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Reisekosten bei Lehrgangsbesuch eines Offiziers


Metadaten

Gericht VG Potsdam 2. Kammer Entscheidungsdatum 07.07.2010
Aktenzeichen 2 K 196/08 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 3 Abs 1 BRKG, § 5 Abs 1 BRKG, § 154 Abs 1 VwGO

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger steht als Regierungsdirektor (A 15) im Dienst der Beklagten bei der Bundeswehr. Vom 21. bis 25. Mai 2007 nahm er, seinerzeit noch als Oberregierungsrat, im Abordnungswege an einem Lehrgang der NATO School in Oberammergau teil. Hier wurde er im Hotel „Gasthof Bayerischer Löwe“ untergebracht. Den Weg von dem Hotel zur Ausbildungsstätte legte er mit seinem privaten Pkw zurück. Für die insgesamt zehn Fahrten zwischen Hotel und Ausbildungsstätte brachte er in seiner Reisekostenabrechnung eine Strecke von zusammen 25 km in Ansatz. Diesen Ansatz hat er mit der Klageerhebung im Wege einer Schätzung auf 20 km angepasst, für welche er einen Erstattungsbetrag von 4,00 Euro, d. h. 0,40 Euro je Fahrt, begehrt.

Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers auf Erstattung dieser Fahrtkosten mit „Feststellungsbescheid“ des Bundeswehr-Dienstleistungszentrums Potsdam vom 30. Juli 2007 ab, da es sich bei dem Weg vom Hotel zur Dienststätte in Oberammergau um eine kurze Strecke von bis zu 2 km und damit um eine zumutbare Fußwegstrecke handele. Seinen dagegen am 2. August 2007 erhobenen Widerspruch begründete der Kläger im Wesentlichen wie folgt: Der Fußweg betrage ausweislich des Routenplaners Map & Guide 1,7 km, jedoch müsse zusätzlich der Weg vom Kasernentor zum Ausbildungsgebäude berücksichtigt werden, woraus sich eine Strecke von über 2 km ergebe. Hierfür müsse eine Laufzeit von 35 Minuten veranschlagt werden, da die gesamte Strecke von 2.050 Metern bergauf verlaufe und daher mit einer Laufgeschwindigkeit von maximal 3,5 km/Std gerechnet werden könne. Da der Unterrichtsbeginn um 8.00 Uhr war, verbundenen mit der Aufforderung, bereits um 7.55 Uhr am Platz zu sein, und noch weitere fünf Minuten für die Einlasskontrolle an der Wache der NATO School einrechnet werden müssten, wäre es erforderlich gewesen, bereits um 7.15 Uhr im Hotel loszugehen. Aufgrund der im Hotel erst um 7.00 Uhr beginnenden Frühstückszeit wäre dies jedoch - bei einer zumutbaren Gestaltung des Frühstücks, dem anschließenden Zähneputzen und einem Gang zur Toilette - nicht möglich gewesen. Eine danach nötige Frühstückszeit von lediglich fünf Minuten wäre jedenfalls unzumutbar, was durch ein gegebenenfalls einzuholendes truppenärztliches Gutachten belegt werden könne. Bei der erfolgten Unterbringung außerhalb der amtlichen Unterkunft der NATO School sei es ein Gebot der Fürsorge, es dem Bediensteten zu überlassen, die zeitökonomischste Lösung für die Überwindung der Distanz zum Ort der Dienstleistung nach eigenem Ermessen zu wählen und ihm kein unzumutbares Freizeitopfer abzuverlangen.

