Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 1. Senat | Entscheidungsdatum | 08.12.2011 | |
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Aktenzeichen | OVG 1 B 66.10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 11 Abs 2 S 1 StrG BE |
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Klägerin begehrt die Verlängerung einer Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung von 62 Altkleidercontainern auf öffentlichem Straßenland im Bezirk Neukölln.
Mit Bescheid vom 3. Mai 2004 erteilte das Bezirksamt Neukölln der Rechtsvorgängerin der Klägerin eine Sondernutzungserlaubnis für die Zeit bis zum 3. April 2009 zum Aufstellen von Altkleidersammelcontainern auf näher bezeichneten Straßen in Neukölln. Die Erlaubnis enthielt Auflagen, nach denen der Erlaubnisnehmer für die unverzügliche Beseitigung von Verunreinigungen verantwortlich war, die durch den bestimmungsgemäßen und üblichen Gebrauch der Sammelcontainer verursacht wurden. Mit Bescheid vom 19. Juli 2006 widerrief das Bezirksamt die Sondernutzungserlaubnis mit der Begründung, die angestrebten Vereinbarungen seien zu einem großen Teil nicht eingehalten worden. Ein ansprechendes Äußeres der Container sei nicht erreicht worden; fast alle seien mit Graffiti beschmiert. Es werde immer wieder eine starke Vermüllung um die Container herum festgestellt. Im Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Berlin (V…) hob der Beklagte den Widerruf der Sondernutzungserlaubnis auf und einigte sich mit der damaligen Klägerin im Oktober 2007 dahingehend, dass diese zukünftig strengere Auflagen einzuhalten hatte.
Am 31. März 2009 beschloss das Bezirksamt von Neukölln, für das Aufstellen von Altkleidercontainern auf dem öffentlichen Straßenland im Bezirk Neukölln keine Sondernutzungserlaubnisse mehr zu erteilen. In der Begründung der Beschlussvorlage 47/09 vom 26. März 2009 wurde Folgendes ausgeführt: Zunehmende Müllablagerungen von Gegenständen an Sammelcontainern, die nicht mit der Sammlung im Zusammenhang stünden, stellten das Ordnungsamt vor große Probleme. Die Entsorgung könne nicht dem Recycling-Unternehmen auferlegt werden, sondern erfolge unentgeltlich durch die Berliner Stadtreinigung (BSR), die den Müll auf einer ihrer Routen mitnehme. Zwar würden die Müllablagerungen unverzüglich der BSR gemeldet. Auf den Zeitpunkt der Abholung habe der Bezirk aber keinen Einfluss, so dass der Müll häufig über einen längeren Zeitraum liegenbleibe und sogar noch zunehme. Das habe zur Folge, dass das Bild des Bezirks Neukölln weiterhin beeinträchtigt bleibe. Es liege daher im öffentlichen Interesse, das Aufstellen von Altkleidercontainern aus städtebaulichen Gründen nicht mehr zuzulassen.
Mit einem am 6. April 2009 beim Beklagten eingegangenen Schreiben beantragte die Klägerin die Fortführung der bisherigen Sondernutzungserlaubnis; in einer dem Schreiben beigefügten Anlage waren 62 Standorte aufgeführt. Das Bezirksamt Neukölln von Berlin versagte die Erlaubnis mit Bescheid vom 17. April 2009 und stützte sich zur Begründung auf den Beschluss des Bezirksamts vom 31. März 2009. Ihren hiergegen eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass es bereits im früheren Gerichtsverfahren betreffend den Widerruf der Sondernutzungserlaubnis um die Verunreinigung der Straßen gegangen sei. Im Oktober 2007 habe man sich darauf geeinigt, dass die Klägerin kleinteiligen Müll zusammen mit der wöchentlichen Entleerung der Container beseitige und bei Sperrmüllfunden die BSR informiere. Beschwerden über Verschmutzungen habe das Ordnungsamt an sie weiterleiten sollen. Seither seien lediglich drei Verschmutzungsmeldungen bei ihr eingegangen, auf die man spätestens am Folgetag reagiert habe. Nur in zwei Fällen habe die BSR informiert werden müssen. Das Verunreinigungsproblem betreffe zudem nur sehr wenige Standorte und rechtfertige nicht die Versagung der Sondernutzungserlaubnis für sämtliche Standorte im Bezirk. Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2009 zurückgewiesen.
