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Entscheidung (1B) 53 Ss-OWi 529/14 (286/14)


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Strafsenat Entscheidungsdatum 27.10.2014
Aktenzeichen (1B) 53 Ss-OWi 529/14 (286/14) ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 73 Abs 2 OWiG, § 74 Abs 1 OWiG

Leitsatz

Stellt der Betroffene nach Antrag auf Terminverlegung wegen Krankheit einen Antrag auf Entbindung von der Pflicht zur Anwesenheit in der Hauptverhandlung gem. 73 Abs. 2 OWiG überholt sich der Antrag auf Terminverlegung (Fall der Erledigung), so dass das Bußgeldgericht nur noch über den Antrag auf Entbindung von der Anwesenheitspflicht zu entscheiden und ggf. ohne den Betroffenen die Hauptverhandlung durchzuführen hat.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Neuruppin vom 29. Juli 2014 wird als unbegründet verworfen.

Der Betroffene trägt die Kosten seines Rechtsmittels und die ihm darin entstandenen notwendigen Auslagen.

Gründe

I.

Die zentrale Bußgeldstelle des Zentraldienstes der Polizei des Landes Brandenburg hat mit Bußgeldbescheid vom 10. Januar 2014 gegen den ganz erheblich straßenverkehrsrechtlich vorbelasteten und allein im Jahr 2013 dreimal wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen vorgeahndeten Betroffenen wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 34 Km/h eine Geldbuße in Höhe von 235,00 € festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat unter Einräumung der Gestaltungsmöglichkeit nach § 25 Abs. 2a StVG angeordnet.

Nach form- und fristgerecht eingelegtem Einspruch hat das Amtsgericht Neuruppin, nachdem der Hauptverhandlungstermin bereits zweimal wegen Erkrankung des Verteidigers bzw. beruflicher Verhinderung des Betroffenen verschoben worden war, mit Verfügung vom 20. Juni 2014 Termin zur Hauptverhandlung auf den 29. Juli 2014 anberaumt, zu dem sowohl der Verteidiger als auch der Betroffene selbst am 26. Juni 2014 bzw. 25. Juni 2014 förmlich geladen wurden.

Am Tag vor der Hauptverhandlung, am 28. Juli 2014 um 15:06 Uhr, beantragte der mit einer schriftlichen Vollmacht versehene Verteidiger des Betroffenen per Telefax, den Hautverhandlungstermin zu verschieben, da der Betroffene an einem „akuten Infekt“ erkrankt sei und reichte hierzu eine ärztliche Bescheinigung um 17:16 Uhr per Telefax nach. Mit Telefax vom 28. Juli 2014 um 17:22 Uhr beantragte der Verteidiger des Betroffenen nunmehr: „[…] den Betroffenen von seiner Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden (§ 73 Abs. 2 OWiG). Der Betroffene erklärt, dass er der verantwortliche Fahrzeugführer zur Tatzeit war. Im Übrigen wird er sich in der Hauptverhandlung nicht zur Sache äußern“.

Mit Beschluss vom 29. Juli 2014 hat der Bußgeldrichter den Betroffenen antragsgemäß gem. § 73 Abs. 2 OWiG von der Pflicht zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden.

Im Hauptverhandlungstermin, zu dem weder der Betroffene noch sein Verteidiger erschienen waren, hat das Amtsgericht Neuruppin den Betroffenen nach durchgeführter Beweisaufnahme wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften zu einer Geldbuße von 250,00 € verurteilt und auf ein Fahrverbot von einem Monat erkannt. Das Tatgericht hat festgestellt, dass der Betroffene am 5. August 2013 um 14:12 Uhr als Führer des Mercedes-Benz, amtliches Kennzeichen …, die Bundesautobahn … in Höhe km …, Fahrtrichtung …, trotz eines voraufgegangenen so genannten Geschwindigkeitstrichters mit mindesten 134 km/h (nach Toleranzabzug) befahren und damit die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um mindestens 34 km/h überschritten habe.

Gegen das dem Verteidiger am 1. August 2014 förmlich zugestellte Urteil hat der Betroffene mit bei Gericht am 3. August 2014 angebrachten Anwaltsschriftsatz Rechtsbeschwerde eingelegt und diese mit weiterem Anwaltsschriftsatz vom 8. September 2014, eingegangen bei Gericht am selben Tag, begründet. Der Betroffene rügt die Verletzung rechtlichen Gehörs und die Verletzung materiellen Rechts.

Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg hat in ihrer Stellungnahme vom 30. September 2014 beantragt, die Rechtsbeschwerde des Betroffenen als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG statthaft und entsprechend den §§ 79 Abs. 3 OWiG, §§ 341, 344, 345 StPO form- und fristgerecht bei Gericht angebracht worden.

2. Das Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg, es erweist sich als unbegründet.

a) Als einzige Verfahrensrüge hat der Betroffene die Verletzung rechtlichen Gehörs beanstandet.

aa) Die von dem Betroffenen erhobene Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs entspricht noch den an § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO iVm. § 79 Abs. 3 OWiG zu stellenden Anforderungen und ist zulässig. Der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg ist darin beizupflichten, dass der Rechtsbeschwerdeführer gem. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht nur die den Verfahrensmangel begründenden Tatsachen vollständig darlegen muss, sondern auch die Tatsachen, die der erhobenen Verfahrensrüge wieder die Grundlage entziehen können (vgl. BGH Beschluss vom 27. August 2013, 4 StR 234/13, zit. n. juris; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 344 Rdnr. 22). Insoweit kann der Revisionsbegründung vom 8. September 2014 jedoch noch entnommen werden, dass der Betroffene zeitlich nach dem Terminverlegungsantrag einen weiteren Antrag auf Freistellung von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung gestellt hatte (Bl. 3 Begründungsschrift vom 8. September 2014).

bb) Die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs greift jedoch nicht durch.

(1.) Im Gegensatz zu den Ausführungen in der Rechtsbeschwerdebegründung vom 8. September 2014 hat das Bußgeldgericht den Gestaltungswillen des Betroffenen zur Kenntnis genommen und beachtet und ihm dadurch rechtliches Gehör gewährt. Als letzten Antrag vor der Hauptverhandlung, außerhalb der Bürozeiten und weniger als 14 Stunden vor dem Termin gestellt, hat der Betroffene mit Anwaltsschriftsatz vom 28. Juli 2014 seine Fahrereigenschaft eingeräumt, erklärt, sich im Hauptverhandlungstermin zur Sache nicht zu äußern und beantragt, ihn von seiner Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung gem. § 73 Abs. 2 OWiG zu entbinden. Bei – wie hier – Vorliegen der Voraussetzung für eine Entbindung des Betroffenen von seiner Anwesenheitspflicht ist das Bußgeldgericht verpflichtet, den Betroffenen von der Anwesenheit in der Hauptverhandlung freizustellen und die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Betroffenen durchzuführen; die Entscheidung über den Antrag steht bei Vorliegen der Voraussetzungen nicht im Ermessen des Gerichts (vgl. KG VRS 115, 429; OLG Saarbrücken VRS 114, 50; OLG Bamberg VRS 113, 284; OLG Hamm VRS 113, 362; BayObLG DAR 2002, 132; ständige Senatsrechtsprechung, vgl. statt vieler: Beschluss vom 19. Juni 2012, 1 B - 53 Ss-OWi 322/12 - 274/12 m.w.N.). Das Bußgeldgericht musste den Willen des Betroffenen respektieren und in die Hauptverhandlung eintreten; hätte das Tatgericht dem entgegen ein Verwerfungsurteil erlassen, hätte es den erklärten Willen des Betroffenen missachtet und dadurch rechtliches Gehör verletzt.

Mit dem Antrag auf Entbindung von seiner Anwesenheitspflicht hat sich der voraufgegangene noch nicht beschiedene Antrag auf Terminverschiebung wegen Erkrankung des Betroffenen überholt und erledigt. Denn wenn der Betroffene einen Antrag auf Entbindung von der Pflicht zur Anwesenheit an der Hauptverhandlung stellt, macht er deutlich, dass er an der Hauptverhandlung nicht teilnehmen will und werde. Ausdrücklich erklärt hat er zudem, sich in der Hauptverhandlung zur Sache nicht zu äußern. Ein solcher Fall überholt einen vorhergehenden (Termins-) Verlegungsantrag. Ein solcher macht keinen Sinn (mehr), da der Entbindungsantrag einer möglichen Entschuldigung vom Fernbleiben in der Hauptverhandlung, die ohne Entbindungsantrag im Freibeweisverfahren zu überprüfen gewesen wäre, den Boden entzieht. Denn wenn der Betroffene antragsgemäß von der Verpflichtung zum Erscheinen im Hauptverhandlungstermin entbunden wird, braucht er sich nicht mehr für sein Nichterscheinen im Termin zu entschuldigen.

