Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 10. Kammer | Entscheidungsdatum | 26.06.2014 | |
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Aktenzeichen | 10 Sa 571/14 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 12 TV-L |
Sachbearbeiter in einem Versorgungsamt, die Vorverfahren und Klageverfahren ausschließlich in Schwerbehindertenangelegenheiten bearbeiten, sind in Entgeltgruppe E 10 eingruppiert. Beschlüsse der TdL über die Anwendung von Richtlinien haben keinerlei Außenwirkung.
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom 18. September 2013 - 5 Ca 1427/12 - abgeändert.
Es wird festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 3. Februar 2010 nach Maßgabe der Entgeltgruppe 10 des TV-L zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen der Entgeltgruppe 9 und der Entgeltgruppe 10 beginnend mit dem 3. Februar 2010 ab dem jeweiligen ersten des Folgemonats mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt das beklagte Land.
III. Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 14.400,00 EUR festgesetzt.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin sowie die Verpflichtung des beklagten Landes die daraus resultierende Differenzvergütung nebst Zinsen zu zahlen.
Die Klägerin ist 59 Jahre alt (….. 1955) und aufgrund eines Arbeitsvertrages vom April 1991 seit dem 1. Mai 1991 als Angestellte beschäftigt. Nach § 2 des Formulararbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT-O und den diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung.
Seit dem 1. Januar 2005 ist die Klägerin als Sachbearbeiterin „Rechts- und Prozessangelegenheiten, Feststellungsverfahren SGB IX“ beim Landesamt für Soziales und Versorgung des Landes Brandenburg (LASV) beschäftigt. Ihre Tätigkeit ist ausweislich einer vom beklagten Land erstellten Tätigkeitsdarstellung vom 20. Juni 2008 (Bl. 104-109 d.A.) dem Dezernat 24 (Rechts- und Prozessangelegenheiten/Regress SER) zugeordnet. Mittlerweile ist diese inhaltlich unveränderte Tätigkeit dem Dezernat 31 (Schwerbehindertenrecht Grundsatz und Rechtsangelegenheiten) zugeordnet. Die von der Klägerin auszuübende Tätigkeit ist beschrieben mit:
• Bearbeitung von Streitverfahren erster und zweiter Instanz in Schwerbehindertenangelegenheiten (SGB IX)
• Bearbeitung von Eingaben und Beschwerden in Schwerbehindertenangelegenheiten
• Bearbeitung von Widersprüchen in Kostenangelegenheiten im Rahmen von Widerspruchsverfahren in Schwerbehindertenangelegenheiten
Für die Bearbeitung von Streitverfahren erster und zweiter Instanz in Schwerbehindertenangelegenheiten (SGB IX) wurde von dem beklagten Land ein Zeitanteil von 85% an der Gesamtarbeitszeit der Klägerin ermittelt, für die Bearbeitung von Eingaben und Beschwerden in Schwerbehindertenangelegenheiten 10% und für die Bearbeitung von Widersprüchen in Kostenangelegenheiten im Rahmen von Widerspruchsverfahren in Schwerbehindertenangelegenheiten 5%.
Nach vorangegangener Eingruppierung in die Vergütungsgruppe Vb BAT/BAT-O erhielt die Klägerin infolge eines Bewährungsaufstiegs seit dem 1. Mai 2001 Vergütung nach der Vergütungsgruppe IVb BAT-O. Zum 1. November 2006 wurde die Klägerin gemäß Anlage 2 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) in die Entgeltgruppe 9 des TV-L übergeleitet.
Mit Schreiben vom 3. August 2010 hat die Klägerin die Eingruppierung in die hier begehrte Entgeltgruppe 10 sowie die Nachzahlung der daraus resultierenden Differenzbeträge geltend gemacht. Nachdem das beklagte Land dem nicht nachgekommen war, erhob die Klägerin am 9. Oktober 2012 Klage vor dem Arbeitsgericht Cottbus.
Die Klägerin meinte, dass sie die Merkmale der Fallgruppe 1a der Vergütungsgruppe IVa im Teil I der Vergütungsordnung zum BAT/BAT-O erfülle. Sie übe besonders verantwortungsvolle Tätigkeiten aus, die besonders schwierig und bedeutsam seien. Für diese Tätigkeiten seien gründliche und umfassende Fachkenntnisse erforderlich. Die Klägerin besitze umfangreiches Erfahrungswissen und erledige die ihr übertragenen Aufgaben völlig selbständig. Ausweislich der Entgeltordnung Teil II zum TV-L würden bei der Entgeltgruppe 10 unter Nr. 1 explizit Sachbearbeiter in der Rechtsabteilung eines Landesversorgungsamtes, die mit der Bearbeitung von Vorverfahren sowie Streitverfahren erster oder zweiter Instanz betraut sind, aufgeführt. Entsprechendes finde sich auch in der Vergütungsgruppe IVa des Teils I der Anlage 1a zum BAT/BAT-O.
Die Klägerin hatte beantragt,
festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 3. Februar 2010 nach Maßgabe der Entgeltgruppe 10 des TV-L zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen der Entgeltgruppe 9 und der Entgeltgruppe 10 beginnend mit dem 3. Februar 2010 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt und hilfsweise seit Rechtshängigkeit mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.
Das beklagte Land hatte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das beklagte Land entgegnete, dass die Klägerin eine schlichte Sachbearbeiterin in einem Versorgungsamt sei, die Vorverfahren sowie Streitverfahren erster oder zweiter Instanz für Schwerbehindertenangelegenheiten bearbeite. Diese Tätigkeit sei entsprechend Teil IV Abschnitt F Unterabschnitt 5 der Vergütungsordnung zum BAT/BAT-O in Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1b mit einem Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 1b nach 4 Jahren eingruppiert. Die von der Mitgliederversammlung der TdL am 23. Oktober 2012 beschlossene Richtlinie über die Eingruppierung der Beschäftigten in der Versorgungsverwaltung der Länder (TdL-Richtlinie) sehe für die Tätigkeit der Klägerin eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 Fallgruppe 2 vor. Eine höhere Eingruppierung komme nicht in Betracht, da die Tätigkeit der Klägerin auf die Bearbeitung von Schwerbehindertenangelegenheiten beschränkt sei. Eine höhere Eingruppierung käme nach der TdL-Richtlinie nur dann in Betracht, wenn die Tätigkeit der Klägerin nicht auf Schwerbehindertenangelegenheiten beschränkt wäre. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei ihre Tätigkeit nicht besonders verantwortungsvoll. Auch eine besondere Schwierigkeit und eine besondere Bedeutung seien ebensowenig anzunehmen wie das Erfordernis von gründlichen und umfassenden Fachkenntnissen.
Mit Urteil vom 18. September 2013 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe die tariflichen Voraussetzungen der Entgeltgruppe 10 nicht schlüssig vorgetragen. Die Entgeltgruppe E 10 entspreche der Vergütungsgruppe IVa BAT-O. Die Voraussetzungen der Fallgruppen 1a oder 1b der Vergütungsgruppe IVa des allgemeinen Teils der Vergütungsordnung habe die Klägerin nicht dargelegt. Bei den dort hinführenden Aufbaufallgruppen könne zwar aufgrund des Parteivortrages davon ausgegangen werden, dass die Klägerin die Voraussetzungen der Fallgruppen 1a, 1b und 1c der Vergütungsgruppe Vb erfülle und ihre Tätigkeit selbständige Leistungen verlange. Auch das Erfordernis gründlicher und umfassender Fachkenntnisse könne angenommen werden. Die Klägerin habe aber weder eine besondere Verantwortung in ihrer Tätigkeit noch deren besondere Schwierigkeit und Bedeutung dargelegt.
Gegen dieses den Klägerinvertretern am 17. Februar 2014 zugestellte Urteil haben diese am 13. März 2014 Berufung eingelegt und nach entsprechender Verlängerung der Begründungsfrist am 16. Mai 2014 begründet.
Zur Begründung führt die Klägerin aus, dass das Arbeitsgericht übersehen habe, dass die Fallgruppe 4 der Vergütungsgruppe IVa des allgemeinen Teils der Vergütungsordnung zum BAT/BAT-O einschlägig sei. Diese habe die gleichen Voraussetzungen wie die Entgeltgruppe 10 des Abschnitts 4 des Teils II der Entgeltordnung zum TV-L. Da die dort genannte Tätigkeit einem Arbeitsvorgang mit 85% der Gesamtarbeitszeit der Klägerin entspreche, habe sie zumindest ab dem 1. Januar 2012 einen entsprechenden Anspruch. Im Übrigen habe sie aber auch dargelegt, dass sie neben den unstreitig vorhandenen Tätigkeitsmerkmalen der gründlichen und umfassenden Fachkenntnisse und der selbständigen Leistungen in ihrer Tätigkeit eine besondere Verantwortung ausübe und die Tätigkeit von besonderer Schwierigkeit und Bedeutung sei.
Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom 18. September 2013 – 5 Ca 1427/12 – abzuändern und festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 3. Februar 2010 nach Maßgabe der Entgeltgruppe 10 des TV-L zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen der Entgeltgruppe 9 und der Entgeltgruppe 10 beginnend mit dem 3. Februar 2010 ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt und hilfsweise seit Rechtshängigkeit mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.
Das beklagte und berufungsbeklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das beklagte Land wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag. Maßgeblich sei die TdL-Richtlinie. Darüber hinaus habe die Klägerin die Tatsachen, aus denen auf die notwendigen tariflichen Wertigkeiten geschlossen werden könne, nicht dargelegt. Im Übrigen sei die Klägerin aber auch nicht in der Rechtsabteilung eines Landesversorgungsamtes tätig.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsbegründung der Klägerin vom 14. Mai 2014 sowie auf die Berufungsbeantwortung des beklagten Landes vom 17. Juni 2014, ihren Schriftsatz vom 25. Juni 2014 und das Sitzungsprotokoll vom 26. Juni 2014 Bezug genommen.
I.
Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht im Sinne der §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 Zivilprozessordnung (ZPO) eingelegt und begründet worden.
II.
Sie ist auch begründet, so dass insoweit die angefochtene Entscheidung abzuändern war. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts und des beklagten Landes ist die Klägerin aufgrund ihrer auszuübenden Tätigkeit nicht in Entgeltgruppe 9, sondern zutreffend in die Entgeltgruppe 10 eingruppiert.
1.
Die Feststellungsklage ist zulässig. Die Erfordernisse des § 256 Abs. 1 ZPO sind gewahrt. Das erstrebte Urteil ist trotz seiner lediglich feststellenden und einer Vollstreckung nicht zugänglichen Wirkung geeignet, den Streit der Parteien über die Berechnung der Vergütung beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden.
Der von § 256 Abs. 1 ZPO verlangte Gegenwartsbezug des Rechtsverhältnisses wird dadurch hergestellt, dass die Klägerin die Erfüllung konkreter, auf ein höheres Entgelt gerichteter Ansprüche aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum und damit gegenwärtige rechtliche Vorteile erstrebt (vgl. etwa BAG, Urteil vom 27. März 2014 - 6 AZR 571/12). Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse besteht. Mit dem angestrebten Feststellungsurteil wird die Eingruppierung der Klägerin und mit ihr die Berechnung der Vergütung auch zukunftsbezogen dem Streit der Parteien entzogen. Das rechtfertigt die Annahme eines rechtlichen Interesses. Dafür sprechen unter anderem prozessökonomische Gründe. Die Klägerin war deswegen nicht gehalten, objektiv gehäufte Leistungsklagen zu erheben
2.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand aufgrund arbeitsvertraglicher Verweisung bis zum 31. Oktober 2006 der BAT-O und finden seither der TV-L und der TVÜ-Länder Anwendung.
Da die Eingruppierung im TV-L (§ 12) zunächst ungeregelt blieb, galten nach § 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Länder die §§ 22, 23 BAT/BAT-O einschließlich der in der Anlage 1a von den Tarifvertragsparteien vereinbarten Vergütungsordnung bis zum 31. Dezember 2011 fort. Die Eingruppierung der Klägerin richtete sich demnach bis zum 31. Dezember 2011 nach den tariflichen Bestimmungen des TVÜ-Länder und des BAT/BAT-O. Seit dem 1. Januar 2012 erfolgt die Eingruppierung nach § 12 TV-L in Verbindung mit der von den Tarifvertragsparteien in Anlage A zum TV-L vereinbarten Entgeltordnung.
2.1
Sachbearbeiter in der Rechtsabteilung eines Landesversorgungsamtes, die Vorverfahren sowie Streitverfahren erster oder zweiter Instanz bearbeiten, waren entsprechend § 22 BAT-O in Verbindung mit dem Allgemeinen Teil der Vergütungsordnung zum BAT/BAT-O entsprechend der dortigen Fallgruppe 4 in die Vergütungsgruppe IVa eingruppiert. Eine Überleitung aus dieser Vergütungsgruppe in den TV-L hätte entsprechend Anlage 2 Teil A TVÜ-Länder in die Entgeltgruppe 10 geführt.
2.1.1
Die Klägerin ist unstreitig Sachbearbeiterin.
2.1.2
Die Klägerin hat ihre Tätigkeit auch ursprünglich im Dezernat 24 und mittlerweile im Dezernat 31 in einer Rechtsabteilung auszuüben. Denn eine Rechtsabteilung ist eine Abteilung bzw. ein Referat in einem Unternehmen oder einer Behörde, in dem von Juristinnen und Juristen sowie Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern die rechtlichen Fragestellungen des Unternehmens oder der Behörde bearbeitet werden. Rechtsabteilungen sind in ihrer Organisation ebenso vielfältig, wie es die Behörden sind, die eine Rechtsabteilung einrichten (vgl. etwa Wilke in Lenz (Hrsg.), Die Rechtsabteilung, 2012, S. 43). Dabei kann zwischen kleinen und großen Rechtsabteilungen sowie Rechtsabteilungen mit einem oder mit mehreren Mitarbeitern unterschieden werden (vgl. Wilke, a.a.O., S. 46ff.). Das beklagte Land weist zwar zutreffend darauf hin, dass beim LASV deutlich mehr Aufgaben anfallen, als nur die Angelegenheiten nach dem SGB IX. Auch wenn die Versorgungsverwaltungszuständigkeitsverordnung (VersVwZV) vom 11. August 2006 inhaltlich teilweise überholt ist, ist danach ein wesentlich breiteres Spektrum an rechtlichen Fragestellungen zu bewältigen, als es die Klägerin derzeit auszuüben hat. Das beklagte Land entscheidet jedoch in eigener Kompetenz über seine Organisationsstruktur. Wenn das beklagte Land sich dabei entscheidet, die im LASV anfallenden Rechtsangelegenheiten mit Spezialistinnen und Spezialisten anstelle von Generalistinnen und Generalisten zu bearbeiten, ändert das nichts daran, dass es sich um eine Rechtsabteilung im Tarifsinn handelt. Denn eine Differenzierung nach verschiedenen Rechtsabteilungsstrukturen sieht der Tarifvertrag nicht vor.
Anders als in der Fallgruppe 5 der Vergütungsgruppe IVa des Teils I der Anlage 1a zum BAT/BAT-O bzw. der Fallgruppe 2 der Entgeltgruppe 10 des Abschnitts 4 des Teils II der Anlage A zum TV-L, in denen es um Sachbearbeiter „mit schwierigen Aufgaben“ geht, haben die Tarifvertragsparteien im Aufgabenbereich der Klägerin keine weiteren qualitativen Aspekten in die Tätigkeitsmerkmale aufgenommen.
2.1.3
Unstreitig bearbeitet die Klägerin mit Eingaben und Beschwerden sowie Widersprüchen in Kostenangelegenheiten im Rahmen von Widerspruchsverfahren Vorverfahren und darüber hinaus Streitverfahren erster und zweiter Instanz. Dass die von der Klägerin auszuübenden Tätigkeiten sich auf den Bereich der Schwerbehindertenangelegenheiten (SGB IX) beschränken, ändert nichts daran, dass sie damit die Merkmale der Fallgruppe 4 der Vergütungsgruppe IVa des Teils I der Anlage 1a zum BAT/BAT-O erfüllt. Denn eine Differenzierung nach qualitativ oder auch ansonsten verschiedenen Sachbearbeitertätigkeiten haben die Tarifvertragsparteien weder in der Fallgruppe 4 der Vergütungsgruppe IVa des Teils I der Anlage 1a zum BAT/BAT-O bzw. der Fallgruppe 1 der Entgeltgruppe 10 des Abschnitts 4 des Teils II der Anlage A zum TV-L bestimmt.
2.1.4
Irritierend ist, dass sich das beklagte Land auf Teil IV Abschnitt F Unterabschnitt 5 der Anlage 1a zum BAT/BAT-O bezieht. Auch wenn dieser Abschnitt erstaunlicherweise in der Tarifsammlung „Tarifrecht öffentlicher Dienst“ von Cerff/Winter abgedruckt ist, handelt es sich doch nicht um einen Bestandteil des Tarifvertrages. Denn ausweislich der bei Cerff/Winter dazu abgedruckten Fußnote 1 wurde dieser Abschnitt gerade nicht von den Tarifvertragsparteien vereinbart. Die TdL hat lediglich einseitig beschlossen, diese „Richtlinie“ ihren Mitgliedern zu empfehlen. Auf die einschlägigen Richtlinien der TdL kann sich das beklagte Land aber schon deswegen nicht berufen, weil es sich dabei nur um einseitige Empfehlungen einer Tarifvertragspartei an ihre Mitglieder handelt, die für sich allein ohne jede tarifliche und arbeitsvertragliche Bedeutung sind (BAG, Urteil vom 7. Dezember 1983 – 4 AZR 394/81).
Zum 31. Dezember 1969 wurde der BAT insgesamt einschließlich der Anlage 1a gekündigt. Er sollte in Teilbereichen grundlegend neu verhandelt werden. Dazu wurden von den Tarifvertragsparteien teilweise Änderungstarifverträge vereinbart, die aber keine Rechtswirkung entfalteten, da sie die Nachwirkung des früheren Tarifvertrages nicht beenden konnten (vgl. BAG, Urteil vom 14. Februar 1973 – 4 AZR 176/72). Teilweise wurde der BAT sodann mit dem 31. Änderungstarifvertrag vom 18. Oktober 1973 wieder in Kraft gesetzt, mit Ausnahme der Eingruppierungsregeln und der Vergütungsordnung. Deren erneute Inkraftsetzung erfolgte erst mit dem 37. Änderungstarifvertrag vom 17. März 1975 mit Wirkung zum 1. Januar 1975. Dabei wurden auch die (singulären) Fallgruppen 4 und 5 des Teils I der Anlage 1a zum BAT erstmals in Kraft gesetzt. Eigentlich - aber unwirksam - waren sie bereits am 25. Juni 1970 von den Tarifvertragsparteien beschlossen worden. Die darüber hinausgehende differenzierte Eingruppierung der Angestellten in den Versorgungsverwaltungen war zwar auch zwischen den Tarifvertragsparteien ausgehandelt, wurde letztlich jedoch nicht Bestandteil der Vergütungsordnung, so dass eine tarifliche Einigung dazu nicht erfolgt ist. Seither werden die Regeln der Eingruppierung der Angestellten in den Versorgungsverwaltungen in einseitig am 18. September 1979 und 15./16. März 1982 von der TdL beschlossenen aber rechtlich unverbindlichen „Richtlinien über die Eingruppierung der Angestellten in den Versorgungsverwaltungen der Länder“ behandelt.
2.1.5
Die Klägerin genügt ihrer Darlegungslast in diesem Rechtsstreit mit dem Verweis auf die dienstpostenbezogene Tätigkeitsdarstellung vom 16. Januar 2008. Denn es handelt sich bei dieser um eine auf den Arbeitsplatz der Klägerin zugeschnittene Stellenbeschreibung.
Eine Stellenbeschreibung dient der Dokumentation der Tätigkeit des Stelleninhabers. Sie besitzt organisatorische (welche Aufgaben auf welchen Arbeitsplätzen im Betrieb wahrgenommen werden, in welchem hierarchischen Zusammenhang die Stelle angesiedelt ist etc.) sowie arbeitsrechtliche (z.B. hinsichtlich des Direktionsrechts) Bedeutung und kann im Einzelfall Konsequenzen für die tarifliche Eingruppierung haben (BAG, Urteil vom 16. November 2011 - 4 AZR 773/09). Als Grundlage für eine Tätigkeitsbewertung ist sie geeignet, soweit sie die tatsächlich ausgeübten einzelnen Tätigkeiten und Arbeitsvorgänge des Stelleninhabers ausreichend differenziert wiedergibt und damit der Identifizierung der auszuübenden Tätigkeit dient (BAG, Urteil vom 21. März 2012 – 4 AZR 292/10).
Eine Stellenbeschreibung ist zwar grundsätzlich weniger als alleinige Grundlage der Eingruppierung geeignet, sofern die Entgeltgruppen bestimmte Fachkenntnisse und Fertigkeiten, die Erbringung selbständiger Leistungen, Eigenverantwortlichkeit oder besondere Anforderungen an analytische Fähigkeiten voraussetzen (BAG, Urteil vom 21. März 2012 – 4 AZR 292/10). Solche qualifizierenden Merkmale werden aber weder in der Fallgruppe 4 der Vergütungsgruppe IVa des Teils I der Anlage 1a zum BAT/BAT-O noch in der Fallgruppe 1 der Entgeltgruppe 10 des Abschnitts 4 des Teils II der Anlage A zum TV-L vorausgesetzt.
2.1.6
Damit ist die Klägerin zutreffend in die Vergütungsgruppe IVa BAT/BAT-O eingruppiert und kann für die Zeit vom 3. Februar 2010 bis 31. Dezember 2011 ein Entgelt nach Entgeltgruppe 10 des TV-L beanspruchen. Denn sie hat dargelegt, dass bei der gesamten von ihr auszuübenden Tätigkeit mindestens zu 50% Arbeitsvorgänge anfallen, die die Merkmale der Fallgruppe 4 der Vergütungsgruppe IVa des Teils I der Anlage 1a zum BAT/BAT-O bzw. der Fallgruppe 1 der Entgeltgruppe 10 des Abschnitts 4 des Teils II der Anlage A zum TV-L erfüllen.
Auf die umfangreichen Überlegungen des Arbeitsgerichts und der Parteien in erster Instanz zu den Merkmalen der Fallgruppen 1a und 1b der der Vergütungsgruppe IVa im Allgemeinen Teil der Anlage 1a zum BAT/BAT-O kommt es nicht an. Denn nach Ziffer 1 Satz 1 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen zum BAT/BAT-O gelten für Beschäftigte, deren Tätigkeit außerhalb der Tätigkeitsmerkmale der Fallgruppen 1 und 1a bis 1c des Allgemeinen Teils der Vergütungsordnung in besonderen Tätigkeitsmerkmalen aufgeführt sind, diese allgemeinen Tätigkeitsmerkmale nicht.
2.2
Auch für die Zeit seit dem 1. Januar 2012 kann die Klägerin weiter ein Entgelt nach Entgeltgruppe 10 beanspruchen.
Nach Ziffer 1 Abs. 2 Satz 1 und 2 der Vorbemerkungen zu allen Teilen der Entgeltordnung zum TV-L gelten für Beschäftigte, deren Tätigkeit in besonderen Tätigkeitsmerkmalen des Teils II aufgeführt sind, nur die Tätigkeitsmerkmale dieses Teils. Die Tätigkeitsmerkmale des Teils I gelten für diese Beschäftigten weder in der Entgeltgruppe, in der ihre Tätigkeit in Teil II aufgeführt ist, noch in einer höheren Entgeltgruppe.
Entsprechend der dortigen Fallgruppe 1 des Abschnitts 4 des Teils II der Anlage A zum TV-L sind Sachbearbeiter in der Rechtsabteilung eines Landesversorgungsamtes, die Vorverfahren sowie Streitverfahren erster oder zweiter Instanz bearbeiten, in die Entgeltgruppe 10 eingruppiert.
Da diese Tätigkeitsmerkmale unverändert aus der Fallgruppe 4 des allgemeinen Teils der Vergütungsordnung zum BAT/BAT-O übernommen wurden, kann auf die vorstehenden Ausführungen unter 2.1.1 bis 2.1.3 verwiesen werden.
Dass die TdL in ihrer Sitzung am 23. Oktober 2012 erneut einseitig und unverbindlich Richtlinien über die Eingruppierung der Beschäftigten in der Versorgungsverwaltung der Länder beschlossen hat, ändert daran nichts. Insoweit kann auf die Ausführungen unter 2.1.4 verwiesen werden.
III.
Die Kostenentscheidung folgt § 64 Abs.6 ArbGG in Verbindung mit § 91 Abs. 1 ZPO. Das beklagte Land hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wurde gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Denn der Beschluss der TdL vom 23. Oktober 2012 deutet darauf hin, dass seitens der Mitglieder der TdL die zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarte Entgeltordnung zumindest partiell durch eine einseitige Richtlinie ersetzt werden soll und die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 7. Dezember 1983 (4 AZR 394/81) nicht (mehr) bekannt ist. Deshalb soll dem Bundesarbeitsgericht Gelegenheit gegeben werden, an dieser Stelle die Rechtslage noch einmal höchstrichterlich deutlich zu machen.