Der 1959 geborene Kläger begehrt eine Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit.
Nach dem Abschluss der Hauptschule im Jahr 1977 erlernte er den Beruf des Maurers. Seit 1980 war er als Schäler bzw. Maurer/Spezialbaufacharbeiter bis November 1998 tätig; von 1984 bis 1986 war er arbeitslos. Zuletzt arbeitete er für die Firma T und wurde nach der Lohngruppe III des Rahmentarifvertrages Bau bezahlt; aus betriebsbedingten Gründen wurde er dort gekündigt. Ab Februar 1999 absolvierte er eine achtmonatige Fortbildung der Industrie- und Handelskammer zum Ausbilder im Baubereich. Während eines Praktikums im Rahmen der Fortbildung erlitt er am 31. August 1999 einen Arbeitsunfall, als er bei Deckenarbeiten von einem Stuhl fiel. Hierbei erlitt er eine Prellung der Lendenwirbelsäule und eine Fraktur des Querfortsatzes des Lendenwirbelkörpers 1 ohne Dislokation. Wegen dieser Verletzungen befand er sich zunächst bis zum 9. Oktober 1999 in ärztlicher Behandlung (vgl. das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. November 2003 - S 25 U 31/02). Ab Mitte Januar 2000 befand er sich erneut wegen Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule in ärztlicher Behandlung.
Am 3. Mai 2000 beantragte der Kläger bei der Beklagten eine Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit wegen eines dauerhaften Schadens an der Wirbelsäule. Im Auftrag der Beklagten erstellte der Arzt für Chirurgie und Sozialmedizin G nach Untersuchung des Klägers unter dem 3. Juli 2000 ein Gutachten. Der Kläger sei in äußerlich gutem Allgemein- und Kräftezustand und normalem Ernährungszustand. Das Gangbild sei flüssig, Hals- und Brustwirbelsäule seien ohne krankhaften Befund. Im Bereich der Lendenwirbelsäule bestehe eine physiologische Lordose, Druck- und Klopfschmerz seien nicht festzustellen. Reklination, Inklination sowie Seitwärtsdrehen und –neigen des Rumpfes seien endgradig eingeschränkt. Es lägen ein LWS-Syndrom mit Bandscheibenprolaps bei L 4/5, eine Bandscheibenprotrusion bei L 5 / S 1 und Arthralgien vor. Bei der Untersuchung sei die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule geringfügig eingeschränkt gewesen. Eine gelegentlich auftretende Wurzelreizsymptomatik sei nicht auszuschließen, neurologische Ausfälle hätten nicht bestanden. Wegefähigkeit bestehe, mittelschwere Arbeiten seien vollschichtig zumutbar. Vermieden werden müssten dabei häufiges Bücken, häufiges Heben, Tragen und Bewegen von Lasten sowie Leiter- und Gerüstarbeiten. Die Tätigkeit müsse im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen ausgeübt werden.
Durch Bescheid vom 15. September 2000 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf eine Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit nach §§ 43, 44 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (im Folgenden: a. F.) ab, da er weder erwerbs- noch berufsunfähig sei. Nach den ärztlichen Untersuchungen sei seine Erwerbsfähigkeit durch ein LWS-Syndrom mit Bandscheibenprolaps bei L 4/5 und L 5 / S 1 und Arthralgien beeinträchtigt. Zwar könne er mit dem verbliebenen Leistungsvermögen nicht mehr als Maurer arbeiten. Jedoch könne er noch eine Tätigkeit ausüben, welche ihm unter Berücksichtigung des bisherigen Berufs zumutbar sei. Damit könne wenigstens die Hälfte dessen verdient werden, was gesunde Versicherte mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten üblicherweise verdienten.
Gegen den Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 12. Oktober 2000 Widerspruch. Nach dem chirurgisch-orthopädischen Gutachten des Arztes G sei davon auszugehen, dass bei ihm wenigstens Berufsunfähigkeit, wahrscheinlich aber Erwerbsunfähigkeit vorliege.
