Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 8. Senat | Entscheidungsdatum | 23.11.2017 | |
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Aktenzeichen | L 8 R 533/13 | ECLI | ECLI:DE:LSGBEBB:2017:1123.L8R533.13.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Auf die Berufung und die Klage des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 12. Juni 2013 und der Bescheid der Beklagten vom 22. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2012 sowie der Bescheid vom 2. Februar 2015 geändert.
Die Beklagte wird verpflichtet, die Bescheide vom 25. März 2011 und 28. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2011 jeweils ab Rentenbeginn teilweise zurückzunehmen und dem Kläger höhere Renten wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung unter Berücksichtigung der Zeit vom 1. September 1970 bis 31. Mai 1971 als glaubhaft gemachte Beitragszeit im Beitrittsgebiet in der Qualifikationsgruppe 5 der Anlage 13 im Bereich 11 (Bauwirtschaft) der Anlage 14 zum SGB VI sowie der Zeit vom 1. Oktober 1971 bis zum 21. Februar 1973 als glaubhaft gemachte Beitragszeit im Beitrittsgebiet in der Qualifikationsgruppe 5 der Anlage 13 im Bereich 2 (Chemische Industrie) der Anlage 14 zum SGB VI zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des gesamten Rechtsstreits zu einem Drittel zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Kläger begehrt von der Beklagten im Wege der Überprüfung die Gewährung höherer Renten wegen teilweiser und voller Erwerbsminderung unter Berücksichtigung weiterer Beitragszeiten, und zwar:
- der Zeit vom 1. September 1970 bis zum 31. Mai 1971, für die er angibt, im Straßenbau in F bei der B, Betriebsteil F,beschäftigt gewesen zu sein,
- der Zeit vom 1. Oktober 1971 bis 21. Februar 1973, für die er angibt, beim VEB Sprela-Werk Spremberg, Betriebsteil E, beschäftigt gewesen zu sein,
- der Zeiten vom 9. Juni 1978 bis 8. Mai 1979 und
- 2. Februar 1984 bis 1. Oktober 1986,
in denen er jeweils inhaftiert war,
sowie, die als glaubhaft gemacht berücksichtigten Beitragszeiten
- vom 1. September 1967 bis 31. August 1970,
- 13. Januar 1976 bis 24. April 1977
- und 22. Mai 1979 bis 20. Januar 1980
als nachgewiesene Beitragszeiten bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen.
Der 1951 geborene, also jetzt 66 Jahre alte Kläger hatte in der Zeit vom 1. September 1967 bis 31. August 1970 eine Lehre als Autobahnbautechniker absolviert, legte die Prüfung aber - nach seinen Angaben, weil er zu der Prüfung, möglicherweise aus politischen Gründen, nicht zugelassen wurde - nicht ab.
Zu seinem Kontenerklärungsantrag vom 7. September 2006 reichte der Kläger, der nicht mehr im Besitz seines Sozialversicherungsausweises (SVA) Nr. 1 ist, eine Beschäftigungsaufstellung ein. Darin gab er unter anderem an, in der Zeit von September 1970 bis 1971 bei der B, Betriebsteil F, in der Straßener- und -unterhaltung als Straßenbauer gearbeitet zu haben sowie von 1971 bis 1972 beim VEB Sprela-Werke-Spremberg, Betriebsteil E, als Transportarbeiter mit der Reinigung von Kesselwagen beschäftigt gewesen zu sein.
Mit Beschluss des Landgerichts (LG) Frankfurt (Oder) vom 28. August 2001 (Az. 41 BRH 157/00) wurde der Kläger teilweise rehabilitiert, und zwar bezüglich des Ermittlungsverfahrens und des Haftbefehls der Staatsanwaltschaft Fürstenwalde vom 10. Juni 1978, im Übrigen wurde der Rehabilitierungsantrag zurückgewiesen.
Der Landesbetrieb für S, Niederlassung E, hatte auf Anfrage der damaligen Deutschen Rentenversicherung Brandenburg, bei der der Antrag auf Kontenklärung zunächst gestellt worden war, mit Schreiben vom 15. September 2006 mitgeteilt, dass dort bezüglich des Klägers keine Lohnunterlagen vorhanden seien. Die Firma S hatte mit Schreiben vom 13. März 2007 mitgeteilt, dass dort keine Unterlagen aus dem ehemaligen Betriebsteil VEB Plasta Erkner vorhanden seien.
Bezüglich der übrigen vom Kläger angegebenen Beschäftigungsverhältnisse, die in die Zeit des nicht mehr vorhandenen SVA Nr. 1 fielen, wurden Arbeitstätigkeiten vom Nachfolgebetrieb bescheinigt, zum Beispiel die Tätigkeit als Transportarbeiter in der Zeit von März 1967 bis August 1967.
Mit Bescheid vom 23. August 2007 hatte die Beklagte die in dem beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als sechs Kalenderjahre, also bis zum 31. Dezember 2000, zurücklagen, verbindlich gemäß § 149 Abs. 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) festgestellt. Unter anderem bzgl. der Zeit vom 1. September 1970 bis 31. Mai 1971 und 1. Oktober 1971 bis 21. Februar 1973 wurde die Vormerkung von Beitragszeiten bzw. Beschäftigungszeiten abgelehnt.
