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Erstausstattung für die Wohnung - Trennung vom Ehepartner - Ersatzbeschaffung


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 29. Senat Entscheidungsdatum 27.07.2016
Aktenzeichen L 29 AS 544/13 ECLI ECLI:DE:LSGBEBB:2016:0727.L29AS544.13.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 24 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB 2

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 10. Januar 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten als Leistungsträger nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) Leistungen für die Erstausstattung ihrer Wohnung.

Die Ehe der 1951 (in Leningrad) geborenen Klägerin wurde mit Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 6. Oktober 2004 geschieden. Zwischen den Eheleuten wurde ein Ehegattenunterhalt des Ehemanns an die Klägerin i.H.v. monatlich 1500 € (Elementarunterhalt) zuzüglich Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge (damals monatlich 369 €) vereinbart. Außerdem vereinbarten die Eheleute ausweislich der im Verwaltungsverfahren vorgelegten Fotokopie der Anlage zum Protokoll des Amtsgerichts Tempelhof Kreuzberg vom 6. Oktober 2004, Ziffern 3 und 4, dass die Ehewohnung im L ( B ) zur alleinigen Nutzung bei der Klägerin verbleibt. Zudem wurde vereinbart, dass der verteilte eheliche Hausrat jeweils im Alleineigentum des derzeitigen Besitzers verbleibt.

Nachdem der Ehemann seinen Zahlungsverpflichtungen ab August 2009 nicht mehr nachkam, leitete die Klägerin Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen ihn ein und zog schließlich zum 1. Juli 2011 aus der Ehewohnung in ein Untermietverhältnis in die S Straße, B C W. Bei dieser Wohnung handelte es sich um ein vollmöbliertes Zimmer mit einer monatlichen Gesamtmiete von 347 €.

Die Ehewohnung lag im Zuständigkeitsbereich des Jobcenters Tempelhof-Schöneberg, von dem die Klägerin auch laufend Leistungen nach dem SGB II bezog. Bei der Ehewohnung handelte es sich um eine große 3-Zimmer- Wohnung, die das Jobcenter Tempelhof- Schöneberg nach den Angaben der Klägerin als unangemessen ansah, die Klägerin zur Kostensenkung aufforderte und schließlich auch nur noch einen Teil der Miete übernahmen. Der anschließend hiergegen von der Klägerin geführte Rechtsstreit verlief nach ihren Angaben für Sie erfolglos, so dass es wegen der so entstandenen Mietschulden zur Zwangsräumung kam.

Anlässlich des notwendigen Umzuges beantragte die Antragstellerin ausweislich eines von ihr im Berufungsverfahren vorgelegten Bescheides des Jobcenters Tempelhof- Schöneberg vom 20. Juni 2011 die Kostenübernahme von Umzugskosten und Einlagerungsgebühren für die Möbel. Das Jobcenter Tempelhof-Schöneberg lehnte mit seinem Bescheid vom 20. Juni 2011 den Antrag auf Kostenübernahme der Einlagerungsgebühren ab. Hierzu enthält der Bescheid insbesondere folgende Ausführungen:

„Sie geben an, aufgrund der anstehenden Vollstreckung gegen ihren unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehemann bald Unterhalt zu bekommen und in dann eine größere Wohnung ziehen zu wollen.

Nach Aktenlage ist jedoch noch nicht absehbar, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe Sie Unterhalt bekommen werden. Es ist somit nicht ausgeschlossen, dass sie weiterhin abhängig von Leistungen nach dem SGB II sind. Somit wären Sie verpflichtet, angemessenen Wohnraum für eine Person anzumieten. Bei einer ein bis zwei Zimmerwohnung müssen sie daher trotzdem einen Teil der Möbel entsorgen.

