, entscheiden, könne einen Vertrauenstatbestand nicht begründen. Die Tariffähigkeit der CGZP sei bereits nach deren ersten Tarifvertragsabschluss im Jahre 2003 in Frage gestellt und öffentlich diskutiert worden (vgl. Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 107 ff. mwN). Wenn ein Verleiher gleichwohl zur Vermeidung einer Gleichbehandlung der Leiharbeitnehmer von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge arbeitsvertraglich vereinbart habe, bevor die dazu allein berufenen Gerichte für Arbeitssachen über deren Tariffähigkeit befunden hatten, sei er ein Risiko eingegangen, das sich durch die rechtskräftigen Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP realisiert hat (BAG 13.03.2013 – 5 AZR 242/12 - juris).

Dieser Auffassung schließt sich das Berufungsgericht an. Für den Streitfall folgt daraus, dass sich auch die Beklagte nicht auf einen Vertrauenstatbestand in Bezug auf die Wirksamkeit der von der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge berufen kann.

2.1.2.4 Der von der Beklagten beantragten Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens beim EUGH bedurfte es nicht. Europarecht ist hier nicht tangiert. Bei der Frage der Tariffähigkeit einer Gewerkschaft und der Rechtsfolgen fehlender Tariffähigkeit geht es nicht um die Auslegung des Vertrages (Art. 267 AEUV). Der europarechtliche Bezug wird auch nicht dadurch hergestellt, dass sich diese Frage im Kontext einer Richtlinie und deren Umsetzung stellt.

2.2 Der Kläger hat aus § 10 Abs. 4 AÜG für den Zeitraum Dezember 2007 bis April 2010 noch einen Anspruch auf Arbeitsentgelt in Höhe von 33.772,53 EUR brutto sowie auf die Sonderzuwendung für 2008 in Höhe der von ihm beanspruchten 843,51 EUR. Darüber hinausgehende Ansprüche bestehen nicht.

2.2.1 Der Anspruch des Klägers auf equal pay richtet sich auf die Differenz zwischen der ihm gezahlten Vergütung und einer Vergütung nach der Entgeltgruppe 6 H des ETV der Metall- und Elektroindustrie Berlin-Brandenburg, Tarifgebiet I. Ein mit dem Kläger vergleichbarer Arbeitnehmer der Streitverkündeten wäre nach dieser Entgeltgruppe zu vergüten.

2.2.1.1 Die Entleiherin vergütet die bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer nach den einschlägigen Tarifverträgen der Metall- und Elektroindustrie Berlin-Brandenburg, Tarifgebiet I. Dies hat der Kläger mit der Auskunft der Entleiherin schlüssig dargetan. Dort hat die Entleiherin darauf verwiesen, dass sie als Mitglied im Arbeitgeberverband an diese Tarifverträge gebunden sei und die Vergütung entsprechend vornehme. Diesem Vortrag ist die Beklagte nicht hinreichend entgegen getreten. Auf ihr Bestreiten der Mitgliedschaft der Verleiherin im VME kam es ebenso wenig an, wie auf die Frage der Wirksamkeit der angewendeten Tarifverträge. Für den Vergütungsanspruch nach § 10 Abs. 4 AÜG maßgeblich ist allein, welche Vergütung ein vergleichbarer Arbeitnehmerin bei der Entleiherin erhalten hätte. Ob die Entleiherin dabei ein allgemeines Vergütungsschema in Anwendung bringt, weil sie daran gebunden ist oder meint, daran gebunden zu sein, ist für den Vergleichsmaßstab irrelevant. Insofern können auch die von der Beklagten erhobenen Einwände hinsichtlich der Zuständigkeit des Arbeitgeberverbandes oder der Wirksamkeit dieser Tarifverträge dahinstehen.

Der Betrieb der Entleiherin liegt im Tarifgebiet I.

2.2.1.2 Ein mit dem Kläger vergleichbarer Arbeitnehmer erzielt bei der Entleiherin ein Arbeitsentgelt nach der Entgeltgruppe 6 H des Manteltarifvertrages für die Metall- und Elektroindustrie Berlin-Brandenburg, Tarifgebiet I. Auch insoweit ist der Kläger mit der Auskunft der Entleiherin seiner Darlegungslast zunächst nachgekommen.