Im Auftrag des Arbeitsamtes erstellte Dr. R unter dem 8. Juni 2001 ein weiteres Gutachten, um die gesundheitliche Eignung des Klägers für Qualifizierungsmaßnahmen zu überprüfen. Hierin stellte er fest, dass der Kläger die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine Umschulungs- bzw. Weiterqualifizierungsmaßnahme mitbringe. Seine Belastbarkeit für den Beruf des Maurers sei dauerhaft herabgesetzt, es sei daher eine berufliche Neuorientierung zu erwägen.
Durch Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2002 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Er könne zwar mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen nicht mehr den Beruf des Maurers ausüben. Es sei ihm jedoch unter Berücksichtigung seiner im Berufsleben erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse sowie seiner gesundheitlichen Einschränkungen zuzumuten, eine Tätigkeit als Qualitätskontrolleur oder Baustoffprüfer auszuüben. Er sei daher nicht berufsunfähig im Sinne von § 43 Abs. 2 SGB VI a. F.. Ebenso wenig sei er erwerbsunfähig; dies setze voraus, dass er außer Stande sei, irgendeine Erwerbstätigkeit auszuüben. Die erneute ärztliche Untersuchung habe nichts anderes ergeben. Aufgrund seines beruflichen Werdeganges sei er innerhalb des Vier-Stufen-Schemas des Bundessozialgerichts in die zweite Gruppe der Arbeiter mit dem Leitberuf des Facharbeiters oder gelernten Arbeiters einzuordnen. Dementsprechend könne er nach der Rechtsprechung auf alle Tätigkeiten der dritten Gruppe, das heißt der Arbeiter mit dem Leitberuf der „sonstigen Ausbildungsberufe“ oder „angelernten Arbeiter“, verwiesen werden. Zu dieser Gruppe zählten die Verweisungstätigkeiten des Qualitätskontrolleurs oder Baustoffprüfers, welche dem Kläger zumutbar seien.
Hiergegen hat der Kläger am Montag, den 4. März 2002, Klage erhoben. Die Beklagte habe ihn auf die Tätigkeit eines Baustoffprüfers bzw. Qualitätskontrolleurs verwiesen, aber versäumt mitzuteilen, aufgrund welchen Leistungsvermögens ihm diese Tätigkeit zumutbar sein solle, welche tarifliche Eingruppierung dort zu erzielen sei und ob Stellen für diese Tätigkeit in ausreichender Form auf dem Arbeitsmarkt vorlägen. Zudem seien beide Verweisungstätigkeiten nicht spezifisch genug. Eine Tätigkeit als Qualitätskontrolleur im Bereich des Bauwesens sei nicht bekannt; der Bauprüfer sei ein Teilbereich, den es in vielen Facharbeiterberufen des Bauwesens gebe, ohne dass es sich um ein eigenständiges Berufsfeld handele. Seiner Auffassung nach reiche das ihm verbliebene Leistungsvermögen auch für diese Tätigkeiten nicht aus. Vor diesem Hintergrund sei es nicht nachzuvollziehen, weshalb die Beklagte nicht längst Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht habe.
Vom 31. März 2003 bis zum 30. Januar 2004 nahm der Kläger auf Kosten der Beklagten an einer Fortbildungsmaßnahme bei der I – Gesellschaft gGmbH zum „Betriebshelfer/-assistent – Sonderpädagogische Zusatzausbildung für Facharbeiter und gewerbliche Kräfte“ erfolgreich teil. Während dieser Zeit und im Anschluss daran bis zum 30. April 2004 erhielt der Kläger von der Beklagten Übergangsgeld. Die Übernahme einer weiteren Qualifizierung zur „Fachkraft für Behindertenbetreuung“ lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 18. Januar 2007 ab. Vom 10. April 2006 bis zum 9. Januar 2007 arbeitete der Kläger im Rahmen einer ABM als Erzieherhelfer beim J J in Berlin.
