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Entscheidung 5 W (Lw) 7/10


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 5. Senat für Landwirtschaftssachen Entscheidungsdatum 29.09.2011
Aktenzeichen 5 W (Lw) 7/10 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen das Urteil des Amtsgerichts – Landwirtschaftsgerichts – Königs Wusterhausen vom 8. Juli 2010 – 37 Lw 10/09 – wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 81.847,03 €.

Gründe

I.

Die Antragstellerin befindet sich nach einer fehlgeschlagenen Umwandlung seit 1991 in - zunächst unerkannter - Liquidation. Sie begehrt von der Antragsgegnerin Erstattung einer vermeintlich zu Unrecht erlangten Abfindung aus ererbtem Recht in Höhe von 81.847,03 €.

Die Antragsgegnerin ist die Tochter des im Jahr 1994 verstorbenen R… S… (Erblasser), der 1960 in die LPG B… eingetreten war. Am 17. Juni 1990 verlangte der Erblasser seinen in die LPG eingebrachten Grund und Boden sowie den Inventarbeitrag von der LPG zurück. Am 20. Juni 1990 unterzeichnete er ein „Saldoanerkenntnis“, wonach für ihn auf der Grundlage der vorliegenden Bilanzen folgende Genossenschaftsanteile ausgewiesen werden: „225 Arbeitsjahre, 9.122,00 Boden“. Die LPG B… beschloss im Jahr 1991 die Umwandlung nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz in die A… B… GmbH (im Folgenden: A… GmbH).

Mit Beschluss vom 20. Februar 2003 hat das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - Königs Wusterhausen, Az. 4 Lw 59/01, auf Antrag der hiesigen Antragsgegnerin festgestellt, dass die A… GmbH nicht durch Umwandlung der hiesigen Antragstellerin entstanden ist. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der A… GmbH hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 29. Juli 2004, Az. 5 W (Lw) 55/03, zurückgewiesen.

Am 18./26. Januar 2006 schlossen die Antragsgegnerin als Erbin des Herrn R… S… und die Antragstellerin, vertreten durch den damaligen Liquidator W… G…, eine als “Abfindungsvertrag” bezeichnete Vereinbarung. In dieser Vereinbarung wird auf den rechtskräftigen Beschluss des Amtsgerichts Königs Wusterhausen zum Az. 4 Lw 59/01 Bezug genommen. Ferner heißt es, es ergebe sich ein - im Einzelnen berechneter - Abfindungsanspruch des Erblassers in Höhe von 87.757,88 €. Diesen Wert stellten die Vertragsparteien einvernehmlich fest. Wegen Illiquidität der LPG vereinbarten die Parteien die Abtretung des Rückerstattungsanspruchs der LPG an die A… GmbH in Höhe eines Teilbetrages von 87.757,88 € nebst Zinsen.

In dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Potsdam, 1 O 281/06, ist die A… GmbH mit Urteil vom 27. Juni 2007 verurteilt worden, an die hiesige Antragstellerin auf der Grundlage der in der Vereinbarung vom 18.01./26.01.2006 vorgenommenen Abtretung einer entsprechenden Forderung der LPG B… 87.757,88 € zu zahlen. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das Brandenburgische Oberlandesgericht am 30. Juni 2008 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

Bereits im Januar 2007 hat die A… GmbH gegen die hiesige Antragsgegnerin, deren früheren Verfahrensbevollmächtigten und den früheren Liquidator der LPG Strafanzeige erstattet und diesen vorgeworfen, sich durch den “Abfindungsvertrag” vom 18.01./26.01.2006 und den im Anschluss daran geführten Rechtsstreit wegen Urkundsdelikten, Prozessbetruges und Untreue strafbar gemacht zu haben. Ein gegen den Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft Potsdam gerichtetes Klageerzwingungsverfahren vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht ist ohne Erfolg geblieben.