2.2.1.2.1 Nach der Rechtsprechung des BAG (vgl. z.B. (BAG, Urteil vom 13. März 2013 – 5 AZR 294/12 –, juris), der sich das Berufungsgericht anschließt, genügt der Leiharbeitnehmer zunächst der ihm obliegenden Darlegungslast für die Höhe des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt, wenn er sich auf eine ihm nach § 13 AÜG erteilte Auskunft beruft und diese in den Prozess einführt. Das Bundesarbeitsgericht begründet dies damit, dass die die - ordnungsgemäße - Auskunft des Entleihers über das einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer gewährte Arbeitsentgelt das gesetzlich vorgesehene Mittel ist, das dem Leiharbeitnehmer ermöglichen soll, die Einhaltung des Gebots der Gleichbehandlung zu überprüfen und die Höhe des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG zu berechnen (vgl. BT-Drucks. 15/25 S. 39; Brors in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 13 Rn. 1 mwN). Es obliegt sodann im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast dem Verleiher, die maßgeblichen Umstände der Auskunft in erheblicher Art und im Einzelnen zu bestreiten. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gilt der Inhalt der vom Leiharbeitnehmer vorgetragenen Auskunft als zugestanden (BAG, Urteil vom 13. März 2013 – 5 AZR 294/12 –, juris).

2.2.1.2.2 Die Entleiherin hat in ihrem Schreiben vom 18. Mai 2011 (Bl. 125 d.A.) in Bezug auf den Kläger ausgeführt, Mitarbeiter mit vergleichbaren Tätigkeiten wie die des Klägers, seien in die Entgeltgruppe 6 eingestuft und erhielten entsprechend in den ersten 6 Monaten Entgelt nach E 6 E, danach E 6 H. Dies hat die Beklagte nicht substantiiert bestritten. Soweit die Beklagte für ihr Bestreiten auf die weiteren Schreiben der Entleiherin vom 22.09.2011 (Bl. 237 d.a.) und vom 30.11.2011 (Bl. 240 d.A.) Bezug nimmt, ist dort gerade keine Korrektur der zuvor erteilten Auskunft enthalten. Vielmehr weist die Streitverkündeten in ihrem Schreiben vom 22.09.2011 in Bezug auf den Kläger gerade darauf hin, dass dieser eine höherwertige Tätigkeit ausgeübt habe, als die Mitarbeiter in der Fertigung. Die Mitarbeiter in der Fertigung wurden aber nach der Auskunft der Entleiherin schon nach der Entgeltgruppe E 3 vergütet. Nur zur Bestätigung dieser Einschätzung verweist die Streitverkündete auf den zwischen ihr und der Beklagten vereinbarten Verrechnungssatz. Soweit in dem Schreiben davon die Rede ist, die Tätigkeit des Klägers habe sich im Laufe der Zeit geändert, kann dahinstehen, ob möglicherweise erst diese Änderung den Anspruch auf E 6 begründen könnte. Dazu hätte die Beklagte ihrerseits näher darlegen müssen, zu welchem Zeitpunkt sich die Tätigkeit des Klägers geändert haben soll. Auch das spätere Schreiben rückt von der Entgeltgruppe 6 H nicht ab, sondern enthält nur Angaben dazu, die Tätigkeit des Klägers sei nicht vollständig deckungsgleich mit der eines Metallografen. Da aber in der Entgeltgruppe 6 nicht nur Metallografen eingruppiert sind, steht dies der Darlegung des Klägers nicht entgegen.

2.2.1.3 Der Einwand der Beklagten, die Entleiherin beschäftige keine vergleichbaren Arbeitnehmer, ist unbeachtlich. Der Anspruch nach § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG setzt nicht stets voraus, dass während der Überlassung auch tatsächlich vergleichbare Stammarbeitnehmer beschäftigt sind (BAG v. 13. März 2013 – 5 AZR 294/12 –, juris). Wendet der Entleiher in seinem Betrieb ein allgemeines Entgeltschema an, kann auf die fiktive Eingruppierung des Leiharbeitnehmers in dieses Entgeltschema abgestellt werden. Maßstab ist in diesem Falle das Arbeitsentgelt, das der Leiharbeitnehmer erhalten hätte, wenn er für die gleiche Tätigkeit beim Entleiher eingestellt worden wäre (BAG v. 13. März 2013 – 5 AZR 294/12 –, juris mwN). So lagen die Dinge im Streitfall. Die Entleiherin wendet nach ihrer Auskunft während des streitgegenständlichen Zeitraums ein allgemeines Entgeltschema an, nämlich die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie. Nach diesen bestimmt sich die Vergütung der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer. Auf diese kann auch für die fiktive Vergütung des Klägers abgestellt werden.