Das Verwaltungsgericht hat die daraufhin erhobene Verpflichtungsklage durch Urteil, der Klägerin am 16. Juni 2010 zugestellt, abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Ein Anspruch der Klägerin bestehe nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BerlStrG nicht. Die Beeinträchtigung städtebaulicher Belange könne auch nach Neufassung der Vorschrift als der Sondernutzungserlaubnis entgegenstehendes öffentliches Interesse berücksichtigt werden. Die Beeinträchtigung städtebaulicher Belange stelle hier ein überwiegendes öffentliches Interesse dar. Das Bezirksamt Neukölln könne sich im Rahmen einer einheitlichen Praxis aus Gründen des Schutzes des Stadtbildes dafür entscheiden, überhaupt keine Altkleidercontainer mehr auf öffentlichem Straßenland im Bezirk zuzulassen. Es sei allgemein bekannt, dass der Bezirk Neukölln in besonderem Maße mit der unbefugten Ablagerung von Müll auf öffentlichem Straßenland zu kämpfen habe. Die Beeinträchtigung des Stadtbildes könne durch Nebenbestimmungen nicht vollständig vermieden werden. Dies zeigten auch die Erfahrungen mit den Altkleidercontainern der Klägerin. Seit der Einigung im Verfahren um den Widerruf der früheren Sondernutzungserlaubnis sei sie zwar verpflichtet gewesen, auch kleinteiligen Müll mit abzutransportieren und Sperrmüll der BSR zu melden. Seither habe es nur wenige gemeldete Fälle in Bezug auf die Container der Klägerin gegeben, gleichwohl bleibe der Müll in der Umgebung eines Containers bis zur nächsten Entleerung und damit bis zu einer Woche liegen und im Fall von Sperrmüll nach Benachrichtigung der BSR noch bis zu einer weiteren Woche. Auch die längerfristige Verunstaltung durch Graffiti lasse sich nicht mit Hilfe von Nebenbestimmungen vermeiden. So seien trotz der mit der Klägerin vereinbarten Auflagen verunstaltete Container über längere Zeiträume von bis zu drei Monaten stehen geblieben.
Zur Begründung ihrer fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung trägt die Klägerin vor: Sie habe einen Anspruch auf Erteilung der Sondernutzungserlaubnis. Der Wortlaut des § 11 Abs. 2 Satz 1 BerlStrG biete keinen Anhalt für eine Einschätzungsprärogative der Behörde. Vielmehr habe der Gesetzgeber mit der Formulierung „soll“ und „in der Regel“ zum Ausdruck gebracht, dass eine Versagung der Sondernutzungserlaubnis nur in atypischen Ausnahmefällen in Betracht komme. Ein solcher liege hier aber nicht vor. Die Vermüllung um Sammelcontainer herum stelle keinen atypischen Sachverhalt dar; sie sei durch entsprechende Auflagen beherrschbar, was durch die Vorgeschichte belegt sei. Vorrangig sei zu untersuchen, ob ggf. andere geeignete Auflagen in Betracht kämen. Selbst wenn der Behörde ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich des unbestimmten Rechtsbegriffs „überwiegende öffentliche Interessen“ eingeräumt werde, ergebe sich eine Verpflichtung zur Erteilung der Sondernutzungserlaubnis. Denn die Ausgangsbasis und die Müllentwicklung an den Containern in der Vergangenheit lasse gerade keinen Schluss auf zukünftige Vermüllung zu. Nur an wenigen der 82 von ihr aufgestellten Altkleidercontainer habe sich Müll angesammelt, den sie am nächsten Tag entfernt habe; Sperrmüll habe die BSR zum nächstmöglichen Zeitpunkt beseitigt. Da das Vermüllungsproblem standortabhängig sei, sei eine Einzelfallbetrachtung unerlässlich. Bei der Abwägung der gegenläufigen Interessen sei auch zu beachten, dass die durchschnittlich 300 kg Müll, die bei einer Route abtransportiert würden, im Wesentlichen von Anwohnern in die Container geworfen würden; ohne Sammelcontainer würde dieser Müll an anderen Stellen wie öffentlichen Mülleimern gelagert.