Gegen den Bescheid vom 23. August 2007 hatte der Kläger am 28. August 2007 Widerspruch eingelegt, der mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 17. Juli 2008 zurückgewiesen wurde. Die Zeit vom 12. August 1968 bis 31. Mai 1971 und 1. Oktober 1971 bis 21. Februar 1973 sei (unter anderen) weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden. Die Beklagte habe die Lücken im Konto überprüft, diverse Stellen angeschrieben, allerdings Negativbescheide erhalten bzw. die Antwort, dass der Name des Klägers dort nicht registriert sei. Auch eine eidesstattliche Versicherung könne nicht erfolgen, da die von dem Kläger gemachten Angaben der Behörde nicht glaubhaft erschienen. Da Nachweise nicht zu erlangen gewesen seien bzw. entsprechende Unterlagen vom Kläger nicht hätten vorgelegt werden können, sei eine Berücksichtigung der beanstandeten Zeiten nicht möglich.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens hatte die Firma D mit Schreiben vom 25. April 2008 mitgeteilt, dass bzgl. der Zeit von Oktober 1971 bis 21. Februar 1973 keine Nachweise für eine Beschäftigung als Transportarbeiter dort hätten gefunden werden können.
Gegen den Bescheid vom 23. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 2008 hatte der Kläger am 18. August 2008 Klage zum Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhoben, die dort unter dem Aktenzeichen S 8 R 592/08 geführt wurde. Diese Klage nahm der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2009 zurück, nachdem die Beklagte sich bereit erklärt hatte, die Zeit von 1967 bis 1970 erneut zu überprüfen und eine Zeit im Jahr 1968 in das Jahr 1967 umzuspeichern.
Zwischenzeitlich hatte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 16. Januar 2009 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1. April 2008 und mit Bescheid vom 22. Januar 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Oktober 2008 bewilligt.
Der Kläger legte Nachweise über seine Haft in der Zeit vom 2. August 1984 bis 30. September 1986 vor sowie eine Bestätigung der Strafvollzugseinrichtung B vom 25. September 1986, wonach zwei Jahre und ein Monat als versicherungspflichtige Tätigkeiten gemäß § 6 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes (StVG) vom 7. April 1977 (Gesetzblatt I der DDR Nr. 11 Seite 109) anzurechnen seien.
Aufgrund eines in der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2009 vorgelegten Personalbogens erkannte die Beklagte die Zeit von 1967 bis 1970 als Lehrzeit an. Dieses Anerkenntnis führte sie mit Bescheiden vom 18. Januar 2010 bzgl. der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und vom 9. Februar 2010 bzgl. der Rente wegen voller Erwerbsminderung aus. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 2. Februar 2010 bzw. 21. Februar 2010 Widerspruch ein. Er begehrte weiterhin die Berücksichtigung der von ihm angegebenen Beschäftigungszeiten.
Mit Schreiben vom 28. April 2010 teilte die R GmbH mit, dass sie keine weiteren Zeiten bestätigen könne.
Am 9. März 2010 hatte der Kläger Klage beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhoben, unter anderem wegen Untätigkeit. Das Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen S 19 R 134/10 geführt. Dieser Rechtsstreit wurde nach Teilanerkenntnis bzgl. der Zeit vom 1. Juli 1970 bis 31. August 1970 als glaubhaft gemachte Pflichtbeitragszeit wegen beruflicher Ausbildung und nach Erteilung der Widerspruchsbescheide vom 17. Juni 2010 bzgl. der Bescheide vom 18. Januar 2010und 9. Februar 2010 im Erörterungstermin vom 22. Februar 2011 vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) durch Rücknahme erledigt.
Mit Bescheid vom 28. März 2011 stellte die Beklagte die Rente wegen voller Erwerbsminderung und mit Bescheid vom 25. März 2011 die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung neu fest. Die Neufeststellung erfolgte wegen der Berücksichtigung der Zeiten vom 1. Juli 1970 bis 31. August 1970, vom 13. Januar 1976 bis zum 24. April 1977 und vom 23. Mai 1979 bis zum 20. Januar 1980. Den hiergegen gerichteten Widerspruch verwarf die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. August 2011 als unzulässig.
Mit Bescheid vom 22. Juni 2011 lehnte die Beklagte auf den Überprüfungsantrag des Klägers vom 18. November 2009 die Berücksichtigung verschiedener Zeiten, unter anderen der Zeit vom 1. September 1970 bis 30. Mai 1971 und vom 1. Oktober 1971 bis 21. Februar 1973, ab mit der Begründung, sie seien weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden. Die Zeiten der Haft hätten ebenfalls nicht anerkannt werden können, da die Rehabilitierung vom Landgericht Frankfurt/Oder mit Beschluss vom 28. Oktober 2001 abgelehnt worden sei. Nach dem Recht der DDR seien für Zeiten des Arbeitseinsatzes während des Strafvollzuges grundsätzlich keine Beiträge zu zahlen gewesen. Entsprechende Zeiten seien daher nicht als Beitragszeiten nach § 248 Abs. 3 SGB VI zu berücksichtigen. Daran habe auch das Strafvollzugsgesetz der DDR vom 7. April 1977, mit dem die Zeit des Arbeitseinsatzes während des Strafvollzuges einer versicherungspflichtigen Tätigkeit gleichgestellt worden sei, nichts geändert. Diese Gleichstellung für die Rentenberechnung nach dem Recht der früheren DDR sei für die Beurteilung im Rahmen des § 248 Abs. 3 SGB VI unbeachtlich, da nach dieser Vorschrift nur Zeiten angerechnet werden könnten, für die tatsächlich Beiträge gezahlt worden seien.