2.2.1.4 Unbeachtlich war auch der Einwand der Beklagten, mit einer Tätigkeit nach Entgeltgruppe 6 habe die Entleiherin den Kläger höherwertig eingesetzt als dies nach dem Überlassungsvertrag vereinbart gewesen wäre. Maßgeblich für den equal-pay-Anspruch ist allein, ob der Kläger, wenn er bei der Entleiherin eingestellt worden wäre, einen Anspruch auf Vergütung nach der geltend gemachte Vergütungsgruppe gehabt hätte. Dies wäre nach den Regelungen des ERA-TV die Vergütungsgruppe, die der auf Dauer übertragenen Tätigkeit entsprochen hätte. Nach § 3.1 Abs. 2 ERA-TV ist für die Eingruppierung allein maßgeblich die übertragene Tätigkeit. Bei einer auf Dauer übertragenen höherwertigen Tätigkeit hat der Beschäftigte Anspruch auf entsprechende Eingruppierung (§ 3.2.5 des ERA-TV). Damit kommt es nach den im Entleiherbetrieb maßgeblichen tariflichen Regelungen weder auf die zwischen den Parteien vereinbarte Tätigkeit noch auf die Vereinbarungen zwischen Entleiher und Verleiher zur Tätigkeit an. Soweit sich die Entleiherin vertragswidrig verhalten haben sollte, betrifft dies allein das Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und ihr.

2.2.2. Der Anspruch des Klägers auf Gewährung des gleichen Arbeitsentgelts gemäß § 10 Abs. 4, § 9 Nr. 2 AÜG besteht während des gesamten streitgegenständlichen Zeitraums. Der Kläger wurde in diesem Zeitraum ohne Unterbrechung der Streithelferin zur Verfügung gestellt, um dort unter ihrer Aufsicht und Leitung zu arbeiten, wie dies auch schon in den Arbeitsverträgen vorgesehen war. Der Anspruch wird nicht durch Feiertage sowie Urlaubs- und Krankheitszeiträume unterbrochen. Abgesehen davon, dass einer Minderung des Anspruchs die gesetzlichen Regelungen der §§ 2 Abs. 1, 4 Abs. 1 EFZG sowie § 11 BUrlG entgegenstünde, war der der Überlassung zugrunde liegende Vertrag zwischen der Beklagten und der Streitverkündeten nicht auf die tatsächlichen Einsätze des Klägers befristet.

2.2.3 Bei der Berechnung der dem Kläger zustehenden Differenz ging das Berufungsgericht von den von der Beklagten selbst monatlich abgerechneten Stunden aus. Soweit die Beklagte erstinstanzlich Abweichungen geltend gemacht hat, ergaben sich diese aus Feiertagen, Urlaubs- und Krankheitszeiten, die – wie oben ausgeführt – dem Anspruch nicht entgegenstehen. Die abgerechneten Stunden werden von der Beklagten nicht in Frage gestellt. Die Beklagte bestreitet insoweit nur die Vergütungspflicht. Soweit Stunden in den Abrechnungen dem Arbeitszeitkonto zugeführt wurden, waren diese im Monat der Arbeitsleistung mit dem dann gültigen Tariflohn für die Berechnung anzusetzen, da der equal-pay-Anspruch mit der Arbeitsleistung entsteht. Soweit Stunden für Gleittage oder Auszahlung aus dem Arbeitszeitkonto entnommen wurden, waren diese nicht erneut mit einer Differenz in Ansatz zu bringen. Diese Stunden sind bereits im Monat der Arbeitsleistung in die Berechnung eingeflossen. Allerdings mussten insoweit die von der Beklagten geleisteten Zahlungen in den Gesamtvergleich einfließen.