Mit Widerspruchsbescheid der Wehrbereichsverwaltung Ost vom 28. Dezember 2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Auszugehen sei von einer Wegstrecke von unter 2 km, da die auf der Liegenschaft der NATO School selbst zurückzulegende Wegstrecke gemäß 2.1.3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesreisekostengesetz (BRKGVwV) unberücksichtigt bleiben müsse. Hiernach gehörten zur Dienststätte im reisekostenrechtlichen Sinne alle Stellen, die sich in einer abgegrenzten zusammenhängenden Liegenschaft befinden. Auch wenn sich bei einem Verzicht auf die Anfahrt mit dem Pkw ein knapp bemessener Zeitrahmen ergebe, belege die bisherige Praxis, dass es einer Vielzahl von (im „Gasthof Bayerischer Löwe“ untergebrachten) Lehrgangsteilnehmern bisher möglich gewesen sei, termingerecht am Dienstort zu erscheinen. Rückfragen hätten außerdem ergeben, dass es nach Absprache mit der Leitung des Gasthofes durchaus möglich gewesen wäre, auch vor 7.00 Uhr zu frühstücken. Ein durch die NATO School bereitgestellter Shuttle-Bus mit Abfahrtzeiten um ca. 7.20/7.25 Uhr hätte täglich genutzt werden können, nach entsprechender Absprache wäre auch die Teilnahme an der Gemeinschaftsverpflegung innerhalb der Liegenschaft der NATO-School denkbar gewesen, um ein rechtzeitiges Eintreffen in den Schulungsräumen zu gewährleisten. Es hätte dementsprechend lediglich weiterer Absprachen vor Ort im Hinblick auf die individuellen persönlichen Belange bedürft.

Der Kläger hat am 8. Februar 2008 Klage erhoben, zu deren Begründung er sein Widerspruchsvorbringen wiederholt und vertieft. Maßgeblich könne nur der gesamte tatsächliche Fußweg sein, die Bestimmung unter 2.1.3 BRKGVwV diene nur der Abgrenzung, ob eine Dienstreise im Sinne von § 2 Abs. 1 BRKG vorliege, berühre aber nicht die Frage, welche Wege einer Dienstreise reisekostenrechtlich erheblich seien.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

die Beklagte unter Aufhebung des Feststellungsbescheides des Bundeswehrdienstleistungszentrums Potsdam vom 30. Juli 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Wehrbereichsverwaltung Ost vom 28. Dezember 2007 zur Erstattung von weiteren Reisekosten für den Lehrgangsbesuch vom 21. bis 25. Mai 2007 in Höhe von 4,00 Euro zu verpflichten,

hilfsweise,

seinen Antrag auf Erstattung von Reisekosten für die vorgenannte Dienstreise unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie vertritt auch im Klageverfahren die Auffassung, dass der Kläger die begehrte Reisekostenerstattung nicht beanspruchen könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage, über die der Einzelrichter im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig.

Allerdings bestehen - letztlich jedoch nicht durchgreifende - Zweifel am Rechtsschutzbedürfnis des Klägers. Seine Einkommenssituation als Regierungsdirektor - bzw. zum Zeitpunkt der Klageerhebung: Oberregierungsrat - und der in keinem Verhältnis zum geltend gemachten Klageanspruch stehende Aufwand zur Begründung der Klage legen nahe, dass es dem Kläger tatsächlich gar nicht um die Durchsetzung einer Zahlung in Höhe von 4,00 Euro, sondern lediglich darum geht, Recht um seiner selbst zu bekommen. Dem Kläger müsste angesichts seiner beruflichen Stellung jedoch bewusst sein, dass die Ressourcen des Rechtsstaats nicht dazu dienen sollen, Recht als Selbstzweck durchzusetzen, sondern denjenigen Rechtsschutz zu gewähren, die ihn tatsächlich benötigen. Für das verwaltungsgerichtliche Verfahren scheidet eine Anwendung des römisch-rechtlichen Grundsatzes „minima non curat praetor“ aber aus, da es hierfür an einer hinreichenden prozessrechtlichen Grundlage fehlt.

Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte hat die vom Kläger gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 der Trennungsgeldverordnung (TGV) i.V.m. §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 BRKG beanspruchte (weitergehende) Kostenerstattung mit den angefochtenen Bescheiden vom 30. Juli und 28. Dezember 2007 zu Recht abgelehnt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung von 4,00 Euro an Reisekosten für die von ihm im Zeitraum vom 21. bis 25. Mai 2007 mit seinem privaten Pkw durchgeführten Fahrten zwischen dem Hotel „Gasthof Bayrischer Löwe“ und der NATO School.

Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 BRKG erhalten Dienstreisende – entsprechendes gilt für Beamte im Falle einer (Fortbildungs-)Abordnung über § 3 Abs. 1 TGV – auf Antrag eine Vergütung der dienstlich veranlassten notwendigen Reisekosten. Der Beamte ist danach verpflichtet, im Rahmen des Zumutbaren alles zu tun, um die Reisekosten so niedrig wie möglich zu halten (vgl. Kopicki/Irlenbusch, Das Reisekostenrecht des Bundes, Stand: November 2009, Rz. 11 zu § 3 BRKG). Dementsprechend ist er gehalten, kleinere Wegstrecken zu Fuß zurückzulegen. Insoweit teilt das Gericht den rechtlichen Ansatz der Beklagten, dass Fußwegstrecken bis zu 2 km grundsätzlich zumutbar sind. Dies ist auch für die hier in Streit stehende Strecke zwischen dem Hotel und der NATO School der Fall.

Zwar ist nach den insoweit übereinstimmenden Angaben der Beteiligten davon auszugehen, dass die Wegstrecke zwischen dem Hotel und dem Unterrichtsgebäude, welche entgegen der Auffassung der Beklagten aus den vom Kläger genannten Gründen insgesamt relevant sein dürfte, bei etwa 2.050 m liegt. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Kläger ausweislich der von ihm vorgelegten Kartenauszüge auch bei der Benutzung seines Pkw allein auf dem Gelände der NATO School vom Parkplatz bis zum Unterrichtsgebäude eine Wegstrecke von rund 300 m fußläufig zurücklegen musste, so dass er durch die Fahrten lediglich etwa 1.700 m Fußweg vermieden hat. Bei dieser Sachlage war es ihm zumutbar, die gesamte Strecke zu Fuß zurückzulegen bzw. den Pkw auf eigene Kosten zu nutzen. Dagegen spricht auch nicht der von ihm angeführte enge morgendliche Zeitrahmen aufgrund der erst um 7.00 Uhr beginnenden Frühstückszeit im Hotel. Denn danach hatte er rund 20 Minuten Zeit, bis er zu dem seinen Angaben zufolge 35 Minuten dauernden Fußweg zur NATO School aufbrechen musste. Soweit er danach - etwa aufgrund von Verzögerungen bei der Einlasskontrolle - nicht schon fünf Minuten vor Unterrichtsbeginn, sondern erst pünktlich zu 8.00 Uhr im Unterrichtsraum angekommen wäre, hätte er einer etwaigen Kritik hieran unter Hinweis auf seinen wegen der erst um 7.00 Uhr beginnenden Frühstückszeit knappen morgendlichen Zeitrahmen überzeugend begegnen können.

Eine andere Bewertung folgt auch nicht daraus, dass der Kläger offenbar im Übrigen ein Interesse daran hatte, seinen Pkw während der Unterrichtszeit (8.00 bis 16.30 Uhr) auf dem Parkplatz der NATO School (kostenlos) abzustellen. Dieses Interesse ergibt sich aus seinem Vorbringen in der Klageschrift, wonach es nach der Parkraumbewirtschaftung im Ortsgebiet Oberammergau einzuhaltenden Höchstparkdauer nicht möglich gewesen sei, den Pkw dort zu parken, und wonach der „Gasthof Bayerischer Löwe“ über keinen eigenen Parkplatz verfügte. Das genannte (private) Interesse muss hier jedoch für die Bestimmung der notwendigen Reisekosten im Sinne von § 3 Abs. 1 BRGK außer Betracht bleiben, weil es allein auf der persönlichen Entscheidung des Klägers beruht, mit seinem privaten Pkw - und nicht mit einem regelmäßig verkehrenden Beförderungsmittel - nach Oberammergau zu reisen.

Da hiernach keine im Sinne von § 3 Abs. 1 BRKG notwendigen Reisekosten in Höhe von (weiteren) 4,00 Euro angefallen sind, kann die Klage auch mit dem Hilfsantrag keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO); die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung i. V. m. § 167 VwGO.

Gründe zur Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.

B e s c h l u s s:

Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes auf Euro festgesetzt.