Die Klägerin beantragt,
das ihr am 16. Juni 2010 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 17. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Juni 2009 zu verpflichten, der Klägerin eine Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen von Altkleidersammelcontainern im Bezirk Neukölln von Berlin an den im Antrag bezeichneten Standorten zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das verwaltungsgerichtliche Urteil und vertieft seine erstinstanzlichen Ausführungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang des Beklagten (1 Band Verwaltungsakte, 1 Band Fotodokumentation) sowie auf die Gerichtsakte des bei dem Verwaltungsgericht Berlin geführten Verfahrens V… ergänzend Bezug genommen; sämtliche Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Versagung der Sondernutzungserlaubnis ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zur Aufstellung von Altkleidercontainern im Bezirk Neukölln von Berlin steht der Klägerin nicht zu (§ 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Erteilung der von der Klägerin beantragten Sondernutzungserlaubnis ist § 11 Abs. 2 Satz 1 des Berliner Straßengesetzes vom 13. Juli 1999 (GVBl. S. 380), zuletzt geändert durch das Erste Änderungsgesetz vom 4. Dezember 2008 (GVBl. S. 466) - BerlStrG -. Nach dieser Vorschrift in der seit 24. Juni 2006 geltenden Fassung des Zweiten Gesetzes zur Rechtsvereinfachung und Entbürokratisierung vom 14. Dezember 2005 (GVBl. S. 754) soll die Sondernutzungserlaubnis in der Regel erteilt werden, wenn überwiegende öffentliche Interessen der Sondernutzung nicht entgegenstehen oder ihnen durch Nebenbestimmungen zur Erlaubnis entsprochen werden kann. Die Erteilungsvoraussetzungen liegen hier nicht vor. Bei den vom Beklagten angeführten städtebaulichen Belangen handelt es sich um öffentliche Interessen im Sinne dieser Vorschrift (dazu 1.). Sie überwiegen das wirtschaftliche Interesse der Klägerin sowie das Interesse der Allgemeinheit an der Wiederverwertung von Kleidung (dazu 2.). Dem überwiegenden öffentlichen Interesse an der Erhaltung eines von wilden Müllablagerungen und Graffiti freigehaltenen Stadtbildes kann auch nicht durch Nebenbestimmungen zur Erlaubnis entsprochen werden (dazu 3.).
1. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass städtebauliche Belange der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis auch auf der Grundlage der seit 24. Juni 2006 geltenden Fassung des § 11 Abs. 2 Satz 1 BerlStrG entgegenstehen können; sie können als öffentliche Interessen im Sinne dieser Vorschrift geltend gemacht werden. Im Gegensatz zur früheren Gesetzesfassung, nach der die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis im Ermessen der zuständigen Behörde stand und der Sondernutzungserlaubnis entgegenstehende öffentliche Interessen - darunter auch städtebauliche Belange - ausdrücklich im Gesetz benannt waren, hat der Gesetzgeber bei Neufassung der Regelung diese beispielhaft aufgeführten Tatbestandsmerkmale gestrichen. Der Verzicht auf die bisherige - ohnehin nicht abschließende - Aufzählung derjenigen öffentlichen Interessen, die einer Sondernutzungserlaubnis entgegenstehen können, ist allein auf redaktionelle Gründe zurückzuführen; er sollte zur Deregulierung beitragen, ohne eine sachliche Änderung der Norm herbeizuführen. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers ist die Sondernutzung nach wie vor zu versagen, wenn überwiegende öffentliche Belange entgegenstehen oder ihnen nicht durch Nebenbestimmungen zur Erlaubnis entsprochen werden kann. Die Formulierung „soll in der Regel“ stellt klar, dass der Straßenbaubehörde im Einzelfall auch in Zukunft ein gewisser Entscheidungsspielraum für den Einzelfall verbleibt (vgl. Abgeordnetenhaus-Drucksache 15/3584, S. 15; zur Gesetzesgenese eingehend Senatsurteil vom 3. November 2011 - OVG 1 B 65.10 - juris Rn. 20 f.).
Bei der Festlegung der öffentlichen Interessen, an denen der Bezirk die Bewilligung von Sondernutzungserlaubnissen ausrichtet, steht ihm im Übrigen ein Gestaltungsspielraum zu. Die Aufgabe, zwischen möglichen öffentlichen Belangen auszuwählen, die eine Versagung einer Sondernutzungserlaubnis rechtfertigen können, hat der Gesetzgeber erkennbar allein der zuständigen Behörde, regelmäßig dem Bezirksamt als Straßenbaubehörde übertragen und vom Grundsatz her keine weiteren konzeptionellen Vorgaben zur Einschränkung des Themenbereichs der öffentlichen Interessen gemacht. Er hat damit wie schon nach der alten Fassung des Berliner Straßengesetzes die Verantwortung der Bezirke gestärkt, in ihrem örtlichen Bereich thematische Schwerpunkte bei der Gestaltung der Sondernutzung zu setzen. Ausgeschlossen hat er allein die Berücksichtigung subjektiv-rechtlicher Belange Dritter (vgl. Abgeordnetenhaus-Drucksache 15/3584, S. 15; Senatsurteil vom 3. November 2011, a.a.O., Rn. 26).
Dass es sich bei den hier vom Beklagten angeführten Belangen, das Stadtbild des Bezirks von wilden Müllablagerungen und Graffiti frei zu halten, um anerkannte öffentliche Interessen handelt, ist schon im Hinblick auf die frühere Gesetzesfassung und auch im Übrigen nicht zweifelhaft. Es steht außer Frage und wird auch von der Klägerin eingeräumt, dass die mit der Sondernutzung durch das Aufstellen von Altkleidercontainern auf öffentlichem Straßenland verbundene Vermüllung der Umgebung der Standorte sowie die Beschmierung der Container mit Graffiti das Stadtbild des Bezirks beeinträchtigen. Ebenso ist es nach der Rechtsprechung des Senats nicht zweifelhaft, dass das öffentliche Interesse an der Erhaltung eines sauberen Stadtbildes zur Versagung der Sondernutzungserlaubnis herangezogen werden darf, auch wenn es sich nicht um einen unmittelbar straßenbezogenen Belang handelt (vgl. Senatsurteil vom 3. November 2011, a.a.O., Rn. 21).
2. Bei der gebotenen Interessenabwägung überwiegt das öffentliche Interesse an einem von wilden Müllablagerungen und Graffiti freigehaltenen Stadtbild des Bezirks das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Aufstellung der Altkleidercontainer sowie das von der Klägerin ebenfalls angeführte Interesse an der Vermeidung von Abfall durch Wiederverwertung.
a) Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Ablehnung der Sondernutzungserlaubnis auf den Beschluss des Bezirksamts vom 31. März 2009 gestützt hat, der die generelle Versagung von Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von Altkleidercontainern im gesamten Bezirk vorsieht. Das Bezirksamt hat sich durch diesen Beschluss auf eine einheitliche und gleichmäßige Verwaltungspraxis festgelegt, die dem Gleichbehandlungsgrundsatz Rechnung trägt. Es hat damit zwar die grundsätzlich in jedem Einzelfall vorzunehmende Interessenabwägung generalisierend dahingehend vorweggenommen, dass das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Stadtbildes das Interesse an der Aufstellung von Altkleidercontainern in der Regel überwiegt und allenfalls in atypischen Ausnahmefällen eine Erteilung der Sondernutzungserlaubnis noch in Betracht kommen dürfte. Das hat zur Folge, dass eine Versagung der Sondernutzungserlaubnis auch dann erfolgt, wenn an einem konkreten Standort die Gefahr der Verunstaltung des Stadtbildes durch Müllablagerungen und Graffiti entgegen der sonstigen Typik nur in geringem Maße oder gar nicht besteht. Dieses Vorgehen ist jedoch unter den gegebenen Umständen angesichts des besonderen Gewichts, das den hier betroffenen öffentlichen Belangen zukommt, gerechtfertigt. Die Verunstaltung des Stadtbildes infolge der Aufstellung von Altkleidercontainern hat im Bezirk Neukölln gravierende Ausmaße erreicht; das wird auch von der Klägerin nicht in Abrede gestellt. Die in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angehörte Sachbearbeiterin S… hat detailliert beschrieben, welchen Umfang das Vermüllungsproblem im Bezirk einnimmt. Danach werden jährlich 11.000 Stück Sperrmüll und Elektroschrott bearbeitet; etwa 180 Meldungen im Jahr betreffen Müll in der Nähe von Sammelcontainern (Glas- und Altkleidercontainer); auch wegen Aufklebern und Graffiti an Sammelbehältern kommt es häufiger zu Bürgerbeschwerden. Die Schilderung der Sachbearbeiterin wird durch die vom Beklagten vorgelegten Fotos untermauert; diese dokumentieren eindrücklich, dass sich gerade auch die Altkleidercontainer der Klägerin an verschiedenen Standorten zu Anziehungspunkten für wilde Müllablagerungen und Graffiti entwickelt haben. Diese besonderen Umstände rechtfertigen die Vorgehensweise des Bezirksamts, der nachhaltigen Beeinträchtigung des Stadtbildes durch eine generelle Versagung der Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung von Altkleidercontainern entgegenzuwirken.