2.2.4 Im Dezember 2007 hätte dem Kläger bei der Entleiherin nach den maßgeblichen Tarifverträgen der Metall- und Elektroindustrie ein Stundenlohn nach der E 6 E in Höhe von 15,37 EUR zugestanden, da er zu diesem Zeitpunkt noch keine 6 Monate tätig war. Von Januar 2008 bis Mai 2008 betrug der Stundenlohn in der dann erreichten Hauptstufe 15,62 EUR, von Juni 2008 bis Januar 2009 15,89 EUR, von Februar 2009 bis April 2009 16,22 EUR und ab Mai 2009 16,56 EUR. Soweit der Kläger schon für Januar 2009 die höhere Stundenvergütung in Ansatz bringt, war die Klage insoweit abzuweisen.

Im Überlassungszeitraum liegende Feiertage und Krankheitstage waren nach dem Lohnausfallprinzip (§§ §§ 2 Abs. 1, 4 Abs. 1 EFZG) zu vergüten. Dies galt auch für Zeiten des Urlaubs, da der bei der Entleiherin zur Anwendung kommende Urlaubstarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie eine Berechnung des Urlaubsentgelts nach Maßgabe des ausgefallenen Stundenverdienstes vorsieht und insoweit in zulässiger Weise von § 11 BurlG abweicht.

Dem sich daraus ergebenden Anspruch des Klägers waren die tatsächlichen Zahlungen der Beklagten gegenüberzustellen, allerdings ohne die dem Kläger in den Monaten April Juli, August 2008 und März 2009 gezahlten Überstundenzuschläge in Höhe von insgesamt 100,47. Diese stünden dem Kläger auch nach dem Tarifvertrag zu, ohne dass sie in seine Berechnung eingeflossen sind und können daher auch nicht im Rahmen des Gesamtvergleichs den weitergehenden Anspruch des Klägers mindern. Dies ergibt folgende Berechnung:

Monat 

Stunden

Anspruch nach dem Tarifvertrag

Tatsächliche Zahlung

12/07 

156,48

2405,10

1176,00

1/08   

163,67

2556,53

1288,00

2/08   

151,48

2366,12

1176,00

3/08   

152,77

2386,27

1176,00

4/08   

192,70

3009,97

1407,00

5/08   

166,25

2596,83

1658.00

6/08   

154,05

2448,49

1232,72

7/08   

192,22

3054,38

1554,20

8/08   

177,83

2825,72

1608,97

9/08   

138,31

2197,74

1340,33

10/08 

155,33

2468,19

1366,90

11/08 

138,22

2196,32

1216,34

12/08 

156,27

2483,13

1416,80

1/09   

161,62

2568,14

1355,20

2/09   

152,25

2469,50

1232,00

3/09   

146,75

2383,29

1305,00

4/09   

156,17

2533,38

1355,20

5/09   

134,88

2233,61

1186,94

6,09   

141,67

2345,39

1308,78

7/09   

152,93

2532,52

1400,50

8/09   

147,47

2442,10

1239,11

9/09   

143,97

2384,14

1235,02

10/09 

133,50

2210,76

1257,54

11/09 

154,18

2558,19

1308,10

12/09 

172,62

2858,59

1173,54

1/10   

127,93

2118,52

1057,99

2/10   

123,77

2049,63

1313,36

3/10   

153,27

2538,15

1360,64

4/10   

141,42

2341,92

1180,57

Summe 

        

71.562,62

37.886,75 abzüglich Überstundenzuschläge von 100,47 EUR

2.2.4 Außerdem hat der Kläger einen Anspruch auf Zahlung der tariflichen Sonderzuwendung für 2008 in Höhe des geltend gemachten Betrages von 843,14 EUR. Eine solche wäre ihm nämlich von der Entleiherin zu zahlen gewesen, wenn das Arbeitsverhältnis zu ihr bestanden hätte. Nach § 2.1 des Tarifvertrags über betriebliche Sonderzahlungen der Metall- und Elektroindustrie in Berlin-Brandenburg Tarifgebiet I vom 7.1.1997 haben Arbeitnehmer, die jeweils am Auszahlungstag in einem Arbeitsverhältnis stehen und zu diesem Zeitpunkt dem Betrieb ununterbrochen 6 Monate angehört haben, je Kalenderjahr einen Anspruch auf betriebliche Sonderzahlung. Da der Kläger im Auszahlungszeitpunkt 2008, nämlich am 1.12.2008 (§ 3.2) mehr als 12 Monate beschäftigt war, betrug die Sonderzahlung 35% eines Monatsverdienstes.

