Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 3. Senat | Entscheidungsdatum | 15.03.2012 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | L 3 U 189/09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 7 SGB 7, § 8 SGB 7, § 56 SGB 7 |
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Mai 2009 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitig sind die Folgen eines Arbeits-/Wegeunfalls vom 21. November 2003 und ein deshalb bestehender Verletztenrentenanspruch ab dem 01. Oktober 2005.
Bei dem 1962 geborenen Kläger trat nach einer 1975 diagnostizierten Lymphoblasten-Leukämie mit mehrjähriger Chemotherapie und Bestrahlung des Cerebrums sowie einer Gehirnerschütterung 1981 im Juni 1992 ein Anfall mit nachfolgender Amnesie, Verwirrtheit und einer massiven vegetativen Symptomatik auf. Als Ursache wurde ein kavernöses Hämangiom links-occipital festgestellt und am 10. September 1992 operativ entfernt. Es folgten mehrere einfach-fokale und komplex-fokale Anfälle und ein Anfall vom Grand-mal-Typ am 03. April 2004, woraufhin das V-Klinikum nach stationärer Untersuchung des Klägers vom 03. April bis zum 13. April 1995 eine symptomatische Epilepsie diagnostizierte. Ein EEG vom 06. April 1995 wies Hirnfunktionsstörungen nach. In der Folgezeit wurde das Anfallsleiden mittels Tegretal medikamentös behandelt. Bei ihm ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 anerkannt (Bescheid des Versorgungsamtes Berlin vom 09. Januar 2006).
Am 21. November 2003 erlitt der Kläger gegen 8 Uhr morgens auf dem Weg zur Arbeitsstelle einen Verkehrsunfall, bei dem er nach eigener Unfallschilderung vom Januar 2004 kurz nach dem Anfahren an der Kreuzung Dstraße/Hstraße auf der Kreuzung auf einen ihm die Vorfahrt nehmenden kleinen weißen Kastenwagen frontal auffuhr. Dr. T von der C, wo der Kläger sich um 13:10 Uhr vorstellte, berichtete, der Kläger sei mit der Stirn auf sein Lenkrad aufgeschlagen. Initial seien weder Schmerzen noch Bewusstlosigkeit aufgetreten. Jetzt habe er Kopfschmerzen und eine leichte Übelkeit. Zu befunden waren neben einer oberflächlichen Verletzung der behaarten Kopfhaut Druckschmerzen über der Stirn sowie ein leichter Stauchungsschmerz und eine schmerzbedingte Einschränkung der Beweglichkeit der Halswirbelsäule (HWS). Sonstige vegetative Symptome oder neurologisch auffällige Befunde waren nicht festzustellen. Röntgenaufnahmen ergaben keine Anhaltspunkte für Verletzungen des Schädels oder der HWS, aber eine als degenerativ bewertete Höhenminderung des Bandscheibenfaches C5/6. Diagnostiziert wurde neben der oberflächlichen Verletzung der Kopfhaut eine Verstauchung und Zerrung der HWS. Der Kläger erhielt für 3 Tage eine Schanz’sche Krawatte und wurde krankgeschrieben mit dem Vermerk, dass eine über 3 Tage andauernde Arbeitsunfähigkeit nicht zu erwarten sei (zu allem: Durchgangsarztbericht <DAB> vom 24. November 2003).
Am 24. November 2003 stellte sich der Kläger bei dem Chirurgen Dr. D vor, der ihn weiter krankschrieb, insbesondere wegen starker Schmerzen im Bereich der oberen Brustwirbelsäule (BWS). Nach Röntgenaufnahmen äußerte Dr. D den Verdacht einer Kompressionsfraktur des 5. BWK. Weitere CT-Aufnahmen vom 27. November 2003 konnten dies nach der radiologischen Befundung nicht bestätigen, sondern lediglich eine minimale Abflachung rechts medial des LWK (gemeint wohl: BWK) 5 wie bei einer kleinen Infraktion, aber keinen Frakturspalt. Eine diskrete Höheminderung wurde von den Radiologen als degenerativ bewertet, während Dr. D in einem Zwischenbericht vom 15. April 2004 ausführte, dass sich die Höhenminderung in Verbindung mit den klinischen Befunden als frische Verletzung darstelle. Ab dem 06. September 2004 bestand wieder Arbeitsfähigkeit.
In einem ersten Rentengutachten vom 05. September 2004 (Untersuchung am 02. September 2004) führte Dr. D aus, der Kläger beklage weiterhin Schmerzen im oberen BWS-Bereich vor allem bei Belastung und muskuläre Verspannungen im Bereich des Schultergürtels. Außerdem habe er zeitweise Kopfschmerzen, vor allem nach Arbeiten am PC. Anamnestisch gab der Kläger an, nach der Entfernung eines gutartigen Hirntumors im Jahr 1992 unter der Medikation mit Tegretal keine epileptischen Anfälle mehr gehabt zu haben. Zur Wirbelsäule befundete Dr. D eine auffällige S-förmige Skoliose der BWS mit Umschlagpunkt im Bereich des verletzten 5. BWK, die als Folge der unfallbedingten Fraktur des 5. BWK ohne neurologische Symptomatik zu bewerten sei. Ansonsten bestünden röntgenologisch bis auf eine Minderung der physiologischen Lordose im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) keine auffälligen degenerativen Veränderungen der BWS und LWS. Die Bewegungsfähigkeit der gesamten Wirbelsäule sei unfallbedingt noch eingeschränkt. Auch chronische Muskelverspannungen im Schultergürtel seien unfallbedingt. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage seit Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit am 06. September 2004 bis auf Weiteres 20 vom Hundert (v. H.). Prognostisch könne mit einer weiteren Besserung innerhalb eines Jahres und einer MdE von nur noch 10 v. H. gerechnet werden.
Die Beklagte gewährte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 06. Oktober 2004 eine Rente als vorläufige Entschädigung in Form einer Gesamtvergütung für den Zeitraum vom 06. September 2004 bis zum 30. September 2005 auf der Grundlage einer unfallbedingten MdE von 20 v. H. Sollte anschließend noch eine rentenberechtigende unfallbedingte MdE bestehen, könne eine Rente auf formlosen Antrag weiterhin gewährt werden. Als Unfallfolgen wurden festgestellt: Geringe Bewegungseinschränkungen beim Seitneigen nach rechts und bei der Drehung der HWS und der BWS, S-förmige seitliche Verkrümmung (Skoliose) im oberen Bereich der BWS mit Umschlagspunkt am 5. BWK sowie muskuläre Verspannungen des Schultergürtels nach Bruch des 5. BWK und Zerrung der HWS. Nicht als Unfallfolge anerkannt wurde eine verminderte Krümmung (Lordose) der LWS.
Dr. D berichtete der Beklagten am 25. Oktober 2004 über eine schwierige Eingliederung des Klägers am Arbeitsplatz und am 10. Dezember 2003, dass der Kläger eine Zunahme seiner Schmerzen im oberen BWS-Bereich mit muskulären Verspannungen im Schultergürtel sowie zeitweisen Kopfschmerzen wegen der Verringerung des Ausmaßes physiotherapeutischer Maßnahmen angebe. Dr. B von der Unfallbehandlungsstelle der Berufsgenossenschaften (UBS) führte nach einer von der Beklagten veranlassten Untersuchung des Klägers in einer ausführlichen Stellungnahme vom 25. Februar 2005 aus, der Kläger klage über zunehmende berufliche Belastungen und beruflichen Stress sowie Mobbing. Als unfallbedingte Beschwerden habe er Verkrampfungen im Nackenbereich und Nackenschmerzen sowie Hinterkopfschmerzen nach längeren Arbeiten am PC angegeben. Im Laufe des Tages habe er zunehmend Konzentrationsstörungen und fühle sich nachmittags geistig und körperlich erschöpft. Klinisch befundete Dr. B endgradige Bewegungseinschränkungen der HWS und Druckschmerzen im Bereich der paravertebralen Muskulatur der BWS. Ferner habe der Kläger Gefühlsstörungen im Bereich der rechten Hand berichtet. Röntgenologisch seien im Bereich der HWS keine Traumafolgen, aber eine deutliche Osteochondrose bei C5/6 zu befunden. Im Bereich der BWS sei neben mäßiggradigen degenerativen Veränderungen der übrigen Segmente eine deutliche Abflachung des 5. BWK zu erkennen, aber ohne wesentliche Keilwirbelbildung. Die Fraktur des 5. BWK sei mit einer Höhenminderung ohne wesentliche Veränderung der Statik der Wirbelsäule ausgeheilt. Eine weitere Besserung durch medizinische Behandlungsmaßnahmen sei nicht zu erwarten. Die vom Versicherten beklagten Beschwerden seien glaubhaft, jedoch nicht Folge des Unfalles vom 21. November 2003, sondern Folge unfallunabhängiger multipler Erkrankungen, u. a. degenerativer Veränderungen der HWS sowie dem von der behandelnden Neurologin und Psychiaterin Dr. N attestierten Zustand nach Exstirpation eines kavernösen Hämangioms links mit einem symptomatischen Anfallsleiden und komplexen Anfällen ca. 4 bis 5 mal jährlich. Außerdem seien die Probleme des Klägers am Arbeitsplatz geeignet, psychosomatische Verspannungszustände hervorzurufen. Abweichungen zur bisherigen MdE-Bewertung ergäben sich nicht.
Nach entsprechender Aufforderung der Beklagten, den Kläger nur noch zu Lasten der Krankenversicherung zu behandeln, beendete Dr. D die berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung und bewertete die unfallbedingte MdE mit unter 10 v. H.
Nachdem der Kläger der Einschätzung von Dr. B widersprochen und geltend gemacht hatte, vor dem Unfall weder Nacken- noch Kopfschmerzen gehabt zu haben, holte die Beklagte ein unfallchirurgisches Zusammenhangsgutachten bei Dr. H ein, welches dieser unter dem 17. Juni 2005 erstellte. Bei der gutachterlichen Untersuchung am 01. Juni 2005 gab der Kläger an, vor dem Arbeitsunfall vom 21. November 2003 keine Schmerzen gehabt zu haben und ein „Workaholic“ gewesen zu sein. Jetzt sei er nicht mehr belastbar, könne sich nach 5 bis 6 Stunden nicht mehr konzentrieren, bekomme „tierische Schmerzen“ im Kreuz sowie Kopfschmerzen vom Nacken hochziehend und sei dann nicht mehr zu gebrauchen. Den klinischen Befund beschrieb Dr. H bis auf ein Taubheitsgefühl im Bereich der oberen und mittleren BWS und einem leichten Hartspann im Bereich der Schulterblattmuskulatur und der Trapezmuskulatur als im Wesentlichen unauffällig. Röntgenologisch bestünden bis auf die Abflachung des 5. BWK ohne relevante funktionelle Auswirkungen keine Unfallfolgen. Leichte degenerative Veränderungen der gesamten Wirbelsäule seien unfallunabhängig. Die vom Kläger beklagten Beschwerden sehe er wie Dr. B am ehesten bedingt durch eine Überforderungssituation und einen Erschöpfungszustand.