Da nicht absehbar ist, wie lange eine Einlagerung notwendig wäre und zudem bei Neubezug einer anderen Wohnung erneut Umzugskosten anfallen würden, ist die Wirtschaftlichkeit einer Einlagerung und zweimaligen Umzugskosten in Relation zu einer eventuellen späteren Erstausstattung nicht gegeben, so dass eine Kostenübernahme nicht möglich ist.“

Ausweislich eines Vermerks sprach die Klägerin dann bei dem Jobcenter Tempelhof- Schöneberg anlässlich des beabsichtigten Umzugs am 27. Juni 2011 vor. Der Vermerk hat ferner folgenden Wortlaut:

„Frau H hat einen Untermietvertrag… für die S Straße … ab 1. Juli 2011 abgeschlossen. Kosten wurden anerkannt und ein KÜ für ein Umzugsunternehmen ausgestellt. Zimmer ist zwar möbliert, Kundin kann ihre Möbel jedoch im Keller unterstellen. Zur Vermeidung Erstausstattung Umzugskosten genehmigt, da Kundin sich demnächst eine reguläre Wohnung suchen will. Untermietvertrag ist nur Übergangslösung wegen Zwangsräumung.

Aufhebungsbescheid ab 1. August 2011 erlassen, da Zuständigkeitswechsel.“

Mit Bescheid vom 27. Juni 2011 hob das Jobcenter Tempelhof- Schöneberg seine Leistungsbewilligung ab dem 1. August 2011 auf.

Die Klägerin beantragte daraufhin am 21. Juli 2011 bei dem nunmehr zuständigen Beklagten Leistungen nach dem SGB II die dieser auch mit Bescheid vom 17. August 2011 ab dem 1. August 2011 in monatlicher Höhe von 710,27 € bewilligte.

Mit der Begründung, die Klägerin habe ihre Miete ab Oktober 2011 nicht mehr gezahlt, beantragte der Vermieter bei dem Beklagten die laut Mietvertrag vereinbarte Miete (monatlich 347 €) direkt an ihn zu zahlen. Dies lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 13. Oktober 2011 mit dem Hinweis ab, dass die Auszahlung bereits an die Klägerin erfolgt sei. Daraufhin kündigte der Vermieter das Untermietverhältnis erstmalig zum 31. Oktober 2011, nahm diese Kündigung - und auch eine weitere - jeweils nach Mietzahlung durch die Klägerin jedoch wieder zurück, um zum 31. Dezember 2011 dann endgültig zu kündigen.

Am 22. Dezember 2011 wurde die Klägerin schließlich im Erstaufnahmeheim in der F aufgenommen.

Mit Schreiben vom 21. Dezember 2011 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten wiederum die „Zusicherung, anfallende Wohnbeschaffungs- und Umzugskosten zu übernehmen (§ 22 Abs. 6 SGB II)“. In diesem Schreiben heißt es insbesondere:

„…

Da es in der Notunterkunft des Bezirksamts nicht genug Platz für meine persönliche Habe gibt, wird es unter Umständen zusätzlich erforderlich sein, Platz in einem Lagerraum anzumieten. Die Kosten für den Transport würden aus diesem Grund dann zweimal anfallen- einmal aus der alten Wohnung in den Lagerraum, einmal aus dem Lagerraum in die neue Wohnung…“

Mit Schreiben vom 26. Dezember 2011 beantragte die Klägerin insbesondere „Lagerkosten“ und führte hierzu folgendes aus:

„… brauche Platz um meine persönlichen Sachen abzustellen: Bekleidung, Haushalt, Dokumente, Küche etc..“

In einem weiteren Schreiben vom 27. Dezember 2011 führte die Klägerin außerdem aus:

„Das von mir zu beziehende Zimmer in der Unterkunft hat eine Fläche von ca. 10 m². Ein Kellerraum steht dort nicht zur Verfügung. Das bis Monatsende von mir bewohnte Zimmer war mit etwa 25 m² Fläche mehr als doppelt so groß. Zusätzlich gab es einen Keller, den ich zur Lagerung meiner persönlichen Habe nutzte. Es ist nicht möglich, alle meine persönlichen Gegenstände in der neuen Unterkunft unterzubringen. Es handelt sich dabei um Gegenstände von hohem ideellen und praktischen Wert, die ich weder bereit bin wegzuwerfen noch zurückzulassen.“

Mit Bescheid vom 22. Januar 2012 bewilligte der Beklagte daraufhin die Übernahme der Mietkosten für den Lagerraum für die Zeit vom 30. Dezember 2011 bis zum 26. Januar 2012 und mit Bescheid vom 26. Januar 2012 für den Folgezeitraum.

