Gericht | OLG Brandenburg 7. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 07.11.2011 | |
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Aktenzeichen | 7 Wx 5/11 | ECLI | ECLI:DE:OLGBB:2011:1107.7WX5.11.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die weitere Beschwerde des Beschwerdeführers vom 4. Februar 2011 werden der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 27. Dezember 2010 abgeändert und die Kostenrechnung des Beschwerdegegners zu UR-Nr. … vom … März 2009 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
§§ 36 II, 144 I KostO | Beurkundung des Vertrages | € 247,80 |
§§ 146 I 1, 8 KostO | Vorschuss für den Vollzug | € 88,50 |
§§ 152 I, 136 I, II, IV KostO | Dokumentenpauschale | € 32,50 |
§§ 152 II, 137 I 2 KostO | Pauschale für Post und Telefon | € 12,34 |
Gesamtsumme netto | € 381,14 | |
§ 151a KostO | 19 % Umsatzsteuer | € 72,42 |
Rechnungsbetrag | € 453,56 |
Der Beschwerdegegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf € 16.600,31 festgesetzt.
I.
Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Kostenrechnung des Beschwerdegegners zu UR-Nr. … vom … März 2009.
Der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers, der Wasserverband … (Bl. 15 d.A.), errichtete in den Jahren 1992 bis 1994 auf einem Grundstück der Gemeinde X, Grundbuch von … Blatt …, Flur …, Flurstück …, eine Abwasserbehandlungsanlage (Klärwerk) im Wert von € 3.595,835,00. Der Grundstückswert beträgt € 73.065,00. Die Gemeinde X gehörte dem Wasserverband … mit Sitz in X an (Bl. 208R d.A.). Im Rahmen einer Gemeindebetriebsreform wurde sie der Gemeinde Y zugeordnet, die ihrerseits dem Beschwerdeführer angehört (Bl. 16 d.A.).
Bereits am …. Januar 1996 beschloss die Gemeindevertretung X das Grundstück an den Wasser- und Abwasserverband zu veräußern (Bl. 23 d.A.), ließ dies zunächst aber nicht notariell beurkunden. Erst der Beschwerdegegner beurkundete am 22. Oktober 2008 die unentgeltliche Übertragung des Grundstücks von der Gemeinde Y auf den Beschwerdeführer (Bl. 6 d.A.).
Der Beschwerdegegner ging von einem Geschäftswert von € 3.668.900,00 entsprechend dem Wert von Abwasserbehandlungsanlage und Grundstück aus und berechnete am … März 2009 für die Beurkundung nach §§ 36 Abs. 2, 146 Abs. 1, 152 Abs. 1 und 2, 136 Abs. 1, 2 und 4, 137 Abs. 1, 151a KostO insgesamt € 16.600,31 (Bl. 19 d.A.).
Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Notarkostenbeschwerde vom 24. März 2009 und macht geltend, der Geschäftswert bemesse sich gemäß § 20 Abs. 1 S. 2 KostO allein nach dem Grundstückswert. Der Wasserverband … habe die Abwasserbehandlungsanlage in Erwartung der Grundstücksübertragung errichtet. Außerdem seien die Gebühren nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KostO zu ermäßigen. Er sei als Zweckverband gemeinnützig tätig und deshalb privilegiert.
Der Beschwerdegegner macht demgegenüber geltend: Seine Gebühren seien nach dem vollen Wert des Grundstücks einschließlich der Abwasserbehandlungsanlage angefallen. Der Beschwerdeführer habe zum Zeitpunkt der Errichtung der Anlage nicht damit rechnen können, die Gemeinde Y werde das Grundstück übertragen. Diese habe darüber erst im Jahr 1996 entschieden. Ferner sei der Beschwerdeführer als Wirtschaftsunternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht nicht nach § 144 Abs. 1 KostO privilegiert.
Das Landgericht Cottbus hat die Beschwerde durch Beschluss vom 27. Dezember 2010 zurückgewiesen und die weitere Beschwerde zugelassen. Der Beschluss wurde dem Beschwerdeführer am 10. Januar 2011 zugestellt. Mit seiner Beschwerde vom 4. Februar 2011 beantragt er, den Beschluss des Landgerichts sowie die Notarkostenrechnung vom … März 2009 aufzuheben.