Die Beklagte entschied hierauf mit Bescheid vom 20. Juli 2005, ein Anspruch des Klägers auf Heilbehandlung wegen der Folgen des Versicherungsfalls bestehe zukünftig nicht mehr. Die Behandlungsbedürftigkeit ende mit dem 03. März 2005. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch und begehrte darüber hinaus die Gewährung von Verletztenrente über den 30. September 2005 hinaus. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 05. Oktober 2005 zurückgewiesen. Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2005 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben.
Im Hinblick auf den Antrag des Klägers auf weitere Gewährung von Verletztenrente veranlasste die Beklagte ein unfallchirurgisches Gutachten von PD Dr. A und Dr. I. In ihrem am 16. Dezember 2005 fertig gestellten Gutachten (Untersuchung des Klägers am 29. November 2005) gelangten diese zu dem Schluss, bei dem Kläger bestünden als Unfallfolgen noch eine unter Höhenminderung ausgeheilte BWK-5-Fraktur ohne wesentlich Beeinflussung der Statik der Wirbelsäule; Erschöpfungs- und Verkrampfungszustände sowie Belastungsstörungen im Beruf. Eine MdE sei nicht anzusetzen. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. Februar 2006 einen Anspruch auf Verletztenrente über die bereits gewährte Gesamtvergütung hinaus ab. Als Unfallfolgen wurden anerkannt: Geringe Bewegungseinschränkungen beim Seitneigen der HWS nach rechts und bei der Drehung der HWS und der BWS. Unter Höhenminderung ausgeheilte Fraktur des 5. BWK ohne wesentliche Beeinflussung der Wirbelsäulenstatik. Nicht als Folgen des Versicherungsfalls wurden anerkannt: Zustand nach ausgeheilter lymphoblastischer Leukämie im Jahre 1975, Zustand nach Exstirpation eines kavernösen Hämangioms im Jahre 1992. Der Widerspruch hiergegen blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 05. Juli 2006). Auch hiergegen hat der Kläger Klage vor dem SG erhoben (Az. S 25 U 542/06).
Mit Beschluss vom 20. Oktober 2006 hat das SG beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Der Kläger hat vorgetragen, die von der Beklagten eingeholten Gutachten könnten nicht überzeugen. Er leide infolge des Unfalles weiter unter erheblichen Beeinträchtigungen. Vor dem Unfall sei er beschwerdefrei gewesen. Ein MRT des Schädels vom 07. März 2006 und weitere nachfolgende Untersuchungen insbesondere in der C hätten eine früher nicht befundete neue Einblutung rechts inferotemporal als Ursache seiner erheblichen und massiven Kopfschmerzsymptomatik und auch kognitiven Störungen, insbesondere nachgewiesener Aufmerksamkeitsdefizite und einer herabgesetzten Informationsgeschwindigkeit, nachgewiesen. Ursache der Blutung sei der Aufprall des Kopfes auf das Lenkrad beim Unfall vom 21. November 2003. Hierzu hat er u. a. die MRT-Befunde vom 13. März 2006 und 26. April 2006 sowie den Entlassungsbericht der C – Klinik und Poliklinik für Neurologie – vom 21. August 2006 und die Arztbriefe der C vom 31. Januar 2007 und 05. März 2007 zu den Akten gereicht.
Das SG hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte und Kliniken eingeholt. Die seit Mai 1995 behandelnde Neurologin und Psychiaterin Dr. N hat am 21. Juni 2006 über eine durchgehende Behandlung des Klägers wegen eines Anfallsleidens mit 4 bis 5 Anfällen jährlich und teilweise heftigen Kopfschmerzen berichtet. Die Befunde seien im Behandlungszeitraum gleich geblieben. Dr. D hat unter dem 05. Juli 2006 ausgeführt, die Veränderungen im Bereich des 5. BWK einschließlich der Höhenminderung und eine deshalb bestehende Skoliose seien unfallbedingt und begründeten Muskeldysbalancen der Schultergürtelmuskulatur als Teil der vom Kläger angegebenen Beschwerden und Kopfschmerzen. Außerdem hat das SG die Schwerbehindertenakte des Versorgungsamtes Berlin beigezogen und Auszüge hieraus in den Rechtsstreit eingeführt (u. a. Befundbericht der Frau Dr. N vom 09. Januar 2003: letzter epileptischer Anfall am 29. März 2001, kognitive Störung: Merkstörung, gelegentlich Wortfindungsstörung; Mini-Mental-Test vom 28. November 2002: 24 von 30 korrekt).