Der Kläger hat im gerichtlichen Verfahren verschiedene Bewerbungen bei bzw. Absagen von Werkstätten für behinderte Menschen im Berliner Raum eingereicht. Die Beklagte hat als weitere Verweisungstätigkeiten die Tätigkeit eines Bauhofverwalters/Baustellenmagaziners und eines Fachberaters im Baumarkt benannt und eine arbeitskundliche Stellungnahme des Arbeitsamtes Berlin Nord zu den benannten Verweisungstätigkeiten aus einem anderen sozialgerichtlichen Verfahren eingereicht, wegen derer auf die Gerichtsakte verwiesen wird. Bei der dem Kläger gewährten Ausbildung handele es sich nicht um eine Weiterbildung für Pädagogen, sondern um eine spezielle pädagogische Weiterbildung für Fachkräfte aus dem handwerklichen Bereich. In Berlin gebe es bei etwa zwölf Trägern dreißig Werkstätten, bei denen ungefähr 4.000 behinderte Menschen arbeiteten und von 500 Mitarbeitern betreut würden. Die vom Kläger absolvierte Zusatzausbildung finde alle ein bis zwei Jahre statt, um den Bedarf an solchen Kräften in Berlin zu decken. Zwar seien 2004 aufgrund der schwierigen Kostensatzverhandlungen keine Kräfte eingestellt worden, der Arbeitsmarkt stabilisiere sich jedoch bereits wieder.
Das Sozialgericht hat Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte Dr. P und Dipl.-Med. L eingeholt. Außerdem hat es das U Werk, die D-Werkstätten gGmbH, die M-Werkstätten gGmbH und die B Werkstätten für Behinderte GmbH um Auskunft gebeten, weshalb der Kläger auf seine Bewerbung hin nicht eingestellt worden sei, welche Qualifikation er gegebenenfalls hätte aufweisen müssen, und wie derartig qualifizierte Mitarbeiter bei den Werkstätten entlohnt würden.
Mit Urteil vom 27. Juli 2005 hat das Sozialgericht die Beklagte verpflichtet, dem Kläger vorgezogenes Übergangsgeld für die Zeit vom 1. Dezember 2000 bis zum 2. Februar 2003 zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Kläger sei bis zum Abschluss der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben berufsunfähig gewesen. Maßgeblich sei der letzte vom Kläger ausgeübte Beruf als Maurer. Infolge eines Arbeitsunfalls im Jahr 1999 könne er diesen Beruf nicht mehr ausüben, dies bestreite auch die Beklagte nicht. Bis zum Abschluss der Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben sei er außerstande gewesen, eine zumutbare Verweisungstätigkeit auszuüben. Er sei als Facharbeiter in einem Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren allenfalls auf eine Tätigkeit als angelernter Arbeiter zu verweisen. Die von der Beklagten benannten Verweisungstätigkeiten eines Qualitätskontrolleurs, eines Baustoffprüfers, eines Fachberaters in Baumärkten, eines Bauhofverwalters, eines Baustellenmagaziners oder Hausmeisters seien ihm nicht zumutbar. Bei der Tätigkeit als Baustellenmagaziner sei es nach der berufskundlichen Stellungnahme des Arbeitsamtes Berlin Nord unklar, welche körperlichen Belastungen damit verbunden seien, insbesondere ob bei Lagerungstätigkeiten nicht doch Leitern zu besteigen bzw. schwere Lasten zu heben seien. Beim Fachberater in Baumärkten sei nach Kenntnis der Kammer davon auszugehen, dass diese Tätigkeit nicht in wechselnden Haltungen, sondern überwiegend im Stehen auszuüben sei. Im Übrigen sei nicht zu erkennen, dass der Kläger die für diese Tätigkeit erforderlichen Vorkenntnisse für die Verkaufs- und Beratungstätigkeit besitze. Gleiches gelte für die Verweisungstätigkeit des Baustoffprüfers. Dass der Kläger als gelernter Maurer Kenntnis von Prüfmethoden und –geräten besitze bzw. das Aufzeichnen und Ausführen chemisch-technischer sowie physikalisch-technischer Arbeiten beherrsche oder sich innerhalb von drei Monaten aneignen könne, sei nicht zu erkennen. Die Tätigkeit als Hausmeister erfordere zwingend das Besteigen von Leitern, wozu der Kläger außerstande sei. Der Kläger sei jedoch nur noch in der Lage, körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten ohne häufiges Heben, Tragen und Bewegen von Lasten sowie ohne Leiter- und Gerüstarbeiten zu verrichten. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Arztes G sowie demjenigen von Dr. R.