II.
1.
Für das Beschwerdeverfahren gelten die Vorschriften des FGG. Da der Beschwerdeführer bereits im März 2009 Beschwerde eingelegt hat, ist nach Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG das vor Inkrafttreten des FamFG am 1. September 2009 geltende Recht anwendbar. Dies gilt auch für das Rechtsmittelverfahren (vgl. Pabst in MünchKom., FamFG, Art. 111 FGG-RG, Rn.16).
Die weitere Beschwerde ist nach § 156 Abs. 2 KostO a.F., § § 27 Abs. 1 S. 1 FGG zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerechte innerhalb der Notfrist von einem Monat aus § 156 Abs. 2 KostO a.F. eingelegt worden.
Grundlage des Beschwerdeverfahrens ist allein die Notarkostenrechnung vom … März 2009 (Bl. 19 d.A.), nachdem der Beschwerdegegner seine Forderung aus der früheren Rechnung vom 8. Januar 2009 (Bl. 18 d.A.) nicht weiterverfolgt (Bl. 58 d.A.).
2.
In der Sache ist die weitere Beschwerde begründet. Gebühren des Beschwerdegegners sind lediglich nach einem Geschäftswert von € 73.065,00 und nach § 144 Abs. 1 KostO ermäßigt zu berechnen.
a)
Der Gegenstandswert bemisst sich allein nach dem Wert des Grundstücks, das übertragen werden soll. Zu Unrecht hat der Beschwerdegegner die Baukosten der Abwasserbehandlungsanlage in den Gegenstandswert eingerechnet.
Beim Kauf eines Grundstücks bleibt nach § 20 Abs. 1 S. 2 KostO eine für Rechnung des Erwerbers vorgenommene Bebauung bei der Ermittlung des Werts außer Betracht. So liegt der Fall hier.
Der Wasserverband … als Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers errichtete die Abwasserbehandlungsanlage in eigenem Interesse zur Aufgabenerfüllung seines Zweckverbandes. Grundsätzlich obliegt nach §§ 66 Abs. 1 S. 1, 55, 56 BbgWHG den Gemeinden, das auf ihrem Gebiet anfallende Abwasser zu beseitigen und die dazu notwendigen Abwasseranlagen zu betreiben. Diese Aufgabe wurde nach § 67 S.1 BbgWHG a.F. bzw. § 68 BbgWHG n.F., §§ 1 Abs. 1, 4 Abs. 1, 5, 6 des damals geltenden Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit im Land Brandenburg (GKG a.F., GVBl. I 1991, 685) auf den Wasserverband … übertragen, dem nach § 5 Abs. 1 seiner Satzung vom 21. Juni 2006 (Bl. 204 d.A.) die Ableitung und Beseitigung von Schmutzwasser sowie die Planung, Projektierung, Bau, Betrieb und Unterhaltung der erforderlichen Anlagen wie Einrichtungen oblag. Mit Errichtung der Abwasserbehandlungsanlage wollte der Wasserverband … diese Aufgabe erfüllen.
Die Satzung des Wasserverbandes … bestimmt zudem nach § 9 GKG a.F. i.V.m. § 7 der Satzung vom 21. Juni 1993, dass der Verband sein Verbandsunternehmen auf den zum Verbandsgebiet gehörenden öffentlichen Grundstücken durchführt und die Verbandsmitglieder verpflichtet sind, den Verband zur Sicherung dessen auf dem Eigentum des Mitliedes befindlichen Anlagen, Baulichkeiten usw. beschränkt dingliche Recht an den betreffenden Grundstücken kostenlos einzuräumen und die Eintragung in das jeweilige Grundbuch zu bewilligen.
Die Gemeinde Y wollte darüber hinaus, dass das gesamte Grundstück auf den Wasserverband … und später auf den Beschwerdeführer übertragen werde. Dies zeigen sowohl der Beschluss der Gemeindevertretung Y vom …. Januar 1996 (Bl. 23 d.A.) als auch ihr Vortrag im vorliegenden Verfahren (Bl. 132 d.A.). Sie hatte dagegen zu keinem Zeitpunkt die Vorstellung, die Abwasserbehandlungsanlage solle in ihr Eigentum übergehen.
b)
Ferner sind die Gebühren des Beschwerdegegners nach Maßgabe des § 144 Abs. 1 KostO zu ermäßigen.
Dem Beschwerdeführer steht gemäß § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KostO als Zweckverband der Gemeinden eine Ermäßigung zu, soweit die Angelegenheit nicht deren wirtschaftliche Unternehmen betrifft. Nach § 100 Abs. 1 GO liegt eine wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden und damit des Zweckverbandes nur vor, wenn die Dienstleistung mit der Absicht der Gewinnerzielung erbracht wird. Eine Gewinnerzielung ist vorliegend jedoch ausdrücklich ausgeschlossen. Der Zweckverband dient nach § 4 Abs. 6 seiner derzeit geltenden Satzung (Bl. 16 d.A.) dem öffentlichen Wohl und erfüllt seine Aufgabe ohne Gewinnabsicht. Seinen Finanzbedarf deckt er nach § 12 Abs. 1 der Satzung durch Benutzungsgebühren der Wassernehmer und Abwassereinleiter. Reichen diese nicht aus, so wird nach § 12 Abs. 2 der Satzung die von den Verbandsmitgliedern zu erbringende Umlage erhöht. Das veranschlagte Gebührenaufkommen soll dabei nach § 6 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) die voraussichtlichen Kosten der Anlage decken, aber nicht übersteigen. Eine vorübergehende Überschreitung der Kosten ist nach Nr. 3 der gemäß § 17 Abs. 2 KAG zu § 6 KAG ergangenen Verwaltungsvorschrift vom 28. Dezember 2010 unschädlich. Sie muss aber spätestens im übernächsten Kalkulationszeitrum ausgeglichen werden. Bewusst einkalkulierte Kostenüberdeckungen sind unzulässig und führen zur Rechtswidrigkeit des Gebührensatzes und im Ergebnis zur Nichtigkeit der Gebührensatzung.
Der Betrieb der Abwasserbehandlungsanlage wird nicht dadurch zum Wirtschaftsunternehmen, dass die Abwasserbeseitigung nach §§ 66 Abs. 1 S. 1, 67 S. 2 BbgWG auch Dritten übertragen oder der Betrieb gewinnbringend geführt werden könnte. Entscheidend ist, wie im konkreten Fall die Gebührenstruktur der Abwasserbeseitigung angelegt ist. Deckt sie – wie hier - im Interesse des Gemeinwohls allein die Kosten, handelt es sich um keine wirtschaftliche Betätigung im Sinne des § 100 Abs. 1 der Gemeindeordnung bzw. § 91 Abs. 1 der Kommunalverfassung vom 17. Dezember 2007 und dem Zweckverband kommt die Ermäßigung aus § 144 Abs. 1 KostO zu Gute. Ist in das Entgelt der Benutzer dagegen eine Gewinnmarge einberechnet, wie in dem von dem OLG Naumburg (NotBZ 2007, 220 f.) entschiedenen Fall, so ist von einem Wirtschaftsunternehmen auszugehen, dem die Ermäßigung nach § 144 Abs. 1 KostO nicht gebührt. Diese Differenzierung findet sich in dem Wortlauf des § 144 Abs. 1 KostO wieder, wonach die Ermäßigung Gemeinden nur zukommt, soweit sie nicht deren wirtschaftliche Unternehmen betreffen.
Ebenso wenig ist der Beschwerdeführer als Wirtschaftsunternehmen anzusehen, weil § 11 Abs. 1 der Satzung mit „Wirtschaftsführung und Rechnungswesen“ überschrieben ist und sie dazu auf den Abschnitt 2 der Verordnung über die Eigenbetriebe der Gemeinden verweist. Die Regelungen der Verordnung betreffen in erster Linie die Rechnungslegung, enthalten aber auch in § 24 Vorgaben für eine Gewinn- und Verlustrechnung. Ungeachtet dessen ist nicht davon auszugehen, dass mit diesem Verweis die Regelung in § 4 Abs. 6 der Satzung bezüglich der fehlenden Gewinnabsicht ins Gegenteil verkehrt werden sollte. Vielmehr sollen die Anforderungen an die interne Rechnungslegung ermöglichen festzustellen, ob die Gebühren ausreichen, im Falle eines Gewinns verringert und bei einem Verlust erhöht werden müssen. Die Regelungen zur Rechnungslegung ändern dagegen nicht den Charakter des Zweckverbandes in ein Wirtschaftsunternehmen (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 7. Oktober 2010, 5 Wx 65/10).