Sodann hat das SG auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein neurochirurgisches Gutachten von Prof. Dr. V eingeholt, dem die vollständigen Verwaltungs- und Gerichtsakten vorgelegen haben. In seinem am 09. September 2008 nach einer Untersuchung des Klägers am 18. August 2008 fertig gestellten Gutachten und in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03. November 2008 hat er ausgeführt, der Kläger habe nach der Kavernom-OP 1992 über 11 Jahre nur ab und zu Kopfschmerzen gehabt habe, die ihn nicht eingeschränkt hätten. Der Unfall vom 21. November 2003 habe durch den für den Kläger unvorbereiteten Aufprall eines Lastwagens mit einer Geschwindigkeit von 60 km/h von hinten auf das Fahrzeug des Klägers mit Sicherheit zu einem schweren Akzelerations-/Dezelerationstrauma der HWS geführt. Der Kläger sei mit dem Kopf auf das Lenkrad aufgeschlagen und habe mit dem ADAC ins V-Klinikum gebracht werden müssen, wo er mit starken Kopfschmerzen zusammengebrochen sei. Im weiteren Verlauf sei es zu rezidivierenden Kopfschmerzattacken gekommen, zunehmend heftiger und häufiger und zuletzt von stärkster Natur, sowie zu eindeutigen Störungen der neuropsychologischen und mentalen Leistungsfähigkeit, aufgrund derer der Kläger seinen beruflichen Aufgaben nicht mehr habe nachkommen können. Die Gutachten von Dr. B und Dr. H lägen ihm nicht vor, sondern nur die Sachverständigengutachten von Dr. N und Dr. D. Bisher gebe es allerdings wohl noch kein Gutachten, welches die Beschwerden des Klägers nicht nur teilweise, sondern in ihrer Gesamtheit würdige. Die Beschwerden im Bereich des Schultergürtels, des Nackens und des Kopfes müssten miteinander in Beziehung gesetzt werden. Aufgrund des Unfallhergangs und der Angaben des Klägers müsse von einem mittelschweren HWS-Schleudertrauma (Erdmann III) ausgegangen werden. Statistisch sei belegt, dass bei einer kleinen Anzahl von HWS-Schleudertraumen erhebliche Beschwerden, insbesondere Nackenschmerzen, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schlafstörungen und Schulterschmerzen chronifiziert verblieben. Man müsse in diesen Fällen auf die Aussagen des Patienten vertrauen und könne lediglich die Symptomatik auf ihre Plausibilität prüfen. Im Fall des Klägers liege neben den Folgen der BWK-Fraktur ein typischer Symptomenkomplex für seltene Spätfolgen eines HWS-Traumas vor. Da der Kläger vor dem Unfall weitgehend beschwerdefrei gewesen sei, von einer erheblichen Gewalteinwirkung durch den Unfall auszugehen sei und der Kläger als über 45-jährige Person zusätzlich risikobehaftet für anhaltende Beschwerden nach einem HWS-Trauma sei, seien seine von der HWS ausgehenden Nacken-, Schulter- und Kopfschmerzen mit größter Wahrscheinlichkeit Folgen des Unfalles vom 21. November 2003. Sie seien bis heute behandlungsbedürftig. Die unfallbedingte MdE betrage 20 v. H. seit dem 01. Oktober 2005. Dem Gutachten ist die Krankenakte des Klägers betreffend die stationäre Behandlung des Klägers vom 07. bis zum 18. September 1992 beigefügt worden.
Das SG hat die auf Gewährung von Heilbehandlung über den 03. März 2005 hinaus bzw. von Verletztenrente über dem 30. September 2005 hinaus sowie auf Feststellung von anhaltenden HWS-, Nacken-, Schuler- und Kopfschmerzen als Folgen des Arbeitsunfalls gerichteten Klagen durch Urteil vom 22. Mai 2009 abgewiesen. Zu Recht habe die Beklagte es mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. Oktober 2005 abgelehnt, dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 21. November 2003 Leistungen der Heilbehandlung über den 03. März 2005 hinaus zu gewähren. Auch der Bescheid der Beklagten vom 15. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. Juli 2006, mit welchem es die Beklagte abgelehnt habe, dem Kläger über die für den Zeitraum vom 06. September 2004 bis zum 30. September 2005 gewährte Gesamtvergütung hinaus eine Verletztenrente zu gewähren, sei nicht zu beanstanden. Insbesondere sei die Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger bei dem Arbeitsunfall neben einer folgenlos ausgeheilten HWS-Distorsion lediglich eine Verletzung im Bereich des 5. BWK ohne relevante Beeinflussung der Wirbelsäulenstatik erlitten habe. Die vom Kläger anhaltend geklagten Beschwerden seitens der HWS, des Nackens und der Schultern sowie insbesondere die von ihm angegebenen Kopfschmerzen seien keine Folgen des Arbeitsunfalls.
