Gericht | OLG Brandenburg 5. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 03.06.2013 | |
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Aktenzeichen | 3 WF 53/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 744 BGB, § 745 BGB, § 748 BGB |
1. Gemäß § 748 BGB ist jeder Teilhaber den anderen Teilhabern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Gegenstands sowie die Kosten der Erhaltung, der Verwaltung und einer gemeinschaftlichen Benutzung nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen. Die Kosten verursachende Maßnahme muss - vorbehaltlich § 744 Abs. 2 BGB - entweder von allen Teilhabern oder wirksam von einer Mehrheit der Teilhaber beschlossen worden sein.
2. Gemäß § 744 Abs. 2 BGB ist jeder Teilhaber berechtigt, die zur Erhaltung des Gegenstands notwendigen Maßregeln ohne Zustimmung der anderen Teilhaber zu treffen. Notwendig ist eine Maßnahme, die entweder die Substanz oder den Wert der Sache erhält. Nicht notwendig sind grundsätzlich wirtschaftliche unvertretbare oder der Schaffung eines neuen wirtschaftlichen Wertes dienende Maßnahmen. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine notwendige Maßnahme vorliegt, sind auch die finanziellen Möglichkeiten der Teilhaber zu berücksichtigen.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Kosten werden nicht erstattet.
Die gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Der Antragsgegnerin kann Verfahrenskostenhilfe nicht aus den vom Amtsgericht angeführten Gründen versagt werden. Denn die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Rechtsverteidigung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 114 ZPO.
1.
Die Prüfung der Erfolgsaussichten darf nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Verfahrenskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Verfahrenskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nämlich nicht selbst bieten, sondern erst zugänglich machen (BVerfG, FamRZ 2013, 685 Rn. 11). Deshalb dürfen beispielsweise schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen nicht im Verfahren der Verfahrenskostenhilfe entschieden werden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer verfahrensrechtlichen Klärung zugeführt werden können (BVerfG, FamRZ 2013, 685, 686 Rn. 13). Vor diesem Hintergrund besteht eine für das Verfahren der Verfahrenskostenhilfe ausreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich die Antragsgegnerin gegen den Anspruch auf Beteiligung an den Kosten für eine Fassadensanierung, den das Amtsgericht im angefochtenen Beschluss auf §§ 748, 744 Abs. 2 BGB gestützt hat, erfolgreich verteidigen kann.
a)
Ein Anspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin allein aus § 748 BGB ist offensichtlich nicht gegeben.
aa)
Gemäß § 748 BGB ist jeder Teilhaber den anderen Teilhabern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Gegenstands sowie die Kosten der Erhaltung, der Verwaltung und einer gemeinschaftlichen Benutzung nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen. Diese Vorschrift statuiert als Gegenstück zu § 743 BGB eine gesetzliche Ausgleichspflicht und betrifft nur das Innenverhältnis der Teilhaber (Gehrlein, in: Bamberger/Roth, BeckOK BGB, Edition 27, § 748 Rn. 1; Palandt/Sprau, BGB, 72. Aufl., § 748 Rn. 1). Erfasst sind neben den - hier nicht einschlägigen – Lasten im Sinne von § 103 BGB die Kosten, das sind die vermögensmindernden Aufwendungen zur Erhaltung, Verwaltung und gemeinschaftlichen Benutzung (Palandt/Sprau, a.a.O., § 748 Rn. 2).
bb)
Eine Inanspruchnahme der Antragsgegnerin unmittelbar aus § 748 BGB scheitert aber schon an deren fehlender Zustimmung zu der vom Antragsteller ergriffenen Maßnahme.
Gemäß § 744 Abs. 1 BGB steht die Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstands den Teilhabern gemeinschaftlich zu. Durch Stimmenmehrheit kann eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Gegenstands entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung oder Benutzung beschlossen werden, § 745 Abs. 1 Satz 1 BGB. Vor diesem Hintergrund muss die Kosten verursachende Maßnahme - vorbehaltlich § 744 Abs. 2 BGB – entweder von allen Teilhabern oder wirksam von einer Mehrheit der Teilhaber beschlossen worden sein (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., § 748 Rn. 2; Karsten Schmidt, in: MünchKomm. zum BGB, 5. Aufl., § 748 Rn. 7).