Mit Schreiben vom 22. März 2012 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten eine Erstausstattung für die Wohnung, Erstausstattung für Bekleidung und Umzugskostenübernahme für eine neue Wohnung ab dem 1. April 2012. An Wohnungseinrichtungsgegenständen würden insbesondere ein Wohnzimmerschrank, eine Couch mit Tisch und Sesseln sowie ein Bett mit Matratze, Bettzeug und Bettwäsche benötigt.

Am 24. März 2012 mietete die Klägerin schließlich zum 1. April 2012 eine Zweizimmerwohnung in der W S in 1 BM mit einem monatlichen Mietzins von 415,80 € an.

Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 29. März 2012 eine Ausstattung für Bekleidung und mit Bescheiden vom (3. zutreffend wohl:) 5. April 2012 die Übernahme von Kosten zur Ausstattung einer Wohnung als Zuschuss sowie die Übernahme von Umzugskosten ab. Es handele sich nicht um einen Erstbezug und daher käme für Einrichtungsgegenstände nur die Bewilligung eines Darlehens gemäß § 42a Abs. 2 SGB II in Betracht.

Mit Änderungsbescheid vom 4. April 2012 bewilligte der Beklagte der Klägerin ab dem 1. April 2012 bis zum 30. April 2012 monatlich 1057,26 € unter Berücksichtigung der Kosten für Unterkunft und Heizung i.H.v. 415,80 €.

Außerdem teilte der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 3. April 2012 mit, dass nunmehr das Jobcenter Berlin Mitte für sie zuständig sei.

Mit Schreiben vom 20. April 2012 erhob die Klägerin gegen die Ablehnungsbescheide vom 29. März und 5. April 2012 Widerspruch. Die Pflicht zur Übernahme von Kosten zur Ausstattung einer Wohnung ergebe sich aus § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II. Sie besitze nicht die beantragten Möbel und benötige diese. Insofern bestehe ein unabweisbarer Bedarf. Zuvor habe sie in einem möblierten Zimmer einer Erstaufnahmeeinrichtung und einer möblierten Einzimmerwohnung gelebt. Sie sei daher gezwungen, einen neuen Hausstand zu gründen.

Bei einer Prüfung in der neuen Wohnung der Klägerin in der Wilhelmshavener Straße 60 fand der Prüfdienst des Beklagten ausweislich des Prüfberichts vom 21. Mai 2012 als Wohnungsausstattung insbesondere ein Bett mit Matratze, Bettwäsche, Bettdecke und Kopfkissen, einen Einbauschrank und einen Hochschrank sowie Vorhänge in allen Zimmern vor. Zu dem Bett nebst Bettzeug enthält der Prüfbogen jeweils die Hinweise: „Im WZ, angeblich geliehen vom Heim in der F“. Der Prüfbericht enthält zudem den Hinweis, dass im Übergangswohnheim noch vier Umzugskartons und zehn blaue Müllsäcke sowie ein Koffer mit einem Gesamtvolumen von ca. 2 m³ und im Lager in M eine Waschmaschine, ein Geschirrspüler, Kartons und Tüten mit einem Gesamtvolumen von ca. 7-8 m³ eingelagert seien.

Mit Bescheid vom 8. Juni 2012 bewilligte daraufhin der Beklagte für die Erstausstattung der Wohnung einen Betrag in Höhe von 383 € zur Anschaffung eines Kühlschranks, einer Schlafcouch, eines Küchentisches und eines Küchenstuhles.

Im Übrigen wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2012 zurück. Vorliegend sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach der Scheidung von ihrem Ehemann teilweise über einen Hausstand verfügte, welche auf Kosten des Grundsicherungsträgers eingelagert worden war. Zum Zeitpunkt der Entscheidung sei für den Grundsicherungsträger nicht ersichtlich, welche Haushaltsgegenstände sich in dem Lager befunden hätten. Erst eine Prüfung am 27. April 2012 habe ergeben, dass zu dem eingelagerten Hausrat neben einer Waschmaschine und einem Geschirrspüler noch in Tüten und Kartons eingelagerte Gegenstände im Umfang von ca. 10 m³ gehörten. Der Inhalt der Kartons und Müllsäcke habe nicht eingesehen werden können. Danach sei davon auszugehen, dass sich in dem Lager jedenfalls kein Bett, kein Tisch, kein Stuhl und kein Kühlschrank befinden und daher vorerst nur die erfolgte „Notausstattung“ bewilligt werden konnte. Eine umfassende Entscheidung über alle der mit Schreiben vom 22. März 2012 beantragten Gegenstände habe demgegenüber aus den genannten Gründen noch nicht erfolgen können und die Ablehnung sei im Entscheidungszeitpunkt mangels nachgewiesenen Bedarfs rechtens.