Mit Bescheid vom 28. Juni 2011 bewilligte die Beklagte die Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bis zum 30. September 2014 weiter.
Am 18. Juli 2011 legte der Kläger gegen den Bescheid vom 22. Juni 2011 Widerspruch ein. Er wiederholte darin, dass er in den Fehlzeiten jeweils Arbeitstätigkeiten verrichtet habe. Er legte einen Qualifikationsnachweis als Motorsägenführer vom 17. April 1971, ausgestellt vom Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb S, vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2012 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 22. Juni 2011 zurück.
Bereits am 19. Dezember 2011 hatte der Kläger Klage erhoben, unter anderem wegen Untätigkeit, weil die Aufbewahrungsfristen für Lohnunterlagen der ehemaligen DDR-Betriebe ausliefen. Er begehrte (u.a.) die Anerkennung sämtlicher versicherungspflichtiger Tätigkeiten in der ehemaligen DDR in dem Zeitraum vom 1. März 1967 bis zum 30. Juni 1990 sowie die Anerkennung der Haftzeiten als versicherungspflichtige Arbeitszeiten und rückwirkende Neuberechnung sowie Erstellung eines neuen vollständigen Rentenbescheides. Der SVA sei durch Scheidung, mehrere Umzüge, die Inhaftierung und anschließenden Ortswechsel abhanden gekommen.
Der Kläger hat Auszüge aus seinen Akten des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes der DDR (Stasi-Akten) eingereicht, und zwar einen Bericht der Kreisdienststelle (KD) F vom 2. Dezember 1970, in der der IMV (inoffizieller Mitarbeiter mit vertraulichen Beziehungen zur bearbeiteten Person) „B“ über den Kläger berichtete, dass dieser beim Straßenbau in F tätig sei. In einem weiteren Auszug ist angegeben, dass der Kläger als Arbeiter beim Autobahn-Baukombinat M, Teilbetrieb P tätig sei.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12. Juni 2013 hat der Kläger (nur noch) beantragt, höhere Renten zu bewilligen unter Berücksichtigung der Arbeitszeit ab dem 1. September 1970 im Straßenbau F und der nachfolgenden Tätigkeit in E bis zur Tätigkeit bei der Reichsbahn sowie unter Berücksichtigung der Arbeitszeiten während der Strafhaft als Pflichtbeitragszeiten in der Rentenversicherung.
Mit Urteil vom 12. Juni 2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Änderung der bisherigen Rentenbescheide gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) bestünde nicht. Dem Kläger sei der Nachweis der Zahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) im Sinne des § 248 SGB VI nicht gelungen. Die Beklagte habe mit hohem Aufwand versucht, bei den vom Kläger angegebenen Betrieben bzw. deren Rechtsnachfolgern Lohnunterlagen für den Kläger zu ermitteln. Für eine ganze Reihe von Zeiten sei dies auch gelungen, jedoch nicht für die hier streitgegenständlichen Zeiten ab dem 1. September 1970. Weitere sinnvolle Nachforschungsansätze habe die Kammer aufgrund des Ablaufs der Dokumentenaufbewahrungsfrist und der bereits äußerst umfassenden Bemühungen des Klägers und der Beklagten nicht gesehen.
Für die Zeiten der Haft des Klägers sei sicher, dass keine Beiträge zur Sozialversicherung der DDR abgeführt worden seien. Zu Zeiten der ehemaligen DDR habe es für Gefangenenarbeiten mangels Bestehens eines entsprechenden Arbeitsverhältnisses zwischen Gefangenem und Auftraggeber keine Pflicht zur Abführung von Beiträgen zur Sozialversicherung gegeben (Hinweis auf das Urteil des Landessozialgerichts – LSG – Berlin-Brandenburg vom 05. Juni 2008, Az L 3 R 1148/07). Dass diese Zeiten nach dem damaligen DDR-Recht trotzdem zur Erfüllung eines Sozialversicherungstatbestandes geführt hätten, habe jedoch gemäß § 248 Abs. 3 SGB VI nicht zur Folge, dass diese Zeiten auch in der Bundesrepublik anerkannt würden. Eine Anerkennung der DDR-Rentenanwartschaften ohne entsprechende Beitragszahlung werde gemäß der Übergangsvorschrift Art. 2 des Rentenüberleistungsgesetzes (RÜG) nur für Rentner vorgesehen, die bis 1996 in Rente gegangen seien und damit keine realistische Chance mehr gehabt hätten, auf dem bundesrepublikanischen Arbeitsmarkt durch Arbeitsleistungen und damit einhergehende Erarbeitung von Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung und dem Ansparen einer privaten Altersvorsorge für eine entsprechende Altersvorsorge zu sorgen. Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gehe damit nicht einher.