Am 2. Juni 2008 wurde der jetzige Liquidator der Antragstellerin bestellt. Mit Schreiben vom 18. Juli 2008 - überschrieben als “Anfechtung der Abtretungserklärung vom 18./26.01.2006 Rückforderung wegen ungerechtfertigter Bereicherung” - erklärte er die Anfechtung der Abtretung vom 18./26.01.2006 “aus jedem erdenklichen Rechtsgrund” und forderte die Antragsgegnerin zur Rückabtretung der Ansprüche an die LPG auf. Die Ansprüche nach § 44 LwAnpG seien wissentlich falsch berechnet worden. Vorsorglich berief er sich auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung und wies darauf hin, dass die A… GmbH auf der Grundlage der Liquidationsbilanz zum 31. Dezember 2001 das Eigenkapital erheblich übersteigende Zahlungsansprüche früherer Mitglieder erfüllt habe. Wegen der Einzelheiten wird ergänzend auf die Anlage K 4 Bezug genommen.

Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, die Antragsgegnerin habe die vermeintlichen Abfindungsansprüche betrügerisch berechnet. Dies hat sie im Wesentlichen auf die Behauptung gestützt, die von der Abfindungsvereinbarung umfassten Grundstücksflächen hätten nicht alle im Eigentum der Antragsgegnerin gestanden; bei Einbringung in die LPG sei R… S… nur Eigentümer von 33,785 ha gewesen. Dies habe die Antragsgegnerin als seit 1996 eingetragene Eigentümerin der relevanten Grundstücke gewusst, sie habe auch Kenntnis vom Saldoanerkenntnis des Erblassers gehabt. Die Antragsgegnerin habe kollusiv mit dem Liquidator G… die Antragstellerin durch den Abschluss der “Abfindungsvereinbarung” schädigen wollen, die Vereinbarung sei als Betrugshandlung gemäß § 134 BGB nichtig. Zudem habe der vormalige Liquidator G… keine Unterlagen zur Prüfung der Forderung gehabt und auch nicht von der A… GmbH angefordert, er habe keine Kenntnis von Zahlungen durch die LPG an die Antragsgegnerin gehabt. Des Weiteren sei in der Abfindungsvereinbarung eine Zahlung von 9.847,00 DM (5.034,69 €) auf die Anteile von R… S… nicht berücksichtigt worden. Der Senat habe in der Entscheidung vom 29.07.2004 - 5 W (Lw) 55/03 - darauf hingewiesen, dass das Saldoanerkenntnis des Erblassers in Bezug auf Arbeitsleistung und Bodennutzung wirksam sei. Die (Allein-)Erbenstellung der Antragsgegnerin werde bestritten. Ihr stehe aus ererbtem Recht allenfalls ein Abfindungsanspruch in Höhe von 5.910,85 € zu. In Höhe der Differenz zur vereinbarten Abfindung sei die Antragsgegnerin zu Unrecht bereichert. Die Ansprüche der Beklagten aus § 44 LwAnpG seien bei Abtretung schon verjährt gewesen. Mit der Abfindungsvereinbarung seien der A… GmbH Einwendungen gegen Grund und Höhe der Forderung abgeschnitten worden.

Die Antragstellerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 81.847,03 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. August 2008 zu zahlen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, ihre Erbenstellung durch ein eröffnetes Testament gegenüber dem früheren Liquidator hinreichend nachgewiesen zu haben. Die Abfindungsvereinbarung sei nicht wirksam angefochten, die Anfechtung beziehe sich nur auf die Abtretung. Eine schlüssige Berechnung des Anspruchs nach § 44 Abs. 1 LwAnpG habe die Antragstellerin nicht vorgenommen. Der Erblasser habe ausweislich des Inventarprotokolls der LPG 51 ha i.S.v. § 44 Abs. 1 LwAnpG “eingebracht”; auf das Eigentum komme es nicht an. Mit dem “Saldoanerkenntnis” sei ein Verzicht nicht verbunden gewesen. Die Abfindungsvereinbarung sei gerade geschlossen worden, weil auch der erkennende Senat in der Entscheidung vom 29. Juli 2004 offen gelassen haben, wie das Saldoanerkenntnis des Erblassers zu beurteilen sei.

Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat den Antrag mit Urteil vom 8. Juli 2010 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB bestehe nicht. Die Zahlung in Höhe von 87.757,88 € sei nicht rechtsgrundlos erfolgt, der Abfindungsvertrag vom 18.01./26.01.2006 nicht infolge Anfechtung unwirksam. Die Anfechtung sei nicht innerhalb der Jahresfrist aus § 124 BGB erfolgt. Die Anfechtungserklärung vom 18. Juli 2008 habe sich ausdrücklich nur auf die Abtretung bezogen. Die in der Klageerhebung vom 7. August 2009 ggf. zu sehende Anfechtungserklärung bezüglich der Abfindungsvereinbarung sei verfristet. Darüber hinaus sei eine Täuschung i.S.v. § 123 BGB nicht schlüssig vorgetragen worden.

Mit der Berufung verfolgt die Antragstellerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter.

Sie beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Königs Wusterhausen vom 8. Juli 2010 zum Az. 37 Lw 10/09 die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 81.847,03 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. August 2008 zu zahlen,

hilfsweise, das Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung zurückzuverweisen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die als Berufung bezeichnete sofortige Beschwerde zurückzuweisen

und verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

1.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Antragstellerin ist statthaft. Zum Schutz der betroffenen Partei gilt bei der Anfechtung verfahrenswidriger Entscheidungen der Grundsatz der Meistbegünstigung des Rechtsmittelführers. Eine Partei darf durch ein unrichtiges Verfahren des Gerichts keinen Nachteil in ihren prozessualen Rechten erleiden. Bei verfahrensfehlerhaften Entscheidungen steht der beschwerten Partei auch derjenige Rechtsbehelf zu, der der vom Richter gewählten Form der Entscheidung entspricht.

Im Streitfall ist die Berufung statthaft, da das Amtsgericht im Urteilsverfahren entschieden hat. Wird das der äußeren Form der Vorentscheidung entsprechende Rechtsmittel eingelegt, so hat das Rechtsmittelgericht das Verfahren indessen selbst in die richtige Bahn zu lenken (Zöller-Heßler, ZPO, 28. Aufl., Vor § 511 Rn 33). Das Berufungsverfahren war deshalb, worauf die Parteien terminsvorbereitend hingewiesen worden sind, in ein Beschwerdeverfahren zu überführen.

Anzuwenden ist gemäß Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG das vor dem 1. September 2009 geltende Verfahrensrecht, weil das Verfahren vor diesem Datum eingeleitet wurde (vgl. OLG Stuttgart, Senat für Landwirtschaftssachen, RdL 2011, 102). Gemäß § 21 Abs. 1 LwVfG a.F. hätte das Amtsgericht durch Beschluss entscheiden müssen. Hiergegen ist gemäß § 22 Abs. 1 LwVfG a.F. die sofortige Beschwerde statthaft.

Für eine Zurückverweisung des Verfahrens an das Landwirtschaftsgericht in entsprechender Anwendung von § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO war kein Raum, da lediglich die in erster Instanz gewählte Entscheidungsform nicht der Verfahrensordnung entsprach, das Verfahren selbst hingegen verfahrensordnungskonform und unter Beachtung des Amtsermittlungsgrundsatzes geführt worden ist. Den von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang in Bezug genommenen Entscheidungen des Landwirtschaftssenates zum Az. 5 W (Lw) 27/04 und 5 W (Lw) 40/01 lagen keine vergleichbaren Verfahrenssituationen zugrunde. Während im erstgenannten Verfahren eine Zurückverweisung überhaupt nicht vorgenommen worden ist, beruhte die teilweise angeordnete Zurückverweisung im Verfahren 5 W (Lw) 40/01 auf dem Umstand, dass das Beschwerdegericht einem im Rahmen einer Stufenklage geltend gemachten Hilfsbegehren auf Auskunftserteilung stattgegeben hat, nachdem das Ausgangsgericht die auf Auskunft und Zahlung gerichteten Stufenanträge in vollem Umfang abgewiesen hatte.

2.

In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg.

Ein körperschaftsrechtlicher Rückerstattungsanspruch der LPG i.L. besteht nicht, da der Erblasser, von dem die Antragsgegnerin ihre Rechte hergeleitet hat, infolge wirksamer Kündigung (§ 43 LwAnpG) nicht mehr LPG-Mitglied war und die genossenschaftsrechtliche Bindung an die Antragstellerin entfallen ist, bevor diese in Liquidation geraten ist.

Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin auch keinen Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs, 1 S. 1, 1. Alt. BGB.

Die Antragsgegnerin hat durch Leistung der Antragstellerin erfüllungshalber eine Forderung gegen die A… GmbH in Höhe von 87.757,88 € nebst Zinsen erlangt, die zwischenzeitlich unstreitig infolge Erfüllung gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen ist. Die Antragstellerin hat jedoch keinen auf Wertersatz gemäß § 818 Abs. 2 BGB gerichteten bereicherungsrechtlichen Erstattungsanspruch, da die Leistung der Antragstellerin nicht ohne Rechtsgrund erfolgte.

a) Auch die Antragstellerin stellt nicht grundsätzlich in Abrede, dass die Antragsgegnerin aus ererbtem Recht nach R… S… Anspruch auf Abfindung gemäß § 1922 BGB i.V.m. § 44 Abs. 1, 2 LwAnpG hat. Sie ist jedoch der Auffassung, dass dieser Anspruch maximal in Höhe von 5.910,85 € besteht, die Antragsgegnerin mithin in Höhe der Klageforderung rechtsgrundlos bereichert ist.

Soweit die Antragstellerin in Zweifel zieht, dass die Antragsgegnerin (Allein-)Erbin des R… S… geworden ist, stehen ihre dahingehenden Ausführungen im Widerspruch zu der Tatsache, dass sie selbst die Abtretung in Höhe von 5.910,85 € gelten lassen will und damit einen Anspruch der Antragsgegnerin dem Grunde nach anerkennt. Sie muss sich zudem die Feststellung aus dem von ihrem vertretungsberechtigten früheren Liquidator abgeschlossenen Abfindungsantrag vom 26. Januar 2006 entgegenhalten lassen, wonach “Frau M… ihre Rechtsnachfolge nach R… S… nachgewiesen” hat, und zwar aufgrund des in der Abfindungsvereinbarung bezeichneten notariellen Testaments vom 18. Januar 1994, das nach den weiteren Angaben in dieser Vereinbarung am 6. März 1995 eröffnet wurde. Bei dieser Sachlage bestand für den Senat keine Veranlassung zu weiterer Sachaufklärung bezüglich der Erbenstellung der Antragsgegnerin.

b) Die Beteiligten haben am 26. Januar 2006 über die Höhe der Abfindungsforderung einen Vertrag geschlossen. Dieser Vertrag ist wirksam und bildet den Rechtsgrund für die Leistung der Antragstellerin. Eine Individualvereinbarung über den Abfindungsanspruch, insbesondere im Sinne einer „Abgeltungsvereinbarung“, ist als schuldrechtlicher Vertrag eigener Art zulässig und kann einen selbständigen und kondiktionsfesten Rechtsgrund für die Abfindungsleistung geben. Eine solche Vereinbarung ist nur wirksam, wenn sie abschließend ist, also tatsächlich alle Abfindungsansprüche darin einbezogen sind (Senat, Beschluss v. 25. Juni 2009, Az. 5 W (Lw) 10/08). Mitglied und LPG sind grundsätzlich an eine Abfindungsvereinbarung gebunden, mit der nach vorheriger Beendigung der Mitgliedschaft in der LPG die Höhe der Abfindung festgelegt wird (vgl. BGH Senat für Landwirtschaftssachen MDR 1994, 1154).

In einem Vorspann des in Rede stehenden “Abfindungsvertrages” haben die Parteien die tatsächlichen Grundlagen der nachfolgenden Berechnung des Abfindungsanspruchs im Einzelnen aufgeführt und den sich hieraus ergebenden Wert “einvernehmlich festgestellt”. Die Parteien wollten danach den Abfindungsanspruch der Antragsgegnerin aus ererbtem Recht sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach außer Streit stellen; Einwendungen, die sich aus einer abweichenden Bewertung der im Vorspann aufgeführten Umstände ergeben, sollten damit ersichtlich ausgeschlossen werden. Es handelt sich um eine individuelle Abfindungsvereinbarung im Sinne einer abschließenden Gesamtregelung.

