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Beschwerdebegründung ohne Unterschrift; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, abgelehnt, wirksame Postausgangskontrolle nicht glaubhaft gemacht; naturschutzrechtliche Ordnungsverfügung; Beseitigung von ungenehmigten Zäunen; formelle Illegalität ausreichend


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 11. Senat Entscheidungsdatum 25.06.2010
Aktenzeichen OVG 11 S 33.09 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 60 VwGO, § 146 Abs 4 S 1 VwGO, § 146 Abs 4 S 4 VwGO, § 10 Abs 2 Nr 9 NatSchG BB, § 17 Abs 6 S 2 NatSchG BB, § 4 Abs 2 S 2 Nr 1 PotsWaldLSchGebV BB

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 18. Mai 2009 wird verworfen.

Die Kosten der Beschwerde tragen die Antragsteller.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

1. Die Beschwerde ist bereits unzulässig, weil sie nicht innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO begründet worden ist. Der mit der Beschwerde angefochtene und mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehene Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 18. Mai 2009 ist den Antragstellern am 28. Mai 2009 zugestellt worden. Zwar ist die Beschwerde am 8. Juni 2009 fristgemäß erhoben worden. Die Begründung der Beschwerde ging am letzten Tag der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO - dies war Montag, der 29. Juni 2009 - bei dem Oberverwaltungsgericht jedoch lediglich als nicht unterschriebenes Telefax ein. Ein unterschriebenes Exemplar des Begründungsschriftsatzes übermittelte der Bevollmächtigte der Antragsteller dem Gericht erst am 30. Juni 2009 und damit außerhalb der gesetzlichen Frist ebenfalls per Telefax.

Der fristwahrende Eingang eines vom Bevollmächtigten der Antragsteller unterzeichneten Beschwerdebegründungsschriftsatzes ist nicht entbehrlich. Mit der eigenhändigen Unterschrift soll die verlässliche Zurechenbarkeit des Schriftsatzes sichergestellt werden. Es muss gewährleistet sein, dass nicht nur ein Entwurf, sondern eine gewollte Prozesserklärung vorliegt, ferner dass die Erklärung von einer bestimmten Person herrührt und diese für den Inhalt die Verantwortung übernimmt. Die Unterschrift ist das im Rechtsverkehr typische Merkmal, um den Urheber eines Schriftstücks und seinen Willen festzustellen, die niedergelegte Erklärung in den Verkehr zu bringen. Zwar kann sich in besonderen Fällen aus dem Schriftsatz allein oder in Verbindung mit beigefügten Unterlagen die Urheberschaft und der Wille, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen, hinreichend sicher ergeben. Um einen nicht unterschriebenen Schriftsatz demjenigen zuzurechnen, den es als Verfasser und Absender angibt, müssen jedoch weitere Umstände erkennen lassen, dass das Schriftstück von dem stammt und mit dem Willen dessen in den Rechtsverkehr gelangt ist, dem es zugerechnet werden soll (vgl. zum vorstehenden insgesamt BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1988 - 9 C 40/87 -, NJW 1989, 1175). Derartige Umstände sind hier nicht ersichtlich und im Übrigen von den Antragstellern auch nicht geltend gemacht worden.

Den Antragstellern kann auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 VwGO gewährt werden, da sie nicht glaubhaft gemacht haben, dass ihr Prozessbevollmächtigter ohne Verschulden verhindert war, die Beschwerdebegründungsfrist einzuhalten. Das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten ist ihnen nach § 173 VwGO in Verbindung mit § 85 Abs. 2 ZPO wie eigenes Verschulden zuzurechnen. Zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsgesuches haben die Antragsteller vorgetragen, dass eine namentlich genannte Kanzleimitarbeiterin dem Prozessbevollmächtigten den Begründungsschriftsatz vom 26. Juni 2009 am 29. Juni 2009 mit der gesamten Tagespost zur Unterzeichnung vorgelegt habe. Der Prozessbevollmächtigte habe zwischen 17:30 Uhr und 18:00 Uhr die gesamte Tagespost unterzeichnet und die Mitarbeiterin angewiesen, zur Wahrung der Beschwerdefrist die Begründung per Telefax an das Oberverwaltungsgericht zu übersenden. Aus dem Prozessbevollmächtigten unerklärlichen Gründen sei der Begründungsschriftsatz nicht unterzeichnet worden, oder aber irrtümlich ein falsches, lediglich für die Akte des Prozessbevollmächtigten bestimmtes Exemplar per Telefax an das Oberverwaltungsgericht übersandt worden. Die Mitarbeiterin sei grundsätzlich angewiesen, alle von der Kanzlei abgehenden Schriftstücke auf Vollständigkeit und Vorhandensein der Unterschrift zu überprüfen. Es handele sich bei ihr um eine geschulte und zuverlässige Bürokraft, die, wie regelmäßige Kontrollen des Prozessbevollmächtigten ergeben hätten, seit 18 Jahren sorgfältig und fehlerlos die Korrespondenz prüfe und versende. Sie habe am 30. Juni 2009 bei Dienstbeginn aus dem Faxgerät die versendeten Schriftsätze entnommen und dabei festgestellt, dass das am Vorabend übersendete Exemplar des Begründungsschriftsatzes nicht unterschrieben gewesen sei. Auf sofortige Anweisung des Prozessbevollmächtigten sei daraufhin unverzüglich ein mit Unterschrift versehenes Exemplar des Schriftsatzes nochmals per Fax an das Gericht übermittelt worden.