Der Kläger habe auch nicht glaubhaft gemacht, dass in dem streitigen Zeitraum ab dem 1. September 1970 ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt erzielt und davon Beiträge zur Sozialversicherung der DDR abgeführt worden seien.
Gegen das am 21. Juni 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15. Juli 2013 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens des Klägers wird auf seine Schriftsätze verwiesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 12. Juni 2013 und den Bescheid der Beklagten vom 22. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2012 sowie den Bescheid vom 2. Februar 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter teilweiser Rücknahme der Bescheide vom 25. März 2011 und 28. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2011 die Zeiten vom 1. September 1970 bis 31. Mai 1971 und 1. Oktober 1971 bis 21. Februar 1973 als - nachgewiesene - Beitragszeiten und die Zeiten vom 9. Juni 1978 bis 8. Mai 1979 und 2. Februar 1984 bis 1. Oktober 1986 als Beitragszeiten sowie die als glaubhaft berücksichtigten Beitragszeiten vom 1. September 1967 bis 31. August 1970, 13. Januar 1976 bis 24. April 1977 und 22. Mai 1979 bis 20. Januar 1980 als nachgewiesene Beitragszeiten bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen und ihm ab Rentenbeginn entsprechend höhere Renten wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihr Vorbringen in der ersten Instanz.
Mit Bescheid vom 2. Februar 2015 hat die Beklagte einen weiteren Überprüfungsantrag des Klägers bzgl. der Renten wegen Erwerbsminderung beschieden. Sie hat es darin abgelehnt, die Renten auf Grund von gesetzlichen Änderungen neu zu berechnen, weil sie für den Kläger nicht zuträfen.
In einem Erörterungstermin am 14. Oktober 2015 hat der Kläger unter anderem angegeben, dass der Personalbogen Bl. 445 der Verwaltungsakten der Beklagten aus seiner Kaderakte stamme. Diese sei ihm im Jahr 1990, nach der Pleite der Baugruppe O, die vorher zum Kreisbaubetrieb gehört habe, übergeben worden. Allerdings seien nur noch Reste der Kaderakte vorhanden, für die Zeit von 1967 bis 1975 sei dort nichts mehr enthalten. Er vermute, dass dies deshalb der Fall gewesen sei, weil er vorher unter Beobachtung der Stasi gestanden habe und die Akte diesbezüglich möglicherweise gereinigt worden sei. Wenn man eine neue Arbeit begonnen habe, habe man einen Personalbogen ausfüllen und aus dem Gedächtnis die vorherigen Arbeitsstellen angeben müssen. In dem Personalbogen Bl. 445 der Verwaltungsakten habe er die Angaben für die Zeit von 1967 bis 1977 gemacht. Anschließend handele es sich nicht mehr um seine Schrift. Der Personalbogen sei dann an die weiteren Betriebe weitergegeben worden und habe sich am Ende wie gesagt in der Kaderakte der Baugruppe O befunden.
Die Vertreterin der Beklagten hat aus eigener Erfahrung in der DDR die entsprechende Behandlung des Personalbogens bestätigt.
Der Senat hat versucht, die Stasi-Akte den Kläger betreffend beizuziehen. Nachdem eine Mitarbeiterin des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) telefonisch mitgeteilt hatte, dass eine Beiziehung der gesamten Akten nicht erfolgen könne, hat der Senat mit Schreiben vom 23. Oktober 2015 das Auskunftsersuchen eingegrenzt.
Mit Schreiben vom 8. Dezember 2015 hat die BStU mitgeteilt, dass bzgl. der in Rede stehenden Zeit vom 1. Oktober 1971 bis 21. Februar 1972 keine Unterlagen hätten aufgefunden werden können. Insgesamt lägen aus der Zeit 1971 nur wenige Einträge vor, die einen – indirekten – Anhaltspunkt zur Berufstätigkeit des Klägers enthielten. Sie hat Auszüge aus einem Berichtsbogen der Kreisdienststelle F vom 29. Oktober 1970 übersandt, in dem für den Kläger als Tätigkeit „Bauarbeiter beim VEB Straßenbau Potsdam “ angegeben wird. Weiter liegt ein „Auskunftbericht“ der Kreisdienststelle F vom 12. März 1971 vor, wonach der Kläger als Arbeiter beim A, Teilbetrieb P, bezeichnet wird, sowie ein Abschlussbericht vom 14. Juli 1971, in dem der Kläger als Arbeiter beim „Autobahn-Baukombinat M, Teilbetrieb P “ bezeichnet wird
Nach einem Hinweis des Klägers, dass bei der BStU in F eine Stasi-Akte ihn betreffend vorliege, die den Zeitraum 1966 bis 1988 umfasse, hat der Senat an diese Dienststelle eine Anfrage gerichtet, die von dort nach Berlin abgegeben wurde. Von dort wurde mit Schreiben vom 4. März 2016 mitgeteilt, dass weitere Dokumente für den Kläger nicht vorhanden seien. Die Unterlagen den Kläger betreffend enthielten keinerlei Hinweise oder Angaben zu seinen Arbeitsstellen in der Zeit von Oktober 1971 bis 21. Februar 1972.