Nach der von ihm durchlaufenen Weiterbildung könne der Kläger jedoch vollschichtig und wettbewerbsfähig als Facharbeiter mit sonderpädagogischer Zusatzausbildung in einer Werkstatt für behinderte Menschen tätig sein. Nach den Ermittlungen der Kammer sei der Kläger nicht deshalb nicht eingestellt worden, weil ihm die notwendige Ausbildung gefehlt hätte. Nach Auskunft der Diakonie-Werkstätten Berlin könnten Facharbeiter mit sonderpädagogischer Zusatzausbildung in einer Werkstatt für behinderte Menschen als Mitarbeiter im Gruppendienst oder als Gruppenleiter eingestellt werden. Neben der handwerklichen (Facharbeiter-) Ausbildung sei die Qualifikation mit einer sonderpädagogischen Zusatzausbildung erforderlich. Dass der Kläger sich erfolglos als Gruppenleiter bei der B und den M-Werkstätten beworben habe, stehe dem nicht entgegen. Die Tätigkeit als Gruppenleiter sei nach den einschlägigen Tarifverträgen höher dotiert und wohl als Facharbeitertätigkeit zu betrachten; dem Kläger könnte jedoch auch noch eine Tätigkeit als Mitarbeiter im Gruppendienst zugemutet werden. Eine Tätigkeit als Betreuer im Bereich des betreuten Wohnens komme zwar nach Auskunft des U Werks mangels einer Ausbildung als Erzieher, Heilerziehungspfleger oder Krankenpfleger nicht in Betracht. Allerdings sei nicht maßgeblich, ob er generell in der Betreuung behinderter Menschen tätig sein könne. Allein die Anzahl der von der Kammer angeschriebenen Einrichtungen im Bereich der Behindertenbetreuung lasse den Schluss zu, dass es davon eine ausreichende Anzahl gebe, um eine nicht nur entfernte Beschäftigungsmöglichkeit zu eröffnen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine weitere Qualifizierungsmaßnahme zu einer der Facharbeitertätigkeit gleichwertigen Tätigkeit. Die Grundsätze des Bundessozialgerichts über die Verweisung auf berufliche Tätigkeiten gälten ebenso für Qualifizierungsmaßnahmen. Dass der Kläger trotz der Ausbildung bislang keine adäquate neue Beschäftigung gefunden habe, sei ein Problem der Arbeitsverwaltung und –vermittlung, nicht aber der Rentenversicherung.
Mit dem Gutachten des Arztes G sei davon auszugehen, dass der Kläger seit der Antragstellung im Rentenverfahren erwerbsgemindert sei. Ab dem 1. Dezember 2000 bestehe so ein Zahlungsanspruch auf vorgezogenes Übergangsgeld bis zur Zahlung des Übergangsgeldes ab dem 2. Februar 2003.
Gegen das ihm am 1. September 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28. September 2005 Berufung eingelegt. Der Beruf, den er bei der Umschulung erlernt habe, sei zwar theoretisch eine zumutbare Verweisungstätigkeit, es sei jedoch nicht geprüft worden, inwieweit er hierzu körperlich imstande sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Juli 2005 abzuändern, den Bescheid der Beklagten vom 15. September 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm im Anschluss an das bis zum 30. April 2004 gezahlte Übergangsgeld ab 1. Mai 2004 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, hilfsweise Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung ggf. bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die streitgegenständlichen Bescheide sowie die Stellungnahmen ihres ärztlichen Dienstes.