Am 9. Juli 2012 (einem Montag) hat die anwaltlich vertretene Klägerin gegen den am 8. Juni 2012 zugestellten Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2012 wegen der Ablehnung der Gegenstände einer Erstausstattung Klage eingelegt, ohne diese zu begründen.

Nach einem Hinweisschreiben des Gerichts vom 1. November 2012, dass das Rechtsschutzbedürfnis fehlen dürfte, weil im angegriffenen Widerspruchsbescheid bereits der Hinweis enthalten sei, dass über den Antrag umfassend erst nach dem Umzug in die Wohnung und einer Überprüfung der vorhandenen Gegenstände entschieden werden könne, erklärte die Klägerin mit Schriftsatz vom 21. November 2012, dass nach dem Prüfbericht vom 21. Mai 2012 keine Möbel eingelagert seien, sondern nur Haushaltsmaschinen sowie „Kartons und Müllsäcke“.

Auf die Nachfrage des Gerichts mit Schreiben vom 10. Dezember 2012 um welchen „nicht bewilligten Rest der Möbel“ es im Klageverfahren genau gehe, reagierte die Klägerin nicht.

Die Klägerin hat in der anwaltlichen Klageschrift schriftlich beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides vom 3. April 2012 in Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 8. Juni 2012 und des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2012, beide zugegangen am 8. Juni 2012, der Klägerin die noch ausstehenden Gegenstände einer Erstausstattung im Umfang ihres Antrages vom 22. März 2012 zu bewilligen.

Die Beklagte hat sinngemäß beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht Berlin die Klage mit Gerichtsbescheid vom 10. Januar 2013 abgewiesen. Die Klage habe gleich in mehrfacher Hinsicht nicht zum Erfolg führen können. Zum einen werde auf die Ausführungen im Richterbrief vom 1. November 2012 Bezug genommen. Außerdem sei der Beklagte seit dem 1. April 2012, jedenfalls seit 1. Juni 2012 unzuständig, weil ab dem 1. April 2012 sich die örtliche Zuständigkeit für den Grundsicherungsträger aus der Wohnanschrift in der W S in M herleite und danach das Jobcenter Berlin Mitte zuständig sei. Davon abgesehen seien die Ausführungen des Beklagten im angegriffenen Widerspruchsbescheid zutreffend. Die Klägerin habe weder im Widerspruchs- noch im Klageverfahren einen über den bewilligten Bedarf hinausgehenden Anspruch dargelegt, geschweige denn nachgewiesen. Es sei nicht einmal eine substantiierte Klagebegründung erfolgt.

Gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 21. Januar 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 21. Februar 2013 Berufung über das Sozialgericht Berlin eingelegt.

Zur Begründung hat sie ausgeführt mit Leihvertrag vom 10. Mai 2012 habe sich die Klägerin von dem Erstaufnahmeheim ein Bettgestell und eine Matratze geliehen und sei auch erst an diesem Tag (10. Mai 2012) in ihre neue Wohnung eingezogen. Laut Rundschreiben I Nr. 5/2011 der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales über die Umsetzung des § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und 2 SGB II betrage die Pauschale für die Erstaustattung eines Ein- Personen- Haushalts 1073 €. Hinzu kämen noch die Pauschalen für die Anschaffung eines Kühlschranks (200 €) eines Staubsaugers (40 €) sowie die Pauschalen für Fenstervorhänge im Wohnzimmer, Schlafzimmer und Küche, so dass sich insgesamt ein pauschalierter Betrag i.H.v. 1370,76 € ergebe. Davon seien lediglich 383 € bewilligt; die Beschwer betrage mithin 987,76 €. Es habe ein unabweisbarer Bedarf bestanden, weil die angemietete Wohnung nicht möbliert gewesen sei. Außerdem habe die Klägerin zuvor im Erstaufnahmeheim und einem möblierten Zimmer gelebt. Sie sei daher gezwungen gewesen, einen neuen Hausstand zu gründen.

In der öffentlichen Sitzung des 29. Senats vom 27. Juli 2016 hat die Klägerin zudem erklärt, aufgrund des Bescheides des Jobcenters Tempelhof -Schöneberg vom 20. Juni 2011 davon ausgegangen zu sein, dass Ihr eine Erstausstattung später bewilligt würde. Sie habe deshalb anlässlich Ihres Auszuges aus der Ehewohnung im L sämtliche Haushaltsgegenstände an Bedürftige verschenkt. Als Künstlerin lege sie keinen großen Wert auf Geld und habe sie deshalb nicht verkauft, obwohl sie selbst hoch verschuldet gewesen sei. Zudem habe sie für einen Verkauf auch keine Zeit gehabt, da ihr nach dem erfolglosen Klageverfahren gegen das damals zuständige Jobcenter nur zwei Monate in der Ehewohnung verblieben sein. Es habe sich um eine große Dreizimmerwohnung voller Möbel und Einrichtungsgegenstände gehandelt, und ihr sei klar gewesen, dass dieser Hausrat niemals in einer kleineren Wohnung untergebracht werden konnte. Der Bescheid vom 20. Juni 2011 sei allerdings insoweit fehlerhaft, als sie niemals angegeben habe, in eine größere Wohnung ziehen zu wollen. Bei den später auf Kosten des Beklagten eingelagerten Gegenständen habe es sich nicht um Hausrat gehandelt, sondern um Bücher, Kleider und ähnliche wichtigen persönliche Gegenstände.

Seit etwa Ende April 2013 erhalte sie keine Leistungen nach dem SGB II mehr, weil sie wieder Unterhalt von ihrem Ehemann erwirkt habe.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 10. Januar 2013 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom (3.) 5. April 2012 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 8. Juni 2012 und des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2012 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr noch einen weiteren Betrag für die Erstausstattung einer Wohnung für die noch fehlenden Gegenstände (Bett, Schlafzimmerschrank, Sofa) zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Leistungsakten des Beklagten (), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht Berlin hat mit dem angegriffenen Gerichtsbescheid zu Recht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung eines weiteren Betrages für eine Erstausstattung im Sinne von § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II.

Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt der oder dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen (§ 24 Abs. 1 S. 1 SGB II). Nicht zum Regelbedarf nach § 20 sind gemäß § 24 Abs. 3 umfasst Bedarfe für

1.Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten,
2.Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt sowie
3.Anschaffung und Reparatur von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten.

Gemäß § 37 Abs. 1 S. 1 SGB II werden Leistungen nach diesem Buch auf Antrag erbracht. Leistungen nach § 24 Abs. 1 und 3 und Leistungen für die Bedarfe nach § 28 Abs. 2, Abs. 4 bis 7 sind gesondert zu beantragen (§ 37 Abs. 1 S. 2 SGB II). Leistungen nach diesem Buch werden nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht (§ 37 Abs. 2 S. 1 SGB II).

Nach diesen Regelungen steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nicht zu.

Vorliegend ist schon nicht ersichtlich, dass die von der Klägerin geforderten Gegenstände überhaupt als Erstausstattung für die Wohnung im Sinne von § 24 Abs. 3 Nr. 1 SGB II angesehen werden könnten.

Grundsätzlich kann schon nach dem Wortlaut der Regelung von einer „Erstbeschaffung“ nur bei einer erstmaligen Anschaffung ausgegangen werden. Zwar ergibt sich aus der Begründung des Gesetzesentwurfes, dass unter Umständen auch eine Ersatzbeschaffung als Erstbeschaffung im Sinne der Regelung angesehen werden könnte (vergleiche Blüggel in Eicher, SGB II, 3. Auflage, 2013, § 24 Rn. 91 ff., mit weiteren Nachweisen). Dies setzt jedoch immer außergewöhnliche Umstände voraus, die erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abweichen und für den Hilfebedürftigen im Vergleich zu anderen Hilfebedürftigen ein Sonderopfer darstellen (Blüggel, a.a.O., Rn. 93, mit weiteren Nachweisen). Als Beispiele werden hier ein Wohnungsbrand oder eine Erstanmietung nach einer Haft genannt. Auch eine Neugründung eines Haushalts nach einer Trennung vom Partner kann grundsätzlich wohl einen solchen Anspruch auf eine Erstausstattung begründen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 19. September 2008, B 14 AS 64/07 R, zitiert nach juris, mit weiteren Nachweisen) setzt dies jedoch voraus, dass bei dem Berechtigten durch die Trennung erstmalig ein solcher Bedarf entstanden ist.

Vorliegend hatte die Klägerin aber durch die Nutzung der ehelichen Wohnung den Bedarf ursprünglich bereits gedeckt; für sie handelt es sich bei den Haushaltsgegenständen mithin nicht um einen Erstbedarf. Nach den im Verwaltungsverfahren vorgelegten Kopien aus dem Scheidungsverfahren hatten sich die Eheleute darauf geeinigt, dass die Klägerin die Ehewohnung als alleinige Nutzerin behält und die in dieser Wohnung noch befindlichen Hausratsgegenstände in ihr Alleineigentum übergehen (Anlage zum Protokoll des Amtsgerichts Tempelhof Kreuzberg vom 6. Oktober 2004, Ziffern 3 und 4). Sie ist entsprechend nicht im Jahre 2004 nach der Trennung der Ehe aus der Wohnung ausgezogen, sondern erst im Jahr 2011, nachdem der geschiedene Ehemann seinen Unterhaltszahlungen nicht mehr nachkam und die Klägerin die Wohnung nicht mehr finanzieren konnte. Durch die Ehetrennung verlor sie mithin auch nicht die Nutzungsmöglichkeit der Wohnung und der Einrichtungsgegenstände, sondern erst durch ihren Auszug sieben Jahre später. Schon zum Zeitpunkt des Auszugs im Jahr 2011 stand sie aber im Leistungsbezug nach dem SGB II (beim damals zuständigen Jobcenter Tempelhof-Schöneberg), sodass der Bedarf an Wohnungseinrichtungsgegenständen schon während des laufenden Leistungsbezugs als gedeckt anzusehen ist und eine neue Beschaffung nicht als Erstbeschaffung, sondern als Ersatzbeschaffung anzusehen wäre. Wie der Beklagte in seinem ursprünglichen Bescheid vom 3. April 2012 zutreffend ausführte, kann eine solche Ersatzbeschaffung von dem Beklagten jedoch allenfalls mit einem Darlehen gefördert werden, welches von der Klägerin nicht beantragt wurde.

Zudem ist vollkommen unklar, welche Haushaltsgegenstände nach Aufgabe der ehelichen Wohnung der Klägerin im Jahre 2011 tatsächlich nicht mehr vorhanden waren. Denn die Klägerin hat nach dem späteren Auszug aus der möblierten Einzimmerwohnung im Dezember 2011 vom zuständigen Grundsicherungsträger die Einlagerungskosten für Gegenstände aus ihrem aufgelösten Haushalt beantragt und erhalten und hierzu selbst in Ihrem Schreiben vom 27. Dezember 2011 ausgeführt, dass es nicht möglich sei, alle ihre persönlichen Gegenstände in der neuen Unterkunft unterzubringen. Nach ihrem Schreiben vom 26. Dezember 2011 handelte es sich um „Bekleidung, Haushalt, Dokumente, Küche etc.“. Diese Gegenstände hatten nach den Feststellungen des Beklagten auch einen erheblichen Umfang. Nach dem Hinweis im Prüfbericht vom 27. April 2012 befanden sich damals im Übergangswohnheim noch vier Umzugskartons und zehn blaue Müllsäcke sowie ein Koffer mit einem Gesamtvolumen von ca. 2 m³ und im Lager in M eine Waschmaschine, ein Geschirrspüler sowie Kartons und Tüten mit einem Gesamtvolumen von ca. 7-8 m³; insgesamt mithin rund 10 m³.

