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Wasserversorgungsbeiträge


Metadaten

Gericht VG Frankfurt (Oder) 5. Kammer Entscheidungsdatum 06.09.2019
Aktenzeichen 5 K 2584/17 ECLI ECLI:DE:VGFRANK:2019:0906.5K2584.17.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Trinkwasseranschlussbeitragsbescheid für die Herstellung der zentralen Trinkwasseranlage „...“ vom 15. September 2015, A... (1.353,22 Euro), in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2017 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Gemarkung K... unter postalischer Anschrift D... .

Mit dem von den Klägern angegriffenen Bescheid vom 15. September 2015 wurde für das Grundstück der Kläger ein Trinkwasseranschlussbeitrag in Höhe von 1.353,22 Euro zur Bescheidnummer 1... festgesetzt. Den hiergegen von den Klägern erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Mai 2017 zurück.

Das Grundstück erhielt bereits Mitte der 1980er Jahre einen Trinkwasseranschluss und war seit dem an die (jeweilige) öffentliche Trinkwasserversorgung angeschlossen.

In der zum 17. Oktober 1992 in Kraft getretenen Gründungssatzung des Verbandes des Beklagten, deren Gründungsmitglied auch die ehemalige Gemeinde K... war, heißt es in § 1 Abs. 5 S. 2, dass der Verband zum Zwecke der Wasserversorgung sowie der Abwasserableitung und –behandlung die entsprechenden kommunalen wasserwirtschaftlichen Anlagen „übernimmt, unterhält, erneuert und erweitert“. Gemäß § 1 Abs. 6 dieser Satzung stellen die Mitgliedsgemeinden dem Verband die kommunalen wasserwirtschaftlichen Anlagen unentgeltlich zur Verfügung. Diese Satzung und die nachfolgenden Änderungssatzungen sind mit Feststellungsbescheid vom 02. Juni 1999 festgestellt worden. Bereits vor diesem Feststellungsbescheid nahm der Verband des Beklagten entsprechend der satzungsrechtlichen Regelungen seine Tätigkeit auf.

Im Rahmen der Rekommunalisierung auch örtlicher Versorgungsanlagen übernahm der Beklagte sämtliche Hauptleitungen – nach seiner Auskunft ohne Anschlussleitungen und ohne Grundstücksanschlüsse – von der damaligen M... in welcher der Bestand des ursprünglichen V... aufgegangen war, aufgrund notariellen Vertrags vom 08. Dezember 1994 mit Wirkung zum 01. Januar 1995. Dieser Vertrag wurde – was der Beklagte nicht mehr genau recherchieren konnte – Ende 1995 / Anfang 1996 genehmigt. Zum Vertragsgegenstand heißt es in dem gerichtsbekannten Vertragstext unter § 1 Nr. 1.1 ausdrücklich:

„Der Vertrag bezieht sich auf alle Vermögensgegenstände und Verpflichtungen der M... im Bereich der Wasserwirtschaft (Wasserversorgung, Abwasserbehandlung und Abwasserbeseitigung) im Vertragsgebiet gemäß § 2, insbesondere auf die Betriebe und Anlagen der Wasserversorgung, Abwasserbehandlung und Abwasserbeseitigung, soweit sie sich im Besitz und/oder Eigentum der M... befinden bzw. von ihr betrieben werden und nicht ihre Zuordnung zu anderen Aufgabenträgern vorbehalten bleibt oder erfolgt. Der Vertrag bezieht sich auf alle Betriebe und Anlagen der Versorgung mit Wasser, der Wassergewinnung, der Abwasserableitung und der Abwasserbehandlung einschließlich der Behandlung des Abwasserschlamms und die dazu gehörenden Energieanlagen.“

Das in § 2 näher definierte Vertragsgebiet umfasst die Gemeinden des Verbandsgebietes, bestehend aus den Gebieten der Gemeinden B... . Zwar verweist der Vertrag auf eine nähere Beschreibung der übertragenden Betriebe und Anlagen in einer Anlage zum Vertrag, indes ist selbst der Beklagte nicht (mehr) in der Lage diese Anlage vorzulegen, wie er bereits in einem Parallelverfahren (5 K 1421/15) ausdrücklich einräumte.