Dieses Vorbringen ist schon in sich nicht widerspruchsfrei, weil die Unterzeichnung des Schriftsatzes am 29. Juni 2009 ("mit der gesamten Tagespost") zunächst behauptet, dann aber wieder infrage gestellt wird was schon einen anwaltlichen Fehler – Nichtunterschreibung trotzt Vorlage mit der Tagespost – nicht ausschließt. Jedenfalls aber mangelt es an der Glaubhaftmachung des Fehlens eines eigenen (Organisations-) Verschuldens des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller. Fehlt unter einem fristwahrenden Schriftsatz die Unterschrift des Prozessbevollmächtigten, so beruht dies in aller Regel auf einem schuldhaften Verhalten desselben. Denn bei der Anfertigung von Rechtsmittelschriften handelt es sich grundsätzlich um eine eigenverantwortliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten. Ist die Prüfung des Vorhandenseins der Unterschrift auf Mitarbeiter übertragen worden, so kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, sofern glaubhaft gemacht wird, dass im Rahmen der Büroorganisation des Prozessbevollmächtigten dafür Vorsorge getroffen worden ist, dass die Einhaltung der Fristen mit Sicherheit gewahrt wird. Dies erfordert eine wirksame Ausgangskontrolle, die voraussetzt, dass die Organisation des Betriebsablaufs so gestaltet ist, dass eine Fristversäumung infolge Absendung nicht unterschriebener Schriftsätze in allen - auch in außergewöhnlichen, aber voraussehbaren - Fällen vermieden wird. Das - formelhafte - Vorbringen eines Rechtsanwalts, der mit der Weiterleitung der Post beauftragte Mitarbeiter, zu dessen Aufgaben die Überprüfung der Schriftsätze auf Vollständigkeit gehöre, sei sorgfältig ausgesucht, zuverlässig, und werde regelmäßig kontrolliert, genügt zur Entlastung nicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Februar 1992 - 2 B 92/91 -, bei Juris).

Eine in diesem Sinne wirksame Ausgangskontrolle ihres Prozessbevollmächtigten haben die Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Sie tragen lediglich vor, dass dessen Mitarbeiterin "grundsätzlich" angewiesen sei, alle von der Kanzlei abgehenden Schriftstücke auf Vollständigkeit und Vorhandensein der Unterschrift zu überprüfen. Schon das spricht gegen eine die oben genannten Voraussetzungen erfüllende strikte Büroanweisung. Überdies wird eine entsprechende Anweisung in der zur Glaubhaftmachung eingereichten eidesstattlichen Versicherung der Mitarbeiterin vom 10. Juli 2009 nicht bestätigt. Denn darin berichtet die Mitarbeiterin lediglich über eine Kanzleianweisung, die fristwahrende Versendung nochmals auf dem Protokoll des Faxgerätes zu überprüfen. Da dieses jedoch nur über die Ver-sendedaten aus Seite 1 informiere, sei ihr nicht aufgefallen, dass das von ihr in das Faxgerät eingelegte Exemplar des Schriftsatzes nicht unterschrieben gewesen sei. Zwar wird in der eidesstattlichen Versicherung weiter ausgeführt, dass die Mitarbeiterin grundsätzlich jeden Schriftsatz auf Vollständigkeit, insbesondere auch auf das Vorhandensein der Unterschrift, überprüfe. Dass sie jedoch zu solch einer Überprüfung strikt angewiesen war, lässt sich der eidesstattlichen Versicherung nicht entnehmen.

