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Entscheidung 6 U 102/18


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 6. Zivilsenat Entscheidungsdatum 26.05.2020
Aktenzeichen 6 U 102/18 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2020:0526.6U102.18.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 08.05.2018 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Cottbus - 11 0 65/17 - teilweise abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger einen 5.500 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.02.2017 übersteigenden Betrag zu zahlen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.
Der Kläger hat die Beklagte erstinstanzlich auf Grundlage einer am 05.08.2016 abgegebenen vertragstrafenbewehrten Unterlassungserklärung auf Zahlung von zwei Vertragsstrafen in Höhe von je 5.500 € in Anspruch genommen, die Beklagte hat widerklagend beantragt festzustellen, dass sie nicht zur Zahlung von Vertragsstrafen betreffend zwei anderer, von der Klägerin abgemahnter, gerichtlich aber nicht geltend gemachter Verstöße verpflichtet sei. Gegenstand der Berufung ist noch die Verpflichtung zur Zahlung von Vertragsstrafe für einen der beiden mit der Klage geltend gemachten Verstöße, nämlich die Verwendung des Markenlogos der Firma H... auf der Homepage der Beklagten www.a... neben 11 weiteren Markenlogos unter der Überschrift „12 Hersteller im Bestand" im Januar 2017. Im Übrigen nimmt die Beklagte ihre Verurteilung zur Zahlung von Vertragsstrafe von 5.500 € nebst Zinsen hin bezogen auf ihre Werbung im Januar 2017 auf dem Portal www.m... betreffend ein Fahrzeug R....

Von der Darstellung des Tatbestandes im Übrigen wird abgesehen, weil ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht eröffnet ist, §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO) der Beklagten hat Erfolg. Dem Kläger steht wegen der Verwendung des Markenlogos der Firma H... im Januar 2017 auf der Homepage der Beklagten unter „Fahrzeuge“ mit der Überschrift „12 Hersteller im Bestand“ ein Anspruch auf Vertragsstrafe auf Grundlage der Unterlassungsverpflichtungserklärung vom 05.08.2016 nicht

zu. Entsprechend war das landgerichtliche Urteil in dem Umfang des Berufungsangriffs abzuändern und die Klage teilweises abzuweisen.

1) Verspricht der Schuldner dem Gläubiger für den Fall, dass er seine Verbindlichkeit nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt, die Zahlung einer Geldsumme als Strafe, so ist die Strafe im Unterlassensfall mit der Zuwiderhandlung verwirkt, § 339 S. 1, 2 BGB. Ein solches Zahlungsversprechen beinhaltet das Schreiben der Beklagten vom 05.08.2016, das als Angebot im Sinne des § 145 BGB durch das Schreiben der Klägerin vom 11.08.2016 angenommen worden ist.

2) Die Beklagte hat durch die Verwendung des Markenlogos der Firma H... auf ihrer Homepage ihrer vertraglich begründeten Unterlassungsverpflichtung nicht zuwider gehandelt.

aa) Das Unterlassungsgebot umfasst zuvörderst die mit der verbotenen Form identischen Handlungen. Verboten ist nach dem Wortlaut der Erklärung

„im geschäftlichen Verkehr durch die Verwendung des vollständigen H…- Markenlogos den Eindruck zu erwecken, die Schuldnerin habe eine besondere vertragliche Bindung zum Hersteller, wenn dies nicht der Fall ist, wie ausweislich der Anlage 1 geschehen".


Die Anlage 1 betraf die Werbung für ein zu verkaufendes Fahrzeug der Marke H... unter Verwendung des vollständigen H…-Markenlogos. Vorliegend beanstandet die Klägern hingegen - soweit in der Berufung noch relevant - die Verwendung des (vollständigen) H…-Markenlogos in Zusammenhang mit der Auflistung derjenigen Hersteller, deren Fahrzeuge die Beklagte im Bestand hat. Zwischen diesen beiden Verwendungen des Markenlogos besteht keine ldentität. Für diese Beurteilung kommt es nicht auf die Abbildung des Markenlogos als solche an, sondern auf den Zusammenhang, in dem diese Verwendung erfolgt. Denn nicht die Verwendung des Logos als solche, sondern der Eindruck einer besonderen vertraglichen Bindung zum Fahrzeug-Hersteller, nämlich, die Beklagte sei autorisierter Vertriebspartner, ist das Tatbestandsmerkmal, das nach dem Wortlaut der Erklärung die Unlauterkeit begründen soll. Dies wird deutlich aus dem Wortlaut der von der Klägerin vorformulierten Unterlassungsverpflichtungserklärung, die der Beklagten unter dem 27.07.2016 übersandt worden ist. Diese bezeichnet als inkriminierte Handlung das Hervorrufen des Eindrucks, Vertriebspartner zu sein und benennt als Mittel zur Hervorrufung dieses Eindrucks die Verwendung des Markenlogos. Soweit die Klägerin in der Berufung nunmehr geltend macht, das Erwecken eines bestimmten Eindruckes sei lediglich Begründungselement, die Unterlassungsverpflichtung erstrecke sich auf die Verwendung des Logos als solches, kann ihr angesichts der von eindeutigen und von ihr selbst vorformulierten Erklärung nicht gefolgt werden.

