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Versammlungsverbot; Anordnung sofortiger Vollziehung; Gefahrenprognose; Begehung von Straftaten; vereinsrechtliches Betätigungsverbot; Zeigen verbotener Kennzeichen; PKK-Fahnen; Öcalan-Bilder; falsche Angaben zur Teilnehmerzahl bei Anmeldung und im Kooperationsgespräch; Aufzug; Kurdendemonstration; beabsichtigte Zweckentfremdung als Propagandaveranstaltung für die verbotene PKK


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 1. Senat Entscheidungsdatum 25.11.2011
Aktenzeichen OVG 1 S 187.11 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen Art 5 Abs 1 GG, Art 8 Abs 1 GG, § 15 VersammlG, § 9 Abs 2 VereinsG, § 20 Abs 1 S 1 Nr 4 VereinsG, § 20 Abs 1 S 1 Nr 5 VereinsG, § 20 Abs 1 S 2 VereinsG, § 80 Abs 5 VwGO

Leitsatz

1. Ergibt sich aus dem Ablauf einer kurz zuvor vom selben Veranstalter durchgeführten Veranstaltung und einer internen Unterlage dieses Veranstalters, dass er bei Anmeldung der Versammlung und im Kooperationsgespräch seine wahren Absichten hinsichtlich Teilnehmerzahl und Durchführung eines Aufzuges verschleiert, insbesondere nicht entsprechend dem angekündigten Motto gegen ein vereinsrechtliches Verbot demonstrieren möchte, sondern tatsächlich eine Propagandaveranstaltung unter Vorzeigen der Kennzeichen und Symbole eines im Inland einem Betätigungsverbot unterliegenden Vereins geplant ist, ist das Handeln nicht mehr vom Grundrecht der Versammlungsfreiheit gedeckt und kann - schon wegen der beabsichtigten Begehung von Straftaten gegen das Vereinsgesetz als unmittelbarer Gefahr für die öffentliche Sicherheit - verboten werden.

2. Zur Zulässigkeit der Verwendung von Öcalan-Bildern und den Fahnen der PKK und ihrer Unterorganisationen bei Versammlungen.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 22. November 2011 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Das Beschwerdevorbringen, anhand dessen die Begründung des angefochtenen Beschlusses zu überprüfen ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt eine Änderung der Entscheidung nicht.