b) Demgegenüber treten das wirtschaftliche Interesse der Klägerin sowie das Interesse an der Wiederverwertung von Kleidung bei der Abwägung hinter den dargestellten öffentlichen Belangen zurück. Das Interesse der Klägerin an gewerblicher Betätigung durch das Aufstellen von Altkleidercontainern auf öffentlichem Straßenland stellt eine bloße Gewinnchance dar, die zwar für ihren Betrieb von erheblicher Bedeutung ist, eigentumsrechtlich jedoch nicht dem geschützten Bestand des Unternehmens zugeordnet wird und deshalb nicht dem Schutz des Eigentums aus Artikel 14 Abs. 1 GG unterfällt (vgl. BVerfGE 105, 252 <278>; 68, 193 <221 f.>). Hinzu kommt, dass die Klägerin selbst weder ausreichend substantiiert dargelegt noch gar beziffert hat, welches konkrete wirtschaftliche Interesse mit der begehrten Sondernutzungserlaubnis für sie verbunden ist. Ferner ist bei der Abwägung das Interesse der Allgemeinheit an der Wiederverwertung von Kleidung zu beachten. In diesem Zusammenhang ist allerdings zu berücksichtigen, dass diesem Anliegen ebenso wie dem wirtschaftlichen Interesse der Klägerin auch auf andere Weise als durch die hier in Rede stehende Aufstellung von Altkleidercontainern auf öffentlichem Straßenland Rechnung getragen werden kann. So kommt etwa die Aufstellung von Altkleidercontainern auf privaten Grundstücken ebenso in Betracht wie die Durchführung von Straßensammlungen oder die Einrichtung von Sammelstellen auf eigenem Betriebsgelände. Bei dieser Sachlage überwiegt in der gebotenen Gesamtschau das öffentliche Interesse des Bezirks, eine Beeinträchtigung des Stadtbildes durch das Aufstellen von Altkleidercontainern zu verhindern, in Anbetracht der erheblichen Bedeutung, die das Vermüllungsproblem nach den Feststellungen des Senats in Neukölln erlangt hat, das wirtschaftliche Interesse der Klägerin sowie das Interesse der Allgemeinheit an der Wiederverwertung von Kleidung.
c) Der Ablehnung von Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von Altkleidercontainern im Bezirk Neukölln steht nicht entgegen, dass - wie im gesamten Land Berlin - auch im Bezirk Neukölln Glascontainer auf öffentlichem Straßenland weiterhin aufgestellt werden dürfen. Diese Praxis steht insbesondere mit Art. 3 Abs. 1 GG in Einklang, weil die Aufstellung von Glascontainern auf einem Konzept des Senats von Berlin beruht und somit nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bezirksamts fällt. Denn der Gleichbehandlungsanspruch besteht nur gegenüber dem nach der Kompetenzverteilung zuständigen Träger öffentlicher Gewalt (vgl. BVerfGE 21, 54 <68>; 71, 1 <73>).
3. Die Klägerin kann auch nicht etwa deshalb eine Sondernutzungserlaubnis beanspruchen, weil dem überwiegenden öffentlichen Interesse an der Erhaltung eines sauberen Stadtbildes durch Nebenbestimmungen zur Erlaubnis entsprochen werden könnte (§ 11 Abs. 2 Satz 1, letzter Halbsatz BerlStrG). Denn diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Es ist insbesondere auf der Grundlage der Erfahrungen der vergangenen Jahre mit den Altkleidercontainern der Klägerin nicht ersichtlich, dass dem Problem wilder Müllablagerungen in der Umgebung der Standorte der Altkleidercontainer und von Graffiti auf den Containern durch entsprechende Nebenbestimmungen durchgreifend begegnet werden könnte.
Der Klägerin ist zwar einzuräumen, dass sie sich offensichtlich an die früher geltenden Auflagen gehalten hat, wonach sie verpflichtet war, neben den Containern liegenden sonstigen kleinteiligen Müll zu beseitigen und Sperrmüll der BSR zu melden; auch bezogen sich nur relativ wenige Meldungen und Beschwerden auf die Container der Klägerin. Soweit Sperrmüll betroffen ist, ist die Klägerin allerdings von der Mitwirkung der BSR abhängig, so dass sie selbst den Zeitraum zwischen der Ablagerung des Sperrmülls und seiner Beseitigung (in der Regel bis zu zwei Wochen) nicht bestimmen kann. Gleichwohl ist ihr die Ablagerung des Sperrmülls über einen längeren Zeitraum bis zu seiner Beseitigung durch die BSR zuzurechnen. Die Ansammlung sonstigen kleinteiligen Mülls im Umfeld der Container ist zwar in der Vergangenheit von der Klägerin selbst beseitigt worden. Auch dieser Müll bleibt allerdings bei wöchentlichen Touren bis zu einer Woche liegen und kann zum Anziehungspunkt für weitere unbefugte Müllablagerungen werden. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei der Beseitigung von Graffiti durch Austausch der Container zwar um einen Bereich, der sich ausschließlich in der Sphäre der Klägerin befindet und den sie deshalb eigenständig beeinflussen kann. Gleichwohl konnte in der Vergangenheit auch insoweit ein zufriedenstellender Zustand nicht hergestellt werden - wie nicht zuletzt die eingereichten Fotos belegen -, weil sich die dreimonatige Dokumentationspflicht und der Austausch verunstalteter Container als nicht ausreichend erwiesen haben.
Um eine umgehende Beseitigung der Müllablagerungen und von Graffiti auf den Containern zu gewährleisten, könnte zwar grundsätzlich eine Verschärfung der bisher mit der Sondernutzung verbundenen Auflagen in Betracht gezogen werden. So könnten etwa bezüglich der Müllablagerungen die Kontroll- und Beseitigungspflichten der Klägerin durch die Einhaltung kürzerer zeitlicher Intervalle erhöht werden. Um Graffiti zu verhindern oder ihr Verbleiben auf den Containern auf ein auch für das Bezirksamt und die Allgemeinheit vertretbares zeitliches Maß zurückzuführen, könnten die bislang im Abstand von drei Monaten geforderte Dokumentation des Zustands der Container durch Fotos und der umgehende Austausch verunstalteter Container ebenfalls in deutlich verkürzten Zeitabständen verlangt werden. Ungeachtet der Frage, ob eine derartige Verschärfung der Auflagen geeignet wäre, dem überwiegenden öffentlichen Interesse an der Erhaltung eines sauberen Stadtbildes ausreichend Rechnung zu tragen und den gewünschten Erfolg herbeizuführen, konnte allerdings die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht aufzeigen, dass sie in der Lage wäre, schärfere als die bisher geltenden Auflagen tatsächlich zu erfüllen. Ihr Vertreter hat insoweit dargelegt, dass seine Organisation im Raum Berlin rund 800 Standorte mit Altkleidercontainern zu betreuen habe; hierfür stünden etwa 10 bis 12 Fahrer zur Verfügung. Schon diese Zahlenverhältnisse lassen erkennen, dass von Seiten der Klägerin der Erhaltung eines sauberen Stadtbildes in der Umgebung ihrer Altkleidercontainer schon aus tatsächlichen Gründen nicht hinreichend Rechnung getragen werden könnte. Zudem würde die Kontrolle der Einhaltung verschärfter Auflagen auf Seiten des Beklagten einen erhöhten Bearbeitungsaufwand verlangen und ggf. den Einsatz zusätzlichen Personals erfordern. Gerade vor dem Hintergrund, dass die Klägerin mit der Sondernutzungserlaubnis eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Begünstigung erwirbt, kann zusätzlicher personeller und sachlicher Aufwand von der Beklagten aber nicht verlangt werden.
Es ist deshalb nicht zu beanstanden, dass das Bezirksamt aus der bisherigen Erfahrung, dass selbst bei Einhaltung vergleichsweise strenger Auflagen die Vermüllung nicht vermieden werden konnte, den Schluss gezogen hat, dass sich auch zukünftig eine Beeinträchtigung des Stadtbildes durch das Aufstellen von Altkleidercontainern ergeben wird, die selbst durch noch striktere Auflagen nicht verhindert werden kann. Soweit die Berufung einwendet, das Problem der Vermüllung sei bislang durch die erteilten Auflagen zu bewältigen gewesen, ist diese Behauptung durch die Angaben der Sachbearbeiterin sowie die auch von der Klägerin nicht bestrittenen zeitlichen Abläufe bei der Müllbeseitigung und dem Austausch verunstalteter Container widerlegt. Ebenso wenig überzeugt der Vortrag der Klägerin, der unbefugt abgelegte Müll würde ohne Container an anderer Stelle auf öffentlichem Straßenland, etwa in der Umgebung öffentlicher Mülleimer, abgelegt. Diese Behauptung ist durch nichts belegt und ändert nichts an der gerichtsbekannten Erfahrung, dass sich gerade Sammelcontainer zu Müllanziehungspunkten entwickeln.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.