Vorliegend hat der Antragsteller die Fassadenreinigung allein in Auftrag gegeben. Die Antragsgegnerin hatte schon zuvor zu erkennen gegeben, dass sie die Einwilligung zu dieser Maßnahme nicht erteilen werde. Auch nach Durchführung der Maßnahme hat sie dieser nicht zugestimmt.
cc)
Da es an der notwendigen Zustimmung der Antragsgegnerin fehlt, kann offen bleiben, ob ihrer Inanspruchnahme gemäß § 748 BGB auch der Umstand entgegensteht, dass das im hälftigen Miteigentum beider beteiligten getrennt lebenden Ehegatten stehende Hausgrundstück vom Antragsteller mit den beiden gemeinsamen Kindern allein genutzt wird.
Gemäß § 743 Abs. 1 BGB gebührt jedem Teilhaber ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte. Vor dem Hintergrund, dass der Anspruch nach § 748 BGB nur die Kehrseite des § 743 BGB ist, wird daher überwiegend angenommen, dass, wenn unter Teilhabern Gebrauch und Fruchtziehung (konkludent) abweichend von § 743 BGB dahin geregelt worden sind, dass sie einem Teilhaber allein zustehen, im Zweifel auch anzunehmen sei, dass das Tragen von Kosten und Lasten diesem Teilhaber allein auferlegt sei (so OLG Schleswig, NJW-RR 2007, 892, 893; Karsten Schmidt, a.a.O., § 748 Rn. 5; Palandt/Sprau, § 748 Rn. 1; Gehrlein, a.a.O., § 748 Rn. 4). Ob dieser Auffassung zu folgen und sie auf den vorliegenden Fall zu übertragen ist, kann dahinstehen. Denn schon mangels Zustimmung der Antragsgegnerin besteht ein Anspruch des Antragstellers allein aus § 748 BGB nicht.
b)
Die Rechtsverteidigung bietet aber auch hinreichende Aussicht auf Erfolg, soweit die Antragsgegnerin sich gegen eine Inanspruchnahme aus § 744 Abs. 2 BGB i.V.m. § 748 BGB wendet.
aa)
Gemäß § 744 Abs. 2 BGB ist jeder Teilhaber berechtigt, die zur Erhaltung des Gegenstands notwendigen Maßregeln ohne Zustimmung der anderen Teilhaber zu treffen; er kann verlangen, dass diese ihre Einwilligung zu einer solchen Maßregel im Voraus erteilen. Die Vorschrift gibt jedem Teilhaber im Innenverhältnis ein Erhaltungsrecht als weder durch Mehrheitsbeschluss noch durch Vertrag entziehbares Individualrecht (Gehrlein, a.a.O., § 744 Rn. 5). Die Vorschrift ermöglicht es sowohl, die anderen Teilhaber zunächst auf Einwilligung in Anspruch zu nehmen, wie hier vom Antragsteller zunächst geltend gemacht, als auch, nach durchgeführter Maßnahme einen Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 748 BGB einzuklagen, wie es nun durch den Antragsteller im Wege der Klageänderung geschehen ist (Palandt/ Sprau, a.a.O., § 744 Rn. 3).
bb)
Die Rechtsverteidigung der Antragsgegnerin bietet aber deshalb hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil sie die Notwendigkeit der vom Antragsteller ergriffenen Maßnahme in zulässiger Weise bestreitet.