Es könne dahinstehen, ob der Kläger durch den Unfall tatsächlich eine Impressionsfraktur des 5. BWK erlitten habe, denn auch wenn man trotz gewisser Zweifel von einer solchen Impressionsfraktur ausgehe, so sei diese zwar unter Höhenminderung, jedoch ohne erhebliche Keilwirbelbildung und damit ohne Auswirkung auf die Wirbelsäulenstatik verheilt und habe deshalb keine relevante Einschränkung der Wirbelsäulenfunktion zur Folge. Eine rentenberechtigende MdE lasse sich damit für den streitgegenständlichen Zeitraum mit dem überzeugenden Gutachten des Dr. H vom 17. Juni 2005 nicht begründen. Auch eine weitere Behandlungsbedürftigkeit über den 03. März 2005 resultiere hieraus nicht. Soweit Dr. D sich in seinem Bericht vom 10. März 2005 für weitere Heilbehandlungsmaßnahmen wegen fortwährender muskulärer Verspannungszustände im BWS- und Schulterbereich ausgesprochen habe, vermöge die Kammer dem nicht zu folgen. Zwar möge es sein, dass eine Fraktur des 5. BWK auch nach ihrer Ausheilung rezidivierende muskuläre Verspannungen im Brustbereich sowie gegebenenfalls auch im Schulter-Nackenbereich begründen könne, der Kläger habe jedoch nicht über solche belastungsabhängigen Beschwerden, sondern über anhaltende massive HWS-, Nacken, Schulter- und Kopfschmerzen geklagt, die schon aufgrund ihres Ausmaßes nicht der streitgegenständlichen Fraktur zugewiesen werden könnten. Vor allem sei zu berücksichtigen, dass der Kläger nach dem Arbeitsunfall bis Anfang März bereits über 15 Monate umfassend wegen der von ihm angegebenen Beschwerden behandelt worden sei, ohne dass sich hierdurch eine entscheidende Besserung habe herbei führen lassen. Wenn Dr. B nach seiner Untersuchung des Klägers am 25. Februar 2005 also ausführe, dass eine Besserung der Folgen der Fraktur durch weitere medizinische Behandlungsmaßnahmen nicht zu erreichen sei, sei dies vor diesem Hintergrund überzeugend.
Dass der Kläger neben den bisher anerkannten Unfallfolgen weitere Unfallfolgen erlitten hätte, die geeignet seien, über den bereits entschädigten Zeitraum hinaus einen Anspruch auf Heilbehandlung oder Verletztenrente zu begründen, sei nicht ersichtlich. Die im Laufe des Klageverfahrens durch mehrere neurologische Untersuchungen in der C nachgewiesene Läsion des Gehirns mit einer kleinen Einblutung könne gegebenenfalls die Kopfschmerzen des Klägers erklären, sie sei jedoch nicht in einen ursächlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall zu bringen. Zwar habe der Kläger von Anfang an angegeben, mit dem Kopf auf das Lenkrad aufgeprallt zu sein, es könne sich hierbei angesichts der ca. 5 Stunden später in der C festgestellten Befunde jedoch nur um einen relativ dezenten Aufprall gehandelt haben. Weder am Unfalltag noch danach seien klinische Befund erhoben worden, die auf eine Blutung im Gehirn hätten hindeuten können. Über Kopfschmerzen habe Dr. D spätestens ab Ende April 2004 zunächst gar nicht mehr und dann erst wieder nach Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit im Zusammenhang mit längerem Arbeiten am PC berichtet. Auch bei Dr. H habe der Kläger noch am 01. Juni 2005 nicht wie später in der C über linkseitige und/oder rechtsseitige klopfende Kopfschmerzen im vorderen Bereich des Kopfes bis in die Stirn hinein geklagt, sondern über vom Nacken hochziehende Kopfschmerzen nach einigen Stunden Arbeitsbelastung. Erst mit den Berichten der C zu Untersuchungen des Klägers ab März 2006 – mehr als 2 Jahre nach dem Unfall – seien Angaben zu links- und rechtsseitig klopfenden Kopfschmerzen dokumentiert. Auffällig seien im Übrigen die wechselnden Angaben des Klägers zu Lokalisation und Art der Kopfschmerzen. Dass der Kläger durch den Auffahrunfall eine HWS-Distorsion erlitten habe, sei anhand der zeitnah zu Unfall erhobenen Befunde und Angaben des Klägers zum Unfallehrgang anzunehmen. Allerdings sei anhand der Kriterien in der unfallmedizinischen Standardliteratur nicht zu erkennen, dass es sich um eine mehr als nur leichtgradige, also zumindest mittelschwere HWS-Distorsion gehandelt haben könnte. Der Kläger habe ausweislich des Berichts der C vom 24. November 2003 bei der Erstuntersuchung ca. 5 Stunden nach dem Unfall angegeben, zunächst keine Beschwerden und Schmerzen gehabt zu haben, während er bei der Untersuchung dann Kopfschmerzen und eine leichte Übelkeit verspürte. Es könne also von einem für eine leichtgradige HWS-Distorsion typischen beschwerdefreien Intervall von mehr als 1 Stunden ausgegangen werden mit nachfolgenden Nacken- und Hinterkopfschmerzen sowie einer Bewegungseinschränkung der HWS, ergänzt durch die mit der anzunehmenden leichtgradigen Schädelprellung erklärbare Übelkeit. Schluckbeschwerden und starke Nacken- bzw. Hinterkopfschmerzen hätten bei der Erstuntersuchung jedoch nicht vorgelegen.
Unabhängig hiervon kämen Entschädigungsansprüche des Klägers wegen der von ihm angegebenen Beschwerden schon deshalb nicht in Betracht, weil erhebliche Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit und Tragfähigkeit seiner Beschwerdeangaben bestünden. Der Kläger habe stets angegeben, vor dem Arbeitsunfall weder Kopfschmerzen noch Störungen der kognitiven Fähigkeiten gehabt zu haben, auch wenn er zuletzt bei Prof. Dr. V eingeräumt habe, auch bereits früher Kopfschmerzen gehabt zu haben. Gegenüber den Ärzten in der C habe er in den Jahren 2006/2007 wahlweise angegeben, seit der Kavernom-OP im Jahr 1992 bzw. seit Ende 1995 keine epileptischen Krampfanfälle mehr gehabt zu haben. Dies alles stehe im Widerspruch zu dem Befundbericht der ihn seit Mai 1995 behandelnden Neurologin und Psychiaterin Dr. Nvom 21. Juni 2006, worin diese ausgeführt habe, den Kläger regelmäßig zu untersuchen und zu behandeln wegen pochender Kopfschmerzen besonders im Wundbereich der ehemaligen OP und anfallsartigen heftigen Kopfschmerzen mit den Diagnosen „symptomatisches Anfallsleiden“ bzw. „komplex partielle Anfälle“ bei ca. fünfmal jährlich auftretenden Anfällen ohne Bewusstsein, Aussetzern mit Gedächtnisverlust und kognitiven Einschränkungen, ohne dass sich hieran seit Behandlungsbeginn etwas geändert habe. In völliger Abweichung von seinen aktenkundigen zeitnahen Angaben zum Unfallhergang sowie zu den Beschwerden habe der Kläger dann bei der Untersuchung durch Prof. Dr. V diesem einen ganz anderen Unfallhergang (Aufprall von hinten bei einer Geschwindigkeit von 60 km/h, sofortiges Aufsuchen des Krankenhauses) und Beschwerden (sofortige Kopfschmerzen und Zusammenbruch im Krankenhaus) geschildert.
Soweit Prof. Dr. V zu dem Schluss gelange, der Kläger habe bei dem Unfall eine schwere Beschleunigungsverletzung erlitten und die HWS-, Nacken, Schulter- und Kopfschmerzen, seien Unfallfolgen, könne dies nicht überzeugen. Das Gutachten weise erhebliche Mängel auf. So habe der Gutachter offensichtlich die ihm vorliegenden Akten nicht zur Kenntnis genommen, sonst hätten ihm die Widersprüche zwischen den klägerischen Angaben und dem Akteninhalt auffallen müssen. Der Sachverständige habe seiner Beurteilung einen völlig anderen, unzutreffenden, Sachverhalt zugrunde gelegt, weshalb sie keinerlei Aussagekraft für den Rechtsstreit habe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die am 23. Juni 2009 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) eingegangene Berufung, mit der der Kläger sein Begehren weiter verfolgt.
Der Kläger beantragt nur noch,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Mai 2009 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. Juli 2006 abzuändern und
1. festzustellen, dass es sich bei den anhaltenden Halswirbelsäulen-, Nacken-, Schulter- und Kopfschmerzen um Folgen des Arbeitsunfalls vom 21. November 2003 handelt sowie
2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 21. November 2003 Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 v. H. ab dem 01. Oktober 2005 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat die Schwerbehindertenakte des Versorgungsamtes Berlin und die Patientenakte der Frau Dr. N beigezogen. Darüber hinaus hat der Senat die Verwaltungsakten der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) zur Versicherungsnummer 58 290662 C 006 beigezogen und Auszüge hieraus (insbesondere den Reha-Entlassungsbericht der S Klinik für psychosomatische Medizin vom 18. September 2007 und das Rentengutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie K vom 20. Dezember 2007 sowie den Rentenbescheid vom 11. April 2008 <Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01. Juni 2007 bis zum 31. Mai 2010>) in den Rechtsstreit eingeführt. Schließlich hat der Senat die Akte des Landgerichts Berlin zum Az. 58 O 268/08 beigezogen und hieraus das neurologische und psychiatrisch-psychosomatische Zusatzgutachten des PD Dr. H vom 06. Januar 2010, das technische Gutachten des Dipl.-Ing. L vom 26. Oktober 2009 und das orthopädische Gutachten des Prof. Dr. C vom 06. Januar 2010 in den Rechtsstreit eingeführt. Dr. H ist in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gelangt, es sei ein normaler neurologischer Untersuchungsbefund auch bezüglich der HWS und insbesondere des Nervensystems zu erheben. Psychopathologisch bestünden keine hirnorganischen Auffälligkeiten. Die beschriebenen Kopfschmerzen erinnerten an Migräne und seien mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht als Folge eines HWS-Beschleunigungstraumas zu deuten. In seinem technischen Gutachten ist Dipl.-Ing. L zu dem Fazit gelangt, der Kläger sei frontal mit einer Geschwindigkeit zwischen 33 und 44 km/h gegen das andere Fahrzeug geprallt. Die kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung des Klägerfahrzeugs habe im Bereich von 20 bis 30 km/h gelegen. Wäre er angeschnallt gewesen – wovon nicht auszugehen sei -, wäre er mit größter Wahrscheinlichkeit weder mit dem Oberkörper noch mit dem Kopf gegen das Lenkrad geprallt. In dem Gutachten vom 06. Januar 2010 ist Prof. Dr. C schließlich zu dem Fazit gekommen, Folgen des Unfalls vom 21. November 2003 seien eine HWS-/BWS-Distorsion, eine Fraktur des 5. BWK sowie eine oberflächliche Verletzung der Kopfhaut. Diese Unfallfolgen seien spätestens nach Ende des ersten Jahres nach dem Unfall ausgeheilt. Die unfallbedingte MdE betrage seit dem Ende des ersten Unfalljahres bis zum Tag der Begutachtung 10%.
Der Senat hat schließlich noch eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme des Prof. Dr. V vom 27. Oktober 2010 eingeholt, in welcher dieser nach Auseinandersetzung mit den gesamten beigezogenen Unterlagen nunmehr zur Beurteilung gelangt ist, der Kläger habe sich bei dem Arbeitsunfall ein Beschleunigungstrauma allenfalls von Grad Erdmann I bis II zugezogen. Unfallfolgen seien eine fragliche BWK-5-Fraktur und eine ausgeheilte HWS-Distorsion. Traumatische Spätschäden lägen nicht vor. Eine Behandlungsbedürftigkeit über den 03. März 2005 hinaus sei nicht anzunehmen, nach Ablauf des ersten Jahres nach dem Unfall bestehe auch keine unfallbedingte MdE mehr.
Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 09. November 2011 der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen (§ 153 Abs. 5 SGG). Dieser Beschluss ist mit Beschluss des Senats vom 26. Januar 2012 aufgehoben worden wegen Fehlens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 153 Abs. 5 SGG. Die Beteiligten haben mit Schreiben vom 30. Januar 2012 und 06. Februar 2012 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin anstelle des Senats gemäß § 154 Abs. 3 und abs. 4 SGG erteilt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (3 Bände) und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Schwerbehindertenakte des Versorgungsamtes Berlin (Gz. ), die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.
Die Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin durch Urteil entscheidet (§§ 153 Abs. 1, 155 Abs. 3, 4 SGG), ist zulässig, aber unbegründet. Das Urteil des SG vom 22. Mai 2009 sowie der Bescheid der Beklagten vom 15. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. Juli 2006 sind nicht zu beanstanden. Der Kläger hat, wie das SG zutreffend festgestellt hat, keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente über den Zeitraum über den 30. September 2005 hinaus. Weitere Folgen des Arbeits- / Wegeunfalls vom 21. November 2003 sind nicht festzustellen.
Nach § 56 Abs. 1 S. 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigsten die Zahl 20, besteht nach § 56 Abs. 1 S. 2 SGB VII für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Nach § 56 Abs. 1 S. 3 SGB VII werden die Folgen eines Versicherungsfalls allerdings nur berücksichtigt, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Nach § 7 Abs. 1 SGB VII sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle der Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Nach § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Der Gesetzgeber bringt mit der Formulierung „infolge“ in § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII das Erfordernis eines Zusammenhangs zum Ausdruck. Es muss eine kausale Verknüpfung des Unfalls mit der betrieblichen Sphäre bestehen, mithin eine rechtliche Zurechnung für besonders bezeichnete Risiken der Arbeitswelt beziehungsweise gleichgestellter Tätigkeiten, für deren Entschädigung die gesetzliche Unfallversicherung als spezieller Zweig der Sozialversicherung einzustehen hat, und zwar nicht nur im Sinne einer Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, sondern auch im Sinne der Zurechnung des eingetretenen Erfolges zum Schutzbereich der unfallversicherungsrechtlichen Norm als eines rechtlich wesentlichen Kausalzusammenhangs (Zurechnungslehre der wesentlichen Bedingung, ständige Rechtsprechung, etwa Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris Rn. 13 ff.). Die Frage nach diesem Zurechnungszusammenhang stellt sich auf drei Ebenen, nämlich als Unfallkausalität zwischen ausgeübter Tätigkeit und Unfallereignis, als haftungsbegründende Kausalität zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden und als haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheitserstschaden und längerandauernden Unfallfolgen (BSG, a. a. O., Rn. 10; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, Kap. 1.4, S. 21 f.). Die vorgenannten Merkmale der versicherten Tätigkeit und des Unfallereignisses müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R –, zitiert nach juris Rn. 15). Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (vgl. BSG a. a. O., auch Rn. 18 und 20). Soweit das Gesetz in § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII eine äußere Ursache für den Gesundheitsschaden fordert, lösen im Umkehrschluss solche Gesundheitsschäden keinen Anspruch aus, welche auf so genannten inneren Ursachen beruhen. Dies sind körpereigene Ursachen infolge krankhafter Erscheinungen oder der Konstitution des Betroffenen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., Kap. 1.6.3, S. 28).
Das Vorliegen eines Versicherungsfalls (hier: Arbeits- / Wegeunfall vom 21. November 2003) ist unstreitig. Weiterhin unstreitig ist, dass der Kläger durch den Unfall folgende Gesundheits(erst)schäden erlitten hat: HWS-Distorsion, Fraktur des 5. BWK sowie eine oberflächliche Verletzung der behaarten Kopfhaut. Weitere Gesundheitsschäden sind nicht nachgewiesen. Zutreffend hat das SG in den Entscheidungsgründen seines Urteils vom 22. Mai 2009 darauf hingewiesen, dass es angesichts der aktenkundigen Erstbefunde keine Hinweise dafür gibt, dass die im März 2006 in der Charité festgestellte Läsion des Gehirns mit subakuter Einblutung rechts inferotemporal durch den Verkehrsunfall vom 21. November 2003 verursacht worden ist.
Über die von der Beklagten zuletzt im Bescheid vom 15. Februar 2006anerkannten Unfallfolgen (Geringe Bewegungseinschränkungen beim Seitneigen der HWS nach rechts und bei der Drehung der HWS und der BWS. Unter Höhenminderung ausgeheilte Fraktur des 5. BWK ohne wesentliche Beeinflussung der Wirbelsäulenstatik) hinaus bestehen bei dem Kläger keine weiteren Gesundheitsstörungen, die mit (hinreichender) Wahrscheinlichkeit ursächlich auf den Arbeitsunfall vom 21. November 2003 bzw. die dadurch hervorgerufenen Gesundheits(erst)schäden zurückzuführen wären. Zu dieser Überzeugung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) gelangt der Senat auf der Grundlage der beigezogenen medizinischen Sachverständigengutachten aus dem landgerichtlichen Verfahren 58 O 268/08 von Prof. Dr. C vom 06. Januar 2010 und PD Dr. H vom 06. Januar 2010, die im Rahmen des Urkundsbeweises zu verwerten sind und deren Beurteilung sich auch der im erstinstanzlichen Verfahren nach § 109 SGG beauftragte Sachverständige Prof. Dr. V in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 27. Oktober 2010 angeschlossen hat.