Soweit die Klägerin darauf verweist, dass bei der Besichtigung des Einlagerungslagers nur ein Geschirrspüler und eine Waschmaschine und ansonsten nur Kartons und Müllsäcke und damit keine Einrichtungsgegenstände festgestellt werden konnten, ist festzustellen, dass dies im Umkehrschluss nicht zwangsläufig ein Nichtvorhandensein solcher Einrichtungsgegenstände bedeutet. Denn, wie der Beklagte im Widerspruchsbescheid schon zutreffend festgestellt hat, konnten nicht einmal bei der Besichtigung des Lagers alle eingelagerten Gegenstände in Augenschein genommen werden. So ist es durchaus denkbar, dass sich zumindest die mit Schreiben vom 22. März 2012 ebenfalls beantragte Kleinteile, wie Lampen, Gardinen, Spiegel, Vorhänge und auch ein Staubsauger in den Kisten und Säcken befunden haben können. Ausweislich des Prüfberichts für die Wohnungsbesichtigung am 27. April 2012 wurden dort zudem insbesondere ein Einbauschrank und Fenstervorhänge im Wohn-, Schlafzimmer und Küche vorgefunden sowie eine Spüle mit Unterschrank in der Küche. Auch dies wurde von der Klägerin mit Schreiben vom 22. März 2012 alles beantragt, obwohl es augenscheinlich vorhanden war.

Zu einer anderen Einschätzung führt schließlich auch nicht die erstmalig in der Berufungsverhandlung erfolgte Behauptung der Klägerin, sämtliche (größeren) Haushaltsgegenstände aus ihrer Ehewohnung an Bedürftige verschenkt zu haben.

Es ist für den Senat schon nicht glaubhaft, dass die Klägerin ihre Haushaltsgegenstände „an Bedürftige“ verschenkt und nicht verkauft haben will, obwohl sie selbst schon damals nicht nur Leistungsbezieherin und damit selbst bedürftig war, sondern nach ihren eigenen Angaben sogar hoch verschuldet. Auch ihre Erklärung, als Künstlerin keinen Wert auf Geld zu legen, ist schon deshalb nicht überzeugend, weil sie nunmehr von dem Beklagten genau diese finanziellen Mittel begehrt. Zudem steht diese heutige Behauptung, alles verschenkt zu haben, im Widerspruch zu ihrem Schreiben vom 26. Dezember 2011, in dem sie die Übernahme der Einlagerungskosten damit rechtfertigte, dass es sich bei den einzulagernden Gegenständen um „Bekleidung, Haushalt, Dokumente, Küche etc.“ handele. Dies war auch Grundlage für die Bewilligung der Einlagerungskosten durch den Beklagten.

Selbst wenn aber die Klägerin ihren Hausrat tatsächlich verschenkt haben sollte, würde es sich bei der nunmehr begehrten erneuten Beschaffung nicht um eine Erstbeschaffung, sondern eine Ersatzbeschaffung handeln.

Einen Anspruch auf den Zuschuss für eine solche Ersatzbeschaffung kann die Klägerin auch nicht aus dem Bescheid des Jobcenters Tempelhof-Schöneberg vom 20. Juni 2011 herleiten.

Soweit die Klägerin hierzu behauptet, sie habe darauf vertraut, dass nach diesem Bescheid eine spätere Erstausstattung bewilligt würde, ist dieses Vertrauen nicht schutzwürdig. Zum einen ist in dem Bescheid vom 20. Juni 2011 schon nach dem Wortlaut eine gegebenenfalls erforderliche Zusicherung im Sinne von § 34 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht zu sehen. Das damals zuständige Jobcenter hat der Klägerin gerade nicht schriftlich die Zusage erteilt, später eine Erstausstattung zu bezuschussen, sondern es hat mit diesem Bescheid vielmehr Einlagerungskosten abgelehnt. Mangels Zusicherungscharakter dieses Bescheides kann dahinstehen, ob eine gegebenenfalls erfolgte Zusicherung des Jobcenters Tempelhof- Schöneberg dem Beklagten Jobcenter Charlottenburg-Wilmersdorf überhaupt zuzurechnen wäre.

Im Übrigen hat die Klägerin in der öffentlichen Sitzung selbst erklärt, dass ihr natürlich - insbesondere nach dem vorhergehenden Klageverfahren wegen der unangemessen großen Wohnung - klar war, keinen Anspruch auf eine größere Wohnung gehabt zu haben und sich daher zwangsläufig die Notwendigkeit ergab, sich von Einrichtungsgegenständen aus der größeren Wohnung zu trennen. Dies war jedoch wesentliches Begründungselement der Ablehnung durch das Jobcenter Tempelhof-Schöneberg. Eine Einlagerung von Haushaltsgegenständen in dem beantragten Umfang sei nicht sinnvoll, wenn absehbar sei, dass später trotzdem ein Teil der Möbel entsorgt werden müsste.