Ferner ist eine Gebührenermäßigung nicht nach § 144 Abs. 1 S. 3 KostO ausgeschlossen. Danach ermäßigen sich die Gebühren hinsichtlich des Erwerbs eines Grundstücks nicht, wenn auch nur eine teilweise Weiterveräußerung an einen nicht begünstigten Dritten beabsichtigt ist. Hierfür finden sich keine Anhaltspunkte. Die Beschwerdeführerin benötigt die Abwasserbehandlungsanlage nebst Grundstück zur Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben.
Ermäßigt werden allerdings nur die in § 144 Abs. 1 S. 1 KostO genannten Gebührentatbestände, d.h. die von dem Beschwerdeführer nach § 36 Abs. 2 KostO berechnete Gebühr.
c)
Ausgehend von einem Gegenstandswert von € 73.065,00 und einer Gebührenermäßigung nach § 144 Abs. 1 KostO ergibt sich folgender Gebührenanspruch des Beschwerdegegners:
Für die Beurkundung von Verträgen fällt nach § 36 Abs. 2 KostO die doppelte Gebühr aus § 32 Abs. 1 KostO in Verbindung mit der Anlage zu der Kostenordnung an. Bei einem Gegenstandswert von € 73.065,00 beträgt die einfache Gebühr € 177,00. Der Betrag ist nach § 144 Abs. 1 KostO um 30 % zu ermäßigen. Der Beschwerdegegner kann danach berechnen: 2 x € 177,00 = € 354,00 abzüglich 30 % = € 247,80.
Für den Vollzug kann der Beschwerdegegner nach § 8 KostO einen Vorschuss in Höhe der voraussichtlich anfallenden Vollzugsgebühr beanspruchen, die nach § 146 Abs. 1 S. 1 KostO eine halbe Gebühr = € 88,50 beträgt.
Die Dokumentenpauschale nach §§ 152 Abs. 1, 136 Abs. 1, 2 und 4 KostO hat der Beschwerdegegner unbestritten mit € 32,50 berechnet.
Dies gilt auch für die Auslagen für Post und Telefon nach §§ 152 Abs. 2, 137 Abs. 1 S. 2 KostO in Höhe von € 12,34.
Auf die Gebühren des Notars fällt unter den Voraussetzungen des § 151a KostO die Umsatzsteuer an. Anhaltspunkte für eine Ausnahme sind nicht ersichtlich.
Zusammengefasst ergibt sich daher folgende Gebührenrechnung des Beschwerdegegners:
§§ 36 II, 144 I KostO | Beurkundung des Vertrages | € 247,80 |
§§ 146 I 1, 8 KostO | Vorschuss für den Vollzug | € 88,50 |
§§ 152 I, 136 I, II, IV KostO | Dokumentenpauschale | € 32,50 |
§§ 152 II, 137 I 2 KostO | Pauschale für Post und Telefon | € 12,34 |
Gesamtsumme netto | € 381,14 | |
§ 151a KostO | 19 % Umsatzsteuer | € 72,42 |
Rechnungsbetrag | € 453,56 |
3.
Das Verfahren war nicht nach § 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof vorzulegen, da der Senat nicht von der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Naumburg abweicht. Der von dem Oberlandesgericht Naumburg entschiedene Fall betraf eine Abwasserbeseitigung, die als wirtschaftliche Betätigung mit Gewinnerzielungsabsicht organisiert war, und ist daher mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar.
4.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 a Abs. 1 FGG. Es entspricht der Billigkeit, dem Beschwerdegegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da er zu Unrecht eine überhöhte Gebührenforderung gestellt hat.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 156 Abs. 5, 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO a.F.