2.2.5 Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Sonderzuwendung für 2007 besteht hingegen nicht. Der Kläger war im maßgeblichen Zeitpunkt am 1.12.2007 noch keine 6 Monate beschäftigt. Eine Sonderzahlung für andere Zeiträume ist nicht Streitgegenstand des Verfahrens.

Auch hat der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung der von ihm geltend gemachten Leistungszulage. Der Kläger hat nicht dargetan, dass ein vergleichbarer Arbeitnehmer bei der Entleiherin eine solche Leistungszulage erhalten hätte.

2.3 Der Anspruch des Klägers auf gleiches Arbeitsentgelt ist nicht verfallen.

2.3.1 Der Kläger musste die Ausschlussfristen aus den unwirksamen Tarifverträgen der CGZP nicht wahren. Die Ausschlussfristenregelung in einem unwirksamen CGZP-Tarifvertrag ist nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden. Die Arbeitsvertragsparteien sind zwar grundsätzlich frei, ein kollektives Regelwerk in Bezug zu nehmen, ohne dass es auf dessen normative Wirksamkeit ankommt. Eine derartige Abrede scheidet jedoch aus, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, nur ein wirksamer Tarifvertrag habe vereinbart werden sollen (BAG BAG v. 13.03.2013 – 5 AZR 954/11 – a.a.O; v. 14. Dezember 2011 - 4 AZR 26/10 - Rn. 43). Das ist vorliegend aber der Fall, da die Beklagte als Klauselverwenderin nur mit einer Bezugnahme auf einen wirksamen Tarifvertrag den Zweck der Bezugnahme - das Abweichen vom Gebot der Gleichbehandlung nach § 9 Nr. 2 AÜG – erreichen konnte.

2.3.2 Es kann dahinstehen, ob die in beiden Verträgen unter Punkt 1 k enthaltene vorsorgliche Fristenregelung als eigenständige vertragliche Ausschlussfrist auszulegen wäre. Gegen eine eigenständige Regelung spricht die bloße Ersetzung der tariflichen Fristen durch längere vertragliche Fristen. Als vertragliche Regelung einer Ausschlussfrist hält Nr. 1 k einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht stand.

2.3.2.1 Nr 1 k ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1, § 310 Abs. 4 Nr 1 BGB). Die Klausel ist nach dem Erscheinungsbild und der Verwendung in den verschiedenen Verträgen des Klägers von der Beklagten für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert und dem Kläger einseitig gestellt worden. Anhaltspunkte dafür, dass die Klausel zwischen den Parteien „ausgehandelt“ iSv. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB wurde, liegen nicht vor.

2.3.2.2 Als Ausschlussfrist benachteiligt die Klausel den Kläger unangemessen entgegen dem Gebot von Treu und Glauben (§ 307 Abs. 1 BGB). Sie ist zum einen nicht hinreichend transparent, zum anderen einseitig auf die Geltendmachung der Ansprüche des Arbeitnehmers beschränkt.

2.3.2.2.1 Mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. z.B BAG v. 13.03.2013 – 5 AZR 954/11 – a.a.O. mwN) ist davon auszugehen, dass bei Klauseln, die vertragliche Ausschlussfristen regeln, für den Arbeitnehmer erkennbar sein muss, was „auf ihn zukommt“: Es muss aus der Klausel ersichtlich sein, welche Rechtsfolge der Arbeitnehmer zu gewärtigen und was er zu tun hat, um diese Rechtsfolge zu verhindern (BAG v. 31. August 2005 – 5 AZR 545/04 –, BAGE 115, 372-386). Wegen der weitreichenden Folgen von Ausschlussfristen erfordert das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) regelmäßig einen Hinweis auf die Rechtsfolge des Verfalls der Ansprüche bei nicht fristgerechter Geltendmachung (BAG v. 31. August 2005 – 5 AZR 545/04 –, BAGE 115, 372-386; Reinecke BB 2005, 378, 379).