Selbst wenn im Übrigen die Beschaffung fehlender Haushaltsgegenstände als notwendige Erstbeschaffung im Sinne vom § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II angesehen werden würde, vermag der Senat im Einvernehmen mit dem Sozialgericht (vergleiche Richterbrief vom 1. November 2012 und Gerichtsbescheid vom 10. Januar 2013) kaum die Notwendigkeit der Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe zu erkennen, weil die Klägerin es selbst in der Hand hatte, ihre vorhandene Wohnung mit den eingelagerten Gegenständen einzuräumen und dem Beklagten so Einblick in die fehlenden Einrichtungsgegenstände zu ermöglichen. Der Beklagte hat bereits im Widerspruchsbescheid darauf hingewiesen, dass zum Zeitpunkt seiner Entscheidung eine solche Prüfung nicht möglich war, weil die Klägerin insoweit eine Mitwirkung verweigerte. Diese hat sie auch im gerichtlichen Verfahren, bis einschließlich im Berufungsverfahren, nicht nachgeholt. Vielmehr hat die Klägerin lediglich auf ein Rundschreiben der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales I Nr.05/2011 und die dort erwähnten Pauschalen verwiesen. Hierbei verkennt sie allerdings, dass diese pauschalen Beträge nur für den Fall eingreifen, dass die jeweils genannten Gegenstände fehlen. Dass ein Anspruch auf die genannten pauschalen Beträge bei Vorhandensein der jeweiligen funktionsfähigen Haushaltsgegenstände selbstverständlich nicht existiert, bedarf keiner weiteren Erläuterung.

Dass die Klägerin es über Jahre hinweg unterlassen hat, dem Beklagten den zur Prüfung des Erstausstattungsbedarfs notwendigen Zugang zu ermöglichen und stattdessen gerichtliche Hilfe zur Durchsetzung vermeintlicher Ansprüche suchte, ist auch für den erkennenden Senat nicht ansatzweise nachvollziehbar.

Soweit die Klägerin erstmalig in der öffentlichen Sitzung des Senats vom 27. Juli 2016 vorgetragen hat, bei den eingelagerten Gegenstände habe es sich nur um Bücher und vergleichbare persönliche Gegenstände gehandelt und diese könnten nunmehr vollständig in ihrer Wohnung in Augenschein genommen werden, um so den wirklich fehlenden Bedarf zu ermitteln, ist dies zur Entscheidung des Rechtsstreits irrelevant und der Senat musste sich daher nicht gedrängt sehen, durch Augenscheinnahme Beweis zu erheben. Denn im Streit ist die Verweigerung eines über den mit Teilabhilfebescheid vom 8. Juni 2012 erfolgten Zuschusses für die Ausstattung einer Wohnung zum 1. April 2012. Welcher Bedarf damals bestanden hat, ist über vier Jahre später durch eine Hausbesichtigung nicht mehr zu ermitteln, weil durchaus denkbar und wahrscheinlich ist, dass bei den Einrichtungsgegenständen innerhalb von über vier Jahren Veränderungen eingetreten sind. Durch den heutigen Einrichtungsstand sind daher Rückschlüsse auf den Einrichtungstand vor über vier Jahren im Jahr 2012 nicht möglich.

Auf den heutigen Einrichtungstand ist demgegenüber schon deshalb nicht abzustellen, weil die Klägerin sich nach ihren eigenen Angaben bereits seit April 2013 nicht mehr im Leistungsbezug befindet. Erhält sie aber überhaupt keine Grundsicherungsleistungen mehr nach dem SGB II, so kommt auch ein Zuschuss für eine Erstausstattung nach § 24 Abs. 3 Nr. 1 SGB II nicht in Betracht.

Hinsichtlich der Zuständigkeit des Beklagten verweist der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen des Sozialgerichts Berlin in der angegriffenen Entscheidung und sieht von einer weiteren Darstellung ab. Selbst wenn die von der Klägerin geforderten Einrichtungsgegenstände als notwendige Erstbeschaffung anzusehen wären, wäre das beklagte Jobcenter hierfür nicht zuständig, weil die Wohnung im Zuständigkeitsbereich des Jobcenters Berlin Mitte liegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.