Der Antragsteller meldete als Vorsitzender der F...e.V. ...(Y...e.V.) für den 26. November 2011 in der Zeit von 11.00 bis 20.00 Uhr einen Aufzug mit 10.000 Teilnehmern zu dem Thema „DEMOKRATIE STÄRKEN, PKK VERBOT AUFHEBEN, FREIHEIT für A. ÖCALAN und FRIEDEN in KURDISTAN“ mit der Wegstrecke vom Mehringplatz über die Stresemannstraße und den Potsdamer Platz zur Straße des 17. Juni zum Endplatz im Bereich zwischen Yitzhak-Rabin-Straße und Brandenburger Tor an. Neben diversen Aufbauten am Beendigungsort sollten mehrere Lautsprecherfahrzeuge sowie Transparente über das PKK-Verbot, Bilder von A. Öcalan und Devisen über aktuelle „Stationen“ in Kurdistan und „Nah-Osten“ mitgeführt werden. Der Polizeipräsident in Berlin verbot die Versammlung sowie jegliche Ersatzveranstaltung im November und Dezember 2011 nach Durchführung eines Kooperationsgesprächs am 7. Oktober 2011 mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 7. November 2011 und berief sich zur Begründung im Wesentlichen darauf, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit strafbare Verstöße gegen das Vereinsgesetz zu erwarten seien, indem entgegen § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 und Nr. 5 VereinsG dem Verbot der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zuwidergehandelt oder Kennzeichen der PKK verwendet würden, weil entgegen Anmeldung und Bekundungen des Antragstellers mit einem Missbrauch der Versammlung durch Ausgestaltung als Propagandaveranstaltung für die PKK zu rechnen sei. Die Gefahrenprognose beruhe zum einen auf den Erfahrungen der letzten drei Jahre hinsichtlich vergleichbarer Veranstaltungen um den 27. November, dem Gründungstag der PKK. Zum anderen finde sie ihre Begründung in dem Umstand, dass ein am 3. September 2011 vom Y... e.V. im Kölner Stadion veranstaltetes kurdisches Kulturfestival zu einer PKK-Propagandaveranstaltung umfunktioniert worden sei, bei der im Vorfeld vom Veranstalter 38.000 Plakate auf den Sitzplätzen verteilt worden seien, auf deren Vorder- bzw. Rückseite sich jeweils eine Abbildung der Fahne der ERNK (Nationale Befreiungsfront Kurdistans) bzw. der KCK (etwa Union der Gemeinschaften Kurdistans) befunden hätten. Zwar seien die Plakate mit dem Schriftzug „Verboten in der BRD. Dieses System ist verboten, warum?“ versehen gewesen. Dieser Zusatz sei jedoch kaum lesbar und nur aus ganz geringem Abstand erkennbar gewesen. Als Programmpunkt im Rahmen der Veranstaltung seien zudem kurdische Jugendliche mit verbotenen KCK-Fahnen, verbotenen ERNK-Fahnen und Fahnen mit einem Öcalan-Bildnis eingelaufen. Des Weiteren seien Propagandabeiträge auf dem Stadionbildschirm gezeigt worden, u.a. eine Rede des KCK-Vorsitzenden, der, gekleidet in einem Kampfanzug vor einem mit einer PKK-Fahne versehenen Rednerpult stehend, sich direkt an die Festival-Teilnehmer in Köln gewandt habe. Vergleichbares sei offenkundig auch bei dem verfahrensbefangenen Aufzug beabsichtigt, was sich aus einer Planungsunterlage des Organisationskomitees vom 5. Oktober 2011 ergebe, die im Rahmen einer Durchsuchung Anfang November aufgefunden worden sei. Darin werde u.a. ein Zusammenhang zum Gründungsdatum der PKK hergestellt. Zudem sollen 500 PKK-Fahnen und 400 Bilder von dem Führer Öcalan hergestellt und für die Teilnehmer vorgehalten werden. Auch würden nach dem Schreiben ca. 30.000 statt nur 10.000 Teilnehmer erwartet. Aus einem Internetaufruf ergebe sich ferner die wahre Intention der Veranstaltung, da darin u.a. die verbotene Fahne der CDK (Koordination der kurdischdemokratischen Gesellschaft in Europa) gezeigt werde. In der Gesamtschau sei eindeutig belegt, dass die Veranstaltung in der Tradition der Aufrechterhaltung der Aktivitäten der verbotenen PKK stehe.

Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des dagegen erhobenen Widerspruchs hat das Verwaltungsgericht mit der Begründung abgelehnt, dass die angefochtene Verbotsverfügung gemessen an den Anforderungen für ein Versammlungsverbot nach § 15 VersG voraussichtlich rechtmäßig sei. Denn die vom Antragsgegner ermittelten Planungen der Veranstalter, die im Vorfeld verbreiteten Aufrufe und die Erfahrung mit anderen Veranstaltungen des Antragstellers und der weiteren Mitorganisatoren ließen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die unmittelbare Gefahr schließen, dass aus der Versammlung heraus strafbare Verstöße gegen das VereinsG nicht nur von einer Minderheit der Teilnehmer begangen würden. Insbesondere die Ereignisse im Zusammenhang mit dem sog. Kulturfestival am 3. September 2011 in Köln und die aufgefundene Planungsunterlage von Anfang Oktober 2011 belegten besonders deutlich, dass hier die Prognose, dass die Veranstaltungsteilnehmer sich nicht rechtstreu verhalten werden, berechtigt sei. Der Antragsteller habe im Kooperationsgespräch am 7. Oktober 2011 hinsichtlich der Ereignisse anlässlich des vom Verein des Antragstellers veranstalteten sog. Kulturfestivals in Köln am 3. September 2011 ausgeführt, dass „Köln eine friedliche Veranstaltung ohne größere Verstöße“ gewesen sei. Dies zeige angesichts dessen, dass es sich bei der Veranstaltung in Köln ausgehend von den dort verteilten Propagandamaterialien und dem gesamten Programmablauf, der in einer Videoansprache des aktuellen KCK-Vorsitzenden gegipfelt hätte, um eine verbotene Propagandaveranstaltung zugunsten der PKK bzw. ihrer Nachfolgeorganisationen gehandelt habe, die vom Veranstalter auch als solche geplant gewesen sei. Für diese Bewertung sei unerheblich, dass die verteilten Fahnen relativierende Aufdrucke enthielten, da diese offenbar nur so unscheinbar angebracht gewesen seien, dass sie kaum sichtbar gewesen seien und die Wirkung der Fahnen für einen unvoreingenommenen Betrachter aus der Entfernung unverändert geblieben sei. Die Einschätzung des Antragstellers im Kooperationsgespräch zeige entweder mangelndes Unrechtsbewusstsein oder sei auf eine beabsichtigte Missachtung der Vorschriften des VereinsG zurückzuführen. In Verbindung mit der offensichtlich auf die streitbefangene Veranstaltung bezogenen Planungsunterlage vom 5. Oktober 2011, die zwar nur in einer rudimentären und zum Teil erkennbar mangelhaften Übersetzung vorliege, deren aus dieser Übersetzung erkennbarer Inhalt vom Antragsteller hinsichtlich der hier wesentlichen Punkte aber auch nicht in Abrede gestellt werde, sei ersichtlich, dass trotz offenkundiger Kenntnis der straf-, vereins- und versammlungsrechtlichen Normen und der dazu insbesondere im Hinblick auf die PKK und Herrn Öcalan ergangenen Rechtsprechung die Veranstalter geplant hätten, 500 PKK-Fahnen und 400 Poster mit dem Bildnis von Öcalan, insgesamt also 900 jedenfalls in diesem Ausmaß verbotene Materialien für den Aufzug herzustellen.Danach sei die Prognose, dass auch vorliegend eine ähnliche Gestaltung als PKK-Propaganda wie in Köln zu erwarten sei, gerechtfertigt. Die mit dem Verbot einhergehende Beschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) sei zulässig. Beim Zeigen von Bildern des inhaftierten PKK-Führers Öcalan und der Verwendung von Fahnen verbotener Organisationen der PKK handele es sich um eine Meinungsäußerung, der für einen unbefangenen Betrachter je nach Kontext eine unterschiedliche Bedeutung zukommen könne. Würden einheitliche Fahnen mit dem Konterfei Öcalans auf Demonstrationen in der massierten Form eines Fahnenmeers zur Schau gestellt, so handelte es sich aus der Sicht eines unbefangenen, aber informierten Betrachters um eine Werbung für die verbotene PKK. Öcalan sei noch immer Symbolfigur der PKK und deren Nachfolgeorganisationen und beteilige sich - zum Teil über seine Anwälte - aktiv an politischen Auseinandersetzungen. Vor diesem Hintergrund sei das massierte Zeigen von Öcalan-Fahnen bei summarischer Prüfung als nach § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 VereinsG strafbare öffentliche Verwendung eines Kennzeichens einer verbotenen Vereinigung anzusehen. Gleiches gelte für das massenhafte Zeigen von Fahnen verbotener kurdischer Organisationen, die in der Nachfolge der PKK stünden. Die Strafvorschrift des § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 VereinsG stelle nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 15. November 2001 - 1 BvR 2180/98 - NVwZ 2002, 711) eine zulässige Beschränkung der Meinungsfreiheit dar. Das Zeigen nur vereinzelter, unkriegerisch gestalteter Öcalan-Bilder oder derartiger Fahnen lasse dagegen nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer das Versammlungsthema in den Vordergrund treten, so dass selbst bei Mehrdeutigkeit der Meinungsäußerung den Versammlungsteilnehmern die nicht strafbare Sorge um das Wohl Öcalans und die Forderung nach Aufhebung des Verbots der PKK zu unterstellen wäre. Eine solche Zurückhaltung sei jedoch nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht zu erwarten, vielmehr seien die massenhafte Verwendung verbotener PKK-Symbole und massive Verstöße gegen die vereinsrechtliche Strafbestimmung zu befürchten. Mildere Mittel als das Verbot der Versammlung, insbesondere Auflagen, reichten zu Abwehr der unmittelbaren Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht aus. Es sei zweifelhaft, ob Auflagen überhaupt Beachtung bei der großen Zahl der Teilnehmer – nach der Planungsunterlage vom 5. Oktober 2011 gehe es entgegen der Anmeldung um die Mobilisierung von 30.000 Teilnehmern – fänden, nachdem schon der Antragsteller selbst, auf der Kölner Veranstaltung am 3. September 2011 angesprochen auf die verbotene Symbolik, sich nicht veranlasst und auch nicht in der Lage gesehen habe einzugreifen.

Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, diese von rechtlich zutreffenden, insbesondere der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschlüsse vom 6. Juni 2007 - 1 BvR 1423/07 - NJW 2007, 2167; vom 1. Mai 2001 - 1 BvQ 21/01 - NJW 2001, 2078; vom 14. Mai 1985 - 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 - NJW 1985, 2395) abgeleiteten Maßstäben ausgehende abgewogene rechtliche Beurteilung in Frage zu stellen.

Soweit der Antragsteller meint, auf die bei einer Durchsuchung Anfang November gefundene Planungsunterlage vom 5. Oktober 2011 dürfe nicht zurückgegriffen werden, weil davon nur eine rudimentäre und zum Teil erkennbar fehlerhafte Übersetzung vorliege, so lässt dies eine unzureichende Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Beschluss erkennen, denn dieser verkennt diesen Übersetzungsmangel nicht, sondern berücksichtigt ihn bei seiner Würdigung dieser Unterlage. Nach dem Stand des Beschwerdeverfahrens, in dem der Antragsgegner nunmehr eine vollständige Übersetzung beigebracht hat, kann es auf einen diesbezüglichen Mangel ohnehin nicht mehr ankommen. Weshalb diese Unterlage im Übrigen nicht in die Gefahrenprognose einzustellen sein sollte, wenn aus der vorliegenden Übersetzung jedenfalls die Erkenntnis gewonnen werden kann, dass es sich um eine Planungsunterlage für den konkret im Streit stehenden Aufzug handelt, erläutert die Beschwerde nicht. Der Senat hat daran – übereinstimmend mit der Vorinstanz – keine Zweifel, denn die Unterlage bezieht sich erkennbar nicht nur auf das Gründungsdatum der PKK, sondern auch auf die konkrete geplante „Zentralkundgebung“ am 26. November 2011 in Berlin. Sie lässt Insiderwissen erkennen, weil sie auch den Termin des nichtöffentlichen Kooperationsgesprächs beim Polizeipräsidenten erwähnt. Der Antragsteller muss sich daher gefallen lassen, wenn aus den in dieser Unterlage unstreitig angeführten Zahlen von PKK-Fahnen und Öcalan-Abbildungen der Schluss gezogen wird, dass diese auch tatsächlich bei der Veranstaltung eingesetzt werden sollen.

Der Einwand, dass der Antragsteller im Verfahren versichert habe, eine zahlenmäßige Begrenzung der Fahnen und Öcalan-Bildnisse, die mitgeführt werden sollen, akzeptieren zu wollen und aus der gefundenen Planungsunterlage nicht hervorgehe, wie die Fahnen im einzelnen, insbesondere ein auf das Verbot hinweisender Aufdruck („In Berlin verboten“) gestaltet sein sollen, vermag daran nichts durchgreifend zu verändern. Dieses Vorbringen übersieht, dass die Planungsunterlage zusätzliche Hinweise darauf gibt, dass der Antragsteller bei der Anmeldung der Versammlung und im Kooperationsgespräch über die Teilnehmerzahl, die mobilisiert werden soll, unrichtige Angaben gemacht hat, die sowohl für die Bemessung des zur Begleitung des Aufzuges erforderlichen Polizeiaufgebots als auch für die Anzahl der vom Veranstalter zu stellenden Ordner, mit denen er die Beachtung der vereinsrechtlichen Strafvorschriften sicherzustellen beabsichtigte, von Bedeutung waren. Die Beschwerde übersieht weiter, dass es nach der insoweit nicht zu beanstandenden Bewertung des Verwaltungsgerichts bei dem vom Antragsteller am 3. September 2011 in Köln veranstalteten „Kulturfestival“ zu einer geplanten Zurschaustellung verbotener Symbole gekommen ist und dieser Umstand wie auch der gesamte Verlauf dieser Veranstaltung die Schlussfolgerung zulässt, dass der Antragsteller von vornherein eine PKK-Propaganda-veranstaltung durchführen wollte und keine Veranlassung gesehen hat, Entsprechendes zu verhindern, als er von der Polizei auf das Zeigen verbotener Symbole und Zeichen der PKK und ihrer Unterorganisationen angesprochen wurde. Diese weiteren Bestandteile der Gefahrenprognose führen zu der Bewertung, dass die Hinnahme einer Auflage zur zahlenmäßigen Beschränkung von Fahnen und Bildnissen von Öcalan durch den Antragsteller keine Gewähr für deren Beachtung bietet, zumal auch die Zahl der gestellten Ordner bei einer angestrebten Verdreifachung der Teilnehmerzahl nicht ausreichend wäre, um die Beachtung einer solchen Auflage sicherzustellen. In diesem Licht sind auch die Äußerungen des als Versammlungsleiter in Aussicht genommenen Herrn E... im Kooperationsgespräch in die Gefahrenprognose einzubeziehen, mit denen er auf die hohe Emotionalität des Themas des PKK-Verbots hingewiesen habe und man nur mit der Zielsetzung eines friedlichen Verlaufs versuchen könne, durch Ordnereinsatz Verstöße hochgradig emotionalisierter Teilnehmer zu unterbinden; sie zielten offenbar nur darauf, einem auf mangelnden Willen und unzureichende Mittel des Versammlungsleiters, gegen das Zeigen von Emblemen, Symbolen, Abbildungen und Fahnen der verbotenen PKK einzuschreiten, gestützten Versammlungsverbot (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18. Juni 1999 – 1 S 1464/99 – VBlBW 1999, 462, juris Rn. 5) im Vorfeld zu entgehen.

Nicht nachvollziehbar sind die Ausführungen der Beschwerde zu dem Ansatz des Verwaltungsgerichts, dass das Zeigen nur vereinzelter unmartialischer Öcalan-Bildnisse als Meinungskundgabe im Rahmen des angekündigten Versammlungsmottos anders zu bewerten sei als das massierte Mitführen solcher Bilder und der verbotenen Fahnen der PKK-Organisationen. Sie verkennen, dass das Verwaltungsgericht insoweit bezogen auf Versammlungsmottos, die die Person Öcalans in den Vordergrund stellen, eine versammlungsfreundliche Position einnimmt, obwohl – auch für den Senat - nicht zweifelhaft ist, dass Öcalan-Bildnisse für dessen Rolle als Führer und maßgebliche Identifikationsfigur der PKK stehen können (vgl. dazu OVG Bremen, Beschluss vom 21. Februar 2011 – 1 A 227/09 – juris Rn. 10, Urteil vom 25. Oktober 2005 – 1 A 144/05 – NordÖR 2006, 165). Damit wird trotz der Symbolträchtigkeit entsprechender Bildnisse deren straflose Verwendung ermöglicht, nicht aber die allgemeine Zulässigkeit dieser Materialien als PKK-Propaganda angenommen. In Bezug auf die bekannten Fahnen der PKK und ihrer Unterorganisationen besteht allerdings kein Raum für derartige Betrachtungen, selbst wenn sich das vom Veranstalter selbst bestimmte Motto des Aufzuges gegen das Vereins- bzw. Betätigungsverbot richtet. Die Kundgabe von Meinungen unter einem solchen Motto kann und darf infolge des Straftatbestandes in § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und Satz 2 i.V.m § 9 Abs. 2 VereinsG nicht durch die Verwendung der Kennzeichen des von einem Betätigungsverbot betroffenen Vereins erfolgen; es versteht sich, dass dieses spezielle Verbot auch die Verwendung mit einem mehr oder weniger lesbaren Aufdruck bezüglich des Vereinsverbots oder einer Kritik daran umfasst, weil sie sich nicht darauf reduzieren lässt, sondern stets noch das Zeigen des für den unbefangenen Beobachter als solches erkennbaren Kennzeichens beinhaltet und dies von dem Verwender, der damit das Verbot zu konterkarieren beabsichtigt, auch bezweckt wird (vgl. zur strafrechtlichen Beurteilung „zum Verwechseln ähnlicher Kennzeichen“, insbesondere dem Bekanntheitsgrad des Kennzeichens: BGH, Beschluss vom 31. Juli 2002 – 3 StR 495/01 – BGHSt 47, 354, juris Rn. 14). Insofern kommt es auf die – in der Sache allerdings zutreffenden - Ausführungen des Verwaltungsgerichts, wie solche Fahnen in massierter Form wirken, wenn sie aus einiger Entfernung wahrgenommen werden, und das hierauf bezogene Beschwerdevorbringen für die Rechtmäßigkeit des Versammlungsverbots nicht entscheidend an.

Unerheblich ist nach allem auch, ob sich der Antragsteller zurechnen lassen muss, dass weitere Organisationen unter Verwendung verbotener Kennzeichen – hier: der ERNK-Fahne – zur Teilnahme an der Veranstaltung aufgerufen haben; jedenfalls deutet ein solcher Aufruf dahin, dass Organisationen ihre Teilnahmeabsicht schon unter Verstoß gegen den Straftatbestand kundtun, was sowohl die Frage aufwirft, wie sie sich bei Durchführung der Veranstaltung verhalten würden, als auch diejenige, was der Antragsteller zu unternehmen beabsichtigt, wenn es zu gleichartigen Verstößen bei der Durchführung des Aufzuges käme.

Soweit die Beschwerde abschließend problematisiert, dass das Verwaltungsgericht nicht hinreichend erwogen habe, inwieweit mildere Mittel als ein Verbot, insbesondere Auflagen in Betracht kommen, haftet dem angefochtenen Beschluss ein solcher Mangel nicht an. Die der Gefahrenprognose der Versammlungsbehörde zugrundeliegenden Erkenntnisse rechtfertigen – wie bereits ausgeführt – die Befürchtung, dass der Antragsteller den angemeldeten Aufzug tatsächlich nur durchzuführen beabsichtigt, um für eine hier mit einem vereinsrechtlichen Betätigungsverbot belegte Organisation und deren Unterorganisationen zu werben. Die Tatsachenlage rechtfertigt zugleich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Annahme, dass er sich an Auflagen, die die Durchführung des Aufzuges im Rahmen des Versammlungsrechts und die Begehung von Straftaten abwenden sollen, nicht halten wird. Der nach den vorliegenden Erkenntnissen vom Antragsteller angestrebte Zweck der Veranstaltung ist vom Grundrecht der Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) nicht gedeckt und macht Überlegungen dazu, dass der Aufzug erst bei Auftreten von Auflagenverstößen oder Straftaten nicht bloß einzelner Teilnehmer als „ultima ratio“ aufzulösen wäre, entbehrlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG; von einer Reduzierung für das vorläufige Rechtsschutzverfahren sieht der Senat im Hinblick auf die Vorwegnahme der Hauptsache entsprechend seiner ständigen Praxis ab.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).