Notwendig ist eine Maßnahme, die entweder die Substanz oder den Wert der Sache erhält. Dies beurteilt sich vom Standpunkt eines vernünftig und wirtschaftlich denkenden Eigentümers (Gehrlein, a.a.O., § 744 Rn. 7; Palandt/Sprau, a.a.O., § 744 Rn. 3). Nicht erfasst werden nur nützliche (wertsteigernde) Maßnahmen (Gehrlein, a.a.O., § 744 Rn. 7). Nicht notwendig sind grundsätzlich wirtschaftliche unvertretbare oder der Schaffung eines neuen wirtschaftlichen Wertes dienende Maßnahmen (Karsten Schmidt, a.a.O., § 745 Rn. 42). Bei der Beurteilung der Frage, ob eine notwendige Maßnahme vorliegt, sind auch die finanziellen Möglichkeiten der Teilhaber zu berücksichtigen (OLG Rostock, NJW-RR 2003, 797; Gehrlein, a.a.O., § 744 Rn. 7; Palandt/Sprau, a.a.O., § 744 Rn. 3). So kann der in einem renovierungsbedürftigen Einfamilienhaus wohnende Miteigentümer von dem anderen Miteigentümer, der zugleich sein Ehegatte ist, nach dessen Auszug keinen Vorschuss zu einer kostspieligen Dachsanierung verlangen, wenn die Ehegatten mittellos sind und vor ihrer Trennung im gegenseitigen Einvernehmen von entsprechenden Sanierungsmaßnahmen abgesehen haben (OLG Rostock, a.a.O.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Rechtsverteidigung der Antragsgegnerin erfolgversprechend. Es fehlt seitens des Antragstellers zum einen an einer substantiierten Darlegung der Notwendigkeit aller in Angriff genommenen Maßnahmen. Zum anderen ist vom Antragsteller nicht dargelegt, dass die ergriffene Maßnahme auch unter Berücksichtigung der finanziellen Situation der Beteiligten angemessen ist.
Die Notwendigkeit der Maßnahme hat das Amtsgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung schon deshalb als dargetan angesehen, weil in einem der vom Antragsteller vorgelegten Kostenangebote ausgeführt war, dass sich an der Nordseite erheblicher Pilz- und Algenbefall gebildet habe, Teile des Putzes im Gesimsbereich stark ausgebrochen worden seien, sich an den Fenstern Haarrisse gebildet hätten und die Anbindung von Putz an die Fenster teilweise gefehlt oder überhaupt nicht vorhanden gewesen sei. Vor diesem Hintergrund hat das Amtsgericht ein einfaches Bestreiten des Vorhandenseins der Schäden als nicht ausreichend angesehen, um eine Beweisaufnahme durchzuführen. Dabei hat das Amtsgericht aber nicht zwischen dem Vorhandensein der aufgeführten Mängel und der unbedingten Notwendigkeit der Mängelbeseitigung unterschieden.
Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 11.1.2013 selbst vorgetragen, man sei sich während des ehelichen Zusammenlebens einig gewesen, dass am Wohnhaus neue und zum Teil auch zusätzliche Fenster und Türen eingebaut worden seien. Die vormals noch großenteils intakte Fassade sei durch den Einbau der Fenster und Türen naturgemäß in Mitleidenschaft gezogen worden. Eine Sanierung sei bereits unmittelbar nach den Baumaßnahmen erforderlich gewesen, allerdings finanziell nicht möglich gewesen, da beide Beteiligten Privatinsolvenz angemeldet hätten. Aus diesem Vortrag wird deutlich, dass die durch den Einbau zusätzlicher Fenster und Türen hervorgerufenen Schäden an der Fassade nicht dringend ausbesserungsbedürftig waren. Vielmehr sollte eine Behebung der Mängel insoweit erst vorgenommen werden, wenn die finanziellen Voraussetzungen dafür geschaffen sind. Dass dies nun der Fall ist, hat der Antragsteller nicht dargelegt.