Die Auffassung der Antragstellerin, der Senat habe mit Beschluss vom 17. Juni 2004, Az. 5 W (Lw) 55/03 festgestellt, dass das Saldoanerkenntnis des Erblassers wirksam ist und allenfalls noch ein Anspruch auf Verzinsung des Inventarbetrages bestehe, trifft nicht zu. Der Senat hat in der vorbezeichneten Entscheidung ausdrücklich offengelassen, welche Rechtsnatur diesem “Saldoanerkenntnis” zukommt. Das Saldoanerkenntnis war in jenem Verfahren nur insoweit von Bedeutung, als es jedenfalls keine abschließende Regelung bezüglich etwaiger Ansprüche des Erblassers enthielt, für den in jenem Verfahren gestellten Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der Umwandlung also das erforderliche Feststellungsinteresse bestand. Das „Saldoanerkenntnis“ des Erblassers steht daher der Wirksamkeit der Abfindungsvereinbarung nicht entgegen.

c) Das Amtsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass der Abfindungsvertrag nicht infolge Anfechtung gemäß § 142 Abs. 1 BGB nichtig ist. Die Vereinbarung ist nicht aufgrund der mit Schreiben der Antragstellerin vom 18. Juli 2008 erklärten Anfechtung unwirksam.

aa) Entgegen der vom Amtsgericht vertretenen Auffassung bezieht sich die Anfechtungserklärung vom 18. Juli 2008 allerdings nicht nur auf die Abtretung, sondern auch die Abfindungsvereinbarung selbst. Eine Anfechtungserklärung muss nach ihrem objektiven Erklärungswert erkennen lassen, dass der Anfechtungsberechtigte seine vorangehende Erklärung nicht gelten lassen will. In dem Schreiben führt der Vertreter der Antragstellerin näher aus, die Ansprüche der Antragsgegnerin nach § 44 LwAnpG seien wissentlich falsch berechnet worden, sie sei deshalb zu Unrecht bereichert. Die Verknüpfung mit einer Rückforderung wegen ungerechtfertiger Bereicherung und der Aufforderung, die in Rede stehenden Ansprüche zurückabzutreten, lässt nur den Schluss zu, dass die Abfindungsvereinbarung selbst nicht gelten sollte, da allein die Anfechtung der Abtretung einen vereinbarten Abfindungsanspruch nicht beseitigt hätte. Bei dieser Sachlage kommt es nicht darauf an, dass sich die Anfechtung dem Wortlaut nach (nur) auf die Abtretung bezieht.

bb) Die Anfechtungserklärung ist jedoch nicht von einem Anfechtungsgrund gedeckt.

Auf einen Anfechtungsgrund nach § 119 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB hat die Antragstellerin ihre Anfechtungserklärung nicht gestützt. Im Übrigen wäre hierfür auch die Anfechtungsfrist des § 121 Abs. 1 BGB versäumt gewesen, weil eine Anfechtung in den Fällen des § 119 BGB unverzüglich nach Kenntnis vom Anfechtungsgrund erfolgen muss.

Auch ein Anfechtungsgrund gemäß § 123 Abs. 1 BGB besteht nicht, denn die Antragsgegnerin hat die Klägerin nicht durch Verschweigen von Tatsachen getäuscht. Dies würde eine Aufklärungspflicht der Antragsgegnerin voraussetzen, die ihre Grundlage in § 242 BGB hat. Eine derartige Pflicht, deren Verletzung eine arglistige Täuschung begründen kann, besteht dann, wenn das Verschweigen von Tatsachen insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Vereitelung des Vertragszwecks gegen Treu und Glauben verstoßen würde und der Erklärungsgegner die Mitteilung der verschwiegenen Tatsache nach der Verkehrsauffassung erwarten durfte. Dieser Grundsatz geht jedoch nicht so weit, dass eine Partei die andere von sich aus über sämtliche Umstände aufzuklären hat, die für deren Willensbildung von Bedeutung sein können. Vielmehr muss der gegenläufige Grundsatz berücksichtigt werden, dass derjenige, der einen Vertrag schließt, sich selbst darüber zu vergewissern hat, ob er für ihn von Vorteil ist oder nicht. Darauf darf sich der andere Vertragsteil grundsätzlich einstellen. Er braucht deshalb nicht auf Umstände hinzuweisen, von denen er annehmen kann, dass darauf Wert gelegt und dementsprechend nach ihnen gefragt wird (BGH NJW 2000, 2497).