2. Im Übrigen ist die Beschwerde auch nicht begründet, denn das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine Änderung des angefochtenen Beschlusses. Das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der noch streitigen Regelungen der Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 5. November 2008, mit denen den Antragstellern aufgegeben worden ist, auf ihrem Grundstück näher bezeichnete Zäune, nämlich Sichtschutzzäune am Schuppen, an der Einfahrt und am Wohnwagen sowie einen Metallgitterzaun zwischen Straße und Uferlinie, vollständig zu entfernen, überwiegt auch gemessen am Beschwerdevorbringen das private Interesse der Antragsteller am vorläufigen Aufschub dieser Regelungen.

Gemäß § 17 Abs. 6 Satz 2 BbgNatSchG, auf den die angegriffene Ordnungsverfügung gestützt ist, kann die zuständige Naturschutzbehörde die Wiederherstellung des früheren Zustandes anordnen, wenn ein Eingriff ohne die erforderliche Zulassung oder Anzeige vorgenommen worden ist. Dass diese Voraussetzungen hier erfüllt sind, hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt (Beschlussabdruck Seite 3, 3. Absatz bis Seite 4, 1. Absatz). Hierauf kann zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Betrachtung. Soweit die Antragsteller einen Eingriff mit der Begründung verneinen, dass der ursprünglich vorhandene teilweise stark beschädigte und von der Straße zur Uferlinie verlaufende Zaun durch den in Rede stehenden, zur Vermeidung von Beschädigungen am Wildaufwuchs teilweise um 1 bis 2 m versetzten Metallgitterzaun erneuert worden sei und es deshalb an einer wesentlichen Änderung der vorhandenen baulichen Anlage fehle, kann ihnen nicht gefolgt werden. Denn bei dem in Rede stehenden Metallgitterzaun handelt es sich um eine komplette Neuerrichtung und nicht lediglich um die Änderung einer vorhandenen baulichen Anlage, bei der sich die Frage nach der Erheblichkeit stellen könnte. Ebenso wenig ändert es etwas am tatbestandlichen Vorliegen eines Eingriffs, dass nach Auffassung der Antragsteller der Sichtschutzzaun den optischen Eindruck des Grundstückszustandes verbessern und der Metallgitterzaun illegalen Müllablagerungen entgegenwirken soll. In diesem Zusammenhang sei lediglich angemerkt, dass dem senkrecht zur Straße verlaufenden Metallgitterzaun unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung illegaler Müllablagerungen keine wesentliche Bedeutung zukommen dürfte. Effektiv könnte insofern allenfalls eine Abzäunung des gesamten Grundstücks parallel zur Bundesstraße sein, deren Genehmigung nach eigenem Vortrag der Antragsteller beim Antragsgegner lediglich beantragt wurde und zudem nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist.

Auch gegen die Rechtmäßigkeit der behördlichen Ermessensausübung haben die Antragsteller mit ihrem Beschwerdevorbringen keine durchgreifenden Einwände vorgebracht. Soweit die von ihnen angesprochene Frage der Genehmigungsfähigkeit der zu beseitigenden Zäune auf Rechtsfolgenseite Relevanz erlangen sollte, ist jedenfalls zu berücksichtigen, dass der Abbau von Zäunen regelmäßig nicht zu deren Zerstörung führt, so dass diese einer Wiederverwendung zugänglich bleiben.

Ferner ist mit dem Verwaltungsgericht davon auszugehen, dass an der sofortigen Vollziehung der noch streitigen Regelungen ein besonderes öffentliches Interesse besteht. Die sowohl vom Verwaltungsgericht als auch vom Antragsgegner im angegriffenen Bescheid angeführte Gefahr einer Vorbildwirkung würde nicht dadurch infrage gestellt, dass die benachbarten Grundstücke, wie von den Antragstellern geltend gemacht, bereits parzelliert und damit eingezäunt wären. Denn auch in diesem Fall bestünde ein erhebliches öffentliches Interesse daran, dem Eindruck entgegenzuwirken, eigenmächtiges naturschutzrechtlich illegales Verhalten werde zumindest einen begrenzten Zeitraum hingenommen.

Soweit der Antragsteller schließlich die Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der für erledigt erklärten Teile des Rechtsstreits angreifen, steht der von ihnen begehrten Änderung der Kostenquote § 158 Abs. 2 VwGO entgegen.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).