Der Antragsteller beruft sich insoweit darauf, dass der Insolvenzverwalter das Grundstück aus der Insolvenzmasse freigegeben habe, so dass die Beteiligten bezüglich des Grundstücks wieder Träger sämtlicher Rechte Pflichten seien. Unter Bezugnahme hierauf macht der Antragsteller geltend, nunmehr hätten weitere Arbeiten durchgeführt und finanziert werden können. Insoweit räumt er aber selbst ein, dass er die Kosten der von ihm in Auftrag gegebenen Arbeiten nur über zwei Privatdarlehen habe tragen können. Von einer Verbesserung der finanziellen Situation der beiden Beteiligten, deren Privatinsolvenzverfahren noch nicht abgeschlossen sind, kann daher nicht ausgegangen werden. Angesichts dessen ist nicht ersichtlich, dass vor dem Hintergrund der angespannten finanziellen Verhältnisse der Beteiligten sämtliche Fassadenarbeiten, die man seinerzeit zurückgestellt hatte, nunmehr unabweisbar notwendig sofort durchzuführen waren.
Vortrag zur zwingenden Notwendigkeit der Durchführung von Arbeiten auf Seiten des Antragstellers findet sich nur hinsichtlich des Pilz- und Algenbefalls, indem der Antragsteller insoweit – unwidersprochen – auf die Gesundheitsgefährdung der Tochter der Beteiligten, die an Allergie leide, hinweist. Welche allein zur Beseitigung von Pilz und Algen erforderlichen Kosten entstanden wären, ist weder der vorgelegten Rechnung der beauftragten Firma vom 26.10.2012 zu entnehmen noch sonst vorgetragen.
Soweit der Antragsteller zur Notwendigkeit der Durchführung der beauftragten Maßnahmen auf vorgelegte Fotos der Fassade verweist, reicht dies nicht aus. Dies gilt auch, soweit er einzelne Fotos mit Begriffen wie „lebensgefährlich“ versehen hat. Denn die Vorlage kommentierter Fotos ersetzt substantiierten Sachvortrag nicht.
Nach alledem besteht gerade vor dem Hintergrund der angespannten finanziellen Situation der Beteiligten eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Antragsgegnerin mit ihrer Verteidigung gegen den Zahlungsanspruch des Antragstellers Erfolg haben kann.
cc)
Da die Antragsgegnerin schon nach den vorstehenden Ausführungen die Notwendigkeit der ergriffenen Maßnahmen nachvollziehbar in Zweifel gezogen hat, bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob dem vom Antragsteller geltend gemachten Anspruch möglicherweise der Umstand entgegensteht, dass er das im Miteigentum der Beteiligten stehende Haus mit den gemeinsamen Kindern allein bewohnt. Es kann daher dahinstehen, ob eine (konkludente) von § 743 BGB abweichende Regelung des alleinigen Gebrauchs der Sache durch einen Teilhaber dazu führen kann, dass dieser die Kosten und Lasten nicht nur im Rahmen von § 748 BGB - siehe dazu oben unter a) cc) - zu tragen hat, sondern auch für notwendige Erhaltungsmaßnahmen allein aufkommen muss.
c)
Ein Anspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin aus Geschäftsführung ohne Auftrag ist nicht gegeben.
Allerdings kommt dann, wenn es an den Voraussetzungen des § 744 Abs. 2 BGB fehlt, ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag grundsätzlich in Betracht (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., § 744 Rn. 3). Doch im Hinblick darauf, dass es an der Zustimmung der Antragsgegnerin zu den durchgeführten Maßnahmen fehlt und der Antragsteller deren Notwendigkeit auch nicht hinreichend dargelegt hat, ist nicht ersichtlich, dass die für einen Ersatzanspruch nach § 683 Satz 1 BGB erforderliche Voraussetzung, dass die Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht, gegeben ist.
2.
Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen, §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 572 Abs. 3 ZPO. Denn das Amtsgericht hat noch keine Feststellungen zu der Frage getroffen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Antragsgegnerin nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zur Verfahrensführung in der Lage ist, §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 114, 115 ZPO. Bislang liegt lediglich eine Erklärung der Antragsgegnerin über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 6.8.2012 vor. Das Amtsgericht wird eine aktuelle Erklärung einholen und alsdann unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut über den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe entscheiden.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.