Danach hat der Kläger bei dem Arbeitsunfall vom 23. November 2003 eine HWS-Distorsion maximal von Grad Erdmann I erlitten. Charakteristisch hierfür ist das Fehlen knöcherner Verletzungen in diesem Bereich sowie substantieller Verletzungen der Muskeln, Bänder und Teile des Kapselbandapparates i. S. v. Rissen oder Mikroläsionen. Bewusstlosigkeit oder Amnesie treten nicht ein. Bezüglich des Beginns von Hinterkopf- und Nackenschmerzen sowie schmerzhaften Bewegungseinschränkungen von Kopf und Hals besteht ein beschwerdefreies oder beschwerdearmes Intervall von Stunden bis Tagen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., Kap. 8.3.4.2.1). Der Kläger hat sich rund 5 Stunden nach dem Unfall in der C vorgestellt. Dort berichtete er, anfangs seien weder Schmerzen noch Bewusstlosigkeit aufgetreten. Jetzt habe er Kopfschmerzen und eine leichte Übelkeit. Befundet wurden neben einer oberflächlichen Verletzung der behaarten Kopfhaut Druckschmerzen über der Stirn sowie ein leichter Stauchungsschmerz und eine schmerzbedingte Einschränkung der Beweglichkeit der Halswirbelsäule (HWS). Sonstige vegetative Symptome oder neurologisch auffällige Befunde waren nicht festzustellen. Röntgenaufnahmen ergaben keine Anhaltspunkte für Verletzungen des Schädels oder der HWS. Soweit der Kläger bei Prof. Dr. V Jahre nach dem Unfall abweichende Angaben gemacht hat, sind diese weder plausibel noch glaubhaft. Darüber hinaus hat er im Rahmen der Begutachtung durch Prof. Dr. C am 23. Juli 2009 diese Angaben auch nicht wiederholt, sondern von einem vierstündigen beschwerdefreien Intervall berichtet. Die vom Kläger geklagten Kopfschmerzen sind nicht im Zusammenhang mit der HWS-Distorsion zu sehen. Hierzu hat PD Dr. Huber in seinem fachärztlichen Sachverständigengutachten vom 06. Januar 2010 ausgeführt, die beschriebenen Kopfschmerzen erinnerten an eine Migräne und seien mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht als Folge eines HWS-Beschleunigungstraumas zu werten. Zutreffend hat das SG in seinem Urteil vom 22. Mai 2009 außerdem darauf hingewiesen, dass der Kläger einerseits bereits vor dem Arbeitsunfall über Kopfschmerzen geklagt hat (vgl. dazu den Befundbericht der Frau Dr. N vom 21. Juni 2006 sowie das neurochirurgische Gutachten des Dr. T für das Versorgungsamt Berlin vom 25. September 1999), nach dem Unfall ab Ende April 2004 zunächst gar nicht mehr geklagt wurde, dann wieder im Zusammenhang mit belastender Arbeit (etwa am PC) und dann schließlich mit ganz wechselnder Lokalisation. Die beim Kläger heute bestehenden Funktionseinschränkungen im Bereich der HWS, wie sie Prof. Dr. C am 23. Juli 2009 bei der Linksrotation und der Reklination feststellen konnte, sind ebenfalls nicht Folge der HWS-Distorsion. Dazu ist anzumerken, dass der Kläger bereits im Zeitpunkt des Arbeitsunfalls degenerative Veränderungen im Bereich der HWS bei C5/C6 aufwies. Weitere Folgen der HWS-Distorsion bestehen nach den landgerichtlichen Gutachten nicht. Soweit der Kläger schriftsätzlich in der Vergangenheit auf Merkfähigkeitsstörungen u. ä. als Folge der HWS-Distorsion verwiesen hat, hat er dies nicht wiederholt. Im Übrigen hat PD. Dr. H in seinem neurologischen Gutachten vom 06. Januar 2010 keine neurologischen, psychiatrischen oder psychosomatischen Störungen feststellen können. Ferner klagte der Kläger nach den Auszeichnungen der behandelnden Ärztin Dr. N in der Patientenakte bereits im September 2003 über seit einem halben Jahr bestehende Wortfindungsstörungen, was sich auch in ihrem Befundbericht für das Versorgungsamt vom 09. Januar 2003 bestätigt findet. Des Weiteren wurde am 28. November 2002 ein Mini-Mental-Test gemacht, der mit 24 von 30 Punkten damals geringfügige Beeinträchtigungen ergab (vgl. den Befundbericht der Frau Dr. N vom 09. Januar 2003).
Für die HWS-Distorsion vom Grad Erdmann I ist im streitigen Zeitraum ab dem 01. Oktober 2005 keine MdE mehr anzusetzen (vgl. hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., Kap. 8.3.4.2.1 S. 464). Die ausgeheilte Fraktur des 5. BWK ohne Auswirkung auf die Wirbelsäulenstatik bedingt ebenfalls keine MdE (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., Kap. 8.3.2.1 S. 429).
Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.