Nach diesen Grundsätzen ist das Amtsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass eine arglistige Täuschung des Vertreters der Antragstellerin nicht schlüssig vorgetragen worden ist. In Bezug auf die vom Erblasser “eingebrachten” Grundstücksflächen bestreitet die Antragsgegnerin nicht, dass diese nicht vollständig im Eigentum des Erblassers gestanden haben; in diesem Punkt sind sich die Parteien lediglich in der rechtlichen Bewertung dieses Umstandes vor dem Hintergrund uneinig, dass von dem Erblasser tatsächlich 51 ha seinerzeit in die LPG einbracht worden sind, nämlich neben den eigenen Grundstücken auch diejenigen seiner Söhne R… und O… S….

Es ist auch nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin das Saldoanerkenntnis des Erblassers treuwidrig verschwiegen hätte. Dagegen spricht, dass die Abgabe eines Saldoanerkenntnisses durch den Erblasser im Beschluss des Amtsgerichts Königs Wusterhausen vom 20. Februar 2003 ausdrücklich erwähnt worden ist und dieser Beschluss wiederum im Abfindungsvertrag vom 26. Januar 2006 in Bezug genommen worden ist.

Abgesehen davon, dass die Antragstellerin zu Unrecht davon ausgeht, dass in jenem Verfahren rechtskräftige Feststellungen zur Wirkung des Saldoanerkenntnisses getroffen worden sind, sind ihr bzw. dem für sie handelnden damaligen Liquidator die in der Entscheidungen des Amtsgerichts Königs Wusterhausen erwähnten Umstände nicht treuwidrig verschwiegen worden. Sämtliche Umstände, auf die die Antragstellerin eine vermeintliche Täuschung stützt, betreffen die Sphäre der Antragstellerin und waren bzw. sind aus ihren eigenen Unterlagen ersichtlich. Wenn der damalige Liquidator sich vor Abschluss der Vereinbarung keine Kenntnis von den – zum Teil ausdrücklich in Bezug genommenen – eigenen Unterlagen der Antragstellerin verschafft haben sollte, begründete dies auf Seiten der Antragsgegnerin nicht den Vorwurf der Arglist, da sie insofern keine Aufklärungsverpflichtung traf.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von der Antragstellerin im Termin vor dem Senat überreichten Unterlagen (Kopie der ersten Seite des Inventareinbringungsprotokolls, Umsatzkontenblatt, Bl. 204 f. d.A.). Beide Urkunden sind schon nicht geeignet, die Vergütung des Feldinventars durch die LPG bzw. die Rückzahlung des zusätzlichen Inventarbeitrages zu belegen. Dem Inventareinbringungsprotokoll lässt sich lediglich entnehmen, dass das Feldinventar noch vergütet werden soll („wird […] vergütet“), dem Kontoblatt lässt sich nur entnehmen, dass ab dem Jahr 1965 entsprechende Rückzahlungen in den Unterlagen der LPG gebucht worden sind. Die genannten Unterlagen sind dann aber auch nicht geeignet, eine positive Kenntnis der Antragsgegnerin von den behaupteten Rückzahlungen zu belegen, zumal diese nach ihren eigenen Angaben erst 1978 in die LPG eingetreten ist und die sukzessive Rückzahlung des zusätzlichen Inventarbeitrages bestreitet, jedenfalls hiervon nichts gewusst haben will.

Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob die Anfechtungsfrist des § 124 Abs. 1, 2 BGB im Zeitpunkt der Abgabe der Anfechtungserklärung bereits abgelaufen war, weil die Antragstellerin sich die Kenntnis des sie organschaftlich vertretenden Liquidators G… zurechnen lassen musste.

d) Die Abfindungsvereinbarung ist nicht gemäß § 138 Abs. 1 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Von ihrer ursprünglichen Behauptung kollusiven Zusammenwirkens der Antragsgegnerin mit dem früheren Liquidator war die Antragstellerin ausweislich der Sitzungsniederschrift des Amtsgerichts vom 10. Juni 2010 zwischenzeitlich wieder abgerückt. Für die in 2. Instanz erneut aufgestellte Behauptung, die Antragsgegnerin habe in Schädigungsabsicht mit dem Streitverkündeten zusammengewirkt, lässt der Vortrag der Antragstellerin weiterhin keine tatsächlichen Anhaltspunkte erkennen.

Die Vereinbarung verstößt auch nicht gegen ein gesetzliches Verbot i.S.v. § 134 BGB. In Betracht käme allenfalls ein Verstoß gegen § 90 GenG. Darauf zielt die Antragstellerin möglicherweise ab, indem sie in der Anfechtungserklärung mitteilt, die A… GmbH habe das Eigenkapital bei weitem übersteigende Zahlungsansprüche ausgeschiedener Mitglieder erfüllt. Die Vermögensaufteilung der LPG i.L. hat nach § 90 GenG zu erfolgen. Die Vorschrift verlangt, dass alle Schulden getilgt oder gedeckt sind; vorher darf eine Verteilung des Vermögens unter die Mitglieder nicht erfolgen. Dies gilt kraft ausdrücklicher Verweisung in § 42 LwAnpG auch für die Liquidation einer LPG. § 90 GenG schließt eine Vermögensverteilung vor Befriedigung oder Sicherstellung der Gläubiger aus (Senat, Beschluss v. 2. September 2010, Az. 5 W (Lw) 11/08 und Beschluss v. 13. November 2008, Az. 5 W (Lw) 2/08). Ungeachtet der Frage, ob § 90 Abs. 1 GenG überhaupt ein gesetzliches Verbot i.S.v. § 134 BGB statuiert, kommt ein Verstoß im Streitfall jedoch schon deshalb nicht in Betracht, weil die Vorschrift nur die Vermögensverteilung auf Mitglieder regelt, der Erblasser jedoch aus der LPG ausgeschieden und damit als Gläubiger zu behandeln ist, nicht aber als Mitglied der LPG i.L., also der Antragstellerin.

Es ist ferner nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin bei Abschluss der Abfindungsvereinbarung durch ihren früheren Liquidator nicht wirksam vertreten worden wäre. Soweit die Antragstellerin dies im zweiten Rechtszug bezweifelt bzw. nähere Feststellungen hierzu vermisst, hätte es ihr oblegen, Umstände vorzutragen, aus denen sich ausnahmsweise Zweifel an der Wirksamkeit der Vertretung durch den damaligen Liquidator als vertretungsberechtigtem Organ der LPG i.L. ergeben könnten.

3. Ohne Erfolg wendet sich die Antragstellerin schließlich gegen die erstinstanzliche Kostenentscheidung.

Das Landwirtschaftsgericht hat mit nicht zu beanstandenden Erwägungen der Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin auferlegt. Vor der Einleitung des vorliegenden Verfahren ist nicht nur das auf Initiative der A… GmbH eingeleitete Strafverfahren eingestellt und die hiergegen gerichtete Beschwerde durch Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 3. November 2008 als unbegründet verworfen worden, sondern auch das auf Anzeige der Antragstellerin selbst eingeleitete Ermittlungsverfahren u.a. gegen die Antragsgegnerin wurde „mangels zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat“ am 27. Juli 2009 durch die Staatsanwaltschaft Potsdam. Der Antragstellerin musste sich angesichts dessen bei Einreichen der „Klageschrift“ am 7. August 2009 aufdrängen, dass der im Wesentlichen auf den Vorwurf der arglistigen Täuschung gestützte Antrag keine Aussicht auf Erfolg haben würde.

4. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 44, 45 LwVfG. Es entspricht billigem Ermessen im Sinne von § 44 Abs. 1 LwVfG, der Antragstellerin die durch sein unbegründetes Rechtsmittel entstandenen Gerichtskosten aufzuerlegen. Die Pflicht der Antragsstellerin, der Antragsgegnerin ihre außergerichtlichen Kosten zu erstatten, ergibt sich aus § 45 Abs. 1 S. 2 LwVfG.