2.3.2.2.2 Einen solchen Hinweis auf die Rechtsfolge einer nicht rechtzeitigen Geltendmachung enthalten die Arbeitsverträge nicht. In Nr 1 k der Arbeitsverträge ist der Verfall der Ansprüche bei nicht rechtzeitiger Geltendmachung nicht ausdrücklich geregelt. Nr. 1 k Satz 2 enthält nur einen Hinweis darauf, dass die Geltendmachung von Ansprüchen nur innerhalb der tariflichen Fristen möglich sei, Satz 3 sieht lediglich vor, dass bei Unwirksamkeit dieser Regelung die Ansprüche innerhalb von 6 Monaten nach Kenntnis von ihrem Entstehen geltend gemacht werden müssen. Die Rechtsfolge des Verfalls der Ansprüche kann auch nicht den Umständen und insbesondere nicht dem äußeren Erscheinungsbild der Bestimmung entnommen werden. Zwar kann die optische Hervorhebung solcher Klauseln durch die Überschrift “Ausschlussfrist” einem verständigen Arbeitnehmer verdeutlichen, dass die Ansprüche bei nicht rechtzeitiger Geltendmachung erlöschen (vgl. BAG v. 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - NZA 2005, 1111). Eine solche Hervorhebung ist hier jedoch nicht erfolgt. Die Klausel findet sich unter der Überschrift „Vertragsgrundlagen“ und dort am Ende in einem Passus, in dem in erster Linie die Nachprüfungspflicht des Arbeitnehmers in Bezug auf die Lohn- und Gehaltsabrechnungen vorgesehen ist. Zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass sich die von der Beklagten herangezogene Rechtsfolge des Verfalls von Ansprüchen nur aus einem Rückgriff auf die Regelungen des unwirksamen Tarifvertrages ergeben kann. Einem solchen Rückgriff steht indes die Unwirksamkeit und daraus folgend die Unbeachtlichkeit der tariflichen Regelungen entgegen.

2.3.2.2.3 Die Fristenregelung in Nr 1 k des Arbeitsvertrages erfasst zudem nur Ansprüche des Klägers, wie sich aus einer an §§ 157, 133 BGB orientierten Auslegung der Regelung ergibt. In Satz 1 dieser Regelung sind zunächst die Nachprüfungspflichten des Arbeitnehmers in Bezug auf die Lohn- und Gehaltsabrechnung geregelt. In unmittelbarem Zusammenhang damit verweist die Beklagte dann für die Geltendmachung von Ansprüchen auf die tariflichen Fristen. Auch wenn es heißt „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ folgt aus dem engen Regelungszusammenhang, dass damit die sich aus der Prüfung der Lohn- und Gehaltsabrechnung ergebenden Ansprüche des Arbeitnehmers erfasst sein sollen. Weder ist Satz 2 und 3 durch einen Absatz getrennt von der Nachprüfungspflicht, noch ist ein Hinweis darauf enthalten, dass die Fristen für beide Seiten gelten sollen.

Eine solche formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, da die Beklagte missbräuchlich versucht, mit einer solchen einseitigen Ausschlussfrist ihre eigenen Interessen an einer raschen Klärung offener Ansprüche ohne angemessenen Ausgleich durchzusetzen.

Die durch die Klausel bewirkte Benachteiligung des Arbeitnehmers ist sachlich nicht zu begründen. Es ist nicht ersichtlich, dass für den Beklagten die Anspruchsdurchsetzung schwerer möglich ist als für den Arbeitnehmer. Die einseitig den Arbeitnehmer treffende Erschwerung der Durchsetzung von Ansprüchen widersprechen einer ausgewogenen Vertragsgestaltung (BAG v. 31.08.2005 – 5 AZR 545/04 – a.a.O.).

2.3.2.3 Haben die Parteien aber Ausschlussfristen nicht wirksam vereinbart, konnten die Ansprüche des Klägers nicht vor Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfristen untergehen. Im Berufungsverfahren sind indes nur noch die Ansprüche zwischen den Parteien im Streit, die nicht verjährt waren.

2.4 Aus diesen Gründen standen dem Kläger im Ergebnis noch insgesamt 34.616,04 Euro zu. Die Zinsentscheidung folgt aus den §§ 288, 286 BGB, wobei vom vertraglich vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt auszugehen war. Die weitergehende Klage war abzuweisen.

2.5 Entsprechend des Obsiegens bzw. Unterliegens waren die Kosten des Rechtsstreits zu verteilen (§ 92 ZPO). Die Kostenentscheidung in Bezug auf die Streithelferin folgt aus § 101 ZPO. Dabei fiel die Berufungsrücknahme der Streithelferin nicht ins Gewicht, da ihre Berufung und die Berufung der Beklagten als einheitliches Rechtsmittel anzusehen ist (Zöller ZPO vor § 511 Rz. 24).

2.6 Die Zulassung der Revision kam nicht in Betracht, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen.