I.
Der Auftrageber veröffentlichte die Vergabe des streitgegenständlichen Auftrages am 6.8.2009 auf der im Serviceportal des Landes Brandenburg eingerichteten Plattform - <…de> . Den Gesamtauftragswert hatte er auf rund 2,6 Mio. € netto geschätzt. In der Bekanntmachung ist das Vergabeverfahren als „Öffentliche Ausschreibung, VOB/A“ bezeichnet. Gegenstand ist danach eine „Baumaßnahme“, die die betriebsbereite Errichtung von 26 Richtfunkstationen im Land Brandenburg umfasst, außerdem die dazugehörige Planung, Lieferung und Montage sowie die Prüfung und betriebsfähige Übergabe der Übertragungseinrichtung inklusive VDSL-fähiger Multifunktionsgehäuse (MFG), bestehend aus Richtfunkmasten, Mastfundamenten und Mastzubehör sowie Sende- und Empfangsantennen an den Masten und Fernmeldeeinrichtung in „Outdoor-Units“. Die durchzuführenden Montagearbeiten umfassen u.a. die Errichtung der Sende- und Empfangsstation, das Herstellen des Mastfundaments, das Aufstellen und Befestigen der Richtfunkmasten sowie das Befestigen, Anschließen und Ausrichten der Sende-/Empfangsantennen sowie die betriebsbereite Installation der „Outdoor-Units“.
Im Submissionstermin am 7.9.2009, an dem auch die fristgerecht ein Hauptangebot einreichende Antragstellerin teilnahm, lagen acht Angebote vor. Die Spanne der Angebotspreise reichte von brutto 527.152,15 € (der Antragstellerin) bis brutto 6.625.182,20 €.
Nachdem der Auftraggeber mit einzelnen Bietern, darunter der Antragstellerin, Aufklärungsgespräche geführt hatte, teilte er der Antragstellerin mit E-Mail vom 7.10.2009 mit, dass er sich für das Angebot eines anderen Bieters entschieden habe.
Diese Entscheidung beanstandete die Antragstellerin mit am 8.10.2009 bei dem Auftraggeber eingegangenen Schreiben und bat um Mitteilung der Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes, da sie das günstigste Angebot abgegeben habe und die Zuschlagskriterien auch in technischer Hinsicht vollumfänglich erfülle. Das Vergabeverfahren sei wegen erheblicher formeller und sachlicher Mängel aufzuheben. Fehlerhaft habe der Auftraggeber der Ausschreibung die VOB/A zugrunde gelegt. Bei der Planung, Lieferung und Installation von Richtfunkstationen handele es sich nicht um eine Bauleistung. Schwerpunkt der Leistung sei die Lieferung der erforderlichen Richtfunktechnik sowie die Planung und Herstellung einer funktionstüchtigen Verbindung. Der Aufbau eines Mastes sei im Rahmen des Gesamtauftrages zeitlich wie auch preislich von untergeordneter Bedeutung. Deshalb sei die VOL/A anwendbar und der Schwellenwert gemäß § 2 VgV überschritten. Die Vergabe hätte deshalb nach den Vorschriften der VgV, insbesondere § 13 VgV erfolgen müssen. Auch aus im Einzelnen bezeichneten fachlichen Gründen sei das Vergabeverfahren aufzuheben.
Nachdem die Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 8.10.2009 den Auftraggeber vergeblich aufgefordert hatte, zur Vermeidung von Rechtsnachteilen für die nicht berücksichtigten Bieter bis zum 9.10.2009 die avisierte Zuschlagserteilung bis auf weiteres auszusetzen, stellte sie mit Schriftsatz vom 9.10.2009 einen Nachprüfungsantrag mit dem Ziel, dem Auftraggeber die Zuschlagserteilung auf der Grundlage seiner bisherigen Wertung zu untersagen. Zeitversetzt zum Nachprüfungsantrag hatte der Auftraggeber der Antragstellerin am selben Tag per Fax mitgeteilt, dass der Zuschlag bereits am 7.10.2009 erteilt worden sei. Die Antragstellerin nahm daraufhin ihren Nachprüfungsantrag zurück.
Mit weiteren Schreiben vom 12.10.2009 vertiefte die Antragstellerin ihre Ausführungen zur Begründung ihrer Auffassung von der fehlerhaften Anwendung der VOB/A.
Mit Antwortschreiben vom 13.10.2009 teilte der Auftraggeber mit, dass der Bieter W… GmbH den Zuschlag erhalten habe. Zwar könne Richtfunk auch anders als von ihm ausgeschrieben betrieben werden. Er habe sich jedoch für die Errichtung von Richtfunkstationen, bestehend aus Richtfunkmast und Fundament und damit für die Errichtung von Bauwerken entschieden, bei denen jeweils Tief- und Hochbauarbeiten durchzuführen seien. Dass die Anlagen eine bestimmte technische Funktion zu erfüllen hätten, ändere nichts daran, dass es sich um Bauwerke handele.
Daraufhin beanstandete die Antragstellerin mit weiterem Schreiben vom 19.10.2009 die Eignung des Bieters, der den Zuschlag erhalten hatte und vertiefte ihr Rügevorbringen zur Anwendbarkeit der VOL/A. Von der Nichtanwendbarkeit der VOB/A als auch den damit verbundenen Nachteilen habe sie keine Kenntnis gehabt. Erst durch telefonische Kontaktaufnahme mit ihren Verfahrensbevollmächtigten am 8.10.2009 habe sie erstmals von den vergaberechtlichen Verstößen und den damit verbundenen Nachteilen erfahren.
Die Antragstellerin hat am 22.10.2009 erneut bei der Vergabekammer einen Nachprüfungsantrag gestellt, mit der sie sich gegen die Zuschlagsentscheidung des Auftraggebers wendet, die unter Verstoß gegen § 101 a GWB ergangen sei.
Die Antragstellerin hat beantragt,
1. die Unwirksamkeit des vom Auftraggeber mit der W… GmbH geschlossenen Vertrages gemäß §§ 101b, 101a GWB festzustellen,
2. den Auftraggeber zu verpflichten, das Angebot der Antragstellerin bei der Vergabe zu berücksichtigen,
3. hilfsweise den Auftraggeber zu verpflichten, das Vergabeverfahren aufzuheben und erneut auszuschreiben,
4. die Vergabeakten beizuziehen und der Antragstellerin Einsicht in diese zu gewähren,
5. dem Auftraggeber die Kosten des Verfahrens inklusive der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten der Antragstellerin aufzuerlegen,
6. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin als notwendig zu erklären.
Der Auftraggeber hat beantragt,
1. die Anträge der Antragstellerin zurückzuweisen und
2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für erforderlich zu erklären.
Der Nachprüfungsantrag sei unzulässig, jedenfalls unbegründet. Der Nachprüfungsantrag sei unzulässig, die Vergabekammer nicht zuständig, weil der maßgebliche Schwellenwert nicht überschritten sei. Der ausgeschriebene Auftrag sei ein Bauauftrag. Jedenfalls sei der Nachprüfungsantrag insgesamt nach § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB unzulässig, weil die Antragstellerin trotz Erkennbarkeit aus den Vergabeunterlagen es unterlassen habe, die Durchführung einer nationalen VOB/A-Ausschreibung bis zur Angebotsabgabe zu rügen.
Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag als unzulässig verworfen.
Zur Begründung hat die Vergabekammer ausgeführt, sie sei für die streitgegenständliche Auftragsvergabe nicht zuständig. Der vierte Teil des GWB sei nicht anwendbar. Bei dem streitgegenständlichen Auftrag handele es sich um einen Bauauftrag gemäß § 99 Abs. 3 GWB. Der geschätzte Auftragswert liege mit 2,6 Mio. € netto unterhalb des für Bauaufträge maßgeblichen Schwellenwertes. Sämtliche ausgeschriebene Arbeiten seien insgesamt als Bauauftrag zu bewerten. Ziel des Auftrages sei nicht die Überlassung bzw. Lieferung von Richtfunktechnik, sondern die betriebsbereite Errichtung von 26 Richtfunkstationen zur Gewährleistung der Breitbandversorgung für Orte und Ortsteile im Land Brandenburg. Darin liege der durch den Auftragnehmer geschuldete Erfolg. Sowohl die dazugehörigen Planungs- und Lieferleistungen, sämtliche Montage- bzw. Installationsleistungen als auch die Durchführung von Messungen und Prüfungen, die Einweisung noch zu ermittelnder Betreiber/des Betriebspersonals, Inbetriebnahmeleistungen usw. dienten der Herstellung betriebsbereiter Richtfunkstationen und deren späterer Funktion.
Ein etwaig hoher Lieferanteil nehme dem Auftrag nicht den Charakter eines der VOB/A unterfallenden Bauauftrages. Nicht die Lieferung einer Ware sei geschuldet, die als Nebenleistung verlegt oder angebracht werde, sondern die auch mittels Montage- bzw. Installationsarbeiten unter Einsatz bauhandwerklicher Leistungen zu bewirkende Herstellung eines Zustandes, in dem der Auftraggeber über betriebsbereite Richtfunkstationen - u. a. bestehend aus Richtfunkmasten und Mastfundamenten - verfügt. Hierauf liege das aus den Verdingungsunterlagen ersichtliche Hauptinteresse des Auftraggebers und auch der sachliche Schwerpunkt des Vertrages.
Selbst die Überschreitung des maßgeblichen Schwellenwertes unterstellt wäre die Antragstellerin mit ihrem Vortrag zur Wahl der Vergabeart präkludiert. Die Antragstellerin habe insoweit ihre Rügeobliegenheit gemäß § 107 Abs. 3 Nr. 2 bzw. Nr. 3 GWB verletzt.
Bereits aus der Vergabebekanntmachung vom 6.8.2009 habe sich eindeutig und unmissverständlich ergeben, dass der Auftraggeber einen Bauauftrag auf der Grundlage der VOB/A ausgeschrieben habe. Da die mit dem Nachprüfungsantrag vorgetragene fehlerhafte Wahl der Vergabeart für die Antragstellerin bereits aus der Vergabebekanntmachung, spätestens aus den Verdingungsunterlagen erkennbar gewesen sei, hätte die Antragstellerin diesen Vergaberechtsverstoß entsprechend § 107 Abs. 3 GWB bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber rügen müssen. Das sei hier nicht der Fall gewesen.
Infolgedessen sei die Antragstellerin nicht nur hinsichtlich dieses Vergaberechtsverstoßes präkludiert, sondern auch mit ihrem weiteren, damit bestimmungsgemäß zusammenhängenden Vorbringen ausgeschlossen. Die Präklusion erfasse sämtliche Beanstandungen, die mit der Wahl der Verfahrensart zusammenhingen. Dem stehe die Entscheidung des EuGH vom 11.10.2007 (Rs. C-241/06) nicht entgegen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde.
Die Antragstellerin hält die Vergabekammer für zuständig, weil es sich um eine Vergabe handele, auf die die VOL/A anzuwenden sei. Der geschätzte Nettoauftragswert der Ausschreibung überschreite den für Leistungen nach der VOL geltenden Schwellenwert von 206.000 €.
Die Antragstellerin meint, die Vergabekammer gehe von einem unzutreffenden Sachverhalt aus, wenn sie ausführe, Ziel der angegriffenen Ausschreibung sei die Errichtung von 26 Richtfunkstationen. Grund der Ausschreibung sei die Schaffung von Richtfunkanbindungen für die Bereitstellung höherer Bandbreiten in den jeweiligen Kommunen. Dem Auftragnehmer obliege es danach, den technisch und wirtschaftlich günstigsten Verlauf der Richtfunkstrecke zu ermitteln. Unrichtig stelle die Vergabekammer auf die bloße Errichtung von Richtfunkstationen ab. Sie übersehe dabei die zwingende Notwendigkeit der Installation der Gegenstelle am Ausgangspunkt („A“-Mast), von der aus die Datenanbindung in die jeweilige Gemeinde realisiert werden solle. Dabei handele es sich nicht um eine bloße Nebenleistung. Die Einrichtung der Technik am Ausgangspunkt sei ebenso Hauptleistungspflicht wie die Installation am Endpunkt in der Gemeinde, da nur so die ausgeschriebene betriebsbereite Richtfunkverbindung möglich sei. Nach alledem sei Ziel der Ausschreibung die Errichtung von Richtfunkstrecken. Dies sei kein Bauauftrag im Sinne von § 99 Abs. 3 GWB. Lediglich das Aufstellen der Masten sei eine Bauleistung von jedoch nur ganz untergeordneter Bedeutung im Rahmen des Gesamtauftrages. Charakterisierender Schwerpunkt des Vertrages liege in der Installation funktionsfähiger Richtfunktechnik inklusive Planung, Montage, Justierung und Inbetriebnahme der Richtfunksysteme als Leistung nach VOL/A. Richtfunktechnik sei auch ohne Aufstellen eines Mastes voll funktionsfähig und bilde nicht erst mit dem Mast eine funktionstüchtige Einheit. Zum anderen sei die Richtfunktechnik für die ordnungsgemäße Benutzung des Mastes nicht erforderlich. Der Mast sei eine bloße Antennentragekonstruktion. Der Schwerpunkt solcher Leistungen liege in der Planung und Streckenklärung, die keine Bauleistungen seien, sondern Leistungen nach VOL. Der Errichtung der ausgeschriebenen Masten komme nach Aufwand, Kosten und Relevanz nur ein ganz geringes Gewicht im Rahmen des Gesamtauftrages zu. Zudem seien die Masten lediglich am Endpunkt der Richtfunkverbindung in der Kommune zu errichten. Am Ausgangspunkt sei kein Mast zu errichten, sondern auf bestehende bauliche Anlagen zurückzugreifen.
Der Auftraggeber verzichte nunmehr nach Zuschlagserteilung aus technischen Gründen auch weitgehend auf die Errichtung von Masten.
Sie, die Antragstellerin, habe auch mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 8.10.2009 unverzüglich gerügt. Die Rügeobliegenheit beginne grundsätzlich mit der positiven Kenntnis von einem Vergaberechtsverstoß. Die Antragstellerin habe indes weder positive Kenntnis von der Nichtanwendbarkeit der VOB/A und den damit verbundenen Nachteilen, noch von der eingeschränkten Anwendbarkeit von § 9 Nr. 15-17 VOB/A gehabt. Sie habe erstmals im Telefonat mit ihren Verfahrensbevollmächtigten am 8.10.2009 davon erfahren, dass die Vergabe nicht der VOB, sondern der VOL unterliege. Selbst wenn es der Antragstellerin aufgefallen wäre, hätte sie die sich hieraus ergebenden rechtlichen Konsequenzen nicht erkannt und auch nicht erkennen müssen.
Eine Rüge sei auch entbehrlich gewesen, weil sie noch im laufenden Vergabeverfahren erhoben weder zu einer Fehlerbehebung durch den Auftraggeber, noch zur Vermeidung des Nachprüfungsverfahrens geführt hätte. Denn der Auftraggeber vertrete bis heute vehement die Auffassung, dass die VOB/A anwendbar sei.
Der Nachprüfungsantrag sei auch begründet. Der Auftraggeber habe gegen die Informationspflicht des § 101a Abs. 1 GWB verstoßen. Das Angebot der Antragstellerin sei zu Unrecht nicht berücksichtigt worden. Es weise keine Defizite auf. Sie habe das wirtschaftlichste Angebot abgegeben. Das Angebot der W… GmbH habe zwingend ausgeschlossen werden müssen, da sie weder einen aktuellen Handelsregisterauszug noch eine Referenzliste vorgelegt haben könne.
Die Antragstellerin beantragt,
1. den Beschluss der Vergabekammer des Landes Brandenburg vom 18.11.2009 - VK 41/09 - aufzuheben,
2. a) die Unwirksamkeit des vom AG mit der W… GmbH geschlossenen Vertrages gemäß §§ 101b, 101a GWB festzustellen,
b) den Auftraggeber zu verpflichten, das Angebot der Antragstellerin bei der Vergabe zu berücksichtigen,
c) hilfsweise den Auftraggeber zu verpflichten, das Vergabeverfahren aufzuheben und erneut auszuschreiben,
3. hilfsweise die Vergabekammer zu verpflichten, über die Sache unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden,
4. die Vergabeakten beizuziehen und der Antragstellerin Einsicht in diese zu gewähren,
5. dem Auftraggeber die Kosten des Verfahrens inklusive der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten der Antragstellerin aufzuerlegen,
6. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin als notwendig zu erklären.
Der Auftraggeber beantragt,
1. die sofortige Beschwerde zurückzuweisen,
2. auch für das Beschwerdeverfahren die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für erforderlich zu erklären.
Der Auftraggeber hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
II.
Die gemäß §§ 116, 117 GWB zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist unzulässig. Das Vergabenachprüfungsverfahren ist für den ausgeschriebenen Bauauftrag nicht eröffnet, weil der maßgebliche Schwellenwert von 5.150.000 € nicht erreicht ist. Dem Gesuch der Antragstellerin auf Einsicht in die Vergabeakten war unter diesen Umständen wie in der mündlichen Verhandlung vom 20.4.2010 erörtert nicht stattzugeben. Der ausgeschriebene Auftrag ist ein Bauauftrag gemäß § 99 Abs. 3 GWB. Der Auftragswert liegt bei geschätzt 2,6 Mio. €. Dieser von der Antragstellerin nicht angegriffene Wert ist maßgeblich für die Bestimmung des Schwellenwertes, weil der ordnungsgemäß geschätzte Auftragswert über die Geltung des Kartellvergaberechts und mithin den Zugang zum vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren bestimmt.
1. Zutreffend hat die Vergabekammer bei der Bestimmung des rechtlichen Charakters des streitgegenständlichen Auftrages auf § 99 Abs. 3 GWB abgestellt, wobei auf § 1 VOB/A und die dazu entwickelte Kasuistik zurückgegriffen werden kann, sofern sich kein Widerspruch zum gemeinschaftsrechtlich geprägten Begriff des Bauauftrages in § 99 Abs. 3 GWB ergibt (vgl. auch Willenbruch/Bischoff-Willenbruch, Vergaberecht, Rn. 47 zu § 99 GWB). Richtig hat die Vergabekammer auch hinsichtlich des wesentlichen Inhalts des Auftrages, an dem der rechtliche Charakter festzumachen ist, auf die Erreichung des Vertragsziels abgestellt. Entscheidend ist im Kern mithin, welche Hauptleistung der Auftragnehmer vertraglich schuldet. Die zu beschaffende Leistung bestimmt der Auftraggeber. Danach richtet sich dann das für die Auftragsvergabe zu durchlaufende Verfahren.
2. Der Auftraggeber hat die betriebsbereite Errichtung von 26 funktionsfähigen Richtfunkstationen ausgeschrieben. Das umfasst nach der Ausschreibung auch die dazugehörige Planung, Lieferung und Montage, Prüfung und betriebsbereite Übergabe der Übertragungseinrichtung inklusive VDSL-fähiger Multifunktionsgehäuse. Die Richtfunkstationen bestehen nach der Ausschreibung aus Richtfunkmasten, Mastfundamenten, Mastzubehör, Sende- und Empfangsantennen an den Masten und Fernmeldeeinrichtungen in Outdoor-Units. Diese Leistungen stellen sich in ihrer Gesamtheit als bauliche Leistungen dar, darunter Planungs- und Lieferleistungen, Montage- und Installationsleistungen, Durchführung von Messungen und Prüfungen, Einweisungen etc., die gerichtet sind auf die Errichtung von Bauwerken im Sinne des § 99 Abs. 3 GWB, nämlich den 26 betriebsbereiten Richtfunkstationen. Die Richtfunkstationen sind das Ergebnis von Hoch- und Tiefbauarbeiten und sollen eine technische Funktion, nämlich die Herstellung von Richtfunkverbindungen, erfüllen.
Damit hat der Auftraggeber entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht nur Masten ausgeschrieben, die als Tragmasten (u. a.) für Richtfunktechnik geeignet sind, sondern vielmehr Bauwerke mit einer speziellen technischen Funktion, nämlich dem Zweck, als Richtfunkmast innerhalb einer Richtfunkstation zu dienen. Als Richtfunkmast kann jedoch nur ein mit entsprechender Richtfunktechnik versehener Mast dienen. Dass der Antennenmast theoretisch auch mit anderer Technik bestückt werden könnte, ist unerheblich. Der Auftraggeber hat außerdem im Rahmen der Richtfunkstationen sogenannte Outdoor-Units ausgeschrieben, die ebenfalls wegen ihrer Verankerung im Erdreich als Bauwerke anzusehen sind und den Bauwerkscharakter der Richtfunkstationen wesentlich mit prägen.
3. Der Einordnung des ausgeschriebenen Auftrages als Bauauftrag im Sinne des § 99 Abs. 3 GWB steht nicht entgegen, dass in den Ausschreibungsunterlagen, insbesondere den Verdingungsunterlagen von Richtfunkanbindungen bzw. -verbindungen sowie Richtfunkstrecken die Rede ist und die bloße Errichtung einer Richtfunkstation ohne Gegenstelle in technischer Hinsicht unsinnig sein mag. Selbst wenn die Errichtung der Technik am Ausgangspunkt, dem sogenannten A-Mast, vom Auftragnehmer geschuldet und notwendig sein sollte, weil dies zur Herstellung der geschuldeten Betriebsbereitschaft der 26 Richtfunkstationen erforderlich ist, ändert dies nichts daran, dass es sich um eine als Bauleistung zu charakterisierende und vom Bauauftrag umfasste Leistung handelt. Denn auch sie ist dann erforderlich, damit die Bauwerke der 26 Richtfunkstationen ihre technische Funktion der Herstellung von Richtfunkverbindungen an die 26 verschiedenen Standorte erfüllen können.
4. Mit der Antragstellerin kann davon ausgegangen werden, dass Grund der Ausschreibung die Schaffung von Richtfunkanbindungen ist. Das geht bereits aus der Beschreibung des von der Landesregierung Brandenburg mit der Ausschreibung verfolgten politischen Ziels der Leistungsbeschreibung hervor. Das ist aber „nur“ das Motiv für die Ausschreibung und nicht als zu beschaffende (Haupt)Leistung vom Auftraggeber definiert/bestimmt worden. Erreicht wird sie vielmehr über die geforderte Bauleistung, nämlich die betriebsbereite Errichtung der 26 Richtfunkstationen. Die technische Ausrüstung ist erforderlich, um den vorgesehenen Zweck einer Richtfunkstation erfüllen zu können. Ausgeschrieben wurde die betriebsbereite Errichtung von 26 Richtfunkstationen mit sämtlicher dazugehöriger Technik, auch der Sende- und Empfangsanlagen. Ausgeschrieben wurden Richtfunkstationen als einem besonderen Zweck dienende Bauwerke. Die Ausrüstung mit der entsprechenden Technik gehört dann auch zur Hauptleistung, weil sie notwendig ist, die Hauptleistung „betriebsbereite Richtfunkstation“ zu erbringen. Diese Leistungen fallen deshalb auch unter die VOB/A, weil die vertragsbezogene Funktionsfähigkeit der 26 Richtfunkstationen als Bauwerke nur mit diesen Leistungen erreicht werden kann.
5. Aus den amtlichen Erläuterungen zu § 1 VOB/A ergibt sich nichts anderes. Elektrotechnische/elektronische Anlagen fallen nach den amtlichen Erläuterungen zu § 1 VOB/A nur dann nicht unter die VOB/A, sondern unter die VOL/A, soweit sie nicht zur Funktion einer baulichen Anlage erforderlich ist. Nur die Lieferung maschineller Einrichtungen und/oder elektrotechnischer Anlagen, die nicht notwendig gebäude-funktionsbezogen sind, zählen zu den Lieferungen und Leistungen der VOL (Messerschmidt in: Motzke/Pietzker/Prieß, VOB Teil A, Rn. 12 zu § 1). Da hier die Funktion des Bauwerkes „Richtfunkstation“ darin besteht, Richtfunkverbindungen herzustellen, ist die (technische) Richtfunkanlage zur Erfüllung der Funktion des Bauwerkes Richtfunkstation erforderlich.
6. Planungsleistungen gehören auch zu dem ausgeschriebenen Bauauftrag, weil diese vom Auftraggeber auf der Grundlage eines Bauvertrages in einem unmittelbaren und untrennbaren Zusammenhang mit der in Auftrag zu gebenden Bauleistung ausgeführt werden sollen (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB, 17. A., Rn. 29 zu § 1 VOB/A). Sie werden vom Begriff des Bauauftrages gemäß § 99 Abs. 3 GWB erfasst, weil sie gleichzeitig mit der Ausführung des Bauvorhabens zu erbringen sind.
7. Der Beschwerde der Antragstellerin kann auch nicht zum Erfolg verhelfen, wenn entsprechend ihrer Behauptung der Auftrag nunmehr tatsächlich anders ausgeführt werden sollte, als er ausgeschrieben worden ist. Zur Kontrolle in diesem Nachprüfungsverfahren steht ausschließlich die Vergabe der ausgeschriebenen Leistung. Gegenstand des Verfahrens ist nicht die Vergabe anderer als der ausgeschriebenen Leistungen.
8. Auf die von dem Auftraggeber noch aufgeworfene umstrittene Frage, ob gemäß § 100 Abs. 2 lit. k GWB der vierte Teil des GWB nicht auf den Auftrag anzuwenden ist, kommt es danach nicht mehr an.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 GWB. Es entspricht der Billigkeit, dass die im Beschwerdeverfahren unterlegene Antragstellerin auch dessen Kosten trägt.