Auf entsprechende Nachfragen des Senats hat die Leiterin der Justizvollzugsanstalt (JVA) B mit Schreiben vom 10. März 2016 mitgeteilt, dass sich nach Durchsicht des dort vorhandenen Mikrofilmmaterials kein Nachweis über eine Inhaftierung des Klägers finden lasse. Der Leiter der JVA H hat mit Schreiben vom 14. März 2016 die Akte den Kläger betreffend bzgl. der Inhaftierung in der ehemaligen Strafvollzugseinrichtung B übersandt. Hieraus hat der Senat Kopien von zwei Schreiben gefertigt und den Beteiligten zugänglich gemacht. Dabei handelt es sich unter anderem um eine Aufstellung der Arbeitsstellen, gefertigt vom Kläger, und einen Lebenslauf vom 6. August 1984.
Mit Bescheid vom 17. Juni 2016 hat die Beklagte dem Kläger Regelaltersrente ab dem 1. September 2016 bewilligt. Dieser Bescheid enthält den Zusatz, dass er gemäß § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des anhängigen sozialgerichtlichen Verfahrens werde. Mit Beschluss vom 13. Oktober 2016 hat der Senat das Verfahren bzgl. des Regelaltersbescheides abgetrennt und das Verfahren an das Sozialgericht Frankfurt (Oder) verwiesen.
Einen Antrag des Klägers auf Berücksichtigung von KEZ hat die Beklagte mit Bescheid vom 6. Juli 2016 abgelehnt, der Kläger hat gegen den ablehnenden Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2017 keine Klage erhoben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
Die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 153 SGG). Sie ist auch teilweise begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 12. Juni 2013 und der Bescheid der Beklagten vom 22. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2012 sowie der Bescheid vom 2. Februar 2015 sind insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, als das Sozialgericht und die Beklagte es abgelehnt haben, die Bescheide bzgl. der Gewährung der Renten wegen voller und wegen teilweiser Erwerbsminderung teilweise zurückzunehmen und dem Kläger unter Berücksichtigung der Zeiten vom 1. September 1970 bis 31. Mai 1971 und 1. Oktober 1971 bis zum 21. Februar 1973 als glaubhaft gemachte Beitragszeiten (im Beitrittsgebiet) eine höhere Rente zu gewähren.
Streitgegenständlich sind vorliegend nur der Bescheid vom 22. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2012 sowie der Bescheid vom 2. Februar 2015, mit dem die Erwerbsminderungsrenten – erneut – überprüft wurden. Der Vormerkungsbescheid vom 23. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 2008 hatte sich erledigt durch Erlass der Bescheide vom 16. Januar 2009 und 22. Januar 2009, mit denen Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung bewilligt worden war und die gemäß § 96 SGG Gegenstand des damals anhängigen Klageverfahrens S 8 R 592/08 des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) geworden waren (vgl. zur Erledigung eines Vormerkungsbescheides durch Erlass eines Leistungsbescheides zuletzt das Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 16. Juni 2015, Az. B 13 R 23/14 R, juris Rn.13 = Die Beiträge Beilage 2015, 320). Diese sind durch Rücknahme der Klage in dem Verfahren S 8 R 592/08 bestandskräftig geworden. Die auf den Überprüfungsantrag vom 13. November 2011 (der Kläger bezeichnet diesen immer als am 18. November 2011 gestellt) erlassenen Bescheide vom 18. Januar 2010 (teilweise Erwerbsminderung) und 9. Februar 2010 (volle Erwerbsminderung) in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 17. Juni 2010 sind durch Rücknahme der Klage (nach Teilanerkenntnis) in dem Verfahren S 19 R 134/10 des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) bestandskräftig geworden. Die Widersprüche gegen die Bescheide vom 25. März 2011 (teilweise Erwerbsminderung) und 28. März 2011 (volle Erwerbsminderung), die in Ausführung des Teilanerkenntnisses erfolgten, sind mit Widerspruchsbescheid vom 18. August 2011 als unzulässig verworfen worden, hiergegen hat der Kläger keine Klage erhoben. Im Streit sind damit (nur) Überprüfungsbescheide gemäß § 44 SGB X, und zwar derjenige vom 22. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2012 und der gemäß § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens gewordene Bescheid vom 2. Februar 2015, der als mit Klage angefochten gilt. Voraussetzung für die Anwendung des § 96 Abs. 1 SGG ist u.a. eine zumindest teilweise Identität der Regelungsgegenstände beider Verwaltungsakte, die ähnlich wie der Streitgegenstand durch einen Vergleich beider Verfügungssätze sowie des zugrunde liegenden Sachverhaltes zu ermitteln sind; ein bloßer Sachzusammenhang genügt nicht (BSG, Urteil vom 28. Oktober 2014, Az. B 14 AS 39/13 R, juris Rn 11 = SozR 4-1300 § 44 Nr. 31; so auch B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 96 Rn. 4a m.w.N.). Vorliegend ist Verfügungssatz beider Überprüfungsbescheide, dass eine (teilweise) Rücknahme nicht vorgenommen und keine höhere Rente wegen Erwerbsminderung gewährt wird, dies ist ein zumindest teilidentischer Verfügungssatz.
Der Bescheid vom 28. Juni 2011 über die Weiterbewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung bis 30. September 2014, den der Kläger im Verfahren S 29 R 66/12 des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) angefochten hatte, war hingegen nicht gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 22. Juni 2011 geworden. Der Verfügungssatz des Bescheides vom 28. Juni 2011 hat keinerlei Aussagen zur Höhe der Rente getroffen. Dass dieser Bescheid nicht Gegenstand des Verfahrens geworden ist, bedeutet, dass der Bescheid vom 22. Juni 2011 nicht ersetzt worden ist (und damit gegenstandslos wäre) und auch nicht durch die Erledigungserklärung in dem Verfahren S 29 R 66/12 bestandskräftig geworden ist.
Der Altersrentenbescheid vom 17. Juni 2016 ist entgegen der Auffassung der Beklagten und entgegen seiner Rechtsbehelfsbelehrung nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden und gilt damit nicht als im Berufungsverfahren mit Klage angefochten. Der Senat hat die Klage gegen den Altersrentenbescheid deshalb mit Beschluss vom 13. Oktober 2016 abgetrennt und an das Sozialgericht Frankfurt (Oder) verwiesen.
Rechtsgrundlage für eine (teilweise) Rücknahme der Bescheide über die Bewilligung der Renten wegen Erwerbsminderung vom 25. März 2011 und 28. März 2011 ist § 44 Abs. 1 SGB X. Diese Vorschrift lautet:
Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
Bezüglich der Zeiten vom 1. September 1970 bis 31. Mai 1971 und 1. Oktober 1971 bis zum 21. Februar 1973 hat die Beklagte das Recht unrichtig angewandt, da glaubhaft ist, dass der Kläger in diesen Zeiträumen jeweils ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt erzielt hat. Nachgewiesen ist die Beitragszahlung allerdings nicht, so dass die Anerkennung als nachgewiesene Beitragszeiten gemäß § 248 Abs. 3 Satz 1 SGB VI nicht in Betracht kommt. Diese Vorschrift lautet:
Den Beitragszeiten nach Bundesrecht stehen Zeiten nach dem 8. Mai 1945 gleich, für die Beiträge zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung nach vor dem Inkrafttreten von Bundesrecht geltenden Rechtsvorschriften gezahlt worden sind; dies gilt entsprechend für Beitragszeiten im Saarland bis zum 31. Dezember 1956.
Um die Zahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung der DDR nachzuweisen, wäre die Vorlage des SVA erforderlich, da dieser in der DDR der einzige Nachweis für die Beitragszahlung war. Den SVA kann der Kläger nicht mehr vorlegen. Zeugen, die die Beitragsentrichtung bestätigen könnten, hat er nicht benannt.
Die Beitragszahlung ist jedoch glaubhaft gemacht. Rechtsgrundlage für die Glaubhaftmachung einer Beitragszahlung im Beitrittsgebiet ist § 286b Satz 1 SGB VI. Diese Vorschrift lautet:
Machen Versicherte glaubhaft, dass sie im Beitrittsgebiet in der Zeit vom 9. Mai 1945 bis 31. Dezember 1991 ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt haben und von diesem entsprechende Beiträge gezahlt worden sind, sind die dem Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde liegenden Zeiträume als Beitragszeit anzuerkennen.
Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Dies erfordert mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Es genügt die „gute Möglichkeit“, d.h. es reicht aus, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber aber einer das Übergewicht zukommen (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 8. August 2001, Az. B 9 V 23/01 B, dokumentiert in juris und in SozR 3-3900 § 15 Nr. 4). Nach den bisher vorliegenden Ermittlungsergebnissen spricht mehr dafür als dagegen, dass der Kläger in den genannten Zeiträumen jeweils ein Beschäftigungsverhältnis gegen Entgelt innehatte und hierfür ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt erzielt hat, von dem Beiträge gezahlt worden sind.
Eine versicherungspflichtige Beschäftigung für den Zeitraum 1. September 1970 bis 31. Mai 1971 dürfte auf Grund der Unterlagen der BStU überwiegend wahrscheinlich sein. Gleiches gilt für die Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen. Sofern ein Beschäftigungsverhältnis bestand, wurde in der DDR nach den Erfahrungen des Gerichts fast immer die Beitragsentrichtung ordnungsgemäß durchgeführt. Der Kläger hat von Anfang an angegeben, in dem genannten Zeitraum bei der B, Betriebsteil F,in der Straßener- und -unterhaltung als Straßenbauer gearbeitet zu haben. Die Unterlagen der BStU stützen diesen Vortrag. Es ist dort angegeben, dass er „beim Straßenbau in Fwld.“ tätig ist, und zwar unter dem Datum des 2. Dezember 1970, unter dem über eine Party am 28. November 1970 berichtet wird, so dass auch eine zeitliche Zuordnung möglich ist. Hinzu kommt, dass der Kläger diese Zeit auch bereits in dem Personalbogen von 1977, auf Grund dessen die Beklagte auch eine andere Zeit als glaubhaft gemachte Beitragszeit anerkannt hat, angegeben hatte. Allerdings ist in der vom Senat angeforderten Auskunft der BStU als Beschäftigungsbetrieb der VEB Straßenbau Potsdam bzw. das Autobahnkombinat M, Betriebsteil P angegeben. Diese unterschiedliche Bezeichnung lässt jedoch nicht die überwiegende Wahrscheinlichkeit der Beschäftigung des Klägers als Straßenbauarbeiter entfallen.
Gemäß § 14 Abs. 1 der Verordnung über die Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten – SVO – vom 21. Dezember 1961, GBl. II (der DDR) 1961 Nr. 83 Seite 533, waren Werktätige während der Dauer eines Arbeitsrechtsverhältnisses bei der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten pflichtversichert, wenn der monatliche Arbeitsverdienst mindestens 75,- DM betrug.
Da eine Beschäftigung des Klägers glaubhaft ist, ist auch glaubhaft, dass er einen Verdienst von mindestens 75,00 DM monatlich erzielte. Es ist die Einstufung in die Qualifikationsgruppe 5 der Anlage 13 zu § 256b SGB VI für den Kläger vorzunehmen, da er zwar eine Facharbeiterausbildung absolviert, diese aber nicht mit der dafür vorgesehenen Prüfung abgeschlossen hat. Für den Bereich Bauwirtschaft ist nach der Tabelle 11 der Anlage 14 zu § 256b SGB VI für das Jahr 1970 ein - bereits auf Westniveau hochgewerteter und auf 5/6 gekürzter (siehe Körner in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand Juni 2016, § 256b SGB VI, Rn. 16) - Wert von 10.454 DM angegeben. Dieser geteilt durch den Wert der Anlage 10 zum SGB VI für das Jahr 1970, also von 1,8875, ergibt 5.538,54 DM. Zurückgerechnet auf 6/6 ergibt dies 6.646,25 DM und geteilt durch 12 (Monate) einen Betrag von 553,85 DM monatlich. Da dies der Wert ist, der im Jahr 1970 in etwa von einem Beschäftigten mit der Qualifikation des Klägers in der Bauwirtschaft verdient wurde, ist glaubhaft, dass der Kläger mindestens 75 DM monatlich verdiente. Damit ist auch glaubhaft, dass er versicherungspflichtig war und für ihn Beiträge entrichtet wurden. Nach den Erfahrungen des Senats wurde die Beitragszahlung in der DDR sehr ernst genommen und wurden dann, wenn Versicherungspflicht bestand, auch entsprechende Beitragszahlungen vorgenommen.
Die Zuordnung für die Zeit vom 1. September 1970 bis zum 28. Februar 1971 ist gemäß § 256b Abs. 1 Satz 1 SGB VI nach der Anlage 13 in Verbindung mit Anlage 14 zum SGB VI vorzunehmen. Der Kläger ist, wie bereits erläutert, in die Qualifikationsgruppe 5 (Angelernte und ungelernte Tätigkeiten) einzustufen und dem Bereich Bauwirtschaft zuzuordnen. Dass der Kläger möglicherweise aus politischen Gründen die Ausbildung nicht abschließen konnte, kann nicht berücksichtigt werden, da er tatsächlich die Facharbeiterqualifikation nicht besitzt. Ggfs. müsste er diesbezüglich einen Antrag auf Berufliche Rehabilitierung stellen.
Auch bezüglich der Zeit vom 1. Oktober 1971 bis 21. Februar 1973, für die der Kläger angegeben hat, beim VEB Sprela-Werk Spremberg, Betriebsteil E, beschäftigt gewesen zu sein, ist eine Glaubhaftmachung gelungen. Hier sind zwar außer den eigenen Angaben des Klägers keine weiteren Unterlagen oder Zeugenaussagen vorhanden, die eine Beschäftigung während dieser Zeit belegen, auch blieben die Ermittlungen der Beklagten und der Gerichte diesbezüglich ergebnislos. Gleichwohl sieht der Senat es als überwiegend wahrscheinlich an, dass der Kläger auch in diesem Zeitraum eine Tätigkeit verrichtet hat, für die Beiträge entrichtet wurden. Dafür spricht zum einen, dass sämtliche anderen Zeiten, die der Kläger angegeben hat, entweder von den (Nachfolge-) Betrieben bestätigt wurden oder auf Grund anderer Unterlagen, z.B. der Stasiakten, als glaubhaft gemacht anzusehen sind. Zum anderen spricht für eine beitragspflichtige Tätigkeit des Klägers in diesem Zeitraum, dass er diese Tätigkeit auch bereits in dem Personalbogen von 1977 angegeben hatte. Es ist kein Grund ersichtlich, aus dem er zum damaligen Zeitpunkt diesbezüglich eine falsche Angabe hätte machen sollen, zumal Falschangaben zum damaligen Zeitpunkt noch sehr viel leichter nachzuweisen gewesen wären. Weiter hat der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung vom 23. November 2017 für den Senat überzeugend seine damalige Tätigkeit geschildert. Unschädlich ist für den Senat auch, dass während dieses Zeitraums für ca. ein Vierteljahr noch eine andere Tätigkeit ausgeübt wurde, und zwar im Teerwerk E. Auch diesbezüglich sind die von dem Kläger in dem Verhandlungstermin vom 23. November 2017 gemachten Angaben nachvollziehbar und glaubhaft.
Die Zuordnung für die Zeit vom 1. Oktober 1971 bis 21. Februar 1973 ist ebenfalls gemäß § 256b Abs. 1 Satz 1 SGB VI nach der Anlage 13 in Verbindung mit Anlage 14 zum SGB VI vorzunehmen. Der Kläger ist auch hier in die Qualifikationsgruppe 5 (Angelernte und ungelernte Tätigkeiten) einzustufen. Da hier nicht eindeutig zu bestimmen war, welchem Bereich die vom Kläger verrichtete Beschäftigung zuzuordnen ist, nämlich dem der Chemischen Industrie (Tabelle 2 der Anlage 14 zum SGB VI) oder dem der Energie- und Brennstoffindustrie (Tabelle 1 der Anlage 14 zum SGB VI), hat der Senat die niedrigeren für den Bereich Chemische Industrie festgelegten Entgelte zu Grunde gelegt. So ist sichergestellt, dass nicht eine höhere Bewertung erfolgt, die nicht glaubhaft gemacht worden ist.
Die Zeiten der Haft (vom 9. Juni 1978 bis 8. Mai 1979 und 2. Februar 1984 bis 1. Oktober 1986) können nicht als Beitragszeiten berücksichtigt werden, da für sie nicht, wie es für die Berücksichtigung als Beitragszeit gemäß § 248 Abs. 3 Satz 2 SGB VI notwendig wäre, Beiträge in der DDR entrichtet wurden. Während des Arbeitseinsatzes in der Haft stand der Kläger nicht in einem beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 1 der Verordnung zur Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 17. November 1977 (GBl. I der DDR Seite 373). Diese Bestimmung setzte für die Versicherungspflicht ein Arbeitsrechtsverhältnis voraus. Ein solches Arbeitsrechtsverhältnis lag bei dem Einsatz von Strafgefangenen jedoch nicht vor. Das folgt aus § 22 Abs. 2 Satz 3 StVG der DDR vom 7. April 1977 (GBl. I Nr. 11 Seite 109). Darin wurde ausdrücklich klargestellt, dass der Arbeitseinsatz von Strafgefangenen kein Arbeitsrechtsverhältnis begründete (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 20. November 2003, Az. L 2 RJ 546/02, juris Rn. 21 m.w. N.).
Etwas anderes folgt auch nicht aus der zu den Akten gereichten Bescheinigung der Strafvollzugseinrichtung B. Darin wird unter Bezugnahme auf § 6 Abs. 3 StVG bestätigt, dass zwei Jahre und ein Monat an Arbeitseinsatz als versicherungspflichtige Tätigkeit anzurechnen sind. § 6 Abs. 3 StVG sah jedoch lediglich vor, dass die Dauer eines Arbeitseinsatzes nach der Haftentlassung der Zeit einer versicherungspflichtigen Tätigkeit gleichgestellt wurde. Damit liegt gerade keine versicherungspflichtige Tätigkeit vor, denn anderenfalls ergibt die gesetzlich angeordnete Gleichstellung mit einer versicherungspflichtigen Tätigkeit keinen Sinn. Die Gleichstellung bewirkte nach § 2 Abs. 2 Buchst. q der Verordnung über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialpflichtversicherung vom 23. November 1979 (GBl. I Nr. 38 S. 401) nur die Erhöhung der bei der Rentenberechnung zu berücksichtigenden Arbeitsjahre, machte die Haftzeiten aber nicht zu Beitragszeiten. Insoweit blieben die Haftzeiten konsequenterweise auch bei der Ermittlung des beitragspflichtigen Gesamtarbeitsverdienstes der letzten zwanzig Arbeitsjahre vor Rentenbeginn außer Betracht (vgl. Urteil des Thüringer LSG vom 20. November 2003, aaO., juris Rn. 22; Gürtner in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 248 SGB VI, Rn. 34).
Soweit der Kläger die Berücksichtigung der als glaubhaft gemachten Zeiten vom 1. September 1967 bis 31. August 1970, 13. Januar 1976 bis 24. April 1977 und 22. Mai 1979 bis 20. Januar 1980 als nachgewiesene Beitragszeiten geltend gemacht hat, war die Berufung zurückzuweisen. Wie oben bereits erläutert, kann ein Nachweis nur durch den SVA erfolgen, möglicherweise auch noch über die Zeugenaussage derjenigen Person, die die Beitragsabführung durchgeführt hat. Beides ist hier nicht gegeben. Da der SVA nicht vorliegt, bzw. teilweise in dem SVA Nr. 2 nur die Beschäftigungen, aber nicht die Entgelte eingetragen sind, kommt eine Berücksichtigung der genannten Zeiten nur als glaubhaft gemacht in Betracht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.