Der Verband des Beklagten hatte bereits zum Zeitpunkt der Geltung des Kommunalabgabengesetztes für das Land Brandenburg, insbesondere des § 8 Abs. 7 S. 1 und 2, in der Fassung vom 27. Juni 1991 eine Trinkwasseranschlussbeitragssatzung erlassen. Dies bereits mit der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Wasserversorgung durch d... vom 26. Oktober 1992, die am Tage nach ihrer Veröffentlichung im gesamten Verbandsgebiet in Kraft trat.

Darüber hinaus erließ der Verband des Beklagten auch in der Folge geänderte Beitrags- und Gebührensatzungen, so u.a. auch die Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Wasserversorgung durch d... vom 27. Juli 1994, die am Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft trat. Auch für die Zeit der Fassung des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg aufgrund der Änderungen durch das Gesetz vom 27. Juni 1995 (gültig bis 12. April 1999) hatte der Beklagte entsprechende Beitragssatzungen erlassen: zunächst in Form einer ersten Änderungssatzung zur vorgenannten Gebühren- und Beitragssatzung vom 14. Juli 1995 mit Wirkung am Tage nach der Bekanntmachung und sodann mit der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die öffentliche Wasserversorgung durch den N... vom 21. Mai 1996, die rückwirkend zum 01. April 1996 in Kraft trat.

Nach § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 S. 1 dieser Beitrags- und Gebührensatzungen waren „alle Grundstücken (inclusive Wochenendgrundstücken)“ betragspflichtig für Anschlussbeiträge, für die eine Anschlussmöglichkeit an die Trinkwasserversorgungsanlage des Verbands des Beklagten bestand und die baulich oder gewerblich ausnutzbar waren. Darüber hinaus bestimmte § 2 Abs. 2 der Beitrags- und Gebührensatzungen Wasser wörtlich:

„Wird ein Grundstück an die Anlage angeschlossen, so unterliegt es der Beitragspflicht auch dann, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht vorliegen.“

Die Beitragspflicht erstreckte sich nach § 3 S. 2 dieser Betrags- und Gebührensatzung ausdrücklich auch auf

„Grundstücke, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung bereits an die Trinkwasseranlage angeschlossen werden konnten oder schon angeschlossen waren“.

Die Kläger berufen sich ausdrücklich auf die Festsetzungsverjährung und verweisen auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 12. November 2015 – 1 BvR 2961/14 u.a. Zudem sehen sie in den späteren Änderungen des satzungsmäßigen Versorgungsgebietes keine so maßgeblichen Änderungen, dass – etwa durch den Beitritt des Gebietes der ehemaligen Gemeinde Z... zum Verbandsgebiet – von einer neuen Anlage ausgegangen werden könnte.

Die Kläger beantragen,

den Trinkwasseranschlussbeitragsbescheid Nr. 19462 vom 15. September 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2017 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die Beitragserhebung sei rechtmäßig. So sei die sachliche Beitragspflicht für das Grundstück erstmals jedenfalls nach dem 31. Dezember 1999 entstanden. Er ist dabei der Auffassung, dass die Satzungslage des Verbands erstmals seit der Satzung vom 12. April 2011 die öffentliche zentrale Trinkwasseranlage ohne den Grundstücksanschluss definieren würde. Bis dahin sei die Beitragspflicht ausdrücklich nur entstanden, wenn auch der Grundstücksanschluss hergestellt gewesen sei und als Bestandteil der öffentlichen Anlage im Eigentum des Verbandes des Beklagten gestanden hätte. Die Grundstücksanschlüsse hier hätten aber nicht im Eigentum des Verbandes gestanden. Erst mit der Satzungsneuregelung aus 2011 sei es ausreichend, wenn eine betriebsbereite Versorgungsleitung vor dem jeweiligen Grundstück verläuft. Zudem sei mit dem Beitritt des ehemaligen Gemeindegebietes Z... zum 01. Januar 2005 die heute interessierende Versorgungsanlage erstmals entstanden und auf etwaige frühere Anlagen komme es nicht an.

Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Das Gericht durfte in der Besetzung „Einzelrichter“ entscheiden. Denn die Beteiligten wurden mit Verfügung vom 21. November 2018 hierzu angehört. Sodann wurde ein Übertragungsbeschluss gemäß § 6 Abs. 1 S 1 VwGO gefasst.

II.

Die zulässige Klage ist begründet.

Der von den Klägern angegriffene Beitragsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.

1.

Denn der Beklagte kann für den Erlass des angegriffenen Trinkwasseranschlussbeitragsbescheides bereits auf keine taugliche Rechtsgrundlage zurückgreifen.

a.

Einzige in Betracht kommende Rechtsgrundlage für den vom Beklagten an die Kläger gerichteten Beitragsbescheid ist die Satzung über die Erhebung von Trinkwasseranschlussbeiträgen für die Wasserversorgung d... vom 12. April 2011 (Trinkwasseranschlussbeitragssatzung). Denn nur diese beansprucht für den Zeitpunkt der Entscheidungen des Beklagten im Jahr 2015 Wirksamkeit.

b.

Unabhängig von deren Wirksamkeit unterliegt deren Anwendung hier aber durchgreifenden rechtlichen, auch verfassungsrechtlichen, Bedenken mit Blick auf das hier auch durch die Grundrechtsposition der Kläger aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verstärkte und dem aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG fließende Verbots der (echten) Rückwirkung im Sinne der sogenannten hypothetischen Festsetzungsverjährung (hierzu BVerfG, Beschluss vom 12. November 15 – 1 BvR 2961/14; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Februar 2016 – 9 S 1.16; Urteil vom 28. Juni 2017 – 9 S 14.16).

Die genannte Satzung ist keine taugliche Rechtsgrundlage, denn für das Grundstück der Kläger bestand jedenfalls bereits vor Ablauf des 31. Dezember 1999 die Anschlussmöglichkeit an die Trinkwasserversorgungsanlage des Verbandes des Beklagten und der Verband hat bereits in seinen ersten – zwar unwirksamen – Satzungsversuchen auf den ursprünglich durch § 8 Abs. 7 S. 2 Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg in der bis zum 31. Januar 2004 geltenden Fassung (KAG a.F.) vermittelten Schutz verzichtet, so dass er den Schutz des § 8 Abs. 7 S. 2 Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg in der seit dem 01. Februar 2004 geltenden Fassung nicht mehr in Anspruch nehmen kann, da sonst ein Fall der verbotenen echten Rückwirkung anzunehmen wäre (BVerfG, Beschluss vom 12. November 15 – 1 BvR 2961/14; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Februar 2016 – 9 S 1.16; Urteil vom 28. Juni 2017 – 9 S 14.16; siehe auch OVG Brandenburg, Urteil vom 08. Juni 2000 – 2 D 29/98.NE).

(1) Denn der Verband des Beklagten erließ jedenfalls mit den im Tatbestand dieses Urteils näher bezeichneten Beitrags- und Gebührensatzungen – u.a. vom 27. Juli 1994 (und der zugehörigen Änderungssatzung vom 14. Juli 1995) sowie mit der Beitrags- und Gebührensatzung Wasser vom 21. Mai 1996 – Satzungen zur Erhebung von Trinkwasseranschlussbeiträgen bereits vor dem 31. Dezember 1999. Diese Satzungen beanspruchten formelle Geltung und unterstellten jedes wenigstens faktisch angeschlossene Grundstück in ihrem Geltungsbereich der Beitragspflicht. Dies ergibt sich unproblematisch aus den jeweiligen § 2 Abs. 2 und § 3 dieser Beitragssatzungen.

(2) Auch hatte das Grundstück der Kläger bereits vor dem 03. Oktober 1990 nicht nur die Möglichkeit eines Anschlusses an die öffentliche Versorgungsanlage, sondern es war tatsächlich ein physischer Anschluss hergestellt, von dem der Beklagte ganz offensichtlich auch Kenntnis hatte. Da dessen Beseitigung weder in Rede stand noch steht, ist dieser auch hinreichend rechtlich gesichert. Gegenteiliges hat auch der Beklagte nicht vorgetragen.

(3) Darauf, dass der Beklagte meint, erst nach dem 31. Dezember 1999 sei erstmals ein in seinem Eigentum stehender Grundstücks- bzw. Hausanschluss nicht mehr erforderlich gewesen, kommt es nicht entscheidend an.

Denn zum einen ist aus den vom Beklagten insoweit bezogenen Satzungen bereits nicht ersichtlich, dass die Beitragspflicht erst entstand, wenn auch ein im Eigentum des Verbandes des Beklagten stehender Grundstücks- bzw. Hausanschluss hergestellt wurde (so auch VG Potsdam, Urteil vom 18. April 2018 – 8 K 5059/15). So entstand nach § 3 der zitierten Satzungen die Beitragspflicht, „sobald das Grundstück an die Trinkwasseranlage angeschlossen werden kann“, so dass es danach bereits nicht zwingend auf einen bestehenden Grundstücks- bzw. Hausanschluss ankam. Zum anderen ist auch aus dem vom Beklagten bezogenen § 2 Abs. 2 der aktuellen Satzung vom 12. April 2011 kein maßgeblicher Unterschied zu den Vorgängersatzungen aus den neunziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts erkennbar. Denn seinerzeit lautete § 2 Abs. 3 wörtlich:

„Zu dem Aufwand gehören nicht die Kosten für die Hausanschlussleitung zwischen Versorgungsleitung und Kundenanlage, die durch den Anschlussnehmer in voller Höhe selbst zu tragen sind.“

Nach der vom Beklagten bezogenen Neufassung aus 2011 heißt es in § 2 Abs. 2 wörtlich:

„Der Trinkwasseranschlussbeitrag deckt nicht die Kosten für den Hausanschluss (Anlagenteil vom Abzweig an der Hauptversorgungsleitung – Ventilanbohrschelle – bis zur Absperrarmatur in Fließrichtung hinter dem Wasserzähler ohne den Wasserzähler), der nicht Bestandteil der öffentlichen Wasserversorgungsanlage ist.“

Selbst aus der für den Geltungszeitraum der oben zitierten historischen Satzungen heranzuziehenden Wasserversorgungssatzung vom 25. April 1994 lässt sich nicht, jedenfalls nicht eindeutig, entnehmen, ob die Grundstücks- bzw. Hausanschlüsse seinerzeit überhaupt zur öffentlichen Wasserversorgungsanlage gehörten. Denn dort hieß es unter § 1 S. 2 nur:

„Art und Umfang der Wasserversorgungsanlagen bestimmt der N... .“

Wenn aber durch § 1 Abs. 3 der historischen Gebühren- und Beitragssatzungen bereits der von den Beiträgen zu deckende Herstellungsaufwand nicht auf die Grundstücks- bzw. Hausanschlüsse bezogen wird und weitergehende konkrete Definitionen der Wasserversorgungsanlage nicht bestehen, dann war bereits zu historischer Satzungslage der Grundstücks- bzw. Hausanschluss nicht Teil der öffentlichen Anlage und das Grundstück war mit der durch das Gericht hier angenommenen Verfügungsgewalt über die das Grundstück versorgenden Leitungen spätestens mit dem Abschluss der Rekommunalisierung und damit noch weit vor dem Jahr 2000 beitragspflichtig, weil jedenfalls auch die tatsächliche Möglichkeit des Anschlusses bestand und ab diesem Zeitpunkt für den jeweiligen Eigentümer auch ein Anschlussrecht zuzusprechen war. Denn selbst wenn historisch der Grundstücks- bzw. Hausanschluss zur Gesamtanlage zu zählen wäre, kommt es für die Frage der Beitragspflichtigkeit nicht auf die tatsächliche Ausführung eines solchen Anschlusses an, sondern gemäß § 8 Abs. 7 S. 2 Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg (KAG) – alter und neuer Fassung – darauf, ob tatsächlich und rechtlich die Möglichkeit des Anschlusses bestanden hat (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Juli 2017 – 9 S 14.16 sowie Beschluss vom 10. August 2016 – 9 S 43.15).

In tatsächlicher Hinsicht muss vor dem Grundstück eine betriebsbereite Hauptversorgungsleitung vorhanden sein, was hier offenbar jedenfalls ab Mitte der neunziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts anzunehmen ist. Diese Leitung stand ab dem hier angenommenen Zeitpunkt auch zur Verfügung des Verbandes des Beklagten. In rechtlicher Hinsicht muss lediglich ein unabhängig vom Vorhandensein des Grundstücks- bzw. Hausanschlusses erkennbares Anschlussrecht bestanden haben (OVG Berlin-Brandenburg a.a.O. und VG Frankfurt Oder, Urteil vom 30. November 2009 – 5 K 1476/06). Das ist der Fall, denn das Anschluss- und Benutzungsrecht wurde durch die Wasserversorgungssatzung des Verbands vom 25. April 1994 in § 3 näher definiert. Im dortigen Absatz 2 heißt es wörtlich:

„Das Anschluss- und Benutzungsrecht erstreckt sich nur auf solche Grundstücke, die durch eine Versorgungsleitung erschlossen werden. Die Grundstückseigentümer können nicht verlangen, dass eine neue Versorgungsleitung hergestellt oder eine bestehende Versorgungsleitung geändert wird.“

Mit Blick auf den § 4 Abs. 1 dieser Versorgungssatzung wird auch deutlich, dass der Begriff „Versorgungsleitung“ nicht auch das Vorhandensein von Grundstücks- bzw. Hausanschlüsse einschließen sollte. Denn dort heißt es wörtlich:

„Die Eigentümer von Grundstücken, auf denen Wasser verbraucht wird, sind verpflichtet, diese Grundstücke an die öffentliche Wasserversorgungsanlage anzuschließen, wenn sie an eine öffentliche Straße (Weg, Platz) mit einer betriebsbereiten Versorgungsleitung grenzen oder ihren unmittelbaren Zugang zu einer solchen Straße durch einen Privatweg haben.“

Mit „Versorgungsleitung“ ist danach eindeutig nur die Leitung in der Straße, dem Weg, dem Platz gemeint, nicht aber auch der Grundstücks- bzw. Hausanschluss. Bestand demnach bereits vor dem 03. Oktober 1990 eine Versorgungsleitung, die dem Grundbesitz Anschluss bot, hatten deren jeweilige Eigentümer auch spätestens nach Aufnahme der Tätigkeit im Versorgungsgebiet K... durch den Beklagten und damit jedenfalls seit Mitte der 1990er Jahre – entsprechend der gerichtlichen Annahme, die Verfügungsgewalt über die Hauptversorgungsleitungen hätten jedenfalls zu diesem Zeitpunkt bereits beim Verband gelegen – ein Anschlussrecht. Dabei ist jedenfalls aus dem Satzungsrecht und mit Blick auf den Vertragsgegenstand des Rekommunalisierungsvertrages (dort § 1 Nr. 1.1) noch nicht einmal erkennbar, ob die Versorgungsleitungen überhaupt im formalen Eigentum des Verbandes – was der Beklagte vertritt – stehen mussten. Vielmehr war es ausreichend, dass der Verband ein Anschlussrecht vermitteln konnte.

(4) Auch die Aufnahme der Gemeinde Z... führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Es sei insoweit klargestellt, dass das hier interessierende Grundstück nicht in diesem „Beitrittsgebiet“ liegt. Die vom Verband des Beklagten seit dem Beitritt der Gemeinde Z... betriebenen Anlagen zur Trinkwasserversorgung sind gleichzusetzen mit den bis zum Beitritt der Gemeinde Z... vom Verband des Beklagten betriebenen Anlagen. Der Beitritt der Gemeinde versetzt den Verband des Beklagten nicht in die Lage, von neuen Gesamtanlagen auszugehen, für die Herstellungsbeiträge (erstmals) erhoben werden könnten.

(a) Die Trinkwasserversorgungsanlage mit deren Herstellung der Verband des Beklagten bereits in den 1990er Jahren begonnen hat, wurden durch den zum 01. Januar 2005 erfolgten Beitritt der Gemeinde Z... zum Verbandsgebiet des Beklagten nicht derart geändert, dass beitragsrechtlich von der Herstellung einer neuen Anlage auszugehen wäre, die mit der bis dahin in Herstellung befindlichen Trinkwasserversorgungsanlage nicht mehr gleichzusetzen wäre. Die Anlage des Beklagten ist ein Bestand zumindest technischer Mittel, die dem Zweck der Trinkwasserversorgung gewidmet ist. Sie unterliegt vom Herstellungsbeginn an diversen Veränderungen: so gehört es zum Wesen solcher Anlagen, dass sie wachsen, technisch verbessert und erneuert werden und dass überdies zwischenzeitlich Umplanungen erfolgen.

Unter beitragsrechtlichem Blickwinkel ist nicht tatsächlich (insbesondere technisch), sondern rechtlich zu beantworten, wann eine Veränderung die Grenze zur Entstehung einer neuen Anlage überschreiten könnte. Ist einmal mit der Herstellung einer Anlage begonnen worden, gehört begrifflich alles zur Herstellung dieser Anlage, was als Teil ihrer Herstellung geplant ist. Auch eine der Herstellung nachfolgende Erweiterung, Erneuerung oder Verbesserung berührt rechtlich nicht die Anlagenidentität, sondern führt nur dazu, dass in Bezug auf die als solche fortbestehende Anlage (auch) ein Erweiterungs-, Erneuerungs- oder Verbesserungsbeitrag erhoben werden kann (§ 8 Abs. 2 S. 1 KAG). Nur Maßnahmen, die den Rahmen der einmal begonnenen Herstellung, der Erweiterung, der Erneuerung und der Verbesserung der Anlage sprengen, führen zur Herstellung einer beitragsrechtlich neuen Anlage und können damit aus Sicht einzelner Grundstücke möglicherweise eine „zweite“ Herstellungsbeitragspflicht auslösen (so OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Juni 2017 – 9 S 14.16).

(b) Mit Blick auf das Vorstehende ist die rechtliche Lebensgeschichte der Anlage des Verbandes des Beklagten nicht abgebrochen (näher OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Juni 2017 –9 S 14.16). Bei einer bloßen räumlichen Erweiterung einer Anlage ist das – so wie hier – nicht der Fall. Von der bloßen räumlichen Erweiterung einer Anlage (unter gleichzeitiger Integration der im Erweiterungsgebiet vorhandenen Technik einer bis dahin bestehenden anderen Anlage) dürfte jedenfalls dann auszugehen sein, wenn die Zusammenführung darauf zurückgeht, dass der Rechtsträger der Anlage ein Gebiet oder mehrere Gebiete hinzugewinnt, also eine Gemeinde oder mehrere eingemeindet, ein Zweckverband ein weiteres Mitglied oder mehrere weitere Mitglieder aufnimmt oder ein Zweckverband nicht mit einem anderen Zweckverband „auf Augenhöhe“ zu einem neuen fusioniert, sondern den anderen Zweckverband nur „eingliedert“. Im Falle der Eingliederung eines Zweckverbandes in einen anderen dürfte sodann ein Gesamtrechtsnachfolgetatbestand gegeben sein (so VG Cottbus, Urteil vom 20. Juli 2017 – 6 K 1847/15). Jedenfalls ist der Neuordnungsprozess in all diesen Fällen auf Rechtsträgerebene durch Dominanz und Fortbestand des aufnehmenden Rechtsträgers gekennzeichnet (so m.w.N. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Juni 2017 – OVG 9 S 14.16).

(c) Dem folgend ist aufgrund der bloßen räumlichen Erweiterung der Trinkwasserversorgungsanlage des Verbandes des Beklagten offensichtlich keine neue Vorteilslage mit Blick auf den Beitritt der Gemeinde Z... zum Verbandsgebiet entstanden. An der „Dominanz“ und dem Fortbestand des aufnehmenden Rechtsträgers, des Verbandes des Beklagten änderte sich nichts. Ein rechtfertigender sachlicher Grund dafür, den streitgegenständlichen Fall anders zu behandeln als die Fälle, in denen es nicht zu Veränderungen des Verbandsgebietes gekommen ist, liegt nach alledem nicht vor (so auch VG Potsdam, Urteil vom 22. Juni 2016 – 8 K 2979/14).

(d) Zudem war im Jahr 2005 bereits die Festsetzungsverjährung in Form der hypothetischen Festsetzungsverjährung eingetreten und es käme – bei anderer Betrachtung – von vornherein zu einer vollständigen Entwertung der vom Bundesverfassungsgericht zuerkannten einfachgesetzlichen und durch die Grundrechtsposition der Kläger verstärkte Rechtsposition der sogenannten hypothetischen Festsetzungsverjährung (siehe oben). Auch hinge die Beitragspflicht jeweils von dem für den Beitragspflichtigen bloß zufälligen Ereignis ab, ob nach Eintritt der hypothetischen Festsetzungsverjährung infolge Beitritts einer Kommune zu einem Zweckverband oder auch durch erstmalige Gründung eines solchen oder einer nicht auf „Augenhöhe“ erfolgten Fusion von Zweckverbänden ein Beitrag für die erstmalige Herstellung der öffentlichen Anlage wieder in voller Höhe erhoben werden könnte (vgl. hierzu Kammerurteile vom 7. Dezember 2016 – 5 K 1290/13 sowie vom 20. September 2017 – 5 K 843/17; vgl. auch VG Potsdam, Urteil vom 22. Juni 2016 – 8 K 2979/14).

(5) Der Verband des Beklagten, in dessen Verbandsgebiet das veranlagte Grundstück liegt, war auch bereits seit den 90er Jahren (aufgrund des Gesetzes zur rechtlichen Stabilisierung der Zweckverbände für Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung vom 6. Juli 1998 - StabG, GVBl. I/1998, S.162) rechtlich existent. Bereits der Erlass des materiell rückwirkenden Feststellungsbescheids durch den Landrat des Landkreises Oberhavel führte zur Rückwirkenden Entstehung des Zweckverbands, so dass eine in ähnlich gelagerten Fällen durch den Bevollmächtigten des Beklagten vorgetragene rechtswirksame Gründung des Zweckverbands erst mit Bestandskraft des Feststellungsbescheides nicht mit der Rechtslage in Einklang zu bringen ist. Die infolge der Fiktionsregelungen gegebene materielle Rückwirkung des Stabilisierungsgesetzes ist aus Sicht der an den fehlerhaften Verbandsgründungen beteiligten Gemeinden bei verfassungskonformer Auslegung des § 2 Abs. 2 S. 1 StabG nicht zu beanstanden (VerfGBbg, Urteil vom 20. Januar 2000 - VfGBbg 53/98, 3/99 -; dem sich anschließend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Juni 2017 – OVG 9 S 14.16, hierzu auch Urteil der Kammer vom 20. September 2017 – 5 K 843/17).

(6) Insoweit wird hier den Erwägungen aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27. Juni 2019 – III ZR 93/18 – nicht gefolgt. Die darin vertretene Auffassung bleibt eine in diesem Verfahren unbedeutende Einzelmeinung (vgl. mit ausführlicher Begründung nun auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04. September 2019 – 9 S 18.18).

2.

Durch den rechtswidrigen Erlass des Beitragsbescheids in Gestalt des Widerspruchsbescheids sind die Kläger in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt, denn sie müssen die vom Beklagten mit dem Beitragsbescheid festgesetzte und geforderte Zahlung nicht leisten.

III.

1.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 709 Zivilprozessordnung (ZPO).

2.

Gründe, die Berufung zuzulassen, sind nicht ersichtlich.