(2.) Soweit der Betroffene in seiner Begründungsschrift vom 8. September 2014 sowie im Anwaltsschriftsatz vom 10. Oktober 2014 (beiläufig, Bl. 3 Begründungsschrift) behauptet, „vorsorglich“ den Antrag auf Entbindung von der Anwesenheitspflicht gestellt zu haben, findet dies zum einen in dem Antragsschreiben 28. Juli 2014 keine Entsprechung. Zum anderen würde sich der Sinngehalt dieser „Vorsorglichkeit“ nicht erschließen, da – wie oben dargelegt – die Entschuldigung vom Fernbleiben in der Hauptverhandlung (Terminverlegungsantrag) und der Antrag auf Befreiung von der Pflicht zum Erscheinen in der Hauptverhandlung sich gegenseitig ausschließen. Überdies ist der Antrag nach § 73 Abs. 2 OWiG bedingungsfeindlich.

Zudem hat der Betroffene den Antrag auf Entbinden von der Anwesenheitspflicht in der Hauptverhandlung durch einen rechtskundigen Rechtsanwalt gestellt. Jedem Rechtskundigen muss sich freilich aufdrängen, dass der Entbindungsantrag einen voraufgegangenen noch nicht beschiedenen Terminverschiebungsantrag überholt bzw. erledigt und diesem Antrag bei Vorliegen der Vorrausetzungen zwingend zu entsprechen ist.

(3.) Soweit sich der Betroffene darauf beruft, dass ihm weder ein Beschluss über den Antrag auf Terminverlegung noch der Beschluss über die Freistellung von der Anwesenheitspflicht (förmlich) zugestellt worden war, kann dies der Rechtsbeschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Denn zum einen brauchte der Antrag auf Terminverschiebung wegen oben dargelegter prozessualer Überholung nicht mehr beschieden zu werden. Zum anderen konnte und durfte der Betroffene nicht damit rechnen, dass ihm vor der Hauptverhandlung eine Entscheidung über einen am Vortag der Hauptverhandlung nach Geschäftsschluss und damit zur Unzeit gestellten Antrag auf Freistellung von der Anwesenheitspflicht noch zugestellt werde. Dagegen musste der durch einen Verteidiger vertretene Betroffene zwingend damit rechnen, dass sein Antrag vor der Hauptverhandlung positiv entschieden werde. Denn – wie oben dargelegt – blieb dem Tatgericht hinsichtlich seiner Entscheidung kein Ermessensspielraum.

(4.) Eine Verletzung rechtlichen Gehörs liegt auch nicht in der Abwesenheit des Verteidigers im Hauptverhandlungstermin begründet. Das Tatgericht konnte und musste davon ausgehen, dass der Verteidiger, der für sich keinen Terminverlegungsantrag gestellt hat, in der gem. § 74 Abs. 1 OWiG in Abwesenheit des Betroffenen durchzuführenden Hauptverhandlung den Betroffenen vertreten werde. Damit verschiebt sich die Problematik vom Betroffenen auf dessen Verteidiger, der es zu vertreten hat, nicht an der Hauptverhandlung teilgenommen zu haben.

Gründe für die eigene Verhinderung hat der Verteidiger des Betroffenen aber weder im Vorfeld der Hauptverhandlung noch im Rechtsbeschwerdeverfahren vorgetragen. Dessen ungeachtet ist darauf hinzuweisen, dass selbst im Strafverfahren, und erst Recht im Ordnungswidrigkeitenverfahren, nicht jede Verhinderung des (gewählten) Verteidigers zur Folge hat, dass eine Hauptverhandlung gegen den Angeklagten bzw. Betroffenen nicht durchgeführt werden kann (vgl. BGH NStZ 1999, 527). In diesen Fällen sind – was hier nicht gegeben ist – selbst bei Verhinderung des Verteidigers das Interesse des Betroffenen an seiner Verteidigung und das Interesse des Staates an einer möglichst reibungslosen Durchführung des Verfahrens gegeneinander abzuwägen. Dabei sind unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls die Bedeutung der Sache, die Persönlichkeit des Betroffenen, die Prozesssituation, die Veranlassung der Verhinderung, die Dauer der Verzögerung, der Umfang einer Behinderung der Verteidigungsmöglichkeit und das Verhalten des Betroffenen und seines Verteidigers hierzu u. ä. in Rechnung zu stellen (vgl. KG NZV 1993, 411). In die erforderliche Abwägung ist zudem einzustellen, dass es beim Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht um kriminelles Unrecht, sondern um bloßes Verwaltungsunrecht geht, hier nicht Kriminalsanktionen wie Freiheitsstrafe oder Geldstrafe drohen, sondern lediglich Ordnungsmittel. Im konkreten Fall handelt es sich zudem um eine einfach gelagerte Ordnungswidrigkeit, nämlich um eine Geschwindigkeitsüberschreitung die mit einem standardisierten Messverfahren (ES 3.0 der eso GmbH) im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHSt 39, 291 ff.; BGH 43, 277; OLG Hamm DAR 2005, 407; vgl. auch OLG Stuttgart NStZ 2008, 40; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. § 4 StVO Rdnr. 15) festgestellt worden war, hinsichtlich dessen vereinfachte Beweisregeln gelten (vgl. BGH aaO.). Die Abwesenheit des Verteidigers in der Hauptverhandlung kann auch nicht zu einer Verletzung des rechtlichen Gehörs führen, da § 103 Abs. 1 GG nicht das rechtliche Gehör gerade durch Vermittlung eines Rechtsanwalts gewährleistet (OLG Köln VRS 83, 367; OLG Düsseldorf VRS 95, 104).

b) Auch die Sachrüge bleibt ohne Erfolg. […]

ANMERKUNG: NACHFOLGENDES KANN GESTRICHEN WERDEN, DA ES SICH NICHT ZUM LEITSATZ VERHÄLT

aa) Die Überprüfung des Schuldspruchs lässt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen erkennen.

In objektiver Hinsicht ist insbesondere die Geschwindigkeit nach dem standardisierten Messverfahren ES 3.0 festgestellt worden; die gefahrene Geschwindigkeit und der in Abzug gekommen Toleranzwert werden mitgeteilt. Das Messgerät wurde ordnungsgemäß bedient. Die Messbeamten sind in der Handhabung der Messanlage geschult worden. Die Feststellungen des Gerichts sind frei von Rechtsfehlern. Sie sind lückenlos und enthalten keine Widersprüche oder Verstöße gegen Denk- und Erfahrungsgrundsätze, so dass dem Rechtsbeschwerdegericht die Nachprüfung der Rechtsanwendung hinsichtlich der objektiven Tatbestandsmerkmale möglich ist.

Die Feststellungen und die diesen zu Grunde liegende Beweiswürdigung sind frei von Rechtsfehlern. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Würdigung der erhobenen Beweise grundsätzlich zu den ureigenen tatrichterlichen Aufgaben gehört, die in weiten Bereichen der Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht entzogen ist. Dem Tatrichter bleibt es vorbehalten, sich eine Überzeugung von der Schuld oder der nicht vorhandenen Schuld des Angeklagten zu verschaffen. Daher ist das Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich an die Beweiswürdigung des Tatrichters gebunden. Jedoch sind die Beweismittel und deren Würdigung in das schriftliche Urteil aufzunehmen, weil anderenfalls jede Überprüfung der Richtigkeit des Schuldspruchs ausgeschlossen wäre. Die höchstrichterliche Rechtsprechung verlangt vom Tatrichter regelmäßig eine Beweiswürdigung, in der die Ergebnisse der Beweisaufnahme – als Grundlage der tatsächlichen Feststellungen – darzustellen und erschöpfend zu würdigen sind. In welchem Umfang dies geboten ist, richtet sich nach der jeweiligen Beweislage, nicht zuletzt nach der Bedeutung, die der jeweiligen Beweisfrage unter Berücksichtigung des Tatvorwurfs und des Verteidigungsvorbringens für die Wahrheitsfindung zukommt (statt vieler: BGH DRiZ 1994, 59 f), wobei zu berücksichtigen ist, dass an ein Urteil in Bußgeldsachen nicht die gleichen hohen Anforderungen gestellt werden können wie an ein Urteil in Strafsachen (vgl. BGHSt 39, 291; BayObLG NZV 2003, 247; OLG Hamm NZV 2003, 295; OLG Rostock DAR 2001, 421). Der Nachprüfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung obliegt dem mit der Sachrüge befassten Rechtbeschwerdegericht aber nur unter dem Gesichtspunkt, ob sie rechtliche Fehler aufweist. Solche Fehler können darin begründet sein, dass die Beweiswürdigung unklar, unvollständig bzw. lückenhaft oder widersprüchlich ist, ferner gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. BGH NStZ 1984, 17 m. w. N.).

Solche Fehler weist das angefochtene Urteil nicht aus.

Auch soweit der Bußgeldrichter auf eine fahrlässige Begehungsweise erkannt hat, sind Rechtsfehler nicht zu besorgen, wenn auch mit Blick auf die erheblichen Vorbelastungen des Betroffenen sich die Erörterung der vorsätzlichen Begehungsweise hätte aufdrängen können.

bb) Der Rechtsfolgenausspruch ist ebenfalls von Rechts wegen nicht zu beanstanden.

(1.) Ähnlich wie im Strafverfahren ist es ureigene Aufgabe des Tatrichters, auf der Grundlage der Ergebnisse der Beweisaufnahme die angemessene Geldbuße zu bestimmen, wobei die im Bußgeldkatalog aufgelisteten Geldbußen dem Durchschnittsfall für bloß fahrlässiges Verhalten bei gewöhnlichen Tatumständen entsprechen. Hieran hat sich das Bußgeldgericht zutreffend orientiert.

Soweit das Bußgeldgericht angesichts der zahlreichen einschlägigen Vorahndungen die Regelgeldbuße angemessen und moderat erhöht hat, ist dies von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Keine der im Verkehrsregister enthaltenen Eintragungen ist tilgungsreif gem. § 29 Abs. 1 Ziff. 1, Abs. 4 Nr. 3, Abs. 6 StVG. Das Verschlechterungsverbot gilt hinsichtlich des Bußgeldbescheides nach Einspruchseinlegung nicht (Göhler-Seitz, OWiG, 16. Aufl., Vor § 67 Rdnr. 5, § 71 Rdnr. 4).

(2.) Das erkannte Fahrverbot von 1 Monat entspricht ebenfalls der Regelanordnung nach § 4 Abs. 2 BKat. Bloße berufliche oder wirtschaftliche Nachteile genügen nicht, um das Absehen von dem indizierten Fahrverbot zu rechtfertigen. Aus Verhältnismäßigkeitsgründen kann ein Absehen von einen Fahrverbot oder eine Reduzierung der Dauer des Fahrverbots nur dann gerechtfertigt sein, wenn sich dieses als eine für den Betroffenen „besondere Härte“ darstellen würde. Eine „besondere Härte“ kann aus wirtschaftlichen Gründen aber nur dann vorliegen, wenn nachweislich schwere wirtschaftliche Schäden, etwa der Verlust des Arbeitsplatzes oder die Vernichtung der beruflichen Existenz oder der wirtschaftlichen Existenz eines Betriebes drohen (ständige Rechtssprechung des Senats, vgl. bereits Senatsbeschluss vom 19. März 2003 - 1 Ss (OWi) 14 B/03 -; Senatsbeschluss vom 22. April 2009 - 1 Ss (OWi) 44 B/09 -; siehe auch Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Auflage, § 25 StVG Rdnr. 25 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Bei der Beurteilung, ob eine solche Abweichung in Betracht kommt, sind dem Bußgeldrichter wegen der erforderlichen Gleichbehandlung und Rechtssicherheit im Interesse der allgemeinen Verkehrssicherheit enge Grenzen gesetzt. Dabei muss das Urteil die Erwägungen hinsichtlich der Glaubwürdigkeit von Angaben des Beschuldigten darlegen, der sich auf besondere Härte, wie etwa bedrohender Existenz- oder Arbeitsplatzverlust, beruft (vgl. OLG Koblenz NZV 1996, 373; OLG Koblenz DAR 1999, 227, 228; OLG Düsseldorf DAR 1996, 65, 66; OLG Hamm DAR 1996, 325). Hierbei ist zu beachten, dass für den Betroffenen grundsätzlich die Möglichkeit besteht, ein Fahrverbot durch Wahrnehmung seiner geschäftlichen Termine unter Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, einschließlich Taxis, oder durch Beschäftigung eines bezahlten Fahrers oder durch Inanspruchnahme von Urlaub oder auch durch eine Kombination dieser Möglichkeiten zu überbrücken. Damit einhergehende finanzielle Belastungen, etwa durch Inanspruchnahme von Ersparnissen oder Rücklagen, können dem Betroffenen zumutbar sein.

Die Urteilsgründe zeigen, dass sich das Tatgericht der Möglichkeit eines Absehens von einem Fahrverbot bei Existenzgefährdung bewusst war. Jedoch lassen sich weder den Urteilsgründen noch der Rechtsbeschwerdebegründung vom 8. September 2014 konkrete Anhaltspunkte dafür finden, dass der Betroffene nicht in der Lage wäre, das Fahrverbot von einem Monat zumindest teilweise in die Urlaubszeit zu verlegen oder das Fahrverbot beispielsweise durch zeitweise Beschäftigung eines Fahrers zu kompensieren oder beide Möglichkeiten miteinander zu kompensieren.

Soweit das Bußgeldgericht dem Betroffenen die so genannte Vier-Monats-Regelung des § 25 Abs. 2a StVG nicht zugebilligt hat, ist dies wegen des am 11. Mai 2013 rechtskräftig gewordenen Fahrverbots, das die Bußgeldbehörde des Kreises H… am 24. April 2013 verhängt hatte, ebenfalls nicht zu beanstanden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1, StPO.