bb) Die inkriminierte Werbung ist auch nicht als kerngleich zu dem Verhalten zu bewerten, welches der Unterwerfungserklärung zugrunde liegt. Grundsätzlich kommt zwar auch bei vertraglichen Unterwerfungserklärungen die Kerntheorie zur Anwendung, so dass ein auf eine solche Vereinbarung zurückzuführendes Unterlassungsgebot neben den mit der verbotenen Form identischen Handlungen auch im Kern gleichartige Abwandlungen umfasst, in denen das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt (BGH, Urteil vom 29.04.2010 - I ZR 202/07- Erinnerungswerbung im Internet; Urteil vom 03.07.2003 - I ZR 297/00 - Olympiasiegerin; Urteil vom 10.07.1997 - I ZR 62/95 - Der M.-Markt packt aus). Dies haben die Parteien zudem ausdrücklich für die Verpflichtung aus der streitgegenständlichen Unterlassungsverpflichtungserklärung vereinbart.

Die Reichweite einer Unterlassungsverpflichtung ist durch Auslegung zu ermitteln, wobei bei einer Unterlassungserklärung, die, wie vorliegend, auf die konkrete Verletzungshandlung beschränkt ist, den neben der in Bezug genommenen konkreten Verletzungshandlung abstrakt formulierten Merkmalen die Funktion zukommt, den Kreis der Varianten näher zu bestimmen, die von dem Verbot als kerngleiche Verletzungsformen erfasst sein sollen (BGH, Urteil vom 19.05.2010 -1 ZR 177/07 - Folienrollos, Rn 17.). Nach den abstrakt formulierten Merkmalen geht es vorliegend maßgeblich darum, dass die Beklagte nicht den Eindruck erwecken soll, sie verfüge über eine besondere, durch die Verwendung des Markenlogos zum Ausdruck gebrachte vertragliche Bindung an den Hersteller, sie sei also H… Vertragshändler.

Eine solche Suggestionswirkung scheidet bezüglich der in der Berufungsinstanz noch streitigen Verwendung des Markenlogos allerdings auf Grund von Besonderheiten im tatsächlichen Kontext aus. Zwar verwendet die Beklagte das Logo sowohl in dem streitgegenständlichen Fall wie zuvor in der der Unterlassungserklärung zugrunde liegenden Werbung in der Gestaltung, wie sie der Marke entspricht, ohne dass sie vorträgt, zu dieser Verwendung befugt zu sein. Anders als bei der von der Unterlassungserklärung vom 05.08.2016 in Bezug genommenen singulären Aufnahme des H…-Markenlogos in eine Verkaufsanzeige ist die inkriminierte Verwendung des Logos vorliegend allerdings Bestandteil einer Übersicht über diejenigen Fahrzeughersteller, deren Fahrzeuge die Beklagte vertreibt und damit eines von 12 unterschiedlichen Firmenlogos. Ein Zusammenhang des Logos zu einem konkreten Verkaufsangebot fehlt an dieser Stelle, die Übersicht ist überschrieben mit „Fahrzeuge im Bestand", ein weitergehender Hinweis, der auf eine Vertragshändlereigenschaft oder besondere rechtliche Beziehungen der Beklagten zu diesen Firmen schließen ließe, fehlt. Der für die Beurteilung des Eindrucks, den diese Werbung hinterlässt, maßgebliche Verkehrskreis, der durchschnittlich informierte und verständige, der Werbung in der Situation gehörige Aufmerksamkeit entgegenbringende Verbraucher, der sich für den Kauf eines PKW interessiert, wird danach nicht den Eindruck gewinnen, dass die Beklagte besondere vertragliche Beziehungen zu jedem der genannten Fahrzeughersteller unterhält. Nicht jeder Hinweis auf eine bestimmte Spezialisierung des Geschäftsbetriebs führt zu einer Täuschung der relevanten Verkehrskreise über die Zugehörigkeit des Unternehmens zu einer bestimmten Herstellerorganisation (OLG Jena, Urteil vom 25.05.2016 - 2 U 514/15 Rn 19). Dies gilt insbesondere dann, wenn, wie hier zugleich mit dem H…-Logo 11 weitere Markenlogos in vergleichbarer Größe abgebildet werden. Wollte man bereits aus der Verwendung des Markenlogos als solche auf eine besondere vertragliche Beziehung schließen, müsste dies dann für jeden der mit seinem Logo aufgeführten Hersteller angenommen werden können; es wäre mithin zu unterstellen, dass die Beklagte Vertragshändler von zugleich 12 Kfz-Herstellern wäre. Dass die Beklagte als regionaler Anbieter von Kraftfahrzeugen besondere rechtliche Beziehungen zu einer so großen Zahl von Kfz-Herstellern unterhalten würde, wäre allerdings - in Anbetracht der regelmäßig exklusiven Vertriebswege in der Praxis von Kfz-Vertragshändlern - völlig unüblich und vom Durchschnittsverbraucher nicht zu unterstellen (OLG Jena, a.a.O Rn 20). Dies kann der Senat, dessen Mitglieder zu dem angesprochenen Verkehrskreis zählen, selbst beurteilen.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit gründet sich auf §§ 708 Nr. 10, 713, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil der Entscheidung keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, sie vielmehr auf den konkreten Umständen des Einzelfalles beruht und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern, § 543 ZPO.