Der Senat hat bei folgenden Trägern Auskünfte hinsichtlich der körperlichen Anforderungen an eine Tätigkeit als Mitarbeiter in einer Werkstatt für behinderte Menschen eingeholt:
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- der I- Gesellschaft , |
- der G Gesellschaft von Werkstätten für behinderte Menschen mbH, |
- M Werkstätten für Behinderte gGmbH, |
- F Werkstätten, |
- K Therapeutikum Berlin gGmbH, |
- U gGmbH, |
- L Werkstätten GmbH, |
- B gGmbH, |
- I Werkstatt , |
- -R Werkstätten gGmbH, |
- f gGmbh , |
- Z Werkstatt GmbH, |
- gGmbH L. |
Der Senat hat außerdem ein weiteres Gutachten von Dr. F S auf chirurgisch-orthopädischem Gebiet eingeholt. In seinem Gutachten vom 27. März 2009 auf der Grundlage einer ambulanten Untersuchung am 10. März 2009 hat dieser bei dem Kläger eine höhergradige Osteochondrosis intervertebralis C 5/6 und C 6/7 mit Verdacht auf eine konsekutive Spinalkanalstenose und vorderseitiger Knochenbildung sowie Pelottierung der Luftröhre, ein lumbales Pseudoradikulärsyndrom bei Segmentaufbrauch L 4/5 sowie konsekutiver Spinalkanalstenose und eine arthromuskuläre Dysbalance festgestellt. Der Kläger zeige eine deutliche körperliche Fehlhaltung mit Oberkörpervorneige, deren Ursache die muskuläre Insuffizienz und die degenerativen Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule seien. Durch die Veränderungen der Halswirbelkörper C 5/6 mit vorderem Randkantenanbau komme es zu einer Verengung der Luftröhre, welche regelmäßige pulmologische Behandlungen erforderlich mache. Im Vergleich zu der Untersuchung im Jahr 2003 hätten die Bewegungseinschränkungen im Bereich der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule und die Verspannungen im Bereich der Rückenstrecker zugenommen. Der Kläger sei in der Lage, täglich körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen ohne Einfluss von Hitze, Kälte, Zugluft, Staub und Feuchtigkeit zu verrichten. Ein freier Haltungswechsel solle spontan und jederzeit durchführbar sein. Einseitige körperliche Belastung sei zu unterlassen, das Heben und Tragen von Lasten bis 5 kg möglich. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten seien nur kurzzeitig und maximal dreistufig zumutbar. Es bestehe aufgrund der Leiden eine Einschränkung der Gehstrecke unter 500 m innerhalb von 20 Minuten. Der Kläger sei imstande, zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel ohne Begleitperson zu benutzen. Das verbliebene Leistungsvermögen reiche nur für unter sechs Stunden aus.
Die Beklagte hat durch ihren sozialmedizinischen Dienst hierzu Stellung genommen. Das Gutachten von Dr. S sei vollkommen ungenügend. Eine eindeutige neurologische Symptomatik sei darin nicht festgestellt worden. Insbesondere verwundere die Alteration der Luftröhre durch Knochenanbauten an der Halswirbelsäule, da sich zwischen Luftröhre und Wirbelsäule noch die Speiseröhre befinde und der Kläger nicht über Probleme bei der Nahrungsaufnahme klage. Die vom Gutachter vermutete Spinalkanalstenose könne durch konventionelle Röntgenaufnahmen nicht nachgewiesen werden; die Schmerzmedikation des Klägers liege weit im unteren Bereich. Insbesondere die aufgehobene Wegefähigkeit und das untervollschichtige Leistungsvermögen seien so nicht nachzuvollziehen.
Dr. S hat hierzu unter dem 3. November 2009 Stellung genommen. Die Schmerzmedikation sei nicht isoliert zu betrachten, daneben benutze der Kläger ein TENS-Gerät und erhalte regelmäßig krankengymnastische Behandlungen. Hinsichtlich der Wegefähigkeit müsse er sich korrigieren, die Gehfähigkeit sei nicht unter 500 m innerhalb von 20 Minuten reduziert. Entgegen der Stellungnahme der Beklagten sei jedoch das Leistungsvermögen des Klägers aufgrund der deutlichen degenerativen Veränderungen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule auf unter sechs Stunden gesunken.
Die Beklagte hat hierauf erneut Stellung genommen. Der Verdacht auf eine Spinalkanalstenose sei nicht nachzuvollziehen, da der Gutachter nach dem Röntgenbefund lediglich Anbauten an der Vorderseite der Wirbelsäule festgestellt habe, der Spinalkanal sich jedoch auf der Rückseite befinde. Gleiches gelte für die Verhältnisse an der Lendenwirbelsäule. Von einem vollschichtigen Leistungsvermögen sei weiterhin auszugehen.
Die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (1 Band Rentenakten und 2 Bände Reha-Akten) sowie die Gerichtsakte des Sozialgerichts Berlin zum Verfahren S 25 U 31/02 haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen.